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7. SICHERHEIT<br />

7.3. islam und terrorismus<br />

die Niederlage Ägyptens, Jordaniens und Syriens im Sechstagekrieg gegen Israel<br />

(1967) beförderten in der arabischen Welt eine Rückbesinnung auf den Islam.<br />

Innerhalb dieses Kontextes entwickelten ägyptische und andere Islamisten die<br />

Idee, der Dschihad sei die verlorengegangene „Sechste Säule“ des Islams. Hierbei<br />

handelte es sich einerseits um eine Gegenreaktion auf säkulare Ideen und<br />

Politik. Andererseits richtete sich diese Auffassung aber auch gegen den Teil der<br />

Gesellschaft, der sich von religiösen Werten distanziert hatte: Nach Ansicht des<br />

„Muslimbruders“ Sayyid Qutb, der von der ägyptischen Regierung verfolgt und<br />

getötet wurde, galt jeder Mensch als ungläubig (arabisch dschahiliyya), der nicht<br />

alle Gebote des Islams lückenlos einhielt. 16 Dazu zählte Qutb auch den Dschihad.<br />

Der Kampf gegen solche Menschen war seiner Meinung nach religiös begründbar.<br />

Auf diesen Grundannahmen entstand ein immer radikalerer Islamismus, der<br />

bald weit mehr suchte als die bewaffnete Konfrontation mit dem Staat und seinen<br />

Repräsentanten. Er äußerte sich zunehmend auch in terroristischen Akten gegen<br />

Zivilisten, Anfang des 21. Jahrhunderts dann auch weltweit.<br />

Der „IS“ versucht außerhalb seiner Territorien durch Terrorakte und extreme<br />

Gewalt Chaos zu stiften. Im Gegensatz zu anderen Terrororganisationen ist er<br />

dabei nicht mehr ausschließlich auf das Rekrutieren und Ausbilden von potenziellen<br />

Attentätern angewiesen. Trittbrettfahrer bekennen sich mitunter zum<br />

„IS“, ohne mit ihm in direkter Verbindung zu stehen. Aktuelle Beispiele dafür<br />

sind das Massaker von Orlando im US-Bundesstaat Florida vom 12. Juni 2016<br />

oder die Ermordung eines Polizistenehepaars in Paris am 13. Juni 2016. Zudem<br />

haben sich inzwischen diverse islamistische Terrorgruppen, darunter die Boko<br />

Haram in Nigeria, dem „IS“ angeschlossen. Die Terrororganisation muss somit<br />

einerseits als ein Ideennetzwerk verstanden werden, das kaum mehr an geographische<br />

Grenzen gebunden ist. Andererseits hat der „IS“ den Anspruch, einen<br />

idealen islamischen Staat zu gründen, er muss also auch Bilder eines normalen<br />

Alltags auf seinem Territorium produzieren. Dies geschieht unter anderem durch<br />

eine intensive Medienarbeit.<br />

RADIKALISIERUNG<br />

DAS BEISPIEL „ISLAMISCHER STAAT“ (IS)<br />

Zu den bekannten militant-islamistischen Gruppierungen<br />

zählen das Terrornetzwerk Al-Qaida,<br />

↘ „ISLAMISCHER STAAT“<br />

Anhänger des „IS“ verstehen sich<br />

als die einzig „wahren Muslime“, die Taliban und die vor allem in Nigeria aktive Boko<br />

die gegen das vom Anti-Christen Haram. Doch die geschichtlich und gegenwärtig<br />

angeführte „Rom“ kämpfen. Die bedeutendste terroristische Organisation ist der<br />

Entscheidungsschlacht soll laut sogenannte „IS“ (auch Daesh genannt). Der „IS“ ist<br />

einer prophetischen Überlieferung<br />

bei Dabiq in der Nähe von<br />

ein dschihadistischer Quasi-Staat, der sich über<br />

Aleppo stattfinden. Daher nimmt<br />

große Gebiete Syriens und des Iraks sowie Teile<br />

der „IS“ beim Kampf um diesen Libyens erstreckt. Die sunnitische Terrormiliz ist<br />

Ort hohe Verluste in Kauf. Auch seit 2003 aktiv. Ab 2004 nannte sie sich „Al-Qaida<br />

das englischsprachige Magazin im Irak“. Seit 2007 trägt die Organisation verschiedene<br />

Varianten des Namens „IS“. 2013 trennte sich<br />

des „IS“ heißt Dabiq.<br />

der „IS“ von Al-Qaida, unter anderem weil dessen<br />

Führer Aiman al-Zawahiri die extrem anti-schiitische<br />

Einstellung und die exzessive Gewalt des „IS“ ablehnte. Der „IS“ rief am 29.<br />

Juni 2014 in Mosul ein „Kalifat“ aus – mit Abu Bakr al-Baghdadi als Kalif Ibrahim.<br />

Damit beansprucht der „IS“ die globale Autorität über alle Muslime. Wer das nicht<br />

akzeptiert, wird als Ungläubiger angesehen und zum Töten freigegeben.<br />

Islamistisch motivierte Terroranschläge sind die<br />

Folge von Radikalisierungsprozessen. Während<br />

nicht-religiöser Terrorismus mit Gewalt politische<br />

Veränderungen erreichen will, geht es religiös<br />

begründetem Terrorismus darum, im Krieg zwischen<br />

„Gut und Böse“ beziehungsweise „Gläubigen<br />

und Ungläubigen“ Zeichen zu setzen. Der von<br />

Reinhard Schulze vorgeschlagene „Ermächtigungszyklus“<br />

(siehe Grafik) zeigt die Stadien der Radikalisierung<br />

eines Gläubigen bis hin zur terroristischen<br />

Tat. Am Anfang des Zyklus steht eine tiefgehende<br />

Überzeugung: Man glaubt, die eigene Religion sei<br />

die einzig wahre. So wird man zum „Rechtschaffenden“,<br />

der mit einer terroristischen Tat den „wahren“<br />

Islam realisiert.<br />

↘ AUSLEGUNG ISLAMISCHER<br />

QUELLEN<br />

Durch Internet, Smartphones<br />

und die zunehmende Alphabetisierung<br />

sind Koran, Sunna sowie<br />

verschiedene mittelalterliche islamische<br />

Traktate für nahezu alle<br />

unmittelbar zugänglich geworden.<br />

Das schwächt das Auslegungsmonopol<br />

der traditionellen<br />

religiösen Gelehrten, denn nun<br />

lesen Laien vermehrt selbst und<br />

bilden sich eigene Meinungen –<br />

oft ohne Verständnis der historischen<br />

Entstehungskontexte.<br />

16 Zu den religiösen Geboten zählen neben den Fünf Säulen auch das Bekennen zu den sechs Glaubensartikeln<br />

sowie das Beachten (und Durchsetzen) bestimmter Verbote (zum Beispiel des Alkohol- oder des Glückspielverbots).<br />

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