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4. ISLAMISCHE GLAUBENSPRAXIS<br />
4.3. islamische essensregeln<br />
Der zehnte Tag (Aschura) beweglicher Feiertag<br />
Das Aschura-Fest wird von den Konfessionen unterschiedlich gefeiert. Die Schiiten<br />
gedenken der Schlacht von Kerbela im heutigen Irak, bei der Husain, der Sohn<br />
Alis und Enkel Mohammeds, sowie fast alle seine männlichen Verwandten getötet<br />
wurden. Die Tragödie von Kerbela ist die Wurzel der gesamten schiitischen<br />
Leidenstheologie, weswegen der Gedenktag von zehntägigen Trauer-Ritualen<br />
begleitet wird. Für Sunniten ist Aschura ein freiwilliger Fasten-Tag, um Dankbarkeit<br />
dafür zu zeigen, dass Moses die Flucht aus Ägypten gelungen war. Die Aleviten<br />
betrachten den Tag hingegen als Dankesfest nach einer Fastenzeit von zwölf<br />
Tagen.<br />
Islamisches Neujahr beweglicher Feiertag<br />
Das islamische Neujahr gedenkt dem 16. Juli 622, dem Beginn der islamischen<br />
Zeitrechnung. An diesem Tag wanderte der Prophet Mohammed mit seinen<br />
Anhängern von Mekka nach Medina aus. Weil der neue Tag bereits mit dem<br />
Sonnenuntergang beginnt, feiern Muslime Neujahr zwei Tage lang mit traditioneller<br />
Musik und einem Festessen, das die Hoffnung auf ein gutes neues Jahr<br />
symbolisiert.<br />
4.3. ISLAMISCHE ESSENSREGELN<br />
Autorin: Prof. Dr. Katajun Amirpur<br />
Die Unterscheidung zwischen ‚halal’ (Erlaubtem) und ‚haram’ (Verbotenem)<br />
bezieht sich auf unterschiedliche Bereiche des islamischen Gesellschaftslebens,<br />
zum Beispiel auf die Wirtschaft oder das Bankwesen. 9 Am bekanntesten ist die<br />
Unterscheidung aber bei Lebensmitteln und Getränken. Erlaubte Fleischsorten<br />
sind laut Koran zum Beispiel Fische, Geflügeltiere und Rinder. Dagegen sind<br />
Kadaver, Schweinefleisch oder Blut verboten, dasselbe gilt für aasfressende<br />
Raubtiere. 10<br />
Auch der Konsum von Alkohol ist nicht erlaubt: Der Koran verbietet wörtlich<br />
das Trinken von Wein (Sure 5:90), was viele gläubige Muslime als generelles<br />
9 Bundeszentrale für politische Bildung. (2012). Halal und Haram. In Newsletter Jugendkultur, Islam und Demokratie.<br />
Verfügbar unter http://bit.ly/2beIBD9<br />
10 Ulfat, F. & Kamcili-Yildiz, N. (2014). Islam – Von Abendgebet bis Zuckerfest: Grundwissen in 600 Stichwörtern. München:<br />
Kösel-Verlag, S. 139.<br />
Alkoholverbot auslegen. 11 Suren, die sich mit dem Konsum von Alkohol befassen,<br />
wurden in der Geschichte allerdings so unterschiedlich interpretiert, dass der<br />
Alkoholkonsum zum Beispiel im Osmanischen Reich in verschiedenen Phasen<br />
erst verboten und dann wieder erlaubt war. Heute ist der Verkauf von Alkohol<br />
nur in wenigen islamischen Ländern – wie Saudi-Arabien oder dem Iran – illegal.<br />
Die oben genannten Verbote dürfen außer Acht gelassen werden, wenn das<br />
Überleben davon abhängt: Droht jemand beispielsweise zu verhungern, dürfen<br />
auch verbotene Speisen in geringem Maße verzehrt werden. 12 Laut der Studie<br />
„Muslimisches Leben in Deutschland“ von 2009 hält sich die überwiegende Mehrheit<br />
der Muslime in Deutschland an islamische Speiseregeln. 13<br />
Im Koran wird nicht nur beschrieben, welche Tiere gegessen werden dürfen, sondern<br />
auch, wie sie zu jagen und zu schlachten sind. Das rituelle Schlachten nach<br />
islamischen Regeln wird „Schächten“ genannt – doch was genau unter diesen<br />
Begriff fällt, variiert innerhalb der einzelnen islamischen Rechtsschulen. Grundsätzlich<br />
sollen Tiere durch einen Kehlschnitt mit einem scharfen Messer getötet<br />
werden. Der Schlächter soll Muslim, Jude oder Christ sein und über einen „klaren<br />
Geist“ verfügen. Darüber hinaus muss während oder direkt vor der Schlachtung<br />
der Name Gottes ausgerufen 14 und das Tier nach Mekka gerichtet werden. Zudem<br />
gilt es, beim Schächten diverse Gebote einzuhalten: Diese beinhalten zum Beispiel,<br />
dass das Tier vor dem Schächten gefüttert wird und nicht sehen darf, wie<br />
das Messer geschärft wird.<br />
Die Praxis des Schächtens ist unter deutschen Tierschützern umstritten. Kritisiert<br />
wird insbesondere das betäubungslose Schächten. Tierschutzorganisationen<br />
wie der „Deutsche Tierschutzbund“ oder „PETA Deutschland e. V.“ plädieren<br />
für die Betäubung der Tiere. Viele Muslime möchten jedoch an den religiösen Vorschriften<br />
zur Schlachtung von Tieren festhalten und berufen sich dabei auf ihre<br />
Religionsfreiheit. 15 Der „Deutsche Tierschutzbund“ und der „Bund gegen Miss-<br />
11 Bundeszentrale für politische Bildung. Alkohol. In Kleines Islam-Lexikon. Verfügbar unter http://bit.ly/2a7oPZH<br />
12 Ünal, H. (2013). Speisen und Getränke, Vorschriften für. In Lexikon des Dialogs, Band 2, S. 643. Eugen Biser<br />
Stiftung. Freiburg im Breisgau: Herder Verlag.<br />
13 Haug, S., Müssig, S., & Stichs, A. (2009). Muslimisches Leben in Deutschland. Hrsg. vom BAMF im Auftrag der<br />
Deutschen Islam Konferenz, S. 153–154. Verfügbar unter http://bit.ly/29pyTue<br />
14 Zum Dank an Gott für seine Gnade und zum Ausdruck des Bewusstseins, dass der Schlächter nur mit der<br />
Erlaubnis Gottes über das zu schlachtende Tier verfügen kann.<br />
15 Siehe Unterrichtung durch die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland. (22.08.2011). Bericht über<br />
den Stand der Entwicklung des Tierschutzes 2011 (Tierschutzbericht 2011). Bundestag Drucksache 17/6826. Verfügbar<br />
unter http://bit.ly/2b1IEfv<br />
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