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2. ISLAM IN DEUTSCHLAND<br />
2.5. rechtsstatus islamischer religionsgemeinschaften<br />
Insbesondere Minderheiten suchen Möglichkeiten zur Auswanderung nach<br />
Deutschland: Unter den 5,5 Prozent der sonstigen Muslime verbirgt sich ein<br />
Anteil von etwa 1,5 Prozent Ahmadis sowie weniger als 1 Prozent Imamiten und<br />
Nusairier.<br />
2.4. AUFBAU LOKALER ISLAMISCHER<br />
GEMEINDEN<br />
Die meisten der etwa 2.600 islamischen Gemeinden in Deutschland betreiben<br />
Gebetsräume oder Kulturzentren in ehemaligen Fabriken, Wohnhäusern und<br />
Ladengeschäften. Diese Einrichtungen werden häufig als Hinterhofmoscheen<br />
bezeichnet. Darüber hinaus wurden in Deutschland etwa 150 Moscheebauten<br />
errichtet, die oft – aber nicht immer – von außen als solche erkennbar sind.<br />
↘ KOORDINATIONSRAT DER<br />
MUSLIME IN DEUTSCHLAND<br />
(KRM)<br />
Der Forderung von Politik und<br />
Medien nach einem einheitlichen<br />
Ansprechpartner für islamische<br />
Belange folgend, haben sich<br />
im März 2007 die vier großen<br />
Verbände DITIB, IR, ZMD und<br />
VIKZ zu einem Rat zusammengeschlossen.<br />
Gründungsziel war, als<br />
Interessensvertreter des organisierten<br />
Islams in Deutschland<br />
wahrgenommen zu werden.<br />
Der KRM agiert vor allem auf<br />
Bundesebene und besteht aus<br />
überwiegend sunnitischen<br />
Organisationen. Unterschiedliche<br />
Positionen zu gesellschaftspolitischen<br />
Fragen haben innerhalb<br />
des KRM zu Konflikten geführt<br />
und die Entscheidungsfähigkeit<br />
des Rats eingeschränkt.<br />
Die meisten Moscheevereine sind durch eine doppelte<br />
Struktur geprägt: Ein gewählter Moscheevorstand<br />
regelt die Vereinsbelange und vertritt die<br />
Gemeinde nach außen, etwa gegenüber Kommunen,<br />
Zivilgesellschaft oder Politik. Für Fragen der<br />
Religionspraxis und die theologischen Aspekte der<br />
Gemeindearbeit ist wiederum ein Imam – in türkischen<br />
Gemeinden „Hoca“ genannt – zuständig. Nur<br />
in seltenen Fällen ist der Imam Vorstandsmitglied<br />
und religiöse Autorität in Personalunion.<br />
Imame oder Hocas sind für die Durchführung der<br />
religiösen Riten zuständig, zu denen die fünf Gebete<br />
und die Freitagspredigt, aber auch Eheschließungen<br />
und Totengebete zählen. Religiöses Wissen jenseits<br />
der Riten – dazu zählen Korankurse oder die Einführung<br />
in islamische Religionspraxis für Kinder und<br />
Erwachsene – wird in manchen Gemeinden durch<br />
Imame vermittelt, andere bieten entsprechende<br />
Angebote über ehrenamtlich arbeitende Mitglieder<br />
an. Im Monat Ramadan laden einige Gemeinden<br />
zudem Gastprediger und Gastrezitatoren ein, die<br />
den Koran vortragen.<br />
Auch wenn Moscheevereine in erster Linie für die Gewährleistung der islamischen<br />
Religionspraxis zuständig sind, sind ihre Räumlichkeiten weitaus mehr als<br />
Gebetsorte: Sie dienen zusätzlich als sozialer Treffpunkt und Bildungsstätte<br />
und bieten ihren Besuchern praktische Lebenshilfe an.<br />
EXKURS: Finanzierung<br />
Wie finanzieren sich islamische Organisationen und Gemeinden? Sind sie ideologisch<br />
von politischen Kräften aus dem Ausland abhängig? Das sind häufig<br />
gestellte Fragen. Islamische Organisationen erklären in der Regel, dass sie sich<br />
primär durch Mitgliedsbeiträge und Spenden von Moscheebesuchern finanzieren.<br />
Darüber ob und wieviel Geld aus dem Ausland gespendet wird, liegt derzeit<br />
keine verlässlich recherchierte Übersicht vor. Islamische Organisationen, die<br />
mehrheitlich als gemeinnützige Vereine eingetragen sind, haben die Verpflichtung<br />
ihre Buchhaltung regelmäßig vorzulegen. Bekannt ist die indirekte Form<br />
der ausländischen Finanzierung: In nahezu allen Gemeinden der DITIB sowie in<br />
einigen IGMG-Gemeinden werden „Hocas“ aus der Türkei bezahlt. Derzeit zahlt<br />
die türkische Religionsbehörde Diyanet die Gehälter von rund 800 Hocas, die in<br />
Deutschland predigen. 3 In einzelnen Moscheebauprojekten wurden zudem Spendenaktivitäten<br />
aus dem Ausland transparent gemacht. 4 Weitgehend unerforscht<br />
ist jedoch die Beziehung zwischen Finanzierung und direkter Einflussnahme<br />
aus dem Ausland.<br />
2.5. RECHTSSTATUS ISLAMISCHER<br />
RELIGIONSGEMEINSCHAFTEN<br />
Die meisten islamischen Gemeinden sind als eingetragene Vereine organisiert,<br />
der rechtlich einfachsten Form für Religionsgemeinschaften in Deutschland. 5<br />
Neben der Vereinsform besteht die Möglichkeit der Anerkennung von Religionsgemeinschaften<br />
als Körperschaften des öffentlichen Rechts: Diese müssen beispielsweise<br />
ihre Spendeneinnahmen nicht versteuern, dürfen Religionsunterricht<br />
3 Türkisch-Islamische Union (DITIB). (10.12.2009). Imame für Integration: Bundesweites Fortbildungsangebot für<br />
Imame gestartet. Pressemitteilung. Verfügbar unter http://bit.ly/2c1q64c<br />
4 Zum Beispiel wurde die Berliner Khadija-Moschee der Ahmadiyya-Gemeinde mit Spendengeldern weiblicher<br />
Ahmadiyya-Mitglieder aus der ganzen Welt finanziert, die Moschee von Penzberg wurde vom Emir des Golfstaats<br />
Schardscha bezahlt. Ein weiteres Beispiel ist die Hamburger Al-Nour-Moschee: Sie erhielt laut Medienberichten<br />
eine Spende von 1,1 Millionen Euro vom Staat Kuwait für den Umbau der ehemaligen Kapernaum-Kirche.<br />
5 Zur Gründung eines Vereins muss kein Finanzvolumen vorgewiesen werden, es gibt kein kompliziertes Anerkennungsverfahren<br />
und es bestehen rechtlich klar geregelte, einfache Satzungen.<br />
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