Wer Ohren hat, der höre
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Besinnungstag <strong>der</strong> Barmherzigen Brü<strong>der</strong> in Reichenbach<br />
am 5. Dezember 2006<br />
Vom Sinn<br />
des Leidens<br />
Pünktlich einen Tag vor dem Fest des<br />
heiligen Nikolaus trafen sich 17 Barmherzige<br />
Brü<strong>der</strong> in Reichenbach, um ein<br />
Geschenk beson<strong>der</strong>er Art in Empfang<br />
zu nehmen. Dieses Geschenk war ein<br />
Einkehrtag mit zwei Vorträgen von<br />
Professor Christoph Dohmen von <strong>der</strong><br />
Universität Regensburg. Das Thema<br />
des Tages war Leid und Schmerz. Eine<br />
nicht allzu übliche Betrachtung für die<br />
Adventszeit. Wohl aber ein Thema, das<br />
uns Barmherzigen Brü<strong>der</strong>n immer am<br />
Herzen liegt, da wir täglich mit Leid umgehen.<br />
Professor Dohmen <strong>hat</strong> uns diese<br />
Thematik aus alttestamentlicher Sicht<br />
auf eindrucksvolle Weise nahegebracht<br />
und neue Zugänge eröffnet.<br />
Das biblische Menschenbild<br />
Gott gab dem Menschen Freiheit. Freiheit,<br />
vom Baum <strong>der</strong> Erkenntnis von Gut<br />
und Böse zu essen - o<strong>der</strong> nicht. Dann<br />
taucht in <strong>der</strong> Genesis die Schlange auf,<br />
die oft als böse und schlecht interpretiert<br />
wird. Doch an dieser Stelle wird sie als<br />
ein Geschöpf Gottes beschrieben, also<br />
als gut. Sie <strong>hat</strong>te außerdem das Attri-<br />
Barmherzige Brü<strong>der</strong> in Bayern · Misericordia 1·2/07 15<br />
„Nach <strong>der</strong> Dunkelheit erhoffe ich Licht“<br />
(Hiob 17,12) - holographische Installation<br />
in <strong>der</strong> Kölner Sankt-Agnes-Kirche<br />
but <strong>der</strong> Klugheit. Durch die Fragen und<br />
Überlegungen dieser Klugheit also aß<br />
<strong>der</strong> Mensch vom „verbotenen Baum“<br />
<strong>der</strong> Erkenntnis von Gut und Böse. Die<br />
Frucht des Baumes blieb nicht ohne<br />
Wirkung, Adam und Eva erhielten die<br />
Fähigkeit, Gutes von Bösem zu unterscheiden<br />
und damit auch die Möglichkeit,<br />
gut o<strong>der</strong> böse zu handeln. Gott ist<br />
gut, doch durch den falschen Umgang<br />
mit <strong>der</strong> Freiheit des Menschen kamen<br />
das Böse und das Leid in die Welt.<br />
Nachdem Gott den neuen Zustand des<br />
Menschen erkannte, verfluchte er die<br />
Schlange, die Geburt und den Ackerboden.<br />
Dieses Tun gibt Antworten auf unverschuldetes<br />
Leid. In <strong>der</strong> Verfluchung<br />
<strong>der</strong> Schlange ist die Ambivalenz des<br />
Menschen zu den Raub- und Wildtieren<br />
zu finden. Geburt und Tod liegen oft nahe<br />
beieinan<strong>der</strong>, wenn zum Beispiel Mütter<br />
bei <strong>der</strong> Geburt ihrer Kin<strong>der</strong> sterben.<br />
Wenn Kin<strong>der</strong> in jungen Jahren sterben,<br />
wird oft die Frage gestellt, was dieses<br />
Kind in seinem kurzen Leben getan <strong>hat</strong>,<br />
dass es sterben musste. O<strong>der</strong> die Gedanken<br />
gehen weiter zu den Eltern, was sie<br />
wohl für Schuld auf sich geladen haben,<br />
die zum Tod des Kindes führte. Doch in<br />
<strong>der</strong> Vertreibung aus dem Garten Eden ist<br />
hierauf eine Antwort zu finden.<br />
Warum muss <strong>der</strong> Mensch arbeiten, um<br />
zu leben? Diese Frage steckt hinter <strong>der</strong><br />
Verfluchung des Ackerbodens. In vielen<br />
Teilen <strong>der</strong> Welt ist die Frage nach dem<br />
Grund für die Arbeit noch sehr präsent.<br />
Interessanterweise ist unser mitteleuropäisches<br />
Verständnis vom „Recht auf<br />
Arbeit“ erst in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Aufklärung<br />
entstanden, in <strong>der</strong> die Arbeit als Selbstverwirklichung<br />
des Individuums gesehen<br />
wird.<br />
Fortsetzung auf Seite 16