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DER KREISLAUF DES WISSENS DER KREISLAUF DES WISSENS

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NACHGEFRAGT FRIE<strong>DER</strong>IKE UND SIMONE STRATE<br />

Fragebogen<br />

FRIE<strong>DER</strong>IKE STRATE<br />

Welchen Berufswunsch hatten Sie mit<br />

14 Jahren?<br />

Bierbrauer.<br />

Wie viele Bewerbungsgespräche haben<br />

Sie geführt – als Bewerber?<br />

Gar keins.<br />

Wie viele Bewerbungsgespräche haben<br />

Sie geführt – als Arbeitgeber?<br />

Den Bewerbungsgesprächen wohne ich nur bei.<br />

Lieblingsgericht?<br />

Ich esse saisonale Dinge, gerne bodenständig.<br />

Was ärgert Sie am meisten am deutschen<br />

Arbeitsmarkt?<br />

Das Ungleichgewicht bei den Kündigungszeiten<br />

für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.<br />

SIMONE STRATE<br />

Welchen Berufswunsch hatten Sie mit<br />

14 Jahren?<br />

Eigentlich keinen.<br />

Wie viele Bewerbungsgespräche haben<br />

Sie geführt – als Bewerber?<br />

Eins.<br />

Wie viele Bewerbungsgespräche haben<br />

Sie geführt – als Arbeitgeber?<br />

Etwa 350.<br />

Lieblingsgericht?<br />

Erbsensuppe.<br />

Was ärgert Sie am meisten am deutschen<br />

Arbeitsmarkt?<br />

Manche der neuen Berufsabschlüsse. Weil sie<br />

immer besser klingen, als das, was dahinter<br />

steckt, tatsächlich ist.<br />

Was die Schwestern noch am Arbeitsmarkt zu<br />

bemängeln haben? Schauen Sie unter<br />

www.faktor-a.arbeitsagentur.de<br />

von den Bieren der Großbrauereien<br />

ab. Zeitweise avancierte „Detmolder“,<br />

so die Marke des Strate-Biers,<br />

zu einem Kultbier in Hamburger<br />

Kneipen. Die Mutter hatte es auch<br />

verstanden, die Familie – und damit<br />

die Marke – geschickt in Szene zu<br />

setzen. Dass ihre Tochter Friederike<br />

die Meisterschule für Brauer und<br />

Mälzer absolvierte und mit 19 Jahren<br />

jüngste Bierbrauerin Deutschlands<br />

wurde, erfuhren viele aus der<br />

Bild-Zeitung.<br />

Der Vater hatte seine Älteste<br />

schon früh als Nachfolgerin auserkoren.<br />

Dabei war sie, die Temperamentvollere,<br />

in der Schule eher eine<br />

„faule Nuss“: Nach der Mittleren<br />

Reife ging sie ab. Für Simone Strate,<br />

die akribischere und fleißigere<br />

der Schwestern, war hingegen keine<br />

Nachfolge vorgesehen. „Ich fand<br />

es schrecklich, als Vater sagte ,Du<br />

kannst werden, was du willst‘“, erzählt<br />

die Jüngere. Sie hing am Betrieb,<br />

aber für sie fehlte die Perspektive<br />

in dem Kleinunternehmen.<br />

Schrittweise nabelte sie sich ab:<br />

Lehre bei der örtlichen Sparkasse,<br />

BWL-Studium in Aachen. Als sie<br />

1994 für ein Semester nach England<br />

gehen wollte, bat der erkrankte<br />

Vater sie doch: „Komm zurück!“<br />

Der Onkel war ausgezahlt und der<br />

Betrieb wuchs. „Für einen alleine<br />

wäre das zu viel gewesen“, sagt die<br />

Ältere, das habe ihr Vater erkannt.<br />

Manch einer hatte 1995 Zweifel<br />

an der Frauenwirtschaft, ein Mitarbeiter<br />

kündigte sogar. „Die Belegschaft<br />

hatte Angst, dass wir drei<br />

Frauen uns untereinander an die<br />

Köppe kriegen“, sagt die Braumeisterin schmunzelnd.<br />

Auch beim Besuch der Braumesse in Nürnberg wurden<br />

sie gefragt, wo denn der Chef sei.<br />

Im Gespräch ist ihr Vater bis heute präsent. „Pa-<br />

Die Schwestern<br />

spielen die regionale<br />

Karte: Ihr Bier<br />

verkaufen sie ausschließlich<br />

im Umkreis<br />

von Detmold.<br />

Die benötigten Materialien<br />

für die Produktion<br />

kaufen sie<br />

möglichst auch in<br />

der Region ein.<br />

pa wollte ..., Papa hat gesagt ...“, so fangen viele Sätze<br />

an. Dabei haben sie ziemlich schnell ziemlich viel<br />

anders gemacht nach seinem Tod. Vier Generationen<br />

lang hatte die Brauerei stets nur eine Sorte gebraut:<br />

Detmolder Pilsener. Die Juniorchefinnen probierten<br />

ganz neue Rezepturen aus. Heute bieten sie neun Sorten<br />

an: Landbier, Weizen und sogar Glühbier, eine Mischung<br />

aus Pils, Sauerkirschsaft und Zimt-Nelkenaroma,<br />

die warm getrunken wird. „Man muss heute ein<br />

Komplettsortiment anbieten“, sagt Simone Strate.<br />

Bemerkenswert ist, dass die Schwestern ohne Kredite<br />

oder Leasingverträge auskommen. „Das mag eine<br />

verstaubte Einstellung sein, aber uns ist das wichtig“,<br />

sagen sie. Steht eine Betriebsausgabe an, dann warten<br />

sie, bis sie die Summe für die Anschaffung beisammen<br />

haben. Voriges Jahr haben sie etwa ein Blockheizkraftwerk<br />

gebaut und eine Solaranlage auf dem Dach.<br />

Die Brauerei setzt auf die Region: Die Unternehmerinnen<br />

verkaufen ihr Bier über den Fachhandel in<br />

einem Umkreis von 120 Kilometern. Höher ist die Gewinnspanne,<br />

wenn größere Abnehmer direkt in der<br />

Brauerei kaufen – regionale Vereine etwa. Im Gegenzug<br />

sponsert Strate 800 Clubs durch regelmäßige Jahresbeiträge<br />

oder projektbezogene Zuschüsse, etwa für<br />

den Bau eines Vereinsheims. Bis zu einer Million Euro<br />

ist ihnen dieses Sponsoring wert.<br />

Vor acht Jahren hatte Strate die Idee, möglichst viel<br />

auch in der Region einzukaufen. Vorher orientierten<br />

sie sich allein am Preis, nun war ihnen der regionale<br />

Bezug wichtig. Heute kommen Werbematerialien wie<br />

Flaggen aus Höxter, Papiertüten aus Bielefeld, Bierpappen<br />

aus Hövel. 90 Prozent ihres Umsatzes machen<br />

sie mit Bier, den Rest mit Waren wie „Bier-Senf“ oder<br />

„Glüh-Bier-Gelee“. Das jüngste Produkt im Sortiment<br />

ist der „Royal“, von dem die örtliche Sparkasse gerade<br />

400 Flaschen bestellt hat. Royal ist ein Mischgetränk<br />

aus Prosecco, Pfirsichlikör und Weizenbier. Mit der Rezeptur<br />

liebäugelte Friederike Strate schon länger, es<br />

fehlte nur das passende Gefäß. Das hat schließlich ihre<br />

Schwester gefunden: In Italien hatten Biobauern eine<br />

Champagnerflasche mit Bügelverschluss entworfen<br />

und schützen lassen. Kurzentschlossen rief sie dort<br />

an. Tatsächlich gaben die Bauern die Freigabe für die<br />

Nutzung der Flasche, gratis. Die Chemie muss wohl<br />

gestimmt haben – zwischen den italienischen Biobauern<br />

und den ostwestfälischen Brauexpertinnen.<br />

18 | 01_2012 FaktorA | Das Arbeitgebermagazin

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