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DER KREISLAUF DES WISSENS DER KREISLAUF DES WISSENS

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SERVICE BESCHÄFTIGUNGSPAKT 50 PLUS<br />

„PERSPEKTIVE<br />

50 PLUS“<br />

Seit 2006 gibt es das Bundesprogramm.<br />

Es soll die<br />

Beschäftigungschancen älterer<br />

Langzeitarbeitsloser<br />

verbessern. Neben der Wirtschaft<br />

soll auch die Kreativität<br />

der Regionen miteinbezogen<br />

werden. Das Jobcenter<br />

Nürnberg war von Anfang an<br />

dabei, als das Ministerium<br />

für Arbeit und Soziales den<br />

Ideenwettbewerb für die Regionen<br />

ausgeschrieben hat.<br />

Damals gab es etwa 20 Pakte,<br />

heute sind es bundesweit<br />

an die 80.<br />

Die Nürnberger Initiative<br />

versucht auf verschiedenen<br />

Ebenen gleichzeitig anzusetzen:<br />

das potenzielle Personal<br />

individuell zu betreuen, die<br />

Region zu sensibilisieren und<br />

Vorurteile in Unternehmen<br />

abzubauen.<br />

Vergleichbare Projekte<br />

auf Bundesebene:<br />

www.perspektive<br />

50plus.de<br />

POTENZIALE<br />

ERKENNEN.<br />

CHANCEN NUTZEN.<br />

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die Vorteile, die sich durch<br />

die Einstellung von Hartz IV-<br />

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Sie Fachkräfte und profitieren<br />

von den Zuschussmöglichkeiten<br />

zur Wiedereingliederung<br />

von Arbeitnehmern.<br />

Weitere Informationen<br />

für Arbeitgeber:<br />

www.jobcenter-<br />

ichbingut.de<br />

Aber er hat Glück gehabt: Der Schreinermeister<br />

Weick findet Altersdiskriminierung furchtbar und<br />

sieht sogar Verständigungsprobleme positiv: „Wenn<br />

man sich nicht deutlich ausdrückt, bekommt man vielleicht<br />

das Falsche – aber das diszipliniert uns in der<br />

Kommunikation, und das kann uns allen im Betrieb<br />

nicht schaden.“ Dennoch rechnet der Chef einen „Aufpreis“<br />

für Nori ein: „Wir könnten wesentlich mehr<br />

Geld verdienen, wenn wir nicht so menschlich wären.<br />

Aber ich find’s klasse, wenn man Leute fördern kann.<br />

Das ist ein anderer Wert für mich.“<br />

Ohne besondere Vermittlung wäre der Naturwissenschaftler<br />

Nori, der sich in der Freizeit mit Weltliteratur<br />

von Dickens bis Stendhal beschäftigt, kaum auf<br />

die Schreinerwerkstatt gestoßen. Schon in den ersten<br />

paar Jahren in Deutschland arbeitete er als Zeitarbeiter<br />

für Tischler – seit 1982 hatte er einen deutschen<br />

Pass. Doch er fand keinen festen Job. Er machte eine<br />

Weiterbildung zum Technischen Zeichner – jedoch<br />

ohne Abschluss. Da war die Sprache, die nicht reichte<br />

– und Depressionen. Lange Zeit hatte er zurückgewollt<br />

in den Iran, aber nicht<br />

unter den Bedingungen des Regimes.<br />

Er hatte dort im Gefängnis<br />

gesessen, wurde gefoltert.<br />

So ist er langsam in die Jahre<br />

gekommen.<br />

Dass Oskar Weick ältere<br />

Kollegen wegen ihrer Erfahrung<br />

– im Beruf und im Leben<br />

– schätzt, war ein Glücksfall für<br />

Nori. Der Schreinermeister hatte<br />

eine Veranstaltung der Perspektive<br />

50 Plus besucht, ein<br />

Programm zur Vermittlung älterer<br />

Arbeitsloser. Die 20 bis<br />

30 Bewerberprofile, die er dort sorgfältig ausgearbeitet<br />

vorfand, haben ihn angesprochen. Und so bat er<br />

den Betreuer vor Ort, ihm den Ambitioniertesten und<br />

Engagiertesten vorbeizuschicken.<br />

„In der normalen Jobvermittlung gehen einem die<br />

Älteren oft durch die Lappen“, sagt Franziska Zühlke,<br />

Koordinatorin beim Pakt 50 für Nürnberg und Fürth.<br />

Bei ihr im Kompetenzzentrum landen die Fälle, die als<br />

schwer vermittelbar gelten, weil: zu alt. „Unser A und<br />

O ist der Betreuungsschlüssel“, sagt Zühlke. Beraterinnen<br />

oder Berater, die mit 60 Klienten eine verhältnismäßig<br />

geringe Zahl betreuen, kennen eben auch<br />

deren Soft Skills und finden berufliche Alternativen,<br />

auch wenn es an speziellen Fachkenntnissen mangelt.<br />

Das sei oft die größte Herausforderung, weiß Zühlke:<br />

Einen Job finden, hinter dem die Arbeitsuchenden<br />

stehen können. „Manche haben vielleicht mal gut verdient,<br />

danach fragt der Markt aber nicht. Manche sind<br />

auch etwas realitätsfern, da sind wir dann zuständig,<br />

etwas Wirklichkeit hereinzulassen“, sagt sie.<br />

Und wie integriert sich ein Akademiker aus dem<br />

Iran als Helfer in der fränkischen Schreinerei?<br />

„Ein Mensch ist entweder motiviert oder unmotiviert.<br />

Da ist es für mich vollkommen sekundär,<br />

wie alt der ist“, sagt der 41-jährige Weick. Und Nori<br />

„Wenn der Mensch macht, was er mag,<br />

kommt mehr heraus.“ So lautet die Überzeugung<br />

des Schreiners Weick (o.r.). Mahmood<br />

Nori setzt er daher oft in der Werkstatt ein.<br />

sei überdurchschnittlich engagiert.<br />

Als Fachhelfer ist er<br />

für die Kontrolle des Lagerwesens<br />

verantwortlich und hilft<br />

an vielen anderen Stellen mit.<br />

Er hat in zwei Jahren nur zweimal<br />

gefehlt. Weick muss ihn<br />

nach Hause schicken, wenn er<br />

krank ist.<br />

Der Schreinermeister beschäftigt<br />

zehn Mitarbeiter, Nori<br />

ist einer von zwei Fachhelfern.<br />

Zum Facharbeiter fehlen ihm<br />

Führerschein und Sprachkenntnisse. Dennoch hält<br />

sein Chef gern an ihm fest: Generell seien im Handwerk<br />

ältere Mitarbeiter von Vorteil. Da gehe es weniger<br />

um sich ständig wandelnde Anforderungen, wie<br />

etwa in der EDV. Erfahrung seien viel wichtiger, auch<br />

zur Ausbildung von Lehrlingen.<br />

Mittelständler, so hat Franziska Zühlke festgestellt,<br />

sind oft aufgeschlossener für ihre Klientel. „Sie<br />

haben andere Rekrutierungsverfahren als große Firmen,<br />

reden auch mit Leuten, die spontan vorbeischneien.“<br />

Oft hapere es schon an einer schlechten Präsentation,<br />

weil Ältere nicht mehr an sich glauben, sagt sie.<br />

Es gebe viele, die noch arbeiten könnten, aber durch<br />

Absagen oder Misserfolge frustriert seien. Der Ansatz<br />

vom Pakt 50 sei deshalb „Perspektivenwechsel, den<br />

Älteren den Blick öffnen!“<br />

Bei Weick rennt sie damit offene Türen ein: Vielleicht<br />

liegt es daran, dass dieser schon immer mit seinem<br />

Vater zusammenarbeitet. Der ist inzwischen 81<br />

- und hilft noch heute mit. Kann sein, sagt der Junior,<br />

dass ihn das auch tolerant gegenüber älteren Arbeitnehmern<br />

macht. Viel lieber redet er aber über eine<br />

gute Stimmung - als über Jahre. „Unmotivierte Leute<br />

können wir nicht gebrauchen, die machen schlechte<br />

Stimmung.“ Wenn alle Kollegen aber motiviert sind,<br />

gehe die Arbeit viel leichter von der Hand.<br />

26 | 01_2012 FaktorA | Das Arbeitgebermagazin

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