3SAM Zeitschrift 2-2016
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
GANZ PERSÖNLICH<br />
»<br />
Ich habe so meine Probleme<br />
mit dem Medium „Predigt“.<br />
Warum predigst du eigentlich so wenig<br />
im Gottesdienst?<br />
Weil ich zu Hause schon genug meinen<br />
Kindern predige und sich ihr Verhalten<br />
dadurch auch nicht ändert. ;-) Nein, im<br />
Ernst - es gibt im Wesentlichen drei Grün-<br />
de: Erstens ist das Predigen<br />
nicht mein Auftrag innerhalb<br />
unserer Gemeinde.<br />
Zweitens glaube ich<br />
nicht, dass ich dafür wirklich<br />
begabt bin. Es ist jedes<br />
Mal ein Kampf, bis<br />
eine Predigt steht. tens (und das ist viel-<br />
Dritleicht<br />
der wichtigste<br />
Punkt) habe ich<br />
so meine Proble-<br />
BIOGRAFISCHE ECKDATEN:<br />
me mit dem Medium „Predigt“, weil ich<br />
eher der dialogische Typ bin. Ich brauche<br />
den Dialog mit den Menschen - eine<br />
Predigt ist traditionell aber ein Monolog.<br />
Der Zuhörer kann nicht intervenieren,<br />
seine Meinung zum Gesagten äußern<br />
oder Dinge in Frage stellen. Auch<br />
ist die Gefahr sehr groß, dass man missverstanden<br />
wird und die Leute danach<br />
mit diesem Missverständnis nach Hause<br />
gehen. Das führt bei vielen<br />
Predigern dazu, dass sie alles<br />
in Watte packen, die Phrase<br />
„Verstehen Sie mich bitte<br />
nicht falsch“ ständig zu hören<br />
ist oder dass um den heißen<br />
Brei herumgeredet wird.<br />
Das ist nicht mein Ding!<br />
Ich bin für Offenheit<br />
und Ehrlichkeit, denn<br />
so kommt man weiter<br />
… das ist wahre Liebe.<br />
Im wechselseitigen Gespräch<br />
mit Menschen<br />
kann man nachhaken,<br />
korrigieren und erfährt<br />
eher, wie etwas<br />
verstanden<br />
wurde.<br />
Name: Rainer Schemenauer<br />
Geboren: 14. Juni 1965 in Lörrach<br />
1 Bruder: Ralf (5 Jahre älter)<br />
Verheiratet mit Sonja Schemenauer, geb. Büser<br />
2 Söhne: Simeon, fast 19 Jahre & Elias, 13¾<br />
Beruflicher Werdegang:<br />
1984 I Abitur in Weil am Rhein<br />
1984-1986 I 20 Monate Zivildienst im Krankenhaus in Singen am Hohentwiel<br />
1986-1987 I Soziales Jahr in einem Kindergarten in Weil am Rhein<br />
1987-1992 I Studium der Religionspädagogik an der Evang. Fachhochschule<br />
in Freiburg i. Brsg.<br />
1992-1999 I Gemeindediakon in Rheinfelden/Baden<br />
1999-heute I Gemeindediakon in Ellmendingen/Dietenhausen/Weiler<br />
Aufgaben in der Gemeinde: Kirchengemeinderat, Konfirmandenarbeit,<br />
Religionsunterricht, Öffentlichkeitsarbeit, Mitarbeiterbegleitung<br />
& -schulung, Gemeindepädagogik, Gemeindebeirat, C-Punkt-Gottesdienste,<br />
Sport/Kultur<br />
Trotzdem höre ich gerne Predigten. Am<br />
liebsten sind mir solche, die mich herausfordern<br />
und mich nicht bebauchpinseln.<br />
2017 feiern wir ja 500 Jahre Reformation.<br />
Um nicht der Versuchung zu<br />
verfallen, nur nach hinten zu blicken,<br />
will sich unsere Gemeinde auch Gedanken<br />
machen, was denn für sie und<br />
ihre Arbeit in den kommenden Jahren<br />
wichtig bzw. reformationsbedürftig<br />
ist. Was sind deine Gedanken dazu?<br />
Komplexe Frage - zwei meiner 95 Thesen<br />
dazu :-): 1. Nah am Menschen sein 2. Gemeinde<br />
online. Reicht das als Antwort ;-)?<br />
Ich versuche mich kurz zu fassen.<br />
1. Wir müssen näher an den Menschen<br />
sein. „Nah am Menschen sein“ bedeutet<br />
für mich, dass wir nicht immer wieder in<br />
die Falle tappen dürfen zu glauben noch<br />
ein weiteres Angebot, noch eine Veranstaltung,<br />
noch ein Programm zu benötigen,<br />
um Menschen erreichen zu können.<br />
Wir haben sehr viele Angebote in unserer<br />
Gemeinde (siehe auf unserer Homepage<br />
unter „Gemeindeleben“; 36 regelmäßige<br />
Veranstaltungen + etliche Einzelveranstaltungen)<br />
und das ist auch fantastisch.<br />
Das alles muss aber vorbereitet und geleitet<br />
werden. Unsere Gemeinde ist gesegnet<br />
mit vielen Menschen, die sich da<br />
wirklich reinhängen und viel von ihrer<br />
Zeit, ihrer Kraft und auch ihrem Geld dafür<br />
opfern. Leider bleibt dabei allerdings<br />
sehr häufig der Mensch auf der Strecke,<br />
für den wir das alles eigentlich tun - zumindest<br />
bei mir ist das so. Denn meine<br />
ganze Zeit und Energie geht für Organisieren<br />
und das Vorbereiten von Angeboten<br />
drauf, so dass ich am Ende selten<br />
noch Motivation habe, mich um einzelne<br />
Menschen zu kümmern. Verstehst du,<br />
was ich meine? Häufig kümmern wir uns<br />
zu viel um die Masse und viel zu wenig<br />
um den Einzelnen. Masse können wir<br />
nur oberflächlich bedienen, niemals individuell.<br />
Mir ist das durch einige junge<br />
Erwachsene, die ich momentan lebensberatend<br />
und seelsorgerlich begleite, gerade<br />
wieder neu bewusst geworden. Die<br />
Menschen brauchen primär unsere Nähe<br />
und nur sekundär unsere Veranstaltungen.<br />
Und dazu braucht es jeden einzelnen<br />
Christen unserer Gemeinde, denn<br />
jeder kann nur eine geringe Anzahl von<br />
Mitmenschen in ihrem Leben begleiten.<br />
Jesus war Mentor für 12 Personen - ich<br />
glaube, das ist schon mehr, als wir zu<br />
12<br />
<strong>3SAM</strong> 2/<strong>2016</strong> | CVJM-Zeitung 29. Jahrgang Nr. 92