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Gesundheitsmagazin 2016

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GESUNDHEITSmagazin<br />

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Tablettenabhängigkeit<br />

DIE LEISE SUCHTNACHPILLEN<br />

Es fängt meist ganz schleichend und unauffällig an. Man erhält vom Hausarzt<br />

ein paar Tabletten verschrieben. Sie helfen. Man fühlt sich wohler und<br />

es geht einem wieder gut. Doch als die Tabletten aus sind, bekommt man<br />

Angst,dass die Symptome wiederkommen. Man besorgt sich eine neue<br />

Packung. Irgendwann kann man nicht mehr mit den Tabletten aufhören.<br />

Die Sucht ist unauffällig, aber genau so schlimm wie andere Süchte.<br />

Bei vielen Betroffenen beginnt die Medikamentensucht<br />

schleichend. Häufig werden bei allgemeiner<br />

Unbehaglichkeit wie beispielsweise bei<br />

Schlafstörungen oder Nervosität sowie Unruhezuständen<br />

vom Arzt Medikamente verschrieben.<br />

Der gewünschte Effekt stellt sich häufig schnell<br />

ein. Doch anstatt mit der Einnahme aufzuhören,<br />

können einige Patienten nicht mehr davon ablassen.<br />

Medikamentenabhängig ist, wer regelmässig<br />

Arzneimittel mit psychischer Wirkung<br />

einnimmt, ohne dass dies medizinisch begründet<br />

ist, und derjenige dadurch körperliche, seelische<br />

oder soziale Schäden erleiden kann.<br />

Abhängig machende Mittel<br />

Die Abhängigkeit von Medikamenten ist eine<br />

Sucht, über die kaum gesprochen wird. Abhängig<br />

machen vor allem Benzodiazepine. Dabei handelt<br />

es sich um eine Gruppe von Arzneimittelwirkstoffen,<br />

die als Schlaf-, Entspannungs- oder<br />

Beruhigungsmittel eingesetzt werden. Die Medikamentenabhängigkeit<br />

wird lange im Verborgenen<br />

gehalten, weshalb sie häufig auch als «stille<br />

Sucht» bezeichnet wird. Das Umfeld der Betroffenen<br />

bekommt häufig lange nichts von der<br />

Abhängigkeit mit. Schätzungen zufolge sind in<br />

Österreich rund 100.000 Menschen betroffen. Es<br />

wird davon ausgegangen, dass die Dunkelziffer<br />

noch viel grösser ist.<br />

Drei Haupteinstiege in die Sucht<br />

Grundsätzlich lassen sich drei Haupteinstiege in<br />

die Abhängigkeit unterscheiden. Man hat seelische<br />

Beschwerden und geht absichtlichzum Arzt,<br />

der verschreibt dann Beruhigungsmittel, die einen<br />

Suchtmechanismus auslösen. Um das Medikament<br />

wieder zu bekommen, geht man zum<br />

nächsten Arzt. Als zweiter Einstieg spielen oft Bekannte<br />

oder Verwandte eine Rolle, die ein spezielles<br />

Medikamente weiterempfehlen, weil es ihnen<br />

selbst geholfen hat. Die dritte Einstiegsmöglichkeit<br />

betrifft vor allem Alkoholkranke. Sie<br />

bekommen bestimmte Medikament gegen die<br />

Entzugserscheinungen verschrieben, die abhängig<br />

machen können.<br />

MehrFrauen als Männer abhängig<br />

Der Spruch «Mother’slittle helper» trifft leider nach<br />

wie vor zu, denn Medikamentenabhängigkeit ist<br />

eindeutig weiblich dominiert. Die Gründe dafür<br />

sind vielfältig: Zum einen gibt es Hinweise, dass<br />

Frauen mehr Schwierigkeiten haben, nach Alkohol<br />

zu riechen; Tabletten riecht man eben nicht.<br />

Zum anderen gehen Frauen häufiger wegen Empfindungsstörungen<br />

zum Arzt, während Männer<br />

in diesen Fällen vermehrt zu Alkohol greifen.<br />

Um an die entsprechendenMedikamente zu kommen,<br />

sind die Abhängigen zuweilen recht kreativ.<br />

Sowerden häufig Krankheiten oder Schmerzen<br />

bewusstsimuliert, um die gewünschten Tabletten<br />

zu erhalten. Ärzte haben häufig keinen<br />

Überblick, denn der Patient lernt, was er sagen<br />

muss, um an die Medikamente zu kommen.<br />

Schwer diagnostizierbare Sucht<br />

Der Schritt zum Eingestehen der Sucht ist schwierig<br />

und es dauert meist lange, bis Betroffene so<br />

weit sind. Jahrelang wird die Sucht geleugnet,<br />

verharmlost und heruntergespielt. Aber auch die<br />

Ärzte selbst stehen vor einer grossen Herausforderung,<br />

denn die Tablettenabhängigkeit lässt sich<br />

nur schwer diagnostizieren. Patienten werden<br />

nicht so aggressiv wie durch Alkohol, weshalb<br />

die Sucht länger unentdeckt bleibt.<br />

Folgen der Sucht<br />

Wer jahrelang Medikamente missbräuchlich einnimmt,<br />

muss mit schweren Folgen rechnen: Das<br />

Gehirn wird rascher geschädigt als durch Alkohol.<br />

Die Interesselosigkeit von Abhängigen führt<br />

zu sozialer Isolation, generell werden gefährlichen<br />

Tätigkeiten noch gefährlicher. Denn der<br />

übermässige Gebrauch von Beruhigungstabletten<br />

senkt die Aufmerksamkeit und Konzentration<br />

und kann sogar zu kurzfristigem Gedächtnisverlust<br />

und Persönlichkeitsveränderungen führen.Bei<br />

der Behandlung steht zunächst im Vordergrund,<br />

den Körper zu entgiften. Dieser Entzug<br />

dauert länger als beispielsweise bei Alkoholabhängigkeit

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