celia-williams-perlen-fuer-den-drachen
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Einsames Erwachen<br />
Blinzelnd kam Steven wieder zu sich. Unter seinem Körper konnte er weiches Gras<br />
fühlen. Da er vorhin in warmem Sand gelegen hatte, wusste er, dass er sich nicht mehr<br />
am Strand befand. Dies bestätigte ihm auch sein Gehör, keine Brandung oder<br />
Wellengang. Vorsichtig öffnete er die Augen und blickte genau in ein Dach aus<br />
überlappten Palmwedeln. Diese wuchsen an einer riesigen Dattelpalme. Dies erkannte<br />
Steven nur an <strong>den</strong> ausgereiften Früchten in der Krone des Baums. Natürlich konnte er<br />
eine Palme von einem Laubbaum oder einem Nadelgehölz unterschei<strong>den</strong>, aber da endeten<br />
seine Fähigkeiten auch schon. Seufzend sah er sich etwas genauer um. Er war alleine und<br />
rechts von ihm, etwa zwei Meter entfernt, gurgelte ein schmales Rinnsal. Das Wasser sah<br />
sehr erfrischend aus, auch wenn es vermutlich arschkalt war. Quellwasser hatte meist<br />
eine eisige Temperatur. Egal, Steven wollte erst seinen Durst stillen und dann unbedingt<br />
<strong>den</strong> Schmutz loswer<strong>den</strong>. An ihm klebte Matsch von der Straße, Schlamm und Schlick aus<br />
dem Bayou, Salzwasser verklebte seine Haare und seine Haut trug eine Puderschicht aus<br />
Sand und Staub. Ein Rundblick verriet ihm, dass er alleine war, aber er hatte keine<br />
Ahnung, wie lange er es bleiben würde. Da er darauf keinen Einfluss hatte, beschloss er<br />
trotzdem eine Waschung vorzunehmen. Auf keinen Fall wollte er so bleiben. Alle seine<br />
Sinne vermittelten ihm, dass er seine Ohnmacht auch unbeschadet überlebt hatte, also<br />
räumte er Roomer gewissermaßen einen Vertrauensvorschuss ein und hoffte das Beste.<br />
Geschickt öffnete er die Reißverschlüsse der hochhakigen weißen Stiefel und zog diese von<br />
seinen Füßen. Das Leder wies Risse und Verkrustungen auf. Die Dinge hatte er definitiv<br />
ruiniert, egal, wenn er richtig vermutete, würde er sie nicht mehr brauchen. Auch das<br />
Smartphone war hin, das Salzwasser hatte dem Teil <strong>den</strong> Rest gegeben. Seufzend legte er<br />
es bei Seite, als er das Geld griff. Nass, aber trockenbar, doch würde er es noch brauchen?<br />
Wie bezahlte man hier?Blinzelnd verharrte er in dieser verkrümmten Sitzhaltung und<br />
beschäftigte sich mit seinen Überlegungen. Seine Augen und die hier herrschende Hitze<br />
sagten ihm, dass er sich in einer Wüstenoase befand. In der Nähe von New Orleans gab es<br />
keine Wüste, also befand er sich nicht mehr in Louisiana. Keine Wüste reichte in <strong>den</strong> USA<br />
bis ans Meer, also hatte er seine Heimat vollständig verlassen. Trotz der absoluten<br />
Unmöglichkeit, zumindest wenn man bei Verstand bleiben wollte, musste Steven die<br />
Möglichkeit einräumen, dass er entweder träumte oder wirklich seine Welt verlassen<br />
hatte. Alle Bruchstücke die er von Roomer aufgeschnappt hatte, deuteten eindeutig<br />
darauf hin. Wenn noch der selbe Tag war, musste es so sein. Denn wie hätte dieser ihn<br />
sonst vom Strand zu einer Oase bringen sollen. Schnell sprang Steven auf, schwankte<br />
leicht, bis sein Kreislauf wieder seinen korrekten Dienst aufgenommen hatte, zügigen<br />
Schritts marschierte er zwischen <strong>den</strong> Büschen hindurch und erreichte schnell die Grenze<br />
des Grüns. Vor ihm erstreckte sich die klassische Geröllwüste, wie er sie aus<br />
Dokumentationen über die Wüste Gobi kannte. Selbst die riesige Sahara in Afrika bestand<br />
nur zu sechs Prozent aus Sand. Kein Meer in Sicht, also hatte ihn der Muskelmann<br />
weggebracht, raus aus der unerbittlich brennen<strong>den</strong> Sonne. Mit Sicherheit lagen einige<br />
Meilen zwischen hier und dem Strand. Da er keine Zufahrt oder gar Reifenspuren<br />
entdecken konnte, blieb nur ein logischer Schluss.Nach<strong>den</strong>klich kehrte Steven zur Quelle<br />
zurück. Seine Plastik<strong>perlen</strong> landeten als unansehnlicher Klumpen auf dem Bo<strong>den</strong>. Nun