PDF Datei - Diakonisches Werk Hessen-Nassau
PDF Datei - Diakonisches Werk Hessen-Nassau
PDF Datei - Diakonisches Werk Hessen-Nassau
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Noch können die meisten Menschen nach diesem Psalmgebet getrost einschlafen. Doch die<br />
Erfahrung von ausreichender Unterstützung in Phasen der Schwäche, von erfolgreicher Hei lung<br />
bei mangelnder Gesundheit, von ermutigender Zuwendung bei Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit<br />
könnte bald rar werden, wenn die Pflegereform nicht bald kommt, denn es fehlt die Zusammenführung<br />
der Pflegeausbildungen, es fehlt die Neufassung eines am Grad der Selbstständigkeit<br />
statt an der Dauer von Verrichtungen festgemachten neuen Pflege be dürf tigkeitsbegriffs<br />
und eines neuen Einstufungsverfahrens und es fehlt die Dynamisierung der Leistungen der Pflegekassen,<br />
möglichst auf der Basis eines objektiven Pflegebedarfsbemessungssystems.<br />
Für die Betroffenen muss man fragen: Ist das nicht ein Fall von unterlassener Hilfeleistung?<br />
Die Folgen dieser politischen Tatenlosigkeit müssen Männer oder Frauen mit Pflegebedarf tagtäglich<br />
ausbaden, denn immer kleiner wird der Anteil, den die Pflegeversicherung zu den entstehenden<br />
Kosten an Pflege und Betreuung zuzahlt. Ist es mit dem Grundsatz des Erbarmens und der<br />
Solidarität mit den Schwachen unserer Gesellschaft noch vereinbar, wenn gute Pflege immer mehr<br />
vom Geldbeutel des Einzelnen und seiner Zahlungskraft abhängig gemacht wird?<br />
Die öffentlich einsehbaren sehr guten Bewertungen und die Nachfrage zeigen, dass die diakonischen<br />
Einrichtungen im Rahmen des Möglichen beste Leistungspakete anbieten. Wenn dennoch<br />
bei den Rechtsträgern die Sorgen immer größer werden, zeigt das die Pflegebedürftigkeit<br />
des Systems. Nach 15 Jahren ohne angemessene Kostenerstattungssteigerung in den Einrichtungen<br />
sind die Rationalisierungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Die Versicherten wie auch die Einrichtungsträger<br />
brauchen Entlastung und Sicherheit für ihre Zukunft.<br />
„Verlass mich nicht, wenn ich schwach werde“, ist kein inniges Bittgebet, sondern ein Aufschrei<br />
dessen, der sich alleingelassen fühlt, weil ihm im Zustand der Schwachheit jede eigene<br />
Widerstands kraft fehlt. Wer die Reformen weiter verschiebt, riskiert zu all diesen Schwierigkeiten,<br />
dass der interessierte Nachwuchs an Pflegekräften noch mehr verunsichert wird, bis er sich<br />
schließlich anderen Berufen zuwendet. Wer kann das wollen? Wer will das verantworten?<br />
Pfarrer Friedhelm Menzel,<br />
Referent für Altenhilfe im Diakonischen <strong>Werk</strong> in <strong>Hessen</strong> und <strong>Nassau</strong><br />
Arbeitsgebiete Jahresbericht 2011 37<br />
„GOTT, VERLASS MICH<br />
NICHT, WENN ICH<br />
SCHWACH WERDE“<br />
EIN ZWISCHENRUF<br />
FRIEDHELM MENZEL<br />
Das von Minister Rösler<br />
ausgerufene „Jahr der<br />
Pflege 2011“ droht<br />
kläglich zu enden.<br />
Mitte Sep tem ber verkündete<br />
der neue<br />
Gesundheitsminister<br />
Daniel Bahr, dass sich<br />
die Reform der Pflege -<br />
ver sicherung weiter<br />
verzögert. Der erhoffte<br />
Kompromiss inner halb<br />
der Koalition droht zu<br />
platzen.