PDF Datei - Diakonisches Werk Hessen-Nassau
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62 Jahresbericht 2011 Regionale Diakonische <strong>Werk</strong>e<br />
BERNHARD BERGMANN<br />
Die Diagnose Alzheimer ist ein Schock, für<br />
einen Betroffenen ebenso wie für seine Angehörigen.<br />
Dass ein Mensch, wie jetzt der Prominente<br />
Gunter Sachs, sich deswegen das Leben nimmt,<br />
ist für Beate Braner-Möhl, die seit sechs Jahren<br />
beim Diakonischen <strong>Werk</strong> Odenwald (DWO) die<br />
Fachstelle für Demenz (Altersverwirrtheit) innehat,<br />
ein fatales Signal: „Wie wirkt das beispielsweise<br />
auf jemanden, der gerade vor kurzem diese<br />
Diagnose bekommen hat?", fragt die ausgebil -<br />
dete Krankenschwester und Fachkraft, die im<br />
Odenwaldkreis in den vergangenen Jahren ein<br />
„Netzwerk Demenz“ aufgebaut hat, in das unter<br />
anderem Fachärzte, Pflegedienste, Krankenkassen,<br />
Landkreis und Seelsorgeeinrichtungen eingebunden<br />
sind. Denn natürlich habe jeder Mensch Angst,<br />
seine Selbstbestimmung und Persönlichkeit zu<br />
verlieren und auf die Hilfe anderer angewiesen<br />
zu sein. „Andererseits stellt sich doch gerade<br />
dann die Frage, wie ich das Leben in der noch<br />
bevorstehenden Zeit gestalten kann, anstatt es<br />
fortzuwerfen.“ Mit Medikamenten, aber auch<br />
durch soziale Kontakte, Gedächtnistraining, Lesen<br />
und Lernen kann man der Krankheit durchaus<br />
etwas entgegensetzen. Wobei sowieso am<br />
Anfang eine zuverlässige ärzt liche Diagnose und<br />
Beratung stehen müsse – und nicht etwa eine<br />
angelesene Selbstdiagnose, wie es laut Medienberichten<br />
bei Gunter Sachs gewesen sei, sagt<br />
Braner-Möhl.<br />
Diese Diagnose erfordert dann eine Standortbestimmung:<br />
„Wer und was ist mir wichtig für<br />
mein Leben, wie gestalte ich mein Umfeld?“ Von<br />
Anfang an solle die Familie mit einbezogen und<br />
so auch der „Schrecken geteilt“ werden. Nicht<br />
„DAS RECHT AUF<br />
MENSCHLICHKEIT<br />
EINFORDERN“<br />
DEMENZ: IM ODENWALDKREIS<br />
BIETET BEATE BRANER-MÖHL<br />
ERKRANKTEN UND IHREN<br />
ANGEHÖRIGEN RAT UND HILFE<br />
selten entdeckten Ehepaare alte Gewohnheiten,<br />
vergessene Hobbys wieder, die dann noch einmal<br />
wichtig werden. „Das sind die wertvollen Schätze,<br />
die es zu heben und zu pflegen gilt, wenn es<br />
schwieriger wird“, betont die Demenz-Fachfrau,<br />
die in den sechs „Haltestellen“ genannten Betreuungsgruppen,<br />
für die sie im Kreisgebiet verantwortlich<br />
zeichnet, aber auch immer wieder<br />
fest stellt: „In der Regel geht es den kranken<br />
Men schen sehr gut.“<br />
Aus ihrer Sicht stellen altersverwirrte Menschen<br />
eine grundlegende Frage an die Gesellschaft:<br />
„Wie menschlich ist sie? Erkrankte und<br />
ihre Angehörigen haben das Recht, Menschlichkeit<br />
einzufordern“, sagt die 48-Jährige, die derzeit<br />
noch eine Seelsorge-Zusatzausbildung absolviert.<br />
Die Gesellschaft wiederum müsse ihre<br />
Verantwortung erkennen. „Es gibt Pflegestufen<br />
und finanzielle Zuschüsse; aber wo gibt es einen<br />
Zuschuss an Menschenwürde für ein Leben mit<br />
Demenz?“, fragt die Fachstelleninhaberin. Neben<br />
ärztlicher Betreuung und liebevoller Pflege haben<br />
darum aus ihrer Sicht menschliche Zuwendung<br />
und Seelsorge einen festen Platz in der Versorgung.<br />
Wichtig sei es dabei, immer auch die<br />
Angehörigen mit im Blick zu haben. Denn sie<br />
übernehmen in den meisten Fällen die ständige<br />
Betreuung und geraten dabei oft an ihre körperlichen<br />
und seelischen Grenzen. Zugleich ermöglichen<br />
sie dem Kranken dadurch, in seinem vertrauten<br />
Umfeld zu bleiben, was gerade für Demenzkranke<br />
besonders wichtig ist.<br />
Bernhard Bergmann<br />
Öffentlichkeitsarbeit Evangelisches Dekanat Odenwald