Energie und Baudenkmal 2 Fenster und Türen
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Zur Geschichte des <strong>Fenster</strong>glases<br />
Geblasene Gläser<br />
Die Herstellung von geblasenem Glas mit der Glas pfeife<br />
hat eine lange Tradition, sie fand vermutlich seit dem<br />
3. Jahrh<strong>und</strong>ert n. Chr. bis weit ins 20. Jahrh<strong>und</strong>ert Verbreitung.<br />
Butzenglas<br />
Mit der Butzenpfeife (spezielle Glaspfeife) wurde<br />
zunächst eine kleine Kugel geblasen. Auf der der Pfeife<br />
gegenüberliegenden Kugelseite wurde anschliessend das<br />
Hefteisen, ein Metallstab, angebracht <strong>und</strong> die Kugel von<br />
der Pfeife getrennt. Nach erneutem Erwärmen wurde<br />
die Kugel mit einer sogenannten Auftreibschere aufgeschnitten<br />
<strong>und</strong> der Rand r<strong>und</strong>herum umgeschlagen. Nun<br />
rotierte man das Glas, schlug es nach Erreichen der<br />
endgültigen Grösse vom Hefteisen ab <strong>und</strong> liess es im<br />
Kühlofen langsam abkühlen. Die leichte Verdickung, die<br />
Narbe in der Glasmitte (die sogenannte Butze), stammt<br />
vom Hefteisen.<br />
ll <strong>Fenster</strong> <strong>und</strong> Türren<br />
Glasblasen, Mondtechnik (Abb. 16)<br />
Detail einer Butzenscheibe mit mittiger Butze (Abb. 15)<br />
Mondglas<br />
Mondglas ist eine Weiterentwicklung des Butzenglases.<br />
Das Hefteisen wurde stark rotiert, sodass mithilfe der<br />
Fliehkraft aus der Kugel eine Scheibe bis zu einer Grösse<br />
von 120 bis 150 cm geschleudert werden konnte. Diese<br />
Scheibe wurde ganz oder halbiert weiterverarbeitet,<br />
zuweilen auch mondförmig aufgeteilt.<br />
Im Barock tauchten erstmals dünne Scheiben ohne<br />
mittige Butzen auf, die sogenannten «Tellergläser».<br />
Tellerglas<br />
Um ein Tellerglas herzustellen, wurde eine Glaskugel geblasen<br />
<strong>und</strong> über einen Holzmodel gepresst. So entstand<br />
ein flacher Hohlkörper, dessen oberer Teil abgeschnitten<br />
wurde. Der tellerförmige «Boden» wurde nach dem<br />
Abkühlen als R<strong>und</strong>scheibe genutzt oder zu anderen<br />
Formen, häufig Waben, zugeschnitten.<br />
Zylinderglas<br />
Streckglas oder gestrecktes Tafelglas wurde ab dem<br />
15. Jahrh<strong>und</strong>ert hergestellt. Zunächst wurde ein Glaszylinder<br />
m<strong>und</strong>geblasen, die Enden gekappt, der Zylinder<br />
wieder erhitzt <strong>und</strong> an der heissesten Stelle aufgeschnitten.<br />
Schliesslich wurde die Glasfläche gestreckt, mit einem<br />
Polierholz geglättet <strong>und</strong> danach abgekühlt. Auf diese<br />
Weise konnten bereits recht grosse Glastafeln hergestellt<br />
werden. Später wurden die Gläser mit Pressluft geblasen.<br />
Mit diesem Verfahren wurden bis zu 12 Meter lange<br />
Zylinder gefertigt, aus welchen man wiederum Tafeln in<br />
einer Grösse herstellte, die selbst heute noch nicht mit<br />
Floatgläsern erreicht wird.<br />
Gewalzte Gläser<br />
Das Walzglasverfahren wurde zum ersten Mal 1688 im<br />
französischen Saint-Gobain, dem Ursprung des heutigen<br />
gleichnamigen Weltkonzerns, angewandt. Geschmolzenes<br />
Glas wurde auf den Walztisch gegossen, verteilt <strong>und</strong><br />
schliesslich gewalzt. Im Gegensatz zu den vorher genannten<br />
Verfahren wurde hier eine gleichmässige Dicke<br />
erreicht. Walzglas wurde für die Produktion von Spiegeln<br />
genutzt, die ungleichmässige Oberfläche bereitete jedoch<br />
Probleme. <strong>Fenster</strong>glas dieses Herstellungsverfahrens war<br />
mehrheitlich blind <strong>und</strong> Spiegelglas nur durch aufwendiges,<br />
kaltes Polieren zu erzielen.<br />
<strong>Energie</strong> <strong>und</strong> <strong>Baudenkmal</strong> – <strong>Fenster</strong> <strong>und</strong> <strong>Türen</strong> – V1 – 2014<br />
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