Bremer Geschichte - Der Club zu Bremen
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Johannes C. Schmid<br />
Im Januar 1517 schlug Luther seine 95 Thesen gegen die scholastische<br />
Theologie an die Schlosskirche <strong>zu</strong> Wittenberg. Wortgewaltig<br />
kündete er eine neue Sicht des Glaubens. Die Zeit schien<br />
reif für neue Ideen. <strong>Bremen</strong>, das am Rande des Reiches lag, und<br />
dessen geistliches Leben nicht all<strong>zu</strong> rege war, blieb <strong>zu</strong>nächst<br />
unberührt von der neuen Strömung bis 1522 der charismatische<br />
Dominikanermönch Heinrich von Zütphen auftrat. Nach dessen<br />
Tod, so wird berichtet, wechselte <strong>Bremen</strong> so schnell wie keine<br />
andere deutsche Stadt <strong>zu</strong> Luthers Lehre über.<br />
Zur Freiheit seid Ihr berufen (Galater-Brief)<br />
<strong>Bremen</strong>, November 1522<br />
Vom Fenster seines Amtszimmers im <strong>Bremer</strong> Rathaus sieht Bürgermeister<br />
Daniel von Büren dem bunten Treiben auf dem Marktplatz<br />
<strong>zu</strong>. Es herrscht rege Geschäftigkeit. Die Bürger bereiten<br />
sich auf das Fest des heiligen Willehad vor. Dieser erste Bischof<br />
<strong>Bremen</strong>s genoss im Volk höchste Verehrung, waren doch an seinem<br />
Grab im Laufe der Jahre schon viele Wunder geschehen. <strong>Der</strong><br />
Winter hatte sich noch nicht angekündigt in diesem November.<br />
Seit Tagen wehte ein milder, aber heftiger Westwind über Stadt<br />
und Land. Nach einer Weile wendet sich von Büren seinen Besuchern,<br />
einem Mitglied des Stadtrates und dem Handelsherren<br />
Hinnok Uhlmann <strong>zu</strong> , der, von einer Reise in den Osten des Reiches<br />
<strong>zu</strong>rückkommend, Beunruhigendes <strong>zu</strong> berichten weiß.<br />
„Ihr meint also, es könnte <strong>zu</strong> Unruhen kommen, Uhlmann, infolge<br />
der Ideen, die dieser Augustinermönch verbreitet?“ fragt von<br />
Büren den Kaufmann. „Gehört habe ich auch schon davon. Er<br />
soll gegen den Sündenablass wettern.“ „Nun gut, aber das tun<br />
wir doch auch. Erinnert euch Ihr Herren, als der Stadtrat den<br />
Kardinal Raimund Peraudi, der im päpstlichen Auftrag Ablassgelder<br />
in <strong>Bremen</strong> einsammelte, entgegentrat. Außerdem erreichten<br />
uns doch schon im letzten Jahr Berichte, dass dieser Mönch in<br />
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Heinrich von Zütphen,<br />
Gemälde in der<br />
Ansgarii-Kirche (<strong>Bremen</strong>)<br />
Worms vor dem Kaiser und der hohen Geistlichkeit vernommen<br />
worden ist. Danach war er verschwunden, jedenfalls hörte man<br />
nichts weiter.“ „Was meint Ihr“, wandte sich von Büren an den<br />
Ratsherrn, der bisher schweigend <strong>zu</strong>gehört und hin und wieder<br />
bedächtig an seinem Weinglas genippt hatte, „nun, wie denkt<br />
Ihr über diese Sache?“<br />
Doch bevor der Ratsherr anheben konnte, war Uhlmann aufgesprungen,<br />
eine imposante Erscheinung in nobler Kleidung. Sein<br />
wettergegerbtes Gesicht verriet Energie und Tatkraft. Er war sich<br />
bewusst, der angesehenen Zunft der Kaufleute an<strong>zu</strong>gehören mit<br />
Sitz im Schütting, dem Rathaus gegenüber.<br />
„Verzeiht Ihr Herren, aber das ist kein Strohfeuer im Osten und<br />
Süden des Landes, hier bereitet sich ein Aufruhr vor. Wir in <strong>Bremen</strong><br />
leben am Rande des Reiches, und die neuen Gedanken<br />
haben uns noch nicht erreicht. Gäbe Gott, dass es so bleibt.<br />
Aber wisset, die Menge ist leicht <strong>zu</strong> begeistern. Und Ihr irrt,<br />
Herr Bürgermeister, mitnichten ist dieser Mönch, Luther heißt<br />
der Kerl, untergetaucht. Er hat sich, so erzählt man, unter dem<br />
Schutz des Kurfürsten in Thüringen verschanzt. Es heißt er übersetze<br />
dort die Bibel ins Deutsche. Das Wort des Herren dürfe<br />
nicht nur Gebildeten <strong>zu</strong>gänglich sein, sondern jedem gläubigen<br />
Menschen, lässt er verlauten.“<br />
<strong>Der</strong> Handelsherr lacht dröhnend. „Man stelle sich vor, die Marktfrau,<br />
der Fischhändler disputieren über die heiligen Geheimnisse<br />
unseres Herrn. Hört was ich in Augsburg von einem Handelspartner<br />
wörtlich vernahm. Nicht der Papst sei oberste Autorität,<br />
sondern das Wort des Evangeliums, das jedermann verstehen<br />
könne. Wenn so etwas um sich greift, gibt es Tumulte, ja es<br />
könnte <strong>zu</strong> Glaubensspaltungen kommen. und nichts ist schädlicher<br />
für den Handel, für unsere Stadt als derartige Hirngespinste.<br />
Ihr wisst, als Freund der Kirche bin ich nicht gerade<br />
bekannt. Mir missfällt Vieles. Aber Kaiser und Papst verbürgen<br />
Ordnung, Ruhe und Gedeihen im Reich.“