Studentat - DOMINIKANER.ORG
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Nr. 10 / 2005<br />
Dominicans for Justice<br />
and Peace in Genf<br />
Praktikumsbericht von fr.<br />
Alexis S. 4<br />
ProvinzZeitung<br />
Begegnung mit dem neugewählten<br />
Provinzial der Slowakei in Retz<br />
P. Provinzial besuchte am 26./ 27. September die slowakische<br />
Kommunität in Retz und informierte sich<br />
über die Lebens- und Arbeitsbedingungen der dortigen<br />
Mitbrüder. P. Provinzial konnte erfreut feststellen,<br />
dass deren Präsenz und pastorale Dienste hochgeschätzt<br />
werden und unvermeidliche Anfangsschwierigkeiten<br />
überwunden sind. Die gute dominikanische Atmosphäre<br />
in Retz wird nur durch die Tatsache getrübt, dass<br />
die erst 2005 erfolgte Verstärkung der kleinen<br />
Kommunität um P. Markolin nicht von Dauer sein wird,<br />
weil das im Sommer gefeierte Provinzkapitel der Slowakei<br />
P. Markolin zum Provinzsyndikus bestimmt hat.<br />
Der Zufall wollte es, dass der neugewählte Provinzial<br />
für die Dominikaner-Provinz des Hl. Albert<br />
in Süddeutschland und Österreich<br />
Datenexemplar unter www.dominikaner.org<br />
450 Jahre Augsburger Religionsfrieden<br />
Porträt von Johannes Fabri OP<br />
S. 8<br />
Dominikanische Orte<br />
St. Crux. Kirche und Kloster<br />
der Dominikaner zu Soest<br />
S. 10<br />
der Slowakei, P. Benedikt Hajas, ebenfalls einen Besuch<br />
in Retz geplant hatte. Die zeitliche Überschneidung<br />
der Besuche beider Provinziale bot Gelegenheit<br />
zu einem ersten kennen lernen und zu einem<br />
Gespräch über die Fortsetzung der gewachsenen Zusammenarbeit<br />
beider Provinzen. Beide Provinziale<br />
vereinbarten regelmäßigen Kontakt, um die beiderseitigen<br />
Interessen und Möglichkeiten auszuloten.
Provinzialat/Kurzmeldungen<br />
Nr. 10 / 2005 ProvinzZeitung<br />
Seite 2<br />
Begegnung mit Christoph Kard. Schönborn<br />
OP<br />
Der Wiener Erzbischof, Christoph Kard. Schönborn<br />
OP, hat P. Provinzial Dietmar Schon für den 3. August<br />
nach Wien zu einer Begegnung eingeladen. Das fruchtbare<br />
Gespräch bot Gelegenheit, den Erzbischof über<br />
Entwicklungen in der Provinz zu informieren; auch<br />
die Möglichkeiten und aktuellen Fragestellungen bzgl.<br />
des Wiener Konvents konnten beleuchtet werden. Ein<br />
weiterer wichtiger Gesprächspunkt betraf Retz und die<br />
dortige Niederlassung der slowakischen Provinz. Die<br />
Begegnung war weit über den Aspekt einer guten Zusammenarbeit<br />
mit der Leitung der Erzdiözese hinaus<br />
von einer herzlichen Gesprächsatmosphäre und von<br />
Erzbischof Christophs mitbrüderlichem Interesse an<br />
der Zukunft der Provinz und des Wiener Konvents<br />
geprägt.<br />
Besuch in Freiburg<br />
Vom 30. August bis Freitag, 2. September besuchte P.<br />
Provinzial die Mitbrüder in der Ausbildungskommunität<br />
des Freiburger Konvents. Dabei informierte<br />
er sich über Eindrücke der in Ausbildung stehenden<br />
Mitbrüder von ihren jüngsten Erfahrungen in den jeweiligen<br />
Ergänzungsstudien bzw. Praktika. Mittelpunkt<br />
eines langen Gesprächs mit dem Studentenmeister,<br />
P. Martin Staszak, bildete ein Gedankenaustausch<br />
über alle Mitbrüder in Ausbildung und die Vorbereitung<br />
künftiger Ausbildungsakzente.<br />
Begegnung mit dem Erzbischof von Freiburg<br />
Für Donnerstag, den 1. September, hatte der Erzbischof<br />
von Freiburg P. Provinzial zu einem Gespräch eingeladen.<br />
Der Erzbischof zeigte sich an der Entwicklung<br />
der dominikanischen Präsenz in Freiburg sehr interessiert<br />
und sagte namens der Diözese auch für die Zukunft<br />
Unterstützung zu.<br />
Postulatsbeginn in Augsburg<br />
Am 10. September sind unsere beiden Kandidaten,<br />
Herr Markus Fischer und Herr Jörg Wegscheider, in<br />
den Augsburger Konvent eingezogen. P. Provinzial hat<br />
sie mit Schreiben vom 12.9. zum Postulat zugelassen.<br />
Den Anfang der Postulatszeit bildete eine Woche in<br />
Worms, die gemeinsam mit den Kandidaten der Provinz<br />
Teutonia durchgeführt wurde. Die Gestaltung der<br />
Woche stand erstmals in der Verantwortung des neuen<br />
Postulatsbegleiters der Provinz Teutonia, P. Cletus<br />
Wingen.<br />
Besuch im Wiener Konvent<br />
Im Zusammenhang mit einem Wienbesuch vom 23.9.<br />
bis 28.9. sprach P. Provinzial mit P. Prior Rupert Johannes<br />
über die im Wiener Konvent anstehenden Fragen,<br />
besonders auch dessen Renovierungs- und Ausbauvorhaben.<br />
Die Ausbildung war Thema weiterer<br />
Gespräche mit dem Submagister im Ausbildungskonvent,<br />
P. Martin Gyöngyös, und den in Ausbildung<br />
stehenden Mitbrüdern. Mit P. Clemens Wehrle besprach<br />
P. Provinzial die Angelegenheiten von Retz.<br />
Dank an P. Clemens Wehrle<br />
P. Provinzial hat am 24. September der Bitte von P.<br />
Clemens Wehrle entsprochen und ihn von seinen Aufgaben<br />
als Administrator von Retz entpflichtet, da die<br />
Mehrfachbelastung von P. Clemens mit pastoralen und<br />
administrativen Aufgaben in letzter Zeit gesundheitliche<br />
Beeinträchtigungen nach sich gezogen hatten. In<br />
einem langen persönlichen Gespräch in Wien und in<br />
einem Brief, der einige Übergangsregelungen<br />
zusammenfasst, dankte P. Provinzial für das langjährige<br />
Engagement von P. Clemens für Retz. Sein großer<br />
Einsatz hat es möglich gemacht hat, die Perspektive<br />
des Provinzkapitels 1998 umzusetzen und die<br />
Fortsetzung Seite 3
Provinzialat/Kurzmeldungen<br />
Nr. 10 / 2005 ProvinzZeitung<br />
Seite 3<br />
Gebäude in Retz so zu renovieren, dass sich dort slowakische<br />
Mitbrüder ansiedeln konnten.<br />
Änderung in der Verwaltung von Retz<br />
Bzgl. Retz steht eine Existenzsicherung der denkmalgeschützten<br />
Orgel an, für die beträchtliche Spenden<br />
aufgebracht und öffentliche Zuschüsse zugesagt wurden.<br />
Davon abgesehen halten P. Provinzial und das<br />
Provinzkonsil in Retz eine Konsolidierungsphase und<br />
einen Verzicht auf neue Renovierungsprojekte für dringend<br />
geboten; dies hat P. Provinzial in Briefen an verschiedene<br />
Beteiligte dargelegt. Es ist beabsichtigt, die<br />
administrativen Aufgaben einer Hausverwaltung zu<br />
übergeben, sofern nicht neue Vorschläge, die der Wiener<br />
Erzbischof P. Christoph Schönborn jüngst P. Provinzial<br />
mitgeteilt hat, neue Perspektiven eröffnen. Diese<br />
Vorschläge werden z. Zt. geprüft.<br />
P. Martin Gyöngyös beendet seinen Dienst<br />
als Spiritual<br />
Mit Zustimmung von P. Provinzial hat P. Martin<br />
Gyöngyös zum 30. September seine Tätigkeit als Spiritual<br />
im Burgenländischen Priesterseminar beendet<br />
und ist ganz in den Wiener Konvent zurückgekehrt.<br />
Mit Schreiben vom 12.9. hat der Bischof von Eisenstadt,<br />
Paul Iby, P. Martin in herzlicher Weise für seine<br />
mehrjährigen Dienste in der wichtigen Aufgabe der<br />
Begleitung künftiger Priester gedankt.<br />
Kontakt mit der österreichischen<br />
Superiorenkonferenz<br />
Am 26. September hat P. Provinzial seine Kontaktgespräche<br />
mit der österreichischen Superiorenkonferenz<br />
fortgesetzt. Gesprächspartner war auch diesmal der<br />
Generalsekretär, P. Rauch. P. Provinzial informierte<br />
sich über aktuelle Erfahrungen bzgl. der pastoralen<br />
Entwicklung in Österreich, insbesondere über neue<br />
Initiativen, Stellen und Bedarf an Diensten. Auchverschiedene<br />
administrative Fragen kamen zur Sprache.<br />
Amtseinführung des neuen Augsburger Bischofs<br />
Am 1. Oktober<br />
wurde der frühere<br />
Bischof von<br />
Eichstätt, Dr.<br />
Walter Mixa, in<br />
sein Amt als neuer<br />
Bischof von<br />
Augsburg eingeführt.<br />
An der feie<br />
r l i c h e n<br />
Eucharistiefeier<br />
nahmen seitens<br />
unseres Ordens P.<br />
Provinzial und<br />
Mitbrüder des Augsburger Konvents teil. P. Provinzial<br />
hatte Gelegenheit, dem neuen Augsburger Oberhirten<br />
im Namen der Provinz Glück- und Segenswünsche<br />
für seinen Dienst zu übermitteln.<br />
Geburtstage im Oktober<br />
08.10. 84 Jahre P. Donatus Leicher,<br />
Freiburg<br />
28.10. 75 Jahre P. Heribert Welte,<br />
Augsburg<br />
30.10. 40 Jahre Fr. Simon Goldau,<br />
Augsburg<br />
Herzliche Glückwünsche und Gottes Segen!<br />
Wir gedenken<br />
des 50. Todestages von Fr. Coop. Georg Gutsell<br />
(24.10.1955, Freiburg)<br />
Herr, lass ihn ruhen in Frieden!
Nr. 10 / 2005<br />
Postulat<br />
ProvinzZeitung<br />
Seite 4<br />
Ich heiße Jörg<br />
Wegscheider und<br />
bin 21 Jahre alt.<br />
Mein Heimatort liegt<br />
geografisch zwischen<br />
Graz und<br />
Friesach, in Kärnten.<br />
Ich bin dort durchschnittlich<br />
katholisch<br />
aufgewachsen (Taufe,<br />
einmal jährlich in<br />
die Kirche zur sogenanntenFleischweihe;<br />
Erstkommunion), mit der Firmvorbereitung<br />
jedoch in meiner Pfarre hängen geblieben. Langsam<br />
hat sich mein Glaubensleben intensiviert, bis mir<br />
bewusst wurde, dass ich ganz für Gott und die Menschen<br />
leben möchte.<br />
Mir schien es aus verschiedenen Gründen sinnvoll, vorerst<br />
einmal Theologie zu studieren (anfangs mit Geschichte<br />
für Lehramt). Nach zwei Jahren des Studiums<br />
habe ich meine mögliche Berufung zum Priester<br />
ins Gebet genommen und mir nach positiver Klärung<br />
dieser Frage überlegt, wie die Details dazu ausschauen<br />
könnten. Schließlich bin ich in meinem Erwägen<br />
irgendwie in die Einflußsphäre der Bettelorden gekommen<br />
und habe mir unter diesen die Kapuziner sowie<br />
Dominikaner näher angeschaut. Mir wurde schnell klar,<br />
dass es die Kapuziner für mich eher nicht sind.<br />
Daraufhin habe ich Kontakt mit dem Prior der Dominikaner<br />
in Graz, Pater Max, aufgenommen, der mich<br />
mit Literatur versorgt und mir einen Besuch in Wien<br />
vermittelt hat. Im Anschluß daran ist Augsburg an die<br />
Reihe gekommen, wo ich mich auch zur Zulassung<br />
zum Postulat beworben habe.<br />
Letzteres hat nun begonnen und ich bitte um Ihr Gebet,<br />
damit der eingeschlagene Weg gelingen und fruchtbar<br />
werden kann.<br />
Hallo, mein Name ist<br />
Markus Fischer und<br />
ich bin 21 Jahre alt.<br />
Ich komme aus Ingolstadt,<br />
wo ich einige<br />
Jahre u.a. in der Jugendarbeit<br />
tätig war,<br />
zunächst in der Pfarrei<br />
St. Augustin als<br />
Ministrant,<br />
Pfarrjugendleiter,<br />
Kantor, Lektor, im<br />
Kirchenchor und<br />
beim „Canticum Augustinianum“, im letzten Jahr noch<br />
auf Dekanatsebene als ehrenamtlicher Vorstand mit<br />
dem Arbeitsfeld „Liturgie“.<br />
In Eichstätt habe ich zwei Semester Theologie studiert.<br />
Hobbymäßig tendiert mehr oder weniger alles zur<br />
Musik hin. Ich hab einige Jahre im Chor gesungen und<br />
Gitarre und Ukulele spielen gelernt. Vor allem Neues<br />
Geistliches Liedgut, Taizé-Gesänge und Chorsätze unterschiedlicher<br />
Epochen gehören zu meinen Favoriten.<br />
Außerdem gehe ich gerne Bergsteigen in den Bayerischen<br />
Alpen, Radfahren, zum Judotraining und ins<br />
Kabarett.<br />
Nachdem ich mich für einen geistlichen Beruf entschlossen<br />
hatte, war ich auf der Suche nach dem geeigneten<br />
Ort dafür. So bin ich letztendlich hier bei den<br />
Dominikanern gelandet, wobei vor allem die individuelle<br />
Förderung, die ausgewogene und fundierte theologische<br />
Ausbildung, die dominikanische Spiritualität<br />
und das breitgefächerte Aufgabenfeld des Ordens mein<br />
Interesse geweckt haben.<br />
Und so freue ich mich auf die kommende Zeit des<br />
Postulats und auf viele gute, bereichernde Gespräche<br />
mit den Ordensbrüdern.
Nr. 10 / 2005<br />
<strong>Studentat</strong><br />
ProvinzZeitung<br />
Seite 5<br />
Palast der Nationen<br />
Mein Praktikum in Genf bei Dominicans for<br />
Justice and Peace<br />
Was verbirgt sich hinter den Namen „NGO“, „UNO“,<br />
„Frieden“ und „Gerechtigkeit“ und welche Arbeit leistet<br />
Dominicans for Justice and Peace? Ich beschränke<br />
mich ich auf das, was ich selbst im Rahmen eines<br />
zweiwöchigen Praktikums während der Sitzung der<br />
Unterkommission erlebt habe.<br />
fr. Alexis im Genfer Büro<br />
Die Unterkommission kann als „thinktank“ beschrieben<br />
werden, in dem 25 mehr oder weniger unabhängige<br />
Spezialisten drei Wochen lang Menschenrechtsthemen<br />
durchackern: Rechtssprechung und Demokratie;<br />
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte; Vor-<br />
kehrung gegen Diskriminierung, Rassismus und<br />
Xenophobie, Schutz von indigenen Völker und anderen<br />
Minderheiten; Frauen- und Menschenrechte; zeitgenössische<br />
Formen der Sklaverei (Menschenhandel,…);<br />
Regelungen gegen Terrorismus…. Die Staaten<br />
und Organisationen sind Beobachter und Berater.<br />
Am Ende stimmt die Unterkommission über einen<br />
Bericht ab, der Empfehlungen und Bedenken an die<br />
Weltgemeinschaft enthält.<br />
Sitzung der Unterkommission<br />
Dominicans for Justice and Peace trägt die Erfahrungen<br />
der Ordensfamilie, die die Verletzung der Menschenrechte<br />
und Grundfreiheiten betreffen, zusammen<br />
und gibt sie an die Weltöffentlichkeit weiter. Dazu dienen<br />
themenzentrierte Informationsveranstaltungen mit<br />
Zeugen und Experten (z.B. Mexiko und Chiapas), öffentliche<br />
Interventionen oder Statements im Plenum<br />
(z.B. Menschenrechtsverletzungen und die Situation<br />
der dominikanischen Familie im Irak; Todesstrafe;<br />
Menschenhandel; religiöse Diskriminierung in Pakistan;<br />
Zerstörung des Lebensraums auf den Philippinen<br />
und in Nicaragua durch die US-Streitkräfte) und<br />
das vertrauliche Gespräch im engen Kreis mit<br />
Kommissionsmitgliedern und Delegierten verschiedener<br />
Staaten. Fortsetzung Seite 6
Nr. 10 / 2005<br />
<strong>Studentat</strong><br />
ProvinzZeitung<br />
Seite 6<br />
Was ein solches Bemühen auslösen kann, will ich anhand<br />
der Intervention im Jahre 2002 im Fall des Mexikaners<br />
Javier Suarez Medina veranschaulichen.<br />
Dominicans for Justice and Peace kritisierte den Gebrauch<br />
und die diskriminierende Anwendung der Todesstrafe<br />
in den USA. Menschen aus der Unterschicht<br />
und Minderheiten werden in den USA überdurchschnittlich<br />
oft zum Tode verurteilt.<br />
Als Beispiel brachte der ständige Delegierte des Ordens<br />
bei der UN, LeBlanc, das Schicksal des farbigen<br />
und mittellosen Mexikaners Javier Suarez Medina auf<br />
das diplomatische Parkett. Mit 19 Jahren wurde er nach<br />
einem nicht vertrauenswürdigen und unregelmäßigen<br />
Verfahren von einem US Gerichtshof zum Tode verurteilt<br />
und wartete 13 Jahre lang auf die Exekution.<br />
Zudem wurde Medina von den US Behörden nicht in<br />
Übereinstimmung mit dem Völkerrecht in Kenntnis<br />
gesetzt, Rechtsbeistand von der mexikanischen Regierung<br />
beanspruchen zu können.<br />
Dominicans for Justice and Peace forderte in einer öffentlichen<br />
Intervention die Unterkommission auf, diesen<br />
Fall zu prüfen und vor der Exekution von Medina<br />
zu intervenieren. Noch in derselben Sitzung verabschiedete<br />
die Unterkommission einen dringenden Appell<br />
an die USA und vor allem an den Staat Texas, die<br />
Exekution zu stoppen und den Fall zu untersuchen.<br />
Auf die Bitte des Ordens hin ersuchte die UN Hochkommissarin<br />
für Menschenrechte den damaligen US<br />
Außenminister, Colin Powell, um eine Gnadenfrist.<br />
Weiters, nach einem Treffen mit der mexikanischen<br />
Delegation, schlug Dominicans for Justice and Peace<br />
vor, dass sich der mexikanische Präsident Vinzenz Fox<br />
in einer öffentlichen Erklärung zu Worte melden solle,<br />
was er auch tat. Zusätzlich sagte der Präsident seinen<br />
geplanten Staatsbesuch in den USA ab. Zudem<br />
wurde die Delegation des Heiligen Stuhls ständig informiert.<br />
Die gesamte dominikanische und<br />
franziskanische Ordensfamilie betete für Medina und<br />
schrieb Gnadengesuche an den Gouverneur von Texas.<br />
Ungeachtet des internationalen Protestes, wurde<br />
Javier in Texas noch während der Sitzung der Unterkommission<br />
hingerichtet. In seinem Abschiedsbrief bat<br />
Javier die Familie seines Opfers um Verzeihung und<br />
Philipp LeBlanc mit einem Praktikanten<br />
versprach für sie zu beten, damit sie, so wie er, Frieden<br />
und Liebe in Christus finden werden. Anschließend<br />
bedankte er sich bei allen, die ihn auf seinem<br />
Weg begleiteten und unterstützen. Zu seinem Begräbnis<br />
in Mexiko kamen 3.000 Leute. Javiers Anwälte<br />
dankten der Europäischen Union, der Inter-American<br />
Commission for the Promotion and Protection of Human<br />
Rights, dem UN Hochkommissariat für Menschenrechte,<br />
Amnesty International und dem Dominikaner-<br />
und Franziskanerorden für ihre Unterstützung.<br />
Mir persönlich hat das Praktikum aufgezeigt, wie wichtig<br />
ein Engagement auf internationaler Ebene und der<br />
Einsatz für die Schwestern und Mitbrüder in bedrohlichen<br />
Situationen sind. Die dominikanische NGO stößt<br />
während ihrer Arbeit oft an die Grenzen des Möglichen.<br />
Jedoch innerhalb diesen Grenzen ist viel Solidarität<br />
und Veränderung möglich. Mitgliedern und<br />
Freunden der dominikanischen Familie, die eine solche<br />
Erfahrung machen wollen, bietet Dominicans for<br />
Justice and Peace in den Sitzungszeiten ein Praktikum<br />
an. Englischkenntnisse, Teamfähigkeit und aktives<br />
Interesse an Menschenrechten sind Voraussetzung. Es<br />
empfiehlt sich, sechs Monate vorher anzufragen und<br />
sich in das Völker- und Menschenrecht einzulesen.<br />
Darüber hinaus ist das Ambiente wunderschön: von<br />
der UNO-Mensa genoss ich den Blick auf Genf, sei-<br />
Fortsetzung Seite 7
Nr. 10 / 2005<br />
<strong>Studentat</strong><br />
ProvinzZeitung<br />
Seite 7<br />
Konvent St. Dominique in Genf<br />
nen See und den MontBlanc. Zahlreiche Veranstaltungen<br />
können neben den UN-Sitzungen besucht werden.<br />
Während der Zeit wurde ich sehr herzlich vom Konvent<br />
und der Pfarre in Genf aufgenommen. Auch ein<br />
schönes Zeichen dominikanischer Verbundenheit.<br />
fr. Alexis Fritz op<br />
Eine junge Organisation mit Zukunft: Dominicans<br />
for Justice and Peace<br />
Die Geschichte von Dominicans for Justice and Peace<br />
ist noch relativ jung: 1998 gegründet, bekam es 2002<br />
als Nichtregierungsorganisation (NGO) einen besonderen<br />
Beraterstatus beim Wirtschafts- und Sozialrat der<br />
Vereinten Nationen (ECOSOC) und wurde im Generalkapitel<br />
des Ordens 2004 bestätigt.<br />
„Die Präsenz bei der UNO<br />
dient als Ort, um an den Grenzen Zeugnis von<br />
der Botschaft des Evangeliums zu geben, der<br />
Weltgemeinschaft die Wahrheit zu sagen und<br />
am anhaltenden Diskurs über soziale Gerechtigkeit<br />
und Menschenrechte teilzunehmen;<br />
versieht Dominikaner mit einer größeren Fähigkeit<br />
zu Fürsprache und Intervention bei<br />
Verletzungen von Menschenrechten;<br />
fördert die Bildung von Netzwerken und Zusammenarbeit<br />
zwischen Mitgliedern der dominikanischen<br />
Familie, die sich für Menschenrechte<br />
einsetzen;<br />
entspricht Bitten der internationalen Gemeinschaft<br />
um Intervention seitens der Familie bei<br />
Gerechtigkeit und Frieden betreffende Fragen;<br />
dient als Garantie für die Sicherheit und den<br />
Schutz des Lebens vieler unserer Brüder und<br />
Schwestern, die wegen ihrer Arbeit für Arme<br />
gefährdet sind“(IDI 2005/2, S. 429).<br />
Dominicans for Justice and Peace hat sich als NGO<br />
auf die Menschenrechte spezialisiert, arbeitet das ganze<br />
Jahr über und ist während den Sitzungsperioden der<br />
Menschenrechtskommission und der Unterkommission<br />
für die Förderung und den Schutz der<br />
Menschenrechte in Genf präsent. Dort arbeitet sie mit<br />
der größeren NGO der Franziskanischen Familie,<br />
Franciscans International, deren Aufgabenfeld nicht nur<br />
auf die Menschenrechte beschränkt ist.<br />
Die Größe der dominikanische NGO und ihre gegenwärtige<br />
Präsenz in Genf ist im Verhältnis zu ihrem<br />
Auftrag sehr bescheiden: Philipp LeBlanc OP (Kanada)<br />
ist der einzige ständige Vertreter des Ordens bei<br />
der UNO (New York, Genf, etc…). Während der Sitzungsperioden<br />
kommen 4-15 Mitglieder oder Freunde<br />
der dominikanischen Familie in Genf zusammen.<br />
Im geräumigen Büro unter der Leitung von Franciscans<br />
International stehen den Delegationsmitgliedern für<br />
zwei Monate ein Schreibtisch mit einem Computer und<br />
die allgemeinen Büroeinrichtungen zur Verfügung.<br />
Vielleicht gerade aufgrund ihrer Größe ist Dominicans<br />
for Justice and Peace eine der internationalen dominikanischen<br />
Organisationen, die funktioniert, effizient<br />
ist und im Rahmen ihrer Möglichkeiten eine sehr gute<br />
Arbeit leistet.<br />
Links:<br />
http://www.franciscansinternational.org/<br />
http://www.unog.ch<br />
http://un.op.org/
Dominikanische Gestalten<br />
Nr. 10 / 2005 ProvinzZeitung<br />
Seite 8<br />
450 Jahre Augsburger Religionsfrieden<br />
- Dominikaner der Reformationszeit -<br />
Johannes Fabri OP<br />
Der 1504 in Heilbronn geborene Dr. Johann Fabri war<br />
seit 1520 Mitglied des Wimpfener Dominikanerklosters.<br />
Einige - allerdings umstrittene - Indizien lassen<br />
es möglich erscheinen, daß er schon 1534 in Augsburg<br />
als Domprediger in Erscheinung trat; dann wäre<br />
seine Predigttätigkeit jedoch schon im gleichen Jahr<br />
durch das gewaltsame Eingreifen des Augsburger Magistrats,<br />
der dem katholischen Klerus das Predigen<br />
verbot, wieder beendet gewesen.<br />
Er benutzte die unfreiwillige Unterbrechung zum Studium<br />
an der Kölner Universität. Nach einigen Jahren<br />
kehrte er nach Wimpfen zurück und trat offen und<br />
frei als Prediger für den katholischen Glauben ein.<br />
Fabri galt schon früh als hervorragendes Redetalent<br />
und wurde von seinen Oberen oft zum Hauptprediger<br />
gegen Unglauben und Sektenwesen ernannt.<br />
Von Wimpfen, das Fabri infolge der religiösen Spannungen<br />
verlassen musste, begab er sich 1539 nach<br />
Kolmar. Er war neben seiner Predigttätigkeit auch für<br />
den Priesternachwuchs zuständig. Um diese außergewöhnliche<br />
Stellung als Stadtprediger und Regens<br />
gut ausführen zu können, sollte Fabri nicht im Kloster,<br />
sondern in einer Privatwohnung wohnen. Am 11.<br />
Januar 1540 erhielt er vom Papst dazu die Erlaubnis.<br />
Nach einer fünfjährigen, sehr erfolgreichen Zeit, wurde<br />
er Prior in Schlettstadt, „von wo aus er häufiger<br />
nach Freiburg kam und an der dortigen Hochschule<br />
vor Professoren und Studenten Vorträge hielt.“<br />
1547 folgte Fabri dem Ruf von Kardinal Otto<br />
Truchseß von Waldburg nach Augsburg. „Nach Restitution<br />
der Klerisei“, erzählt ein alter Ordens-<br />
schriftsteller, „ist Johann Fabri von Heilbronn in die<br />
Stadt Augsburg zum Domprediger erfordert worden<br />
und hat mit seinem fleißigen, eifrigen Predigen, auch<br />
schönen nützlichen Schriften, daselbst in Religionssachen<br />
viel Gutes verrichtet“.<br />
Als Domprediger stand er einer kritischen, mehrheitlich<br />
protestantischen Öffentlichkeit gegenüber. Obwohl<br />
es 1554 zwischen ihm und den protestantischen Rednern<br />
sogar zu einem regelrechten Kanzelkrieg kam,<br />
der vom Rat der Stadt entschärft werden mußte, ging<br />
nach Einschätzung Buxbaums “von seinem Wirken ein<br />
„segensreicher Einfluß“ auf den Wiederaufbau des katholischen<br />
Lebens in Augsburg“ aus.<br />
Neben seiner Predigttätigkeit veröffentlichte er insgesamt<br />
21 Werke und Schriften, von denen sein Katechismus<br />
(1551), „Der geistliche Unterricht“ (1556),<br />
„Der rechte Weg“ (1553), das „Beichtbüchlein“ (1550)<br />
und sein Werk über die Messe (1555) hervorzuheben<br />
sind. Fortsetzung Seite 9
Moniales und Schwestern<br />
Nr. 10 / 2005 ProvinzZeitung<br />
Seite 9<br />
1552 erfolgte die Promotion zum Doktor der Theologie<br />
an der Universität Ingolstadt unter Petrus Canisius<br />
als Vizekanzler. Als zeitweiliger Prodekan der theologischen<br />
Fakultät (1553) trug er anschließend wesentlich<br />
zu ihrem Fortbestand bis zur Erneuerung 1556 bei.<br />
Nach seinem Tod am 27. Februar 1558 fand er in der<br />
Augsburger Dominikanerkirche seine letzte Ruhestätte.<br />
In der Literatur wird Fabri als „ein durch Unerschrokkenheit<br />
und Mut ausgezeichneter vortrefflicher Prediger,<br />
der sich aller Schmähung der Gegner enthielt, und<br />
fleißiger Schriftsteller“ gewürdigt.<br />
Quellen:<br />
- N. Paulus, Johann Fabri. In: Die deutschen Dominikaner<br />
im Kampf gegen Luther 1518-1563 (Erläuterungen<br />
und Ergänzungen zu Janssens Geschichte des deutschen<br />
Volkes, herausgegeben von L. Pastor, Bd. IV, H.<br />
1 und 2), Freiburg i. Br. 1903, 232-266.<br />
- P. M. Siemer, Geschichte des Dominikanerklosters<br />
Sankt Magdalena in Augsburg 1225-1808 (= Quellen<br />
und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens<br />
in Deutschland H. 33), Vechta 1936, 107-114.<br />
- A. Walz, Dominikaner und Dominikanerinnen in<br />
Süddeutschland 1225-1966, Freising 1967, 71-72.<br />
- E. M. Buxbaum, Der Augsburger Domprediger Johannes<br />
Fabri OP von Heilbronn. In: Jahrbuch des Vereins<br />
für Augsburger Bistumsgeschichte, 2. Jg., 1968,<br />
47-61.<br />
Feierliche Profess in Regensburg<br />
Am Sonntag, den 11. September, legte im Kloster<br />
Heilig Kreuz in Regensburg Sr. Maria Marina Dirks<br />
in die Hände der Mutter Priorin, Sr. M. Margarete<br />
Reisinger, die Feierliche Profess ab.<br />
Die wunderschöne Barock-Kirche des Klosters bildete<br />
den würdigen Rahmen für das öffentliche Hochamt.<br />
Acht Priester zelebrierten die Messe in der mit der großen<br />
Verwandtschaft von Sr. Marina und vielen Freunden<br />
der Professin und des Klosters bis fast auf den<br />
letzen Platz gefüllten Kirche.<br />
Hauptzelebrant P. Prof. Dr. Herbert Schlögel OP verband<br />
in seiner Predigt Betrachtungen über die Bedeutung<br />
des Kreuzes und der Gelübde für Eingeweihte<br />
mit einer kleinen Einführung in das Wesen unseres<br />
Ordens und unseres Klosters für Neulinge.<br />
Bei einer feierlichen Messe darf — und dies ganz besonders<br />
in Heilig Kreuz in Regensburg — Musik nicht<br />
fehlen, und so entlockte fr. Robert Mehlhart OP aus<br />
Wien unserer Orgel wieder einmal ungeahnte Klänge<br />
und vervollständigte so, teilweise unterstützt von weiteren<br />
Musikern, die ohnehin sehr feierliche Atmosphäre.<br />
Bleibt zu erwähnen, dass auch das Datum nicht zufällig<br />
gewählt war: am diesem Sonntag wurde liturgisch<br />
das Hochfest der Kreuzerhöhung gefeiert, passend zum<br />
vollständigen Ordensnamen der Professin: Sr. Maria<br />
Marina Benedicta a Cruce.<br />
Sr. Lydia la Dous OP
Dominikanische Orte<br />
Nr. 10 / 2005 ProvinzZeitung<br />
Seite 10<br />
St. Crux. Kirche und Kloster der Dominikaner<br />
zu Soest<br />
Radierung aus dem Städtebuch von Braun und Hogenberg 1588,<br />
ganz links (innerhalb der Stadtmauer) die Dominikanerkirche<br />
In Soest (Westfalen) entstand bereits um 1230 eine<br />
Ordensniederlassung, der Dominikanerkonvent zum<br />
Heiligen Kreuz. Durch den Abbruch der Kirche (1820)<br />
und des östlichen Klosterflügels (1822) erfuhr die Gesamtanlage<br />
tiefgreifende bauliche Veränderungen. Im<br />
Zusammenhang mit der Erarbeitung eines Ausstellungskatalogs<br />
wurden 1982 Zeichnungen entdeckt, die<br />
Aufschluss über das Aussehen von Kirche und Konvent<br />
geben. Weitere Angaben lassen sich Archivalien<br />
und Notizen entnehmen, die insgesamt einen Eindruck<br />
über die Soester Ordensniederlassung vermitteln.<br />
Die Kirche<br />
Die turmlose Kirche war vergleichsweise breit und<br />
gedrungen konzipiert. Der dreischiffige Baukörper<br />
besaß wahrscheinlich fünf Joche. Der im Verhältnis<br />
zum Kirchenschiff lange, mehrjochige Chor knickte,<br />
dem Verlauf einer Straße folgend, leicht nach Süden<br />
ein. Angeschmiegt an den Chor lagen in der Verlängerung<br />
der Seitenschiffe zwei Anbauten, die als Sakristei<br />
bzw. als Seitenkapelle genutzt wurden. Die<br />
Dominikanerkirche hatte als Eingang ein großes, zwei-<br />
teiliges Stufenportal, das sich zur Straße hin öffnete.<br />
Die Westfront wurde von einem großen dreiteiligen<br />
Maßwerkfenster in Spitzbogenblende beherrscht. Nach<br />
Angaben aus dem Jahr 1588 trug die in grünem Soester<br />
Sandstein erbaute Kirche ursprünglich einen spitzen<br />
gotischen Dachreiter, dessen barocken Nachfolger<br />
Stadtbaumeister Franz Nick im Januar 1815 vermessen<br />
und in einer Zeichnung wiedergegeben hat.<br />
Die Klosteranlage<br />
Auf dem nach Süden hin abfallenden Gelände erstreckte<br />
sich die zweigeschossige Klosteranlage. Hier lag,<br />
nur über den Kreuzgang zu betreten, im ersten Stock<br />
der große Kapitelsaal, in dem die durch ihre Handschriften<br />
bedeutende Bibliothek der Soester Dominikaner<br />
ihren Platz hatte. Daran schlossen sich nach<br />
Süden hin verschiedene Arbeitsräume und Kammern<br />
an. Der Süd- wie der Westflügel enthielten im ersten<br />
Geschoss größere Wohn- und Repräsentationszimmer<br />
und boten Platz für Küchen und Refektorium. Das<br />
obere Geschoss war in allen drei Flügeln in Klosterzellen<br />
unterteilt und diente, mit einer eigenen Küche<br />
versehen, als abgeschlossener Wohnbereich der Do-<br />
Fortsetzung Seite 11<br />
Grundriß des 1. Stockwerks sowie Querschnitt durch Kirche und<br />
Südflügel (links) und Gesamtansicht von Westen (rechts). Rechts,<br />
in Verlängerung des Ostflügels, der „Latrinenturm“.
Dominikanische Orte<br />
Nr. 10 / 2005 ProvinzZeitung<br />
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minikaner. Am Südende des Ostflügels erreichten die<br />
fratres auf einem in mittelalterlicher Manier überdachten<br />
Gang die Latrinen, eine zweigeschossige Turmanlage,<br />
die durch den unter ihr herfließenden sog.<br />
„Wurstekessel“ gereinigt wurde. Der einstöckige<br />
Kreuzgang, der sich mit einem einfachen Pultdach an<br />
die Innenhofmauern lehnte, wies schlichte, rechteckige<br />
Fensteröffnungen auf.<br />
In dieser ursprünglichen Form bestand der Kreuzgang<br />
zum Entstehungszeitpunkt der wieder entdeckten Aufrisse<br />
(1817) nur noch an der Kirche und am Ostflügel,<br />
während er im Nord- und Westflügel in den Baukörper<br />
integriert war. Diese Beobachtung führt zusammen<br />
mit der Tatsache, daß diese beiden Flügel kein<br />
Satteldach wie der Ostflügel, sondern Walmdächer tragen,<br />
zu dem Schluss, dass sie zuvor grundlegend modernisiert<br />
worden waren. Die Art der Bedachung und<br />
insbesondere auch die Fassadengestaltung des Westflügels<br />
datieren diesen Umbau auf die Wende vom 17.<br />
zum 18. Jahrhundert.<br />
Zur Chronologie des Untergangs<br />
Nachdem bereits durch die Reformation die Stellung<br />
der Klöster in der nunmehr evangelischen Stadt geschwächt<br />
worden war, vollzog sich im 17. und 18. Jahrhundert<br />
ein, wie es schien, unaufhaltsamer Niedergang.<br />
Die ursprünglich für das Jahr 1810 geplante Aufhebung<br />
des Dominikanerklosters unterblieb nur deshalb,<br />
weil das verbliebene Gesamtvermögen als zu gering<br />
angesehen wurde und die geringen Einkünfte eine Pensionierung<br />
der letzten Brüder nicht gewährleisteten.<br />
Sie erfolgte auf Beschluss der Regierung erst zum 13.<br />
April 1814. Da Soest 1816 wieder eine Garnison erhalten<br />
hatte, sollte das Kloster in eine Kaserne verwandelt<br />
werden.<br />
1820 wurde die Kirche niedergelegt. Alle weiteren<br />
Arbeiten waren bereits vergeben, als aus Berlin die<br />
kurzfristige Order kam, die Umbaumaßnahmen umgehend<br />
einzustellen, da das Soester Militär nach Min-<br />
Grundriß des 2. Stockwerks, Gesamtansicht des Ostflügels (links)<br />
und Dachgestaltung von Kirche und Kloster (rechts).<br />
den verlegt werden sollte. Im Februar 1821 erging eine<br />
„Allerhöchste Anordnung“, die dem Soester<br />
Archigymnasium den Süd- und Ostflügel des ehemaligen<br />
Klosters zur Einrichtung von Lehrerwohnungen<br />
zur Verfügung stellte. Gleichzeitig wurde der Westflügel<br />
dem Militärfiskus übereignet und in ein<br />
Landwehrzeughaus umgewandelt. Der zum Teil in der<br />
Zwischenzeit eingestürzte mittelalterliche Ostflügel<br />
musste 1822 abgetragen werden. Ein gleiches Schicksal<br />
erfuhr das alte Back- und Brauhaus. Steine, Maßwerk<br />
und sonstige brauchbare Baumaterialien wurden<br />
öffentlich versteigert, der beim Abbruch anfallende<br />
Abraum des Klosters diente zum Auffüllen der nach<br />
Lippstadt führenden Chaussee. Seit 1976 haben die<br />
letzten Reste des Soester Dominikanerklosters eine unerwartete<br />
Funktion übernommen. Sie sind integrierter<br />
Bestandteil eines großen, modernen Kaufhauskomplexes<br />
geworden.<br />
Quelle:<br />
-Jakob, Volker, St. Crux. Kirche und Kloster der Dominikaner<br />
zu Soest, in: Soester Zeitschrift, Zeitschrift<br />
des Vereins für Geschichte und Heimatpflege Soest,<br />
Heft 95, Westfälische Verlagsbuchhandlung<br />
Mocker&Jahn, 1983, S. 57-64.<br />
Fortsetzung Seite 12
Nr. 10 / 2005<br />
Jubiläum<br />
ProvinzZeitung<br />
Seite 12<br />
Weitere Literatur:<br />
-Monastisches Westfalen. Klöster und Stifte 800-1800.<br />
Hrsg. von Geza Jäszai im Auftrag des Landschaftsverbandes<br />
Westfalen-Lippe, Münster 1982.<br />
-Hubertus Schwartz, Soest in seinen Denkmälern. 3.<br />
(= Soester wissenschaftliche Beiträge 16), Soest 1957.<br />
-Eberhard Linnhoff, Stätte großer Gelehrsamkeit. Das<br />
ehemalige Dominikanerkloster in Soest - was davon<br />
blieb. In: Heimatkalender des Kreises Soest 1982.<br />
-Norbert Eickermann, Miscellanea Susatensia II. Zur<br />
Geschichte der Soester Dominikanerbibliothek. In:<br />
Soester Zeitschrift 86 (1974), S. 27-34.<br />
Bedeutende Dominikaner des Konventes<br />
Heinrich von Herford trat vor 1328 ins Dominikanerkloster<br />
Soest ein, verbrachte sein Leben jedoch zumeist<br />
im Mindener Konvent. Er genoss ein hohes Ansehen<br />
als Theologe. Hervorzuheben ist seine naturwissenschaftlich-philosophische<br />
Enzyklopädie »Catena<br />
aurea entium vel problematum series« und der »Liber<br />
de rebus et temporibus memorabilioribus«, eine bis<br />
1355 reichende Weltchronik. Heinrich starb am<br />
9.10.1370 in Minden.<br />
Jakob von Soest wurde um 1360 in Schwefe bei Soest<br />
geboren. Seit 1377 studierte er an ordenseigenen Schulen<br />
und übernahm seit 1394 eine Lehrtätigkeit an der<br />
Universität Prag, seit 1399 als theologischer Magister.<br />
Im Jahr 1400 wurde er Praedicator Generalis der Provinz<br />
Saxonia und wirkte seit 1405 als Professor der<br />
Universität Köln, wo er 1407-17 Dekan der theologischen<br />
Fakultät war. Jakob war Beichtvater des Kölner<br />
Erzbischofs Friedrich von Saarwerden und wurde Inquisitor<br />
in der Kölner Provinz (seit 1409). Um 1422<br />
kehrte Jakob nach Soest zurück und widmete sich der<br />
Reform von Dominikanerklöstern. Im Zusammenhang<br />
mit seinen Tätigkeiten für den Orden entstand auch<br />
sein umfangreiches wissenschaftliches Werk. Neben<br />
zahlreichen homiletischen Schriften, z.T. mit enzyklopädischen<br />
Charakter, schuf Jakob diverse »Postillae<br />
super Bibliam«, Traktate zur Lage der Kirche im<br />
Abendländischen Schisma und eine Signatur dominikanischer<br />
Privilegien. Er starb um 1438 in Soest.<br />
10 Jahre Erzbischof von Wien<br />
Beim Fest zum Abschluss des „Jahres der Eucharistie“<br />
am 30. September im Wiener Stephansdom wurde<br />
zugleich auch des 10. Jahrestages des Amtsantritts von<br />
Christoph Kard. Schönborn OP als Erzbischof von<br />
Wien gedacht. Schönborn hatte 1995 bewusst den 1.<br />
Oktober - das Fest der Heiligen Therese von Lisieux -<br />
als Tag seiner Amtseinführung gewählt, weil er seine<br />
Tätigkeit in das Zeichen dieser „Heiligen des kleinen<br />
Weges“ setzen wollte.<br />
Christoph Kard. Schönborn plädierte in seiner Ansprache<br />
für eine Kirche, die ihre Sendung so versteht<br />
wie Jesus. Für die Gesellschaft sei wünschenswert, dass<br />
möglichst viele Menschen ihr Umfeld mit den Werten<br />
des Evangeliums, mit dem Geist Jesu prägten. Dazu<br />
gehörten Sinn für Solidarität, der Mut, Unangenehmes<br />
zu benennen und um der Gerechtigkeit willen auch<br />
Nachteile auf sich zu nehmen. Diese Werte hätten die<br />
Christen nicht für sich gepachtet, betonte der Wiener<br />
Erzbischof: „Wir wollen uns auch kritisch befragen<br />
lassen, wenn wir es verabsäumen, sie zu praktizieren“.<br />
Links zum Jubiläum: http://stephanscom.at/edw/cv/<br />
articles/2003/08/29/a3543; http://stephanscom.at/edw/<br />
schoenborn/0/articles/2005/09/30/a9260/; http://<br />
stephanscom.at/suche/articles/2005/10/01/a9264.<br />
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