Programmheft herunterladen - Münchner Philharmoniker
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16<br />
Leosˇ Janáč ek<br />
„Glagolitische Messe“<br />
Warum hast du sie komponiert ?<br />
Es strömt, strömt der Luhačovicer Regen. Aus dem Fenster schaust du in den finsteren Berg<br />
Komonec.<br />
Wolken wälzen sich, der Sturm zerreißt und zerstreut sie.<br />
Genau so, wie vor einem Monat, dort vor der Hukvalder Schule. Wir standen im Regen.<br />
Und neben mir ein hoher kirchlicher Würden träger. 1<br />
Dichter und dichter bewölkt es sich. Du schaust schon in die finstere Nacht; Blitze zerschneiden<br />
sie.<br />
Du schaltest das blinkende elektrische Licht an der hohen Decke ein.<br />
Nichts anderes als das stille Motiv eines verzweifelten Sinnes in den Worten „Herr, erbarme<br />
dich“ skizzierst du.<br />
Nichts anderes als den Freudenruf „Ehre sei Gott“.<br />
Nichts anderes als den herzzerreißenden Schmerz im Motiv „Für uns gekreuzigt, gemartert<br />
und begraben“.<br />
Nichts anderes als die Härte des Glaubens und Schwures im Motiv „Ich glaube“.<br />
Und das Ende aller Begeisterung und Gemütserregung im Motiv „Amen, Amen“.<br />
Die Größe der Heiligkeit in den Motiven „Heilig, heilig“ und „Lamm Gottes“.<br />
Ohne die Düsternis der mittelalterlichen Klosterzellen in den Motiven,<br />
ohne Nachhall stets gleicher Imitationsgeleise,<br />
ohne Nachhall der Bach’schen Fugengewirre,<br />
ohne Nachhall des Beethoven’schen Pathos,<br />
ohne Haydns Verspieltheit;<br />
gegen den Papierdamm der Witt’schen Reform – die uns Krˇízˇkovsk´y entfremdete ! 2<br />
Heute, o Mond, scheinst du mir vom hohen Himmel auf die Papierabschnitte, die mit Noten<br />
bedeckt sind –<br />
morgen schleicht sich die Sonne neugierig ein.<br />
Einmal erstarrten die Finger –<br />
einmal strömte durch das offene Fenster die warme Luft.<br />
Der Duft der feuchten Wälder von Luhačovice war – Weihrauch.<br />
In nebelhaften Fernen wuchs mir ein Dom in die riesenhafte Größe der Berge und des<br />
darüber gewölbten Himmels; mit ihren Glöckchen läutete in ihm eine Schafherde.<br />
Im Tenorsolo höre ich irgendeinen Hohepriester, im Sopran ein Mädchen – einen Engel,<br />
im Chor unser Volk.<br />
Kerzen, hohe Tannen im Walde, von Sternen angezündet; und in der Zeremonie, dort<br />
irgendwo, die Vision des Fürsten – des hl. Wenzel.<br />
Und die Sprache der Glaubensboten Cyrill und Method.<br />
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