Peer Pasternack 177 Jahre
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stattfinden soll. Diejenigen, denen die Vergangenheit als<br />
solche hinreichend beachtenswert erscheint, benötigen im<br />
eigentlichen keine Jubiläen, um ihr Anliegen zu verfolgen.<br />
Andere Akteure hingegen verfolgen das – durchaus ebenso<br />
nachvollziehbare – Anliegen, ihre Universität günstig im<br />
Kampf um die knappe Ressource öffentlicher Aufmerksamkeit<br />
zu positionieren. Dabei ergeben sich zwischen den Interessen<br />
der einen und der anderen mitunter Überschneidungen.<br />
Zuweilen aber irritiert die Geschichte der zu feiernden<br />
Hochschule aber auch die eigentlich erwünschte Reibungslosigkeit<br />
der Festlichkeiten. In Wittenberg gilt dies in dreierlei<br />
Hinsicht:<br />
� Feierte die Universität Halle-Wittenberg 1994 erst ihr dreihundertjähriges<br />
(hallesches) Gründungsjubiläum, so steht acht<br />
<strong>Jahre</strong> später bereits der 500. <strong>Jahre</strong>stag an. Der größte Teil der<br />
Feierlichkeiten findet in Halle statt, da Wittenberg zwar seit<br />
1994 wieder ein Standort der Universität ist, als solcher aber<br />
peripheren Charakters.<br />
� Die Universität, welche Gegenstand der Feiern ist, hat in ihrer<br />
Geschichte zwar die grandiose Phase der reformatorischen<br />
Weltwirkung aufzuweisen. Doch zugleich war ihre Schlussphase<br />
vornehmlich von Niedergang geprägt: 1765 auf einem<br />
Tiefststand von 393 Immatrikulationen angelangt, konnte sie<br />
sich bis 1790 noch einmal auf 705 Einschreibungen hocharbeiten,<br />
um 1810 mit 544 neuen Studierenden dem Durchschnitt<br />
aller deutschen Universitäten zu entsprechen (Junghans<br />
1996, 212f.).<br />
� Es wird im <strong>Jahre</strong> 2002 das 500. Jubiläum einer Einrichtung<br />
gefeiert, die an ihrem eigentlichen Wirkungsort Wittenberg<br />
<strong>177</strong> <strong>Jahre</strong> lang, von 1817 bis 1994, nicht präsent war. Daher<br />
weicht die Zeremonialdramaturgie für diesen Zeitraum ersatzweise<br />
auf die Würdigung von Leistungen aus, die andernorts –<br />
in Halle/S. – erbracht wurden.<br />
Zu feiern ist also ein Jubiläum, das durch seinen Anlass<br />
mehrfach irritiert wird. Das schwierigste Problem dabei ist<br />
die fehlende Präsenz am Ort, die universitätsgeschichtlich<br />
gleichsam ‚fehlende Zeit’ zwischen 1817 und 1994.<br />
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