04.04.2017 Aufrufe

Verkauf Schweiz "Point of Sale" 1/2017

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WOHLFAHRTSSTIFTUNG POlNT OF SALE<br />

Die Hilfskasse der Vorsorgestiftung<br />

Einzigartig für Verkäuferinnen und Verkäufer<br />

Der Verband <strong>Verkauf</strong> <strong>Schweiz</strong> macht sich auch in Notzeiten für<br />

seine Mitglieder stark. Die Redaktion im Gespräch mit Klaus<br />

Nickelsen, Mitglied des Stiftungsrats.<br />

Welche Leistungen bieten Sie Aktivmitgliedern?<br />

Die Vorsorgestiftung besteht aus zwei Teilen:<br />

1. Die Kaderversicherung. Gegen eine Prämie sind Tod und<br />

I nvalidität versichert. Seit 01.01.2016 gibt es eine starke Senkung<br />

der Preise.<br />

2. Die Hilfskasse. Diese wird von jedem Aktivmitglied mit CHF 1<br />

pro Jahr finanziert. Die Leistungen der Hilfskasse findet man<br />

im Reglement der Vorsorgestiftung von <strong>Verkauf</strong> <strong>Schweiz</strong>. Der<br />

Artikel 21 regelt diesen Anspruch: «Jedes Aktivmitglied, das<br />

unverschuldet in Not gerät, allenfalls auch dessen Angehörige,<br />

haben Anspruch auf Leistungen.»<br />

Wie gehen Sie konkret vor?<br />

Hat ein Aktivmitglied, auch im Seniorenalter, finanzielle Schwierigkeiten<br />

oder besteht die Gefahr, nicht mehr selbst aus einem finanziellen<br />

Engpass herauszukommen, kann ein Unterstützungsantrag<br />

an den Stiftungsrat eingereicht werden.<br />

Die Anfrage geht übers Zentralsekretariat und wird vertraulich behandelt.<br />

Nach einer telefonischen Vorabklärung vereinbare ich einen<br />

Beratungstermin beim Mitglied zu Hause. Dabei geht es nicht<br />

darum, die Ursachen für die Not zu diskutieren, sondern in etwa<br />

eineinhalb Stunden möglichst umfassend die Lage des Mitglieds zu<br />

erfassen. Dazu dienen Belege und Dokumente, welche vom Mitglied<br />

zur Verfügung gestellt werden, und die Steuererklärung.<br />

Dann erstelle ich mit dem Mitglied zusammen ein Budget. Dabei<br />

werden die Ursachen für den finanziellen Engpass <strong>of</strong>t transparent.<br />

…konkrete Leistungen?<br />

Die Hilfe hat zum Ziel, den unlösbaren finanziellen Druck abzubauen.<br />

Erfahrungsgemäss liegen unbezahlte Rechnungen, Mahnungen,<br />

Betreibungsandrohungen und Abzahlungsvereinbarungen<br />

mit Gläubigern vor.<br />

Bei Anerkennung der Notsituation werden solche private Rechnungen<br />

direkt von der Hilfskasse gezahlt. Häufig wurde beim Einkauf<br />

von Lebensmitteln über längere Zeit gespart und gehungert.<br />

In solchen Fällen erhält das Mitglied Bargeld für Lebensmittel.<br />

Auch dringende Zahnbehandlungen wurden mit unserer Hilfe ermöglicht.<br />

Dadurch werden Medikamente eingespart und es können<br />

wieder übliche Speisen eingenommen werden. Bei komplexen<br />

Rechtsfällen wird ein Anwalt bezahlt. Bei jüngeren Mitgliedern<br />

können Weiterbildungen unterstützt werden. Schliesslich wurde<br />

in vielen Fällen der Verbandsbeitrag für ein Jahr übernommen,<br />

teils auch die Prämie für unsere Verbands-Risikoversicherung.<br />

Gibt es eine Obergrenze?<br />

Diese Grenze ist in einem internen Reglement festgehalten. Das<br />

frei zugängliche Leistungsreglement sieht in der Regel Beiträge<br />

bis CHF 2000 vor. Höhere Beiträge müssen vom Stiftungsrat bewilligt<br />

werden.<br />

Braucht es heute (noch) eine Hilfskasse?<br />

2013 bezogen 213 000 Menschen in der <strong>Schweiz</strong> Sozialhilfe. 40 %<br />

davon sind seit über drei Jahren Leistungsbezüger; drei Viertel davon<br />

sind geschieden oder ledig. Die meisten haben eine schlechte<br />

Ausbildung und Gesundheitsprobleme. So entsteht <strong>of</strong>t eine Lücke<br />

bis zur Anerkennung einer IV-Rente mit Wiedereingliederungsmassnahmen.<br />

Eine weitere Gruppe sind Selbständigerwerbende, die gute Berufsleute<br />

sind, aber <strong>of</strong>t nur über geringe Reserven verfügen. Das<br />

Geld steckt in der Kleinfirma. Hier beschleunigen die Veränderungen<br />

in der Wirtschaft einen negativen Geschäftsgang. Und diese<br />

Mitglieder haben kein Anrecht auf Arbeitslosengelder. Ebenso<br />

stelle ich hier einen sehr starken Willen zur Weiterführung der<br />

langjährig aufgebauten Firma fest.<br />

Darum können wir als Berufsverband stolz sein auf unsere Hilfskasse.<br />

Ich kenne keinen Berufsverband mit einer ähnlichen Leistung,<br />

welche von etwa 15 Mitgliedern pro Jahr beansprucht wird.<br />

Gründe für eine Ablehnung?<br />

Wir unterstützen keine Firmen mit Krediten, Schuldenabbau oder<br />

Investitionen. Und wir zahlen keine Renten, Lohnersatz oder Ordnungsbussen.<br />

Sind mehrere Gesuche möglich?<br />

Selbstverständlich! Es gibt immer wieder Notsituationen, die nicht<br />

im ersten Anlauf überbrückt werden können. So konnte in einigen<br />

Fällen mit einer weiteren Unterstützung nach ein oder zwei<br />

Jahren der Normalzustand erreicht werden.<br />

Leider erlebte ich es auch, dass ein Mitglied innert zwei Jahren<br />

drei Beiträge erhielt und schliesslich in die Psychiatrische Klinik<br />

eingeliefert wurde. Der Verkäufer wurde arbeitslos, dann erfolgte<br />

die Scheidung und zuletzt wurde das Haus zwangsverkauft.<br />

Ebenso dramatisch verlief ein anderer Kontakt. Beim ersten Treffen<br />

stellte ich abschliessend die Frage: «Haben Sie noch etwas zu<br />

essen im Haus?» Unter Tränen sagte der Mann: «Seit 14 Tagen<br />

habe ich nichts mehr gegessen. Ich wüsste nicht, woher nehmen!»<br />

Zwei Jahre später starb er an Krebs…<br />

Wie reagieren Betr<strong>of</strong>fene?<br />

Bis heute habe ich über 100 Mitgliedern in Not eine Unterstützung<br />

vermittelt. Neben der finanziellen Hilfe wurde die neutrale<br />

Beratung geschätzt. Weil sich die meisten Menschen in Not isolieren<br />

und das Selbstvertrauen sowieso gelitten hat, wird mein Besuch<br />

positiv erlebt.<br />

Ihre Empfehlungen?<br />

Menschen in Not ziehen sich zurück, schämen sich, haben Angst<br />

vor Fragen. Darum ermutige ich jedes Aktivmitglied in einer Krise,<br />

sich zu melden. Alle Anfragen (im Zentralsekretariat einreichen)<br />

werden vertraulich behandelt.<br />

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