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Berlin-Brandenburgisches Handwerk 5 I <strong>2017</strong> Aus- & weiterbildung I 23<br />
Auslandsaufenthalte bilden<br />
Fast ein Drittel aller Studierenden verbringt einen Teil des Studiums im Ausland. Die Zahl<br />
der deutschen Jugendlichen, die während der Berufsausbildung Fernluft schnuppert, ist<br />
mit knapp fünf Prozent vergleichsweise gering. Das sollte sich ändern. Die Mobilitätsberatung<br />
der Handwerkskammer Berlin berät Sie gern.<br />
Andere Länder, Kulturen, aber auch Arbeitsweisen<br />
zu erleben, sind Erfahrungen,<br />
die man nicht in der Schule lerne, ist sich<br />
Klaus-Dieter Müller, Geschäftsführer der<br />
Firma K. Rogge Spezialbau GmbH und<br />
Vorstandsmitglied der Handwerkskammer<br />
Berlin, sicher. Viele Betriebe versuchen es<br />
auch erst einmal andersherum: Sie nehmen<br />
ausländische Auszubildende für ein<br />
Praktikum im Betrieb auf, um dann später<br />
eigene Azubis ins Ausland zu entsenden.<br />
Von diesen interkulturellen Kontakten<br />
profitieren dann Betrieb und Auszubildende<br />
gleichermaßen. Die K. Rogge<br />
Spezialbau nahm im März einen Trockenbauer<br />
aus Norwegen in ein zweiwöchiges<br />
Schnupperpraktikum auf. Klaus-Dieter<br />
Müller berichtet über seine Erfahrungen<br />
und die Chancen für Lehrlinge und Fachkräfte<br />
des Handwerks.<br />
Warum unterstützen Sie Auslandsaufenthalte<br />
in der Ausbildung?<br />
Klaus-Dieter Müller: Auslandsaufenthalte<br />
bilden jeden und gerade im Handwerk<br />
hat Mobilität Tradition. Für den Stuckateur<br />
als sehr traditionellen Beruf ist es<br />
z. B. interessant, andere historische Techniken<br />
kennenzulernen, jedes Land hat ja<br />
auch andere Traditionen. Der Trockenbauer<br />
ist zwar eher ein moderner Beruf,<br />
aber auch hier gibt es Unterschiede, die<br />
man nur lernt, wenn man reist und im<br />
Ausland auch arbeitet.<br />
Zu welchem Zeitpunkt bietet sich ein<br />
Auslandspraktikum für Lehrlinge an?<br />
Ende des 2. Lehrjahres bzw. Anfang des<br />
3. Lehrjahres ist ein optimaler Zeitpunkt,<br />
gute qualifizierte Auszubildende für<br />
interessante Auslandsprojekte freizustellen.<br />
In der Vergangenheit haben unsere<br />
Auszubildenden an Projekten in Europa,<br />
aber auch in Moskau – beispielsweise an<br />
der Restaurierung eines Nonnenklosters<br />
– teilgenommen.<br />
Gibt es auch Nachteile?<br />
Natürlich gibt es unmittelbar für den<br />
Betrieb nicht wirklich viele Vorteile, wenn<br />
Azubis ins Ausland gehen. Trotzdem ist<br />
es kein Grund, es sein zu lassen, denn sie<br />
bringen ja auch ihre Erfahrungen wieder<br />
mit zurück. Wenn wir qualifizierte, motivierte<br />
Auszubildende haben, würden wir<br />
ihnen die Gelegenheit geben. Natürlich<br />
ist deren Tendenz, nach der Ausbildung<br />
ein Studium anzufangen und somit<br />
wegzugehen vom Handwerk, bei den<br />
besonders guten sehr hoch.<br />
Haben Sie momentan Probleme, gute<br />
Auszubildende zu finden?<br />
Ja, durchaus. Es ist kaum eine wirkliche<br />
Vorauswahl anhand von Zeugnissen oder<br />
Bewerbungsunterlagen möglich. Wir<br />
laden mehr Interessenten ein als früher,<br />
um persönliche Gespräche zu führen.<br />
Auch haben wir das Gefühl, dass junge<br />
Leute heutzutage schneller die Lehre<br />
abbrechen. Daher tendieren wir dazu,<br />
eher mehr aufzunehmen.<br />
Die Beschäftigung von Flüchtlingen<br />
spielt momentan eine große Rolle beim<br />
Thema Fachkräftesicherung. Beschäftigen<br />
Sie Flüchtlinge?<br />
Nein, leider noch nicht, aber wir sind<br />
offen dafür. Auch die Fachgemeinschaft<br />
Bau hat Möglichkeiten, Flüchtlingen<br />
Jobperspektiven zu geben. Viele haben<br />
in ihren Heimatländern Erfahrungen<br />
im Bau gesammelt. Allerdings ist eine<br />
Verständigung mit nur marginalen<br />
Deutschkenntnissen sehr problematisch.<br />
Leider sind die Hürden, um Flüchtlinge<br />
in den Arbeits- und Ausbildungsmarkt zu<br />
integrieren, noch sehr hoch – allen voran<br />
etwa ein ungeklärter Aufenthaltstitel.<br />
Viele warten auch lange auf die Zusage<br />
für einen Deutschkurs. Wir hoffen aber,<br />
in Zukunft Flüchtlinge aufnehmen und<br />
auch ausbilden zu können. Da die Betriebe<br />
die Ausbildung ihrer Lehrlinge aus<br />
eigener Tasche finanzieren, möchte man<br />
natürlich, dass der Auszubildende auch<br />
die Lehre vollständig absolvieren kann<br />
und im besten Fall dem Unternehmen<br />
erhalten bleibt.<br />
Interview: Anne-Kristin Wiedemann<br />
Handwerk mobil<br />
Insgesamt absolvierten ein Trockenbauerlehrling<br />
und vier Zimmererlehrlinge<br />
aus Norwegen ein Praktikum<br />
in Berliner Gastbetrieben. Sie freuen<br />
sich, zukünftig deutsche Azubis in<br />
Trondheim begrüßen zu dürfen. Die<br />
Handwerkskammer Berlin dankt herzlich<br />
folgenden Zimmereibetrieben<br />
für die Aufnahme: Dahms Holzbau<br />
GmbH, PAUSE Dachdecker – Maurer<br />
GmbH Zimmerei – Holzbau, Dachkonzept-Ihle<br />
GmbH, Zimmerei Schilling<br />
Internationale Mobilitätsberatung,<br />
Telefon (0 30) 2 59 03 – 3 28,<br />
E-Mail a.wiedemann@hwk-berlin.de<br />
Foto: Stickforth