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Facetten November 2016

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Kasseler Werkstatt<br />

Personenzentrierung<br />

Ist das was Neues?<br />

Gruppenleiterin Elvira Weiß unterstützt Mitarbeiterin Petra Dehnhardt, die sich einer neuen Herausforderung<br />

stellt.<br />

Als ich in der KSW angefangen habe, wusste<br />

ich nicht, auf was ich mich da einlasse. Menschen<br />

mit Behinderung waren für mich eine<br />

,fremde Welt’. Ich war froh, dass ich nur befristet<br />

angestellt war und dachte: Ein Jahr irgendwie<br />

durchwurschteln und dann nichts wie<br />

weg. Daraus sind bis jetzt 27 Jahre geworden.<br />

Als ich die MitarbeiterInnen näher kennen<br />

lernte, habe ich sie richtig ins Herz geschlossen.<br />

Sie waren (und sind immer noch) sehr<br />

lieb, nett, offen, ehrlich und so hilfsbereit,<br />

jeder will der Gruppenleiterin etwas Gutes<br />

tun, das habe ich in ,der Welt draußen’ nicht<br />

so oft erlebt. Ich war so begeistert von diesen<br />

besonderen Menschen, dass ich dachte,<br />

ich muss alles in meiner Macht Stehende tun,<br />

um ihnen das Leben zu erleichtern.<br />

Ich fand es sehr wichtig, dass sie lernen, in<br />

ihrem Leben Entscheidungen zu treffen, ihre<br />

Meinung zu äußern und das zu machen, was<br />

sie eigentlich möchten. Damit sie auch das Gefühl<br />

der Selbstverwirklichung bekommen. Das<br />

konnte ich nur in unserem kleinen Rahmen<br />

durchsetzen. So fragte ich sie z. B., wenn wir<br />

Tische oder Schränke umgestellt haben: „Wo<br />

möchtest du denn den Tisch gerne haben?“<br />

Oder wenn Probleme auftauchten, stellte ich<br />

zuerst die Frage: „Wie hättest du denn selbst<br />

das gemacht?“ Konflikte diskutierten wir an<br />

Ort und Stelle. Gemeinsam erforschten wir, was<br />

falsch gelaufen ist und welche Lösungsmöglichkeiten<br />

es gibt, damit alle zufrieden sind.<br />

Wenn jemand etwas gut konnte, hat er das<br />

Anderen beigebracht und war sehr glücklich<br />

und stolz und ich erst recht! Eine Mitarbeiterin<br />

z. B. war sehr fit, und ich war davon überzeugt,<br />

dass sie in der Lage ist, einen Außenarbeitsplatz<br />

auszufüllen. Aber sie wollte<br />

nicht, sie sagte auch warum: „Draußen haben<br />

die nicht so viel Geduld mit uns wie hier.“<br />

Ich konnte sie verstehen, die Gesellschaft, in<br />

der wir leben müssen, hat oft nicht viel Zeit<br />

für solche ,Kleinigkeiten’ am Arbeitsplatz.<br />

Meine Schlussfolgerung ist ganz einfach:<br />

Man braucht keine Gesetze oder Anweisungen,<br />

wie man mit Menschen mit Behinderung<br />

umgehen soll. Man muss sie einfach<br />

lieben – personenzentrierter geht es nicht.<br />

4 <strong>Facetten</strong> 31 | <strong>November</strong> <strong>2016</strong>

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