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50 KAPITEL 1.2. AVENTURISCHE HELDEN<br />
Dominique du Lac, am 30.06.2005:<br />
Vielen Dank für Deinen Brief, Madradeus.<br />
Wie du als treuer <strong>Die</strong>ner des Reiches<br />
weißt, lauern die Feinde unseres hehren Staates<br />
überall und versuchen, die gottgewollte Ordnung<br />
durch <strong>Die</strong>bstahl und Lügen durcheinander<br />
zu werfen. Auch wenn ich nicht glaube,<br />
dass der mit diesem Briefe betraute Beilunker<br />
Reiter Opfer eines Überfalls wird, möchte ich<br />
für den Fall der Fälle doch lieber die Namen<br />
meiner Familienmitglieder aus dem Schreiben<br />
heraushalten - dir sind sie ja ohnehin bekannt.<br />
Zur Zeit befinde ich mich in tiefer Trauer,<br />
denn meine ältere Schwester ist heimtückisch<br />
in ihrem Heimatdorf unweit der Kaiserstadt ermordet<br />
worden. Hast Du eigentlich noch Kontakt<br />
zu Huma? Wenn ja, frage ihn doch bitte, ob<br />
er nicht ein wenig mehr Anstand in das einfache<br />
Volk bringen kann. <strong>Die</strong> stets gewaltbereite<br />
Haltung des Pöbels gegenüber großen Familien<br />
wie meiner ist eine Schande und ein Frevel<br />
gegen die natürliche Ordnung!<br />
Aus dem Nachlass meiner verstorbenen<br />
Schwester habe ich ein interessantes Erbstück<br />
erhalten, eine Art Kralle, die sehr kunstfertig<br />
gearbeitet ist, und zu der ich Deinen Rat ersuche.<br />
Sie ähnelt der ”Eichenzunge”, die ich auf<br />
längeren Reisen gerne zum Schutz gegen Ungeziefer<br />
benutze, und trägt den Namen der Mutter<br />
von meiner Schwester und mir. Es heißt,<br />
dass sie von unserer Mutter mit der Hilfe eines<br />
berühmten Goldschmieds (eines alten Verwandten<br />
des Mannes, der uns neulich unsere<br />
Standarte fertig gemacht hat), hergestellt wur-<br />
1.2.6 Xavieras Reise<br />
1.2.6.1 Erste Etappe: Gareth - Zorgan<br />
de.<br />
Als ich dieses Erbstück erhielt, geschah etwas<br />
Merkwürdiges: Ich fühlte ich mich in einer<br />
Art Hesindegesicht plötzlich stark an unsere<br />
Zeit in Greifenfurt erinnert und vor allem<br />
an den Burschen, der damals von den Gästen<br />
aus dem Norden mitgebracht worden war. Erinnerst<br />
Du Dich? Das war der Kerl, der diese<br />
Narrenkappe mit den acht Bommeln aufhatte,<br />
sich nannte wie mein Schmusekätzchen und<br />
auf der Feier dann ziemlichen Wind machte.<br />
Ihm sah ich mich einen Moment lang in heftigen<br />
Streit gegenüber. Der Kommentar eines<br />
weisen Magus zu dieser merkwürdigen Eingebung<br />
wäre sicher wertvoll. Vielleicht kannst Du<br />
ja auch in der Puniner Bibliothek etwas Interessantes<br />
in Erfahrung bringen.<br />
Da es sich um eine Familienangelegenheit<br />
handelt, verbietet es der gute Anstand jedoch,<br />
mit Kollegen über dieses Thema zu beratschlagen<br />
- wir wollen doch nicht zum Gespräch werden<br />
und unsere Namen in den Schmutz der<br />
Straße ziehen! Ich werde noch einige Tage hier<br />
in Gareth sein, dann fahre ich meine Mutter besuchen.<br />
Den Zwölfen zum Gruße, und in freudiger<br />
Erwartung einer Antwort,<br />
Deine Dominique<br />
P.S.: Bestelle auch meine lieben Grüße an<br />
Deine Tochter. Ist sie in letzter Zeit noch so<br />
kräftig weitergewachsen wie im vorigen Jahr?<br />
Von Xaviera Sajimasunya, am 5. Hesinde 20 Hal (30.07.2005)<br />
7. Boron, 20 Hal: Heute bin ich mit Arjunoor aus Gareth aufgebrochen; wir reiten Richtung<br />
Aranien. Dort werde ich endlich meine Zirkelschwestern und meine Mutter Sajima<br />
wiedertreffen. Lange haben wir uns nicht gesehen . . . aber ich glaube, dass wir uns nun<br />
besser verstehen werden als vor einigen Jahren, als ich vor ihrem Lehr- und Lesewahn<br />
Reißaus nehmen musste. Wir werden sehen.<br />
Satuarias Kralle ist in meinem Gepäck auf Achmads Rücken verborgen; in ein Tuch<br />
gehüllt wird keiner der weißen Hetzer etwas vermuten, wenn ich so einem zufällig begegnen<br />
sollte. <strong>Die</strong> Klinge fühlte sich heute angenehm warm an, was ich als Zeichen meiner<br />
ausgeglichenen Gefühlslage nehme. In den letzten Tagen habe ich herausgefunden,<br />
dass die Kralle ein Spiegelbild meiner Empfindungen ist: Gerate ich in Zorn, wird sie