ME2BE_02_2013_Campus
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<strong>Campus</strong><br />
Der 54-jährige Biologe<br />
arbeitet seit 20 Jahren<br />
beim Helmholtz-Zentrum<br />
für Ozeanforschung GEO-<br />
MAR in Kiel. Schon in<br />
seiner Diplomarbeit an<br />
der Kieler Uni beschäftigte<br />
er sich mit Schalentieren<br />
in der Norwegischen<br />
See. Der erfahrene<br />
„Senior Scientist“ leitet<br />
heute Expeditionen mit<br />
Forschungsschiffen auf<br />
allen Weltmeeren.<br />
DIE MEE-<br />
RESWIS-<br />
S E N -<br />
SCHAFTLER<br />
VON MOR-<br />
GEN STU-<br />
DIEREN BEI<br />
GEOMAR<br />
<strong>ME2BE</strong>: Hat Sie das Meer eigentlich<br />
schon als Kind begeistert?<br />
Peter Linke: Auf mich übte das Meer früh eine<br />
ungeheure Faszination aus. Ich musste immer<br />
ein Aquarium und Terrarien zuhause haben. Später<br />
habe ich bei der Marine meinen Wehrdienst<br />
geleistet und dabei die erste lange Schiffsreise<br />
erlebt. Von da an war für mich klar: Ich muss<br />
beruflich irgendetwas mit dem Meer zu tun haben!<br />
In Kiel habe ich mit dem Biologiestudium<br />
begonnen, nach dem Vordiplom konnte ich mich<br />
auf Meereskunde spezialisieren. Bei Praktika<br />
und bei Jobs als studentische Hilfskraft hat<br />
mich die Meeresforschung dann endgültig in<br />
den Bann gezogen.<br />
Sie sind häufig auf Forschungsschiffen unterwegs.<br />
Was fasziniert Sie dabei am meisten?<br />
Jede Forschungsfahrt bringt neue und unerwartete<br />
Erkenntnisse ans Tageslicht. Das begeistert<br />
mich als Wissenschaftler immer wieder. Gerade<br />
wenn man ein tolles Team zusammen hat und die<br />
Begeisterung der anderen spürt, erlebt man, wie<br />
spannend das Thema ist! Du kannst diesen Beruf<br />
nur ausüben, wenn du mit Herzblut dabei bist.<br />
Auch nach über 40 Schiffsexpeditionen bleibt<br />
dieses Gefühl: Immer wenn ich das Forschungsschiff<br />
vor mir sehe, „packt“ es mich wieder.<br />
Welche Expedition ist Ihnen am<br />
stärksten in Erinnerung geblieben?<br />
Meine erste Forschungsfahrt führte mich als<br />
Student kurz vor dem Examen auf dem riesigen<br />
Forschungsschiff „Polarstern“ in die Antarktis.<br />
Das ist der spektakulärste Einstieg in diesen Beruf,<br />
den man sich erträumen kann. Durch die Magellanstraße<br />
bis zum Südpol zu fahren; die riesigen<br />
Eisberge hautnah zu erleben, an Land gehen<br />
zu können und eine Forschungsstation kennen<br />
zu lernen; und mit dem Hubschrauber über diese<br />
außergewöhnlich schöne Landschaft fliegen<br />
zu dürfen. Das war eine außergewöhnliche Erfahrung,<br />
die mich bis heute geprägt hat. Auch<br />
meine erste Fahrt mit einem Forschungs-Tauchboot<br />
zum Meeresgrund in 700 Metern Tiefe war<br />
phänomenal. Schon beim Abstieg ohne Scheinwerfer<br />
fährt man durch eine Glitzerwelt, in der<br />
die Tiefseetiere neonfarben aufleuchten. Wenn<br />
die Scheinwerfer dann eingeschaltet werden,<br />
kommt die Unterwasserwelt dem Forscher so<br />
nah wie sonst nie. Das sind Erlebnisse, die sich<br />
ins Gedächtnis einbrennen.<br />
Welche Ozeane haben Sie bisher bereist?<br />
Die erste Fahrt ging ja in die Antarktis, die<br />
nächsten Reisen in die Arktis. Ich habe viel im<br />
Atlantik gearbeitet, im Indischen Ozean und<br />
auch oft im Pazifik. Hier waren Japan, Neuseeland,<br />
die Westküste der USA von Alaska bis nach<br />
Südamerika das Ziel. Ich habe in meinem Berufsleben<br />
schon eine Menge von der Welt gesehen.<br />
Was erforschen Sie heute hauptsächlich?<br />
Ich beschäftige mich mit untermeerischen Quellen.<br />
Sie treten an den so genannten Kontinentalrändern<br />
in Form von Flüssigkeiten und Gasen<br />
auf. Dabei werden große Mengen an Methan<br />
frei – die Energiequelle für viele Lebewesen<br />
wie Muscheln, Röhrenwürmer oder Bakterien,<br />
die in großer Tiefe ohne Sonnenlicht leben können.<br />
Dazu kommt, dass Methan ein schädliches<br />
Klimagas ist, das bei einem Austritt in die Atmosphäre<br />
die Erderwärmung verstärken könnte.<br />
Auch dieses Phänomen erforschen wir. Die<br />
Speicherung von Kohlendioxid aus Kraftwerken<br />
und Förderplattformen im Meeresboden – wie es<br />
etwa in Norwegen geschieht – beschäftigt uns<br />
derzeit in EU-Projekten in der angewandten Forschung.<br />
Haben Sie neben den langen Forschungsreisen<br />
überhaupt noch Zeit für Familie?<br />
Ich habe meine Frau an Bord eines Forschungsschiffes<br />
kennengelernt! Sie kann also gut nachvollziehen,<br />
warum ich bis zu sechs Wochen am<br />
Stück nicht zuhause sein kann. Uns verbindet<br />
bis heute die Leidenschaft zum Meer. Aber es ist<br />
auch eine Belastung: Viele Geburtstage meiner<br />
Kinder konnte ich leider nicht miterleben. Wenn<br />
ich in Kiel bin, versuche ich deshalb möglichst<br />
viel Zeit mit ihr und den Kindern zu verbringen.<br />
Dabei genießen wir gemeinsame Paddel- oder<br />
Rudertouren und Reisen mit der ganzen Familie<br />
– aber nicht unbedingt mit dem Schiff.<br />
•<br />
Text Joachim Welding<br />
A U S B<br />
•<br />
Am Geomar Helmholtz-Zentrum<br />
für Ozeanforschung Kiel arbeiten<br />
750 Menschen, davon 400 WissenschaftlerInnen.<br />
Sie bereisen mit<br />
den Forschungsschiffen Alkor, Poseidon,<br />
Littorina und Polarfuchs<br />
die Weltmeere. Neben dem bemannten<br />
Forschungstauchboot Jago sind<br />
dabei auch drei Tiefseeroboter im<br />
Einsatz. Auch die Meereswissenschaftler<br />
von morgen studieren<br />
bei Geomar: in einem Bachelorund<br />
zwei Masterstudiengängen.<br />
www.geomar.de<br />
GUT ZU WISSEN<br />
I L D U N G S<br />
I C H<br />
I N F O S<br />
D<br />
I R B<br />
•<br />
B E W<br />
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3 15:37<br />
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