KuS 2017-2_GzD_klein
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Rubriktitel<br />
Kolossalstatue des Gottes<br />
Hapi, 4. Jahrhundert<br />
v. Chr., Thonis-Herakleion,<br />
Ägypten.<br />
Die Statue aus rosa Granit<br />
ist mit einer Höhe von 5,4<br />
Metern die grösste freistehende<br />
Götterstatue, die bis<br />
anhin in Ägypten gefunden<br />
wurde.<br />
gen ist. Die erste Station aller vom Meeresboden<br />
emporgebrachten Funde ist deshalb, nach einer<br />
ersten Reinigung der Oberfläche, ein Entsalzungsbad:<br />
Regelmässig erneuertes Süsswasser befreit<br />
sie durch simple Osmose vom Salz. Dieser Prozess<br />
ist bei porösen Materialien, beispielsweise<br />
Keramik, schnell abgeschlossen, bei Steinfiguren<br />
kann er hingegen mehrere Jahre dauern. Danach<br />
kann die eigentliche Restaurierungsarbeit beginnen.<br />
Bei Steinen, denen Verwitterung droht, ist der<br />
erste Schritt vielfach Festigung durch Infiltration<br />
mit einem Acrylharz.<br />
Seit der Entdeckung der versunkenen Städte in<br />
den 1990er Jahren und dem Beginn der archäologischen<br />
Unterwasser-Arbeiten im Jahr 1998 konnten<br />
schätzungsweise fünf bis zehn Prozent ihrer<br />
Schätze geborgen werden. Den Forschern wird<br />
die Arbeit noch eine Weile nicht ausgehen. Eine<br />
Erkenntnis grundsätzlicher Art konnte allerdings<br />
bereits früh gewonnen werden: Thonis-Herakleion<br />
und Kanopus waren Sitz bedeutender Heiligtümer.<br />
Ein grosser Anteil der Funde besteht aus<br />
sakralen Gegenständen verschiedenster Art, die<br />
zusammen mit den Fundamenten riesiger Tempelanlagen,<br />
Götter-Statuen und Votiv-Statuetten für<br />
das überaus reiche kultische Leben zeugen, das in<br />
den beiden Städten geherrscht hatte.<br />
DER HERR DER EWIGKEIT<br />
Eine Gottheit insbesondere erfuhr hier Verehrung:<br />
Osiris, der getötete und wiederauferstandene<br />
Gott, Symbol für Leben und Fruchtbarkeit, Urbild<br />
des gerechten Königs, Hüter von Recht und Harmonie<br />
und als Herrscher des Totenreichs zugleich<br />
Herr der Ewigkeit.<br />
Der griechische Schriftsteller Plutarch erzählte<br />
im 2. Jahrhundert n. Chr. den Mythos des Osiris aus<br />
den ägyptischen Überlieferungen nach: Osiris, der<br />
Erstgeborene des Erdgottes Geb und der Himmelsgöttin<br />
Nut und als solcher erster und rechtmässiger<br />
König auf Erden, fiel einer Verschwörung seines<br />
Bruders Seth zum Opfer. Nach dem Mord an Osiris<br />
zerstückelte Seth den Leichnam und verteilte die<br />
Stücke über ganz Ägypten. Isis, Osiris‘ Schwester<br />
und Gattin, suchte nach den Teilen seines Körpers,<br />
setzte sie wieder zusammen – sie erfand hierbei<br />
das Verfahren der Mumifizierung – und hauchte<br />
Osiris neues Leben ein. Horus, ihr gemeinsamer<br />
Sohn, rächte seinen Vater schliesslich, vertrieb<br />
Seth und wurde der erste Pharao Ägyptens.<br />
Indem Osiris den Tod überwand, brachte er<br />
auch den Menschen die Verheissung ewigen Lebens.<br />
Dies war ein überaus machtvolles Konzept.<br />
Bereits im frühen 2. Jahrtausend v. Chr. hatte sich<br />
der Kult des Osiris über ganz Ägypten verbreitet<br />
und strahlte schliesslich auch weit über die Grenzen<br />
des Landes aus.<br />
DIE OSIRIS-MYSTERIEN<br />
Die beiden Städte Thonis-Herakleion und Kanopus<br />
waren durch die jährliche religiöse Zeremonie<br />
der Wasserfahrt Osiris‘ kultisch miteinander verbunden:<br />
In einer nach minutiös vorgeschriebenem<br />
Ablauf erfolgenden feierlichen Prozession wurden<br />
Bildnisse des Osiris in einer Barke vom Tempel des<br />
Amun-Gereb in Thonis-Herakleion über einen Verbindungskanal<br />
zu seinem Heiligtum in Kanopus<br />
gebracht, wo sie schliesslich beigesetzt wurden.<br />
Entlang des ehemaligen Verlaufs dieses 3,5 Kilometer<br />
langen Kanals fanden die Forscher des<br />
IEASM über den Meeresboden verstreut unzählige<br />
Kultgegenstände – steinerne Opferschalen,<br />
Öllampen, Weihrauchgefässe, Votiv-Barken, bronzene<br />
rituelle Schöpfkellen.<br />
DIE AUSSTELLUNG<br />
Die Mehrzahl der Objekte, die in der Ausstellung<br />
zu bestaunen sind, besteht aus Funden der laufenden<br />
Forschungsarbeiten, die das IEASM in Ko-<br />
24 02/17