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Reiter Spektrum Saar Ausgabe 01-2016

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Foto: Anne Adam<br />

TOP-THEMA<br />

In der mittelalterliche Turnierkultur<br />

gab es drei Formen des<br />

Turniers: Den eher friedlichen<br />

*Buhurt, das Turnei mit Gruppenkampf<br />

mit sowohl scharfen<br />

als auch stumpfen Waffen und<br />

dem *Tjost als Einzelkampf mit<br />

der Lanze und dem Schwert.<br />

Ging es am Anfang (im Hochmittelalter<br />

[ca. 1050 bis 1250])<br />

TOP-THEMA<br />

Das Tjosten oder Ritterturnier<br />

noch darum, Ritter und Pferd zu<br />

trainieren, so stand später (ab<br />

dem 12. Jh.) der Schaucharakter<br />

im Vordergrund. Allen stand<br />

jedoch die Beherrschung des<br />

Pferdes, eine gute Dressur und<br />

die eigene reiterliche Fähigkeit<br />

„auf die Lanze“ geschrieben.<br />

Es war ein Privileg der Adeligen an<br />

solchen Veranstaltungen aktiv teilzunehmen.<br />

Die Tjost (auch „der Tjost“)<br />

galt als die Königsdisziplin des Turnieres.<br />

Es war ein Einzelkampf zwischen<br />

zwei Rittern in voller Rüstung<br />

zu Pferd mit stumpfen Lanzen, die<br />

meist mit einem Turnierkrönlein versehen<br />

waren. Ziel war es, den Gegner<br />

mit einem gezielten Lanzenstoß aus<br />

dem Sattel zu werfen. Die Lanzen<br />

bestanden aus Holz oder hatten angesägte<br />

oder ausgehöhlte Schäfte, damit<br />

ein Treffer nicht gleich den Tod zur<br />

Folge hatte. Der Verlierer hatte schon<br />

andere Verluste, denn der Sieger erhielt<br />

die komplette Ausrüstung inklusive<br />

Pferd. Viele Ritter verdienten damit<br />

ihren Lebensunterhalt, reisten von<br />

Turnier zu Turnier und konnten sich so<br />

einen gewissen Reichtum erkämpfen.<br />

Mitte des 13. Jahrhunderts verbreitete<br />

sich dann das Duell auf Leben und<br />

Tod und die scharfen Waffen setzten<br />

sich durch. Die gefährlichste Form der<br />

Tjost war das Scharfrennen, 1177 sollen<br />

bei einem Turnier 16 Teilnehmer<br />

ums Leben gekommen sein.<br />

Das Schlachtross oder Ritterpferd<br />

Aber was wären die Ritter ohne ihre<br />

Pferde gewesen? Genauso wie heute<br />

unsere Turnierpferde waren sie bestens<br />

ausgebildet. Sie wurden ständig trainiert<br />

und nur für den eigentlichen<br />

Einsatz geritten. Ansonsten wurden sie<br />

geschont und zum Reisen nahm man<br />

bequemere Gangpferde. Entgegen der<br />

Ansicht, dass Schlachtrösser große,<br />

mächtige Pferde waren, da sie das<br />

Gewicht des schwer gepanzerten Ritters<br />

und ihre eigene Panzerung tragen<br />

mussten, waren es relativ kleine, wendige<br />

Pferdetypen. In Kriegen mussten<br />

sie, zusätzlich zu der schweren Last,<br />

in der Lage sein, die notwendige<br />

Geschwindigkeit zu erreichen, um die<br />

gegnerische Infanterie niederzureiten.<br />

Die erfolgreichsten Ritterpferde<br />

wurden wie die Helden verehrt und in<br />

Liedern besungen.<br />

Erst im späten Mittelalter züchtete man<br />

in Mitteleuropa vermehrt verschiedene<br />

Rassen. Für die immer schwerere<br />

Panzerung der Ritter benötigte man<br />

auch größere und kräftigere Pferde.<br />

Das klassische Ritterpferd des 14.<br />

Jahrhunderts ist das Resultat dieser<br />

Bestrebungen. Vereinzelte Funde von<br />

für damalige Verhältnisse sehr großen<br />

Pferden mit einer Schulterhöhe von<br />

160 cm belegen diese Versuche. Die<br />

spätmittelalterlichen Ritterpferde<br />

waren allerdings keine Kaltblutpferde.<br />

Diese großen Tiere sind eine Züchtung<br />

der Neuzeit und erst seit dem 19. Jahrhundert<br />

weiter verbreitet. (aa)<br />

*Buhurt: Der tatsächliche Ablauf eines<br />

Buhurtes ist weitgehend spekulativ.<br />

Möglicherweise handelte es sich um<br />

eine Art Vorspiel zum eigentlichen<br />

Turnei, an dem auch ältere und ängstlichere<br />

Ritter und Knechte teilnehmen<br />

konnten und war eine auf Geschicklichkeit<br />

angelegte mittelalterliche<br />

Turnierform. Die genaue Definition<br />

dieses ritterlichen Kampfspiels ist in<br />

der Fachwelt umstritten. Eine exakte<br />

Definition dieses mittelalterlichen<br />

Begriffes ist unmöglich.<br />

*Tjost: aus dem Altfranzösischen joster<br />

Quellen: Wikipedia Tjost und Buhurt<br />

Ritterturniere im Mittelalter von Björn Böhling<br />

TOP-THEMA<br />

Björn Kiefer auf Fynn, Connemarapferd.<br />

Ansprengen aus dem Terre-a-Terre, ein<br />

kurzer, schneller Zweitaktglopp tief auf den<br />

Hanken, eine typische Gangart für mittelalterliche<br />

Streitrosse, auf fast allen historischen<br />

Abbildungen so zu sehen (den iberischen<br />

Pferden oder iberisch geprägten Rassen<br />

angeboren, andere Pferde müssen es mühsam<br />

erlernen). Die parallelen Hinterbeine bringen<br />

maximale, plötzliche Beschleunigung, und<br />

kein Rechts- oder Linksgalopp verrät die Art<br />

und Richtung des Angriffs, da diese Gangart<br />

Terre-a-Terre auch seitlich und sogar bei<br />

einem verfehltem Lanzenstoß auch rückwärts<br />

gesprungen werden kann, wenn man der<br />

gegnerischen Waffe ausweichen musste oder<br />

kein Raum war zum Wenden in der engen<br />

Schlachtformation.<br />

Halbharnisch mit <strong>Reiter</strong>stiefeln um 1470: Ein<br />

Foto: Björn Kiefer<br />

mittelschwerer <strong>Reiter</strong> des XV Jahrhunderts.<br />

Nicht voll ausgeprägter Harnisch nach italienischem<br />

Vorbild im so genannten „Mailänder<br />

Info:<br />

Tjosten wird heute als Sport ausgeübt.<br />

In der International Jousting<br />

Aragon, das „Schlachtross“. Der junge Aragon<br />

ist ein PRE (Pura Raza Espanola) und<br />

harnisch, wie man an der stärker gepanzerten<br />

Stil“. Es handelt sich hierbei um einen <strong>Reiter</strong>-<br />

League sind mehr als 346 Mitgliedsorganisationen<br />

aus 21 Nationen<br />

gehört damit zu einer der nachweislich ältesten<br />

Pferderassen Europas. Er entspricht den<br />

dieser Harnisch einen so genannten Rüst-<br />

Zügelseite erkennen kann. Zudem besitzt<br />

organisiert. In Deutschland ist die<br />

Schlachtrössern der Antike bis in das Späte<br />

haken, in den die Lanze eingelegt wird und<br />

International Jousting League mit<br />

Mittelalter und darüber hinaus. Mit einem<br />

dadurch eine bessere Kraftübertragung beim Die <strong>Reiter</strong> des Mittelalters waren hoch trainierte<br />

Spezialisten. Pferd und <strong>Reiter</strong> mussten<br />

der Deutschen Tjostvereinigung vertreten.<br />

Stockmaß von 154 cm und seinem kurzem<br />

Aufprall gewährt, dass der <strong>Reiter</strong> die Lanze<br />

Körperbau mit den starken Beinen, fällt es<br />

mit seinem ganzen Körper halten kann. Statt ein Team bilden um den Anforderungen<br />

ihm nicht schwer, auch gepanzerte <strong>Reiter</strong> zu<br />

Beinpanzer trägt dieser <strong>Reiter</strong> hohe <strong>Reiter</strong>stiefel<br />

ähnlich heutiger Chaps, diese garantie-<br />

intensives Training voraus. Das Reiten im<br />

des Gefechtes zu trotzen. Dies setzte ein<br />

Interessante Links:<br />

tragen, ohne dabei etwas von seiner angeborenen<br />

Wendigkeit zu verlieren. Damit ist er<br />

ren einen komfortablen Sitz im Sattel. Dazu Harnisch ist wegen des verlagerten Schwer-<br />

www.lucilinburhuc.org/lucilinburhuc/<br />

reiterei/<br />

der Topfavorit für die anspruchsvolle Aufgabe<br />

des Historischen Reitens. (Ragenhere<br />

andere Form von Helm wie z.b ein Armet Mensch wie Pferd ein Problem, welches<br />

gehört noch ein Schaller (Eisenhut) oder eine punktes des <strong>Reiter</strong>s durch den Harnisch für<br />

www.historische-reitkunst.de<br />

www.stichtinghei.nl/?lang=en<br />

Kyian Offason von lucilinburhuc.org)<br />

(Visierhelm) oder Kettlehat (Eisenhut). durch gutes Training gelöst werden musste.<br />

(Seite ist auf englisch)<br />

Zwei Ritter reiten jeweils rechts und links einer Beschrankung (Tilt) aufeinander zu<br />

www.plattner-siefert.de<br />

Foto: Daniel Rosenfeld<br />

Foto: Anne Adam<br />

Foto: Max Steffen - www.fotosmax.lu/<br />

Foto: Daniel Rosenfeld<br />

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