Kultur de Lux - Mai 2017
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Seite 6 Grand Théâtre MONTAG, 29. MAI <strong>2017</strong><br />
Ein Marathon,<br />
zwei Paare und<br />
drei Groschen<br />
Dreimal Thalia-Theater: Hier eine Szene aus <strong>de</strong>r „Dreigroschenoper“.<br />
Das große Foto oben zeigt Barbara Nüsse und André Jung<br />
in „Späte Nachbarn“ von Isaac B. Singer.<br />
Das Hamburger Thalia-Theater kommt<br />
mit drei Produktionen nach <strong>Lux</strong>emburg.<br />
Erstmals ist die Berliner Schaubühne zu Gast.<br />
Sieben Romane in drei Theaterstücken – und das alles an einem Tag<br />
gibt es beim Zola-Marathon „Trilogie meiner Familie“ zu sehen.<br />
FOTOS: ARMIN SMAILOVIC (2), KRAFFT ANGERER<br />
Drei Produktionen <strong>de</strong>s Hamburger<br />
Thalia-Theaters, ein Gastspiel<br />
<strong>de</strong>r Berliner Schaubühne am Lehniner<br />
Platz, Koproduktionen mit<br />
<strong>de</strong>n Staatstheatern <strong>Mai</strong>nz und<br />
Saarbrücken – all das bietet die<br />
Spielzeit <strong>2017</strong>/18 <strong>de</strong>r Théâtres <strong>de</strong><br />
La Ville. Hier ein Überblick über<br />
das <strong>de</strong>utschsprachige Programm.<br />
Die Mittagspause <strong>de</strong>r Belegschaft<br />
eines Textilunternehmens<br />
soll nach <strong>de</strong>m Willen <strong>de</strong>s neuen<br />
´Firmeneigentümers um sieben<br />
Minuten gekürzt wer<strong>de</strong>n. Die elf<br />
Frauen <strong>de</strong>s Betriebsrats diskutieren,<br />
ob sie die For<strong>de</strong>rung akzeptieren.<br />
Das auf einer wahren Begebenheit<br />
basieren<strong>de</strong> Stück 7 Minuten<br />
– Betriebsrat <strong>de</strong>s Italieners<br />
Stefano Massini han<strong>de</strong>lt von <strong>de</strong>n<br />
Sorgen und Nöten abhängig Beschäftigter.<br />
Die <strong>Lux</strong>emburger Regisseurin<br />
Carole Lorang inszeniert<br />
die <strong>de</strong>utschsprachige Fassung<br />
in einer Kooperation <strong>de</strong>r<br />
Théâtres <strong>de</strong> la Ville mit <strong>de</strong>m<br />
Staatstheater <strong>Mai</strong>nz. Vier Aufführungen<br />
sind am 17., 18. 24. und<br />
26. Oktober.<br />
Tom soll auf <strong>de</strong>r Beerdigung seines<br />
Lebensgefährten eine Re<strong>de</strong><br />
halten. Doch <strong>de</strong>ssen Bru<strong>de</strong>r<br />
Francis will um je<strong>de</strong>n Preis verhin<strong>de</strong>rn,<br />
dass Mutter Agathe erfährt,<br />
dass ihr Sohn schwul war.<br />
Michel Marc Bouchard entwickelt<br />
in Tom auf <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong> ein antikes<br />
Drama vor ländlichem Hintergrund.<br />
Max Claessen führt am 15.,<br />
18., 21., und 28. November Regie in<br />
einer Koproduktion mit <strong>de</strong>m<br />
Staatstheater Saarbrücken.<br />
Eine Patientin liegt im Sterben.<br />
Der Internist Professor Bernhardi<br />
verweigert einem katholischen<br />
Priester <strong>de</strong>n Zugang zum Krankenbett,<br />
weil er die Frau im Glauben<br />
lassen will, sie befin<strong>de</strong> sich<br />
auf <strong>de</strong>m Weg <strong>de</strong>r Genesung. Weil<br />
er jüdischer Abstammung ist,<br />
wird ihm später vorgeworfen, sein<br />
Verhalten sei christenfeindlich.<br />
Bernhardi verliert seine berufliche<br />
Existenz. Thomas Ostermeier<br />
(Regie) und von Florian Borchmeyer<br />
(Dramaturgie) haben Arthur<br />
Schnitzlers Stück für die Berliner<br />
Schaubühne am Lehniner<br />
Platz inszeniert, die am 26. und 27.<br />
Januar erstmals ein Gastspiel in<br />
<strong>Lux</strong>emburg gibt. In <strong>de</strong>r Hauptrolle:<br />
Jörg Hartmann, bekannt als<br />
Hauptkommissar Peter Faber aus<br />
<strong>de</strong>m Dortmun<strong>de</strong>r „Tatort“.<br />
Nach <strong>de</strong>m Ausbruch <strong>de</strong>s indonesischen<br />
Vulkans Tambora ging<br />
1816 als das „Jahr ohne Sommer“<br />
in die Geschichte ein. Blackout<br />
von Claire Thill, eine Koproduktion<br />
von In<strong>de</strong>pendant Little Lies<br />
und <strong>de</strong>r <strong>Kultur</strong>fabrik Esch-sur-Alzette,<br />
verbin<strong>de</strong>t die damalige Untergangsstimmung<br />
mit <strong>de</strong>r Dramaturgie<br />
eines Horrorfilms. Die<br />
Handlung spielt im Studio eines<br />
Fernseh-Meteorologen, <strong>de</strong>r Auffälligkeiten<br />
in Klimadaten ent<strong>de</strong>ckt<br />
– und Böses ahnt. Aufführungen<br />
sind am 20. und 21. Februar.<br />
„Die Bettler betteln, die Diebe<br />
stehlen, die Huren huren“ – so beschreibt<br />
Bertolt Brecht in einer<br />
Vorre<strong>de</strong> zu seiner Dreigroschenoper<br />
die Situation im Londoner<br />
Stadtteil Soho. Antú Romero Nunes<br />
hat <strong>de</strong>n größten Theatererfolg<br />
<strong>de</strong>r Weimarer Republik neu inszeniert<br />
– „mit witzigen I<strong>de</strong>en, einem<br />
glänzen<strong>de</strong>n Ensemble und erfrischen<strong>de</strong>m<br />
Zugriff“, wie das Hamburger<br />
Abendblatt schreibt. Die<br />
erste Produktion in <strong>de</strong>r Gastspielreihe<br />
<strong>de</strong>s Thalia-Theaters Hamburg<br />
ist am 7. und 8. März zu sehen.<br />
Mehr Musiktheater auf Seite 8.<br />
André Jung, Barbara Nüsse,<br />
spielen in <strong>de</strong>r zweiten Thalia-Inszenierung<br />
Späte Nachbarn. Die<br />
Geschichten zweier älterer Paare<br />
basieren auf einer Vorlage von Literaturnobelpreisträger<br />
Isaac B.<br />
Singer. Alvis Hermanis führt am<br />
9. März Regie in einer Übernahme<br />
<strong>de</strong>r Münchner Kammerspiele.<br />
20 Bän<strong>de</strong> umfasst <strong>de</strong>r Romanzyklus<br />
von Émile Zola über die<br />
Geschichte <strong>de</strong>r Familie Rougon-<br />
Macquart. Sie ganz zu erzählen,<br />
dafür reicht ein Theaterabend<br />
nicht aus. Der Zola-Marathon – Die<br />
Trilogie meiner Familie in <strong>de</strong>r Regie<br />
von Luk Perceval ist ambitioniert<br />
genug: sieben Romane, drei Theaterstücke,<br />
einen ganzen Sonntag<br />
lang – am 11. März. Vertreten sind<br />
die berühmtesten Figuren von<br />
Zola: die Wäscherin Gervaise, <strong>de</strong>r<br />
Lokführer Jacques, die E<strong>de</strong>lprostituierte<br />
Nana, und viele mehr. Karten<br />
für Liebe – Geld – Hunger gibt es<br />
wahlweise einzeln o<strong>de</strong>r im Komplettpaket.<br />
„Ich glaube fast, wir sind allesamt<br />
Gespenster“, sagt die Witwe<br />
Helene Alving und erklärt so <strong>de</strong>n<br />
Titel von Henrik Ibsens Drama. Es<br />
scheint, als spuke überall noch<br />
<strong>de</strong>r Geist von Helenes Mann – und<br />
<strong>de</strong>r ist „genauso ruchlos gestorben,<br />
wie er all seiner Tage gelebt<br />
hat“. Die Inszenierung von Johannes<br />
Zametzer in einer Koproduktion<br />
mit <strong>de</strong>n Ruhrfestpielen Recklinghausen<br />
wird am 18., 19., 21. und<br />
24. April aufgeführt.<br />
Hat Professor Bernhardi aus menschlicher Überzeugung gehan<strong>de</strong>lt o<strong>de</strong>r aus christenfeindlichen Motiven? Diese Frage wird am Konferenztisch diskutiert.<br />
FOTO: ARNO DECLAIR<br />
Noch mehr Theater – auf Französisch und Englisch<br />
In französischer Sprache:<br />
„Über die Demokratie in Amerika“<br />
heißt eine Schrift <strong>de</strong>s Staatstheoretikers<br />
Alexis <strong>de</strong> Tocqueville.<br />
Davon inspiriert ist De la démocratie<br />
von Laurent Gutmann – am<br />
27./28. September und 3. Oktober.<br />
887 ist die Hausnummer <strong>de</strong>s Elternhauses<br />
von Robert Lepage. Der<br />
Frankokanadier taucht am 6. und<br />
7. Oktober ein in Erinnerungen.<br />
Denis Donaldson aus Belfast war<br />
Offizier <strong>de</strong>r IRA und Agent <strong>de</strong>s britischen<br />
Geheimdiensts. Der befreun<strong>de</strong>te<br />
Autor Sorj Chalandon<br />
schrieb zwei Bücher über ihn. Die<br />
Bühnenfassung Mon traître von<br />
Emmanuel Meirieu wird am 9. und<br />
10. November aufgeführt.<br />
Ein Molekularbiologe arbeitet an<br />
<strong>de</strong>r Erschaffung einer unsterblichen<br />
Menschenrasse. Bestsellerautor<br />
Michel Houellebecq setzt<br />
sich in seinem Roman „Elementarteilchen“<br />
kritisch mit <strong>de</strong>r sexuellen<br />
Befreiung auseinan<strong>de</strong>r. Die Bühnenfassung<br />
Les particules élémentaires<br />
von Julien Gosselin ist<br />
am 24. und 25. November zu sehen.<br />
Die junge Nina bringt das Leben<br />
zweier unverheirateter Brü<strong>de</strong>r gehörig<br />
durcheinan<strong>de</strong>r. Gespielt wird<br />
sie am 8., 12. und 13. Dezember in<br />
Nina, c’est autre chose von <strong>de</strong>r <strong>Lux</strong>emburgerin<br />
Eugénie Anselin.<br />
In seinem Stück „Belagerungszustand“<br />
von 1948 beschreibt Albert<br />
Camus, wie die Angst die Entstehung<br />
eines totalitären Regimes begünstigt.<br />
Emmanuel Demarcy-<br />
„Les particules ´élémentaires“ nach Michel Houellebecq.<br />
Mota inszeniert L’état <strong>de</strong> siège am<br />
8. und 9. Februar.<br />
FOTO: SIMON GOSSELIN<br />
Gewalt und Grausamkeit sind<br />
allgegenwärtig in „Zerbombt“ von<br />
Sarah Kane, die sich 1999 mit nur<br />
28 Jahren das Leben nahm. Anéantis<br />
in <strong>de</strong>r Regie von Myriam Muller<br />
ist am 24./27. Februar und 1./3.<br />
März zu sehen.<br />
In La maladie <strong>de</strong> la mort erzählt<br />
Marguerite Duras von einem<br />
Mann, <strong>de</strong>r eine Frau bezahlt, um<br />
sich von ihr in die Liebe einführen<br />
zu lassen. Regisseurin Katie Mitchell<br />
setzt <strong>de</strong>n Roman am 16. und<br />
17. März szenisch um.<br />
Le jeu <strong>de</strong> l’amour et du hasard ist<br />
eine Verwechslungskomödie von<br />
Pierre Carlet <strong>de</strong> Marivaux aus <strong>de</strong>m<br />
Jahr 1730 – zu sehen am 8., 9., 11.<br />
und 13. <strong>Mai</strong>. Regie: Laurent Delvert.<br />
In englischer Sprache:<br />
Die Gespenstergeschichte The<br />
Woman in Black von Susan Hill war<br />
ein Bestseller und auf <strong>de</strong>r Bühne<br />
ein Erfolg im Londoner West End.<br />
In <strong>Lux</strong>emburg ist das Stück am 12.,<br />
13. und 14. Oktober zu sehen.<br />
Die Legen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s aus Lehm erschaffenen<br />
Golem berührt das Verhältnis<br />
von Mensch und Maschine.<br />
Autorin Suzanne Andra<strong>de</strong> und Designer<br />
Paul Barritt beschäftigen<br />
sich damit am 6. und 7. Dezember.<br />
Mit einem Kin<strong>de</strong>rtransport wird<br />
Eva aus Nazi-Deutschland nach<br />
England gebracht. Anne Simon<br />
führt am 27., 28, 30. und 31. März<br />
Regie in <strong>de</strong>m Stück von Diane<br />
Samuels (<strong>de</strong>utsche Übertitel).