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KREIS OLPE - Sauerländer Heimatbund e.V.

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<strong>Sauerländer</strong> <strong>Heimatbund</strong> De Suerländer<br />

derts, der in Stulpenstiefeln, Degen und Feder-<br />

barett als „Bursche" den Z-eitgenossen zu impo-<br />

nieren suchte, wuBte gar nicht, dafi er eine<br />

schlecht gelungene Kopie des rauflustigen, in<br />

Schlagereien und als gelegentlicher Kriegs-<br />

knecht dahinlebenden „Burschen" des 16. Jahr-<br />

hunderts war. Was ist im Heerwesen sich noch<br />

gleich geblieben vom christlichen „Ritter" iiber<br />

den gekauften plUndernden Soldner und Lands-<br />

knecht zum gepreCten Oder gar geraubten oder<br />

von einem fremden Landesherren wie ein Sklave<br />

gekaiiften „Soldaten" des 18. und dem in angeb-<br />

lichem Ehrenkleid dressierten des 19. Jahr-<br />

hunderts? Alles das aber bedeutet jedesmal<br />

seelische Veranderung, anderes, Den-<br />

ken, Ptihlen, SichentschlieCen, anderen „Zeit-<br />

geist" und damit andere „Atmosphare" des<br />

Daseins.<br />

GevviB, es sind die „Verhaltnisse", die sich<br />

andern, und die „Atmosphare" folgt den „Ver-<br />

haltnissen" in etwa. Aber unter alien Verhalt-<br />

nissen kann die Menschlieit sich verschieden,<br />

frei, d, h. entweder so zum Rechten Oder so<br />

zum Unrechten oder Schlechten verhalten. Und<br />

es ist nicht nur so, daB die Menschen sich den<br />

Verhaltnissen entsprechend zu verhalten ge-<br />

zwungen sind, sondern die Menschen schaffen<br />

auch durch ihr Verhalten, wie der Name schon<br />

sagt, die Verhaltnisse: die Vater die der Sohne,<br />

die Sohne die der Enkel usw. Und so ergibt sich<br />

eine Verantwortlichkeit von einem zum anderen<br />

und von Geschlecht zu Geschlecht. Ist die<br />

„Atmosphare" schlecht, stickig, ungesund ge-<br />

worden, so daB ein freies, verantwortliches<br />

Menschentum darin erschwert oder gar erstickt<br />

wird, wie das Gehen und Atmen in physischer<br />

Schwule, dann kommt ein „Gewitter", eine<br />

Katastrophe; aber an diesem Gewitter ist nicht<br />

die Natur, daran sind die Menschen schuld.<br />

Da ist nun die seit einem Jahrzehnt zerredete<br />

" S c h u 1 d f r a g e " an der Katastrophe, die<br />

vorausgehendem Ungeiste folgte, Man hat immer<br />

wieder gesagt: Es gibt keine KoUektivschuld.<br />

pas hat auch kein einsiehtiger Mensch behaup-<br />

tet. Weil es kein Kollektivgewissen gibt, kann<br />

es auch keine KoUektivschuld geben. Aber es<br />

gibt soviele Einzelgewissen wie Menschen, und<br />

darum gibt es so viele imd so groGe, gehaufte<br />

Einzelschuld, in jeder Gemeinschaft soviel, wie<br />

schuldige Menschen darin sind, welche die<br />

Gemeinschaft bilden und ihre ,,Atmosphare"<br />

•achen. DaB man d a v o n schweigt, ist eine<br />

wirkliche Schuld, well es unsere eigene At-<br />

jjiosphare vergiftet durch die Selbstgerechtig-<br />

^eit, mit der nun ein jeder jede Schuld an der<br />

Katastrophe ableugnet, so daB schlieBlich nur<br />

2^^r „Liebe Gott" als Schuldiger iibrig bleibt.<br />

Diese Selbstgerechtigkeit eines in joder Hin-<br />

|icht, in der Forderung an das Leben, in der<br />

Sucht nach Geltung, nach GenuB und Luxus,<br />

im .Haben und SeinwoUen, was andere haben<br />

und zu sein scheinen, hochmiitigen Zeitgeistes<br />

laBt keine Selbsterkenntnis und darum auch<br />

keine sittliche Besinnung und Umkehr, viel<br />

weniger Suhne vor Gott zu. Und doch weiB<br />

jeder, auch wenn er es bestreitet, um seine Mit-<br />

schuld an dem seelischen Zustande unserer<br />

Zeit, am Vorausgegangenen und am Gegen-<br />

wartigen. Es muBte ja sonst kein Gewissen<br />

geben. Die Angst, die unsere Zeit erfiillt und in<br />

Betrieb, Sport, Kino und jeglicher GenuBgier<br />

sich zu betauben sucht, ist Zeuge und Ausdruck<br />

dieses zugedeckten Gewissens. Wir wissen es<br />

wohl; Die Vorstellungen, die wir in uns hegen<br />

und bewuBt und unbewuBt in anderen wecken,<br />

die Begierden, die daraus entstehen, die Hal-<br />

tungen, die wir in unserem gemeinsamen Ver-<br />

SHB Meschede Sauerlaender <strong>Heimatbund</strong><br />

Er muB scfaon friih aufs Feld<br />

haltnissen annehmen und nach denen andere<br />

sich richten, die Anschautmgen, die wir weiter-<br />

tragen, das Beispiel, das wir geben, alles das<br />

schafft eine sittliche imd kulturelle Atmosphare,<br />

die uns und alle andern umgibt und durch-<br />

dringt und zuruckwirkt auf jeden einzelnen in<br />

Vorstellung, Denken, Haltung imd sittlicher<br />

Freiheit.<br />

Hier entstand und entsteht die Schuld, aber<br />

auch die Kraft der Erneuerung, des „Salzes",<br />

des „Sauerteiges". Es sind nicht politische Dinge,<br />

nicht neue Verfassungen, Regierungsformen,<br />

Gesetze, auch nicht wirtschaftliche Systemver-<br />

anderungen, veranderte Arbeitsbedingungen,<br />

technischer Aufschwung und Handelsbilanz,<br />

auch nicht kulturelle, nicht Schulreformen,<br />

BUcherproduktion und anderes, ja nicht einmal<br />

kirchliche Dinge, die gesteigerte Anteilnahme<br />

am auBeren religiosen Leben, an neuen Ver-<br />

einigungen und erhohte Mitgliederzahlen, —<br />

alles das kann nur wirksam werden, wenn es<br />

aus einer inneren Umstellung der ein-<br />

zelnen fuBt. Es gehort dazu, daB jeder den<br />

Mut hat, „er selber" zu sein, der zu<br />

sein, der er vor seinem innersten, nicht von<br />

Herkommlichkeit und Redensarten zugedeckten<br />

Gewissen sein soil. Wer dazu nicht den Mut<br />

hat, zuerst gegen sich selber, gegen seine Selbst-<br />

sucht, Sorge um Ansehen, GenuB und Gewinn,<br />

gegen sich selber in seiner Zugehorigkeit zur<br />

..Masse", zu sejnem ,,Mitlaufertum" anzu-<br />

kampfen, in dem wir alle mehr stehen, als wir<br />

uns bewuBt werden, der verdirbt die sittliche<br />

Luft, in der er mit alien anderen lebt. „Nichts<br />

sitzt so tief wie die Oberflachlichkeit", hat mal<br />

jemand geistreich gesagt. Wer diesen Mut gegen<br />

sich selber nicht hat, kann ihn erst recht nicht<br />

— namlich den richtigen — gegeniiber anderen ,<br />

© Copyright Sauerlander <strong>Heimatbund</strong><br />

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