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MS Ratgeber als PDF downloaden - Medical Service

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6 NEurOGENE BLASENFuNKTIONSSTöruNG BEI <strong>MS</strong> NEurOGENE BLASENFuNKTIONSSTöruNG BEI <strong>MS</strong> | NEurO-urOLOGISCHE DIAGNOSTIK 7<br />

NeuroGeNe BlaseNfuNKtioNsstöruNG Bei ms<br />

Subjektiv wird eine Blasenfunktionsstörung, die<br />

durch die <strong>MS</strong> verursacht wird, vor allem <strong>als</strong> unwillkürlicher<br />

Urinverlust wahrgenommen, <strong>als</strong>o <strong>als</strong><br />

Inkontinenz.<br />

Gelegentlich ist sogar die Inkontinenz das erste Symptom<br />

einer bis dahin nicht diagnostizierten <strong>MS</strong>.<br />

Meist tritt aber die neurogene Harninkontinenz erst<br />

nach Jahren auf und beginnt schleichend mit zunehmendem<br />

Harndrang, der schließlich so stark wird, dass<br />

Urin unwillkürlich entleert wird.<br />

Dieser Urinverlust wird in der Regel <strong>als</strong> heftiger<br />

Harndrang gespürt, der jedoch nicht unterdrückt<br />

werden kann.<br />

Vielen <strong>MS</strong>-Betroffenen ist dies peinlich und sie sprechen<br />

darüber nicht mit ihrem Arzt.<br />

Dabei kann jedoch sehr einfach geholfen werden:<br />

Nach korrekter Detaildiagnostik ist es nicht schwierig,<br />

wieder für zuverlässige Kontinenz zu sorgen.<br />

Sollten Sie, <strong>als</strong> <strong>MS</strong>-Betroffene(r) unwillkürlich Urin<br />

verlieren, sprechen Sie mit Ihrem Arzt, der Sie gerne<br />

an einen spezialisierten Neurologen weiterleiten wird.<br />

warum NuN Kommt es Zum<br />

uriNVerlust Bei ms?<br />

Wie dargestellt, ist die Fähigkeit, Urin zu halten, an<br />

eine intakte neurologische Anatomie und Funktionalität<br />

Neuronenfunktion<br />

Soma/Zellkörper<br />

Myelin (Nervisolation) Axon/Nervenfaser<br />

Gesund verlaufende Reizleitung<br />

gebunden. Die Herde einer <strong>MS</strong> können überall im<br />

Gehirn und Rückenmark liegen. Folglich auch in den<br />

Strukturen, die für die Steuerung der Blasenfunktion<br />

verantwortlich sind. Dies ist nicht bei allen <strong>MS</strong>-Pati-<br />

enten der Fall, so dass <strong>MS</strong> nicht zwangsläufig bedeutet,<br />

inkontinent werden zu müssen.<br />

Wenn allerdings ein <strong>MS</strong>-Herd in den Blasensteuer-<br />

bahnen liegt, funktioniert die autonome Kommunikation<br />

zwischen Blase und Gehirn nicht mehr.<br />

Das Gehirn mit seinem pontinen Miktionszentrum (ein<br />

Bereich im Hirnstamm; von Pons = die Brücke) ist<br />

darauf angewiesen, von der Blase Rückmeldung über<br />

den Füllungszustand zu erhalten. Da die Blase seit<br />

dem frühkindlichen Sauberkeitstraining durch das Ge-<br />

hirn überwacht wird und bis zur Kapazitätsgrenze<br />

durch zentralnervöse Befehle daran gehindert wird, sich<br />

unwillkürlich zu entleeren, muss es zwangsläufig zu<br />

Störungen kommen, wenn ein <strong>MS</strong>-Herd in dieser<br />

Arbeitskette entsteht.<br />

Heilt ein solcher <strong>MS</strong>-Herd z. B. nach einer Kortisontherapie<br />

ab, wird die gestörte Funktionskette oft wiederhergestellt.<br />

Durch die Reizleitungsunterbrechung zwischen Gehirn<br />

und Blase wird diese wieder, wie zu Säuglingszeiten,<br />

autonom und entleert sich ab einer bestimmten Fül-<br />

lungsmenge unkontrolliert.<br />

Wenn dies restharnfrei geschähe, wäre die Inkontinenz<br />

zwar symptomatisch belastend, aber nicht gefährlich.<br />

Synapsen<br />

Zerstörtes Myelin<br />

Eingeschränkte/unterbrochene<br />

Reizleitung bei <strong>MS</strong><br />

Leider ist es jedoch so, dass es im Rahmen der<br />

<strong>MS</strong>-bedingten neurogenen Inkontinenz zu einer weiteren<br />

Störung im Rahmen der »Neuro-Kommunikation«<br />

kommt, nämlich zu einer sogenannten Detrusor-<br />

Sphinkter-Dyssynergie, kurz DSD genannt.<br />

Bei der Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie öffnet sich<br />

der Schließmuskel (Sphinkter) nicht koordiniert<br />

(= synerg), wenn sich der Blasenmuskel kontrahiert.<br />

Im Gegenteil: Der Sphinkter zieht sich bei Blasenmuskelkontraktion<br />

stärker zusammen (arbeitet <strong>als</strong>o<br />

dyssynerg). Dies führt dazu, dass die Blase Muskelmasse<br />

aufbaut, um den Zusatzwiderstand zu überwinden.<br />

Leider gelingt dennoch keine vollständige<br />

Entleerung: Restharn bleibt bestehen. Diese Zunahme<br />

an Muskelmasse verstärkt den Urinverlust und die<br />

subjektive Harndrangstärke zusätzlich.<br />

Restharn ist ferner ein Risiko für Harnwegsinfekte.<br />

Diese wiederum verstärken den Harndrang erneut.<br />

Neuro-uroloGiscHe diaGNostiK –<br />

uNtersucHuNGsVerfaHreN<br />

Eine typische Erstuntersuchung umfasst ein aus-<br />

führliches Gespräch (Anamnese), eine körperliche<br />

Untersuchung, eine Urinuntersuchung, eine Sonographie<br />

von Nieren und Blase sowie eine Uroflowmetrie<br />

(Harnstrahlmessung). Ob weitere Untersuchungen<br />

notwendig werden, ergibt sich aus den<br />

Ergebnissen dieser »Basisabklärung«. Meist schließt<br />

sich eine Video-Urodynamik an (Blasenfunktionsmessung,<br />

s. u.). Zusätzlich sollte die Nierenfunktion mittels<br />

Blut- und Urinuntersuchungen oder durch eine Nierenfunktionsuntersuchung<br />

(nuklearmedizinische Clearance-Untersuchung)<br />

bestimmt werden. Was bedeuten<br />

diese Fachbegriffe im Einzelnen?<br />

aNamNese<br />

In einem Gespräch zwischen Neuro-Urologen und Be-<br />

troffenen wird genau erfasst, welche Probleme mit<br />

der Blasenfunktion (z. B. Inkontinenz, Harnwegsinfekte)<br />

aufgetreten sind, welche Medikamente eingenommen<br />

werden und wie zufrieden die Person mit<br />

Zudem führt der zunehmende Blasendruck zu folgender<br />

Situation: Früher oder später können auch die<br />

Mündungen der Harnleiter in die Blase, die normalerweise<br />

beim Wasserlassen geschlossen sind, so dass<br />

kein Urin in die Nieren hochgedrückt wird, dem massiven<br />

Blasendruck nicht mehr widerstehen. So passiert<br />

es, dass dann Urin mit hohem Druck in die Nieren ge-<br />

presst wird. Dieser sogenannte Reflux schädigt die<br />

Nieren binnen weniger Monate so, dass sie zerstört<br />

werden können. Die Dialyse droht.<br />

Auch deshalb ist es unbedingt notwendig, dass der<br />

<strong>MS</strong>-Patient seinem Arzt über das Symptom »unwillkürlicher<br />

Urinverlust« sofort berichtet.<br />

Ähnliche Symptome betreffen den Darm, wobei ein<br />

Wechsel zwischen Verstopfung und Durchfall vorkommen<br />

kann.<br />

Manchmal sind auch die Sexualfunktionen wie Gliedversteifung,<br />

Samenerguss, Befeuchtung der Scheide<br />

oder Orgasmusfähigkeit beeinträchtigt.<br />

der aktuellen Behandlung ist. Die Auswirkung der Bla-<br />

senprobleme auf die Lebensqualität kann z. B. mit<br />

Hilfe von Fragebögen erfasst werden. Auch die Form<br />

der Darmentleerung und die Sexualfunktion sowie<br />

ein eventuell bestehender Kinderwunsch sollten miteinander<br />

diskutiert werden.<br />

Da sich viele der angesprochenen Punkte zwischen<br />

zwei Kontrolluntersuchungen verändern können,<br />

ist es außerordentlich wichtig, dass diese Gespräche<br />

regelmäßig bei jeder Kontrolluntersuchung erfolgen.<br />

Da zwischen den Kontrolluntersuchungen meist<br />

mehrere Monate oder Jahre liegen, ist es sinnvoll, zu<br />

Hause ein Protokoll über die Häufigkeit von Harnwegsinfekten<br />

zu führen und sich eventuelle Fragen auf-<br />

zuschreiben.<br />

Neben dem Neurologen ist der spezialisierte (Neuro-)<br />

Urologe der wichtigste Partner für einen Menschen<br />

mit Multipler Sklerose.

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