MS Ratgeber als PDF downloaden - Medical Service
MS Ratgeber als PDF downloaden - Medical Service
MS Ratgeber als PDF downloaden - Medical Service
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Die Basis<br />
SafetyCat ®<br />
SiCherheitSkatheter<br />
Bestellen sie sich heute noch<br />
ihre kostenlosen Muster.<br />
HydropHile KatHetersysteme<br />
liquick ® plus<br />
Der SafetyCat ® Sicherheitskatheter mit Kochsalzlösung<br />
im Auffangbeutel<br />
Länge: 30 cm 40 cm Größe: Ch<br />
liquick ® Base<br />
Der beschichtete SafetyCat ® mit Kochsalzlösung und<br />
Schutzhülle.<br />
Länge: 20 cm 30 cm 40 cm Größe: Ch<br />
Gel-Basierte KatHetersysteme<br />
mobile sl<br />
Das Kathetersystem mit integriertem Gleitmittel.<br />
Länge: 20 cm 30 cm 40 cm Größe: Ch<br />
libero plus<br />
Der SafetyCat ® mit integriertem Gleit mittel im<br />
Auffangbeutel.<br />
Länge: 30 cm 40 cm Größe: Ch<br />
aBleiteNde iNKoNtiNeNZproduKte<br />
urinalkondome Beinbeutel<br />
maßschablone für urinalkondome<br />
iNfoBroscHüreN<br />
Kinderratgeber ratgeber Querschnittlähmung & urologie<br />
produktkatalog ratgeber Kontinente darmersatzblase<br />
anwendungs-dVd<br />
Germany:<br />
medical serVice GmbH<br />
Luisenstraße 8 • 75378 Bad Liebenzell<br />
Tel. +49 7052 403-100 • Fax +49 7052 403-120<br />
info@medical-service.de • www.medical-service.de<br />
Austria:<br />
rüsch austria Gesellschaft m.b.H.<br />
Lazarettgasse 24 • 1090 Wien<br />
Tel. +43 1 402 4772 • Fax +43 1 402 4772-77<br />
rueschaustria@teleflexmedical.com<br />
www.teleflexmedical.com<br />
Switzerland:<br />
eXpirioN – provider of competence<br />
Obergrundstrasse 119 • 6005 Luzern<br />
Tel. +41 41 3602764 • Fax +41 41 3602718<br />
info@expirion.ch<br />
Great Britain:<br />
Hunter urology ltd<br />
The Threshing Barn • Woodhayes, Honiton<br />
EX14 4TP Devon<br />
Tel. +44 1404 44088 • Fax +44 1404 549944<br />
enquiries@hunterurology.com • www.hunterurology.com<br />
France:<br />
teleflex medical s.a.s<br />
31460 Le Faget<br />
Tel. +33 56 2187940 • Fax +33 56 1833584<br />
info.teleflexmedical.france@teleflexmedical.com<br />
Italy:<br />
teleflex medical s.r.l.<br />
Via Torino 5 • 20039 Varedo MI<br />
Tel. +39 362 58901 • Fax +39 362 589040<br />
numeroverde.it@teleflexmedical.com<br />
Netherlands:<br />
teleflex medical B.V.<br />
Marathon 9-A • 1213 PE Hilversum<br />
Tel. +31 88 0021500 • Fax +31 88 0021510<br />
info.nl@teleflexmedical.com<br />
Belgium:<br />
teleflex medical BVBa<br />
Woluwedal 30 bus 3 • 1932 Sint-Stevens-Woluwe<br />
Tel. +32 2 3332460 • Fax +32 2 3322740<br />
info.be@teleflexmedical.com<br />
EDV-Nr. 400099<br />
Alle Angaben entsprechen dem Kenntnisstand der Drucklegung.<br />
Technische Änderungen vorbehalten. Stand: 06/2011<br />
Care at home<br />
ratGeBer<br />
multiple sKlerose & uroloGie
2 INHALT VOrWOrT 3<br />
iNHalt<br />
Vorwort 3<br />
Grundlagen 4<br />
Neurogene Blasenfunktions-<br />
störung bei ms 6<br />
Neuro-urologische diagnostik<br />
untersuchungsverfahren 7<br />
Bildgebende untersuchungen 8<br />
funktionsdiagnostik 8<br />
Behandlung der<br />
Blasenfunktionsstörung 10<br />
der intermittierende<br />
selbstkatheterismus 11<br />
Harnwegsinfektionen 14<br />
Klinische Zeichen 14<br />
weitere Behandlungsmöglichkeiten 16<br />
inkontinenz 17<br />
darmentleerung 19<br />
sexualität bei multiple sklerose 19<br />
lexikon der wichtigsten Begriffe 21<br />
weiterführende literatur 22<br />
miktionsprotokoll 23<br />
Homecare urologie produkte 24<br />
wichtige adressen/selbsthilfegruppen 26<br />
KoNZept & desiGN<br />
D'ArT Visuelle Kommunikation<br />
70199 Stuttgart • www.dartwork.de<br />
Vorwort<br />
Multiple Sklerose wird in erster Linie <strong>als</strong> neurologische<br />
Erkrankung verstanden, die vor allem die Fähigkeiten<br />
zu körperlicher Tätigkeit beeinträchtigen bis hin zur<br />
Rollstuhlpflichtigkeit der Patienten.<br />
Die Störungen der Blasen- und Darmfunktion werden<br />
dagegen von den Betroffenen zu Beginn häufig ver-<br />
schwiegen oder gar nicht in Zusammenhang mit ihrer<br />
neurologischen Grunderkrankung gebracht. Zwar<br />
sind nicht alle <strong>MS</strong>-Patienten von einer Blasen-Darmfunktionsstörung<br />
betroffen, wenn sie dennoch vorhanden<br />
ist, sind die Patienten jedoch zum Teil schwer<br />
beeinträchtigt, da das Leben dann nicht selten nach<br />
der Blasenfunktion ausgerichtet wird, um Urinverlust<br />
zu vermeiden. Das schränkt die Lebensqualität weiter<br />
erheblich ein. Die Störung kann sogar zu schweren<br />
körperlichen Folgen führen.<br />
Weiterhin kann <strong>MS</strong> auch zu Störungen der Erektionsfähigkeit<br />
führen. Auch hierbei ist die Dunkelziffer<br />
groß, weil sich viele Männer schämen, darüber mit<br />
dem Arzt zu sprechen.<br />
Der vorliegende <strong>Ratgeber</strong> soll deshalb von Blasen-<br />
Darm-Problemen und Erektionsstörungen betroffenen<br />
<strong>MS</strong>-Patienten und ihren Angehörigen eine Informationsquelle<br />
sein über Zusammenhänge mit der Grunder-<br />
krankung, aber auch Hilfestellung bieten im Gespräch<br />
mit dem Arzt, um eine optimale Zusammenarbeit zur<br />
Linderung der Problematik zu ermöglichen.<br />
Die medizinischen Möglichkeiten sind vielgestaltig und<br />
führen in der Regel zum Erfolg, so dass die Beeinträchtigungen<br />
durch eine individuelle Therapie gering<br />
gehalten werden können.<br />
Dr. Walter Merkle<br />
Fachbereich Urologie, DKD Wiesbaden
4 GruNDLAGEN GruNDLAGEN 5<br />
GruNdlaGeN<br />
Unser Harntrakt wird in einen oberen und einen<br />
un teren Abschnitt unterteilt. Der obere Harntrakt<br />
besteht aus den Nieren und den Harnleitern, zum<br />
unteren Harntrakt gehören die Harnblase (Detrusor),<br />
der Schließmuskel (Sphinkter), die Harnröhre, und beim<br />
Mann auch die Vorsteherdrüse (Prostata). Die Nieren<br />
produzieren den Urin, der über die Harnleiter in die<br />
Harnblase transportiert wird. Der untere Harntrakt<br />
hat zwei Aufgaben: Urinspeicherung und Blasenentleerung.<br />
Um diese Aufgaben erfüllen zu können, müssen nicht<br />
nur die einzelnen Organe intakt sein, sondern<br />
deren Zusammenspiel muss kontrolliert und koor-<br />
diniert werden. Diese Funktionen werden vom<br />
Nervensystem wahrgenommen.<br />
Das Nervensystem (s. Abb. rechts) empfängt Impulse<br />
aus der Blase (z. B. den aktuellen Füllungszustand),<br />
HarNtraKt Bei fraueN HarNtraKt Bei mäNNerN<br />
äußerer<br />
Schließmuskel<br />
Nierenbecken<br />
Harnleiter<br />
Blase<br />
Blasenh<strong>als</strong><br />
Harnröhre<br />
Harnröhrenmündung<br />
leitet diese Informationen über die Nerven im kleinen<br />
Becken ins Rückenmark und von hier aus in den Hirn-<br />
stamm. Hier werden die verschiedenen eingehenden<br />
Informationen verschaltet und von Zentren im Großhirn<br />
kontrolliert und gesteuert. Die Arbeitsanweisungen<br />
gehen den umgekehrten Weg (Hirnstamm – Rückenmark<br />
– Nerven im kleinen Becken) zum unteren Harn -<br />
trakt zurück und lösen die gewünschten Aktionen<br />
aus. Somit liegen die Zentren für die willkürliche Kont-<br />
rolle (Großhirn) und für die Koordination der eingehenden<br />
Signale (Hirnstamm) oberhalb des Rückenmarks.<br />
Da <strong>MS</strong>-Herde sowohl im Gehirn <strong>als</strong> auch im Rückenmark<br />
liegen können, unterscheiden sich die dadurch<br />
hervorgerufenen Störungen der Blasen- und Mastdarm-<br />
funktion zum Teil erheblich.<br />
Prostata<br />
äußerer Schließmuskel<br />
Penis<br />
Gesund verlaufende<br />
Nervenimpulse<br />
im Rückenmark<br />
Harnblase<br />
Liegen die <strong>MS</strong>-Herde im Bereich des Großhirns ein-<br />
schließlich des Stammhirns, kann es geschehen,<br />
dass Blasenimpulse gar nicht mehr wahrgenommen<br />
werden oder die Willkürfunktion der Blasenentleerung<br />
auf der Toilette nicht erfolgreich umgesetzt werden<br />
kann.<br />
Bei einem <strong>MS</strong>-Herd im Rückenmark ist die Position<br />
in Abhängigkeit zum sakralen Miktionszentrum ent-<br />
scheidend: Dieses Zentrum schaltet die Impulse aus<br />
dem Gehirn zwar um, kann sie aber nicht koordinieren.<br />
Liegt der <strong>MS</strong>-Herd unterhalb dieses Zentrums, entsteht<br />
eine unkoordinierte Aktivität von Blase und Schließmuskel,<br />
die zum Teil eine Inkontinenz bzw. eine unvoll-<br />
ständige Entleerung mit sich bringen kann.<br />
Bei einem Herd oberhalb des sakralen Miktionszen-<br />
trums ist die Lagebeziehung zu den Nervenbahnen<br />
relevant, die zum sogenannten Grenzstrang ziehen.<br />
Liegt der <strong>MS</strong>-Herd darunter, <strong>als</strong>o unterhalb des<br />
Rückenmarksegments TH8 (8. Brustwirbel), dann erfol-<br />
gen Wasserlassen und -speichern zwar autonom,<br />
<strong>als</strong>o von der Gehirnkontrolle unabhängig, aber meist<br />
restharnarm.<br />
Liegt der Herd dagegen oberhalb TH8, ist die Störung<br />
in der Regel gravierender: Sie bezieht dann auch<br />
die Steuerung des Blutdrucks und anderer vegetativer<br />
Organe mit ein. Die Füllmenge der Blase führt hier zu<br />
einer Blutdrucksteigerung (volle Blase – hoher Blut-<br />
druck; leere Blase – normaler Blutdruck). Diese Blut-<br />
drucksteigerung kann durch normale blutdrucksenkende<br />
Arzneimittel nicht zufriedenstellend ein-<br />
gestellt werden.<br />
Koordinationsstörungen des unteren Harntrakts treten<br />
auch infolge anderer Grunderkrankungen auf und<br />
werden von dieser mitbestimmt: Beispielsweise einer<br />
Rückenmarkschädigung (durch Verletzung oder an-<br />
geboren = Spina bifida), Bandscheibenvorfällen mit<br />
Druck auf das Rückenmark, Diabetes mellitus oder <strong>MS</strong>.<br />
Weiterhin ist es wichtig zu wissen, dass die Darmfunktion<br />
sehr ähnlich wie die Blasenfunktion ge-<br />
steuert wird. Störungen des Darms, wie Durchfall und<br />
Verstopfung oder auch der Wechsel zwischen beiden,<br />
finden sich bei einer neurogenen Blasenfunktionsstörung<br />
oft parallel, vor allem chronische Verstopfung.<br />
Beim Mann kann auch die Erektion durch einen <strong>MS</strong>-<br />
Herd, der eine der Rückenmarksbahnen betroffen hat,<br />
gestört sein. Die Behandlung hängt von gegebenenfalls<br />
vorhandenen Begleitbefunden ab, unterscheidet<br />
sich aber prinzipiell wenig von den bekannten Methoden<br />
zur Behebung einer Erektionsstörung.<br />
Da es sich hier um einen <strong>Ratgeber</strong> für <strong>MS</strong>-Patienten<br />
handelt, wird nachfolgend »nur« auf die bei der <strong>MS</strong><br />
vorkommenden Erkrankungsmuster der Blase Bezug<br />
genommen.<br />
Dies bedeutet natürlich nicht, dass eine <strong>MS</strong>-Patientin<br />
nicht auch eine (nicht-neurogene) Belastungsharninkontinenz<br />
bekommen kann, weil sie z. B. mehrere Kinder<br />
geboren hat, oder ein <strong>MS</strong>-Patient nicht eine vergrößerte,<br />
obstruktive Prostata aufweisen kann, die nur<br />
durch eine Operation adäquat behandelt werden kann.<br />
Bezüglich des Auftretens dieser nicht-neurogenen Er-<br />
krankungen unterscheiden sich <strong>MS</strong>-Betroffene nicht<br />
von Nicht-Betroffenen. Der einzige Unterschied ist,<br />
dass bei der Behandlung dieser »alltäglichen« Er-<br />
krankungen auf die spezielle <strong>MS</strong>-Situation Rücksicht<br />
genommen werden muss, sowohl in der Diagnostik<br />
<strong>als</strong> auch in der Therapie.
6 NEurOGENE BLASENFuNKTIONSSTöruNG BEI <strong>MS</strong> NEurOGENE BLASENFuNKTIONSSTöruNG BEI <strong>MS</strong> | NEurO-urOLOGISCHE DIAGNOSTIK 7<br />
NeuroGeNe BlaseNfuNKtioNsstöruNG Bei ms<br />
Subjektiv wird eine Blasenfunktionsstörung, die<br />
durch die <strong>MS</strong> verursacht wird, vor allem <strong>als</strong> unwillkürlicher<br />
Urinverlust wahrgenommen, <strong>als</strong>o <strong>als</strong><br />
Inkontinenz.<br />
Gelegentlich ist sogar die Inkontinenz das erste Symptom<br />
einer bis dahin nicht diagnostizierten <strong>MS</strong>.<br />
Meist tritt aber die neurogene Harninkontinenz erst<br />
nach Jahren auf und beginnt schleichend mit zunehmendem<br />
Harndrang, der schließlich so stark wird, dass<br />
Urin unwillkürlich entleert wird.<br />
Dieser Urinverlust wird in der Regel <strong>als</strong> heftiger<br />
Harndrang gespürt, der jedoch nicht unterdrückt<br />
werden kann.<br />
Vielen <strong>MS</strong>-Betroffenen ist dies peinlich und sie sprechen<br />
darüber nicht mit ihrem Arzt.<br />
Dabei kann jedoch sehr einfach geholfen werden:<br />
Nach korrekter Detaildiagnostik ist es nicht schwierig,<br />
wieder für zuverlässige Kontinenz zu sorgen.<br />
Sollten Sie, <strong>als</strong> <strong>MS</strong>-Betroffene(r) unwillkürlich Urin<br />
verlieren, sprechen Sie mit Ihrem Arzt, der Sie gerne<br />
an einen spezialisierten Neurologen weiterleiten wird.<br />
warum NuN Kommt es Zum<br />
uriNVerlust Bei ms?<br />
Wie dargestellt, ist die Fähigkeit, Urin zu halten, an<br />
eine intakte neurologische Anatomie und Funktionalität<br />
Neuronenfunktion<br />
Soma/Zellkörper<br />
Myelin (Nervisolation) Axon/Nervenfaser<br />
Gesund verlaufende Reizleitung<br />
gebunden. Die Herde einer <strong>MS</strong> können überall im<br />
Gehirn und Rückenmark liegen. Folglich auch in den<br />
Strukturen, die für die Steuerung der Blasenfunktion<br />
verantwortlich sind. Dies ist nicht bei allen <strong>MS</strong>-Pati-<br />
enten der Fall, so dass <strong>MS</strong> nicht zwangsläufig bedeutet,<br />
inkontinent werden zu müssen.<br />
Wenn allerdings ein <strong>MS</strong>-Herd in den Blasensteuer-<br />
bahnen liegt, funktioniert die autonome Kommunikation<br />
zwischen Blase und Gehirn nicht mehr.<br />
Das Gehirn mit seinem pontinen Miktionszentrum (ein<br />
Bereich im Hirnstamm; von Pons = die Brücke) ist<br />
darauf angewiesen, von der Blase Rückmeldung über<br />
den Füllungszustand zu erhalten. Da die Blase seit<br />
dem frühkindlichen Sauberkeitstraining durch das Ge-<br />
hirn überwacht wird und bis zur Kapazitätsgrenze<br />
durch zentralnervöse Befehle daran gehindert wird, sich<br />
unwillkürlich zu entleeren, muss es zwangsläufig zu<br />
Störungen kommen, wenn ein <strong>MS</strong>-Herd in dieser<br />
Arbeitskette entsteht.<br />
Heilt ein solcher <strong>MS</strong>-Herd z. B. nach einer Kortisontherapie<br />
ab, wird die gestörte Funktionskette oft wiederhergestellt.<br />
Durch die Reizleitungsunterbrechung zwischen Gehirn<br />
und Blase wird diese wieder, wie zu Säuglingszeiten,<br />
autonom und entleert sich ab einer bestimmten Fül-<br />
lungsmenge unkontrolliert.<br />
Wenn dies restharnfrei geschähe, wäre die Inkontinenz<br />
zwar symptomatisch belastend, aber nicht gefährlich.<br />
Synapsen<br />
Zerstörtes Myelin<br />
Eingeschränkte/unterbrochene<br />
Reizleitung bei <strong>MS</strong><br />
Leider ist es jedoch so, dass es im Rahmen der<br />
<strong>MS</strong>-bedingten neurogenen Inkontinenz zu einer weiteren<br />
Störung im Rahmen der »Neuro-Kommunikation«<br />
kommt, nämlich zu einer sogenannten Detrusor-<br />
Sphinkter-Dyssynergie, kurz DSD genannt.<br />
Bei der Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie öffnet sich<br />
der Schließmuskel (Sphinkter) nicht koordiniert<br />
(= synerg), wenn sich der Blasenmuskel kontrahiert.<br />
Im Gegenteil: Der Sphinkter zieht sich bei Blasenmuskelkontraktion<br />
stärker zusammen (arbeitet <strong>als</strong>o<br />
dyssynerg). Dies führt dazu, dass die Blase Muskelmasse<br />
aufbaut, um den Zusatzwiderstand zu überwinden.<br />
Leider gelingt dennoch keine vollständige<br />
Entleerung: Restharn bleibt bestehen. Diese Zunahme<br />
an Muskelmasse verstärkt den Urinverlust und die<br />
subjektive Harndrangstärke zusätzlich.<br />
Restharn ist ferner ein Risiko für Harnwegsinfekte.<br />
Diese wiederum verstärken den Harndrang erneut.<br />
Neuro-uroloGiscHe diaGNostiK –<br />
uNtersucHuNGsVerfaHreN<br />
Eine typische Erstuntersuchung umfasst ein aus-<br />
führliches Gespräch (Anamnese), eine körperliche<br />
Untersuchung, eine Urinuntersuchung, eine Sonographie<br />
von Nieren und Blase sowie eine Uroflowmetrie<br />
(Harnstrahlmessung). Ob weitere Untersuchungen<br />
notwendig werden, ergibt sich aus den<br />
Ergebnissen dieser »Basisabklärung«. Meist schließt<br />
sich eine Video-Urodynamik an (Blasenfunktionsmessung,<br />
s. u.). Zusätzlich sollte die Nierenfunktion mittels<br />
Blut- und Urinuntersuchungen oder durch eine Nierenfunktionsuntersuchung<br />
(nuklearmedizinische Clearance-Untersuchung)<br />
bestimmt werden. Was bedeuten<br />
diese Fachbegriffe im Einzelnen?<br />
aNamNese<br />
In einem Gespräch zwischen Neuro-Urologen und Be-<br />
troffenen wird genau erfasst, welche Probleme mit<br />
der Blasenfunktion (z. B. Inkontinenz, Harnwegsinfekte)<br />
aufgetreten sind, welche Medikamente eingenommen<br />
werden und wie zufrieden die Person mit<br />
Zudem führt der zunehmende Blasendruck zu folgender<br />
Situation: Früher oder später können auch die<br />
Mündungen der Harnleiter in die Blase, die normalerweise<br />
beim Wasserlassen geschlossen sind, so dass<br />
kein Urin in die Nieren hochgedrückt wird, dem massiven<br />
Blasendruck nicht mehr widerstehen. So passiert<br />
es, dass dann Urin mit hohem Druck in die Nieren ge-<br />
presst wird. Dieser sogenannte Reflux schädigt die<br />
Nieren binnen weniger Monate so, dass sie zerstört<br />
werden können. Die Dialyse droht.<br />
Auch deshalb ist es unbedingt notwendig, dass der<br />
<strong>MS</strong>-Patient seinem Arzt über das Symptom »unwillkürlicher<br />
Urinverlust« sofort berichtet.<br />
Ähnliche Symptome betreffen den Darm, wobei ein<br />
Wechsel zwischen Verstopfung und Durchfall vorkommen<br />
kann.<br />
Manchmal sind auch die Sexualfunktionen wie Gliedversteifung,<br />
Samenerguss, Befeuchtung der Scheide<br />
oder Orgasmusfähigkeit beeinträchtigt.<br />
der aktuellen Behandlung ist. Die Auswirkung der Bla-<br />
senprobleme auf die Lebensqualität kann z. B. mit<br />
Hilfe von Fragebögen erfasst werden. Auch die Form<br />
der Darmentleerung und die Sexualfunktion sowie<br />
ein eventuell bestehender Kinderwunsch sollten miteinander<br />
diskutiert werden.<br />
Da sich viele der angesprochenen Punkte zwischen<br />
zwei Kontrolluntersuchungen verändern können,<br />
ist es außerordentlich wichtig, dass diese Gespräche<br />
regelmäßig bei jeder Kontrolluntersuchung erfolgen.<br />
Da zwischen den Kontrolluntersuchungen meist<br />
mehrere Monate oder Jahre liegen, ist es sinnvoll, zu<br />
Hause ein Protokoll über die Häufigkeit von Harnwegsinfekten<br />
zu führen und sich eventuelle Fragen auf-<br />
zuschreiben.<br />
Neben dem Neurologen ist der spezialisierte (Neuro-)<br />
Urologe der wichtigste Partner für einen Menschen<br />
mit Multipler Sklerose.
Bildquelle: SPZ Nottwil<br />
8 NEurO-urOLOGISCHE DIAGNOSTIK NEurO-urOLOGISCHE DIAGNOSTIK 9<br />
BildGeBeNde uNtersucHuNGeN<br />
Ultraschallbild der Harnblase mit Restharn.<br />
soNoGrapHie (ultrascHall)<br />
Durch Ultraschall können ohne Strahlenbelastung Lage<br />
und Aussehen von Nieren und Blase beurteilt werden.<br />
Diese Technik kann Steine in den Harnwegen, eine<br />
Abflussstörung (= Harnstauung), Narben am Nieren-<br />
gewebe oder Nierentumore nachweisen. Bei gefüllter<br />
Blase können Steine oder Tumore gefunden werden.<br />
Zudem kann mittels Sonographie einfach und schnell<br />
der nach Entleerung verbliebene Urin (Restharn)<br />
bestimmt werden. Durch spezielle Sonden, die in den<br />
Enddarm eingeführt werden, können bei besonderen<br />
Fragestellungen auch die Größe und das Aussehen der<br />
Prostata sonographisch bestimmt werden.<br />
Ultraschall kann zwar das Aussehen, aber nicht die<br />
Funktion der Nieren erfassen. Daher ist neben dem<br />
Ultraschall noch eine Bestimmung der Nierenfunktion<br />
(s. u.) erforderlich.<br />
röNtGeNdarstelluNG der HarNröHre mit<br />
KoNtrastmittel (uretHroGrapHie)<br />
Durch Einbringen von Kontrastmittel in die männliche<br />
Harnröhre können Verengungen, Narben oder Ver-<br />
letzungen der Harnröhre dargestellt werden. Bei Frauen<br />
ist diese Untersuchung nur in sehr seltenen Ausnahmen<br />
erforderlich. Eine Kontrastmittelallergie ist kein<br />
Hinderungsgrund für diese Untersuchung.<br />
fuNKtioNsdiaGNostiK<br />
Video-urodyNamiK<br />
(röNtGeNZystomaNometrie)<br />
Die Video-Urodynamik (Blasendruckmessung), auch<br />
<strong>als</strong> Röntgenzystomanometrie bezeichnet, erlaubt es,<br />
die Funktion der Harnblase zu überprüfen und gleichzeitig<br />
zu prüfen, ob Urin zu den Nieren zurückfließt<br />
(Reflux). Dazu wird über die Harnröhre ein Druckmesskatheter<br />
in die Harnblase eingebracht und die Blase<br />
langsam mit sterilem Kontrastmittel gefüllt. Damit die<br />
Druckmessung nicht von Druckschwankungen im<br />
Bauchraum verfälscht wird, misst ein weicher Katheter<br />
gleichzeitig die Druckwerte im Enddarm. Zusätzlich<br />
registrieren Klebeelektroden die Muskelaktivität des<br />
Schließmuskels. Die Strahlenbelastung ist bei den<br />
Bildquelle: SPZ Nottwil<br />
modernen Röntgenanlagen sehr gering. Durch die kon-<br />
tinuierliche Messung der Druckverhältnisse in der<br />
Harnblase während Füllung und Entleerung in Kom-<br />
bination mit der Prüfung auf Reflux, erlaubt die<br />
Messung <strong>als</strong> einziges Verfahren eine genaue Klassi-<br />
fizierung der Blasenfunktionsstörung und eine<br />
Risikoabschätzung für die Nierenfunktion.<br />
Nicht bei jeder Kontrolluntersuchung muss die Blasendruckmessung<br />
mit einer Röntgenuntersuchung kombiniert<br />
werden. Die Untersuchung ohne Röntgen wird <strong>als</strong><br />
Urodynamik oder Zystomanometrie bezeichnet.<br />
BlaseNspieGeluNG (ZystosKopie)<br />
Mit der Zystoskopie wird das Innere der Harnröhre und<br />
der Harnblase direkt inspiziert. Dazu wird ein dünnes<br />
optisches Gerät durch die Harnröhre in die Harnblase<br />
geschoben. Dadurch werden die Innenwände von<br />
Harnblase und Harnröhre sichtbar. Narben, Steine,<br />
Tumore, Entzündungsherde und andere krankhafte<br />
Veränderungen werden direkt erkannt. Durch diese<br />
Sichtprüfung werden Veränderungen frühzeitig<br />
diagnostiziert, die durch andere bildgebende Ver-<br />
fahren nicht feststellbar sind.<br />
uriNuNtersucHuNG<br />
Eine Urinuntersuchung kann mit einem Teststreifen<br />
oder unter dem Mikroskop erfolgen. Der Teststreifen<br />
ist nur <strong>als</strong> Laien-Test geeignet. Eine genaue Untersuchung<br />
erfordert die Zählung der weißen und roten<br />
Blutkörperchen unter dem Mikroskop sowie eine Prü-<br />
fung, ob Bakterien im Urin vorhanden sind. Zum<br />
Bakteriennachweis wird eine Urinkultur angelegt. Dabei<br />
werden die Bakterien im Labor genau klassifiziert<br />
und das passende Antibiotikum getestet.<br />
Teststreifen zur Urinuntersuchung.<br />
fuNKtioNssZiNtiGrapHie der NiereN<br />
Diese Untersuchung ist das genaueste Verfahren zur<br />
Messung der Nierenfunktion. Dabei wird ein radioaktives<br />
Medikament in die Vene gespritzt und anschlie-<br />
ßend die Verteilung der Radioaktivität in den Nieren<br />
gemessen. Die dabei wirkende Radioaktivität bzw.<br />
Strahlung ist extrem gering.<br />
Idealerweise werden Blut- und Urinuntersuchung<br />
und Funktionsszintigraphie im Wechsel eingesetzt,<br />
so dass die Untersuchung mit radioaktiven Stoffen<br />
höchstens alle 2–5 Jahre erforderlich ist.
10 BEHANDLuNG DEr BLASENFuNKTIONSSTöruNG DEr INTErMITTIErENDE SELBSTKATHETErISMuS 11<br />
BeHaNdluNG der BlaseNfuNKtioNsstöruNG<br />
Normale Blasenkapazität bei gesunden Menschen<br />
mit gleicher Entleerungsfrequenz.<br />
Blasenkapazität<br />
Das Prinzip der Behandlung einer neurogenen,<br />
<strong>MS</strong>-bedingten Harninkontinenz ist medikamentös.<br />
Man verordnet sogenannte Anticholinergika, die die<br />
Druckerzeugung im Blasenmuskel reduzieren, so<br />
dass der Verschlussdruck in der Harnröhre wieder<br />
ausreicht, auch bei Harndrang die Kontinenz zu<br />
erhalten, bis die Toilette aufgesucht werden kann.<br />
Wenn dies erreicht ist, wird auch eine eventuell vor-<br />
handene Blutdruckdysregulation verschwinden.<br />
Problem der anticholinergen Therapie ist jedoch<br />
eine bestehende Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie.<br />
Sie führt dazu, dass vorhandener Restharn steigt,<br />
gegebenenfalls auch erst Restharn entsteht, weil<br />
die Kraft des Blasenmuskels künstlich herabgesetzt<br />
wird.<br />
Restharn ist jedoch die Hauptursache für Harnwegsinfekte,<br />
die wiederum <strong>MS</strong>-Schübe auslösen können,<br />
aber auch auf Dauer eine Schädigung der Nieren durch<br />
Aufsteigen des Infektes bewirken kann (beim Mann<br />
zusätzlich noch die Prostataentzündung).<br />
Gestiegener Restharn, Herabsetzung<br />
der Blasenmuskelkraft.<br />
Gelegentlich kann dieser Restharn durch zusätzliche<br />
Gabe von Alpha-Blockern (auch bei Frauen!) gesenkt<br />
bzw. beseitigt werden, oft gelingt dies jedoch nicht.<br />
In diesen Fällen werden die Patienten angeleitet,<br />
sich mit speziellen Kathetern regelmäßig selbst zu<br />
katheterisieren.<br />
Dadurch wird der vorhandene Restharn beseitigt, was<br />
die funktionelle Blasenkapazität vermehrt, so dass<br />
die Kontinenz weiter gefördert wird.<br />
In der Regel muss man 3–5 mal pro Tag den Restharn<br />
entleeren, bei bestehenden Infekten auch öfter.<br />
Letztlich gilt es, eine ausgewogene Bilanz zwischen<br />
Trinkmenge und Ausscheidungsmenge herzustellen.<br />
Bei notwendiger 1,5 bis 2 l Trinkmenge muss deshalb<br />
(auch unter individueller Berücksichtigung der Blasen-<br />
funktion, wie sie sich in der Urodynamik gezeigt hat)<br />
eine regelmäßige Entleerung stattfinden; bei einer nor-<br />
malen Blasenkapazität von ca. 400 ml ist deshalb die<br />
gleiche Entleerungsfrequenz wie bei Gesunden not-<br />
wendig!<br />
der iNtermittiereNde selBstKatHeterismus (isK)<br />
Die Hauptsorge der Patienten, die den Selbstkatheterismus<br />
erlernen sollen, ist die Frage, ob es nicht<br />
dadurch zu Verletzungen der Harnröhre und Ent-<br />
zündungen der Blase kommt.<br />
Das Gegenteil ist der Fall – allerdings setzt der un-<br />
problematische Selbstkatheterismus voraus, dass er<br />
korrekt mit optimalem Material durchgeführt wird.<br />
Dies bedeutet: Der Selbstkatheterismus muss<br />
erlernt werden. Ferner muss er »steril« durchgeführt<br />
werden, weshalb er auch <strong>als</strong> SIC (Sterile<br />
Intermittent Catheterization) bezeichnet wird.<br />
Es ist extrem wichtig, beim Katheterisieren bestimmte<br />
Grundregeln strikt einzuhalten:<br />
Hände und Harnröhrenmündung werden gereinigt<br />
(gewaschen) und mit einem Desinfektionsmittel des-<br />
infiziert.<br />
Für jede Katheterisierung MUSS ein neuer steriler<br />
Katheter verwendet werden. Beim Einführen darf<br />
der Teil des Katheters, der in Harnröhre und Blase<br />
eingeführt wird, auf keinen Fall angefasst werden<br />
oder mit der Umgebung in Kontakt kommen (sogenannte<br />
Non-Touch-Technik). Dies kann auch durch<br />
einen Katheterismus aus der Hülle erreicht werden:<br />
der Katheter wird in der Hülle belassen und dort<br />
während des Vorschiebens festgehalten. Im Zweifel<br />
lieber einen Katheter wegwerfen und den Vorgang mit<br />
einem neuen Katheter wiederholen!<br />
Wann immer möglich, sollte dem ISK der Vorzug<br />
gegeben werden, da beim Selbstkatheterismus<br />
weniger Verletzungen der Harnröhre und weniger<br />
Harnwegsinfekte auftreten <strong>als</strong> beim Fremdkatheterismus.<br />
Außerdem schafft der Fremdkatheterismus<br />
Abhängigkeiten von anderen Personen und ist oft<br />
logistisch schwierig.<br />
Die normale Blasenfüllmenge (400 ml) darf nicht über-<br />
schritten werden. Bei zu seltener Katheterisierung<br />
oder Überdehnung der Harnblase steigt die Infekthäufigkeit;<br />
ferner sind auf lange Sicht hin Nieren-<br />
schädigungen die Folge.<br />
Die verwendeten Katheter sollten nicht zu dick sein,<br />
um die Harnröhre nicht zu verletzen. Allerdings er-<br />
höhen auch zu dünne, spitze Katheter das Verletzungs-<br />
risiko, außerdem dauert es sehr lange, bis der Urin<br />
über einen extrem dünnen Katheter aus der Blase abge-<br />
flossen ist. Bei Erwachsenen haben sich Katheter mit<br />
einer Größe von 12–14 Charrière (3 Charrière = 1 mm)<br />
bewährt.<br />
erlerNeN der tecHNiK<br />
Klinische Untersuchungen zeigen, dass geschulte Pa-<br />
tienten kaum Verletzungen der Harnröhre befürchten<br />
müssen und weniger Infekte haben <strong>als</strong> Patienten, die<br />
mit der Technik nicht gut vertraut sind (durchschnittlich<br />
weniger <strong>als</strong> 1 Infekt pro Jahr bei 5 mal ISK pro Tag).<br />
Daher ist eine sorgfältige Schulung entscheidend für<br />
eine geringe Komplikationsrate und eine langfristige<br />
Zufriedenheit mit dem Verfahren.<br />
Im Rahmen einer Schulung sollte auf die individuellen<br />
Bedürfnisse der Betroffenen eingegangen werden.<br />
Dabei geht es neben der Vermittlung der Technik auch<br />
darum, Ängste und Unsicherheiten abzubauen.<br />
Einige Personen stellen erst beim praktischen Üben<br />
fest, dass das Katheterisieren meistens schmerz-<br />
los möglich ist.<br />
Speziell verpackte Katheter ermöglichen das diskrete<br />
Mitführen mehrerer Exemplare in der Hand- oder<br />
Hosentasche, so dass der befürchtete Transportaufwand<br />
kleiner <strong>als</strong> gedacht ist. Für das Katheterisieren<br />
am Arbeitsplatz oder im Urlaub stehen Katheter mit in-<br />
tegrierten Ablaufbeuteln zur Verfügung. Wichtig ist, da-<br />
ran zu denken, jeweils genügend Katheter mitzunehmen.
12 DEr INTErMITTIErENDE SELBSTKATHETErISMuS DEr INTErMITTIErENDE SELBSTKATHETErISMuS 13<br />
Verschiedene Arten von<br />
Katheter-Köpfen:<br />
Ergothan-Kopf<br />
Nelaton-Kopf<br />
Tiemann-Kopf<br />
Es existieren heute eine Vielzahl verschiedener Katheter,<br />
die sich zum Teil erheblich voneinander unterscheiden.<br />
Grundsätzlich unterscheidet man beschichtete, gleit-<br />
fähige (hydrophile) Katheter von Kathetern, die<br />
mit Hilfe eines sterilen Gleitgels eingeführt werden.<br />
Heute bieten fast alle Hersteller hydrophile Katheter<br />
an, weil diese bessere Gleiteigenschaften haben.<br />
Zudem sind sie einfacher zu handhaben, weil kein zu-<br />
sätzliches Gleitgel erforderlich ist. Dennoch gibt es<br />
bestimmte Situationen, in denen die Verwendung von<br />
Gleitgel Vorteile haben kann.<br />
Ein weiterer grundsätzlicher Unterschied ist die Kathe-<br />
terlänge. Es existieren kurze Katheter für Frauen<br />
und längere Katheter für Männer. Aufgrund der deutlich<br />
längeren Harnröhre benötigen Männer einen<br />
längeren Katheter.<br />
Katheterauge in der Vergrößerung. Hier ein Beispiel eines innen<br />
und außen weich abgerundeten Auges (SafetyCat ® ).<br />
Es existieren gerade Katheterspitzen und gebogene,<br />
sog. Tiemann-Spitzen. Letztere sind z. B. bei Männern<br />
mit einer Prostatavergrößerung besser geeignet, um<br />
die Krümmungen der männlichen Harnröhre zu überwinden.<br />
Bei der Anwendung eines Tiemann-Katheters ist es<br />
wichtig, dass die Biegung des Katheterkopfes<br />
immer nach oben zeigt und somit der Anatomie der<br />
Harnröhre folgt. Ansonsten kann es zur Verletzung<br />
der Harnröhre kommen.<br />
Die Technik des IK wird von den Betroffenen für eine<br />
lange, unbestimmte Zeit mehrfach täglich angewendet;<br />
daher müssen die Katheter gewisse Qualitätsanforderungen<br />
erfüllen, um Sicherheit auch bei langfristiger<br />
Anwendung zu garantieren.<br />
Die Öffnungen im Katheter, über die der Urin abläuft,<br />
die sogenannten Katheteraugen, müssen abgerun-<br />
det und geglättet sein, um keine Verletzungen zu<br />
verursachen.<br />
Die Beschichtung sollte ihre Gleitfähigkeit während<br />
der Anwendung nicht verlieren – man sollte den<br />
Katheter, auch wenn die Entleerung etwas länger<br />
dauert, genauso einfach herausziehen wie ein-<br />
führen können.<br />
Während Männer den Penis mit einer Hand greifen<br />
können, so dass die andere Hand den Katheter<br />
einführen kann, haben Frauen es etwas schwerer.<br />
Aber auch sie können das Selbstkatheterisieren pro-<br />
blemlos erlernen und durchführen.<br />
Sie müssen darauf achten, die Schamlippen optimal zu<br />
spreizen, so dass die Harnröhrenmündung oberhalb<br />
der Scheidenöffnung frei liegt.<br />
In der Anleitphase kann es sinnvoll sein, einen Spie-<br />
gel zu verwenden, um den Genitalbereich und die<br />
Harnröhrenöffnung besser zu sehen.<br />
Nach einer Lern- und Übungsphase sind aber die mei-<br />
sten Frauen in der Lage, »blind«, <strong>als</strong>o nach Gefühl,<br />
ihre Harnröhrenmündung ohne Spiegeldarstellung zu<br />
finden und korrekt zu katheterisieren.<br />
In der Anlernphase, bis alle Abläufe perfekt und hygie-<br />
nisch einwandfrei beherrscht werden, besteht ein<br />
gewisses Infektrisiko.<br />
Deshalb ist es empfehlenswert, in der ersten Woche<br />
des sterilen Selbstkatheterismus täglich 250 mg<br />
Ciprofloxacin einzunehmen. Danach ist eine Antibiotikaeinnahme<br />
entbehrlich.<br />
Das Risiko, bei korrekt durchgeführtem sterilen Selbstkatheterismus<br />
einen Harnwegsinfekt zu erleiden, ist<br />
untersucht worden. Es liegt bei täglich 5-maligem<br />
Katheterisieren bei dem statistischen Wert von 0,7<br />
Infekten pro Jahr.<br />
Damit ist das Risiko eines Infekts sehr gering.<br />
Das Risiko, bei Anlage eines Dauerkatheters, der in<br />
der Blase verbleibt, einen Infekt zu erleiden, ist<br />
dagegen sehr viel höher. In der Regel ist die Blase<br />
nach 48 bis 72 Stunden von Bakterien besiedelt,<br />
wenn ein Katheter dauerhaft in der Blase liegt. Dauer-<br />
katheter sind deshalb, auch nicht in der Sonderform<br />
eines sogenannten Bauchdeckenkatheters (Cystostomie),<br />
zur Behandlung von Restharn kontraindiziert.<br />
Intermittierender Katheterismus<br />
Suprapubischer Fistelkatheter (Bauchdeckenkatheter)<br />
Dauerkatheter
14 HArNWEGSINFEKTIONEN HArNWEGSINFEKTIONEN 15<br />
HarNweGsiNfeKtioNeN<br />
Wenn sich in den Harnwegen (Harnblase, Harnröhre,<br />
Niere und Prostata) Bakterien (oder andere Mikroor-<br />
ganismen) vermehren, bezeichnet man dies <strong>als</strong> Keim-<br />
besiedelung. Da diese Mikroorganismen die Schleimhäute<br />
angreifen, rufen sie eine Abwehrreaktion des<br />
Körpers hervor. Deshalb gelangen weiße und eventuell<br />
rote Blutkörperchen in den Urin. Sobald eine Keimbesiedelung<br />
klinische Symptome hervorruft, wird sie<br />
<strong>als</strong> Harnwegsentzündung bezeichnet. Besonders<br />
gefährlich ist eine Nierenbeckenentzündung, da Ent-<br />
zündungen der Nieren ein schweres Krankheitsbild<br />
mit Schüttelfrost und Fieber hervorrufen, darüber hinaus<br />
auch Narben am Nierengewebe hinterlassen können.<br />
Harnwegsinfektionen können bei <strong>MS</strong>-Patienten ge-<br />
häuft auftreten. Restharn, eine nicht ausreichend<br />
behandelte Blasenspastik und der Katheterismus<br />
stellen Risikofaktoren für Infekte dar. Dabei ist<br />
das Infektrisiko bei Dauerkathetern um ein Vielfaches<br />
größer <strong>als</strong> beim IK.<br />
KliNiscHe ZeicHeN<br />
Nicht jede Keimbesiedelung der Harnblase muss<br />
behandelt werden. Daher ist es auch nicht sinnvoll,<br />
regelmäßig den Urin, z. B. mit Teststreifen, zu<br />
kontrollieren, wenn man keine Beschwerden hat.<br />
Klinische Zeichen eines Harnwegsinfektes können<br />
Fieber ohne andere Ursache, neu aufgetretener un-<br />
freiwilliger Urinverlust, plötzliche Verkleinerung der<br />
Blasenkapazität, Schmerzen im Unterbauch und der<br />
Harnröhre, verstärkte Spastik, allgemeines Unwohlsein<br />
oder Leistungsverlust sein. Fieber deutet auf<br />
eine ausgeprägte Entzündung hin, die im Extremfall<br />
bis zur Blutvergiftung oder Nierenschädigung fortschreiten<br />
kann und daher dringend und schnell weiter<br />
abgeklärt werden muss.<br />
Ein veränderter Geruch des Urins oder trüber Urin<br />
können erste Zeichen eines Harnwegsinfekts sein,<br />
müssen jedoch <strong>als</strong> alleinige Symptome nicht behandelt<br />
werden, wenn sie die Betroffenen nicht massiv be-<br />
einträchtigen.<br />
diaGNostiK<br />
Bei Verdacht auf einen Harnwegsinfekt sollte der Urin<br />
mittels Teststreifen oder besser durch eine Unter-<br />
suchung mit dem Mikroskop (Urinsediment) untersucht<br />
werden. Finden sich Bakterien und weiße Blut-<br />
körperchen (die Abwehrzellen des Körpers; vermehrte<br />
weiße Blutkörperchen im Urin zeigen an, dass der<br />
Körper die Bakterien bekämpft; bei Nachweis von Bak-<br />
terien ohne weiße Blutkörperchen kann man von<br />
einem »friedlichen Nebeneinander« ausgehen) wird<br />
eine Urinkultur angelegt, um die Art der Bakterien<br />
und die Antibiotika zu ermitteln, gegen die diese Keime<br />
empfindlich sind.<br />
erweiterte diaGNostiK<br />
Bei schweren, fieberhaften Harnwegsinfekten oder<br />
bei immer wiederkehrenden (rezidivierenden) Infekten<br />
sollte zum Ausschluss einer Organbeteiligung immer<br />
eine körperliche Untersuchung und eine Ultraschalluntersuchung<br />
von Nieren, Blase und beim Mann<br />
gegebenenfalls auch der Prostata erfolgen.<br />
BeHaNdluNG<br />
Die Behandlung des akuten Harnwegsinfektes hängt<br />
von dessen Stärke ab. Infekte ohne Fieber und mit<br />
nur wenig Beschwerden können mit einer erhöhten<br />
Trinkmenge (> 1,5 Liter/Tag) behandelt werden.<br />
Auch Preiselbeersaft oder – tabletten sind eine Thera-<br />
piemöglichkeit. Weitere pflanzliche Behandlungsmöglichkeiten<br />
sind der Bärentraubenblättertee, den<br />
man jedoch nur über eine gewisse Zeit und nicht in<br />
zu hohen Dosen (nicht mehr <strong>als</strong> 3 Tassen/Tag) zu sich<br />
nehmen sollte, und eine Mischung aus Kapuzinerkresse<br />
und Meerrettich. Auch homöopathische Medi-<br />
kamente stellen eine Alternative dar, man sollte sich<br />
in diesem Fall jedoch von einem gut ausgebildeten<br />
Homöopathen beraten lassen und auf eine Selbst-<br />
medikation verzichten.<br />
Standardbehandlung ist die Therapie mit Antibiotika.<br />
Ein Antibiotikum ist ein Medikament, das im Körper<br />
die Bakterien tötet bzw. ihr Wachstum und ihre Ver-<br />
mehrung so stark verhindert, dass sie sich nicht<br />
mehr ausbreiten können. Nicht alle Bakterien sind<br />
gegen alle Antibiotika sensibel. Daher sollte vor jeder<br />
Therapie eine Keimtestung erfolgen, um zu wissen,<br />
welches Antibiotikum verabreicht werden muss. Eine<br />
Behandlung sollte bei nicht fieberhaften Infekten<br />
5–7 Tage, bei fieberhaften Infekten 10–14 Tage lang<br />
durchgeführt werden. In dringenden Fällen kann mit<br />
der Behandlung bereits vor Eingang der Keimbestimmung<br />
begonnen werden. Sollte sich dann im Ergeb-<br />
nis zeigen, dass die Bakterien durch dieses Antibiotikum<br />
nicht absterben, muss gegebenenfalls ein Wechsel<br />
des Präparates erfolgen.<br />
Antibiotika sind nicht in der Lage, zwischen von<br />
außen eingedrungenen Erregern und den körpereigenen<br />
Bakterien zu unterscheiden. Daher können<br />
Antibiotika Nebenwirkungen wie Durchfall (durch das<br />
Absterben der schützenden Darmbakterien) oder<br />
Pilzbefall von Scheide, Penis, Mundraum oder Darm<br />
(ebenfalls durch das Vernichten der Standortflora)<br />
hervorrufen. Bakterien können es lernen, sich gegen<br />
bestimmte Antibiotika zu schützen. Zudem kann<br />
man gegen Antibiotika Allergien entwickeln. Da Aller-<br />
gien im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein<br />
können, sollte man sich bei bekannter Allergie einen<br />
Allergiepass ausstellen lassen und diesen bei dem<br />
behandelnden Arzt vorlegen.<br />
Ohne Zweifel sind Antibiotika extrem wichtige Medi-<br />
kamente, um uns Menschen das Überleben von<br />
Infektionskrankheiten zu ermöglichen – ohne sie<br />
wären viele Krankheiten nicht behandelbar.<br />
Gefährlich ist ein zu breiter Einsatz dieser Medikamente.<br />
Unnötig gegebene Antibiotika provozieren die<br />
Entstehung unempfindlicher (resistenter) Keime, die<br />
nur noch erschwert zu behandeln sind; zudem können<br />
sie Nebenwirkungen haben. Daher sollten Antibiotika<br />
gezielt und sparsam eingesetzt werden.<br />
immer wiederKeHreNde/reZidiViereNde<br />
HarNweGseNtZüNduNGeN<br />
Ab vier Harnwegsentzündungen pro Jahr spricht<br />
man von rezidivierenden Infekten. Da diese Infekte<br />
belastend und subjektiv störend sind, sollte ab dieser<br />
Infekthäufigkeit eine Vorbeugung (Prophylaxe)<br />
diskutiert werden.<br />
propHylaXe<br />
Bevor eine Prophylaxe eingeleitet wird, sollten zunächst<br />
alle Ursachen abgeklärt werden, die häufige Harnwegsinfekte<br />
begünstigen: eine schlecht eingestellte<br />
Blasenspastik, Steine oder Fremdkörper in den Harn-<br />
wegen, eine chronische Prostataentzündung und eine<br />
nicht perfekte Kathetertechnik. Bei Patienten, die<br />
nicht mittels Katheterismus entleeren, stellt Resturin<br />
eine Infektquelle dar.<br />
Sind diese Faktoren ausgeschlossen, bestehen<br />
folgende Prophylaxemöglichkeiten:<br />
pflaNZlicHe mediKameNte:<br />
Eine Möglichkeit ist die regelmäßige Einnahme einer<br />
Kombination aus Kapuzinerkresse und Meerrettich.<br />
Bei extrem hoher Dosierung und langer Einnahme sind<br />
selten Nebenwirkungen (Leberschäden) möglich.<br />
Preiselbeer- oder Cranberry-Produkte können ebenfalls<br />
die Häufigkeit von Harnwegsinfekten reduzieren,<br />
aber sie scheinen nur bei bestimmten Bakterienarten<br />
(z. B. E. coli) zu wirken. Gleiches gilt für einen Zucker<br />
(D-Mannose) der im Urin Bakterien bindet und diese in-<br />
aktiviert. Die Wirkung der sogenannten »Blasen- und<br />
Nierentees« ist nicht nachgewiesen.<br />
uriN aNsäuerN:<br />
Durch L-Methionin kann der Säurewert des Urins ge-<br />
senkt werden. Die Wirkung dieser Ansäuerung ist<br />
jedoch beschränkt, da viele Bakterien unabhängig vom<br />
Säuregrad des Urins leben können. Eine nicht-medi-<br />
kamentöse Alternative zur Ansäuerung ist Apfelessig.
16 HArNWEGSINFEKTIONEN INKONTINENz 17<br />
BlaseNspüluNG:<br />
Die regelmäßige Spülung der Blase mit desinfizierenden<br />
Lösungen oder Wasser eignet sich nicht zur Infekt-<br />
vermeidung, wenn man die Blase durch IK entleert.<br />
HomöopatHiscHe mittel:<br />
Zur Prophylaxe von Harnwegsinfekten ist eine Selbst-<br />
medikation (»homöopathische Hausapotheke«) nicht<br />
zu empfehlen. Generell gilt für homöopathische Medi-<br />
kamente, dass sie, wenn sie gegen eine chronische<br />
Erkrankung (wie Vorbeugung von Harnwegsinfekten)<br />
eingesetzt werden sollen, in die Hände von gut aus-<br />
gebildeten Experten (Homöopathen oder homöopathisch<br />
ausgebildeten Ärzten) gehören: niemand würde sich<br />
sein Antibiotikum ohne Fachkenntnis einfach aus dem<br />
Internet bestellen, und Gleiches gilt auch für homöopathische<br />
Medikamente.<br />
aNtiBiotiKa:<br />
Eine Prophylaxe mit Antibiotika darf nur im Ausnahmefall<br />
und auf ausdrückliche ärztliche Anweisung<br />
über einen kurzen Zeitraum erfolgen, z. B. in den ersten<br />
Tagen der Anlernphase zum Selbstkatheterismus.<br />
Sonst hat eine Antibiotikaprophylaxe zu unterbleiben.<br />
weitere BeHaNdluNGsmöGlicHKeiteN<br />
Es gibt darüber hinaus noch zwei weitere Möglichkeiten<br />
der Behandlung einer neurogenen Harninkontinenz:<br />
Es ist dies einmal die Einspritzung eines Nervengifts<br />
(Botulinumtoxin) in den Blasenmuskel, zum Zweiten<br />
die Implantation eines Blasenschrittmachers (Neuromodulation).<br />
BotuliNumtoXiN a<br />
Botulinumtoxin ist hocheffektiv und unterbindet fast<br />
immer die ungehemmten Blasenkontraktionen, die<br />
den Urinverlust bewirken. Allerdings hat es den Nach-<br />
teil, dass es schwierig zu dosieren ist. Deshalb entsteht<br />
oft <strong>als</strong> Nebenwirkung eine (vorübergehende)<br />
Blasenlähmung, die den regelmäßigen Selbstkatheterismus<br />
erforderlich macht.<br />
Ferner muss es mittels Blasenspiegelung direkt in den<br />
Blasenmuskel gespritzt werden. Die Intervalle be-<br />
tragen etwa 3 Monate, da dies die Wirkdauer des Prä-<br />
parates ist.<br />
Botulinumtoxin-Injektion<br />
Das Medikament wird zwar seit mehr <strong>als</strong> 10 Jahren<br />
eingesetzt, ist aber bis heute für die Behandlung<br />
der Blasenfunktionsstörung nicht zugelassen, was zu<br />
Problemen mit der Kostenerstattung führen kann.<br />
NeuromodulatioN<br />
Die Neuromodulation ist ein Verfahren, das äußerlich<br />
einem Herzschrittmacher ähnelt. Neben den Blasennerven<br />
im Kreuzbeinbereich werden Elektroden implantiert,<br />
die mit einem Steuergerät, dem Neuromodula-<br />
tor, verbunden werden. Dieser kann mit einem kleinen<br />
Handgerät (Handygröße) gesteuert werden, so dass<br />
programmiert, quasi auf Knopfdruck, Wasserhalten und<br />
Wasserlassen möglich werden. Nachteilig ist, dass<br />
der Harndrang nicht mehr gespürt wird, weshalb ein<br />
gutes Flüssigkeitsmanagement unabdingbar ist.<br />
Ferner muss dieser Neuromodulator durch eine Operation<br />
in Narkose eingesetzt werden. Weiterhin ist die<br />
Batterie je nach erforderlicher Stromstärke nach einigen<br />
Jahren erschöpft, so dass ein Wechsel, durch eine<br />
erneute Operation, erforderlich wird.<br />
Hinzu kommen hohe Kosten.<br />
Nicht jeder <strong>MS</strong>-Patient ist für diese prinzipiell elegante<br />
Methode der Neuromodulation geeignet. Ausschließlich<br />
Patienten mit einer stabilen <strong>MS</strong> kommen infrage.<br />
Bei einer (auch langsamen) progredienten <strong>MS</strong> schei-<br />
det das Verfahren aus, da es dieser Progredienz nicht<br />
ausreichend angepasst werden kann.<br />
Bildquelle: SPZ Nottwil<br />
iNKoNtiNeNZ<br />
Die Harninkontinenz, <strong>als</strong>o der ungewollte, nicht kon-<br />
trollierbare Abgang von Urin, stellt ein medizinisches<br />
und soziales Problem dar. Urinverlust (Inkontinenz)<br />
kann zu Blasenentzündungen und Hautveränderungen<br />
(Pilzbefall, Entzündung) führen; zudem wirken sich<br />
Geruchsbelästigung, die Notwendigkeit Inkontinenzhilfsmittel<br />
benutzen zu müssen und die daraus entsteh-<br />
ende Unsicherheit negativ auf die Lebensqualität aus.<br />
Inkontinenz kann einmal <strong>als</strong> Folge einer überaktiven<br />
Blase auftreten, die den Urin durch den eigentlich<br />
intakten Schließmuskel presst. Diese Form der Inkontinenz<br />
bezeichnet man <strong>als</strong> Dranginkontinenz. Eine<br />
Sonderform, gerade bei <strong>MS</strong>-Betroffenen, ist die (neurogene)<br />
Reflexinkontinenz. Sie lässt sich durch eine<br />
Ruhigstellung der Blasenspastik behandeln.<br />
Eine weitere Form ist die Belastungsinkontinenz,<br />
die durch einen zu schwachen Schließmuskel<br />
verursacht wird.<br />
Eine Belastungsinkontinenz (Urinverlust beim Husten,<br />
Sport, Heben von Lasten etc.) lässt sich je nach<br />
Ausprägung konservativ durch ein schließmuskeltonuserhöhendes<br />
Medikament (Duloxetin), eine biofeedbackgesteuerte<br />
Beckenbodengymnastik und in<br />
vielen Fällen operativ behandeln.<br />
Welche Form der Harninkontinenz vorliegt, und welche<br />
Therapie am sinnvollsten durchgeführt werden sollte,<br />
kann in der Regel durch eine Videourodynamik mit<br />
sogenanntem Harnröhrendruckprofil herausgefunden<br />
werden. Sie ist vor jeder Therapie einer Harninkontinenz<br />
notwendig, um Fehlbehandlungen, die auch<br />
negative Folgen haben können, zu vermeiden; so darf<br />
z. B. bei einer Reflexinkontinenz keine Schließopera-<br />
tion erfolgen, weil sonst Blase und später Nieren ge-<br />
schädigt werden.<br />
Künstlicher Schließmuskel nach Scott<br />
Bei den Operationsmethoden gibt es mehrere Verfahren;<br />
prinzipiell sollen sie den Auslasswiderstand der<br />
Blase erhöhen, wenn es sich um eine Belastungsharn-<br />
inkontinenz handelt. Bei Frauen gibt es hierzu die<br />
sogenannte Kolposuspension nach Burch, bei der der<br />
Blasenh<strong>als</strong> angehoben wird; dies ist die am weitesten<br />
verbreitete Methode.<br />
Je nach Ergebnis des Harnröhrendruckprofils kommen<br />
auch eine Faszienzügelplastik, künstliche Bänder<br />
oder sogar in Ausnahmefällen ein künstlicher »Schließ-<br />
muskel« infrage.<br />
Bei einem künstlichen Schließmuskel wird eine Plastik-<br />
manschette um den Blasenausgang gelegt, die mit<br />
einem Ballon und einer Pumpe verbunden sind. Alle<br />
Anteile werden in den Körper eingebracht; die Pumpe<br />
liegt im Hodenfach bzw. in den großen Schamlippen,<br />
um von außen bedienbar zu sein. Die mit Flüssigkeit<br />
gefüllte Manschette sorgt dafür, dass kein Urinverlust<br />
auftritt. Bei der Blasenentleerung wird die Manschette<br />
mit der Pumpe entleert; nach einigen Minuten füllt<br />
sich die Manschette automatisch wieder mit Flüssigkeit,<br />
die Blase ist wieder »dicht«.<br />
Reservoir<br />
Blase<br />
Schließmuskelmanschette<br />
Pumpballon
18 INKONTINENz DArMENTLEEruNG | SEXuALITÄT BEI MuLTIPLE SKLErOSE 19<br />
Risiken der Operation sind die typischen Komplikationen<br />
jedes Eingriffs, bei dem Fremdkörper eingebracht<br />
werden: So kann ein Materialdefekt auftreten,<br />
sowie die Infektion des Implantats. Etwa 30 % der<br />
Patienten muss innerhalb von 5 Jahren ein zweites Mal<br />
operiert werden.<br />
Die Burch, Fazienzügelplastik und künstliche Bänder<br />
werden über einen kleinen Hautschnitt und je nach<br />
Methode durch einen Schnitt in der Scheide gelegt.<br />
Wenn die Diagnostik sorgfältig erfolgt ist, haben alle<br />
OP-Methoden eine gute Erfolgsrate.<br />
Da beide Inkontinenzformen auch gemeinsam auftreten<br />
können, ist unbedingte Voraussetzung einer<br />
erfolgreichen Behandlung, zunächst genau zu prüfen,<br />
welche Form der Inkontinenz vorliegt. Nicht selten<br />
werden dann OP und medikamentöse Therapie kombiniert.<br />
Eine f<strong>als</strong>che Therapie ist dabei nicht nur frus-<br />
trierend, sondern birgt auch medizinische Risiken bis<br />
hin zur Nierenfunktionsschädigung.<br />
Urinalkondome und Urinablaufbeutel<br />
Bei medikamentös nicht behandelbaren Formen der<br />
Reflexinkontinenz kommen die Botulinumtoxin-<br />
Einspritzung in den Blasenmuskel bzw. eine Neuro-<br />
modulation infrage. Auch hier ist die sorgfältige<br />
urodynamische Diagnostik Voraussetzung.<br />
Hilfsmittel für HarNiNKoNtiNeNZ<br />
Dabei handelt es sich um Urinauffangsysteme. Effektive<br />
Urinauffangsysteme gibt es nur für Männer, sogenannte<br />
Kondom-Klebe-Urinale. Neuerdings gibt es auch<br />
eine spezielle Unterhose mit eingearbeitetem Auffangsystem,<br />
das lange Zeit ohne Geruchsbelästigung<br />
benutzt werden kann.<br />
Die Harninkontinenz bei Frauen kann, bis eine der oben<br />
genannten definitiven Therapien erfolgt ist, nur mit<br />
Windeln »versorgt« werden. Effektive Urinauffangsys-<br />
teme gibt es nicht. Wenn Windeln mit einem Rezept<br />
verordnet werden, ist für die Kostenübernahme durch<br />
die Krankenkassen eine »Zusatzdiagnose« (z. B. Haut-<br />
schäden durch Inkontinenz« oder »zur Teilnahme am<br />
öffentlichen Leben«) erforderlich.<br />
darmeNtleeruNG<br />
Bei <strong>MS</strong> kann es parallel – aufgrund der in vielen<br />
Teilen ähnlichen Nervenstörung – zu einer<br />
chronischen Verstopfung (Obstipation) kommen.<br />
Eine ausgewogene Therapie mit Ballaststoffen, die<br />
regelmäßig eingenommen werden, ist deshalb<br />
wichtig. Konventionelle Abführmittel sind dagegen<br />
nicht für den Dauergebrauch, sondern nur für<br />
besondere Einzelfälle bestimmt, da sie bei Dauereinnahme<br />
zu einer Schädigung des Darmes führen,<br />
und damit das Gegenteil dessen bewirken, wozu sie<br />
dienen sollten.<br />
Die Nervenversorgung des Genitales läuft über die-<br />
selben Nerven wie diejenige der Blase; besteht <strong>als</strong>o<br />
eine Blasenlähmung, muss auch mit einer Störung der<br />
Sexualfunktion gerechnet werden.<br />
Zu Sexualfunktionsstörungen gehören Störungen der<br />
Wahrnehmung, der Orgasmusfähigkeit und der Frucht-<br />
barkeit. Bei Frauen kann zusätzlich die Befeuchtung<br />
der Scheide, beim Mann die Gliedversteifung und der<br />
Samenerguss gestört sein.<br />
BefeucHtuNG der scHeide<br />
Bei mangelnder Befeuchtung der Scheide können Gleit-<br />
mittel (Öle, z. B. Olivenöl extra virgine; Vaseline<br />
oder Gleitmittel auf Wasserbasis) verwendet werden.<br />
sameNerGuss<br />
Bei einem zu frühen Samenerguss kann man mit einer<br />
leicht betäubenden Creme auf der Eichel oder durch<br />
Medikamente eine Besserung erzielen.<br />
Wird eine lokal betäubende Creme (z. B. Emla ® ) eine<br />
Stunde vorher aufgetragen, hat sie eine zuverlässige<br />
Wirkung.<br />
Hilfsmittel für stuHl-iNKoNtiNeNZ<br />
seXualität Bei multiple sKlerose<br />
Wenn nicht eine völlig schlaffe Lähmung des Beckenbodens<br />
und damit des Schließmuskels vorliegt,<br />
kann ein Versuch mit sogenannten »Anal-Tampons«<br />
gemacht werden. Diese entfalten sich im Enddarm<br />
und verschließen ihn. Besser jedoch ist eine Beeinflus-<br />
sung durch Quellstoffe und andere darmbeeinflussen-<br />
de Stoffe. Diese müssen meist individuell ausprobiert<br />
werden.<br />
Je nach Detailbefund gibt es auch operative Maßnahmen,<br />
wozu auch die Neuromodulation gehört.<br />
Auch bestimmte Psychopharmaka sind wirksam, sie<br />
weisen jedoch eine hohe Rate an Nebenwirkungen<br />
auf. Ferner kann man mit Priligy ® eine Verzögerung<br />
des Samenergusses herbeiführen. Das Stopp-Start-<br />
Squeeze-Training kann ebenfalls hilfreich sein, braucht<br />
aber etwas Übung.<br />
Bei einem Samenerguss in die Blase kann man eben-<br />
falls einen medikamentösen Behandlungsversuch<br />
unternehmen (z. B. Midodrin).<br />
Bei ausbleibendem Erfolg können die Spermien, z. B.<br />
zur Befruchtung, aus dem Urin gewonnen werden.<br />
Bei ausbleibendem Ejakulat ist eine Elektrostimulation<br />
zur Samengewinnung möglich. Diese kann durch eine<br />
Art Vibrostimulation erreicht werden; bei fehlendem<br />
Erfolg kann eine Elektrostimulation durch eine in den<br />
Enddarm eingeführte Sonde versucht werden. Die bei-<br />
den Verfahren sind nur unabhängig vom Geschlechtsverkehr<br />
durchführbar und dienen lediglich der Samen-<br />
gewinnung für eine Befruchtung; besonders das<br />
letztgenannte Verfahren kann mit erheblichen Nebenwirkungen<br />
(Blutdruckkrise, massive Spastik, Schmerzen)<br />
einhergehen und sollte nur unter ärztlicher Kont-<br />
rolle erfolgen.
20 SEXuALITÄT BEI MuLTIPLE SKLErOSE SEXuALITÄT BEI MuLTIPLE SKLErOSE | LEXIKON DEr WICHTIGSTEN BEGrIFFE 21<br />
fertilität (frucHtBarKeit) der frau<br />
Eine Schwangerschaft bei <strong>MS</strong> ist wie bei jeder gesunden<br />
Frau möglich. Deshalb muss auch für Empfängnisverhütung<br />
gesorgt werden, wenn man keine Kinder<br />
bekommen will. Grundsätzlich kommen zur Verhütung<br />
die Pille oder die Spirale (»IUP«) in Frage. Ein<br />
Diaphragma (eine Kappe auf dem Muttermund) ist<br />
weniger zuverlässig.<br />
Einige Medikamente zur Unterdrückung der Blasenspastik<br />
sind in der Schwangerschaft nicht zugelassen.<br />
Daher sollte jede Schwangere mit Blasenfunktionsstörung,<br />
die medikamentös behandelt werden muss,<br />
unbedingt so früh wie möglich einen Urologen kontak-<br />
tieren.<br />
ereKtioNsstöruNG<br />
Die Erektionsstörung bei <strong>MS</strong> ist in der Regel durch eine<br />
Nervenfunktionsstörung bedingt (aber der rauchende<br />
<strong>MS</strong>-Patient kann auch eine vaskulär bedingte Erektions-<br />
störung aufweisen). Sie lässt sich meist gut mit einem<br />
der neuen PDE5-Hemmer behandeln, die in Tabletten-<br />
form zur Verfügung stehen und vor dem Geschlechtsverkehr<br />
eingenommen werden müssen.<br />
Da es für sie Kontraindikationen gibt, muss die Einnahme<br />
mit einem erfahrenen Arzt besprochen werden.<br />
Die heutzutage mögliche Bestellung dieser Medikamente<br />
über das Internet <strong>als</strong> Selbstmedikation ist hochgefährlich.<br />
Zudem ist bekannt, dass viele dieser (gegenüber<br />
den Originalpräparaten billigeren) Pillen Fäl-<br />
schungen sind, <strong>als</strong>o ohne Wirksubstanz verkauft wer-<br />
den, und zum Teil sogar schädliche Stoffe enthalten.<br />
Falls diese PDE5-Hemmer nicht wirken oder kontraindiziert<br />
sind, gibt es noch die Möglichkeit von SKAT,<br />
Erektionspumpe und Penisprothese.<br />
Bei der Schwellkörper-Auto-Injektionstherapie (SKAT)<br />
lernt der Patient, sich selbst eine erektionsauslösende<br />
Substanz in den Penis zu spritzen, wenn er Verkehr<br />
haben möchte.<br />
Die Erektionspumpe erzeugt einen Unterdruck und<br />
fördert die Blutfülle im Penis; sie kann die SKAT-<br />
Methode unterstützen.<br />
Eine Penisprothese ist <strong>als</strong> letzte Möglichkeit für Ausnah-<br />
mefälle gedacht; sie ist ein Implantat, das unter<br />
Umständen auch vom Körper nicht angenommen wird<br />
bzw. sich infizieren kann. Diese Methode will sehr<br />
gut überlegt sein.<br />
Hilfsmittel für die seXualität<br />
Hier gibt es eine Vielzahl verschiedener Hilfsmittel.<br />
Scheuen Sie sich nicht, Ihren Arzt gezielt darauf<br />
anzusprechen und entsprechende Kataloge von Ver-<br />
sand-Firmen anzufordern. Die dort angebotenen<br />
aNticHoliNerGiKa:<br />
Medikamente, die den Blasenmuskel beeinflussen, so<br />
dass er sich nicht so stark kontrahiert.<br />
Sie kommen bei unwillkürlichem Urinverlust infolge<br />
Blasenkrämpfen zum Einsatz (Urgeinkontinenz).<br />
Typische Nebenwirkungen sind ein trockener Mund,<br />
selten auch Sehstörungen. Weitere Nebenwirkungen<br />
sind dagegen sehr selten.<br />
Im Alter kann es gelegentlich – und abhängig von dem<br />
verwendeten Medikament – zu Merkfähigkeitsstörungen<br />
und ähnlichem kommen.<br />
BotuliNumtoXiN:<br />
Medikament, das bei <strong>MS</strong>-Patienten benutzt werden<br />
kann, wenn Anticholinergika bei krampfartigem<br />
Urinverlust nicht ausreichen. Nachteil ist, dass Botu-<br />
linumtoxin dazu mittels einer Blasenspiegelung in<br />
den Blasenmuskel injiziert werden muss.<br />
detrusor:<br />
Der Detrusor ist der kugelförmig gestaltete Blasenmus-<br />
kel, der sich kontrahiert, wenn sich die Blase entleert.<br />
detrusor-spHiNKter-dyssyNerGie (dsd):<br />
Hierbei handelt es sich um das fehlende Zusammenspiel<br />
von Blasenmuskel und Blasenschließmuskel.<br />
Sie müssen synerg funktionieren, wenn die Blase entleert<br />
werden soll. Bei der DSD kontrahiert sich der Schließ-<br />
muskel anstatt sich zu entspannen, um den Urinfluss<br />
durchzulassen, wenn die Blase sich kontrahiert. DSD ist<br />
bei vielen <strong>MS</strong>-Patienten mit Rückenmarksherden typisch.<br />
KoNtiNeNZ/iNKoNtiNeNZ:<br />
Kontinenz ist die Fähigkeit, den Urin zu halten, Inkon-<br />
tinenz bezeichnet die Unfähigkeit, Urin zu halten.<br />
Produkte sind erheblich preiswerter <strong>als</strong> entsprechende<br />
»medizinische« Artikel.<br />
In Frage kommen zum Beispiel Saugpumpen zur Unter-<br />
stützung der Gliedversteifung (gegebenenfalls in<br />
Kombination mit SKAT) und Gleitcremes.<br />
leXiKoN der wicHtiGsteN BeGriffe<br />
Es gibt mehrere Formen der Harninkontinenz. Die durch<br />
<strong>MS</strong>-Herde ausgelöste Form ist die Urge(= Drang)-<br />
Inkontinenz. Sie kann je nach Lokalisation der Herde<br />
mit oder ohne DSD vorkommen.<br />
Neuromodulator:<br />
Sogenannter »Blasenschrittmacher«. Er ist ein unter die<br />
Haut implantiertes elektronisches Gerät, das mittels<br />
Elektroden, die an die Nervenwurzeln im Kreuzbeinbereich<br />
gelegt werden, die Blasensteuerung größtenteils<br />
übernehmen kann. Die Indikation bei <strong>MS</strong>-Patienten<br />
ist selten gegeben und neuro-urologischen Zentren vor-<br />
behalten.<br />
pde5-Hemmer:<br />
Medikamente zur Förderung der Erektionsfähigkeit. Sie<br />
werden in Tablettenform etwa eine halbe Stunde vor<br />
dem geplanten Geschlechtsverkehr eingenommen.<br />
Es gibt dabei Unterschiede in der Wirkungsdauer.<br />
Welches der Medikamente zum Einsatz kommt, muss<br />
der Urologe entscheiden.<br />
Vorsicht ist geboten bei Patienten mit Herzmedikamenten:<br />
PDE5-Hemmer sind verboten bei Männern, die so-<br />
genannte Nitrate oder Molsidomin einnehmen müssen.<br />
peNisprotHese:<br />
Sie wird in die Penisschwellkörper implantiert. Es gibt<br />
sogenannte rigide Systeme, die permanent eine Ver-<br />
dickung des Penis bewirken. Sie werden »gesteuert«,<br />
in dem der eingebaute Metalldraht je nach Bedürfnis<br />
gebogen wird. Sie finden nur noch selten Verwendung.<br />
In der Regel wird heute eine flexible, das heißt aufblas-<br />
bare Penisprothese implantiert. Sie kann bei Bedarf<br />
durch Umpumpen einer Flüssigkeit aus einem im Bauch-<br />
raum liegenden Reservoir »aufgeblasen« werden, so<br />
dass eine künstliche Erektion entsteht.
22 LEXIKON DEr WICHTIGSTEN BEGrIFFE | WEITErFüHrENDE LITErATur<br />
refluX:<br />
Dies ist der (krankhafte) Urinrückfluss in den Harnleiter,<br />
ggf. bis zur Niere. Er kann bei <strong>MS</strong>-Patienten auf-<br />
treten, wenn eine Blasenfunktionsstörung vorliegt, die<br />
zu hohem Druck in der Blase führt, so dass der na-<br />
türlich vorkommende Refluxschutz zerstört wird. Auf<br />
Dauer kann ein Reflux zu einer schweren Nierenfunktionsstörung<br />
führen.<br />
sKat:<br />
Dieses Akronym steht für Schwellkörperautoinjek-<br />
tionstherapie. Hierzu wird in den Penisschwellkörper<br />
ein Medikament vom Patienten (nach Anlernen durch<br />
den Arzt) gespritzt, wodurch eine künstliche Erektion<br />
erzeugt wird, die den Geschlechtsverkehr ermöglicht.<br />
Sie darf nur nach Verordnung eines Arztes erfolgen.<br />
spHiNKter:<br />
Dies ist der Blasenschließmuskel, der in die Harnröhre<br />
integriert ist und durch seine vorwiegend ringförmigen<br />
Muskelfasern den Harnfluss willkürlich unterbrechen<br />
kann. Daneben enthält er auch Fasern, die<br />
»autonom« gesteuert werden, <strong>als</strong>o in Ruhe die Kontinenz<br />
gewährleisten.<br />
weiterfüHreNde literatur<br />
pHysioloGie uNd patHopHysioloGie<br />
der miKtioN<br />
W. Merkle; Herausgeber: W. Jost: Neurologie des<br />
Beckenbodens. Chapman u. Hall, Weinheim, 1997.<br />
NeuroGeNe BlaseNfuNKtioNsstöruNG,<br />
NeuroGeNe seXu<strong>als</strong>töruNG.<br />
Herausgeber: M. Stöhrer, H. Madersbacher,<br />
H. Palmtag, Springer-Verlag, 1997<br />
uroloGie (HarNweGe, darm, seXualität).<br />
Fragen und Antworten zur urologischen Situation.<br />
Prof. Dr. A. Gross, ASbH-<strong>Ratgeber</strong> 12<br />
KiNderwuNscH<br />
F. H. Fischl, Verlag für Medizin und Wirtschaft, 1995<br />
sterile iNtermitteNt catHerisatioN (sic):<br />
Steriler Selbstkatheterimus<br />
uretHraVerscHlussdrucK:<br />
Die Messung dieses Druckes ist Bestandteil der uro-<br />
dynamischen Untersuchung und besonders wichtig,<br />
wenn Urinverlust auftritt.<br />
urGeiNKoNtiNeNZ:<br />
Dranginkontinenz, das bedeutet, dass die Blase unwill-<br />
kürliche Druckwellen erzeugt, die so stark sein können,<br />
dass man Urin verliert. Diese Form der Harninkontinenz<br />
wird mittels Urodynamik diagnostiziert.<br />
urodyNamiK:<br />
Untersuchungstechnik, mit der mittels einer dünnen<br />
Messsonde in der Blase der Druck gemessen wird.<br />
Aus der Übertragung des Drucks auf einer Zeitskala<br />
kann man Rückschlüsse über die vorliegende Störung<br />
der Blasenfunktion und ihre Ursache gewinnen.<br />
maNual. Neuro-uroloGie uNd<br />
QuerscHNittläHmuNG.<br />
Farco-Pharma GmbH, Köln 2003<br />
seXualität uNd BeHiNderuNG.<br />
Herausgeber: Hans-Peter Färbe, Attempto Verlag, 1998<br />
© MEDICAL SERVICE 2011<br />
Die medizinischen Informationen wurden uns freundlicherweise<br />
von Herrn Dr. med. Merkle, DKD Wiesbaden, zur Verfügung ge-<br />
stellt. Änderungen aufgrund neuerer medizinischer Kenntnisse<br />
sind vorbehalten. Die vorliegende Broschüre dient lediglich<br />
<strong>als</strong> <strong>Ratgeber</strong> und ersetzt keinen Arztbesuch oder medizinische<br />
Behandlung.<br />
Bitte fragen Sie bei medizinischen Problemen immer Ihren Arzt.<br />
MEDICAL SERVICE kann keine Haftung für die Richtigkeit oder<br />
Vollständigkeit der in dieser Broschüre gemachten Angaben über-<br />
nehmen.<br />
miKtioNsprotoKoll<br />
Name: datum:<br />
Zeit trinkmenge urinmenge Nasse trockene Bemerkungen<br />
Vorlage Vorlage<br />
summe<br />
Diese Tabelle können Sie einfach <strong>als</strong> Kopiervorlage verwenden.<br />
medical serVice GmbH • A Teleflex Company • Luisenstraße 8<br />
75378 Bad Liebenzell • info@medical-service.de • www.medical-service.de<br />
MIKTIONSPrOTOKOLL 23
24 HOMECArE urOLOGIE PrODuKTE HOMECArE urOLOGIE PrODuKTE 25<br />
Homecare uroloGie produKte<br />
Liquick ® pLus<br />
hydrophiLes kathetersystem<br />
Liquick ® Plus ist unsere jüngste Entwicklung aus dem Bereich der hydrophilen Produkte. Das<br />
integrierte Sachet mit Kochsalzlösung macht die Anwendung noch unkomplizierter. Ein einfacher<br />
Druck genügt und der Katheter wird mit der Kochsalzlösung benetzt und somit gleitfähig. Einmal<br />
angewendet und fest verschlossen, kann Liquick ® Plus diskret entleert und entsorgt werden.<br />
Liquick ® BASE<br />
hydrophiLES kAthEtErSyStEm<br />
Liquick ® Base ist das moderne, flexible Kompaktprodukt aus unserer Reihe der hydrophilen<br />
Kathetersysteme. Praktisches Handling, besonders schnelle Anwendung und reduzierte<br />
Verpackung standen bei der Entwicklung des Liquick ® Base im Fokus. Der SafetyCat ® Sicher-<br />
heitskatheter und das Sachet mit steriler Kochsalzlösung befinden sich zusammen in einer<br />
Umverpackung. Die praktische blaue Schutzhülle erlaubt zudem die berührungsfreie und<br />
damit aseptische Anwendung.<br />
Libero PLus<br />
geL-basiertes Kathetersystem<br />
Beim Libero Plus ist neben dem Katheterkanal das Gel-Sachet integriert, wodurch eine schnelle und ein-<br />
fache Benetzung der Katheteroberfläche ermöglicht wird. Natürlich haben wir den Libero Plus so kon-<br />
zipiert, dass er auch in der kleinsten Tasche Platz findet. Die praktische Graduierung auf dem Auffangbeutel<br />
ermöglicht zudem mit einem Blick eine einfache Kontrolle der Urinmenge.<br />
Mobile Sl<br />
gel-baSierteS KatheterSySteM<br />
Schnelligkeit und eine umweltfreundliche Verpackung zeichnen unser<br />
gel-basiertes System Mobile SL aus. Das integrierte Gleitmittel lässt sich<br />
durch einfachen Druck öffnen und ermöglicht eine besonders schnelle<br />
Benetzung des SafetyCat ® Sicherheitskatheters – und das selbstverständlich<br />
berührungsfrei. Zudem ist Mobile SL bewusst kompakt und ohne zusätzliche<br />
Umverpackung konzipiert. Ein Vorteil für Sie und für die Umwelt!
26 HOMECArE urOLOGIE PrODuKTE<br />
Urinalkondome & BeinBeUtel<br />
Speziell für männliche Anwender haben wir zwei neue Produkte im Portfolio: Die latex-<br />
freien Urinalkondome für den Einmalgebrauch sind dank ihrer patentierten Beschichtung<br />
selbstklebend und garantieren so unkomplizierten Tragekomfort. Die Urinalkondome<br />
können ganz einfach über den Univers<strong>als</strong>tufenkonnektor an die Beinbeutel ange-<br />
schlossen werden: Alle Beinbeutel sind mit einer besonders hautfreundlichen Rückseite<br />
ausgestattet. Hautirritationen werden damit vermieden.<br />
wicHtiGe adresseN/selBstHilfeGruppeN<br />
deutscHlaNd<br />
deutsche multiple sklerose Gesellschaft – Bundesverband e.V.<br />
Küsterstraße 8 • 30519 Hannover<br />
Telefon 0511 96834-0 • Fax 0511 96834-50 • www.dmsg.de<br />
deutsche ilco e. V.<br />
Thomas-Mann-Straße 40 • 53111 Bonn<br />
Telefon 0228 338894-50 • Fax 0228 338894-75 • www.ilco.de<br />
dVet – fachverband stoma und inkontinenz e.V.<br />
Werner Droste, Vorsitzender • Postfach 1351 • 59371 Selm<br />
Telefon 02592 973141 • Fax 02592 973142 • www.dvet.de<br />
deutsche Kontinenz Gesellschaft e.V. Geschäftstelle<br />
Friedrich-Ebert-Straße 124 • 34119 Kassel<br />
Telefon 0561 780604 • Fax 0561 776770<br />
www.kontinenz-gesellschaft.de<br />
deutscher rollstuhl-sportverband e.V. Geschäftsstelle<br />
Friedrich-Alfred-Straße 10 • 47055 Duisburg<br />
Telefon 0203 7174-180 • Fax 0203 7174-181<br />
www.rollstuhlsport.de<br />
inkontinenz-selbsthilfe e.V.<br />
Kirchgasse 9 • 35305 Grünberg<br />
Telefon 06401 225350 • Fax 06401 225352<br />
www.inkontinenz-selbsthilfe.com<br />
scHweiZ<br />
schweizerische multiple sklerose Gesellschaft<br />
Josefstrasse 129 • 8031 Zürich<br />
Telefon +41 43 4444343 • Fax +41 43 4444344<br />
www.multiplesklerose.ch<br />
österreicH<br />
multiple sklerose Gesellschaft wien Beratungszentrum<br />
Hern<strong>als</strong>er Hauptstraße 15–17 • 1170 Wien<br />
Telefon +43 1 4092669 • Fax +43 1 4092669-20<br />
www.msges.at<br />
selbsthilfegruppe Harn u. stuhlinkontinenz – dachverband<br />
der oö selbsthilfegruppen<br />
Schwarzspanierstraße 15/3/1 • 1090 Wien<br />
HOMECArE urOLOGIE PrODuKTE 27<br />
Telefon 0810 100455 (Beratungstelefon zum Ortstarif)<br />
www.inkontinenz.at<br />
SafetyCat ®<br />
SiCherheitSkatheter<br />
Unsere speziell entwickelten, patentierten SoftCat-Augen<br />
(SCE = Soft Cat Eyes) sind nicht nur außen sondern<br />
auch innen weich abgerundet und minimieren<br />
das Verletzungsrisiko.<br />
die Basis eNtscHeidet<br />
Bitte freimachen,<br />
falls<br />
Marke<br />
zur Hand.<br />
Bitte senden Sie mir unverbindlich Infomaterial zu.<br />
Name | Vorname<br />
Die flexible Form des Ergothan-<br />
Kopfes passt sich optimal jeder<br />
Bewegung an und gleitet leicht und scho-<br />
nend in die Blase.<br />
Um sicher katheterisieren zu können, ist es wichtig, dass alle<br />
Produkte einem gleichbleibend hohen Standard entsprechen.<br />
Alle unsere Produkte sind mit dem SafetyCat ® Sicherheitska-<br />
theter ausgestattet.<br />
Straße | Hausnummer<br />
<strong>MS</strong>-ratgeber 2011<br />
PLz | Ort<br />
MEDICAL SErVICE GmbH<br />
Luisenstraße 8<br />
75378 Bad Liebenzell<br />
Telefon<br />
für eine schnelle Bearbeitung, beantworten sie bitte nachstehende frage zum datenschutz. Vielen dank!<br />
Ich erkläre mich damit einverstanden, dass die von mir personenbezogenen Angaben (insbesondere Name, Kontaktadresse,<br />
Angaben zum Krankheitsbild, sowie zu gewünschten Produkten und <strong>Service</strong>leistungen) von der<br />
MEDICAL SErVICE GmbH erhoben und gespeichert werden dürfen, um mich per Post, Telefon oder E-Mail über<br />
Medizinprodukte zu informieren, an Marktforschungsbefragungen teilnehmen zu lassen und Angebote von<br />
der MEDICAL SErVICE GmbH zu erhalten. Mein Einverständnis bezieht sich ausdrücklich auch auf die Erhebung<br />
und Speicherung meiner Gesundheitsdaten. Sofern erforderlich, können diese Daten auch innerhalb des<br />
unternehmens im In- und Ausland unter Beachtung datenschutzrechtlicher Bestimmungen übermittelt werden.<br />
Diese Einverständniserklärung ist jederzeit postalisch, telefonisch, per Fax oder E-Mail widerrufbar.<br />
Ja, ich bin einverstanden<br />
Nein, ich bin nicht einverstanden Datum, unterschrift