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InsVZ - Wolters Kluwer Deutschland GmbH

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dass sie nicht rechtlich gebunden ist37 und unter Unsicherheit38 (also nicht auf Grundlage eines bereits abgeschlossenen Sachverhaltes)<br />

erfolgt. Rechtlich gebunden ist der Insolvenzverwalter<br />

bei der Abwägung insofern nicht vollständig, als dass<br />

ihm Ermessensspielräume eingeräumt sind. Besondere Unsicherheit<br />

birgt das Optionsgeschäft, weil ihm eine Einschätzung<br />

der Kursentwicklung zu Grunde liegt39, die Realisierung<br />

des abzusichernden Risikos (der Kursverlust) nicht zu einem<br />

permanenten Schaden führen muss, sondern unter Umständen<br />

durch kurzfristig längeres Halten der Wertpapiere wieder ausgeglichen<br />

werden kann (wenn die Kurse wieder steigen sollten)<br />

und bereits die Suche nach Kontraktpartnern für Kurssicherungsgeschäfte<br />

zu Kursverlusten beitragen kann.<br />

VII. Einbindung des Gläubigerausschusses<br />

Soweit der Insolvenzverwalter Verwertungshandlungen vornimmt<br />

oder Optionsgeschäfte vor Berichtstermin abschließt,<br />

sollte er die Zustimmung des Gläubigerausschusses hierzu<br />

einholen.<br />

1. Verwertung in relevantem Umfang<br />

Für die Verwertung von Wertpapieren folgt dies, je nach<br />

Volumen der zu verwertenden Wertpapieren, bereits aus<br />

§ 160 InsO. Danach hat der Insolvenzverwalter die Zustimmung<br />

des Gläubigerausschusses einzuholen, wenn er Rechtshandlungen<br />

vornehmen will, die für das Insolvenzverfahren<br />

von besonderer Bedeutung sind. 40<br />

2. Vorteile für Gläubigerausschussmitglieder und<br />

Insolvenzverwalter<br />

Die intensive Einbindung des Gläubigerausschusses empfiehlt<br />

sich überdies, weil hierdurch sowohl für die Mitglieder<br />

des Gläubigerausschusses als auch für den Insolvenzverwalter<br />

Haftungsrisiken minimiert werden:<br />

Der Gläubigerausschuss ist insolvenzrechtlich zur Überwachung<br />

des Insolvenzverwalters berufen. 41 Für seine Mitglieder<br />

gelten entsprechende Pflichtenbindungen wie für den Insolvenzverwalter.<br />

42 Sie sollten daher auch aus Gründen rechtlicher<br />

Vorsorge unabhängig davon, ob der Insolvenzverwalter in<br />

einem Umfang Wertpapiere verwerten will, der die Zustimmungspflicht<br />

nach §160 InsO auslöst und Kurssicherungsgeschäfte<br />

überhaupt nach §160 InsO zustimmungspflichtig sind,<br />

eingebunden werden. Denn durch die intensive Abstimmung<br />

mit dem Insolvenzverwalter können die Mitglieder des Gläubigerausschusses<br />

dokumentieren, dass sie ihren Pflichten zur<br />

Überwachung des Insolvenzverwalters nachgekommen sind.<br />

Umgekehrt verringert der Insolvenzverwalter durch die enge<br />

Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss seine Haftungsgefahren:<br />

43 Stimmt der Gläubigerausschuss den vorgeschlagenen<br />

Maßnahmen zu, so wird er grundsätzlich von der persönlichen<br />

Haftung gegenüber den Gläubigern für Masseverkürzungsschäden<br />

freigestellt. 44 Ausnahmen hiervon gelten nur<br />

»aufgrund besonderer Umstände« 45.<br />

Solche besonderen<br />

Umstände liegen nach Rechtsprechung und Schrifttum vor<br />

bei unrichtiger Darstellung der Sach- und Rechtslage durch<br />

den Insolvenzverwalter gegenüber dem Gläubigerausschuss46 oder wenn die Entscheidung des Gläubigerausschusses unvertretbar<br />

ist. 47 Unvertretbar in diesem Sinne ist etwa eine Entscheidung<br />

des Gläubigerausschusses zur Fortführung des<br />

Unternehmens, obwohl der Insolvenzverwalter zuvor die<br />

Großportfolios unter Insolvenzverwaltung<br />

Unternehmensinsolvenz<br />

Fortführungsrisiken »konkret dargestellt« 48 hat. Eine solche<br />

unvertretbare Entscheidung darf der Insolvenzverwalter nicht<br />

exekutieren. Andernfalls bleibt er haftbar.<br />

Eine intensive Abstimmung zwischen Insolvenzverwalter und<br />

Gläubigerausschuss sollte insbesondere im Zusammenhang<br />

mit der Erstellung und Fortentwicklung des Verkaufsplans<br />

erfolgen. Die tragenden Gründe, die hinter seiner Konzeption<br />

stehen, sollten dem Gläubigerausschuss regelmäßig transparent<br />

gemacht werden. Das belegt die effektive Überwachung<br />

des Insolvenzverwalters durch den Gläubigerausschuss.<br />

Umgekehrt schützt es den Insolvenzverwalter, weil er sicher<br />

weiß, dass er im Einklang mit dem Gläubigerausschuss handelt.<br />

VIII. Fazit<br />

Nach all dem lässt sich bei der Verwertung von Wertpapieren<br />

aus dem Vermögen insolventer Wertpapierhandelshäuser Folgendes<br />

sagen:<br />

1.DerInsolvenzverwalteristbereits vor Berichtstermin zur<br />

Veräußerung von Wertpapieren befugt, aber nicht verpflichtet.<br />

Die Veräußerung steht in seinem pflichtgemäßen<br />

Ermessen.<br />

2. Pflichtgemäßes Ermessen verlangt bei Großportfolios, dass<br />

ein geeigneter Verkaufsplan für die Veräußerung erstellt<br />

wird, der auch die Situation und die Reaktion der Finanzmärkte<br />

in Rechnung stellt. Hierbei hat der Insolvenzverwalter<br />

einen sachverständigen Dritten zu Rate zu ziehen.<br />

3. Grundsätzlich kann der Insolvenzverwalter Kurssicherungsgeschäfte<br />

abschließen, um den Wert der Masse zu<br />

sichern. Vornehmlich kommen dafür Optionsgeschäfte<br />

und in eingeschränktem Maße »Stop loss«-Weisungen in<br />

Frage.<br />

4. Das Vorgehen des Insolvenzverwalters unterliegt den rechtlichen<br />

Maßgaben, die für Entscheidungsprozesse von<br />

Unternehmensführern gelten. Für die Ausübung seines<br />

unternehmerischen Ermessens im Hinblick auf Kurssicherungsgeschäfte<br />

gelten die Regeln der Business Judgement<br />

Rule.<br />

5. Der Insolvenzverwalter tut gut daran, den Gläubigerausschuss<br />

bei allen Schritten und Entscheidungen eng einzubinden.<br />

Dadurch wird sein Haftungsrisiko reduziert.<br />

37 Hüffer, AktG, 8.Aufl. 2008, §93 Rn.4f; Heidel/Landwehrmann,Aktienrecht<br />

und Kapitalmarktrecht, 2.Aufl. 2007, §93 Rn.89.<br />

38 Hauschka <strong>GmbH</strong>R 2007, 11 (13); Hüffer, AktG (o. Fn. 37), §93 Rn.4f; Heidel/<br />

Landwehrmann (o. Fn. 37), §93 Rn.92; Schneider DB 2005, 707 (709f.).<br />

39 Marsch-Barner/Schäfer/Arnold, Handbuch börsennotierte AG, Köln 2005,<br />

§ 22 Rn. 17 nennt die Einschätzung der Entwicklung von Wechselkursen als<br />

Beispiel für eine unternehmerische Entscheidung unter Unsicherheit und<br />

Risiko.<br />

40 Zur Frage, wann (mit Ausnahme der hier nicht einschlägigen Regelbeispiele<br />

nach § 160 Abs. 2 InsO) eine besondere Bedeutung vorliegt, werden im<br />

Schrifttum unterschiedliche Ansichten vertreten. Nachweise bei: MüKo-<br />

InsO/Görg (o. Fn. 2), §160 Rn.8 Fn.11.<br />

41 Einzelheiten bei: HambKomm/Frind (o. Fn. 18), §69 InsO Rn.4.<br />

42 Jaeger/Gerhardt (o.Fn.16),§71Rn.7;Kübler/Prüting/Bork/Kübler, Lfg.3/06,<br />

§71Rn.10;MüKo-InsO/Schmid-Burgk (o.Fn.2),§71Rn.5.<br />

43 So ausdrücklich: HambKomm/Frind (o. Fn. 18), §69 InsO Rn.9.<br />

44 Jaeger/Gerhardt (o. Fn. 16), §60 Rn.142ff.<br />

45 BGH, Urt. vom 22.01.1985, VI ZR 131/83; strittige Einzelheiten dargestellt<br />

bei: HambKomm/Frind (o. Fn. 18), §69 InsO Rn.8 f.<br />

46 MüKo-InsO/Brandes (o. Fn. 2), §§60, 61 Rn.98.<br />

47 BGH, Urt. vom 22.01.1985, VI ZR 131/83.<br />

48 Anwaltshandbuch Insolvenzrecht/Runkel, 2005, §5 Rn.178.<br />

<strong>InsVZ</strong> 1·2009 7

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