InsVZ - Wolters Kluwer Deutschland GmbH
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ergänzend klar, dass es sich hierbei um Fälle einer verdeckten<br />
Finanzierung der Einlagemittel durch die Gesellschaft handelt.<br />
9 Werden nach der ordnungsgemäß erbrachten Einlageleistung<br />
Zahlungen auf Dienste des Inferenten erbracht, liegt<br />
grundsätzlich kein unzulässiges Hin- und Herzahlen vor. Es<br />
findet weder eine verdeckte Finanzierung noch ein bloßer<br />
Austausch der Einlageforderung gegen eine andere schuldrechtliche<br />
Forderung der Gesellschaft statt. Nur wenn der<br />
InferentdieEinlagemittelfürseineZwecke»reserviert«,istdie<br />
zeitlich nachfolgende Zahlung an ihn schädlich. Das Erfordernis<br />
der freien Verfügbarkeit zugunsten der Geschäftsleitung<br />
ist erfüllt, wenn die Leistung aus dem Vermögen des<br />
Inferenten ausgeschieden und der <strong>GmbH</strong> derart in deren<br />
Geldkreislauf zugeflossen ist, dass sie diese uneingeschränkt<br />
fürihreZweckeverwendenkann. 10 Schädlich sind Absprachen<br />
zwischen Inferent und Gesellschaft nur, wenn der<br />
Gesellschafter oder ein ihm gleichgestellter Dritter die Einlagemittel<br />
zurückerhält. Ist die Geschäftsführung der Gesellschaft<br />
in der Verwendung der Einlagemittel derart frei, dass<br />
sie diese nicht für den Inferenten zu »reservieren« hat, sondern<br />
zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten einsetzen kann, führen<br />
auch spätere Zahlungen an den Gesellschafter nicht zu<br />
einem unzulässigen Hin- und Herzahlen.<br />
III. Cash-Pool-Entscheidung II des BGH11 Auch nach Inkrafttreten des MoMiG bleibt es dabei, dass für<br />
die in ein Cash-Pool-System einbezogenen Gesellschaften<br />
kein Sonderrecht bei der Gründung oder der Kapitalerhöhung<br />
abweichend von den Kapitalaufbringungsvorschriften<br />
gilt. Der BGH setzt konsequent seine Rechtsprechung im<br />
Anschluss an die erste Cash-Pool-Entscheidung 12 unter Maßgabe<br />
der neuen gesetzlichen Regelungen fort. Ein wesentliches<br />
Anliegen des Gesetzgebers war, dass auch im Rahmen der<br />
Kapitalaufbringung für ökonomisch sinnvolle Cash-Pools<br />
Erleichterungen eintreten. Ziel des Gesetzgebers ist, unter der<br />
Voraussetzung der Werthaltigkeit von Rückzahlungsansprüchen<br />
Cash-Pool-Systeme auch bei Kapitalaufbringungen<br />
abzusichern. Durch das Urteil wird deutlich, dass der Gesetzgeber<br />
sein Ziel deutlich verfehlt hat. Kernaussagen der Cash-<br />
Pool-Entscheidung II sind:<br />
1. Abgrenzung verdeckte Sacheinlage/Hin- und<br />
Herzahlen<br />
Das Urteil befasst sich schwerpunktmäßig mit der Abgrenzung<br />
zwischen verdeckter Sacheinlage und Hin- und Herzahlen bei<br />
der Kapitalaufbringung einer Gesellschaft, die in das Cash-<br />
Pool-System einbezogen ist. Die entwickelten Kriterien sind<br />
auch auf »normale« Kapitalaufbringungsvorgänge übertragbar.<br />
Ist der Saldo auf dem Zentralkonto bei Weiterleitung des<br />
Einlagebetrages aus Sicht der Gesellschaft negativ, liegt eine<br />
verdeckte Sacheinlage vor. 13 Der Gesellschaft fließt im wirtschaftlichen<br />
Ergebnis durch Weiterleitung der Bareinlage auf<br />
das Zentralkonto nicht der vereinbarte Kapitalbetrag, sondern<br />
nur die Befreiung von der Verbindlichkeit aus der Cash-Pool-<br />
Vereinbarung zu. Sie erhält nicht die Barleistung, sondern eine<br />
Entlastung auf der Passivseite. Weist das Zentralkonto des<br />
Inferenten indessen einen ausgeglichenen oder positiven Saldo<br />
zugunsten der Gesellschaft aus, liegt in der Weiterleitung der<br />
Einlage ein Hin- und Herzahlen. 14 Mit der Weiterleitung auf<br />
das Zentralkonto im Rahmen des täglichen Clearings gewährt<br />
die Gesellschaft dem Inferenten ein Darlehen. Bei einer Darlehenskonstruktion<br />
kann die Darlehensforderung nicht Gegen-<br />
Kapitalaufbringung nach dem MoMiG<br />
Unternehmensinsolvenz<br />
stand einer verdeckten Sacheinlage sein, da diese nicht einlagefähig<br />
ist. 15 Kompliziert wird es, wenn die Einlagezahlung den<br />
negativen Saldo zulasten der Gesellschaft im Zentralkonto<br />
übersteigt. Dann ist der Vorgang teilweise als verdeckte Sacheinlage,<br />
teilweise als Hin- und Herzahlen zu beurteilen. 16 Der<br />
BGH hat zwar eindeutige Abgrenzungskriterien entwickelt,<br />
die bei praktischer Umsetzung aber auf erhebliche Schwierigkeiten<br />
stoßen werden. Bereits in der Vergangenheit hat sich in<br />
obergerichtlichen Entscheidungen die Fehlvorstellung verfestigt,<br />
alle Formen des Hin- und Herzahlens seien Anwendungsfälle<br />
der verdeckten Sacheinlage. Ob nunmehr die aufgrund<br />
der differierenden Rechtsfolgen gebotene eindeutige Abgrenzung<br />
gelingen wird, bleibt abzuwarten.<br />
Ist die Kapitalaufbringung im Rahmen des Cash-Pools als verdeckte<br />
Sacheinlage zu beurteilen, kann der Inferent allenfalls<br />
noch von der Anrechnungslösung profitieren. Maßgebend ist,<br />
ob die Verbindlichkeit, von der die Gesellschaft befreit wurde,<br />
für den Inferenten werthaltig war. Ob der Inferent weiterhin<br />
zur Einlageleistung verpflichtet ist, hängt davon ab, ob und in<br />
welcher Höhe die Gesellschaft durch die Einlageleistung von<br />
einer Verbindlichkeit gegenüber dem Inferenten befreit wird,<br />
die sie ohne die Einlagezahlung aus ihrem Vermögen hätte<br />
erfüllen können. 17 War die Gesellschaft bei Weiterleitung der<br />
Einlageleistung an das Zentralkonto auch ohne gutgeschriebenen<br />
Einlagebetrag solvent, wäre die verdeckt eingebrachte<br />
Befreiung von einer Verbindlichkeit wertangemessen. 18 Ist die<br />
Kapitalaufbringung als Hin- und Herzahlen einzuordnen, ist<br />
die Kapitalaufbringung abgeschlossen, wenn bei Anmeldung<br />
der Gesellschaft die Cash-Pool-Vereinbarung aufgedeckt<br />
wurde und im Übrigen der Rückgewähranspruch vollwertig<br />
sowie fällig bzw. fristlos kündbar war. Während bei einer verdeckten<br />
Sacheinlage eine teilweise Werthaltigkeit zur Teilanrechnung<br />
genügt, kommt es bei § 19 Abs. 5 <strong>GmbH</strong>G darauf<br />
an, ob der Rückgewähranspruch uneingeschränkt vollwertig<br />
war. Der sich zufällig ergebene Saldo der Gesellschaft gegenüber<br />
dem Inferenten auf dem Zentralkonto entscheidet folglich<br />
darüber, ob der Inferent in den Genuss der leichteren<br />
Anforderungen des § 19 Abs. 4 <strong>GmbH</strong>G gelangt oder die<br />
Vollwertigkeit nach §19 Abs.5 <strong>GmbH</strong>G erforderlich ist. Zur<br />
Vermeidung jeglicher Haftungsrisiken wäre bei einer Kapitalaufbringung<br />
an Gesellschaften, die einem Cash-Pool-System<br />
angeschlossen sind, empfohlen, diese für einen Zeitraum von<br />
bis zu zwölf Monaten aus dem Cash-Pool herauszunehmen, 19<br />
was jedoch nicht Anliegen des Gesetzgebers war.<br />
9 BGH, Urt. vom 16.02.2009, II ZR 120/07, ZInsO 2009, 775 Rn. 16.<br />
10 Ebenso Pentz <strong>GmbH</strong>R 2009, 505 (510).<br />
11 BGH, Urt. vom 20.07.2009, II ZR 273/07, ZInsO 2009, 1546.<br />
12 BGH, Urt. vom 16.01.2006, II ZR 76/04, ZIP 2006, 665.<br />
13 Ebenso Roth/Altmeppen, <strong>GmbH</strong>G, § 19 Rn. 101; Lutter/Hommelhoff/Bayer,<br />
<strong>GmbH</strong>G, §19 Rn.105, Bormann/Urlichs DStR 2009, 641 (643); Maier-Reimer/Wenzel<br />
ZIP 2008, 1449 (1454).<br />
14 Ebenso Altmeppen ZIP 2009, 1545 (1546); Lutter/Hommelhoff/Bayer,<br />
<strong>GmbH</strong>G, §19 Rn.105; Bormann/Urlichs DStR 2009, 641 (643).<br />
15 Vgl. BGH, Urt. vom 16.02.2009, II ZR 120/07, ZInsO 2009, 775 Rn.10; Seibert/Decker<br />
ZIP 2008, 1208 (1210).<br />
16 BGH, Urt. vom 20.07.2009, II ZR 273/07, ZInsO 2009, 1546 Rn.15; ebenso<br />
Bormann/Ulrichs DStR 2009, 641 (645); Maier-Reimer/Wenzel ZIP 2008,<br />
1449 (1454).<br />
17 BGH, Urt. vom 20.07.2009, II ZR 273/07, ZInsO 2009, 1546 Rn.38.<br />
18 Altmeppen ZIP 2009, 1545 (1547).<br />
19 So Bormann/Ulrichs DStR 2009, 641 (644).<br />
<strong>InsVZ</strong> 1·2009 9