InsVZ - Wolters Kluwer Deutschland GmbH
InsVZ - Wolters Kluwer Deutschland GmbH
InsVZ - Wolters Kluwer Deutschland GmbH
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Unternehmensinsolvenz Kapitalaufbringung nach dem MoMiG<br />
2. Möglichkeit der Heilung<br />
Wird nach einem unzulässigen Hin- und Herzahlen das DarlehenandieGesellschaftzurückgewährt,isthierdurchdie<br />
zunächst unwirksame Kapitalaufbringung geheilt worden. 20<br />
Mit der Zahlung auf die vermeintliche »Darlehensschuld«<br />
erfüllt der Inferent die offene Einlagepflicht. Der BGH hat<br />
bereits im ersten Cash-Pool-Fall21 entschieden, dass spätere<br />
Leistungen aus dem Cash-Pool nicht zur Tilgung der Einlageschuld<br />
führen. 22 Die Leistung müsse sich zweifelsfrei der noch<br />
offenen Einlage zuordnen lassen. Diese Grundsätze sind nach<br />
Inkrafttreten des MoMiG weiterhin zu beachten. 23 Der<br />
Gesetzgeber hat zwar hervorgehoben, dass die Heilungsrechtsprechung<br />
des BGH fortgelten soll. 24 Einer solchen erneuten<br />
Leistung der Bareinlage zur freien Verfügung der Geschäftsführer<br />
stehen aber Zahlungen aus dem Cash-Pool an Gläubiger<br />
für Rechnung der Gesellschaft nicht gleich. 25 Im Rahmen<br />
des Zero-Balancing lassen sich die einzelnen Leistungen nicht<br />
wie im Fall der vermeintlichen Darlehensrückzahlung zweifelsfrei<br />
der noch offenen Einlage zuordnen.<br />
3. Offenlegung als Erfüllungsvoraussetzung<br />
Der BGH hatte bereits in der Qivive-Entscheidung beiläufig<br />
erwähnt, dass die Offenlegung nach § 19 Abs. 5 Satz 2<br />
<strong>GmbH</strong>G Voraussetzung für die Erfüllung der Einlageschuld<br />
ist. 26 Der teilweise befürworteten Einschränkung des Anwendungsbereiches<br />
von § 19 Abs. 5 Satz 2 <strong>GmbH</strong>G, für Altfälle<br />
müsse die Erfüllung bereits eintreten, wenn nur die Voraussetzungen<br />
von dessen Satz 1 vorliegen, 27 wurdeeineAbsage<br />
erteilt. Die Offenlegung soll dem Registergericht die Möglichkeit<br />
eröffnen, in die Prüfung der Vollwertigkeit einzutre-<br />
ten. 28<br />
Die Einordnung der Offenlegung als Erfüllungsvoraus-<br />
setzung führt dazu, dass die Erfüllung erst dann eintritt, wenn<br />
die Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet<br />
und der Vorgang in diesem Zusammenhang offengelegt<br />
wurde. 29 Bis zu diesem Zeitpunkt »schwebt« die Erfüllungswirkung,<br />
auch wenn die weiteren Voraussetzungen des<br />
§19 Abs.5 Satz 1 <strong>GmbH</strong>G vorliegen. Es stellt sich insbesondere<br />
die Frage, ob der Inferent einen Anspruch darauf hat,<br />
dass der Vorgang bei Anmeldung zum Handelsregister offengelegt<br />
wird, damit die abschließende Erfüllungsvoraussetzung<br />
auch eintritt.<br />
4. Gleichgestellter Dritter<br />
Für beide Fallgruppen der verdeckten Sacheinlage sowie des<br />
Hin- und Herzahlens bestätigt der BGH unter Bezugnahme<br />
auf die frühere Rechtsprechung, dass die Umgehung der<br />
Kapitalaufbringungsregeln keine personelle Identität zwischen<br />
Inferent und Auszahlungsempfänger voraussetzt. 30<br />
Vielmehr ist ausreichend, dass der Inferent durch die Leistung<br />
an den Dritten mittelbar in gleicher Weise begünstigt wird<br />
wie durch unmittelbare Leistung. Mittelbar zugute kommt<br />
dem Inferenten die Leistung insbesondere, wenn er an der<br />
eingebundenen Gesellschaft maßgeblich beteiligt ist. 31 Entscheidend<br />
ist, ob der Inferent dessen Geschicke bestimmen<br />
und durch Gesellschafterbeschlüsse Weisungen an dessen<br />
Geschäftsführer durchsetzen kann. Vorbehaltlich einer gegenteiligen<br />
Regelung im Gesellschaftsvertrag reicht eine Beteiligung<br />
an der leistenden Gesellschaft von mehr als 50 % im<br />
Regelfall aus. 32 Ein auch geplanter Vermögensabfluss an sonstige<br />
Dritte ist danach grundsätzlich unschädlich. Schuldrechtliche<br />
Absprachen zwischen dem Inferenten und der<br />
Gesellschaft über die Verwendung der Einlagemittel bei einer<br />
10<br />
Kapitalaufbringung sind folglich unerheblich, wenn sie nur<br />
zur Erreichung bestimmter Zwecke dienen und nicht dazu<br />
bestimmt sind, die eingezahlten Mittel wieder an den Inferenten<br />
zurückfließen zu lassen. 33 Es ist daher nicht untersagt, mit<br />
einer Bareinlage eine vorausgeplante Mittelverwendung zu<br />
verbinden, solange die Einlage nicht an den Inferenten<br />
zurückfließt oder ihm sonst zugute kommt. 34 Im Streitfall war<br />
der Mitgesellschafter, der nicht am Cash-Pool-System beteiligt<br />
war, nicht zur Einlageleistung verpflichtet, da der Mittelabfluss<br />
an den weiteren Gesellschafter (zugleich Cash-Pool-<br />
Manager) ihm mangels gesellschaftsrechtlicher Verbindung<br />
nicht mittelbar zugute kam.<br />
IV. Offene Fragen zur verdeckten Sacheinlage<br />
Nach § 19 Abs. 4 <strong>GmbH</strong>G liegt eine verdeckte Sacheinlage<br />
vor, »wenn eine Geldeinlage eines Gesellschafters bei wirtschaftlicher<br />
Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang<br />
mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede<br />
vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten« ist. Im<br />
Schrifttum ist kritisiert worden, dass diese Umschreibung<br />
nicht der Definition des BGH entspreche, weil es bei der verdeckten<br />
Sacheinlage nicht um eine »als Sacheinlage zu bewertende<br />
Geldeinlage«, sondern um die Erfassung eines Umgehungsfalles<br />
geht. 35 Nach Auffassung des Gesetzgebers wird<br />
durch den Gesetzeswortlaut die Legaldefinition der Rechtsprechung<br />
wiedergegeben, weshalb keine Veränderungen hinsichtlich<br />
des Tatbestandes eingetreten sind. 36 Der BGH hat in<br />
seinen oben genannten Entscheidungen den Wortlaut der<br />
Norm nicht problematisiert, sondern lediglich angemerkt,<br />
dass sich mit der Neufassung des §19 Abs.4 <strong>GmbH</strong>G an der<br />
Definition der verdeckten Sacheinlage nichts geändert habe. 37<br />
Als verdeckte Sacheinlage ist weiterhin anzusehen, wenn die<br />
gesetzlichen Regelungen für Sacheinlagen dadurch unterlaufen<br />
werden, dass zwar eine Bareinlage vereinbart wird, die<br />
Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung von dem<br />
Inferenten aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme<br />
der Einlage getroffenen Absprache einen Sachwert<br />
erhalten soll. 38 Für Schwierigkeiten und Diskussionen in der<br />
Literatur sorgen jedoch die neuen Rechtsfolgen des § 19<br />
20 BGH, Urt. vom 22.11.2005, II ZR 140/04, ZIP 2005, 2203; BGH, Urt. vom<br />
09.01.2006, II ZR 72/05, ZIP 2006, 331; 2006, 1679).<br />
21 BGH, Urt. vom 16.01.2006, II ZR 76/04, ZIP 2006, 665.<br />
22 BGH, Urt. vom 16.01.2006, II ZR 76/04, ZIP 2006, 665 Rn.24–26.<br />
23 BGH, Urt. vom 20.07.2009, II ZR 273/07, ZInsO 2009, 1546 Rn.22.<br />
24 Begr. RegE, BT-Drucks. 16/6140, S.78.<br />
25 BGH, Urt. vom 20.07.2009, II ZR 272/07, ZInsO 2009, 1546 Rn.22.<br />
26 BGH, Urt. vom 16.02.2009, II ZR 120/07, ZInsO 2009, 775 Rn.16; bestätigt<br />
in BGH, Urt. vom 20.07.2009, II ZR 272/07, ZInsO 2009, 1546 Rn.25;<br />
zustimmend Pentz <strong>GmbH</strong>R 2009, 505 (510); kritisch Altmeppen ZIP 2009,<br />
1545 (1548).<br />
27 Bormann/Urlichs <strong>GmbH</strong>R, Sonderheft Oktober 2008, 37 (44).<br />
28 Goette, Einführung in das neue <strong>GmbH</strong>-Recht, 2008, S.249.<br />
29 Pentz <strong>GmbH</strong>R 2009, 505 (511).<br />
30 BGH, Urt. vom 20.07.2009, II ZR 273/07, ZInsO 2009, 1546 Rn.32 unter<br />
Berufung auf BGH, Urt. vom 02.12.2002, II ZR 101/02, NJW 2003, 825;<br />
BGH, Urt. vom 20.11.2006, II ZR 176/05, NJW 2007, 765.<br />
31 BGH, Urt. vom 22.10.1990, II ZR 238/89, ZIP 1990, 1593.<br />
32 BGH, Urt. vom 21.06.1999, II ZR 70/98, ZIP 1999, 1314.<br />
33 BGH, Urt. vom 02.12.2002, II ZR 101/02, ZIP 2003, 211.<br />
34 BGH, Urt. vom 22. 06. 1992, II ZR 30/91, NJW 1992, 2698; BGH, Urt.<br />
vom 12.02.2007, II ZR 272/05, ZIP 2007, 528.<br />
35 Pentz <strong>GmbH</strong>R 2009, 126 (127); ders. <strong>GmbH</strong>R 2009, 505 (507).<br />
36 Begr. RegE, BR-Drucks. 354/07, S.92.<br />
37 BGH, Urt. vom 16.02.2009, II ZR 120/07, ZInsO 2009, 775 Rn.8; BGH,<br />
Urt. vom 20.07.2009, II ZR 273/07, ZInsO 2009, 1546 Rn.10.<br />
38 So bereits BGH, Urt. vom 16.01.2006, II ZR 76/04, ZIP 2006, 665 Rn.11.<br />
<strong>InsVZ</strong> 1 · 2009