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HEINZ MAGAZIN WUPPERTAL 03-2017

HEINZ Magazin März 2017, Ausgabe für Wuppertal, Solingen, Remscheid

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MARIA LASSNIG: „ZWEI ARTEN ZU SEIN“ (DOPPELSELBSTPORTRÄT), 2000, ALLE WERKE © MARIA LASSNIG STIFTUNG<br />

D<br />

iese Frau traut sich was und schont sich nie – und bleibt auf ihren<br />

Bildern doch immer ganz sie selbst: Mal sieht man sie mit<br />

Kochtopf auf dem Kopf und verbundenen Augen, mal mit<br />

Schweinerüsselchen oder Maulkorb, oft mit sonderbaren Brillen, einäugig<br />

oder ganz augenlos, mal als Doppel- oder Dreifachporträt in<br />

ganz unterschiedlichen Inkarnationen, verschmolzen mit Gegenständen<br />

oder Tierleibern. Aber ob als Knödel, Ungeheuer, Kamera, Zitrone,<br />

Stuhl, Außerirdische, Rechenmaschine, Greisin oder Baby – immer ist<br />

es eindeutig Maria Lassnig, mit hohen Wangenknochen, schiefer Nase<br />

und kantigem Gesicht. Mal zeigt sie sich dezent in fast abstrakten Farbskizzen,<br />

mal in leuchtender, kraftvoller Malerei. So in dem grandiosen<br />

Spätwerk „Du oder ich“ (2005), wenn sie sich als nackte, breitbeinig sitzende<br />

ältere Frau mit entschlossenem Blick eine Pistole an die Schläfe<br />

setzt und ein zweite frontal auf den Betrachter richtet. Peng! Das Bild<br />

springt einem geradewegs ins Gesicht.<br />

„Drastische Malerei“ war die einzige Schublade, in die sich die österreichische<br />

Künstlerin Maria Lassnig stecken ließ. Erst in hohem Alter wurde<br />

die 1919 geborene Kärntnerin weltbekannt und zum Glück alt genug, um<br />

ihren späten Ruhm noch genießen zu können. Die Retrospektive im Museum<br />

Folkwang, konzipiert von Tate Liverpool in Kooperation mit der<br />

Maria Lassnig Stiftung, ist die erste große Ausstellung in Deutschland<br />

nach Lassnigs Tod 2014 und schlägt mit über 40 Hauptwerken, einigen<br />

Filmen und Archivmaterial einen großen Bogen vom ersten bis zum letzten<br />

Bildnis der Grande Dame der Malerei des 20. Jhs.<br />

Die Ausstellung geht unvermittelt in medias res, in locker chronologischer<br />

Hängung mit thematischen Schwerpunkten. Die ersten drei<br />

Räume empfangen den Ausstellungsbesucher mit Lassnigs zentralen<br />

Themen: Das Sehen, die Farbe und die Selbstreflexion als Malende. Im<br />

Bereich „Sehen“ überrascht die Konfrontation mit Selbstporträts ohne<br />

Augen. Das ist einzigartig in der Porträtmalerei und resultiert aus Lassnigs<br />

eigenwilliger Betrachtung ihrer Innenwelten: Nie malte sie sich vor<br />

dem Spiegel, sondern schloss die Augen und horchte im Malprozess tief<br />

in sich hinein, immer nah dran an ihren Gefühlen und der Leinwand.<br />

Auf Fotowänden sieht man die Künstlerin seitlich ausgestreckt auf ihrer<br />

Leinwand liegen und versonnen malen. Ihren Farben wies sie intuitive<br />

Bedeutungen zu, bestimmte sogenannte Schmerzfarben, Liebesfarben,<br />

Krebsangst-, Druck-, Spannungs-, Kälte- und Wärmefarben. Schon<br />

in den ganz frühen postkubistischen Arbeiten und quasi-abstrakten Experimenten,<br />

die Körperumrisse erahnen lassen, deutet sich die emotionale<br />

Funktion der Farbe in Lassnigs Malerei an.<br />

Erst im vierten Ausstellungsraum kommt die Biografie ins Spiel – ganz<br />

bezaubernd in dem Kurzfilm „Kantate“ von 1992. Die Künstlerin singt ihren<br />

Lebenslauf in vielen Strophen. Auch im Film steht sie allein im Vordergrund,<br />

in rasch wechselnder Kostümierung, hinterlegt mit illustrierenden<br />

Animationen. Sie besingt das eigenbrötlerische Mädchen aus<br />

ärmlichen Verhältnissen mit Zeichentalent, ihre Zeit an Schule und Wiener<br />

Akademie, in Paris, in New York, wo sie Trickfilm erlernte, und schließlich<br />

die Rückkehr nach Wien 1980, um mit 61 Jahren Professorin an der<br />

Kunsthochschule zu werden. Dann<br />

kam der große Erfolg ...<br />

Maria Lassnigs Spätwerk bleibt<br />

atemberaubend drastisch, ihrem<br />

1948 für sich entdeckten Lebensthema<br />

„Körperempfindungen“<br />

bleibt sie treu. Der letzte<br />

Ausstellungsbereich präsentiert in<br />

starken Bildern den alternden, gebrechlichen<br />

Körper, selbstbewusst<br />

und virtuos inszeniert. Ihr allerletztes<br />

Porträt als 93-Jährige ähnelt<br />

dem frühesten von 1945: Maria<br />

Lassnig mit Pinsel in der erhobenen<br />

Hand. So schließt sich der Kreis.<br />

Claudia Heinrich<br />

MARIA LASSNIG, MÄRZ 2002, FOTO: BETTINA FLITNER<br />

❚ MARIA LASSNIG. Retrospektive Museum<br />

Folkwang, Museumsplatz 1, Essen; Eröffnung: 9.3.,<br />

19 Uhr; Dauer: 10.3.-21.5., Di/Mi/Sa/So 10-18 Uhr, Do/<br />

Fr 10-20 Uhr; www.museum-folkwang.de<br />

BoSy Fokus 2<br />

Fabulous Fifties<br />

CROSSOVER: UWAGA!<br />

Fr<br />

<strong>03</strong> <strong>03</strong> 17<br />

Uwaga!<br />

19 Uhr<br />

Ein turbulenter Abend mit Klassik,<br />

Jazz und Gipsy der 50er Jahre<br />

Anneliese Brost Musikforum Ruhr<br />

Kleiner Saal<br />

ORCHESTERKONZERT<br />

Sa<br />

04 <strong>03</strong> 17<br />

20 Uhr<br />

Bruno Maderna<br />

John Cage<br />

Bernd Alois Zimmermann<br />

Dmitri Schostakowitsch<br />

Duke Ellington<br />

Leonard Bernstein<br />

Anneliese Brost Musikforum Ruhr<br />

Großer Saal<br />

BOPPIN‘B<br />

Fr<br />

05 <strong>03</strong> 17<br />

20 Uhr<br />

Rock‘n‘Roll der 1950er Jahre<br />

Anneliese Brost Musikforum Ruhr<br />

Großer Saal<br />

BERNSTEIN<br />

Boppin‘B<br />

bochumer-symphoniker.de – Auch auf facebook<br />

Infos und Karten unter: 0234 910 8666

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