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Volkskrankheiten - UKSH Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

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Medizin und Wissenschaft<br />

Prof. Dr. Rainer Schönweiler<br />

„Die erste Möglichkeit für einen<br />

Laien, zu entdecken, dass ein Kind<br />

schwerhörig ist, ist das Ausbleiben<br />

der zweiten Lallperiode, d.h. die<br />

Silbenverdopplung, die im Alter von<br />

sechs bis neun Monaten einsetzt.<br />

Das Lallen bleibt allerdings nur bei<br />

der hochgradigen Schwerhörigkeit<br />

aus, bei der das Kind sich selbst<br />

gar nicht mehr hört“, konstatiert<br />

Prof. Schönweiler. Kinder mit mittelgradigen<br />

Schwerhörigkeiten, die<br />

später ebenfalls einen schlechten<br />

Spracherwerb haben, sprechen<br />

manchmal sogar mit 12 Monaten<br />

die ersten Wörter und bleiben erst<br />

dann sprachlich zurück.<br />

Einwandfrei diagnostizieren kann<br />

man das Hörvermögen im Säuglingsalter<br />

nur mit „objektiven“ Tests.<br />

Am UK S-H wird dafür ein mobiles<br />

Gerät eingesetzt, das „BERAPhon“.<br />

Damit wird bei dem Kind im schlafenden<br />

Zustand – auf Wunsch auch<br />

in Anwesenheit der Eltern – eine<br />

Messung vorgenommen. Dabei<br />

wird ein Kopfhörer mit Elektroden<br />

sanft auf den Kopf gesetzt, bei<br />

anderen Geräten werden kleine<br />

Ohrsonden in den Gehörgang<br />

gesteckt. Die Geräte beginnen<br />

automatisch mit der Messung.<br />

Diese dauert etwa 20 Sekunden<br />

bis maximal zwei Minuten pro Ohr.<br />

Gemessen werden entweder die<br />

Reaktionen der äußeren Haarzellen<br />

im Innenohr oder die Hirnströme.<br />

Das Kind hat dabei keine „Aufgabe“<br />

zu erfüllen, die Messung ist völlig risikolos<br />

und schmerzfrei. Die Geräte<br />

werten die Antworten automatisch<br />

aus, auf dem Display ist entweder<br />

„Pass“ (unauffällig) oder „Fail“<br />

(auffällig) zu lesen. Ergibt sich ein<br />

auffälliger Befund, folgen weitere<br />

Untersuchungen. Über das Ausmaß<br />

einer eventuellen Schwerhörigkeit<br />

sagt dieser erste Test aber noch<br />

nichts aus.<br />

Die Therapiemöglichkeiten bei<br />

angeborener Schwerhörigkeit<br />

sind heute ausgezeichnet. „Durch<br />

Apparate wie akustische Hörgeräte<br />

oder Cochlear-Implantate können<br />

Hörstörungen in sehr hohem Maße<br />

ausgeglichen werden“, sagt Prof.<br />

Schönweiler. „Bis zur mittelgradigen<br />

Schwerhörigkeit können wir<br />

die Auswirkungen des schlechten<br />

Hörens so gut beheben, dass sich<br />

die Kinder mit Hörsystem fast wie<br />

Normalhörige entwickeln können.<br />

Hochgradig schwerhörige oder<br />

resthörige Kinder können wir durch<br />

ein Cochlear-Implantat zu einem<br />

ausgezeichneten Hören und Sprechenlernen<br />

verhelfen.“<br />

Seit dem 1. Januar 2009 hat jedes<br />

Neugeborene in Deutschland<br />

das Recht auf ein Hörscreening.<br />

Es wird allerdings nicht flächendeckend<br />

in allen Bundesländern<br />

angeboten und ist keine Pflicht-<br />

Untersuchung. <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

erfüllt, nicht zuletzt aufgrund des<br />

Engagements von Prof. Schönweiler,<br />

der dafür mit dem Bundesverdienstkreuz<br />

ausgezeichnet wurde,<br />

eine Vorbildfunktion. 83 Prozent<br />

der Kinder eines Jahrgangs werden<br />

hier bereits gescreent – so viele wie<br />

in keinem anderen Bundesland. Am<br />

UK S-H, Campus Lübeck, erfasst<br />

eine zentrale Meldestelle („Hörscreeningzentrale“)<br />

alle Säuglinge<br />

mit auffälligem Screeningergebnis<br />

und führt sie einer pädaudiologischen<br />

Diagnostik zu. Sollte sich die<br />

Diagnose Schwerhörigkeit bestätigen,<br />

wird eine Frühversorgung<br />

mit Hörsystemen oder Cochlear-<br />

Implantaten und die entsprechende<br />

Förderung durch die Schule für<br />

Schwerhörige in <strong>Schleswig</strong> auf den<br />

Weg gebracht.<br />

Das Universelle Neugeborenen-<br />

Hörscreening in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

(UNHS-SH) ist das einzige interdisziplinär<br />

organisierte System in<br />

Deutschland. Es steht unter der<br />

Schirmherrschaft des Ministeriums<br />

für Arbeit, Soziales, Gesundheit<br />

und Verbraucherschutz, wird ehrenamtlich<br />

durchgeführt und von<br />

den Lions-Clubs, Frau Lisa Dräger<br />

und – für die Lübecker Kinder – der<br />

„Friedrich Bluhme und Else Jepsen-<br />

Stiftung“ finanziell unterstützt.<br />

Marlis Müller-Frommeyer<br />

Weitere Informationen:<br />

Klinik für Hals-, Nasen- und<br />

Ohrenheilkunde<br />

Abteilung für Phoniatrie<br />

und Pädaudiologie<br />

Campus Lübeck<br />

Tel.: 0451 500- 34 85<br />

Fax: 0451 500- 67 92<br />

www.unhs-sh.de

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