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Abschlussbericht - UKSH Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

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Regionale Implementierung von evidenzbasierten und<br />

interdisziplinär konsentierten Versorgungspfaden für Patientinnen<br />

und Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen<br />

(CED-Impl)<br />

Langbrandtner J, Hüppe A & Raspe H<br />

Seniorprofessur für Bevölkerungsmedizin, Universität Lübeck<br />

Akademisches Zentrum für Bevölkerungsmedizin und Versorgungsforschung,<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Dr. Angelika Hüppe<br />

Institut für Sozialmedizin<br />

der Universität Lübeck<br />

Ratzeburger Allee 160<br />

23538 Lübeck<br />

Tel. 0451/500 5854<br />

Fax: 0451/500 5872<br />

angelika.hueppe@uksh.de<br />

Universität zu Lübeck<br />

<strong>Abschlussbericht</strong><br />

Dezember 2011


Gliederung<br />

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis<br />

Zusammenfassung<br />

1. Hintergrund ............................................................................................................ 8<br />

1.1. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa .... 8<br />

1.2. Entwicklung und Inhalte der Versorgungspfade ....................................................... 8<br />

1.3. Ziele und Fragestellung ..........................................................................................12<br />

2. Methodik ................................................................................................................13<br />

2.1. Studiendesign .........................................................................................................13<br />

2.2. Netzwerkaufbau ......................................................................................................14<br />

2.3. Screeningfragebogen (Problemassessment) ..........................................................17<br />

2.4. Materialien für die Modellregion ..............................................................................21<br />

2.4.1. Netzwerkerbroschüre ..............................................................................................21<br />

2.4.2. Versorgungspfadebroschüre ...................................................................................22<br />

2.4.3. Rückmeldung individuell zugeschnittener Patienteninformationen ..........................22<br />

2.5. Patientenrekrutierung für das Problemfeld-Screening in der Modellregion ..............23<br />

2.5.1. Rekrutierung über Netzwerker ................................................................................23<br />

2.5.2. Rekrutierung über DCCV ........................................................................................24<br />

2.5.3. Rekrutierung über Presse .......................................................................................24<br />

2.5.4. Rekrutierung einer Vergleichsgruppe ......................................................................24<br />

2.5.5. Ein- und Ausschlusskriterien ...................................................................................25<br />

2.6. Datenverarbeitung und statistische Analysen .........................................................25<br />

2.7. Ethikantrag und finanzielle Förderung.....................................................................26<br />

3. Ergebnisse ............................................................................................................26<br />

3.1. Netzwerkaufbau (Feasibility) ...................................................................................26<br />

3.1.1. Rekrutierung von Netzwerkern................................................................................26<br />

3.1.2. CED-bezogene Fortbildungsveranstaltung .............................................................28<br />

3.2. Patientenrekrutierung und Partizipation ..................................................................28<br />

3.3. Nonresponder-Analyse ...........................................................................................30<br />

3.4. Merkmale der Studienteilnehmenden......................................................................30<br />

3.5. Problemvielfalt, -anzahl und -art .............................................................................31<br />

3.5.1. Häufigkeit aktiver Problemfelder .............................................................................31<br />

3.5.2. Anzahl aktiver Problemfelder ..................................................................................33<br />

3.5.3. Analysen zu ausgewählten Problemfeldern ............................................................34<br />

3.5.4. Veränderungen in der Problemlast (Subgruppenanalyse) .......................................39<br />

3.6. Inanspruchnahme ...................................................................................................41<br />

3.6.1. Arztkontakte............................................................................................................41<br />

2


3.6.2. Nutzung von Beratungsangeboten und Behandlungen ...........................................43<br />

3.6.3. Medikamentöse Versorgung ...................................................................................44<br />

3.6.4. Operationen und Krankenhausaufenthalte ..............................................................46<br />

3.6.5. Rehabedarf und Inanspruchnahme von Rehabilitationsmaßnahmen ......................46<br />

3.7. Weitere Parameter ..................................................................................................47<br />

3.8. Weiterempfehlung und Akzeptanz ..........................................................................48<br />

4. Diskussion und Ausblick .....................................................................................49<br />

4.1. Limitationen der Studie ...........................................................................................49<br />

4.2. Problemlast im Vergleich ........................................................................................50<br />

4.3. Feasibility und Prozessevaluation ...........................................................................54<br />

4.4. Verlaufsdaten und erste Ergebnisevaluation ...........................................................57<br />

Literatur<br />

Anhang<br />

3


Abbildungs- und Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: Ergebnis der Suche nach potentiellen Netzwerkern in der Modellregion,<br />

Zuordnung zu drei Gruppen ............................................................................... 16<br />

Tabelle 2: Operationalisierung der im Screeningfragebogen erfassten Problemfelder<br />

mit zugeordneten Behandlungsempfehlungen ................................................... 18<br />

Tabelle 3: Rekrutierte Netzwerker ....................................................................................... 26<br />

Tabelle 4: Stichprobenbeschreibung (Gesamtgruppe, Unterschiede zwischen IG und<br />

VG) .................................................................................................................... 31<br />

Tabelle 5: Häufigkeit aktiver Problemfelder zum 1. und 2. Messzeitpunkt für IG und<br />

VG getrennt ........................................................................................................ 32<br />

Tabelle 6: Extraintestinale Manifestationen zum 1. und 2. MZP nach IG und VG ................ 34<br />

Tabelle 7: Aktivitätseinschränkungen und Partizipationsstörungen-Ergebnisse 2x2<br />

faktorieller Varianzanalysen (Treatment x Zeit) mit Messwiederholung auf<br />

dem Faktor Zeit (IMET-Einzelitems sowie Summenscore) ................................. 35<br />

Tabelle 8: Medikamentenwirkung, Nebenwirkungen und Einnahmeprobleme von IG<br />

und VG zum 1. und 2. MZP ................................................................................ 39<br />

Tabelle 9: Ergebnisse 2x2 faktorieller Varianzanalysen (Treatment x Zeit) mit<br />

Messwiederholung auf dem Faktor Zeit (nur Studienteilnehmer mit aktivem<br />

Problemfeld zum 1.Messzeitpunkt) ..................................................................... 39<br />

Tabelle 10: Arztkonsultationen (ja %) von IG und VG in den letzten 6 Monaten vor der<br />

Erst- und Folgebefragung ................................................................................... 42<br />

Tabelle 11: Inanspruchnahmeverhalten hinsichtlich Behandlungs- und<br />

Beratungsangeboten von IG und VG im Prä-Post-Vergleich ............................. 43<br />

Tabelle 12: Medikamenteneinnahmen in den letzten 3 Monaten getrennt für MC und<br />

CU für IG und VG ............................................................................................... 45<br />

Tabelle 13: Inanspruchnahme von stationären Behandlungen und Rehamaßnahmen<br />

zum 1. und 2. MZP für IG und VG ...................................................................... 46<br />

Tabelle 14: Patientenzufriedenheit zum 1. und 2. MZP von IG und VG ................................ 47<br />

Tabelle 15: Patientenzufriedenheit und allgemeiner Gesundheitszustand zum 1. und 2.<br />

MZP von IG und VG ........................................................................................... 48<br />

Tabelle 16: Vergleich der Merkmale der CED-impl Stichprobe mit den Teilnehmenden<br />

an zwei weiteren Erhebungen ............................................................................ 50<br />

Tabelle 17: Vergleich der Häufigkeit aktiver Problemfelder der Machbarkeitsstudie mit<br />

dem Survey 2005 getrennt für MC und CU ......................................................... 53<br />

4


Abbildung 1: Zusammenspiel der drei Versorgungssektoren nach den<br />

Versorgungspfaden ....................................................................................... 12<br />

Abbildung 2: Studiendesign ................................................................................................ 13<br />

Abbildung 3: Modellregion .................................................................................................. 14<br />

Abbildung 4: Verteilung rekrutierter Netzwerker in der Modellregion .................................. 27<br />

Abbildung 5: Rücklauf ........................................................................................................ 29<br />

Abbildung 6: Anzahl aktiver Problemfelder der Stichproben zum 1. und 2. MZP<br />

(Signifikanzprüfung mit dem Wilcoxon-Test) .................................................. 34<br />

Abbildung 7: Einschränkung der sozialen Teilhabe erfasst als IMET-Summenscore<br />

unter Teilnehmenden mit mindestens einem aktiven Problemfeld.................. 36<br />

Abbildung 8: Subjektive Prognose der Erwerbstätigkeit der Stichproben zum 1. und 2.<br />

MZP (ja in %) ................................................................................................. 37<br />

Abbildung 9: Anzahl angegebener Themenbereiche mit Infowunsch von IG und VG<br />

zum 1. und 2. MZP ........................................................................................ 37<br />

Abbildung 10: Informationsbedarf von IG und VG zum 1. und 2. MZP .................................. 38<br />

Abbildung 11: Mittelwerte zu 2 MZP für Teilnehmer mit aktivem Problemfeld in den<br />

jeweiligen Problembereichen ......................................................................... 40<br />

Abbildung 12: Anzahl der Arztkonsultationen in den vergangenen 6 Monaten vor den<br />

Befragungen nach IG und VG ........................................................................ 41<br />

Abbildung 13: Inanspruchnahme von Behandlungs- und Beratungsangeboten bei<br />

Teilnehmern mit entsprechend aktivem Problemprofil im Prä-Post-<br />

Vergleich ....................................................................................................... 44<br />

Abbildung 14: Rehabilitationsbedarf nach dem Lübecker Algorithmus zum ersten<br />

Messzeitpunkt nach IG und VG (> 5 benötigte präventive,<br />

therapeutische, rehabilitative Zugänge) ......................................................... 47<br />

Abbildung 15: Weiterempfehlung (N=254) ............................................................................ 48<br />

Abbildung 16: Wie würden Sie unser Vorgehen (Bestimmung von Problembereichen<br />

mittels Fragebogen und Rückmeldung dieser mit persönlichen<br />

Handlungsempfehlungen) insgesamt beurteilen? (N=254) ............................ 49<br />

5


Zusammenfassung<br />

Hintergrund:<br />

Die 2009 veröffentlichten „Versorgungspfade“ für erwachsene Patientinnen und Patienten mit<br />

den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa geben<br />

Handlungsempfehlungen für eine multi- und interdisziplinäre sowie problemorientierte<br />

Versorgung. Die Empfehlungen richten sich an ärztliche wie nichtärztliche Berufsgruppen<br />

und Einrichtungen, die an der Versorgung von Kranken mit chronisch entzündlichen<br />

Darmerkrankungen beteiligt sind, und wollen die Zusammenarbeit zwischen den<br />

verschiedenen behandelnden Gruppen fördern. Sie gründen auf klinischen Überlegungen,<br />

Interviews mit medizinischen Fachleuten und Patientenvertretern sowie auf den Ergebnissen<br />

einer Betroffenenbefragung.<br />

In einer Modellregion sollten die Umsetzbarkeit einiger der Empfehlungen der<br />

„Versorgungspfade“ geprüft und dabei zugleich erste Hinweise auf Effekte eines solchen<br />

Vorgehens auf patientenbezogene Outcomes erfasst werden.<br />

Methodik: In einer Region in <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>, die neben den Städten Lübeck und Kiel die<br />

Landkreise Ostholstein, Plön und Segeberg umfasste, wurde 2010 ein multidisziplinäres<br />

Netzwerk aus verschiedenen Berufsgruppen, Einrichtungen und Kostenträgern aufgebaut.<br />

CED-Patientinnen und Patienten in der Region wurde ein fragebogengestütztes Problemfeld-<br />

Screening durch die am Netzwerk teilnehmenden Arztpraxen, die regionale Presse oder über<br />

die Selbsthilfeorganisation DCCV e.V. angeboten. Alle Teilnehmer in der Modellregion<br />

erhielten die Rückmeldung ihres individuellen Problemprofils zusammen mit zugeschnittenen<br />

Behandlungs-/Beratungsempfehlungen. Zusätzlich wurden ihnen eine laienverständliche<br />

Broschüre zu den Versorgungspfaden und eine Netzwerkerbroschüre als Sammlung von<br />

Leistungsanbietern in der Modellregion mit Kontaktdaten aller Netzwerkteilnehmer zur<br />

Verfügung gestellt. Nach sechs Monaten wurde den Teilnehmenden ein zweiter Fragebogen<br />

zugesandt, der ihre Erfahrungen mit dem regionalen Netzwerk sowie Veränderungen im<br />

Gesundheitszustand sowie in der Inanspruchnahme von Behandlungen erfasste. Parallel<br />

wurde eine Vergleichsgruppe von CED-Betroffenen außerhalb der Region mit vergleichbaren<br />

Selbstausfüllfragebögen untersucht. Sie erhielten keine weiteren Informationen durch<br />

Broschüren und wurden darauf hingewiesen, dass erst nach der zweiten<br />

Fragebogenerhebung eine Rückmeldung des dann aktuellen Problemprofils erfolgen würde.<br />

Ergebnisse: 173 von 1357 angeschriebenen potentiellen ärztlichen und nichtärztlichen<br />

Netzwerker interessierten sich für das CED-Netzwerk. 48% von ihnen nutzten das Angebot,<br />

die aktuellen Leitlinien zur Diagnostik und Therapie zugeschickt zu bekommen. 30 nahmen<br />

an einer vom Netzwerk organisierten kostenfreien CED-Fortbildungsveranstaltung teil.<br />

In der Modellregion konnten 287 Erkrankte für die Teilnahme am Problemfeld-Screening<br />

gewonnen werden, 254 nahmen an der Katamnesebefragung teil. Für die Vergleichsgruppe<br />

wurden 177 von 190 Personen mit komplettem Datensatz zu beiden Befragungszeitpunkten<br />

gewonnen. Mit Hilfe des eingesetzten Screening-Fragebogens konnten individuelle<br />

Problemprofile erstellt werden.<br />

Im Mittel lassen die Befragten beider Gruppen zu beiden Messzeitpunkten 3 aktive<br />

Problemfelder erkennen. Zu den häufigsten aktiven Problemfeldern gehören extraintestinale<br />

6


Manifestationen, die gefährdete Teilhabe am Arbeitsleben (bei Erwerbstätigen) und Rauchen<br />

(bei MC-Erkrankten). Etwa jeder 6. Befragte (IG 18%, VG 14%) zeigte eine solche<br />

Problemvielfalt, dass 5 und mehr unterschiedliche Behandlungs-/Beratungszugänge<br />

zurückzumelden waren. Zu beiden Messzeitpunkten zeigen etwa ein Fünftel der<br />

Teilnehmenden kein aktives Problemfeld. Zur ersten Befragung waren 57% der Befragten in<br />

Remission (GIBDI-Score zwischen 0-3), für 13% ergab sich eine mittlere bis schwere<br />

Krankheitsaktivität (GIBDI-Score >7).<br />

53% der Teilnehmer in der Modellregion bewerten das Vorgehen (Bestimmung von<br />

Problembereichen mittels Fragebogen und Rückmeldung dieser mit persönlichen<br />

Handlungsempfehlungen) als gut, 29% als sehr gut.<br />

Die Zufriedenheit mit der Versorgung stieg unter den Teilnehmenden der Modellregion von<br />

der ersten zur zweiten Befragung an. Die Teilnehmer der IG mit erhöhten Angst- oder<br />

Stresswerten zur Erstbefragung ließen im Vergleich zur VG eine vorteilhaftere Entwicklung<br />

erkennen. Unter den Studienteilnehmenden, die mindestens ein aktives Problemfeld<br />

aufwiesen, konnten die IG-Mitglieder eine leichte Verbesserung der sozialen Teilhabe<br />

(gemessen mit dem IMET) erreichen. Der Wunsch nach krankheitsspezifischen<br />

Informationen reduzierte sich in der IG im Vergleich zur VG in überzufälliger Weise.<br />

Während die IG-Mitglieder einerseits zur zweiten Befragung im Vergleich zur ersten von<br />

häufigeren Besuchen in CED-Ambulanzen/Schwerpunktpraxen berichteten, reduzierte sich<br />

andererseits die Anzahl der von ihnen besuchten Arztpraxen. Eine Verschiebung von der<br />

hausärztlichen Betreuung hin zur (hoch)spezialisierten Behandlungsebene ist zu<br />

beobachten. Auswirkungen auf die Nutzung von Beratungs- und Behandlungsangeboten<br />

zeigten sich ebenso wenig wie Veränderungen in der Medikamenteneinnahme. Im Prä-Post-<br />

Vergleich sowie im Vergleich der Gruppen zeigen sich hinsichtlich der Krankheitsaktivität<br />

keine signifikanten Unterschiede.<br />

Diskussion/Ausblick:<br />

Die Bereitschaft der ärztlichen wie nichtärztlichen Behandler zu einer aktiven Teilnahme an<br />

einem Versorgungsnetzwerk CED scheint eher gering zu sein. Umso erfreulicher ist das<br />

erkennbare Interesse der Betroffenen an einer individuell zugeschnittenen Rückmeldung des<br />

eigenen Problemprofils zusammen mit Behandlungs/Beratungsempfehlungen. Für einen<br />

erweiterten Einsatz des fragebogengestützten Screenings von Problemfeldern empfiehlt sich<br />

eine weitere Automatisierung der Auswertung (z.B. internetbasierte Lösung).<br />

Die Machbarkeitsstudie bestätigt die Multifokalität des Krankheitsbildes. Die Patienten und<br />

Patientinnen mit MC oder CU sind im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung deutlich in ihrem<br />

Gesundheitszustand beeinträchtigt. Wir fanden erste Hinweise auf positive Effekte der<br />

komplexen Intervention im Rahmen des Netzwerkaufbaus. Inwieweit die im Projekt<br />

realisierte Form von individualisierter Patienteninformation (Problemprofil plus<br />

Versorgungsempfehlungen) messbare Vorteile für die CED-Patientinnen und Patienten mit<br />

sich bringt, wird aktuell in einer deutschlandweiten randomisierten, kontrollierten<br />

Interventionsstudie im Parallelgruppendesign konfirmatorisch geprüft.<br />

7


1. Hintergrund<br />

1.1. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa<br />

Colitis ulcerosa (CU) und Morbus Crohn (MC) zählen zu den wiederkehrend oder anhaltend<br />

entzündlichen Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes und werden als chronisch<br />

entzündliche Darmerkrankungen (CED) bezeichnet. Krankheitsverlauf und Schwere der<br />

Erkrankung können sehr unterschiedlich sein. Meistens verläuft die Krankheit schubweise.<br />

Bei vielen Patienten gibt es neben Phasen mit hoher Krankheitsaktivität lange Abschnitte<br />

relativer Gesundheit (Remission). Allerdings gibt es auch Patienten mit ständiger Aktivität der<br />

Darmentzündung (chronisch aktiv).<br />

Beide Krankheitsbilder sind durch Symptome wie Bauchschmerzen, Durchfall,<br />

Gewichtsverlust und Fieber gekennzeichnet. Neben den somatischen Beeinträchtigungen,<br />

unter denen die Betroffenen leiden, bringt die Erkrankung verschiedenste psychische und<br />

soziale Beeinträchtigungen mit sich, die die Teilhabe in allen Lebensbereichen und somit<br />

auch die Lebensqualität einschränken können [1,2]. Die Probleme resultieren dabei aus der<br />

Krankheit, aus den Behandlungen als auch aus dem chronisch Kranksein und der Situation<br />

der andauernden Behandlungsbedürftigkeit.<br />

Das Manifestationsalter liegt zumeist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Männer und<br />

Frauen sind etwa gleich häufig betroffen. Laut evidenzbasierten Leitlinien der Deutschen<br />

Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) liegt die jährliche<br />

Inzidenzrate beider Erkrankungen zusammen bei etwa 6 pro 100.000 Einwohner - mit<br />

steigender Tendenz [3,4]. Insgesamt rechnet die Deutsche Morbus Crohn/Colitis ulcerosa<br />

Vereinigung e.V. (DCCV) bei Prävalenzraten von MC von 1/500 bis 1/800 und von CU mit<br />

bis zu 170.000 Betroffenen zurzeit mit ca. 320.000 Betroffenen in Deutschland [5].<br />

1.2. Entwicklung und Inhalte der Versorgungspfade<br />

Mit dem Ziel einen ersten umfassenderen Einblick in die Vielfalt und Häufigkeit körperlicher<br />

und psychosozialer Probleme von Personen mit CED in Deutschland zu gewinnen und<br />

daraus Anknüpfungspunkte für eine integrierte multidisziplinäre Versorgung zu gewinnen,<br />

wurde im Jahr 2005 ein multiregionaler Fragebogensurvey durchgeführt [1]. 1083 CED-<br />

Patienten aus drei Regionen Nord-, Mittel- und Süddeutschlands beantworteten dafür einen<br />

35-seitigen Fragebogen, der auf der Basis der ICF der WHO entwickelt wurde und zahlreiche<br />

krankheitsassoziierte Probleme und Beeinträchtigungen erfasste. Mit Hilfe eines<br />

Fragebogens wurden 21 mögliche Problemfelder erfasst. Dazu gehören körperliche<br />

Schädigungen (z.B. perianale Probleme, Gelenkschmerzen), psychische Schädigungen (z.B.<br />

erhöhte Depressivität, Angst), Teilhabestörungen (z.B. Beeinträchtigung der Sexualität,<br />

Arbeitsunfähigkeit) sowie riskante Kontextfaktoren (z.B. Rauchen, geringe soziale<br />

Unterstützung, offene Informationsbedürfnisse). Nur 17% der Befragten zeigten keine<br />

8


Anzeichen einer „aktiven“ Problemlage, 51% berichteten von drei und mehr Problemfeldern,<br />

10% von 10 und mehr. Die Ergebnisse bestätigen insgesamt Befunde aus anderen<br />

(inter)nationalen Surveys [6,7,8,9,10].<br />

Im Rahmen eines strukturierten Konsensusverfahrens wurden im Anschluss an die<br />

Befragung evidenzbasierte und interdisziplinär konsentierte Versorgungspfade für<br />

Patientinnen und Patienten mit MC und CU entwickelt. Die Versorgungspfade gründen<br />

zudem auf den evidenzbasierten und konsentierten S3 Leitlinien für Morbus Crohn und<br />

Colitis ulcerosa, klinischen Überlegungen, Interviews mit medizinischen Fachleuten und<br />

Patientenvertretern, systematisch gesuchter empirischer Evidenz aus klinischen und<br />

Versorgungsstudien sowie auf den Ergebnissen der 2005 durchgeführten<br />

Betroffenenbefragung. Im Juniheft 2009 der Zeitschrift für Gastroenterologie [2] wurden die<br />

entwickelten Versorgungspfade für erwachsene Patientinnen und Patienten mit den<br />

chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa<br />

veröffentlicht.<br />

Sie geben Handlungsempfehlungen für eine umfassende Versorgung, die sowohl<br />

fächerübergreifend als auch problemorientiert sein sollte. Die Empfehlungen richten sich an<br />

ärztliche wie nichtärztliche Berufsgruppen und Einrichtungen, die an der Versorgung von<br />

Kranken mit CED beteiligt sind. Angezielt wird eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen<br />

den verschiedenen behandelnden Gruppen. Dies beinhaltet eine enge und zuverlässige<br />

Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen allen drei ambulanten Behandlungsebenen<br />

ebenso wie die enge Kooperation und Vernetzung unter den Versorgungssektoren und<br />

weiteren nichtärztlichen Berufsgruppen, Einrichtungen und Kostenträgern. Im Rahmen einer<br />

guten Versorgung von Patienten und Patientinnen mit chronisch entzündlichen<br />

Darmerkrankungen empfehlen sie zudem eine zeitnahe Diagnose, eine Versorgung nach<br />

den aktuellen Leitlinien sowie die Berücksichtigung bzw. umfassende Wahrnehmung der sie<br />

aktuell betreffenden körperlichen, seelischen und sozialen Probleme. Darüber hinaus sollen<br />

die Betroffenen stärker als bisher zur Mitwirkung an der Planung und Organisation ihrer<br />

eigenen Versorgung beteiligt und zu einer gemeinsamen Entscheidungsfindung mit den<br />

Behandlern angeregt werden. Vor allem vor dem multifokalen Hintergrund des<br />

Krankheitsbildes ist es bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungspatienten wichtig diese<br />

zur Bewältigung der vielfältigen Probleme und Beeinträchtigungen aktiv in das<br />

Behandlungsgeschehen einzubinden.<br />

Die Empfehlungen für eine umfassende wohnortnahe, krankheitsbegleitende und problem-<br />

bzw. risikoorientierte Versorgung beinhalten zudem den systematischen Einsatz eines<br />

Selbstausfüllfragebogens. Aus der Krankheit selbst, ihrer Behandlung und dem chronisch<br />

Kranksein können sich verschiedene körperliche, seelische und soziale Probleme ergeben.<br />

Zu ihrer Bewältigung benötigen CED-Erkrankte gegebenenfalls professionelle Hilfe im<br />

9


Rahmen einer interdisziplinären Versorgung. Um die Problemfelder zu erkennen und<br />

einzugrenzen, wird der regelmäßige Einsatz eines Fragebogens zum Screening<br />

krankheitsspezifischer Problemfelder empfohlen. Diese Empfehlung der Versorgungspfade<br />

für Patientinnen und Patienten mit MC oder CU richtet sich an jede der drei ambulanten<br />

Behandlungsebenen (Hausarztpraxen, gastroenterologische Facharztpraxen sowie CED-<br />

Schwerpunktpraxen bzw. CED-Ambulanzen) [2]. Mit Hilfe von sogenannten Problem-<br />

Leistungs-Koppelungen („condition-treatment pairs“) werden bestimmte Problembereich<br />

bestimmten präventiven, therapeutischen oder rehabilitativen Zugängen, Programmen,<br />

Berufsgruppen oder Leistungen zugeordnet. Die Zuordnung geschieht unter<br />

Berücksichtigung empirischer Evidenz zu ihrer Wirksamkeit und ihrem Nutzen. Die<br />

Auswertung des Screenings ergibt für jeden Patienten und jede Patientin ein individuelles<br />

Problemprofil. Im Arzt-Patienten-Gespräch sollten anschließend Art, Hintergrund und<br />

Ausmaß der identifizierten Probleme und Risiken genauer besprochen und gemeinsam,<br />

unter Berücksichtigung der aktuellen Situation der Patientin bzw. des Patienten,<br />

gegebenenfalls Behandlungsbedarfe formuliert werden. Die Patientin bzw. der Patient sollte<br />

zudem möglichst bei der Kontaktaufnahme zu den entsprechenden<br />

Versorgungseinrichtungen unterstützt werden. Die Koordination der verschiedenen<br />

Behandlungen übernimmt hauptverantwortlich die ambulante Behandlungsebene, die auch<br />

das Assessment der Problemfelder durchführt. Neben dem Assessment übernimmt der<br />

ambulante Versorgungssektor auch die Langzeitbetreuung der CED-Kranken. Die Betreuung<br />

erfolgt dabei auf drei Ebenen: auf der hausärztlichen Ebene (erste Behandlungsebene), auf<br />

der Ebene der spezialisierten gastroenterologischen Facharztpraxen (zweite<br />

Behandlungsebene) und auf der Ebene der hochspezialisierten CED-Schwerpunktpraxen<br />

oder CED-Ambulanzen (dritte Behandlungsebene). Auf welcher dieser drei Ebenen die<br />

Betroffenen überwiegend behandelt werden sollten, hängt vor allem von der Schwere und<br />

dem Verlauf der Krankheit ab.<br />

Die Versorgungspfade sehen die Langzeitbetreuung mono-/oligoepisodischer und<br />

intermittierender Krankheitsverläufe überwiegend als eine Aufgabe der hausärztlichen<br />

Behandlungsebene. Einmal im Jahr sollten die hier betreuten Patienten das Angebot<br />

erhalten, die gastroenterologischen Fachärzte/Fachärztinnen der nächsten Ebene<br />

aufzusuchen. CED-Patientinnen und Patienten mit chronisch aktivem Verlauf und einer<br />

stabilen Phase unter einer immunsuppressiven Dauertherapie ohne wesentliche<br />

Komplikationen werden schwerpunktmäßig von gastroenterologischen Fachpraxen versorgt.<br />

Ihnen sollte einmal jährlich eine Beratung auf der dritten Ebene angeboten werden.<br />

Betroffene mit schweren, komplizierten Krankheitsverläufen oder fulminantem Verlauf<br />

benötigen die hochspezialisierte Versorgung in CED-Schwerpunktpraxen oder CED-<br />

10


Ambulanzen. Die regionalen Gegebenheiten sowie Wünsche der Patientinnen und Patienten<br />

sollten dabei berücksichtigt werden. Auf allen ambulanten Behandlungsebenen ist darauf zu<br />

achten, dass den Betroffenen regelmäßig die Teilnahme an Schulungen angeboten wird. Es<br />

werden dabei Kenntnisse über die Erkrankung vermittelt, Fertigkeiten zur eigenen<br />

Einflussnahme auf die Gesundheit ausgebildet und Hilfen zur Selbstbeobachtung gegeben.<br />

Die Schulungsmaßnahmen zielen darauf ab, die Patientinnen und Patienten zu einer<br />

möglichst eigenständigen Problemerkennung und -bewältigung zu befähigen.<br />

Eine Behandlung mit Krankenhausaufenthalt wird dann notwendig, wenn die ambulanten<br />

Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, ein hoher Pflegebedarf oder ein<br />

unzureichendes Versorgungsangebot in der Wohnregion vorliegt.<br />

Wenn ein so komplexer Behandlungsbedarf besteht, dass die Vielzahl notwendiger<br />

Behandlungen kassenärztlich ambulant nur noch mit Mühe organisierbar erscheint, sollte<br />

eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme erwogen und eingeleitet werden. Angezielt wird<br />

vor allem die Erhaltung der sozialen und beruflichen Teilhabe der Betroffenen mittels<br />

multimodaler und multidisziplinärer Behandlung. Mit Hilfe eines regelmäßigen<br />

Problemassessment kann ein komplexer Behandlungsbedarf identifiziert werden.<br />

Die Abbildung 1 versucht das geschilderte Zusammenspiel der drei Versorgungssektoren in<br />

vereinfachter Weise schematisch zu beschreiben.<br />

11


Abbildung 1: Zusammenspiel der drei Versorgungssektoren nach den Versorgungspfaden<br />

1.3. Ziele und Fragestellung<br />

Die von 2009 bis 2011 durchgeführte Pilotstudie sollte primär die Machbarkeit der<br />

Umsetzung der Empfehlungen aus den Versorgungspfaden erproben.<br />

Neben Daten zur Akzeptanz und Beurteilung eines solchen Vorgehens durch die Patienten<br />

sollten erste Hinweise auf Effekte dieser komplexen Intervention auf das<br />

Versorgungsgeschehen sowie somatische und psychische Gesundheitsparameter der<br />

Betroffenen erfasst werden.<br />

Im Einzelnen wurden folgende Fragestellungen bearbeitet:<br />

12


Feasability: Lässt sich ein Versorgungsnetzwerk für CED-Erkrankte aufbauen? Wie groß ist<br />

das Interesse an einem solchen Versorgungsnetzwerk teilzunehmen? Wie lässt sich das von<br />

den Versorgungspfaden empfohlene Problemscreening umsetzten?<br />

Prozessevaluation: Welche Schwierigkeiten und Barrieren zeigen sich bei der<br />

Implementierung, welche Ansätze zur Optimierung sind erkennbar?<br />

Ergebnisevaluation: Zeigen sich bei den Betroffenen Hinweise auf Interventionseffekte in der<br />

sozialen Teilhabe (IMET), Befindens- oder Zufriedenheitsparametern, inwieweit ändert sich<br />

die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen?<br />

2. Methodik<br />

2.1. Studiendesign<br />

Die Pilotstudie war konzipiert als eine zweiarmige, prospektive Kohortenstudie mit zwei<br />

Erhebungszeitpunkten (Prä-Post-Messung) zu Beginn der Implementierungsaktivitäten und 6<br />

Monate später. Die folgende Abbildung 2 veranschaulicht das Studiendesign.<br />

Abbildung 2: Studiendesign<br />

Kalkulation der Stichprobengröße<br />

Als Basis der Fallzahlberechnung (Berechnung mit BiAS für Windows; Version 8) wurden<br />

Daten aus einer eigenen Querschnittsbefragung von über 1000 CED-Patienten [1]<br />

herangezogen. Als Zielparameter wurde das Ausmaß der Einschränkung der sozialen<br />

Teilhabe (gemessen als IMET-Summenscore [11]) gewählt. Für die Befragten ergab sich ein<br />

durchschnittlicher IMET-Summenscore von M=29 mit einer Standardabweichung von<br />

SD=22. Um Veränderungen zwischen IG und VG in einer Größenordnung von mindestens<br />

0.30 Effektstärken (z.B. Reduktion von M=29 auf M=22) bei zweiseitiger Testung unter α=5%<br />

13


und einer Power von 80% nachweisen zu können, ist eine Gruppengröße von IG und VG von<br />

je 157 Teilnehmern mit komplettem Datensatz erforderlich.<br />

Basierend auf den Erfahrungen anderer Studien wurde mit einer Rücklaufquote zur 6<br />

Monatskatamnese von 80% gerechnet. Je 200 Patienten und Patientinnen (ab 18 Jahren)<br />

mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa sollten daher in der Modellregion und der<br />

Vergleichsregion in das Projekt eingeschlossen werden.<br />

Hauptzielgrößen: Akzeptanz des Vorgehens durch die Patienten (Rückmeldung des<br />

individuellen Problemprofils plus Behandlungsempfehlungen); Nutzung der Materialien durch<br />

die Patienten (Netzwerkerbroschüre, Versorgungspfadebroschüre); Inanspruchnahme von<br />

Versorgungsleistungen und von Beratungsangeboten; erlebte Einschränkung der Teilhabe<br />

(IMET [11]), allgemeiner subjektiver Gesundheitszustand<br />

2.2. Netzwerkaufbau<br />

Der Aufbau eines regionalen CED-Versorgungsnetzes sollte eine engere Zusammenarbeit<br />

der verschiedenen medizinischen und nichtmedizinischen Berufsgruppen fördern und<br />

erleichtern. Für seinen Aufbau fand eine systematische Suche unter den an der Versorgung,<br />

Beratung und Unterstützung von CED-Betroffenen Beteiligten, nach potentiellen<br />

Netzwerkern in den Regionen Segeberg, Ostholstein, Plön, Kiel und Lübeck statt. Abbildung<br />

3 zeigt die gewählte Modellregion. Bei einer Einwohnerdichte von ungefähr 870.000 (über 18<br />

Jahren) und einer Prävalenzrate von 0,4% rechnet man mit ca. 3.480 CED-Betroffenen in<br />

der Modellregion.<br />

Abbildung 3: Modellregion<br />

14


Die Suche nach kassenärztlichen Allgemeinmedizinern, Praktischen Ärzten,<br />

Gastroenterologen, Augenärzten, Hautärzten, Proktologen und Rheumatologen erfolgte über<br />

den Webservice der Ärztekammer <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong> „ArztFindex“, nach recherchierten und<br />

festgelegten Postleitzahlen in der Modellregion. Eine entsprechende Liste zu hausärztlichen<br />

Internisten in der Region wurde von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zur Verfügung<br />

gestellt. Potentielle nichtmedizinische Netzwerker konnten über die jeweiligen<br />

Berufsverbände, Therapeutenkammern oder über das Internet recherchiert werden:<br />

Ergotherapeuten über den Deutschen Verband der Ergotherapeuten (DVE e.V.);<br />

Ernährungsberater über den Verband der Diätassistenten - Deutscher Bundesverband e.V.<br />

(VDD), den Verband der Oecotrophologen (VDOE e.V.) sowie über die Deutsche<br />

Gesellschaft der qualifizierten Ernährungstherapeuten und Ernährungsberater (QUETHEB<br />

e.V.); Physiotherapeuten über den Deutschen Verband für Physiotherapie sowie den<br />

Zentralverband der Physiotherapeuten/Krankengymnasten (ZVK e.V.); Psychologische<br />

Psychotherapeuten über die Arbeitsgemeinschaft „PSYCH-INFO“ der<br />

Psychotherapeutenkammer; zertifizierte Therapeuten/Innen für spezielle<br />

Schmerzpsychotherapie, Krankenkassen (>500.000 Versicherte, bundesweit), Reha-<br />

Servicestellen der Deutschen Rentenversicherung sowie Selbsthilfeorganisationen über das<br />

Internet.<br />

Unterstützung im Rahmen der Projektdurchführung, speziell beim Aufbau des Netzwerkes,<br />

wurde durch die CED-Steuerungsgruppe, die während des Netzwerkaufbaus gegründet<br />

wurde, geleistet. Mitglieder der Steuerungsgruppe sind: Frau Dr. Jessen (Gastroenterologin,<br />

Altenholz), Herr Prof. Ludwig (Gastroenterologe, Bad Segeberg), Herr Dr. Mackenroth<br />

(Gastroenterologe, Lübeck), Herr Prof. Schreiber (CED-Ambulanz, Kiel), Herr Dr. Schroeder<br />

(CED-Schwerpunktpraxis, Kiel) und Frau Wintermeyer (Gastroenterologin, Kiel).<br />

Im Anschluss an die Netzwerkerrecherche wurden im Februar 2010 (17.02.) 1357 potentielle<br />

Netzwerker in der schleswig-holsteinischen Modellregion postalisch über das<br />

Studienvorhaben informiert und zur Teilnahme am Modellprojekt eingeladen (Tab. 1). Das<br />

Anschreiben ist dem Anhang 1 zu entnehmen.<br />

15


Tabelle 1: Ergebnis der Suche nach potentiellen Netzwerkern in der Modellregion, Zuordnung zu drei<br />

Gruppen<br />

Vertreter der drei ambulanten<br />

Behandlungsebenen<br />

potentielle Netzwerker<br />

weitere ärztliche Behandler<br />

nichtärztliche Gruppen/<br />

Einrichtungen<br />

(765 Adressen) (230 Adressen) (362 Adressen)<br />

Allgemeinmediziner,<br />

hausärztliche Internisten<br />

Ergotherapeuten 27<br />

720 Augenärzte 91 Ernährungsberater 41<br />

Gastroenterologen 42 Chirurgen /Proktologen 12<br />

CED-<br />

Hochschulambulanzen<br />

Physiotherapeuten/<br />

Krankengymnasten<br />

2 Dermatologen 71 Psychotherapeuten 96<br />

Rehaklinik 1 Rheumatologen 16 Krankenkassen 30<br />

Schmerztherapeuten 40 Rentenversicherung 38<br />

CED-Versorgungspfade zu berücksichtigen und die Empfehlungen im Versorgungsalltag<br />

16<br />

104<br />

Sozialberatungsstellen 26<br />

Die Vertreter der drei ambulanten Behandlungsebenen erhielten mit dem Anschreiben eine<br />

Broschüre zu den Versorgungspfaden („Versorgungspfadebroschüre“ s. 2.4.2., Anhang 2),<br />

eine Projektbeschreibung (s. Anhang 3) sowie eine Rückantwortkarte (s. Anhang 4.1), mit<br />

der die Teilnahme am Projekt bestätigt sowie die Einwilligung zur Aufführung in einem<br />

Netzwerkerverzeichnis gegeben werden konnte. Zudem bot die Rückantwortkarte die<br />

Möglichkeit, weitere Informationsmaterialien anzufordern. Zum einen konnten interessierte<br />

potentielle Netzwerker die Langfassung der CED-Versorgungspfade (Publikation), die<br />

DGVS-Leitlinien zu Diagnostik und Therapie von Morbus Crohn bzw. Colitis ulcerosa oder<br />

auch die Kurzfassung der DGVS-Leitlinien für Hausarztpraxen anfordern. Zugleich konnten<br />

mit Hilfe der Rückantwortkarte Fragebögen angefordert werden.<br />

Alle weiteren ärztlichen sowie nichtärztlichen Ansprechpartner erhielten neben der<br />

Projektbeschreibung und der Versorgungspfadebroschüre einen Steckbrief (s. Anhang 5),<br />

der über beide Krankheitsbilder näher informierte. Die Vertreter beider Gruppen bekamen<br />

ebenfalls die Möglichkeit sich durch das Zurücksenden der beiliegenden Rückantwortkarte<br />

(s. Anhang 3.2.) an dem Pilotprojekt zu beteiligen, in die Netzwerkerbroschüre<br />

aufgenommen zu werden sowie die Langfassung der CED-Versorgungspfade (Publikation)<br />

anzufordern.<br />

Das Interesse, an einer kostenfreien Fortbildung zum Thema CED, wurde ebenfalls mit der<br />

beiliegenden Rückantwortkarte von allen angeschriebenen potentiellen Netzwerkern erfasst.<br />

Anschließend wurden allen Respondern die gewünschten Informationsmaterialien zur<br />

Verfügung gestellt sowie die Netzwerkerbroschüre (s. 2.4.1.), zur Verteilung an alle<br />

Netzwerker und Patienten, erstellt.<br />

Mit der Teilnahme am Modellprojekt erklärten sich alle Netzwerker bereit, die Inhalte der


umzusetzen. Dies umfasst eine diagnostische und therapeutische Vorgehensweise, die sich<br />

an den Empfehlungen der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und<br />

Stoffwechselkrankheiten (DGVS) orientiert.<br />

2.3. Screeningfragebogen (Problemassessment)<br />

Der 14-seitige Screening-Fragebogen (s. Anhang 6), der im Rahmen der Untersuchung an<br />

die CED-Betroffenen ausgeteilt wurde, erfasst neben Angaben zu soziodemographischen<br />

Merkmalen, zur aktuellen Medikation und Inanspruchnahme von Behandlungs- und<br />

Beratungsangeboten, insgesamt 22 Problemfelder. Dazu gehören körperliche Schädigungen<br />

(z.B. behindernde Schmerzen, extraintestinale Manifestationen), psychische Schädigungen<br />

(z.B. erhöhte Depressivität, Angst), Teilhabestörungen (z.B. Beeinträchtigung der Sexualität,<br />

Arbeitsunfähigkeit), risikobehaftete Umweltfaktoren (z.B. finanzielle Probleme, geringe<br />

soziale Unterstützung) sowie risikobehaftete Personenfaktoren (z.B. Informationsdefizite,<br />

Rauchen). Er wurde auf der Basis des von der Lübecker Arbeitsgruppe bereits im Jahr 2005<br />

eingesetzten Erhebungsinstrumentes entwickelt und orientiert sich an dem von der<br />

International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) der<br />

Weltgesundheitsorganisation vorgeschlagenen Komponentenmodell zur Beurteilung der<br />

Funktionsfähigkeit einer Person [12]. Einzelne Erhebungsinstrumente des<br />

Screeningfragebogens wurden somit bereits 2005 im Rahmen des Surveys entwickelt und<br />

erprobt.<br />

Der Fragebogen für das Pilotprojekt wurde einem qualitativen Pre-Test mit fünf<br />

Patientinnen/Patienten der CED-Ambulanz am <strong>Universitätsklinikum</strong> <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>,<br />

Campus Lübeck unterzogen und in diesem Zug weiterentwickelt und modifiziert. Ein<br />

wesentliches Anliegen des Pretests war es, die Verständlichkeit des Fragebogens zu<br />

überprüfen und Anmerkungen sowie Verbesserungsvorschläge aufzugreifen und<br />

einzuarbeiten.<br />

Neben den eingeführten Messinstrumenten (z.B. HADS-D; TICS, IMET, SPE, SF-36, GIBDI)<br />

kamen verschiedene Einzelitems zum Einsatz. Diese eingesetzten Items wurden in einer<br />

Stichprobe von 50 Betroffenen auf ihre Reliabilität getestet. Dabei wurde der Fragebogen<br />

zweimal im Abstand von 14 Tagen ausfüllt. Es zeigten sich für die eigen eingesetzten Items<br />

befriedigende bis sehr gute Test-Rest-Reliabilitäten (Cohens Kappa bzw. Interclass-<br />

Correlation von 0.49 bis 0.97).<br />

Tabelle 2 gibt für jedes der 22 berücksichtigten Problemfelder an, mit welchen Skalen/Items<br />

es erfasst und wann von einem „aktiven“ Problemfeld ausgegangen wird. Die letzte Spalte<br />

nennt die nach den Versorgungspfaden empfohlene Beratung/Behandlung.<br />

17


Tabelle 2: Operationalisierung der im Screeningfragebogen erfassten Problemfelder mit zugeordneten Behandlungsempfehlungen<br />

Problemfeld Messinstrument Problemfeld aktiv, wenn<br />

Körperfunktionen/strukturen (psychische u. somatische Schädigungen)<br />

Depressivität HADS-D [13] Score > 9<br />

Angst HADS-D Score > 11<br />

Vitalitätsverlust Subskala SF-36 [14] Score < 23.7 (Frau) bzw. 30.2 (Mann)<br />

behindernde Schmerzen 2 Einzelitems<br />

18<br />

Schmerzen in den letzten 3 Monaten „oft“ bzw. „(fast) immer“ und<br />

schmerzbedingte Einschränkung im Alltagsleben „stark“ bzw. „sehr<br />

stark“<br />

ausgeprägte Krankheitsaktivität GIBDI-Score [15] GIBDI-Score > 7 (= moderate bzw. severe activity)<br />

Begleiterkrankungen 4 Einzelitems<br />

Stomaversorgung ungenügend<br />

(nur Stomaträger)<br />

2 Einzelitems<br />

in der letzten Woche betroffen von: starken Gelenkschmerzen oder<br />

Entzündungen der Augenhäute oder Hautveränderungen oder Fisteln<br />

oder Abszessen<br />

unzureichend informiert über Handhabung oder aktuell Probleme mit<br />

Stoma<br />

empfohlene Behandlung/<br />

Beratung<br />

Psychotherapie,<br />

Selbsthilfegruppe, DCCV<br />

Psychotherapie, Selbsthilfegruppe,<br />

DCCV, Kurse Entspannungstechniken<br />

medizinische Abklärung (z.B. Anämie)<br />

Physiotherapie, Psychotherapie<br />

Schmerz(psycho)therapie,<br />

Rheumatologe (bei Gelenkschmerzen)<br />

Einbezug spezialisierter Facharztpraxen<br />

(dritte ambulante Ebene)<br />

Überweisung zu Rheumatologe,<br />

Augenarzt, Dermatologe, Proktologe,<br />

Gastroenterologe<br />

Stomatherapie<br />

starkes Schamgefühl Einzelitem sich seiner Krankheit schämen-Antwort: „trifft auf mich voll und ganz zu“ Selbsthilfegruppe, DCCV<br />

Einschränkungen in Aktivitäten und Partizipation<br />

Alltagsaktivitäten eingeschränkt<br />

4 IMET-Einzelitems (1-4)[11]<br />

(s. Anhang 6, Seite 6)<br />

bei mindestens einem von 4 Beeinträchtigung > 6 (Skala 0 bis 10)<br />

Physiotherapie, Ergotherapie,<br />

Pflegedienst, Sozialberatung,<br />

medizinische Rehabilitation<br />

soziale - und Freizeit-Aktivitäten IMET-Einzelitems (5-6) bei beiden Beeinträchtigung > 6 (Skala 0 bis 10) Selbsthilfe, DCCV<br />

Beziehung zu (Ehe)Partner oder<br />

Freunden<br />

IMET-Einzelitem (7) Beeinträchtigung > 6 (Skala 0 bis 10)<br />

Selbsthilfe, DCCV, Lebensberatung,<br />

Eheberatung<br />

Sexualität IMET-Einzelitem (8) Beeinträchtigung > 6 (Skala 0 bis 10) Arztgespräch, Sexualtherapie<br />

Ernährung Einzelitem Beeinträchtigung > 6 (Skala 0 bis 10) Ernährungstherapie


gefährdete Teilhabe am Arbeitsleben<br />

(nur bei Erwerbstätigen)<br />

Risikobehaftete Umweltfaktoren<br />

anhaltende Stressbelastung<br />

geringe soziale Unterstützung<br />

SPE-Skala [16]<br />

AU-Tage<br />

TICS Screening Skala [17]<br />

CED-Stress-Skala (CSS)<br />

[18]<br />

Einzelitem des WHO-<br />

QOL BREF [19]<br />

Score > 2 (unsicher, aufgrund des derzeitigen Gesundheitszustandes<br />

bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters berufstätig sein zu<br />

können und dauerhaft Erwerbsfähigkeit gefährdet und Gedanke Antrag<br />

auf EU-Rente zu stellen) oder mehr als 10 AU-Tage in den letzten 3<br />

Monaten<br />

Screening-Skala zum chronischen Stress (SSCS)-Score > 23 oder<br />

CSS > 7<br />

unterstützende Person „eher nicht“ bzw. „überhaupt nicht“ erreichbar<br />

finanzielle Probleme Einzelitem Erbringung von Zuzahlungen „schwierig“ bzw. „sehr schwierig“<br />

Schwierigkeiten mit<br />

Krankenkasse/Versicherung<br />

Risikobehaftete Personenfaktoren<br />

3 Einzelitems<br />

im letzten Jahr wurde eine Leistung von Krankenkasse wegen CED<br />

verwehrt und ziemlich unzufrieden mit KK oder Abschluss einer<br />

Versicherung wegen CED verwehrt<br />

berufliche, medizinische Rehabilitation<br />

Stressbewältigungstraining,<br />

Kurse Entspannungstechniken,<br />

Psychotherapie<br />

Beratungsgespräch KK,<br />

Rehaservicestellen, DCCV,<br />

sozialrechtliche Beratung<br />

Finanzierungsberatung, sozialrechtliche<br />

Beratung<br />

sozialrechtliche Beratung, DCCV,<br />

Verbraucherzentralen<br />

Rauchen (nur Morbus Crohn) Einzelitem aktuell Raucher Nichtrauchertraining<br />

Informationsdefizit<br />

gefährdete<br />

Medikamentenadhärenz<br />

Liste von 11 Themen +<br />

Einzelitem (vierstufig)<br />

3 Einzelitems<br />

Alternativmedizin 2 Einzelitem<br />

benötigt zu 6 und mehr Themen Informationen oder gibt an sich<br />

„(überhaupt) nicht“ informiert zu fühlen<br />

CED-Medikamente „wirken gar nicht“ o. „kaum spürbare Wirkung“ oder<br />

Leiden unter „starken“ Nebenwirkungen in den letzten 3 Monaten oder<br />

„häufige“ o. „sehr häufige“ Einnahmeprobleme in den letzten 3 Monaten<br />

Behandlung mit alternativ- bzw. komplementärmedizinischen o.<br />

naturheilkundlichen Verfahren in letzten 6 Monaten und Arzt nicht<br />

informiert<br />

Schulung, Arzt-Patienten-Seminar,<br />

Internet-Infoportale, DCCV, BÄK<br />

Arztgespräch<br />

Arztgespräch<br />

19


Die Krankheitsaktivität wurde mit Hilfe des GIBDI-Scores [15] (German Inflammatory Bowel<br />

Disease Index) erfragt. Der GIBDICD (MC-Patienten) wird aus 7 Items gebildet: Anzahl<br />

flüssiger Stühle pro Tag; Allgemeinbefinden in der letzten Woche; Begleiterkrankungen in<br />

der letzten Woche wie Bauchschmerzen; Fieber; aktuelle Gelenk-, Haut- oder<br />

Augenerkrankungen; Fisteln und Abszesse und dem Body-Mass-Index.<br />

Der GIBDIUC (CU-Patienten) wird aus 6 Items gebildet, entsprechend dem GIBDICD. Bei der<br />

Berechnung werden jedoch keine Fisteln/Abzesse und kein BMI berücksichtigt, zusätzlich<br />

wird die Blutbeimengung im Stuhl bei der Auswertung mit einbezogen.<br />

Das Ausmaß der Krankheitsaktivität wird als Summenscore aus den Items errechnet. Der<br />

Wertebereich des GIBDICD sowie des GIBDIUC liegt zwischen 0 und 18: Es wird<br />

unterschieden zwischen: keine Aktivität (0-3), leichte Aktivität (4-7), mittlere Aktivität (8-11)<br />

und schwere Aktivität (≥ 12). Der Summenscore wird nur gebildet, wenn für die Items 1 bis 3<br />

(Stuhlgangfrequenz, allgemeine Befindlichkeit und Bauchschmerzen) kein missing value<br />

vorliegt; ein fehlender Wert bei den übrigen Items wird mit dem Punktwert Null verrechnet<br />

[15].<br />

Die Vitalität wurde mit Items des SF-36 [14] ermittelt.<br />

Zur Erfassung von Angst und Depressivität wurde die deutsche Version der Hospital Anxiety<br />

und Depression Scale HADS-D [13] benutzt. Sie besteht aus zwei Skalen (Angst,<br />

Depression) mit je sieben Items, die jeweils mit 0 bis 3 Punkten bewertet werden. Für die<br />

Angstskala der HADS wurde, wie zur Abgrenzung einer klinisch relevanten Störung<br />

empfohlen und bereits in jüngeren Vergleichsstudien verwendet, ein Cut-Off-Wert von<br />

≥ 11 Punkten verwendet. Bei der Depressionsskala wurde mit einem Cut-Off<br />

von ≥ 9 Punkten nach der deutschen Empfehlung gearbeitet [22].<br />

Der Index zur Messung von Einschränkungen der Teilhabe (IMET [11]) wurde im Rahmen<br />

der Studie zur Messung der Teilhabeeinschränkungen verwendet. Der IMET umfasst<br />

9 Items, die jeweils für verschiedene Lebensbereiche Teilhabeeinschränkungen auf einer<br />

Skala von 0 bis 10 erfragen. 8 der 9 Items wurde in der Befragung eingesetzt. Das Item zur<br />

Stressbelastung wurde ausgeschlossen, da der Parameter Stress als eigenes Problemfeld<br />

mit anderen Messinstrumenten erfasst wurde.<br />

Die subjektive Prognose der Erwerbsfähigkeit wurde mit der SPE-Skala [16] (umfasst drei<br />

Items) erhoben: die dauerhafte Gefährdung der Erwerbsfähigkeit durch den aktuellen<br />

Gesundheitszustand, die subjektive Prognose für die Berufstätigkeit bis zum Rentenalter<br />

sowie die Absicht, aus gesundheitlichen Gründen einen Rentenantrag zu stellen. Durch<br />

Addition wird ein Risikoscore für die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit (Range: 0 – 3 Punkte)<br />

berechnet. Die Punktwerte des Risikoscores werden kategorial interpretiert (0 = keine,<br />

1 = leichte, 2 = mittlere, 3 = starke Gefährdung).<br />

20


Ferner enthält der Fragebogen eine 12-Item-Screening-Skala, die ein Globalmaß für erlebten<br />

Stress liefert. Diese entstammt dem TICS, das zur differenzierten Diagnostik verschiedener<br />

Facetten von chronischem Stress genutzt wird. Bei der Beantwortung des TICS geben die<br />

Untersuchungspersonen an, wie oft sie in den letzten drei Monaten eine bestimmte Situation<br />

erlebt bzw. Erfahrung gemacht haben. Es wurde ein Cut-Off-Wert von >23 Punkten<br />

verwendet. Der gewählte Cut-off-Wert entspricht dabei Mittelwert plus 1<br />

Standardabweichung der Normstichprobe [17].<br />

Das Screening derzeit aktiver Problemfelder wurde auch zur Feststellung eines möglichen<br />

Rehabilitationsbedarfs der Teilnehmer genutzt. Dabei wurde auf den Lübecker Algorithmus<br />

zurückgegriffen. Nach ihm sollte der Komplexität der Rehabehandlung eine ebenso<br />

komplexe Problemlage auf Seiten der Versicherten gegenüberstehen [20].<br />

Rehabilitationsbedarf wird nach dem Lübecker Algorithmus dann postuliert, wenn ein so<br />

komplexer Behandlungsbedarf besteht, dass die Vielzahl notwendiger Behandlungen<br />

kassenärztlich ambulant nur noch mit Mühe organisierbar erscheint. Im Rahmen der CED-<br />

Machbarkeitsstudie wurde er bei 5 und mehr notwendigen präventiven, therapeutischen oder<br />

rehabilitativen Zugängen, Programmen, Berufsgruppen oder Leistungen festgelegt.<br />

Neben Items zum Screening der 22 Problemfelder und zur Ermittlung des Rehabedarfs<br />

enthielt der Katamnesebogen der IG Items zur Untersuchung der Akzeptanz des Vorgehens.<br />

Die Akzeptanz des Vorgehens wurde teils über die Bewertungen der Materialien, mit Hilfe<br />

der Fragestellung „Im Rahmen unseres Modellprojektes erhielten Sie verschiedene<br />

Materialien. Welche Materialien würden Sie zukünftig auch anderen CED-Patienten<br />

weiterempfehlen?“, operationalisiert. Die Fragestellung bezog sich dabei auf die<br />

Einzelbewertung des Fragebogens mit Rückmeldung von Problembereichen, der<br />

Handlungsempfehlungen zu den Problembereichen, der Versorgungspfadebroschüre und<br />

der Netzwerkerbroschüre. Zudem wurde mit der Frage „Wie würden Sie unser Vorgehen<br />

(Bestimmung von Problembereichen mittels Fragebogen und Rückmeldung dieser mit<br />

persönlichen Handlungsempfehlungen) insgesamt beurteilen?“ die Beurteilung des<br />

Gesamtvorgehens durch die IG erfasst. Als weitere Indikatoren für die Akzeptanz wurde die<br />

Partizipationsrate zur zweiten Befragung herangezogen sowie die Umsetzung der<br />

Empfehlungen überprüft.<br />

2.4. Materialien für die Modellregion<br />

2.4.1. Netzwerkerbroschüre<br />

Die Teilnehmer des Netzwerkes wurden mit ihrer Zustimmung namentlich in einer Broschüre<br />

aufgelistet. Die Netzwerkerbroschüre (s. Anhang 7) wurde den beteiligten Praxen sowie allen<br />

teilnehmenden Patientinnen und Patienten als Sammlung von Leistungsanbietern in der<br />

Modellregion zur Verfügung gestellt.<br />

21


Sie sollte die Betroffenen sowie die betreuenden Vertreter der ambulanten<br />

Behandlungsebene bei der Kontaktaufnahme unterstützen und dabei helfen, einen<br />

geeigneten Ansprechpartner für ein bestimmtes Problemfeld zu finden. Die 56-seitige<br />

Broschüre umfasst eine Aufstellung der Kontaktdaten der Netzwerker der drei ambulanten<br />

Behandlungsebenen sowie weiterer ärztlicher und nichtärztlicher Berufsgruppen,<br />

Einrichtungen und Kostenträger (Anschrift, Telefonnummer, ggf. E-Mail-Adresse und<br />

Website) sowie einen Überblick über weiterführende Informationsmöglichkeiten (in<br />

aktualisierter Version ab Januar 2011). Alle Netzwerkergruppen sind jeweils nach<br />

Postleitzahlen, beginnend mit der kleinsten, geordnet. Eine Art „Landkarte“ gibt Auskunft<br />

über Lage, Ort und Anzahl der Ansprechpartner in der Modellregion. Die aktuellste Version<br />

der Netzwerkerbroschüre konnte auf der Internetseite der Seniorprofessur für<br />

Bevölkerungsmedizin unter dem Auftritt des Projektes kostenfrei heruntergeladen werden.<br />

2.4.2. Versorgungspfadebroschüre<br />

Die Inhalte der publizierten Versorgungspfade wurden laienverständlich in einer 19-seitigen<br />

Broschüre für CED-Patientinnen und Patienten zusammengefasst. Die Broschüre gibt kurz<br />

und bündig die wichtigsten Aussagen der Versorgungspfade wieder. Sie informiert über die<br />

möglichen Krankheitsverläufe bei CED, die Aufgaben der verschiedenen<br />

Versorgungssektoren und ambulanten Behandlungsebenen und die Merkmale einer guten<br />

Versorgung. Bei der Erstellung wurde weitgehend auf Fachbegriffe verzichtet, wurden<br />

dennoch medizinische Begriffe verwendet, wurden sie erläutert. Im Rahmen des<br />

Pilotprojektes erhielten alle Vertreter der drei ambulanten Behandlungsebenen mit dem<br />

Anschreiben diese laienverständliche Broschüre zu den Versorgungspfaden. In den<br />

Fragebogenpaketen, die über die DCCV, die Netzwerker und die Presse an die Patientinnen<br />

und Patienten verteilt wurden, war ebenso eine Broschüre enthalten. Zusätzlich hatten die<br />

Teilnehmer der Modellregion die Möglichkeit die Broschüre auf der Webseite der<br />

Projektgruppe kostenfrei einzusehen und herunterzuladen.<br />

2.4.3. Rückmeldung individuell zugeschnittener Patienteninformationen<br />

Alle Studienteilnehmer der Interventionsgruppe bekamen die Ergebnisse des Problem-<br />

Screenings durchschnittlich 3 ½ Wochen nach der ersten Befragung (Eingang der<br />

Fragebögen vom 16.04. bis 22.07.2010; Aussendung der Auswertungen im Zeitraum vom<br />

11.06. bis 26.07.2010) zugeschickt. Sie erhielten diese zusammen mit entsprechend<br />

zugeschnittenen Versorgungsempfehlungen, nach den Vorgaben der entwickelten<br />

Versorgungspfade. Ihnen wurden Informationen zu den Problembereichen, bei denen sich<br />

für ihre Person ein möglicher Handlungsbedarf erkennen ließ, mitgeteilt. Diese Problemfelder<br />

22


wurden ihnen näher erläutert und mögliche Behandlungs- und Beratungsangebote<br />

vorgestellt.<br />

Im Rahmen der Auswertung aktiver Problemfelder wurden die Antworten im Fragebogen mit<br />

Hilfe eines Computerprogramms (SPSS und Excel) verarbeitet. Die Ergebnisse der<br />

Auswertung wurden in einem zweiten Schritt automatisch bestimmten vorformulierten<br />

Empfehlungen (Textbausteinen) zugeordnet. Die Textbausteine beziehen sich dabei auf die<br />

in Tab. 2 dargestellten Problemfelder und den zugeordneten Behandlungsempfehlungen. Die<br />

Textbausteine sowie das zugehörige Anschreiben sind dem Anhang 8 zu entnehmen.<br />

Um die Ergebnisse des Problemscreenings und die erhaltenen Empfehlungen zu<br />

besprechen, wurden den teilnehmenden Patientinnen und Patienten ein Gespräch mit ihrem<br />

behandelnden Arzt oder ihrer Ärztin nahegelegt. In Abhängigkeit von den persönlichen<br />

Problemprofilen der Kranken und ihren Wünschen sollten entsprechende medizinische wie<br />

nichtmedizinische Berufsgruppen in die Behandlung einbezogen werden. Diese sollen ihre<br />

Hilfe bei der Bewältigung der jeweiligen Belastungen anbieten. Die Koordination der<br />

verschiedenen Aktivitäten sollte in der Regel weiterhin durch die ambulante<br />

Behandlungsebene, die die Langzeitbetreuung der Betroffenen übernimmt, erfolgen.<br />

Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt oder Ärztin sollte das am besten geeignete<br />

Vorgehen gewählt werden.<br />

Ca. 7 ½ Monate (MW 35 Wochen/ SD 3,5 Wochen; min. 6 Monate, max. 9 Monate) nach der<br />

ersten Befragung bekamen alle Studienteilnehmer den zweiten Fragebogen zugeschickt.<br />

Eine Rückmeldung an die Teilnehmer aus der Region um Herne und Minden erfolgte erst auf<br />

der Basis der Angaben zum zweiten Befragungszeitpunkt.<br />

2.5. Patientenrekrutierung für das Problemfeld-Screening in der Modellregion<br />

Ab April 2010 wurden Patientinnen und Patienten über die zuvor gewonnenen Netzwerker<br />

universitärer CED-Ambulanzen, städtischer und ländlicher Facharzt- und<br />

Schwerpunktpraxen und aus dem Mitgliederbestand der Betroffenenorganisation DCCV<br />

rekrutiert. Zusätzlich hatten Betroffene die Möglichkeit sich auf Annoncen, die in regionalen<br />

Zeitungen geschaltet wurden, zu melden.<br />

2.5.1. Rekrutierung über Netzwerker<br />

Den beteiligten Netzwerkern der drei ambulanten Behandlungsebenen (Hausarztpraxen,<br />

gastroenterologische Facharztpraxen, Hochschulambulanzen) wurden im Zeitraum vom<br />

17.03. bis 17.06.2010 die angeforderten Unterlagen einschließlich des entwickelten<br />

Screeningfragebogens zum Weiterleiten an ihre CED-Patientinnen und Patienten durch das<br />

Institut für Sozialmedizin zur Verfügung gestellt. Die Fragebogen-„Pakete“ enthielten neben<br />

dem Fragebogen Informationen zur Studie und eine Einwilligungserklärung zur Teilnahme<br />

23


am Modellprojekt (s. Anhang 9 und 10), weiterhin die Versorgungspfadebroschüre sowie ein<br />

Rücksendekuvert zur kostenfreien Rücksendung der bearbeiteten Materialien. Die<br />

Fragebogen-„Pakete“ wurden in den Praxen an die CED-Patientinnen und Patienten<br />

ausgegeben.<br />

2.5.2. Rekrutierung über DCCV<br />

Über die Selbsthilfeorganisation DCCV e.V. wurden Mitglieder in der Modellregion<br />

angeschrieben. Die mit Codenummern versehenen Fragebögen wurden in einem Umschlag<br />

mit Anschreiben, Versorgungspfadebroschüre, Einwilligungserklärung und Rückumschlag<br />

von Lübeck aus zuerst an die DCCV-Zentrale in zwei Aussendungswellen (07.04.2010 und<br />

19.05.2010) verschickt und anschließend über die DCCV an die recherchierten Mitglieder<br />

weitergeleitet. Der ausgefüllte Screeningfragebogen und die Einwilligungserklärung konnten<br />

anschließend in einem Freikuvert zur Auswertung direkt an die Studienzentrale (Institut für<br />

Sozialmedizin in Lübeck) geschickt werden.<br />

2.5.3. Rekrutierung über Presse<br />

Zusätzlich wurden Betroffene über Studienaufrufe (April/Mai 2010) in den Lübecker wie<br />

Kieler Nachrichten, im Ostholsteiner Anzeiger, der Segeberger Zeitung sowie im <strong>Schleswig</strong>-<br />

holsteinischen Ärzteblatt angesprochen. Der Aufruf wurde zudem auf verschiedenen<br />

Portalen im Internet geschaltet. Studieninteressierte hatten nach Veröffentlichung der Artikel<br />

die Möglichkeit sich telefonisch oder per E-Mail direkt an die Studienzentrale zu wenden,<br />

sich über die Studie zu informieren und die Studienunterlagen zusammen mit dem<br />

Fragebogen anzufordern.<br />

2.5.4. Rekrutierung einer Vergleichsgruppe<br />

Zeitgleich wurden in zwei weiteren Regionen Deutschlands (Minden und Herne) mit<br />

denselben Instrumenten Befragungen von CED-Patientinnen und Patienten durchgeführt.<br />

Diese Vergleichsgruppe wurde durch drei weitere gastroenterologische Facharztpraxen<br />

(zwei Praxen in Herne, eine in Minden) rekrutiert. An die Rekrutierungspraxen wurden am<br />

09.04.2010 jeweils 150 1 vorbereitete Fragebogenpakete verschickt. Bei Interesse wurden die<br />

Fragebogenpakete mit Fragebogen, Patienteninformation, Einwilligungserklärung und<br />

Freikuvert an Patientinnen und Patienten ausgegeben. Die vorbereiteten Umschläge<br />

enthielten keine Versorgungspfadebroschüre und eine abgewandelte Patienteninformation<br />

(s. Anhang 11). In dieser wurde darauf hingewiesen, dass erst nach der zweiten<br />

Fragebogenerhebung eine Rückmeldung des dann aktuellen Problemprofils erfolgen würde.<br />

Der ausgefüllte Screeningfragebogen konnte ebenfalls von den Patientinnen und Patienten<br />

1 50 Fragebögen in Herne nachgefordert, am 06.05 zweite Aussendung<br />

24


in einem Freikuvert zur Auswertung direkt an die Studienzentrale (Institut für Sozialmedizin in<br />

Lübeck) geschickt werden.<br />

2.5.5. Ein- und Ausschlusskriterien<br />

Es wurden nur Personen eingeschlossen, die bestätigten, dass von ärztlicher Seite eine CU<br />

oder ein MC diagnostiziert worden war und einer erneuten Befragung nach 6 Monaten<br />

zustimmten. Weiterhin musste eine unterschriebene Einwilligungserklärung mit vollständiger<br />

Anschrift und Namen vorliegen. Da sich die von uns publizierten evidenzbasierten und<br />

interdisziplinär konsentierten Versorgungspfade auf erwachsene CED-Erkrankte<br />

konzentrieren, wurden nur volljährige CED-Erkrankte in das Pilotprojekt eingeschlossen. Alle<br />

Fragebögen, die bis zum 22.07.2010 zurückgesandt wurden, wurden unter Berücksichtigung<br />

aller Ein- und Ausschlusskriterien in die Studie eingeschlossen.<br />

2.6. Datenverarbeitung und statistische Analysen<br />

Die Fragebogendaten wurden mittels Microsoft Access 2003 erfasst und in SPSS 17.0 für<br />

Windows überführt. Anschließend wurde eine Datenprüfung durchgeführt. Um die<br />

Fehlerquote zu prüfen, wurde bei knapp 25% der Fragebögen eine Eingabekontrolle<br />

vorgenommen. Es zeigte sich eine Fehlerquote, bezogen auf die Nicht-Übereinstimmung,<br />

von 1,2%. Zusätzlich wurde eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt (Häufigkeitsberechnung).<br />

Die Daten wurden nachfolgend mit dem Statistikpaket SPSS 17.0 für Windows sowie BiAS<br />

Version 8.1 für Windows analysiert.<br />

Für nominal- sowie ordinalskalierte Variablen werden die Ergebnisse in Prozentangaben<br />

dargestellt. Ergebnisse metrischer Daten werden als Mittelwert ± Standardabweichung<br />

dokumentiert. Für Gruppenvergleiche wurden Signifikanztests (Chi-Quadrat-Test, t-Test)<br />

berechnet. Die Signifikanzprüfung zwischen den abhängigen Gruppen (Prä-Post-Vergleich)<br />

erfolgte mit Testung zweier verbundener Stichproben nach McNemar und mit dem Wilcoxon-<br />

Test. Die Entwicklung der Problemlast wurde anhand einer 2x2 faktoriellen Varianzanalyse<br />

mit Messwiederholung auf dem Faktor Zeit analysiert.<br />

Die Vielzahl der erhobenen Parameter und die mehrfache Anwendung statistischer Tests auf<br />

denselben Datensatz erhöhen die Wahrscheinlichkeit signifikanter Ergebnisse. Der Alpha-<br />

Fehler wurde aufgrund des explorativen Grundcharakters des Modellprojektes nicht<br />

adjustiert. Insofern verstehen sich unsere inferenzstatistischen Analysen letztlich als<br />

deskriptiv.<br />

Weiterhin wurden Effektstärken nach Smith & Glass (1977) [37] berechnet, die die<br />

gefundenen Mittelwertsdifferenzen zur 6 Monatskatamnese (Post) zwischen IG und VG an<br />

der Merkmalsstreuung der VG (Post) standardisieren.<br />

25


2.7. Ethikantrag und finanzielle Förderung<br />

Die Implementierungsstudie wurde vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung<br />

sowie vom Exzellenzcluster Entzündung an Grenzflächen finanziell unterstützt. Weitere<br />

Kooperationspartner sind die Ärztekammer <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>, das Kompetenznetz<br />

Darmerkrankungen e.V., der Berufsverband niedergelassener Gastroenterologen<br />

Deutschlands e.V. (bng) sowie die Patientenorganisation Deutsche Morbus Crohn/Colitis<br />

ulcerosa Vereinigung (DCCV e.V.).<br />

Die regional zuständige Ethikkommission hat den Antrag unter berufsethischen, medizinisch-<br />

wissenschaftlichen und berufsrechtlichen Gesichtspunkten geprüft und äußerte keine<br />

Bedenken gegen die Studiendurchführung (AZ 09-164, 19. November 2009).<br />

3. Ergebnisse<br />

3.1. Netzwerkaufbau (Feasibility)<br />

3.1.1. Rekrutierung von Netzwerkern<br />

Im Zeitraum vom 23.02.2010 bis 10.09.2010 erklärten sich 173 2 der 1357 angeschriebenen<br />

ärztlichen und nichtärztlichen Behandler zur Teilnahme am Modellprojekt bereit. Tabelle 3<br />

gibt einen Überblick über die Anzahl angeschriebener und erfolgreich rekrutierter<br />

Netzwerker.<br />

Tabelle 3: Rekrutierte Netzwerker<br />

Vertreter der<br />

drei ambulanten<br />

Behandlungsebenen<br />

weitere<br />

ärztliche<br />

Behandler<br />

nichtärztliche<br />

Gruppen/<br />

Einrichtungen<br />

26<br />

Allgemeinmediziner, hausärztliche<br />

Internisten<br />

angeschriebene<br />

Netzwerker<br />

Teilnahme<br />

zugesagt<br />

Partizipationsrate<br />

in %<br />

720 77 10,7<br />

Gastroenterologen 42 15 35,7<br />

CED-Hochschulambulanzen 2 2 100,0<br />

Rehaklinik 1 1 100,0<br />

Augenärzte 91 7 7,7<br />

Chirurgen /Proktologen 12 3 25,0<br />

Dermatologen 71 3 4,2<br />

Rheumatologen 16 1 6,3<br />

Schmerztherapeuten 40 5 12,5<br />

Ergotherapeuten 27 14 51,9<br />

Ernährungsberater 41 6 14,6<br />

Physiotherapeuten/Krankengymnasten 104 9 8,7<br />

Psychotherapeuten 96 15 15,6<br />

Krankenkassen 30 4 13,3<br />

DRV 38 6 15,8<br />

Sozialberatungsstellen 26 5 19,2<br />

Insgesamt konnten 95 der 765 angeschriebenen Vertreter der drei ambulanten<br />

Behandlungsebenen für das CED-Versorgungsnetzwerk gewonnen werden. Die Beteiligung<br />

2 Aufgrund von Umzug seit Januar 2011 noch 172 Netzwerker in der Region verblieben.


der ärztlichen ambulanten Behandlungsebene liegt somit bei 12,4% (1. Gruppe). 92% (87)<br />

der Behandler dieser Gruppe gaben zudem ihr Einverständnis in die Netzwerkerbroschüre<br />

aufgenommen zu werden.<br />

Die Partizipationsrate der „weiteren ärztlichen Behandler“ (2. Gruppe) liegt mit 8,2% (19 v.<br />

230) unter der Rate der nichtärztlichen Ansprechpartner (16,3%; 59 v. 362) (3. Gruppe). Von<br />

den 19 weiteren ärztlichen Netzwerkervertretern erklärten sich knapp 90% (17) bereit in der<br />

Netzwerkerbroschüre aufgeführt zu werden, in der nichtärztlichen Gruppe zeigt sich mit<br />

knapp 95% (56 v. 59) ein ähnliches Bild.<br />

Insgesamt wurden im Rahmen des Projektes 1357 Versorgungspfadebroschüren, 72<br />

Publikationen der Versorgungspfade, 51 S3-Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von MC<br />

und CU, 77 Kurzfassungen der Leitlinien, 1243 Fragebogenpakete zum Screening von<br />

Problemfeldern und 173 Netzwerkerbroschüren verteilt.<br />

Das Interesse an einer kostenfreien Fortbildungsveranstaltung teilzunehmen, lag bei allen<br />

Netzwerkern bei 77%: 1. Gruppe - 75% (71 v. 95), 2. Gruppe - 63% (12 v. 19) und 3. Gruppe<br />

- 85% (50 v. 59).<br />

In der folgenden Abbildung 4 werden die räumliche Verteilung sowie die Anzahl der<br />

verschiedenen Netzwerkergruppen in der Modellregion dargestellt.<br />

Abbildung 4: Verteilung rekrutierter Netzwerker in der Modellregion<br />

Legende: Grafik links: 1. ambulante Ebene = blau; 2. und 3. ambulante Ebene = rot<br />

Grafik rechts: weitere ärztliche Behandler = blau; nichtärztliche Akteure = rot<br />

Da nicht alle Netzwerker-Berufsgruppen wie gewünscht besetzt werden konnten (bis zum<br />

geplanten 3-monatigen Rekrutierungsende niedrige Rücklaufquote), wurde der<br />

Rekrutierungszeitraum für die Aufnahme in das Netzwerk bis auf September ausgeweitet.<br />

Durch die Unterstützung der CED-Steuerungsgruppe konnten vor allem weitere Vertreter der<br />

ersten ambulanten Ebene zur Teilnahme motiviert werden.<br />

27


3.1.2. CED-bezogene Fortbildungsveranstaltung<br />

Um die Attraktivität des Netzwerks zu erhöhen, um weitere Netzwerker zu gewinnen und<br />

einen gegenseitiger Wissens- und Erfahrungsaustausch der Netzwerker zu ermöglichen,<br />

wurde eine kostenfreie Fortbildungsveranstaltung zum Thema CED und in diesem<br />

Zusammenhang die Vergabe von Fortbildungspunkten angeboten.<br />

Die Fortbildung wurde von der Akademie für Fortbildung der Ärztekammer <strong>Schleswig</strong>-<br />

<strong>Holstein</strong> in Bad Segeberg gemeinsam mit der Projektgruppe des Instituts für Sozialmedizin<br />

für alle Netzwerker sowie andere Interessierte am 17.11.2010 veranstaltet. Im Rahmen der<br />

kostenfreien halbtätigen Fortbildung zum Thema CED wechselten sich Plenumsvorträge mit<br />

Vorträgen in verschiedenen parallelen, auch multidisziplinär besetzten Workshops ab. Neben<br />

den Inhalten von aktuellen CED-Leitlinien und Versorgungspfaden wurden die<br />

Themenbereiche „Ernährung“, „Psychotherapie“ und „komplementäre Behandlungsansätze“<br />

behandelt. Einen Überblick zur Programmgestaltung kann dem Flyer zur Veranstaltung im<br />

Anhang 12 entnommen werden.<br />

Insgesamt nahmen 65 Mediziner (39) und nichtärztliche Vertreter (26) an der halbtägigen<br />

Veranstaltung teil. 30 der 173 Netzwerker besuchten die Veranstaltung (14 v. 59<br />

Nichtmedizinern/16 v. 114 Medizinern).<br />

Es wurden zwei Workshoprunden mit je drei zur Auswahl stehenden Workshops rund um<br />

das Thema CED angeboten. In den Plenumsrunden kamen erste Schwierigkeiten und<br />

Probleme innerhalb des CED-Versorgungsnetzwerkes zur Sprache. Als größte<br />

Herausforderungen wurden Schnittstellenprobleme zwischen der ambulanten und<br />

stationären Behandlungsebene sowie zwischen medizinischen und nichtmedizinischen<br />

Berufsgruppen identifiziert. Zugleich wurden auch die z.T. langen Wartezeiten auf freie<br />

Behandlungsplätze moniert. Neben Anreizen zur Verbesserung der Schnittstellenproblematik<br />

wurden Angebote zur Überbrückung der Wartezeiten angedacht. Das Feedback zur<br />

Veranstaltung war insgesamt positiv. Die CED-Fortbildungsveranstaltung wurde von den<br />

Teilnehmern mit der Durchschnittsnote 1,9 evaluiert. Aufgrund der großen Resonanz wird<br />

2012 eine Folgeveranstaltung, zu der auch alle beteiligten Patienten geladen werden,<br />

stattfinden.<br />

3.2. Patientenrekrutierung und Partizipation<br />

Von Mitte April bis Mitte Juli 2010 (16.04.-22.07.2010, 14-wöchiger Rekrutierungszeitraum)<br />

konnten 477 (287 IG, 190 VG) CED- Betroffene für das Pilotprojekt rekrutiert werden. Sie<br />

schicken einen ausgefüllten Screeningfragebogen sowie die ausgefüllte und unterschriebene<br />

Einwilligungserklärung zur Studienteilnahme an die Studienzentrale.<br />

In der Modellregion bekamen 89 Arztpraxen zwischen 1 und 50 Fragebögen zur Verfügung<br />

gestellt (zusammen 1243 Fragebögen). Da nicht erfasst werden konnte, wie viele der<br />

angeforderten Fragebögen tatsächlich an Patientinnen und Patienten ausgegeben wurden,<br />

28


musste für den ärztlichen Rekrutierungsweg eine Schätzung der Responserate<br />

vorgenommen werden. Dafür wurde die tatsächliche Anzahl verteilter Fragebögen schriftlich<br />

bei den Praxen der Interventionsgruppe erfragt. 42 von ihnen machten Angaben zur Anzahl<br />

der im Rekrutierungszeitraum ausgegebenen Fragebögen. Sie verteilten zusammen 365<br />

Bögen, von denen 141 in die Studie eingeschlossen wurden (Partizipationsrate 38,6%). 9<br />

weitere Arztpraxen, die keine Angaben machten, rekrutierten 10 Betroffene. Diese<br />

Informationen (Vergleich der angeforderten mit den ausgegebenen Fragebögen) wurde als<br />

Schätzung der Partizipationsrate für die gesamte Ärzte-Gruppe übernommen. Insgesamt<br />

wurden in der Modellregion über 22 Hausarztpraxen 28, über 10 gastroenterologische<br />

Facharztpraxen 108 und über eine Hochschulambulanz 15 Studienteilnehmer rekrutiert,<br />

zusammen 151 Personen.<br />

Von den 526 über die DCCV verteilten Fragebögen wurden 116 zurückgeschickt, 109<br />

konnten eingeschlossen werden (20,7%). Da versehentlich zusätzlich zu den Mitgliedern<br />

auch etwa 200 als Interessenten registrierte nicht erkrankte Personen (z.B. Angehörige,<br />

Freunde) angeschrieben wurden, dürfte die „wahre“ Partizipationsrate höher liegen (33,4%).<br />

27 von 43 über die Presse erreichte Betroffene schickten einen auswertbaren Fragebogen<br />

zurück (62,8%). Die geschätzte Partizipationsrate für die IG liegt somit bei 37,7%, der<br />

geschätzte Gesamtrücklauf liegt bei 46%.<br />

Zum ersten Erhebungszeitpunkt lagen somit auswertbare Fragebögen für 287 CED-<br />

Betroffene der Modellregion vor. 254 nahmen auch an der zweiten Befragung teil (Dropout-<br />

Rate 11.5%).<br />

In der Vergleichsregion wurden von 327 in den Facharztpraxen ausgeteilten Fragebögen 198<br />

an die Studienzentrale geschickt, die Einschlusskriterien erfüllten 190 Personen (Teilnahme<br />

58,1%). Von diesen antworteten zum zweiten Messzeitpunkt 177 (Dropout-Rate 6,8%).<br />

Einen Gesamtüberblick über die Entwicklung der Teilnehmerzahlen bietet Abbildung 5.<br />

Abbildung 5: Rücklauf<br />

29


3.3. Nonresponder-Analyse<br />

Da die Fragebogenverteilung durch die DCCV sowie beteiligte Netzwerker der ambulanten<br />

Behandlungsebenen vorgenommen wurde, können keine Aussagen zu dem Personenkreis,<br />

der den Fragebogen nicht annahm bzw. nicht zurückschickte, gemacht werden. Aussagen zu<br />

Unterschieden zwischen Respondern und Nonrespondern der Erstbefragung sind daher<br />

nicht möglich. Eine Nonresponder-Analyse konnte nur für den zweiten Befragungszeitpunkt<br />

durchgeführt werden.<br />

Die Gruppe der Nonresponder zum zweiten Befragungszeitpunkt (N=46) weicht in einigen<br />

Merkmalen von den Respondern (N=431) ab: Sie sind jünger (40,5 vs. 45,9 Jahre; p=0,011),<br />

haben häufiger Morbus Crohn (72% vs. 50%; p=0,005), erreichen höhere Angstwerte<br />

(HADS-A – Score 8,4 vs. 6,8; p=0,018) und berichten von höheren Vitalitätseinschränkung<br />

(43,0 vs. 49,7; p=0,044) und stärkerem Dauerstress (TICS-Score 22,4 vs. 17,0; p=0,001).<br />

Zudem weisen sie in der Tendenz eine größere Anzahl aktiver Problembereiche auf (4,3<br />

(3,5) vs. 3,4 (3,5); p=0,075). Unterschiede in der Bildung oder Krankheitsaktivität zeigen sich<br />

nicht.<br />

3.4. Merkmale der Studienteilnehmenden<br />

Tabelle 4 gibt einen Überblick über soziodemografische und einige krankheitsspezifische<br />

Merkmale der Studienteilnehmer insgesamt sowie differenziert nach den beiden<br />

Erhebungsregionen. Auf eine getrennte Darstellung der Daten der drei Rekrutierungswege in<br />

der Modellregion wurde verzichtet - die Daten der Modellregion werden zusammen<br />

dargestellt.<br />

Etwa jeder Fünfte berichtet einen ständig aktiven und zunehmenden Krankheitsverlauf. Für<br />

über die Hälfte berechnet sich ein GIBDI-Score zwischen 0-3 (Remission), für ca. jeden<br />

Achten ergibt sich eine mittlere bis schwere Krankheitsaktivität.<br />

In der Stichprobe überwiegt mit etwa 60% der Frauenanteil. Die Gesamtstichprobe ist im<br />

Mittel 46 Jahre alt, 50% haben MC, die mittlere Erkrankungsdauer liegt bei 14 Jahren und<br />

ca. 62% sind erwerbstätig.<br />

Beide Gruppen weisen einen annähernd identischen mittleren bis hohen Schulbildungsgrad<br />

auf. Die IG umfasst überzufällig weniger Erwerbstätige und mehr Personen mit Colitis<br />

ulcerosa. Alle weiteren erhobenen sozio- oder krankheitsspezifischen Parameter<br />

unterscheiden sich in den beiden Gruppen nicht signifikant voneinander.<br />

30


Tabelle 4: Stichprobenbeschreibung (Gesamtgruppe, Unterschiede zwischen IG und VG)<br />

Merkmal<br />

Geschlecht<br />

Alter<br />

Schulbildung<br />

Erwerbstätigkeit<br />

Diagnose<br />

Erkrankungsdauer in<br />

Jahren<br />

Krankheitsverlauf in<br />

den letzten Jahren<br />

Krankheitsaktivität<br />

(GIBDI-Score)<br />

ohne Stomaträger<br />

allgemeiner<br />

Gesundheitszustand<br />

(in den letzten 7 Tagen)<br />

Frau<br />

Mann<br />

bis 29<br />

30 bis 49<br />

ab 50<br />

HS/ kein Abschluss<br />

RS/POS<br />

(Fach)Abitur<br />

erwerbstätig ja<br />

erwerbstätig nein<br />

MC<br />

CU<br />

M (SD)<br />

nach wenigen<br />

Schüben Remission<br />

Schub- u.<br />

Ruhephasen im<br />

Wechsel<br />

ständig aktiv,<br />

wechselnde Stärke<br />

aktiv, Stärke<br />

zunehmend<br />

keine (0-3)<br />

leichte (4-7)<br />

mittlere (8-11)<br />

schwere (ab 12)<br />

sehr gut<br />

gut<br />

zufriedenstellend<br />

weniger gut<br />

schlecht<br />

3.5. Problemvielfalt, -anzahl und -art<br />

3.5.1. Häufigkeit aktiver Problemfelder<br />

Gesamt<br />

(valid N)<br />

60,6 % (261)<br />

39,4 % (170)<br />

13,5 % (58)<br />

49,3 % (212)<br />

37,2 % (160)<br />

29,1 % (125)<br />

35,6 % (153)<br />

35,3 % (152)<br />

61,6 % (263)<br />

38,4 % (164)<br />

50,1 % (216)<br />

49,9 % (215)<br />

14,3 (10,0)<br />

(426)<br />

36,8 % (154)<br />

41,1 % (172)<br />

18,7 % (78)<br />

3,3 % (14)<br />

56,7 % (221)<br />

30,3 % (118)<br />

11,3 % (44)<br />

1,8 % (7)<br />

10,2 % (43)<br />

36,8 % (155)<br />

33,3 % (140)<br />

16,2 % (68)<br />

3,6 % (15)<br />

IG<br />

(valid N)<br />

62,2 % (158)<br />

37,8 % (96)<br />

13,4 % (34)<br />

45,1 % (114)<br />

41,5 % (105)<br />

29,2 % (74)<br />

33,6 % (85)<br />

37,2 % (94)<br />

57,4 % (144)<br />

42,6 % (107)<br />

43,7 % (111)<br />

56,3 % (143)<br />

15,1 (11,0) (249)<br />

34,3 % (85)<br />

42,3 % (105)<br />

19,4 % (48)<br />

4,0 % (10)<br />

54,5 % (122)<br />

31,7 % (71)<br />

12,1 % (27)<br />

1,8 % (4)<br />

9,2 % (23)<br />

35,6 % (89)<br />

34,4 % (86)<br />

17,2 % (43)<br />

3,6 % (9)<br />

VG<br />

(valid N)<br />

58,2 % (103)<br />

41,8 % (74)<br />

13,6 % (24)<br />

55,4 % (98)<br />

31,1 % (55)<br />

28,8 % (51)<br />

38,4 % (68)<br />

32,8 % (58)<br />

67,6 % (119)<br />

32,4 % (57)<br />

59,3 % (105)<br />

40,7 % (72)<br />

13,3 (8,5)<br />

(177)<br />

40,6 % (69)<br />

39,4 % (67)<br />

17,6 % (30)<br />

2,4 % (4)<br />

59,6 % (99)<br />

28,3 % (47)<br />

10,2 % (17)<br />

1,8 % (3)<br />

11,7 % (20)<br />

38,6 % (66)<br />

31,6 % (54)<br />

14,6 % (25)<br />

3,5 % (6)<br />

Unterschied<br />

(Chi²Test)<br />

p=.402<br />

p=.071<br />

p=.534<br />

p=.032<br />

p=.001<br />

p=.069<br />

p=.511<br />

p=.780<br />

p=.821<br />

Tabelle 5 gibt einen Überblick über die Häufigkeit aktiver Problemfelder unter den 22<br />

untersuchten Problemlagen der Teilnehmer. Die Signifikanzprüfung zwischen den<br />

abhängigen Gruppen (Vergleich 1. und 2. MZP) erfolgte mit Testung zweier verbundener<br />

Stichproben nach McNemar, rechts in der Tabelle dargestellt. Mögliche Unterschiede<br />

zwischen den Stichproben (IG vs. VG) wurden mit dem Chi²-Test nach Pearson geprüft und<br />

sind horizontal und grau hinterlegt nach jeder Problemlage für den ersten und zweiten<br />

Messzeitpunkt getrennt in Tabelle 5 abgebildet. Die Problemfelder sind zusätzlich den fünf<br />

ICF-Bereichen zugeordnet.<br />

31


Tabelle 5: Häufigkeit aktiver Problemfelder zum 1. und 2. Messzeitpunkt für IG und VG getrennt<br />

psychische<br />

Schädigungen<br />

körperliche Schädigungen<br />

beeinträchtigte soziale Teilhabe<br />

risikobehaftete Umweltfaktoren<br />

risikobehaftete<br />

Personenfaktoren<br />

32<br />

Problemfelder<br />

Gesamt<br />

(valid N)<br />

aktiv MZP 1 aktiv MZP 2<br />

Veränderung<br />

p-Wert nach<br />

MC Nemar<br />

erhöhte Angst<br />

IG<br />

VG<br />

(252)<br />

(176)<br />

19,8%<br />

17,0%<br />

(50)<br />

(30)<br />

18,3%<br />

21,0%<br />

(46)<br />

(37)<br />

,626<br />

,167<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,465 ,476<br />

erhöhte Depressivität<br />

IG<br />

VG<br />

(254)<br />

(176)<br />

24,0%<br />

16,5%<br />

(61)<br />

(29)<br />

22,0%<br />

18,8%<br />

(56)<br />

(33)<br />

,522<br />

,556<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,059 ,407<br />

ausgeprägtes Schamgefühl<br />

IG<br />

VG<br />

(250)<br />

(177)<br />

5,6%<br />

3,4%<br />

(14)<br />

(6)<br />

5,6%<br />

1,7%<br />

(14)<br />

(3)<br />

1,000<br />

,508<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,287 ,042<br />

Vitalitätsverlust<br />

IG<br />

VG<br />

(252)<br />

(176)<br />

16,7%<br />

13,1%<br />

(42)<br />

(23)<br />

17,1%<br />

17,6%<br />

(43)<br />

(31)<br />

1,000<br />

,170<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,307 ,882<br />

behindernde Schmerzen<br />

IG<br />

VG<br />

(245)<br />

(174)<br />

13,5%<br />

8,0%<br />

(33)<br />

(14)<br />

13,9%<br />

12,6%<br />

(34)<br />

(22)<br />

1,000<br />

,096<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,083 ,715<br />

Stomaversorgung ungenügend<br />

IG<br />

VG<br />

(13)<br />

(2)<br />

30,8%<br />

0,0%<br />

(4)<br />

(0)<br />

46,2%<br />

,0%<br />

(6)<br />

(0)<br />

n.b.<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) n.b. n.b.<br />

akuter Schub mit ausgeprägter IG (223) 13,9% (31) 9,9% (22) ,176<br />

Krankheitsaktivität (ohne Stomaträger) VG (165) 12,1% (20) 10,3% (17) ,664<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,608 ,887<br />

extraintestinale Manifestationen<br />

IG<br />

VG<br />

(239)<br />

(165)<br />

38,1%<br />

35,8%<br />

(91)<br />

(59)<br />

38,5%<br />

35,2%<br />

(92)<br />

(58)<br />

1,000<br />

1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,636 ,494<br />

Einschränkung Freizeitaktivitäten<br />

IG<br />

VG<br />

(245)<br />

(173)<br />

14,3%<br />

8,1%<br />

(35)<br />

(14)<br />

10,6%<br />

7,5%<br />

(26)<br />

(13)<br />

,124<br />

1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,053 ,283<br />

Ehe/Partnerschaft<br />

IG<br />

VG<br />

(243)<br />

(173)<br />

14,8%<br />

7,5%<br />

(36)<br />

(13)<br />

10,3%<br />

12,1%<br />

(25)<br />

(21)<br />

,043<br />

,115<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,023 ,553<br />

Sexualität<br />

IG<br />

VG<br />

(239)<br />

(170)<br />

28,9%<br />

23,5%<br />

(69)<br />

(40)<br />

24,3%<br />

20,6%<br />

(58)<br />

(35)<br />

,100<br />

,441<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,229 ,382<br />

Ernährungseinschränkung<br />

IG<br />

VG<br />

(244)<br />

(175)<br />

19,3%<br />

13,7%<br />

(47)<br />

(24)<br />

16,8%<br />

12,0%<br />

(41)<br />

(21)<br />

,361<br />

,664<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,135 ,172<br />

gefährdete Teilhabe am Arbeitsleben<br />

IG<br />

VG<br />

(130)<br />

(111)<br />

35,4%<br />

33,3%<br />

(46)<br />

(37)<br />

31,5%<br />

24,3%<br />

(41)<br />

(27)<br />

,405<br />

,052<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,738 ,215<br />

Einschränkung von Alltagsaktivitäten<br />

IG<br />

VG<br />

(244)<br />

(173)<br />

18,9%<br />

13,3%<br />

(46)<br />

(23)<br />

14,8%<br />

12,7%<br />

(36)<br />

(22)<br />

,123<br />

1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,132 ,554<br />

finanzielle Probleme<br />

IG<br />

VG<br />

(251)<br />

(177)<br />

16,7%<br />

13,0%<br />

(42)<br />

(23)<br />

15,5%<br />

10,7%<br />

(39)<br />

(19)<br />

,678<br />

,523<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,289 ,153<br />

Schwierigkeiten mit IG (246) 12,6% (31) 9,3% (23) ,201<br />

Krankenkasse/Versicherung VG (173) 19,7% (34) 16,2% (28) ,263<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,050 ,035<br />

geringe soziale Unterstützung<br />

IG<br />

VG<br />

(250)<br />

(177)<br />

12,0%<br />

8,5%<br />

(30)<br />

(15)<br />

10,4%<br />

6,8%<br />

(26)<br />

(12)<br />

,523<br />

,629<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,242 ,196<br />

anhaltende Stressbelastung<br />

IG<br />

VG<br />

(252)<br />

(175)<br />

27,0%<br />

24,6%<br />

(68)<br />

(43)<br />

27,8%<br />

24,6%<br />

(70)<br />

(43)<br />

,888<br />

1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,576 ,460<br />

Medikamente<br />

IG<br />

VG<br />

(199)<br />

(171)<br />

25,1%<br />

17,5%<br />

(50)<br />

(30)<br />

17,1%<br />

15,8%<br />

(34)<br />

(27)<br />

,041<br />

,749<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,077 ,738<br />

Alternativmedizin<br />

IG (247) 3,2% (8) 2,0% (5) ,250<br />

VG (175) 2,3% (4) 3,4% (6) n.b.<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) n.b. ,372<br />

Informationsdefizit<br />

IG (248) 12,9% (32) 9,3% (23) ,108<br />

VG (177) 7,3% (13) 7,3% (13) 1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,066 ,481<br />

Rauchen (bei MC)<br />

IG (110) 28,2% (31) 26,4% (29) ,687<br />

VG (105) 29,5% (31) 29,5% (31) 1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test nach Pearson) ,828 ,606<br />

n: Anzahl gültiger Fälle, IG: Interventionsgruppe; VG: Vergleichsgruppe; MZP: Messzeitpunkt; n.b.: nicht berechnet


Wie der Tabelle 5 zu entnehmen ist, werden von der Interventions- und Vergleichsgruppe am<br />

häufigsten extraintestinale Manifestationen, gefährdete Teilhabe am Arbeitsleben und<br />

Rauchen bei MC-Erkrankten berichtet. Auch zum zweiten Messzeitpunkt gehören diese<br />

Problemfelder zu den häufigsten aktiven Problemfeldern.<br />

Die Häufigkeiten aktiver Problemfelder sind zum ersten und zum zweiten Messzeitpunkt in<br />

beiden Gruppen weitgehend unverändert. Im Prä-Post-Vergleich zeigen sich innerhalb der<br />

Interventionsgruppe signifikante Verbesserungen in den Bereichen „Ehe/Partnerschaft“<br />

sowie „Medikamente“.<br />

Auch zwischen IG und VG zeigen sich keine nennenswerten Unterschiede: Die Teilnehmer<br />

der Modellregion berichten zur ersten Befragung häufiger von Beeinträchtigungen der Ehe<br />

oder Partnerschaft und zum Zeitpunkt der zweiten Befragung findet sich häufiger ein<br />

ausgeprägtes Schamgefühl. In der Vergleichsgruppe werden zu beiden Messzeitpunkten<br />

häufiger Schwierigkeiten mit der Krankenkasse bzw. der Versicherung berichtet.<br />

3.5.2. Anzahl aktiver Problemfelder<br />

Zum ersten Messzeitpunkt lassen in der IG wie VG etwa ein Fünftel der Befragten kein<br />

aktives Problemfeld erkennen (IG 20,5%, VG 20,3%). Zum zweiten Messzeitpunkt sind es<br />

geringfügig mehr (IG 23,2%, VG 23,7%).<br />

Im Mittel berichten die Teilnehmer der IG zur ersten Befragung von 3,6 aktiven<br />

Problemfeldern (SD=3,7), zur zweiten Befragung von 3,2 (SD=3,4). Der Median liegt zu<br />

beiden Messzeitpunkten bei 2 aktiven Problemfeldern. Das 25. und 75. Perzentil liegt bei 1<br />

und 6.<br />

In der Vergleichsgruppe zeigen sich zum ersten wie zum zweiten Messzeitpunkt im Mittel 3,0<br />

aktive Problemfelder (SD: 1. MZP 3,2; SD: 2. MZP 3,4). Der Median liegt auch hier zu beiden<br />

Messzeitpunkten bei zwei aktiven Problemfeldern. Das 25. Perzentil liegt bei 1 und das 75.<br />

Perzentil bei 4. Im Prä-Post-Vergleich (Wilcoxon-Test) zeigt sich innerhalb der IG eine<br />

statistisch signifikante Abnahme aktiver Problemfelder zum zweiten Messzeitpunkt. Innerhalb<br />

der VG und zwischen den Gruppen zeigen sich weder zum ersten noch zum zweiten<br />

Messzeitpunkt signifikante Unterschiede.<br />

Abbildung 6 zeigt die Anzahl aktiver Problembereiche zu beiden Befragungszeitpunkten für<br />

die einzelnen Stichproben.<br />

33


40%<br />

35%<br />

30%<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

Abbildung 6.1: Interventionsgruppe (N=254) Abbildung 6.2: Vergleichsgruppe (N=177)<br />

Abbildung 6: Anzahl aktiver Problemfelder der Stichproben zum 1. und 2. MZP (Signifikanzprüfung mit<br />

dem Wilcoxon-Test)<br />

3.5.3. Analysen zu ausgewählten Problemfeldern<br />

Extraintestinalen Manifestationen<br />

Zu beiden Befragungszeitpunkten lässt fast jeder Dritte Beeinträchtigungen durch das<br />

Auftreten von extraintestinalen Manifestationen erkennen. Am Häufigsten zeigen sich<br />

Begleiterkrankungen in Form von Gelenkschmerzen, Bauchschmerzen und<br />

Hautveränderungen (s. Tab. 6). Zwischen den Gruppen sowie im Verlauf zeigen sich keine<br />

signifikanten Unterschiede.<br />

Tabelle 6: Extraintestinale Manifestationen zum 1. und 2. MZP nach IG und VG<br />

extraintestinale<br />

Manifestationen<br />

Gesamt<br />

(valid N)<br />

MZP 1 MZP 2<br />

Chi²-Test<br />

McNemar<br />

IG (237) 18,6% (44) 16,9% (40) ,658<br />

Hautveränderungen ja<br />

VG (166) 19,3% (32) 15,1% (25) ,189<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,857 0,625<br />

IG (234) 8,1% (19) 11,5% (27) ,152<br />

Augenentzündungen ja<br />

VG (168) 13,1% (22) 13,1% (22) 1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,104 0,638<br />

mäßige/starke<br />

Gelenkschmerzen ja<br />

IG (245)<br />

VG (169)<br />

p-Wert (Chi²-Test)<br />

31,0% (76)<br />

36,1% (61)<br />

0,281<br />

29,0% (71)<br />

34,3% (58)<br />

0,249<br />

,560<br />

,742<br />

IG (232) 10,3% (24) 10,8% (25) 1,000<br />

Fisteln ja<br />

VG (164) 9,1% (15) 7,3% (12) ,375<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,693 0,244<br />

IG (232) 2,2% (5) 2,2% (5) 1,000<br />

Abszesse ja<br />

VG (165) 4,2% (7) 3,6% (6) 1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,231 0,376<br />

mäßige/starke<br />

Bauchschmerzen ja<br />

IG (243)<br />

VG (172)<br />

p-Wert (Chi²-Test)<br />

25,1% (61)<br />

25,6% (44)<br />

0,912<br />

28,4% (69)<br />

26,2% (45)<br />

0,616<br />

,332<br />

1,000<br />

n: Anzahl gültiger Fälle, IG: Interventionsgruppe; VG: Vergleichsgruppe; MZP: Messzeitpunkt<br />

34<br />

5%<br />

%<br />

0 1-2 3-5 6-8 9 +<br />

MZP 1 MZP 2<br />

40%<br />

p= ,020 35%<br />

p= ,910<br />

30%<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

%<br />

0 1-2 3-5 6-8 9 +<br />

MZP 1 MZP 2


Aktivitätseinschränkungen und Partizipationsstörungen<br />

Tabelle 7 gibt einen Überblick über die mit dem IMET erhobenen Einschränkungen in<br />

Aktivitäten und Teilhabe (Angaben in Mittelwert und Standardabweichung). Die Befunde für<br />

IG und VG sind zu beiden Messzeitpunkten nahezu identisch. In den Bereichen<br />

„Erledigungen außerhalb des Hauses“ und „persönliche Beziehungen“ sind signifikante<br />

Interaktionseffekte feststellbar. Für den Bereich „soziale Aktivitäten“ ist ein tendenzieller<br />

Interaktionseffekt zu beobachten.<br />

Tabelle 7: Aktivitätseinschränkungen und Partizipationsstörungen-Ergebnisse 2x2 faktorieller<br />

Varianzanalysen (Treatment x Zeit) mit Messwiederholung auf dem Faktor Zeit (IMET-Einzelitems sowie<br />

Summenscore)<br />

übliche Aktivitäten<br />

familiäre und häusliche<br />

Verpflichtungen<br />

Parameter Gesamt n<br />

Erledigungen außerhalb des<br />

Hauses<br />

tägliche Aufgaben<br />

Erholung/Freizeit<br />

soziale Aktivitäten<br />

persönliche Beziehungen<br />

Sexualleben<br />

IMET-Summenscore<br />

MZP 1<br />

M, SD<br />

MZP 2<br />

M, SD<br />

p-Wert von<br />

Treatment (T)<br />

Zeit (Z)<br />

Interaktion (I)<br />

IG (246) 1,3 ± 2,1 1,3 ± 2,1 T: p= .268<br />

VG (173) 1,1 ± 1,9 1,1 ± 2,0 Z: p= .860<br />

I: p= .995<br />

IG (245) 2,1 ± 2,5 2,0 ± 2,4 T: p= .591<br />

VG (173) 2,0 ± 2,4 1,8 ± 2,5 Z: p= .100<br />

I: p= .978<br />

IG (246) 2,2 ± 2,7 2,0 ± 2,6 T: p= .687<br />

VG (173) 1,9 ± 2,5 2,1 ± 2,8 Z: p= .854<br />

I: p= .030<br />

IG (245) 2,4 ± 2,8 2,4 ± 2,7 T: p= .774<br />

VG (173) 2,4 ± 2,6 2,3 ± 2,6 Z: p= .531<br />

I: p= .903<br />

IG (244) 3,0 ± 3,1 2,7 ± 2,8 T: p= .330<br />

VG (172) 2,7 ± 2,8 2,5 ± 2,8 Z: p= .017<br />

I: p= .530<br />

IG (245) 2,9 ± 3,2 2,6 ± 3,0 T: p= .369<br />

VG (173) 2,5 ± 2,7 2,6 ± 3,0 Z: p= .433<br />

I: p= .066<br />

IG (243) 2,5 ± 3,0 2,3 ± 2,8 T: p= .282<br />

VG (173) 2,0 ± 2,6 2,3 ± 3,0 Z: p= .991<br />

I: p= .012<br />

IG (239) 3,8 ± 3,7 3,5 ± 3,6 T: p= .151<br />

VG (170) 3,2 ± 3,5 3,2 ± 3,5 Z: p= .239<br />

I: p= .316<br />

IG (245) 20,2 ± 19,7 18,5 ± 18,8 T: p= .334<br />

VG (173) 17,6 ± 17,6 17,8 ± 19,4 Z: p= .253<br />

I: p= .156<br />

IG (244) 3,2 ± 3,1 3,2 ± 3,1 T: p= .328<br />

Ernährungseinschränkung VG (175) 2,9 ± 2,8 3,0 ± 2,6 Z: p= .828<br />

I: p= .987<br />

n: Anzahl gültiger Fälle, IG: Interventionsgruppe; VG: Vergleichsgruppe; MZP: Messzeitpunkt; M: Mittelwert;<br />

SD: Standardabweichung; T: Treatment; Z: Zeit; I: Interaktion<br />

Während die Analyse der Gesamtgruppe keine Hinweise auf Unterschiede zwischen IG und<br />

VG im IMET-Summenscore erkennen lässt, zeigt sich ein tendenzieller Interaktionseffekt für<br />

die Befragten mit mindestens einem aktiven Problemfeld zur Ausgangslage (Daten hierzu<br />

vgl. Abb. 7).<br />

35


25<br />

24<br />

23<br />

22<br />

21<br />

20<br />

19<br />

Abbildung 7: Einschränkung der sozialen Teilhabe erfasst als IMET-Summenscore unter Teilnehmenden<br />

mit mindestens einem aktiven Problemfeld<br />

Gefährdetet Teilhabe am Arbeitsleben<br />

Das Problemfeld „gefährdetet Teilhabe am Arbeitsleben“ wurde über die SPE-Skala erfasst,<br />

die insgesamt drei Items umfasst. Die Items beziehen sich auf die Erwartung, aufgrund des<br />

derzeitigen Gesundheitszustandes bis zum Erreichen des gesetzlichen Rentenalters<br />

berufstätig sein zu können, die dauerhafte (subjektive) Gefährdung der Erwerbstätigkeit<br />

sowie den Gedanken daran einen Antrag auf vorzeitige Berentung aus Gesundheitsgründen<br />

zu stellen.<br />

Mit über einem Drittel (1. MZP) zählt das Problemfeld zu den häufigsten aktiven<br />

Problembereichen der befragten erwerbstätigen CED-Patientinnen und Patienten. Knapp die<br />

Hälfte der Befragten rechnet nicht damit bis zum Rentenalter berufstätig sein zu können,<br />

etwa ein Drittel sieht seine Erwerbstätigkeit als dauerhaft gefährdet und ca. 6% tragen sich<br />

mit dem Gedanken einen Rentenantrag zu stellen (s. Abb. 8). Im Prä-Post-Vergleich sowie<br />

im Vergleich der Gruppen zeigen sich keine signifikanten Unterschiede.<br />

60,0%<br />

50,0%<br />

40,0%<br />

30,0%<br />

20,0%<br />

10,0%<br />

36<br />

,0%<br />

IG: 24,0 (20,1)<br />

VG: 20,7 (18,0)<br />

52,2%<br />

MZP 1 MZP 2<br />

46,4%<br />

nicht bis Rentenalter berufstätig<br />

(N=138)<br />

IG (195) VG (139)<br />

30,1%<br />

30,1%<br />

Erwerbstätigkeit dauerhaft gefährdet<br />

(N=133)<br />

1. MZP 2. MZP<br />

Interaktion: p= .062<br />

IG: 21,1 (19,5)<br />

VG: 20,7 (19,9)<br />

6,8%<br />

9,0%<br />

Gedanke an EU-/BU-rente (N=133)


Abbildung 8.1: Interventionsgruppe<br />

60,0%<br />

50,0%<br />

40,0%<br />

30,0%<br />

20,0%<br />

10,0%<br />

49,1%<br />

Abbildung 8.2: Vergleichsgruppe<br />

Abbildung 8: Subjektive Prognose der Erwerbstätigkeit der Stichproben zum 1. und 2. MZP (ja in %)<br />

Informationsbedürfnisse<br />

50,0%<br />

31,2%<br />

24,8%<br />

IG wie VG wünschen nach eigenen Angaben zum ersten Messzeitpunk Informationen zu<br />

durchschnittlich zwei verschiedenen Themenbereichen rund um die CED (IG M=2,2<br />

(SD=1,8); VG M=1,9 (SD=1,7)). Zum zweiten Messzeitpunkt zeigt die VG nahezu den<br />

gleichen Informationsbedarf, die IG äußert hier einen geringeren Bedarf (IG 1,9 (1,5), VG 2,0<br />

(1,8)) (s. Abb. 9). Es errechnet sich ein in signifikanter Interaktionseffekt.<br />

2,4<br />

2,2<br />

,0%<br />

2<br />

1,8<br />

1,6<br />

1,4<br />

nicht bis Rentenalter berufstätig<br />

(N=114)<br />

Erwerbstätigkeit dauerhaft gefährdet<br />

(N=109)<br />

1. MZP 2. MZP<br />

MZP 1 MZP 2<br />

Interaktion: p= .016<br />

Abbildung 9: Anzahl angegebener Themenbereiche mit Infowunsch von IG und VG zum 1. und 2. MZP<br />

Abbildung 10 zeigt den Informationsbedarf zu neun abgefragten Themengebieten zu beiden<br />

Messzeitpunkten von IG und VG. Wie in der Grafik zu erkennen ist, fragen die Teilnehmer<br />

der Interventions- und Vergleichsgruppe in vergleichbarer Weise am häufigsten nach<br />

6,4%<br />

6,4%<br />

Gedanke anEU-/BU-rente (N=110)<br />

IG (253)<br />

VG (177)<br />

37


Informationen zu den Bereichen „Alternative Heilmethoden“, „Ernährung“,<br />

„Nebenwirkungen/Komplikationen“ und „Sozialrechtliche Fragen“.<br />

Die Teilnehmer der Modellregion benötigen nach eigenen Angaben zum 1. MZP häufiger<br />

Informationen zum Bereich „med. Behandlungsmöglichkeiten“. Ihr Informationsbedarfs zu<br />

alternativen Heilmethoden reduziert sich vom ersten zum zweiten Messzeitpunkt.<br />

Alternative Heilmethoden<br />

Abbildung 10.1: 1. MZP Abbildung 10.2: 2. MZP<br />

Abbildung 10: Informationsbedarf von IG und VG zum 1. und 2. MZP<br />

Problemfeld Medikation<br />

Das größte Problem, das sich hinsichtlich der Medikamenteneinnahme darstellt, ist die<br />

Wirksamkeit, die von jedem sechsten Teilnehmer der IG und von jedem zehnten Befragten in<br />

der Vergleichsregion zur Ausgangslage als „nicht wirksam“ oder „kaum spürbar“ eingestuft<br />

wird (s. Tab. 8). Signifikante Unterschiede lassen sich weder im Verlauf noch zwischen den<br />

Gruppen feststellen.<br />

38<br />

Ernährung<br />

Sozialrechtlichen Fragen<br />

Nebenwirkungen/Komplikationen<br />

med. Behandlungsmöglichkeiten<br />

Psychotherap. Begleitmaßnahmen<br />

Gesundheitsvorsorge zu CED<br />

Patientenorganisationen<br />

Kinderwunsch<br />

0% 10% 20% 30% 40% 50%<br />

1. MZP IG (N=253) 1. MZP VG (N=177)<br />

p= ,003<br />

50%<br />

p= ,003<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

2. MZP IG (N=253) 2. MZP VG (N=177)<br />

0%


Tabelle 8: Medikamentenwirkung, Nebenwirkungen und Einnahmeprobleme von IG und VG zum 1. und 2.<br />

MZP<br />

Parameter<br />

Medikamente ja<br />

Gesamt<br />

(valid N)<br />

MZP 1 MZP 2<br />

Chi²-Test<br />

McNemar<br />

„häufige“ o. „sehr häufige“<br />

IG (215) 5,1% (11) 2,8% (6) ,302<br />

Einnahmeprobleme in den<br />

letzten 3 Monaten<br />

VG (172)<br />

p-Wert (Chi²-Test)<br />

4,7% (8)<br />

0,833<br />

2,9% (5)<br />

0,945<br />

,581<br />

„starke“ Nebenwirkungen in<br />

den letzten 3 Monaten<br />

IG (215)<br />

VG (172)<br />

p-Wert (Chi²-Test)<br />

8,4% (18)<br />

6,4% (11)<br />

0,463<br />

10,7% (23)<br />

8,7% (15)<br />

0,516<br />

,230<br />

1,000<br />

Medikamenten „wirken gar<br />

IG (215) 16,3% (35) 5,1% (11) ,074<br />

nicht“ o. „kaum spürbare<br />

VG (172) 9,9% (17) 5,8% (10) ,824<br />

Wirkung“<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,067 0,763<br />

n: Anzahl gültiger Fälle, IG: Interventionsgruppe; VG: Vergleichsgruppe; MZP: Messzeitpunkt<br />

3.5.4. Veränderungen in der Problemlast (Subgruppenanalyse)<br />

Die Veränderung der Problemlast für einzelne Problemfelder zwischen ersten und zweiten<br />

Messzeitpunkt wurde anhand einer 2x2 faktoriellen Varianzanalyse mit Messwiederholung<br />

auf dem Faktor Zeit analysiert. Tabelle 6 gibt einen Überblick über die auf Signifikanz<br />

geprüften Parameter. Für die Berechnungen in Tabelle 9 wurden die Problembereiche<br />

ausgewählt, die im Fragebogen mit Hilfe eines stetigen Messparameters erfasst werden<br />

konnten. Für 13 der 22 Problemfelder wurde die Analyse durchgeführt. Einbezogen wurden<br />

ausschließlich Teilnehmer, die nach der Operationalisierung (s. Tab 2) ein aktives<br />

Problemfeld aufwiesen. Die Mittelwerte sowie Standardabweichungen sind getrennt für den<br />

entsprechenden Messzeitpunkt und die jeweilige Gruppe dargestellt, die p-Werte für die<br />

Faktoren Treatment, Zeit und Interaktion sind für jeden ausgewählten Problembereich in der<br />

rechten Spalte dargestellt.<br />

Tabelle 9: Ergebnisse 2x2 faktorieller Varianzanalysen (Treatment x Zeit) mit Messwiederholung auf dem<br />

Faktor Zeit (nur Studienteilnehmer mit aktivem Problemfeld zum 1.Messzeitpunkt)<br />

aktives Problemfeld<br />

(Parameter)<br />

erhöhte Angst<br />

(HADS-Score 0-21)<br />

erhöhte Depressivität<br />

(HADS-Score 0-21)<br />

anhaltende Stressbelastung<br />

(TICS-Score 0-48)<br />

Einschränkung Sexualität<br />

(IMET-Item 0-10)<br />

Einschränkung Ehe<br />

(IMET-Item 0-10)<br />

Einschränkung Freizeitaktivität<br />

(2 IMET-Items 0-20*)<br />

Einschränkung von Alltagsaktivitäten<br />

(4 IMET-Items 0-40*)<br />

Gesamt n<br />

MZP 1<br />

M (SD)<br />

MZP 2<br />

M (SD)<br />

p-Wert von<br />

Treatment (T)<br />

Zeit (Z)<br />

Interaktion (I)<br />

IG 50 13,5 (2,4) 10,6 (3,6) T: p= .126<br />

VG 30 13,4 (2,3) 12,4 (3,1) Z: p< .001<br />

I: p= .021<br />

IG 61 11,4 (2,5) 9,2 (3,7) T: p= .179<br />

VG 29 11,9 (2,5) 10,4 (4,3) Z: p< .001<br />

I: p= .427<br />

IG 68 29,8 (6,0) 25,4 (8,1) T: p= .191<br />

VG 43 29,9 (6,0) 28,4 (6,6) Z: p< .001<br />

I: p= .023<br />

IG 69 8,9 (1,2) 7,1 (3,2) T: p= .537<br />

VG 40 8,6 (1,2) 7,0 (3,0) Z: p< .001<br />

I: p= .732<br />

IG 36 8,4 (1,2) 6,3 (3,3) T: p= .863<br />

VG 13 8,3 (1,2) 6,5 (3,1) Z: p= .001<br />

I: p= .730<br />

IG 35 16,9 (1,8) 13,3 (4,8) T: p= .553<br />

VG 14 16,9 (2,0) 12,1 (7,2) Z: p< .001<br />

I: p= .467<br />

IG 46 22,8 (7,5) 17,8 (9,7) T: p= .865<br />

VG 23 22,7 (7,5) 17,3 (11,7) Z: p< .001<br />

I: p= .832<br />

39


40<br />

Ernährungseinschränkung<br />

(Einzelitem 0-10)<br />

gefährdete Teilhabe am Arbeitsleben<br />

(SPE-Summen-Score 0-3)<br />

Krankheitsaktivität<br />

(GIBDI-Score 0-18)<br />

Vitalität<br />

(SF-36 0-100)<br />

Infowunsch<br />

(Anzahl von Themen 0-11)<br />

IG 47 8,4 (1,1) 6,7 (3,0) T: p= .300<br />

VG 24 8,2 (1,0) 6,1 (2,5) Z: p< .001<br />

I: p= .597<br />

IG 51 1,9 (0,9) 1,6 (1,0) T: p= .443<br />

VG 37 2,1 (0,5) 1,6 (0,9) Z: p< .001<br />

I: p= .339<br />

IG 32 8,9 (1,4) 6,6 (2,7) T: p= .986<br />

VG 20 9,7 (1,8) 5,8 (3,6) Z: p< .001<br />

I: p= .100<br />

IG 42 18,5 (9,1) 29,8 (22,1) T: p= .664<br />

VG 23 18,0 (8,8) 27,4 (18,4) Z: p< .001<br />

I: p= .716<br />

IG 33 4,0 (2,2) 2,5 (1,7) T: p= .085<br />

VG 13 4,3 (2,4) 4,2 (2,6) Z: p= .042<br />

I: p= .065<br />

n: Anzahl gültiger Fälle, IG: Interventionsgruppe; VG: Vergleichsgruppe; MZP: Messzeitpunkt; M: Mittelwert; SD:<br />

Standardabweichung; T: Treatment; Z: Zeit; I: Interaktion; *Summenwert aus IMET-Items<br />

Die befragten Teilnehmer der IG und VG mit aktivem Problemfeld zur Ausgangslage zeigen<br />

in allen Problembereichen Verbesserungen zur 6-Monats-Katamnese (s. Haupteffekt Z in<br />

Tab. 9). In den Bereichen „erhöhte Angst“ und „anhaltende Stressbelastung“ sind signifikante<br />

Interaktionseffekte feststellbar.<br />

In den Abbildungen 11.1 und 11.2 sind die Ergebnisse für diese beiden Problembereiche<br />

sowie für den Bereich „Infowunsch“ (11.3), der einen tendenziellen Interaktionseffekt<br />

aufzeigt, dargestellt.<br />

14<br />

13<br />

12<br />

11<br />

10<br />

9<br />

8<br />

Abbildung 11.1: Angst (HADS-A, Mittelwerte) Abbildung 11.2: Stress (TICS-SSCS, Mittelwerte)<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

MZP 1 MZP 2<br />

IG (50) VG (30)<br />

MZP 1 MZP 2<br />

IG (33) VG (13)<br />

ES=0,58<br />

ES=0,65<br />

Abbildung 11.3: Infowunsch (Anzahl<br />

Themenbereiche, Mittelwerte)<br />

Abbildung 11: Mittelwerte zu 2 MZP für Teilnehmer mit aktivem Problemfeld in den jeweiligen<br />

Problembereichen<br />

31<br />

30<br />

29<br />

28<br />

27<br />

26<br />

25<br />

24<br />

23<br />

MZP 1 MZP 2<br />

IG (68) VG (43)<br />

ES=0,45


Für die Subgruppe von Studienteilnehmern mit auffälligen Angstwerten lässt sich ein<br />

Unterschied zwischen IG und VG in einer Größenordnung von 0.58 Effektstärken<br />

beobachten. Bei Betrachtung der Prä-Post-Effektstärken, zeigen sich über den<br />

Beobachtungszeitraum von 6 Monaten höhere Verbesserungen der Angstwerte in der IG<br />

(ESIG=1,2; ESVG=0,43). Die Intergruppen-Effektstärke bei Teilnehmern mit erhöhten<br />

Stresswerten liegt bei 0.45. Im Prä-Post-Vergleich zeigt sich für die IG ein mittelstarker Effekt<br />

hinsichtlich der Verbesserung der Stresswerte (ESIG=0,73; ESVG=0,25).<br />

3.6. Inanspruchnahme<br />

3.6.1. Arztkontakte<br />

Alle Teilnehmer berichteten anhand einer Liste von 17 Fachärzten (darunter auch<br />

Psychotherapeutenkontakte abgefragt) und zwei Freitextfeldern über ihre Arztkontakte in den<br />

vergangenen sechs Monaten vor den Befragungen (Anhang 6; Fragebogenitem Nr. 19). Im<br />

Mittel gaben sie an, drei verschiedene Ärzte (SD=2) in den vergangenen 6 Monaten<br />

konsultiert zu haben 3 . Die befragten Teilnehmer der IG berichten zur 6-Monats-Katamnese<br />

deutlich weniger Arztkontakte, ein signifikanter Interaktionseffekt ist feststellbar (s. Abb. 12).<br />

3,1<br />

3<br />

2,9<br />

2,8<br />

2,7<br />

2,6<br />

2,5<br />

2,4<br />

3,0 (2,1)<br />

MZP1 MZP2<br />

Abbildung 12: Anzahl der Arztkonsultationen in den vergangenen 6 Monaten vor den Befragungen nach<br />

IG und VG<br />

Zu den meist konsultierten Ärzten gehören den Ergebnissen zufolge in beiden Gruppen der<br />

Hausarzt und der Gastroenterologe (s. Tab.10). Hier lassen sich aufgrund der<br />

Rekrutierungswege wie erwartet signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen sowohl<br />

bei der Ausgangslagenmessung als auch beim Follow-up feststellen. (Die Signifikanztestung<br />

für die abhängigen Stichproben erfolgte mit dem Chi²-Test nach McNemar - in rechter<br />

Tabellenspalte zu entnehmen. Die Signifikanzprüfung zwischen den unabhängigen Gruppen<br />

(IG und VG) erfolgte mit dem Chi²-Test nach Person – grau hinterlegt dargestellt).<br />

Im Prä-Post-Vergleich zeigt sich speziell bei der Interventionsgruppe ein verändertes<br />

3 Die Freitextfelder wurden bei den Berechnungen nicht berücksichtigt.<br />

Interaktion: p= .016<br />

2,8 (2,1) 2,8 (2,2)<br />

2,6 (2,0)<br />

VG (177)<br />

IG (254)<br />

41


Verhalten hinsichtlich der Konsultation von Ärzten. Sie konsultierten während des 6-<br />

monatigen Interventionszeitraums signifikant häufiger Ärzte in CED-Ambulanzen und CED-<br />

Schwerpunktpraxen als in den sechs Monaten vor der Erstbefragung. Signifikant seltener<br />

hingegen wurden von ihnen Internisten, Proktologen, Ophthalmologen und Neurologen<br />

aufgesucht. Innerhalb der Vergleichsgruppe ist die Häufigkeit der Arztkonsultationen zu<br />

beiden Messzeitpunkte weitestgehend vergleichbar. In Tabelle 10 sind die aufgesuchten<br />

Ärztegruppen im Überblick dargestellt.<br />

Tabelle 10: Arztkonsultationen (ja %) von IG und VG in den letzten 6 Monaten vor der Erst- und Folgebefragung<br />

Aufgesucht in den vergangenen<br />

6 Monaten<br />

Gesamt<br />

(valid N)<br />

MZP 1 MZP 2<br />

Chi²-Test<br />

McNemar<br />

IG (254) 63,8% (162) 59,1% (150) ,149<br />

Hausarzt<br />

VG (177) 43,5% (77) 40,1% (71) ,440<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,000 0,000<br />

IG (254) 57,9% (147) 51,6% (131) ,085<br />

Gastroenterologe<br />

VG (177) 89,8% (159) 87,6% (155) ,556<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,000 0,000<br />

IG (254) 18,5% (47) 25,2% (64) ,005<br />

CED-Ambulanz/CED Schwerpunktpraxis<br />

VG (177) 22,6% (40) 27,7% (49) ,151<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,297 0,564<br />

IG (254) 31,5% (80) 21,3% (54) ,001<br />

Internist<br />

VG (177) 13,6% (24) 14,7% (26) ,832<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,000 0,084<br />

IG (254) 2,8% (7) 2,8% (7) 1,000<br />

Nephrologe<br />

VG (177) 1,7% (3) 1,7% (3) n.b.<br />

p-Wert (Chi²-Test) n.b. n.b.<br />

IG (254) 10,6% (27) 8,7% (22) ,499<br />

Radiologe/Nuklearmediziner<br />

VG (177) 11,9% (21) 9,6% (17) ,503<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,689 0,737<br />

IG (254) 7,5% (19) 5,9% (15) ,523<br />

Chirurg<br />

VG (177) 5,1% (9) 8,5% (15) ,210<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,321 0,303<br />

IG (254) 9,1% (23) 8,3% (21) ,824<br />

Urologe<br />

VG (177) 7,3% (13) 6,8% (12) 1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,528 0,568<br />

IG (254) 18,1% (46) 16,9% (43) ,735<br />

Gynäkologe<br />

VG (177) 12,4% (22) 16,9% (30) ,134<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,111 0,996<br />

IG (254) 11,4% (29) 11,0% (28) 1,000<br />

Orthopäde<br />

VG (177) 13,6% (24) 15,3% (27) ,690<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,505 0,195<br />

IG (254) 0,8% (2) 2,0% (5) n.b.<br />

Schmerztherapeut<br />

VG (177) 1,7% (3) 4,0% (7) n.b.<br />

p-Wert (Chi²-Test) n.b. 0,218<br />

IG (254) 11,8% (30) 6,3% (16) ,014<br />

Proktologe<br />

VG (177) 5,6% (10) 8,5% (15) ,227<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,030 0,390<br />

IG (254) 13,4% (34) 12,6% (32) ,880<br />

Dermatologe<br />

VG (177) 15,8% (28) 14,7% (26) ,864<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,479 0,531<br />

IG (254) 7,1% (18) 5,9% (15) ,629<br />

Rheumatologe<br />

VG (177) 5,1% (9) 5,6% (10) 1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,399 0,911<br />

IG (254) 14,6% (37) 8,3% (21) ,015<br />

Ophthalmologe<br />

VG (177) 13,0% (23) 10,2% (18) ,383<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,643 0,498<br />

IG (254) 7,1% (18) 3,1% (8) ,031<br />

Neurologe<br />

VG (177) 7,3% (13) 4,5% (8) ,227<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,919 0,459<br />

IG (254) 13,8% (35) 12,6% (32) ,690<br />

Psychotherapeut/Psychiater<br />

VG (177) 7,3% (13) 7,3% (13) 1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,037 0,079<br />

n: Anzahl gültiger Fälle, IG: Interventionsgruppe; VG: Vergleichsgruppe; MZP: Messzeitpunkt; MW: Mittelwert; SD:<br />

Standardabweichung; n.b.: nicht berechnet; *: Wilcoxon-Test<br />

42


3.6.2. Nutzung von Beratungsangeboten und Behandlungen<br />

In den letzten sechs Monaten vor der ersten Befragung nahmen 43% (N=431; 2. MZP: 37%)<br />

der CED-Betroffenen krankheitsbezogene Beratungsangebote außerhalb der ärztlichen<br />

Kontakte in Anspruch. Am häufigsten wurden in beiden Gruppen Patientenschulungen und<br />

physio- oder ergotherapeutische Behandlung in Anspruch genommen (s. Tab. 11). Die<br />

Signifikanztestung für die abhängigen Stichproben erfolgte mit dem Chi²-Test nach McNemar<br />

– der rechten Tabellenspalte zu entnehmen. Die Signifikanzprüfung zwischen den<br />

unabhängigen Gruppen (IG und VG) erfolgte mit dem Chi²-Test nach Person – grau<br />

hinterlegt dargestellt). Zum zweiten Messzeitpunkt zeigt sich für beide Studiengruppen ein<br />

vergleichbares Inanspruchnahmeverhalten. In Tabelle 11 ist die Inanspruchnahme von<br />

Behandlungs- und Beratungsangeboten zu beiden Erhebungszeitpunkten im Detail<br />

dargestellt.<br />

Tabelle 11: Inanspruchnahmeverhalten hinsichtlich Behandlungs- und Beratungsangeboten von IG und<br />

VG im Prä-Post-Vergleich<br />

In den letzten 6 Monaten haben ich wegen<br />

meiner CED in Anspruch genommen …<br />

Gesamt<br />

(valid N)<br />

MZP 1 MZP 2<br />

Chi²-Test<br />

McNemar<br />

IG (254) 9,8% (25) 8,3% (21) ,607<br />

Ernährungsberatung<br />

VG (177) 7,9% (14) 7,3% (13) 1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,491 0,727<br />

genetische Beratung, Beratung wegen<br />

Kinderwunsch<br />

IG (254)<br />

VG (177)<br />

p-Wert (Chi²-Test)<br />

0,4% (1)<br />

4,0% (7)<br />

n.b.<br />

2,4% (6)<br />

3,4% (6)<br />

0,524<br />

n.b.<br />

1,000<br />

IG (254) 2,0% (5) 2,0% (5) 1,000<br />

Ehe-, Familien, Sexualberatung<br />

VG (177) 2,3% (4) 1,7% (3) n.b.<br />

p-Wert (Chi²-Test) n.b. n.b.<br />

IG (254) 14,6% (37) 13,4% (34) ,766<br />

Physiotherapie/Ergotherapie<br />

VG (177) 14,1% (25) 13,0% (23) ,839<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,898 0,906<br />

IG (254) 9,8% (25) 8,3% (21) ,596<br />

Angebote zur Stressbewältigung<br />

VG (177) 7,9% (14) 7,9% (14) 1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,491 0,893<br />

IG (254) 1,2% (3) 1,2% (3) n.b.<br />

Programm/Kurs zur Raucherentwöhnung<br />

VG (177) 0,6% (1) 1,1% (2) n.b.<br />

p-Wert (Chi²-Test) n.b. n.b.<br />

IG (254) 2,4% (6) 2,8% (7) 1,000<br />

Berufs-, arbeitsrechtliche Beratung<br />

VG (177) 5,6% (10) 6,2% (11) 1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,076 0,077<br />

IG (254) 2,8% (7) 3,5% (9) ,791<br />

Beratung in finanziellen Angelegenheiten<br />

VG (177) 5,6% (10) 2,3% (4) n.b.<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,129 n.b.<br />

IG (254) 2,0% (5) 1,2% (3) n.b.<br />

ambulante Pflegedienste, Haushaltshilfe<br />

VG (177) 2,3% (4) 1,7% (3) n.b.<br />

p-Wert (Chi²-Test) n.b. n.b.<br />

IG (254) 9,4% (24) 8,7% (22) ,804<br />

Angebote von Selbsthilfegruppen<br />

VG (177) 6,8% (12) 4,0% (7) ,180<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,324 0,055<br />

Beratung durch Krankenkasse,<br />

Pflegeversicherung<br />

IG (254)<br />

VG (177)<br />

p-Wert (Chi²-Test)<br />

2,0% (5)<br />

2,8% (5)<br />

0,561<br />

2,4% (6)<br />

2,8% (5)<br />

0,764<br />

1,000<br />

1,000<br />

IG (254) 6,7% (17) 6,3% (16) 1,000<br />

Beratung durch Rentenversicherung<br />

VG (177) 6,2% (11) 4,5% (8) ,607<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,843 0,428<br />

Patientenschulung (z.B. Arzt-Patienten-<br />

Seminar)<br />

IG (254)<br />

VG (177)<br />

p-Wert (Chi²-Test)<br />

12,6% (32)<br />

17,5% (31)<br />

0,155<br />

13,0% (33)<br />

8,5% (15)<br />

0,142<br />

1,000<br />

,006<br />

n: Anzahl gültiger Fälle, IG: Interventionsgruppe; VG: Vergleichsgruppe; MZP: Messzeitpunkt; n.b.: nicht berechnet<br />

43


In Abbildung 13 ist die Inanspruchnahme ausgewählter Behandlungsangebote nur für die<br />

Patientinnen und Patienten mit einem „passenden“ aktiven Problemfeld dargestellt. So<br />

berichten beispielsweise IG-Befragte mit aktivem Problemfeld „Stress“ zum ersten<br />

Messzeitpunkt, die in der Folge eine entsprechende Empfehlung rückgemeldet bekamen, zur<br />

6-Monats-Katamnese häufiger die Inanspruchnahme eines Stresstrainings wegen ihrer CED<br />

in den letzten 6 Monaten als im Zeitraum vor dem ersten Messzeitpunkt. Die beobachteten<br />

Veränderungen erreichten keine Signifikanz.<br />

20,0%<br />

15,0%<br />

10,0%<br />

Abbildung 13.1: Stresstraining bei Teilnehmern mit<br />

erhöhtem Stress<br />

44<br />

5,0%<br />

0,0%<br />

10%<br />

8%<br />

6%<br />

4%<br />

2%<br />

%<br />

11,8%<br />

8,8%<br />

16,3%<br />

Abbildung 13.2: Kurs zur Raucherentwöhnung bei<br />

rauchenden MC-Teilnehmern<br />

Abbildung 13.3: Eheberatung/Familienberatung bei<br />

Teilnehmern mit Beeinträchtigungen im Bereich enger<br />

persönlicher Beziehungen<br />

Abbildung 13: Inanspruchnahme von Behandlungs- und Beratungsangeboten bei Teilnehmern mit<br />

entsprechend aktivem Problemprofil im Prä-Post-Vergleich<br />

3.6.3. Medikamentöse Versorgung<br />

7,0%<br />

IG (N=68) VG (N=43)<br />

2,7%<br />

MZP 1 MZP 2<br />

8,1% 7,7% 7,7%<br />

IG (N=37) VG (N=13)<br />

MZP 1 MZP 2<br />

Im Rahmen der Befragungen wurde auch die aktuelle Medikamenteneinnahme (in den<br />

letzten drei Monaten) der Patienten und Patientinnen erfasst.<br />

Zum ersten wie zum zweiten Messzeitpunkt berichten Teilnehmer der IG häufiger keine<br />

Medikamente eingenommen zu haben als VG-Teilnehmer (1. MZP: IG 15,4%, VG 2,8%,<br />

p=,003; 2. MZP: IG 18,5%, VG 2,8%, p= ,000).<br />

12%<br />

10%<br />

8%<br />

6%<br />

4%<br />

2%<br />

%<br />

3,2%<br />

9,7%<br />

,0%<br />

3,2%<br />

IG (N=31) VG (N=31)<br />

MZP 1 MZP 2


In Tabelle 12 ist die Medikamenteneinnahme jeweils getrennt für MC- und CU-Patientinnen<br />

und -Patienten dargestellt. Im Prä-Post-Vergleich zeigen sich ausschließlich signifikante<br />

Unterschiede innerhalb der an MC-Erkrankten. Hier zeigt sich bei beiden Gruppen zum<br />

zweiten Messzeitpunkt eine reduzierte Budesonid-Einnahme, innerhalb der IG zusätzlich<br />

eine verringerte Antibiotikaeinnahme. Unter den CU-Erkrankten lassen sich keine Prä-Post-<br />

Effekte feststellen.<br />

Signifikante Gruppenunterschiede zwischen IG und VG ergeben sich bei den MC-Patienten<br />

für beide Messzeitpunkte hinsichtlich des Einsatzes von Biologika, die häufiger von der VG<br />

eingenommen werden. Zwischen den CU-Patienten der IG und VG, zeigen sich zum ersten<br />

Messzeitpunkt wie zum zweiten Messzeitpunkt einige deutliche Unterschiede: Die<br />

Teilnehmer der Vergleichsregion berichten zur ersten wie zur zweiten Befragung häufigere<br />

Biologikaeinnahmen und zum Zeitpunkt der zweiten Befragung kommen bei ihnen häufiger<br />

5-Aminosalizylate zum Einsatz. Die IG-Teilnehmer äußern zur ersten Befragung eine<br />

signifikant häufigere Einnahme von Kortikosterioden als die VG.<br />

Tabelle 12: Medikamenteneinnahmen in den letzten 3 Monaten getrennt für MC und CU für IG und VG<br />

Medikamente in<br />

den letzten 3<br />

Monaten<br />

eingenommen/<br />

erhalten<br />

5-Aminosalizylate<br />

Budesonid<br />

Kortikosteroide<br />

Immunsuppressiva<br />

Biologika<br />

Probiotika<br />

Antibiotika<br />

Gesamt<br />

(valid N)<br />

MC (N=216) CU (N=215)<br />

MZP 1 MZP 2<br />

Chi²-Test<br />

McNemar<br />

Gesamt<br />

(valid N)<br />

MZP 1 MZP 2<br />

Chi²-Test<br />

McNemar<br />

IG (111) 34,2% (38) 34,2% (38) 1,000 IG (143) 71,3% (102) 67,8% (97) ,424<br />

VG (105) 45,7% (48) 40,0% (42) ,263 VG (72) 81,9% (59) 80,6% (58) 1,000<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

0,085 0,380<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

0,090 0,050<br />

IG (111) 23,4% (26) 12,6% (14) ,008 IG (143) 14,7% (21) 9,8% (14) ,092<br />

VG (105) 28,6% (30) 19,0% (20) ,031 VG (72) 22,2% (16) 13,9% (10) ,146<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

0,388 0,194<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

0,167 0,368<br />

IG (111) 28,8% (32) 26,1% (29) ,710 IG (143) 32,9% (47) 28,0% (40) ,248<br />

VG (105) 31,4% (33) 25,7% (27) ,307 VG (72) 19,4% (14) 18,1% (13) 1,000<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

0,677 0,945<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

0,039 0,111<br />

IG (111) 43,2% (48) 40,5% (45) ,648 IG (143) 28,0% (40) 27,3% (39) 1,000<br />

VG (105) 46,7% (49) 42,9% (45) ,454 VG (72) 30,6% (22) 34,7% (25) ,549<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

0,613 0,730<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

0,693 0,260<br />

IG (111) 21,6% (24) 21,6% (24) 1,000 IG (143) 7,0% (10) 7,7% (11) 1,000<br />

VG (105) 39,0% (41) 42,9% (45) ,289 VG (72) 23,6% (17) 25,0% (18) 1,000<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

0,005 0,001<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

0,001 0,000<br />

IG (111) 4,5% (5) 2,7% (3) n.b. IG (143) 6,3% (9) 7,0% (10) 1,000<br />

VG (105) 5,7% (6) 4,8% (5) 1,000 VG (72) 11,1% (8) 13,9% (10) ,500<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

0,686 n.b.<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

0,217 0,100<br />

IG (111) 10,8% (12) 4,5% (5) ,039 IG (143) 6,3% (9) 4,2% (6) ,508<br />

VG (105) 11,4% (12) 9,5% (10) ,687 VG (72) 5,6% (4) 6,9% (5) n.b.<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

0,855 0,147<br />

p-Wert<br />

(Chi²-Test)<br />

n.b. 0,388<br />

n: Anzahl gültiger Fälle, IG: Interventionsgruppe; VG: Vergleichsgruppe; MZP: Messzeitpunkt; n.b.: nicht berechnet<br />

45


3.6.4. Operationen und Krankenhausaufenthalte<br />

Wie Tabelle 13 zu entnehmen ist, zeigt sich im Prä-Post-Vergleich einzig innerhalb der IG<br />

eine signifikante Abnahme der stationären Behandlungen im Verlauf der 6-Monats-<br />

Katamnese. Hinsichtlich der Inanspruchnahme von Operationen lassen sich weder<br />

Unterschiede im Verlauf noch zwischen den Teilnehmern der Gruppen feststellen. Ein<br />

signifikanter Unterschied zwischen der IG und VG zeigt sich in der Häufigkeit stationärer<br />

Behandlungen zum ersten Messzeitpunkt. Hier äußern die IG-Teilnehmer häufiger stationäre<br />

Behandlungen als die Vergleichsgruppe (p= ,019). Laut Eigenangaben wurden die<br />

Teilnehmer der IG im Vergleich in den 6 Monaten vor der Erstbefragung häufiger einmal als<br />

auch mehrmals stationär behandelt (einmal: 9,8% vs. 5,1%; mehrmals: 4,9% vs. 2,3%).<br />

Tabelle 13: Inanspruchnahme von stationären Behandlungen und Rehamaßnahmen zum 1. und 2. MZP für<br />

IG und VG<br />

n: Anzahl gültiger Fälle, IG: Interventionsgruppe; VG: Vergleichsgruppe; MZP: Messzeitpunkt; n.b.: nicht<br />

berechnet<br />

3.6.5. Rehabedarf und Inanspruchnahme von Rehabilitationsmaßnahmen<br />

Etwa jeder fünfte IG- und VG-Teilnehmer hatte nach eigenen Angaben zum Zeitpunkt der<br />

Erstbefragung schon einmal an einer ambulanten oder stationären Reha in den letzten vier<br />

Jahren teilgenommen. Hinsichtlich der subjektiven Rehabedürftigkeit, die mit der Frage<br />

„Wenn Sie an Ihren derzeitigen Gesundheitszustand denken: Glauben Sie, dass Sie zurzeit<br />

eine Rehabilitation wegen Ihrer CED benötigen?“ erfasst wurde, zeigen sich keine<br />

Unterschiede zwischen den Gruppen und Messzeitpunkten. Auch die Häufigkeiten<br />

hinsichtlich des objektiven Rehabedarfs, der mit Hilfe des Lübecker Algorithmus festgestellt<br />

wurde, sind vergleichbar (s. Tab. 13 und Abb. 14).<br />

46<br />

Parameter<br />

stationär behandelt in den<br />

vergangenen 6 Monaten<br />

jemals wegen CED operiert<br />

in den letzten 6 Monaten wegen<br />

CED operiert<br />

in den letzten 4 Jahren an<br />

ambulanter oder stationärer<br />

Reha teilgenommen<br />

Rehabedürftigkeit (subj.)<br />

Rehabedarf (LübAlgo)<br />

(> 5 „Zugänge“ notwendig)<br />

in den letzten 6 Monaten an<br />

ambulanter oder stationärer<br />

Reha teilgenommen<br />

Gesamt<br />

(valid N)<br />

MZP 1 MZP 2<br />

Chi²-Test<br />

McNemar<br />

IG (244) 14,8% (36) 8,6% (21) ,025<br />

VG (177) 7,3% (13) 6,2% (11) ,804<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,019 0,361<br />

IG (253) 34,0% (86)<br />

VG (177) 33,9% (60)<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,984<br />

IG (249) 4,0% (10) 3,2% (8) ,791<br />

VG (175) 3,4% (6) 3,4% (6) 1,000<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,755 0,903<br />

IG (253) 18,2% (46)<br />

VG (177) 18,6% (33)<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,445<br />

IG (254) 22,4% (55) 22,4% (55) 1,000<br />

VG (172) 27,9% (48) 21,5% (37) ,063<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,203 0,820<br />

IG (254) 17,7% (45) 16,1% (41) ,584<br />

VG (177) 13,6% (24) 12,4% (22) ,832<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,247 0,283<br />

IG (253) 3,2% (8)<br />

VG (177) 1,7% (3)<br />

p-Wert (Chi²-Test) n.b.


30%<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

Abbildung 14: Rehabilitationsbedarf nach dem Lübecker Algorithmus zum ersten Messzeitpunkt nach IG und<br />

VG (> 5 benötigte präventive, therapeutische, rehabilitative Zugänge)<br />

3.7. Weitere Parameter<br />

Zufriedenheit mit der Versorgungssituation<br />

Wie Tabelle 14 zu entnehmen ist, zeigt sich im Prä-Post-Vergleich innerhalb der IG eine<br />

signifikante Verbesserung hinsichtlich der Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung.<br />

Für die VG lassen sich keine signifikanten Veränderungen in der Beurteilung der<br />

medizinischen Versorgung feststellen. Die Befragten aus der Modellregion äußern zu beiden<br />

Messzeitpunkten signifikant weniger Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung ihrer<br />

CED. Etwa ein Fünftel ist zur Ausgangslagenmessung leicht oder ziemlich unzufrieden, in<br />

der Vergleichsgruppe gibt nur etwa jeder Dreizehnte Unzufriedenheit hinsichtlich seiner<br />

Versorgung an.<br />

Tabelle 14: Patientenzufriedenheit zum 1. und 2. MZP von IG und VG<br />

Zufriedenheit mit<br />

der med.<br />

Versorgung<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Parameter<br />

IG (n=254) VG (n=177)<br />

Gesamt<br />

(valid N)<br />

MZP 1 MZP 2<br />

sehr/weitgehend zufrieden<br />

80,0% (200) 86,8% (217)<br />

IG (250)<br />

leicht/ziemlich unzufrieden 20,0% (50) 13,2% (33)<br />

sehr/weitgehend zufrieden VG (177) 92,1% (163) 94,4% (167)<br />

leicht/ziemlich unzufrieden 7,9% (14) 5,6% (10)<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,001 0,011<br />

n: Anzahl gültiger Fälle, IG: Interventionsgruppe; VG: Vergleichsgruppe; MZP: Messzeitpunkt<br />

Beurteilung des Gesundheitszustandes im Allgemeinen<br />

IG: 17,7%<br />

VG: 13,6%<br />

Chi² Test<br />

McNemar<br />

Veränderungen in der Beurteilung des eigenen Gesundheitszustands lassen sich zum<br />

Zeitpunkt der zweiten Befragung weder in der IG noch in der VG erkennen. Beide Gruppen<br />

zeigen im Verlauf weitestgehend vergleichbare Werte. Zwischen den teilnehmenden<br />

Gruppen lassen sich ebenfalls keine signifikanten Unterschiede ausmachen. Direkt nach<br />

erlebten Veränderungen befragt, berichten zur 2. Befragung (IG 37%; VG 32%) etwas mehr<br />

Betroffene von einer Verbesserung ihres Gesundheitszustandes seit der ersten Befragung<br />

,004<br />

,388<br />

47


als von einer Verschlechterung (IG 21% mit erlebter Verschlechterung; VG 18%) (s. Tab.<br />

15).<br />

Tabelle 15: Patientenzufriedenheit und allgemeiner Gesundheitszustand zum 1. und 2. MZP von IG und VG<br />

Beurteilung des<br />

Gesundheitszustands<br />

im Allgemeinen<br />

48<br />

Vergleich des Gesundheitszustandes<br />

zu MZP 1<br />

Parameter<br />

Gesamt<br />

(valid N)<br />

MZP 1 MZP 2<br />

sehr gut/gut/zufriedenstellend<br />

79,8% (190) 77,7% (185)<br />

IG (238)<br />

weniger gut/schlecht 20,2% (48) 22,3% (53)<br />

sehr gut/gut/zufriedenstellend 81,3% (135) 82,5% (137)<br />

VG (166)<br />

weniger gut/schlecht 18,7% (31) 17,5% (29)<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,710 0,238<br />

derzeit viel besser als vor 6 Monaten<br />

12,2% (29)<br />

derzeit etwas besser als vor 6 Monaten 25,2% (60)<br />

etwa wie vor 6 Monaten<br />

IG (238)<br />

41,6% (99)<br />

derzeit etwas schlechter als vor 6<br />

Monaten<br />

18,1% (43)<br />

derzeit viel schlechter als vor 6 Monaten 2,9% (7)<br />

derzeit viel besser als vor 6 Monaten<br />

10,2% (17)<br />

derzeit etwas besser als vor 6 Monaten 21,7% (36)<br />

etwa wie vor 6 Monaten VG (166)<br />

50,6% (84)<br />

derzeit etwas schlechter als vor 6<br />

Monaten<br />

14,5% (24)<br />

derzeit viel schlechter als vor 6 Monaten 3,0% (5)<br />

p-Wert (Chi²-Test) 0,500<br />

n: Anzahl gültiger Fälle, IG: Interventionsgruppe; VG: Vergleichsgruppe; MZP: Messzeitpunkt<br />

3.8. Weiterempfehlung und Akzeptanz<br />

Chi² Test<br />

McNemar<br />

65% der Befragten in der Modellregion haben die Versorgungspfadebroschüre vollständig<br />

bzw. zum größten Teil gelesen und 13% haben die Netzwerkerbroschüre genutzt (ja/eher ja;<br />

N=254). 15% haben die Auswertungsergebnisse mit ihrem Arzt besprochen (N=254).<br />

Von den Teilnehmern mit mindestens einem aktiven Problemfeld (N=202) gaben 50% an,<br />

alle bzw. einige der erhaltenen Empfehlungen umgesetzt zu haben.<br />

Ob und inwieweit die Teilnehmer die Materialien weiterempfehlen würden, kann im Detail der<br />

Abbildung 15 entnommen werden.<br />

Netzwerkerbroschüre<br />

Versorgungspfadebroschüre<br />

Handlungsempfehlungen<br />

FB mit Rückmeldung Problembereiche<br />

Abbildung 15: Weiterempfehlung (N=254)<br />

90,7%<br />

91,9%<br />

90,5%<br />

89,3%<br />

,532<br />

,868<br />

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%<br />

ja/eher ja eher nein/nein


82% der Teilnehmer in der Modellregion bewerten das Vorgehen (Bestimmung von<br />

Problembereichen mittels Fragebogen und Rückmeldung dieser mit persönlichen<br />

Handlungsempfehlungen) als (sehr) gut (vgl. Abbildung 16).<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

29,3<br />

Abbildung 16: Wie würden Sie unser Vorgehen (Bestimmung von Problembereichen mittels Fragebogen<br />

und Rückmeldung dieser mit persönlichen Handlungsempfehlungen) insgesamt beurteilen? (N=254)<br />

Es lassen sich keine signifikanten Unterschiede in Alter, Geschlecht, Diagnose,<br />

Schulbildung, Krankheitsaktivität oder Anzahl der Problemfelder bei der Beurteilung des<br />

Vorgehens erkennen. (Daten nicht gezeigt)<br />

4. Diskussion und Ausblick<br />

4.1. Limitationen der Studie<br />

Bei der Interpretation der Daten sollten einige Grenzen der Machbarkeitsstudie<br />

berücksichtigt werden.<br />

Durch den Zugang zur Stichprobe über unterschiedliche ambulante Behandlungsebenen,<br />

über die Presse und die Selbsthilfeorganisation der DCCV wurden sehr unterschiedliche<br />

Patientengruppen (schwer Erkrankte sowie in Remission befindlich) angesprochen. Die<br />

Strukturgleichheit der Stichprobe gegenüber der Population aller CED-Kranken in Hinblick<br />

auf die Diagnoseverteilung, Krankheitsschwere, das Geschlecht und den sozialen Status ist<br />

fraglich und die Repräsentativität der Stichprobe eingeschränkt. Im direkten Vergleich mit<br />

zwei anderen Stichproben deutscher CED-Patientinnen und Patienten zeigt sich jedoch eine<br />

ähnliche Stichprobencharakteristik (Alter, Geschlecht, Krankheitsbild, Krankheitsdauer) [1,7]<br />

(siehe Tabelle 16).<br />

52,9<br />

13,2 3,7<br />

sehr gut gut zufriedenstellend weniger gut schlecht<br />

Beurteilung des Vorgehens durch die Interventionsgruppe<br />

0,8<br />

49


Tabelle 16: Vergleich der Merkmale der CED-impl Stichprobe mit den Teilnehmenden an zwei weiteren<br />

Erhebungen<br />

Soziodemographie<br />

50<br />

Merkmale<br />

CED-<br />

Online-Register [7]<br />

Befragung 2005 [1]<br />

CED-impl (2010)<br />

(N=1030) (N=1083) (N=431)<br />

Alter MW±SD 43 ± 10 42 ± 13 45,9 ± 13,7<br />

Geschlecht<br />

Schulbildung<br />

weiblich 56,9% 64,6% 60,6%<br />

männlich 43,1% 34,8% 39,4%<br />

< 10 Klassen 18,4% 29,1%<br />

Mittlere Reife k.A. 38% 35,6%<br />

(Fach-) Abitur 43,6% 35,3%<br />

Erwerbstätigkeit erwerbstätig 59,6% 62,7% 61,6%<br />

Gesundheitszustand und Erkrankung<br />

Diagnose<br />

Morbus Crohn 49,6% 58,2% 50,1%<br />

Colitis ulcerosa 50,4% 41,8% 49,9%<br />

Erkrankungsdauer MW±SD 10 ± 9 12,8 ± 9,2<br />

n: Anzahl gültiger Fälle; MW: Mittelwert; SD: Standardabweichung; k.A.: keine Angaben<br />

14,3 ± 10,0<br />

Die Bereitschaft zur Studienteilnahme liegt mit einer geschätzten Partizipationsrate von 46%<br />

(vgl. 3.2.) in einer vergleichbaren Größenordnung wie im Survey des Jahres 2005, der bei<br />

einem ähnlich heterogenen Rekrutierungsverfahren eine Partizipationsrate von 40%<br />

berichtet [1].<br />

Eine weitere Einschränkung, die bei der Interpretation der Daten berücksichtigt werden<br />

sollte, ergibt sich aus der nicht zu realisierenden Non-Responder-Analyse. Es lagen keine<br />

Angaben zu den Personen vor, die über die DCCV sowie die beteiligten Netzwerker der<br />

ambulanten Behandlungsebene angesprochen wurden und eine Teilnahme ablehnten.<br />

Aussagen zu Unterschieden z.B. in Alter, Geschlecht oder Diagnosegruppe zwischen<br />

Teilnehmern und Nichtteilnehmern sind daher nicht möglich.<br />

Zu den Schwächen der Studie zählt auch das Fehlen einer „echten“ Kontrollgruppe. IG und<br />

VG weisen unterschiedliche Rekrutierungswege auf, Unterschiede in den beiden<br />

Studiengruppen (Anteil der Erwerbstätigen, Anteil von MC und CU) überraschen daher nicht,<br />

ein Vergleich zwischen den Gruppen ist nur eingeschränkt möglich.<br />

Bevor wir zur Diskussion der Befunde mit Blick auf die in 1.3. formulierten Fragestellungen<br />

kommen, sollen zuvor die identifizierten somatischen und psychosozialen Problembereiche<br />

auf dem Hintergrund bevölkerungsbezogener Befunde und Daten aus anderen nationalen<br />

CED-Stichproben erörtert werden.<br />

4.2. Problemlast im Vergleich<br />

Häufigkeit von Problemfeldern<br />

Die Ergebnisse unserer Machbarkeitsstudie demonstrieren in deutlicher Weise die<br />

Multifokalität des Krankheitsbildes. Die Erkrankten müssen parallel sowohl somatische als


auch psychosoziale Probleme bewältigen. Im Mittel berichten die Befragten in unserer Studie<br />

in IG wie VG zwischen 3 und 4 Problemfeldern. Am häufigsten finden sich die Problemfelder<br />

„extraintestinale Manifestationen“, „gefährdete Teilhabe am Arbeitsleben“ bei Erwerbstätigen<br />

und „Rauchen“ bei MC-Erkrankten. Ein Fünftel der Befragten lässt kein aktives Problemfeld<br />

erkennen, bei etwa einem Viertel finden sich 5 und mehr aktive Problemfelder.<br />

Vergleich der Problemlast mit der Allgemeinbevölkerung<br />

Während ungefähr drei Viertel der Allgemeinbevölkerung ihren allgemeinen<br />

Gesundheitszustand mit sehr gut und gut bewerten [25], liegt der Anteil mit etwa 47% unter<br />

den von uns befragten CED-Erkrankten deutlich niedriger.<br />

Erhöhte Angstwerte (HADS-A >11) wurden in der Allgemeinbevölkerung bei 5,9% der<br />

Befragten gefunden, unter den befragten CED-Erkrankten lag der Anteil mehr als dreimal so<br />

hoch (18,6%). Auch der Anteil mit erhöhten Depressivitätswerten (HADS-D >9) ist nach den<br />

Ergebnissen unserer Machbarkeitsstudie bei CED-Erkrankten höher (20,9%) als in der<br />

Allgemeinbevölkerung (15,8%) [21].<br />

Bei Männern wie Frauen beobachtet man in der CED-Stichprobe Vitalitätswerte (Subskala<br />

SF 36), die deutlich unter denen der Normstichprobe liegen: Die männliche<br />

Normbevölkerung zeigt im Mittel Vitalitätswerte von 66,2 (SD 18,0), unter den befragten<br />

CED-Patienten liegt der durchschnittliche Vitalitätswert bei 52,6 (SD 20,9). Unter den Frauen<br />

in der Bevölkerung liegt der durchschnittliche Vitalitätswert bei 60,6 (SD 18,5), die befragten<br />

CED-Patientinnen weisen ein Mittelwert von 47,8 (SD 20,9) auf. [14].<br />

Die individuelle Belastung durch chronischen Stress (TICS) liegt ebenfalls über dem der<br />

Normalbevölkerung. Mit einem Mittelwert von 17,0 (SD 8,7) liegt unsere Stichprobe über<br />

dem Mittelwert von 14,4 (SD 8,2) der Allgemeinbevölkerung [17], während für eine Gruppe<br />

von 471 Versicherten einer gesetzlichen Krankenkasse mit Diabetes mellitus Typ 2 keine<br />

erhöhte Stressbelastung beobachtbar war (M=13,2;SD 9,8) [32].<br />

Für eine Bewertung der Einschränkungen der sozialen Teilhabe, die mit dem IMET erfasst<br />

wurde, fehlen bislang bevölkerungsbezogene Vergleichsdaten. Im Vergleich zur eben<br />

genannten Diabetiker-Stichprobe fällt die Teilhabeeinschränkung (Summenscore IMET) für<br />

die Teilnehmer der Machbarkeitsstudie höher aus (CED: MW 19,1/SD 18,9 vs. Diabetes:<br />

MW 14,5/SD 17,6) [32].<br />

Zieht man die Diabetiker-Stichprobe auch für den Vergleich der Gefährdung der Teilhabe am<br />

Arbeitsleben heran zeichnet sich bei Betrachtung der vierstufigen SPE-Skala<br />

(Gesamtpunktzahl zwischen 0 und 3) eine nahezu vergleichbar starke Gefährdung der<br />

Erwerbstätigkeit der berufstätigen CED-Patienten und der berufstätigen Diabetiker ab<br />

(Score>2: CED 29,7% vs. Diabetes 27,3%).<br />

Nach der RKI-Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ liegt die Raucherquote in der<br />

Gesamtbevölkerung bei 29,9% [33]. Nach den Daten unserer Erhebung entspricht die<br />

51


Raucherquote unter den MC-Patienten in etwa derjenigen in der Gesamtbevölkerung: 28,8%<br />

der 215 befragten MC-Patienten gaben in der Studie an aktuell zu rauchen. Dies ist ein<br />

bemerkenswerter (und alarmierender) Befund. Neben dem erhöhten Rezidivrisiko durch<br />

Tabakkonsum führt Rauchen bei MC zu einem schwereren Krankheitsverlauf, erhöht das<br />

Risiko von extraintestinalen Komplikationen, von Osteoporose und ist mit einer<br />

herabgesetzten Lebensqualität assoziiert [34]. Rauchverzicht hingegen beeinflusst den<br />

Krankheitsverlauf der MC-Betroffenen positiv. Daher empfiehlt die S3-Leitlinie „Diagnostik<br />

und Therapie des Morbus Crohn“ den Rauchverzicht bei Morbus Crohn (A): „Patienten, die<br />

rauchen, müssen zu Abstinenz von Tabakgebrauch angehalten werden“[3]. Der Vergleich<br />

von rauchenden und nichtrauchenden MC-Betroffenen der beiden Befragungen zeigt<br />

übereinstimmend, dass unter den Rauchern jeweils signifikant mehr Personen mit<br />

niedrigerer Schulbildung sind. Auch dies entspricht den Befunden in der<br />

Gesamtbevölkerung: Bei Frauen und Männern aus der niedrigen im Vergleich zu denen aus<br />

der hohen Bildungsgruppe ist das Risiko zu rauchen um das 2,3- bzw. 1,9-fache erhöht [36].<br />

Im Weiteren werden unsere Daten zur Ausgangslagenmessung mit den Befunden des<br />

Surveys aus dem Jahr 2005 [1] sowie aus zwei weiteren deutschen CED-Stichproben ([22],<br />

[26]) verglichen.<br />

Dabei finden wir im Großen und Ganzen ein erstaunlich einheitliches Belastungsprofil der<br />

CED-Betroffenen.<br />

Problemlast im Vergleich zum Survey 2005<br />

Im Mittel berichten die Befragten in unserer Studie ebenso wie im Survey 2005 von 3,4<br />

Problemfeldern (Machbarkeitsstudie: MW 3,4, SD 3,5 von 22PF; Survey 2005: MW 3,4, SD<br />

3,3 von 21 PF). Die Häufigkeit aktiver Problemfelder ist in beiden Studien nahezu<br />

vergleichbar. Ähnlich ist die Anzahl derer, die kein aktives Problemfeld aufweisen<br />

(Machbarkeitsstudie: Gesamt 20,2%; Survey 2005: 17,3%).<br />

In Tabelle 17 sind die Häufigkeiten aktiver Problemfelder beider Studien abgebildet.<br />

Aufgrund der unterschiedlichen Zusammensetzung der Stichproben (in 2005 58% MC, in<br />

CED-impl 50%) wurde eine getrennte Darstellung der Ergebnisse nach den Diagnosen MC<br />

und CU vorgenommen. Dargestellt sind nur die Problemfelder, die in gleicher Weise<br />

(Itemformulierung, Antwortkategorien, Problemfeld-Operationalisierung) erhoben wurden.<br />

Wie der Tabelle 17 zu entnehmen ist, schildern sich die Befragten im Survey 2005 nur<br />

hinsichtlich der Problemfelder „Angst“ und „Einschränkung von Alltagsaktivitäten“ als deutlich<br />

stärker belastet als die Teilnehmer der Machbarkeitsstudie.<br />

52


Tabelle 17: Vergleich der Häufigkeit aktiver Problemfelder der Machbarkeitsstudie mit dem Survey 2005<br />

getrennt für MC und CU<br />

psychische<br />

Schädigungen<br />

beeinträchtigte soziale<br />

Teilhabe<br />

risikobehaftete<br />

Umweltfaktoren <br />

risikobehaftetePersonenfaktoren<br />

Problemfelder<br />

Machbarkeitsstudie<br />

Gesamt<br />

(N=431)<br />

Survey 2005<br />

Gesamt<br />

(N=1061)<br />

p-Wert<br />

erhöhte Depressivität Gesamt 20,9% 90 23,2% 246<br />

MC 21,8% 47 23,3% 144 ,189<br />

CU 20,0% 43 23,0% 102 ,906<br />

erhöhte Angst Gesamt 18,6% 80 23,4% 248<br />

MC 17,6% 38 26,1% 161 ,001<br />

CU 19,5% 42 19,6% 87 ,389<br />

ausgeprägtes Schamgefühl Gesamt 4,6% 20 6,6% 70<br />

MC 5,6% 12 6,3% 39 ,482<br />

CU 3,7% 8 7,0% 31 ,322<br />

Einschränkung Freizeitaktivitäten Gesamt 11,4% 49 16,6% 176<br />

MC 13,9% 30 17,0% 105 ,091<br />

CU 8,8% 19 16,0% 71 ,119<br />

Ehe/Partnerschaft Gesamt 11,6% 50 17,2% 183<br />

MC 14,4% 31 17,8% 110 ,071<br />

CU 8,8% 19 16,4% 73 ,093<br />

Sexualität Gesamt 25,5% 110 24,5% 260<br />

MC 28,7% 62 25,8% 159 ,845<br />

CU 22,3% 48 22,7% 101 ,396<br />

Einschränkung von Alltagsaktivitäten Gesamt 16,0% 69 24,3% 258<br />

MC 19,0% 41 24,1% 149 ,022<br />

CU 13,0% 28 24,5% 109 ,028<br />

finanzielle Probleme Gesamt 15,1% 65 16,8% 178<br />

MC 19,4% 42 18,3% 113 ,670<br />

CU 10,7% 23 14,6% 65 ,641<br />

geringe soziale Unterstützung Gesamt 10,7% 46 9,0% 95<br />

MC 12,5% 27 8,6% 53 ,390<br />

CU 8,8% 19 9,5% 42 ,800<br />

Rauchen (bei MC)<br />

MC: Morbus Crohn; CU: Colitis ulcerosa<br />

MC<br />

Gesamt<br />

Vergleich der Ergebnisse mit weiteren CED-Stichproben<br />

(N=215) (N=617)<br />

MC 28,8% 62 29,8% 184 ,823<br />

Knapp ein Fünftel (19,8%) der Patienten schätzen im Rahmen der Machbarkeitsstudie ihren<br />

allgemeinen Gesundheitszustand als „weniger gut“ bis „schlecht“ ein. Daten des CED-<br />

Online-Registers von Bokemeyer et al. [26] berichten einen vergleichbaren<br />

Gesundheitszustand der CED-Betroffenen (weniger gut/schlecht: 18,6%).<br />

Studienergebnisse von Häuser et al. [22] zufolge, der 422 CED-Patienten mit dem HADS-D<br />

befragte, berichten MC-Patienten eine deutlich höhere Beeinträchtigung durch Angst als CU-<br />

Patienten. So zeigen 20,4% der MC-Patienten und 14,8% der CU-Patienten in Häusers<br />

Studie erhöhte Angstwerte (>11). 17,6% der MC- und 19,5% der CU-Befragten lassen im<br />

Rahmen unserer Machbarkeitsstudie ähnlich erhöhte Angstwerte erkennen.<br />

Weitere vergleichbare Werte lassen sich für das Problemfeld „Depressivität“ finden: 21,8%<br />

der MC-Patienten und 20% der CU-Patienten zeigen zum ersten Messzeitpunkt in unserer<br />

Machbarkeitsstudie erhöhte Depressivitätswerte (>9). Auch Häuser et al. berichtet für MC<br />

und CU-Patienten vergleichbare Depressivitätswerte (MC 16,6%, CU 20,4%) [22].<br />

53


Die Vitalität wurde auch im Online-Register (mit der Subskala des SF 36 erfasst). 14,5% der<br />

befragten CED-Patientinnen und Patienten (noch unveröffentlichte Daten) berichten nach<br />

Daten des CED-Online-Registers [7] Vitalitätsverluste. Vergleichbare Vitalitätswerte<br />

berichten die CED-Betroffenen unserer Machbarkeitsstudie (15,1%).<br />

Obwohl aus Sicht der Kliniker und der Patientenorganisation DCCV die medizinische<br />

Versorgung von CED-Patientinnen und Patienten zahlreiche Mängel aufweist (z.B.<br />

mangelnde Umsetzung einer leitliniengerechten Therapie), äußert sich der Großteil der CED-<br />

Befragten unserer Machbarkeitsstudie mit der medizinischen Versorgung zufrieden<br />

(sehr/weitgehend zufrieden: 84,9% der Gesamtstichprobe) [27,28]. Auch im Survey 2005<br />

ließen die CED-Befragten eine ähnlich hohe Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung<br />

erkennen (80,1%). Auch die Studienergebnissen von Pieper et al. zeigen eine überwiegende<br />

Zufriedenheit der Erkrankten (N=86) mit der medizinischen Behandlung (sehr gut/gut: 60%<br />

MC- und 70% CU-Patienten) [29].<br />

4.3. Feasability und Prozessevaluation<br />

Netzwerkaufbau<br />

Bezüglich der Fragestellung „Wie groß ist das Interesse an einem CED-<br />

Versorgungsnetzwerk teilzunehmen?“, muss die Bereitschaft der medizinischen Behandler,<br />

neue Wege in der CED-Versorgung zu gehen, nach ersten Erfahrungen der<br />

Machbarkeitsstudie als „eher gering“ bewertet werden. Nur 12% der in der Modellregion<br />

angefragten Vertreter der drei ambulanten Behandlungsebenen (hausärztlich, fachärztlich,<br />

Schwerpunktpraxen/Ambulanzen) zeigten sich interessiert. Die Bereitschaft auf Seiten der<br />

nichtmedizinischen Behandler lag mit 16% geringfügig höher.<br />

Die Frage „Lässt sich ein Versorgungsnetzwerk für CED-Erkrankte aufbauen?“ kann<br />

dennoch mit ja beantwortet werden. Mit Unterstützung einer Steuergruppe und einem<br />

verlängerten Rekrutierungszeitraum konnte das Rekrutierungsziel – für jede Berufsgruppe,<br />

die an der Versorgung, Beratung und Behandlung beteiligt sein sollte, Ansprechpartner für<br />

das Netzwerk zu rekrutieren – erreicht werden.<br />

Das Ziel, eine flächendeckende Versorgung durch die rekrutierten Netzwerker in der<br />

Modellregion zu gestalten, ist nur im Ansatz gelungen. Die meisten Netzwerker finden sich in<br />

den Ballungsregionen Kiel und Lübeck, in den strukturschwächeren Regionen ließen sich nur<br />

wenig Netzwerker zu einer Teilnahme motivieren.<br />

Das Interesse der rekrutierten ärztlichen wie nichtärztlichen Netzwerker, sich aktiv zu<br />

beteiligen, scheint vorhanden zu sein. Wie belastbar es ist, lässt sich schwer beurteilen.<br />

Zwar erteilten über 90% der Netzwerker ihr Einverständnis sich in die Netzwerkerbroschüre<br />

eingetragen zu lassen, doch nahmen nur 17% (30 von 173) das Angebot einer CED-<br />

bezogenen Fortbildungsveranstaltung wahr. Der Bitte der Studienzentrale zurückzumelden,<br />

54


wie viele der zur Verfügung gestellten Fragebögen im Rekrutierungszeitraum ausgeteilt<br />

wurden, kamen 47% (42 von 89) der angesprochenen ärztlichen Netzwerker nach.<br />

Während des Implementierungsprozesses zeigten sich folgende Schwierigkeiten und<br />

Barrieren: Nach Aussagen rekrutierter Netzwerker bei der Fortbildungsveranstaltung wurden<br />

Anreize zum Netzwerkbeitritt vermisst. Ein Beitritt wird aus der Perspektive der<br />

medizinischen Behandler oft mit mehr Kosten und einem größerem Zeitaufwand verbunden.<br />

Diese Mehrleistung sollte nach Aussage der Netzwerker vergütet werden. Die<br />

Untersuchungsergebnisse einer Schweizer Arbeitsgruppe bestätigen, dass ein großer<br />

administrativer oder finanzieller Mehraufwand hemmend auf die Motivation von Ärzten<br />

wirken kann und nur ein sinnvolles Aufwand-Nutzen-Verhältnis dem entgegen wirken kann<br />

[23].<br />

Mögliche Optimierungsansätze könnten in der Verknüpfung des Netzwerkbeitritts mit<br />

entweder monetären oder mittelbaren Anreizen liegen. Obwohl finanzielle Vergütungsanreize<br />

bzw. erfolgsorientierte Vergütungen (Pay for Performance) nach [35] erste positive<br />

Ergebnisse bei der Versorgung von psychisch Kranken und Schmerzpatienten aufzeigen,<br />

wird dieser Anreiz für mehr Qualität in der Versorgung kritisch hinterfragt und die Effektivität<br />

diskutiert [24]. Mittelbare Anreize wie Zertifikate für die Teilnahme als externe Anerkennung<br />

der geleisteten Qualitätsarbeit und zur Ausweisung gegenüber der Öffentlichkeit können<br />

eventuell einen alternativen Anreiz darstellen. Untersuchungen von Schläpfer et al. (2010)<br />

zufolge, stellt der größtmögliche Anreiz für Ärzte die Effektivität einzelner Qualitätsaktivitäten<br />

dar [24]. Ein Netzwerkbeitritt wird danach als erstrebenswert angesehen, wenn der<br />

Mehraufwand einen Mehrnutzen für den Patienten verspricht.<br />

Weitere Schwierigkeiten und Probleme, die auf der ersten Fortbildungsveranstaltung zur<br />

Sprache kamen, werden in der Schnittstellenproblematik gesehen. Diese wurde als größte<br />

Herausforderung vor allem zwischen der ambulanten und stationären Behandlungsebene<br />

sowie zwischen medizinischen und nichtmedizinischen Berufsgruppen eingestuft.<br />

Zur Optimierung der berufsgruppenübergreifenden Arbeit sind gemeinsame CED-bezogene<br />

Veranstaltungen denkbar, beispielsweise in Form der bereits veranstalteten gemeinsamen<br />

CED-bezogenen Fortbildung. Zur stärkeren Vernetzung könnte regelmäßig über neue<br />

Erkenntnisse informiert werden (Einbindung des Newsletter des Kompetenznetzes CED) und<br />

auf regionale Besonderheiten hingewiesen werden (einschlägige Veranstaltungen). Als<br />

wichtig erwiesen hat sich die Einsetzung einer Steuergruppe, die sowohl neue potentielle<br />

Teilnehmer motiviert als auch als Initiator für Veranstaltungen agiert.<br />

Zur Verbesserung der Schnittstellenproblematik wurde während der<br />

Fortbildungsveranstaltung die Bildung von praxisübergreifenden Verbänden zur<br />

gemeinsamen Umsetzung, Organisation und Durchführung von Schulungsprogrammen für<br />

CED-Patienten angedacht. Weitere Möglichkeiten wurden in der Erweiterung und<br />

55


Verbindung von bestehenden „Mininetzwerken“ sowie in regelmäßig veranstalteten CED-<br />

Schulungen, CED-Seminaren und Weiterbildungen der Mitglieder gesehen.<br />

Bei der Umsetzung der Versorgungsempfehlungen wurden auf der<br />

Fortbildungsveranstaltung lange Wartezeiten auf freie Behandlungsplätze (z.B. bei<br />

Psychotherapeuten) oder auf Beratungstermine (z.B. bei Sozialberatungsstellen) für die<br />

Patientinnen und Pateinten der Netzwerker moniert. Es wurde daher angeregt (und<br />

inzwischen umgesetzt), die Netzwerkerbroschüre um Hinweise auf Möglichkeiten, die eine<br />

solche Wartezeit erleichtern können (z.B. Kontaktadressen von Selbsthilfegruppen,<br />

Beratungsstellen, CED-bezogenen Internetseiten und Büchern), zu ergänzen.<br />

Screeningfragebogen<br />

Der Screeningfragebogen erwies sich als praktikables Instrument zur Feststellung des<br />

individuellen Problemprofils.<br />

Die manuelle Eingabe eines ausgefüllten Fragebogens in eine Access-Eingabemaske nahm<br />

circa 6 Minuten in Anspruch. Die anschließende Auswertung über SPSS mit der Erstellung<br />

eines Antwortschreibens über Excel und Word ist machbar (Zeitbedarf weitere 9 Minuten),<br />

dürfte aber für den Einsatz in Praxen oder Krankenkassen unkomfortabel sein. Eine<br />

internetbasierte Darbietung mit automatisierter Auswertung des Assessment-Fragebogens<br />

ist geplant.<br />

Interessierte Betroffene könnten dann, nach Installierung des Programms, etwa bei<br />

Krankenkassen oder dem Kompetenznetz CED über einen Link den Fragebogen anonym<br />

online bearbeiten. Nach der automatisierten Auswertung würden die identifizierten<br />

Problembereiche mit den zugehörigen Empfehlungen anschließend auf dem Bildschirm<br />

angezeigt und könnten vom Patienten ausgedruckt werden.<br />

Akzeptanz des Vorgehens (PatientInnensicht)<br />

Die hohe Partizipationsrate zur zweiten Befragung sowie die positive Bewertungen der<br />

Materialien lassen darauf schließen, dass die teilnehmenden CED-Patientinnen und<br />

Patienten unser Vorgehen (Problemfeld-Screening mittels Fragebogen mit Rückmeldung der<br />

individuellen Problemprofile) akzeptieren. In der Gruppe der Teilnehmer mit mindestens<br />

einem aktiven Problemfeld (N=202) gaben 50% an, alle bzw. einige der erhaltenden<br />

Empfehlungen umgesetzt zu haben.<br />

Um die Ergebnisse des Problemscreenings und die erhaltenen Empfehlungen zu<br />

besprechen, wurde den teilnehmenden Patientinnen und Patienten ein Gespräch mit ihrem<br />

behandelnden Arzt oder ihrer Ärztin dringend empfohlen. Daher überrascht der Befund,<br />

dass nur 15% dieser Aufforderung nachkamen. Über die Gründe kann nur spekuliert werden,<br />

da uns hierzu keine weiteren Daten vorliegen.<br />

56


4.4. Verlaufsdaten und erste Ergebnisevaluation<br />

Die in unserer Studie erhobenen Daten sind unseres Wissens bislang die ersten<br />

Verlaufsdaten zur Problemlast CED-Erkrankter in Deutschland. Die beiden Befragungen im<br />

Abstand von einem guten halben Jahr verdeutlichen, dass sich die Häufigkeit sowie die<br />

Vielfalt aktiver Problemfelder für die gesamte Gruppe der CED-Erkrankten als beständige<br />

Größen darstellen. Die Häufigkeiten aktiver Problemfelder sind zum ersten und zum zweiten<br />

Messzeitpunkt in IG wie VG weitgehend unverändert. Wie bereits bei der Erstbefragung<br />

gehören extraintestinale Manifestationen, die gefährdete Teilhabe am Arbeitsleben (bei<br />

Erwerbstätigen) und Rauchen (bei MC-Erkrankten) auch zum zweiten Messzeitpunkt zu den<br />

häufigsten aktiven Problemfeldern. Je ein Fünftel der Befragten zeigt zum ersten<br />

Messzeitpunkt wie zum zweiten Messzeitpunkt kein aktives Problemfeld (1. MZP 20,2%; 2.<br />

MZP 23,4%). Im Mittel berichten die Teilnehmer der Studie von 3,4 aktiven Problemfeldern<br />

(SD=3,5), zur zweiten Befragung von 3,2 (SD=3,4). In Übereinstimmung dazu erweist sich<br />

die subjektive Bewertung des eigenen Gesundheitszustandes zu beiden Messzeitpunkten in<br />

IG wie VG auf Gruppenebene als unverändert. Direkt nach erlebten Veränderungen befragt,<br />

berichten mit 35% mehr Teilnehmende von einer Verbesserung ihres Gesundheitszustandes<br />

seit der ersten Befragung im Vergleich zu 20%, die eine erlebte Verschlechterung angeben.<br />

Auf der Suche nach ersten Hinweisen auf positive Effekte der Aktivitäten im Rahmen des<br />

Netzwerkaufbaus (u.a. Problemfeldscreenings mit Rückmeldung an die Betroffenen (eine<br />

Form individualisierter Patienteninformation) sind folgende Beobachtungen von Interesse:<br />

In der Interventionsgruppe erhöhte sich die Zufriedenheit mit der Versorgung im Laufe des 6-<br />

monatigen Interventionszeitraums (p=.004). Inwieweit die in der IG beobachtete<br />

Verbesserung der Medikamentenwirkung und/oder die erhöhte Inanspruchnahme der dritten<br />

Behandlungsebene (CED-Ambulanzen) eine Rolle spielt, lässt sich nicht aufklären. Unklar<br />

bleibt in diesem Zusammenhang auch die Auswirkung der im Unterschied zur<br />

Vergleichsgruppe in signifikanter Weise reduzierte Anzahl der in den letzten 6 Monaten<br />

aufgesuchten Arztpraxen.<br />

Aus der stärkeren Reduktion der Anzahl nachgefragter Bereiche mit weiterem<br />

Informationsbedarf in der IG im Vergleich zur VG könnte auf eine Verbesserung der<br />

Patienteninformation in der IG geschlossen werden.<br />

Weitere Hinweise auf positive Wirkungen finden sich unter den Studienteilnehmenden mit<br />

aktivem Problemfeld Angst bzw. Stress zur Erstbefragung. Die Teilnehmer der IG zeigen zur<br />

6-Monatskatamnese einen Vorteil im Vergleich zur VG, da ihre Stresswerte (TICS) bzw.<br />

Angstwerte (HADS-A) deutlicher reduziert sind. Beschränkt man die Analyse auf den<br />

Teilnehmerkreis, der tatsächlich eine Behandlungs-/Beratungsempfehlung zurückgemeldet<br />

bekam, so zeigt sich in der Tendenz eine günstigere Entwicklung für die IG auch im<br />

Parameter „Einschränkung der sozialen Teilhabe“ (IMET).<br />

57


Inwieweit die im Projekt realisierte Form von Patienteninformation im Vergleich zur<br />

bisherigen Betreuung messbare Vorteile für die CED-Patienten mit sich bringt, konnte im<br />

Rahmen unserer Machbarkeitsstudie noch nicht geklärt werden.<br />

Seit März 2011 wird aufbauend auf den Erfahrungen aus der Implementierungsstudie eine<br />

deutschlandweite randomisierte, kontrollierte Interventionsstudie im Parallelgruppendesign<br />

durchgeführt, die konfirmatorisch prüft, ob eine Verbesserung der Versorgungslage von<br />

Patientinnen und Patienten mit Morbus Crohn bzw. Colitis ulcerosa durch die<br />

Zurverfügungstellung individualisierter Versorgungsempfehlungen realisiert werden kann.<br />

Im Frühjahr 2012 wird für alle Netzwerker sowie teilnehmenden Patientinnen und Patienten<br />

der Modellregion eine gemeinsame Veranstaltung stattfinden. Neben der Darstellung der<br />

Ergebnisse wird das weitere Schicksal des Netzwerkes zu diskutieren sein.<br />

58


Literatur<br />

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32, 752-760.<br />

61


Anhang 1: Anschreiben mit Aufruf zur Netzwerkteilnahme<br />

(Briefkopf des jeweiligen potentiellen Netzwerkers)<br />

Sehr geehrter Herr X, sehr geehrte Frau X,<br />

wir möchten Sie über ein Modellprojekt zur Verbesserung der Versorgung von Personen mit<br />

chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) informieren und Sie einladen, sich an<br />

diesem Projekt zu beteiligen.<br />

Zur Vorgeschichte des Modellprojektes:<br />

In den Jahren 2005 bis 2008 wurden am Institut für Sozialmedizin der Universität zu Lübeck<br />

evidenzbasierte und interdisziplinär konsentierte „Versorgungspfade“ für erwachsene<br />

Patientinnen und Patienten mit Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa entwickelt. Diese Arbeit<br />

fand im Rahmen des Kompetenznetzes Darmerkrankungen statt und wurde finanziell vom<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die CED-Versorgungspfade<br />

wurden vor kurzem in der Zeitschrift für Gastroenterologie veröffentlicht. Die Inhalte der<br />

Versorgungspfade finden Sie kurz und knapp in der beigelegten Broschüre dargestellt. (Bei<br />

Interesse können Sie auch gerne die ausführliche Publikation von uns erhalten.)<br />

Das Konzept soll nun in einer umgrenzten Modellregion erprobt werden. Sie umfasst Lübeck,<br />

Kiel, Ostholstein, Plön und Segeberg. Eine Projektskizze liegt diesem Anschreiben bei. Das<br />

Projekt wird unterstützt von der Ärztekammer <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>, vom Exzellenzcluster<br />

Entzündung an Grenzflächen (Universität Kiel und Lübeck mit dem Forschungszentrum<br />

Borstel), vom Berufsverband Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands e.V.,<br />

vom Kompetenznetz Darmerkrankungen e.V. sowie von der Patientenorganisation DCCV.<br />

Was kommt bei einer Projektteilnahme auf Sie zu?<br />

(1) Berücksichtigung der Inhalte der Versorgungspfade<br />

Im Falle einer Teilnahme gehen wir davon aus, dass Sie sich mit den Inhalten der „CED-<br />

Versorgungspfade“ vertraut machen. Wir erhoffen uns eine Umsetzung der Inhalte des<br />

Versorgungspfades in den Versorgungsalltag. Dies umfasst eine Diagnostik und Therapie,<br />

die sich an den Empfehlungen der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs-<br />

und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) orientieren. Informationen zu diesen Leitlinien erhalten<br />

Sie ebenfalls auf Wunsch zugestellt.<br />

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(2) Assessment somatischer wie psychosozialer Problemfelder<br />

Die Versorgungspfade empfehlen auf allen Behandlungsebenen des ambulanten<br />

Versorgungssektors die Erfassung und Beurteilung somatischer, psychischer und sozialer<br />

Problemfelder, die mit der chronischen Darmerkrankung zusammenhängen können. Im<br />

Rahmen des Modellprojektes bieten wir deshalb ein Assessment dieser Problemfelder mit<br />

Hilfe eines Fragebogens an. Dazu bitten wir Sie - im Falle einer Teilnahme -, dieses<br />

(kostenfreie) Angebot an Ihre Patienten und Patientinnen (ab 18 Jahren) weiterzuleiten. Sie<br />

erhalten von uns hierfür für jede Patientin bzw. jeden Patient einen Umschlag mit allen<br />

notwendigen Unterlagen: einem Informationsblatt über das Modellprojekt, einer<br />

Einwilligungserklärung zur Teilnahme, den Fragebogen für das Assessment sowie einem<br />

frankierten Rücksendekuvert. Ist die Patientin bzw. der Patient mit einer Teilnahme<br />

einverstanden, schickt sie/er den ausgefüllten Fragebogen an das Institut für Sozialmedizin,<br />

wo der Bogen ausgewertet wird. Die Ergebnisse werden direkt an die Betroffenen<br />

zurückgemeldet. Entsprechend der individuellen Problemprofile werden dabei<br />

Versorgungsempfehlungen gegeben und der Patient bzw. die Patientin wird gebeten, die<br />

zugesandte Auswertung mit Ihnen zu besprechen.<br />

(3) Unterstützung einer multidisziplinären Versorgung<br />

Falls von Ihrer Patientin bzw. Ihrem Patient gewünscht, sollten Sie in einem Gespräch mit ihr<br />

bzw. ihm beraten, welche der (in der Rückmeldung zum Fragebogen) genannten<br />

Versorgungsangebote genutzt werden sollten. Um die Kontaktaufnahme mit anderen<br />

ärztlichen und nichtärztlichen Berufsgruppen und Einrichtungen zu erleichtern, erhalten Sie<br />

(ebenso wie die teilnehmenden Patientinnen und Patienten) ein Adressverzeichnis aller in<br />

der Modellregion teilnehmenden medizinischen wie nichtmedizinischen Leistungsanbieter<br />

(„Netzwerkerbroschüre“). Wenn Sie einverstanden sind, werden auch Sie in diesem<br />

Verzeichnis aufgeführt.<br />

Was haben Sie selbst von der Teilnahme an dem Modellprojekt?<br />

Monetäre Anreize stehen uns leider nicht zur Verfügung. Der „ideelle“ Wert liegt in der<br />

aktiven Teilnahme an einer Initiative zur Verbesserung der Versorgung einer kleinen, aber<br />

stark belasteten Gruppe chronisch Kranker. Darüber hinaus können Sie Ihren eigenen CED-<br />

Patientinnen und Patienten den Zugang zu einem systematischen Assessment<br />

krankheitsbedingter Probleme inklusive Auswertung anbieten. Weiterhin erhalten Sie ein<br />

Verzeichnis mit den Adressen anderer Netzwerker in der Region. Dies schafft<br />

Kommunikationsmöglichkeiten und kann helfen, bei der Behandlungsplanung Zeit zu sparen.<br />

Für alle am Projekt Beteiligten werden wir während der Projektlaufzeit in den Räumen der<br />

Ärztekammer in Segeberg ein kostenloses Fortbildungsangebot zum Thema CED<br />

63


organisieren (Teilnahme ist nicht verpflichtend). Über die Projektfortschritte und -ergebnisse<br />

werden Sie von uns regelmäßig informiert werden.<br />

Was müssen Sie tun, wenn Sie am Modellprojekt teilnehmen möchten?<br />

Senden Sie uns in diesem Fall innerhalb der nächsten vier Wochen die beiliegende<br />

Postkarte zur Rückantwort ausgefüllt zu. Sie erhalten dann das gewünschte<br />

Informationsmaterial sowie Fragebögen für Ihre Patienten in der angefragten Stückzahl.<br />

Sollten Sie weitere Fragen zum Projektablauf haben, rufen Sie uns gerne an.<br />

Sie erreichen uns unter der Telefonnummer 0451/500 5849 (Fr. Langbrandtner) oder unter<br />

0451/500 5854 (Fr. Dr. Hüppe) Mo - Do von 9.00 - 12.00 Uhr.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

(Prof. Dr. Dr. Heiner Raspe)<br />

Anlagen: Projektbeschreibung, Broschüre Versorgungspfade, Rückantwortkarte<br />

64


Anhang 2: Broschüre zu den Versorgungspfaden „Versorgungspfadebrochüre“<br />

65


Anhang 3: Projektbeschreibung<br />

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Anhang 4.1: Rückantwortkarte zum Modellprojekt für die drei ambulanten<br />

Behandlungsebenen<br />

91


Anhang 4.2: Rückantwortkarte zum Modellprojekt für weitere ärztliche und<br />

nichtärztliche Ansprechpartner<br />

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Anhang 5: Steckbrief für weitere ärztliche sowie nichtärztliche Ansprechpartner<br />

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Anhang 6: Fragebogen<br />

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Anhang 7: Netzwerkerbroschüre (Stand Juni 2010)<br />

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Anhang 8: Anschreiben mit Rückmeldung des Problemprofils an die Teilnehmer -<br />

Textbausteine zu den 22 gescreenten Problembereichen<br />

UNIVERSITÄTSKLINIKUM <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

Campus Lübeck Institut für Sozialmedizin Ratzeburger Allee 160 23538 Lübeck<br />

Sehr geehrte Frau/Sehr geehrter Herr ,<br />

vor einigen Wochen erklärten Sie sich bereit, an einer Studie zur Verbesserung der Versorgung bei<br />

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa teilzunehmen. Sie erhielten dazu einen ausführlichen Fragebogen<br />

zu Ihrem Gesundheitszustand, den Sie an das Institut für Sozialmedizin an der UK-SH Lübeck<br />

zurücksandten. Herzlichen Dank!<br />

Wir schicken Ihnen wie angekündigt folgende 2 Unterlagen zu:<br />

(1) Ihr persönliches Problemprofil als Ergebnis der Fragebogenauswertung mit Erläuterungen der<br />

genannten Problemfelder und Empfehlungen zu Behandlungs- und Beratungsangeboten<br />

(2) ein Adressverzeichnis der Teilnehmer am regionalen CED-Versorgungsnetz<br />

(„Netzwerkerbroschüre“).<br />

Wir empfehlen Ihnen, mit einem Arzt bzw. einer Ärztin Ihres Vertrauens die Ergebnisse der<br />

Auswertung zu besprechen. Überlegen Sie gemeinsam, welche der empfohlenen<br />

Versorgungsangebote für Sie von Nutzen sein könnten. Die Netzwerkerbroschüre kann Sie vielleicht<br />

bei der Kontaktaufnahme zu einer Versorgungseinrichtung in Ihrer Nähe unterstützen.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Prof. Dr. Dr. Heiner Raspe<br />

UNIVERSITÄTSKLINIKUM<br />

<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong><br />

Campus Lübeck<br />

Institut für Sozialmedizin<br />

Komm. Direktor: Prof. Dr. med. Martin Scherer<br />

Ansprechpartner: Jana Langbrandtner<br />

Tel: 0451 500-58 49<br />

Fax: 0451 500-58 72<br />

E-Mail: jana.langbrandtner@uk-sh.de<br />

Internet: www.sozialmedizin-luebeck.uk-sh.de<br />

Datum:<br />

125


Ergebnis der Fragebogenauswertung: Ihr persönliches Problemprofil<br />

Der von Ihnen bearbeitete Fragebogen erfasst 22 verschiedene körperliche, seelische und soziale<br />

Problembereiche, die mit einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung verbunden sein können. Bei<br />

der Auswertung des von Ihnen ausgefüllten Fragebogens wurden Ihre Antworten mit denen von<br />

Gesunden sowie anderen an CED erkrankten Personen verglichen.<br />

Textblock für Teilnehmer ohne aktives Problemfeld<br />

Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass sich bei keinem der von uns angesprochenen<br />

Problemfelder aktuell ein Handlungsbedarf für Ihre Person abzeichnet. Nach unserem Eindruck<br />

gelingt es Ihnen, die vielfältigen Herausforderungen der CED-Erkrankung erfolgreich zu meistern.<br />

In einem Jahr werden wir uns erneut nach Ihrem Gesundheitszustand erkundigen und hoffen, dass es<br />

Ihnen dann weiter gut geht.<br />

Textblock für Teilnehmer mit aktiven Problemfeldern<br />

In der folgenden Aufstellung finden Sie diejenigen Problemfelder, bei denen sich für Ihre Person<br />

ein möglicher Handlungsbedarf erkennen lässt. Diese Problemfelder werden Ihnen näher erläutert<br />

und Möglichkeiten einer aktiven Versorgung vorgestellt.<br />

Insgesamt konnten wir anhand Ihres Fragebogens x aktive Problemfelder feststellen.<br />

Erlauben Sie uns einen Hinweis vorab: Ihre Antworten im Fragebogen wurden von uns mit Hilfe eines<br />

Computerprogramms verarbeitet. Die Ergebnisse der Auswertung führten zur Auswahl bestimmter<br />

vorformulierter Empfehlungen, die dann automatisch miteinander verknüpft wurden. Dieses Vorgehen<br />

kann dazu führen, dass sich bei der Schilderung der Problemfelder einzelne Formulierungen<br />

wiederholen. Wir bitten Sie, sich nicht daran zu stören, wenn der Text sich deshalb an manchen<br />

Stellen ''holprig'' liest<br />

Erläuterung zu den genannten Problemfeldern und Versorgungsempfehlungen<br />

Depressivität<br />

Vorübergehende depressive Verstimmungen gehören zum Leben dazu. Die von Ihnen im Fragebogen<br />

gemachten Angaben lassen jedoch vermuten, dass Sie unter einer stärkeren und anhaltenden<br />

Niedergeschlagenheit leiden, die Ihnen eine positive Lebenseinstellung erschwert. Diese ist aber<br />

gerade für chronisch Erkrankte wichtig, um aktiv bei der Bewältigung der Erkrankung mitarbeiten zu<br />

können.<br />

Im Anschluss an ein Gespräch mit Ihrem/Ihrer behandelnden Arzt/Ärztin zur weiteren Abklärung<br />

könnte eine Behandlung durch einen Psychotherapeuten Sie dabei unterstützen, depressive<br />

Verstimmungen zu verringern. Die Kosten werden in der Regel von den Krankenkassen übernommen.<br />

Sie könnten auch Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe aufnehmen. Der Austausch mit Menschen, die<br />

ähnliche Probleme haben, kann entlastend und unterstützend wirken. Die Patientenorganisation<br />

DCCV hilft Ihnen bei der Suche nach einer Gruppe in Ihre Nähe bzw. bietet Möglichkeiten des<br />

Austausches mit anderen Betroffenen über das Internet an.<br />

126


Angst<br />

Die Auswertung Ihrer Angaben im Fragebogen legt nahe, dass Sie unter erhöhter Angst leiden.<br />

Im Anschluss an eine genauere Abklärung könnte Ihnen eine Behandlung durch einen ärztlichen oder<br />

psychologischen Psychotherapeuten dabei helfen, Angst auslösende Denk- und Verhaltensmuster<br />

abzubauen. Eine solche Behandlung beeinflusst nicht nur das seelische Befinden positiv, sondern<br />

verbessert auch die Krankheitsbewältigung und steigert die Lebensqualität. Die Kosten werden in der<br />

Regel von den Krankenkassen übernommen.<br />

Sie könnten auch Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe aufnehmen. Der Austausch mit Menschen, die<br />

ähnliche Probleme haben, kann entlastend und unterstützend wirken. Die Patientenorganisation<br />

DCCV hilft Ihnen bei der Suche nach einer Gruppe in Ihre Nähe bzw. bietet Möglichkeiten des<br />

Austausches mit anderen Betroffenen über das Internet an.<br />

Auch das Erlernen von Entspannungstechniken wie etwa das Autogene Training oder die Progressive<br />

Muskelentspannung kann Ihnen helfen, mit Ihren Ängsten besser umzugehen. Solche Kurse werden<br />

von verschiedenen Einrichtungen angeboten (z.B. von Volkshochschulen) und von den<br />

Krankenkassen bezuschusst.<br />

Anhaltender Stress<br />

Sie geben im Fragebogen an, dass Sie durch Stress in Ihrem Alltagsleben belastet sind. Anhaltender<br />

Stress kann das Krankheitsbild der CED verschlechtern.<br />

Die Teilnahme an einem Stressbewältigungstraining könnte Sie dabei unterstützen mit anhaltenden<br />

Stresssituationen besser umzugehen. Sie lernen mit Hilfe von Entspannungstechniken (wie etwa das<br />

Autogene Training oder die Progressive Muskelentspannung) kurzfristig negativen Stress abzubauen.<br />

Ungünstige Stress verstärkende Verhaltensweisen werden aufgezeigt und verändert.<br />

Kurse zu Strategien der Stressbewältigung werden z.B. von Volkshochschulen und Krankenkassen<br />

angeboten. Auch im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung kann der Umgang mit Stress<br />

verbessert werden.<br />

Vitalitätsverlust<br />

Sie beschreiben Ihre persönliche Vitalität als stark eingeschränkt. Müdigkeit und rasche<br />

Erschöpfbarkeit zählen zu den allgemeinen Krankheitszeichen einer CED. Sie können auch mit einer<br />

erhöhten Depressivität einhergehen.<br />

Berichten Sie Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer Ärztin von diesen Symptomen. So können mögliche<br />

körperliche Einflussfaktoren (wie z.B. Blutarmut, mangelhafte Ernährung) abgeklärt werden.<br />

Um Ihre persönliche Vitalität zu steigern und Erschöpfungszustände zu mildern, kann gegebenenfalls<br />

Unterstützung durch eine Behandlung beim Physiotherapeuten gesucht werden.<br />

Auch im Rahmen einer Psychotherapie können Mittel und Wege gefunden werden, um mit der<br />

chronischen Erkrankung, ihren Symptomen und der häufig wechselnden Krankheitsaktivität zu recht<br />

zu kommen.<br />

127


Scham<br />

Sie schildern im Fragebogen, dass es Ihnen sehr unangenehm sei, mit anderen über Ihre Erkrankung<br />

zu sprechen. Ein stark ausgeprägtes Schamgefühl geht mit dem Risiko eines sozialen Rückzugs<br />

einher, der den Kontakt zu anderen Menschen immer weiter verringert. Dies kann zur Vereinsamung<br />

führen. Es ist auch denkbar, dass aufgrund starker Schamgefühle wichtige Informationen über die<br />

Krankheit nicht oder erst verspätet an die behandelnden Personen weitergegeben werden.<br />

Es empfiehlt sich im geschützten Kreis einer Selbsthilfegruppe Erfahrungen und Gefühlszustände mit<br />

anderen Betroffenen auszutauschen. Gemeinsam kann nach Möglichkeiten eines offenen,<br />

selbstbewussten Umgangs mit der Erkrankung gesucht werden. Die Patientenorganisation der DCCV<br />

ist hier ein wichtiger Ansprechpartner.<br />

Behindernde Schmerzen<br />

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen können mit starken Schmerzen einhergehen. Sie selbst<br />

leiden zurzeit, nach Ihren Angaben, häufig unter solchen wahrscheinlich krankheitsbedingten<br />

Schmerzen (wie z.B. Bauch- oder Gelenkschmerzen), die Ihr Alltagsleben stark beeinträchtigen.<br />

Neben einer guten medikamentösen Behandlung der CED kann bei lang anhaltenden<br />

Schmerzzuständen unterstützend auch eine Schmerzpsychotherapie in Erwägung gezogen werden.<br />

Sie zielt darauf die Schmerzempfindung sowie die mit Schmerzen verbundenen Einschränkungen im<br />

Erleben und Verhalten zu verringern.<br />

Teilhabe am Arbeitsleben<br />

Sie sehen Ihre zukünftige Erwerbsfähigkeit durch Ihren derzeitigen Gesundheitszustand als stark<br />

gefährdet an.<br />

und/oder<br />

In den letzten Monaten waren Sie wegen Ihrer chronisch entzündlichen Darmerkrankung mehrere<br />

Tage krankgeschrieben.<br />

für beide:<br />

Eine berufliche bzw. medizinische Rehabilitation könnte Sie dabei unterstützen Ihre Arbeitsfähigkeit zu<br />

erhalten, um auch weiter aktiv am Arbeitsleben teilnehmen zu können. Leistungen zur Teilhabe am<br />

Arbeitsleben sollen die Schwierigkeiten beseitigen oder mildern, die aufgrund einer Erkrankung<br />

(Behinderung) die Berufsausübung erschweren oder unmöglich erscheinen lassen. Im Vordergrund<br />

rehabilitativer Maßnahmen stehen vor allem übende und trainierende Verfahren, psychologische wie<br />

sozialrechtliche Beratung und Patientenschulung. Die gemeinsamen Reha-Servicestellen der<br />

Rentenversicherung und der Krankenkassen helfen bei der Beantragung einer Rehamaßnahme.<br />

Auskunft und Beratung bieten auch die Geschäftsstellen der Rentenversicherung oder der<br />

Krankenkasse an.<br />

Einschränkung Alltagsaktivitäten<br />

Durch Ihre Erkrankung sind Sie stark in Ihren üblichen Aktivitäten des täglichen Lebens<br />

eingeschränkt.<br />

128


Eine Mobilisierung und Kräftigung durch eine physio- oder ergotherapeutische Behandlung könnte<br />

hilfreich sein. Eventuell ist ein ambulanter Pflegedienst einzuschalten. Bei der Organisation kann<br />

Ihnen die Geschäftsstelle Ihrer Krankenkasse behilflich sein. Unterstützung bieten auch<br />

Wohlfahrtsverbänden wie Caritas oder Diakonie im Rahmen einer allgemeinen Sozialberatung an.<br />

oder<br />

Aufgrund Ihrer Beschwerden fällt es Ihnen aktuell schwer, Ihren alltäglichen Aufgaben und<br />

Verpflichtungen nachzukommen.<br />

Im Rahmen einer allgemeinen Sozialberatung, wie sie z.B. von den Wohlfahrtsverbänden Caritas oder<br />

Diakonie angeboten wird, könnten notwendige Hilfen (z.B. Haushaltshilfe, Fahrdienste,<br />

Mahlzeitendienste) organisiert werden.<br />

Wenn Ihre Krankheit und deren Folgen Ihre alltäglichen Aktivitäten (im Bereich Arbeit, Haushalt,<br />

Freizeit) beeinträchtigen, droht eine Störung der sozialen Teilhabe. In diesem Fall ist auch die<br />

Teilnahme an einer medizinischen Rehabilitation zu erwägen. Sie zielt darauf ab, Krankheitsfolgen in<br />

Form von sozialen Beeinträchtigungen zu beseitigen oder zu verbessern.<br />

Einschränkung Freizeitaktivitäten und soziale Aktivitäten<br />

Ihre chronisch entzündliche Darmerkrankung beeinträchtigt, nach Ihren Angaben, in erheblichem<br />

Maße Ihre Aktivitäten im Freizeitbereich. Auch das Zusammensein mit Freunden oder Bekannten wird<br />

deutlich behindert.<br />

Es ist empfehlenswert, Kontakt zu anderen Betroffenen aufzunehmen, z. B. über die<br />

Patientenorganisation der DCCV. Der Austausch mit Menschen, die ähnliche Probleme haben, kann<br />

entlastend und unterstützend wirken. Zudem können hilfreiche Tipps und Informationen eingeholt<br />

werden.<br />

Enge persönliche Beziehungen<br />

Ihre chronische Erkrankung betrifft nicht nur Sie als Einzelperson, sondern auch Familie, Partner und<br />

Freunde. Sie erleben zurzeit Ihre Freundschaften, Partnerschaft oder Ehe durch Ihre CED als stark<br />

beeinträchtigt.<br />

Sie könnten Kontakt zu anderen Betroffenen aufnehmen, z. B. über die Patientenorganisation der<br />

DCCV. Der Austausch mit Menschen, die ähnliche Probleme haben und Experten in eigener Sache<br />

sind, kann hilfreich sein und entlastend wirken. Sie finden Anregung für den eigenen Umgang mit der<br />

eigenen Lebenssituation und werden ermutigt, neue Wege zu gehen.<br />

Zusätzlich bieten Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände Unterstützung im Rahmen von<br />

Lebensberatung oder Paar- bzw. Eheberatung an. Eine solche Beratung kann Sie dabei unterstützen,<br />

sich mit Ihrem Partner über Probleme des Zusammenlebens auszutauschen und über Ihre<br />

Bedürfnisse, Wünsche, Ängste, Ärger und Enttäuschung zu sprechen. Zusätzlich kann sie Ihnen beim<br />

Aufbau eines neuen Verständnisses für einander unter Einbezug Ihrer Erkrankung helfen.<br />

129


Sexualität<br />

Sie erleben Ihr Sexualleben durch Ihre Erkrankung deutlich beeinträchtigt. Es wurde nicht näher<br />

erfasst, worin diese Beeinträchtigung besteht. So kann z.B. bei hoher Krankheitsaktivität das sexuelle<br />

Verlangen nachlassen. Die sexuelle Anziehung kann aber auch durch Symptome und<br />

Begleiterkrankungen eines Morbus Crohn oder einer Colitis ulcerosa (z.B. Fisteln oder künstlicher<br />

Darmausgang) eingeschränkt sein. Es fällt dann schwer, dem anderen unbefangen<br />

gegenüberzutreten und körperliche Nähe zuzulassen.<br />

Sie sollten Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer Ärztin von der für Sie unbefriedigenden Situation<br />

berichten. Eine intensivierte Therapie oder Therapieumstellung kann eventuell die Beschwerden<br />

lindern. Eine sexualtherapeutische Beratung, wie sie von ärztlicher oder psychologischer Seite für<br />

Paare angeboten wird, kann gegebenenfalls in Anspruch genommen werden.<br />

Soziale Unterstützung<br />

Im Fragebogen geben Sie an, dass Sie in Ihrem Umfeld niemanden haben, der Sie bei Problemen<br />

angemessen unterstützt.<br />

Sie könnten eine allgemeine Sozialberatung in Anspruch nehmen, wie sie z.B. von den<br />

Wohlfahrtseinrichtungen Diakonisches Werk oder Caritas angeboten wird. Auch die Kontaktaufnahme<br />

zur Patientenorganisation DCCV und der Austausch mit anderen Betroffenen können Hilfen bieten,<br />

auf die Sie im weiteren Verlauf Ihrer Erkrankung zurückgreifen können.<br />

Versicherungen<br />

Ihnen wurden Leistungen von Seiten Ihrer Krankenkasse verwehrt und/oder eine von Ihnen<br />

gewünschte Versicherung konnte aufgrund Ihrer chronischen entzündlichen Darmerkrankung nicht<br />

abgeschlossen werden.<br />

Es sollte eine sozialrechtliche Beratung in Anspruch genommen werden. Rechtsberatung ist in<br />

Deutschland den Rechtsanwälten vorbehalten. Die Patientenorganisation DCCV bietet ihren<br />

Mitgliedern eine fachkundige Beratung in sozialrechtlichen Fragen an. Die Unabhängige<br />

Patientenberatung Deutschland (www.unabhaengige-patientenberatung.de) unterhält<br />

deutschlandweite Beratungsstelle, die in sozialrechtlichen Fragen berät.<br />

Zuzahlungen<br />

Im Fragebogen gaben Sie an, dass es für Sie schwierig ist, notwendige Zuzahlungen für z. B.<br />

rezeptpflichtige Medikamente, Heil- und Hilfsmittel etc. zu erbringen.<br />

Welche finanziellen Hilfen und Leistungen Ihnen als chronisch kranker Patient zustehen, könnten Sie<br />

z.B. in einem Beratungsgespräch mit Ihrer Krankenkasse oder den gemeinsamen Servicestellen<br />

klären. Ausführliche Informationen stellt auch der Arbeitskreis Sozialrecht der Patientenorganisation<br />

DCCV zur Verfügung.<br />

130


Informationsdefizit<br />

Die Auswertung Ihres Fragebogens hat ergeben, dass Sie sich nicht ausreichend über Ihre CED-<br />

Erkrankung informiert fühlen. Zu verschiedenen Themenbereichen wünschen Sie mehr Informationen.<br />

Leider gibt es noch keine regelmäßigen regionalen Schulungsangebote für CED-Kranke. In<br />

Zusammenarbeit mit der Patientenorganisation DCCV finden in größeren Abständen an wechselnden<br />

Orten in Deutschland so genannte Arzt-Patienten-Seminare für Betroffene statt. Auf ihrer Website<br />

(www.dccv.de) bietet die Patientenorganisation DCCV ausführliche und verständliche Informationen<br />

zu zahlreichen Themenbereichen an.<br />

Die Bundesärztekammer unterhält zusammen mit der kassenärztlichen Bundesvereinigung ein<br />

Informationsportal für Patienten, das auch für Morbus Crohn und Colitis ulcerosa eigene Internetseiten<br />

anbietet (www.patienten-information.de).<br />

Rauchen<br />

Sie haben im Fragebogen angegeben zu rauchen. Zugleich leiden Sie an Morbus Crohn.<br />

Tabakrauchen erhöht beim Morbus Crohn das Risiko für Rückfälle und führt zu einem schwereren<br />

Krankheitsverlauf. Morbus Crohn-Patienten, die dauerhaft mit dem Rauchen aufhören, haben<br />

hingegen einen günstigeren Krankheitsverlauf als rauchende Patienten. Das ist wissenschaftlich<br />

belegt.<br />

Sie sollten daher an einem Raucherentwöhnungskurs teilnehmen. Die Kosten werden in der Regel<br />

von den Krankenkassen bezuschusst. Krankenkassen bieten auch häufig eigene Programme an.<br />

Wenden Sie sich an die Geschäftstelle Ihrer Krankenkasse.<br />

Ernährungseinschränkung<br />

Sie schilderten uns im Fragebogen, dass Sie sich bei der Auswahl, Zubereitung und Verzehr von<br />

Lebensmitteln stark eingeschränkt fühlen. Diese Aussage lässt vermuten, dass Sie im Bereich<br />

Ernährung viele offene Fragen haben und Rat benötigen.<br />

Beratung und Unterstützung bei Fragen zur Ernährung (z.B. Nahrungsmittelunverträglichkeiten,<br />

Mangelzustände) können Sie im Rahmen einer Ernährungsberatung durch einen Ökotrophologen<br />

oder Diätassistenten erhalten.<br />

Die Selbsthilfeorganisation DCCV bietet auf ihren Internetseiten ebenfalls ausführliche Informationen<br />

zum Thema Ernährung an.<br />

Stoma<br />

Nach den Angaben im Fragebogen haben Sie offene Fragen zur Handhabung Ihres künstlichen<br />

Darmausgangs und/oder aktuelle Probleme mit Ihrem Stoma.<br />

Im Rahmen einer Stomatherapie, die von speziell ausgebildeten Pflegefachkräften angeboten wird,<br />

könnten Ihre Fragen und Probleme besprochen werden. Die Selbsthilfeorganisation von<br />

Stomaträgern, die Deutsche ILCO, bietet auf ihren Internetseiten hilfreiche Informationen rund um das<br />

Stoma an (www.ilco.de). Dort werden auch regionale Kontaktadressen genannt, bei denen<br />

Stomaträger Hilfe erhalten und beraten werden.<br />

131


Ausgeprägte Krankheitsaktivität<br />

Die Auswertung Ihrer Angaben im Fragebogen legt nahe, dass Sie derzeit unter einem akuten<br />

Krankheitsschub mit ausgeprägter Aktivität leiden.<br />

Gemeinsam mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer Ärztin sollten Sie Ihre medikamentöse<br />

Versorgung überprüfen und dem aktuellen Verlauf anpassen. Die Überweisung zu einer<br />

spezialisierten Facharztpraxis auf der dritten ambulanten Behandlungsebene ist zu erwägen.<br />

Begleiterkrankungen<br />

Bei CED-Erkrankten können Erkrankungen außerhalb des Magen-Darmtraktes auftreten, die klinisch<br />

mit der Darmerkrankung zusammenhängen.<br />

und/oder<br />

Sie berichten von Entzündungen der Augenhäute. Eine augenärztliche Untersuchung sollte mögliche<br />

Zusammenhänge klären und eine Behandlung der Entzündung einleiten.<br />

und/oder<br />

Im Fragebogen berichten Sie von Hautveränderungen, die im Zusammenhang mit einem akuten<br />

Schub von Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa stehen könnten. Ein Hautarzt kann dabei helfen<br />

Zusammenhänge aufzuklären und eine Behandlung einzuleiten.<br />

und/oder<br />

Sie geben im Fragebogen an, unter starken Gelenkschmerzen zu leiden.<br />

Viele CED-Patienten entwickeln im Krankheitsverlauf Gelenkbeschwerden, die teilsweise mit<br />

Überwärmung und Rötung der Gelenke einhergehen. Eine fachärztliche Untersuchung beim<br />

Rheumatologen zur Abklärung der Symptome ist ratsam.<br />

und/oder<br />

Sie leiden aktuell unter Fisteln und/oder Abszessen.<br />

Eine Fisteltherapie sollte in enger Kooperation zwischen gastroenterologischem und chirurgischen<br />

Fachvertretern erfolgen. Auch ein Facharzt mit proktologischem Schwerpunkt (d.h. Erkrankungen des<br />

Enddarms) kann in die Behandlung eingebunden werden.<br />

Medikamente<br />

Sie beurteilen die augenblickliche Wirksamkeit Ihrer CED-Medikamente als nicht zufrieden stellend.<br />

und/oder<br />

Die von Ihnen eingenommenen Medikamente gehen nach Ihren Angaben mit starken<br />

Nebenwirkungen einher.<br />

und/oder<br />

Sie geben im Fragebogen an, dass es Ihnen schwer fällt, Ihre Medikamente wie vom Arzt verordnet<br />

einzunehmen.<br />

(für alle)<br />

Es ist wichtig, dass Sie mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer Ärztin über Ihre Schwierigkeiten mit<br />

der verordneten medikamentösen Behandlung im Gespräch bleiben. Teilen Sie negative Gefühle und<br />

132


Einstellungen gegenüber bestimmten Medikamenten mit. Gemeinsam ist eine Medikation zu suchen,<br />

die Ihren Bedürfnissen entgegenkommt und Erfolg verspricht.<br />

Alternativmedizin<br />

Sie haben sich, Ihren Angaben zufolge, in den vergangenen Monaten einer nicht-konventionellen<br />

CED-Behandlung unterzogen. Diese sollte die schulmedizinische Behandlung ergänzen oder<br />

ersetzen. Ihre behandelnde Ärztin oder Ihren Arzt ist nicht darüber informiert.<br />

Wir möchten Ihnen vorschlagen, dies nachzuholen. Berichten Sie ihr/ihm von der gewählten nicht-<br />

konventionellen Behandlung und von Ihren Erfahrungen. Hilfe außerhalb der Schulmedizin zu suchen<br />

ist kein Vertrauensbruch.<br />

Ihr Arzt weiß, dass fast alle CED-Patienten (wie andere chronisch Erkrankte) diesen Weg gehen.<br />

Wichtig ist, dass die Alternativmedizin nicht neue Unruhe beinhaltet und Sie finanziell überfordert. Ein<br />

Problem könnte auch dadurch entstehen, dass die Behandlung streng alternativ erfolgen soll.<br />

Besprechen Sie bitte mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, ob Sie tatsächlich alle anderen Behandlungen<br />

absetzen können.<br />

Spezielle Empfehlung zur medizinischen Rehabilitation<br />

Die von Ihnen im Fragebogen gemachten Angaben lassen bei verschiedenen Problemfeldern einen<br />

Handlungsbedarf erkennen. Dies resultiert in der Empfehlung von mehreren Behandlungsformen, die<br />

sich möglicherweise in der ambulanten Versorgung nur schwerlich koordinieren lassen. Daher könnte<br />

auch an die Beantragung einer stationären medizinischen Rehabilitation in einer Fachklinik gedacht<br />

werden. Hier steht verlässlich ein Team von Vertretern aller notwendigen Fachrichtungen zur<br />

Verfügung (z.B. Gastroenterologe, Psychologe, Physiotherapeut, Ernährungsberater, Sozialarbeiter).<br />

Bitte sprechen Sie auch hierüber mit Ihrem behandelnden Arzt bzw. Ihrer Ärztin.<br />

133


Anhang 9: Patientenanschreiben zur Rekrutierung der Interventionsgruppe<br />

Liebe Patientin, lieber Patient,<br />

wir möchten Sie einladen, sich an einem Modellprojekt zur Verbesserung der Versorgung<br />

von Personen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) zu beteiligen.<br />

Allgemeine Informationen zum Modellprojekt<br />

Eine chronisch entzündliche Darmerkrankung wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn bringt<br />

für die Betroffenen verschiedenste körperliche, psychische und soziale Probleme mit sich. Es<br />

kann dabei zu erheblichen Auswirkungen auf Aktivitäten und Teilhabe in Ausbildung, Beruf,<br />

Partnerschaft und Familie kommen. Eine umfassende Versorgung erfordert daher die<br />

Zusammenarbeit verschiedener ärztlicher und nicht-ärztlicher Berufsgruppen, Einrichtungen<br />

und Kostenträger. Sie sollte wohnortnah sein und sich an den Problemen der an CED<br />

erkrankten Menschen orientieren. Die Versorgungswirklichkeit wird diesen Anforderungen<br />

allerdings noch nicht immer gerecht.<br />

In den letzten drei Jahren entwickelte deshalb das Institut für Sozialmedizin zusammen mit<br />

dem Kompetenznetz Darmerkrankungen und der Deutschen Morbus Crohn/ Colitis ulcerosa<br />

Vereinigung (DCCV) das Konzept der „Versorgungspfade“. Es basiert auf klinischen<br />

Überlegungen, Interviews mit medizinischen Fachleuten und Patientenvertretern. Zudem<br />

wurden die Ergebnisse einer Befragung von über 1000 Kranken aus verschiedenen<br />

Regionen Deutschlands berücksichtigt. Die Versorgungspfade wurden im Juni dieses Jahres<br />

in der medizinischen Fachzeitschrift „Zeitschrift für Gastroenterologie“ veröffentlicht. Eine<br />

Kurzfassung der Inhalte finden Sie in der beiliegenden Broschüre.<br />

In einer umgrenzten Region soll nun im Rahmen des Modellprojektes untersucht werden,<br />

welche Schwierigkeiten sich bei der Umsetzung der Inhalte des Konzeptes ergeben. Es wird<br />

auch erfasst, ob sich Hinweise auf eine Verbesserung der Versorgung erkennen lassen. Die<br />

Modellregion umfasst die Städte Lübeck und Kiel sowie die Landkreise Ostholstein, Plön und<br />

Segeberg. Mediziner wie Nichtmediziner, die in dieser Region an der Versorgung von<br />

Patienten und Patientinnen mit CED beteiligt sind, schließen sich zu einem Netzwerk<br />

zusammen und versuchen, die Inhalte der „Versorgungspfade“ umzusetzen.<br />

Finanziell wird das beschriebene Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />

sowie vom Exzellenzcluster Entzündung an Grenzflächen gefördert. Unterstützt wird es<br />

zudem von der Ärztekammer <strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>, vom Kompetenznetz Darmerkrankungen<br />

e.V., von der Patientenorganisation DCCV sowie vom Berufsverband der Niedergelassenen<br />

Gastroenterologen Deutschlands e.V. (bng).<br />

Was kommt bei einer Teilnahme auf Sie zu?<br />

Bei einer Projektteilnahme werden Sie gebeten, zweimal einen Fragebogen auszufüllen. Der<br />

erste Fragebogen liegt diesem Schreiben bereits bei. Er wurde dazu entwickelt, zahlreiche<br />

für Ihre Erkrankung wichtige Problemfelder zu erfassen. Auf diese Weise kann die<br />

134


Behandlung besser auf Ihre persönlichen Probleme und Risiken abgestimmt werden. Für die<br />

Bearbeitung werden Sie etwa 30 Minuten benötigen. Der ausgefüllte Fragebogen wird im<br />

beigefügten Freiumschlag direkt an das Institut für Sozialmedizin in Lübeck geschickt. Dort<br />

erfolgt die Auswertung. Die Ergebnisse der Auswertung Ihres Fragebogens werden Ihnen<br />

nach etwa zwei bis drei Wochen schriftlich mitgeteilt. Ausgehend von Ihrem persönlichen<br />

Problemprofil erhalten Sie Hinweise, in welchen Bereichen Handlungsbedarf bestehen<br />

könnte. Gemeinsam mit Ihrer Ärztin bzw. Ihrem Arzt sollten Sie dann diese<br />

Versorgungsempfehlungen besprechen, um das für Sie am besten geeignete Vorgehen zu<br />

bestimmen. Es steht Ihnen natürlich frei, ob Sie den mitgeteilten Empfehlungen folgen wollen<br />

oder nicht.<br />

Nach einem halben Jahr erhalten Sie vom Institut für Sozialmedizin postalisch einen zweiten<br />

Fragebogen zugeschickt. Dieser Nachbefragungsbogen will Veränderungen Ihres<br />

Gesundheitszustandes erfassen. Er fragt auch nach Ihren Erfahrungen mit dem im Aufbau<br />

befindlichen regionalen Netzwerk für chronisch entzündliche Darmerkrankungen.<br />

Mit Hilfe der Fragebogendaten wollen wir erforschen, ob sich bei Ihnen Hinweise auf<br />

Veränderungen im Befinden, in der Zufriedenheit und/oder in der Inanspruchnahme von<br />

Behandlungen erkennen lassen.<br />

Zusätzlich sollen die Ergebnisse der Befragung in der Modellregion mit denen einer weiteren<br />

Gruppe von CED-Patientinnen und - Patienten außerhalb der Modellregion verglichen<br />

werden.<br />

Welche Chancen und Risiken hat eine Teilnahme am Projekt?<br />

Wir können Ihnen nicht versprechen, dass Ihre Teilnahme mit einem Nutzen für Sie selbst<br />

verbunden sein wird. Möglicherweise können die Informationen über Ihre persönlichen<br />

Problemfelder dabei helfen, dass frühzeitig eine zielgerichtete Behandlung oder Beratung<br />

eingeleitet wird.<br />

Durch Ihre Teilnahme unterstützen Sie unsere Bemühungen, die Situation von Patienten und<br />

Patientinnen mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung zu verbessern. Die Auswertung<br />

der Projektergebnisse erlaubt zu beurteilen, ob das Konzept der Versorgungspfade dafür ein<br />

geeigneter Weg ist, der weiterverfolgt werden sollte.<br />

Unserer Einschätzung nach ist die Teilnahme am Projekt für Sie mit keinen Risiken<br />

verbunden. Eine zeitliche Belastung entsteht durch die Bearbeitung der Fragebögen (jeweils<br />

etwa 30 Minuten) sowie gegebenenfalls durch die Inanspruchnahme von empfohlenen<br />

Beratungen oder Behandlungen.<br />

Datenschutzrechtliche Information<br />

Ihre Daten werden ausschließlich zum Zweck des Projektes erhoben und genutzt. Alle<br />

Forderungen zur Gewährleistung des Datenschutzes werden dabei erfüllt. Zugriff auf Ihre<br />

Daten haben nur Mitarbeiter des Institutes für Sozialmedizin. Diese Personen sind zur<br />

Verschwiegenheit verpflichtet. Die Daten sind vor fremden Zugriff geschützt. Für die<br />

Datenverarbeitung verantwortlich ist Prof. Raspe, Direktor des Instituts für Sozialmedizin der<br />

Universität zu Lübeck.<br />

135


Bis zum Zeitpunkt der Nachbefragung werden Ihre Fragebogendaten in pseudonymisierter<br />

Form, d.h. ohne direkten Bezug zu Ihrem Namen, elektronisch gespeichert und ausgewertet.<br />

Ihr Name wird dabei durch eine Codenummer ersetzt. Um Ihnen den Nachbefragungsbogen<br />

zusenden zu können, werden Ihr Name und Ihre Anschrift zusammen mit der Codenummer<br />

in einer getrennten Teilnehmerdatenbank gespeichert. Diese Datenbank wird nach<br />

Abschluss der Nachbefragung umgehend gelöscht.<br />

Ihre Daten sind dann vollständig anonymisiert. Ein Bezug zu Ihrer Person kann nicht mehr<br />

hergestellt werden.<br />

Hinweis zur Freiwilligkeit<br />

Die Teilnahme an dem Modellprojekt ist freiwillig. Sie können jederzeit und ohne Angabe von<br />

Gründen die Teilnahme abbrechen, indem Sie das Institut für Sozialmedizin darüber<br />

informieren. Wenn Sie es ausdrücklich wünschen, werden dann auch Ihre für dieses Projekt<br />

bereits gesammelten Daten gelöscht. Dies ist allerdings nur bis zu dem Zeitpunkt möglich,<br />

an dem die Daten anonymisiert werden.<br />

Die Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Universität zu Lübeck hat gegen die<br />

Durchführung des Modellprojektes keine Bedenken geäußert (Votum vom 10.11.2009).<br />

Bitte um Teilnahme<br />

Selbstverständlich liegt es völlig bei Ihnen, sich für oder gegen eine Teilnahme an dem<br />

Modellprojekt zu entscheiden. Dennoch möchten wir Sie herzlich um Ihre Mitarbeit bitten.<br />

Wenn Sie noch Fragen zur Studiendurchführung oder zum Fragebogen haben, wenden Sie<br />

sich unter der Telefonnummer 0451 / 500 5849 an Fr. Langbrandtner oder unter 0451 / 500<br />

5854 an Fr. Dr. Hüppe. Sie erreichen uns Mo-Do von 9.00 - 12.00 Uhr.<br />

Sollten Sie sich nach dem Lesen dieser Information für eine Teilnahme an unserem Projekt<br />

entschlossen haben, bitten wir Sie, die beiliegende Einverständniserklärung auszufüllen und<br />

zu unterschreiben. Bitte senden Sie<br />

136<br />

• die unterschriebene Einverständniserklärung sowie<br />

• den Fragebogen<br />

im beigelegten Freiumschlag direkt ans Institut für Sozialmedizin in Lübeck. Dieses<br />

Informationsschreiben sowie eine Kopie der Einverständniserklärung verbleiben bei Ihnen.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

(Prof. Dr. Dr. Heiner Raspe)


Anhang 10: Einwilligungserklärung<br />

137


Anhang 11: Patientenanschreiben zur Rekrutierung der Vergleichsgruppe<br />

Liebe Patientin, lieber Patient,<br />

wir möchten Sie einladen, sich an einem Modellprojekt zur Verbesserung der Versorgung<br />

von Personen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) zu beteiligen.<br />

Allgemeine Informationen zum Modellprojekt<br />

Eine chronisch entzündliche Darmerkrankung wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn bringt<br />

für die Betroffenen verschiedenste körperliche, psychische und soziale Probleme mit sich. Es<br />

kann dabei zu erheblichen Auswirkungen auf Aktivitäten und Teilhabe in Ausbildung, Beruf,<br />

Partnerschaft und Familie kommen. Eine umfassende Versorgung erfordert daher die<br />

Zusammenarbeit verschiedener ärztlicher und nicht-ärztlicher Berufsgruppen, Einrichtungen<br />

und Kostenträger. Sie sollte wohnortnah sein und sich an den Problemen der an CED<br />

erkrankten Menschen orientieren. Die Versorgungswirklichkeit wird diesen Anforderungen<br />

dem Anschein nach allerdings noch nicht immer gerecht.<br />

Unser Institut verfolgt ein Projekt, das unter anderem Informationen über anhaltende<br />

Probleme im Krankheitsverlauf gewinnen möchte. Dabei werden Betroffene in verschiedenen<br />

Regionen Deutschlands zweimal im Abstand von einem halben Jahr befragt. Wir können<br />

damit auch regionale Unterschiede in der Versorgungssituation erfassen. Da bislang in<br />

Deutschland in der Regel nur Einmalbefragungen durchgeführt wurden, fehlen Aussagen<br />

über die längerfristige Entwicklung der Erkrankung und Behandlung. Diese sollen im<br />

geplanten Projekt gewonnen werden.<br />

Finanziell wird das beschriebene Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />

sowie vom Exzellenzcluster Entzündung an Grenzflächen (ein Forschungsverbund in<br />

<strong>Schleswig</strong>-<strong>Holstein</strong>) gefördert. Unterstützt wird es zudem von der Ärztekammer <strong>Schleswig</strong>-<br />

<strong>Holstein</strong>, vom Kompetenznetz Darmerkrankungen e.V., vom Berufsverband<br />

Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands (bng) e.V. sowie von der<br />

Patientenorganisation Deutsche Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung (DCCV) e.V.<br />

Was kommt bei einer Teilnahme auf Sie zu?<br />

Bei einer Projektteilnahme werden Sie gebeten, zweimal einen Fragebogen auszufüllen. Der<br />

erste Fragebogen liegt diesem Schreiben bereits bei. Er wurde dazu entwickelt, zahlreiche<br />

für Ihre Erkrankung wichtige Problemfelder zu erfassen. Für die Bearbeitung werden Sie<br />

etwa 30 Minuten benötigen. Der ausgefüllte Fragebogen wird im beigefügten Freiumschlag<br />

direkt an das Institut für Sozialmedizin in Lübeck geschickt. Nach einem halben Jahr<br />

bekommen Sie vom Institut für Sozialmedizin postalisch einen zweiten, ähnlichen<br />

Fragebogen zugeschickt. Dieser Nachbefragungsbogen will eventuelle Veränderungen Ihres<br />

Gesundheitszustandes und Behandlungsverlaufs erfassen.<br />

138


Welche möglichen Vorteile und Nachteile hat eine Teilnahme am Projekt?<br />

Wir können Ihnen nicht versprechen, dass Ihre Teilnahme mit einem Nutzen für Sie selbst<br />

verbunden sein wird. Die Ergebnisse der Auswertung Ihrer Fragebögen werden Ihnen im<br />

Anschluss an die zweite Befragung schriftlich mitgeteilt. Ausgehend von Ihrem persönlichen<br />

Krankheitsverlauf erhalten Sie dann Hinweise, in welchen Problembereichen<br />

Handlungsbedarf bestehen könnte. Möglicherweise können diese Informationen über Ihr<br />

individuelles Problemprofil dabei helfen, im Gespräch mit Ihrem Arzt bzw. Ihrer Ärztin eine<br />

zielgerichtete Behandlung oder Beratung einzuleiten.<br />

Durch Ihre Teilnahme unterstützen Sie unsere Bemühungen, die Situation von Patienten und<br />

Patientinnen mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung zu verbessern. Die Auswertung<br />

der Projektergebnisse hilft dabei, ein genaueres Bild von der Versorgungswirklichkeit der<br />

CED-Erkrankten zu gewinnen.<br />

Unserer Einschätzung nach ist die Teilnahme am Projekt für Sie mit keinen Nachteilen<br />

verbunden. Eine zeitliche Belastung entsteht durch die Bearbeitung der Fragebögen (jeweils<br />

etwa 30 Minuten).<br />

Datenschutzrechtliche Information<br />

Ihre Daten werden ausschließlich zum Zweck des Projektes erhoben und genutzt. Alle<br />

Forderungen zur Gewährleistung des Datenschutzes werden dabei erfüllt. Zugriff auf Ihre<br />

Daten haben nur Mitarbeiter des Institutes für Sozialmedizin. Diese Personen sind zur<br />

Verschwiegenheit verpflichtet. Die Daten sind vor fremden Zugriff geschützt. Für die<br />

Datenverarbeitung verantwortlich ist Prof. Raspe, Direktor des Institutes für Sozialmedizin<br />

der Universität zu Lübeck.<br />

Bis zum Zeitpunkt der Nachbefragung werden Ihre Fragebogendaten in pseudonymisierter<br />

Form, d.h. ohne direkten Bezug zu Ihrem Namen, elektronisch gespeichert und ausgewertet.<br />

Ihr Name wird dabei durch eine Codenummer ersetzt. Um Ihnen den Nachbefragungsbogen<br />

zusenden zu können, werden Ihr Name und Ihre Anschrift zusammen mit der Codenummer<br />

in einer getrennten Teilnehmerdatenbank gespeichert. Diese Datenbank wird nach<br />

Abschluss der Nachbefragung (31.12.2010) gelöscht. Ihre Daten sind dann vollständig<br />

anonymisiert. Bei der Veröffentlichung der Studienergebnisse wird aus den Daten nicht<br />

hervorgehen, wer an der Studie teilgenommen hat. Ein Bezug zu Ihrer Person kann nicht<br />

hergestellt werden.<br />

Hinweis zur Freiwilligkeit<br />

Die Teilnahme an dem geschilderten Modellprojekt ist freiwillig. Sie können jederzeit und<br />

ohne Angabe von Gründen die Teilnahme abbrechen, indem Sie das Institut für<br />

Sozialmedizin darüber informieren. Wenn Sie es ausdrücklich wünschen, werden dann auch<br />

Ihre für dieses Projekt bereits gesammelten Daten gelöscht. Dies ist allerdings nur bis zu<br />

dem Zeitpunkt möglich, an dem die Daten anonymisiert werden.<br />

139


Die Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Universität zu Lübeck hat gegen die<br />

Durchführung des Modellprojektes keine Bedenken geäußert (Votum vom 10.11.2009).<br />

Bitte um Teilnahme<br />

Selbstverständlich liegt es völlig bei Ihnen, sich für oder gegen Ihre Teilnahme an dem<br />

Modellprojekt zu entscheiden. Dennoch möchten wir Sie herzlich um Ihre Mitarbeit bitten. Bei<br />

Interesse werden wir Sie auch gern über die Projektergebnisse informieren.<br />

Wenn Sie noch Fragen zur Studiendurchführung oder zum Fragebogen haben, wenden Sie<br />

sich unter der Telefonnummer 0451 / 500 5849 an Fr. Langbrandtner (Erreichbarkeit: Mo -<br />

Do von 9.00 – 12.00 Uhr).<br />

Sollten Sie sich nach dem Lesen dieser Information für eine Teilnahme an unserem Projekt<br />

entschlossen haben, bitten wir Sie, die beiliegende Einverständniserklärung auszufüllen und<br />

zu unterschreiben. Bitte senden Sie<br />

140<br />

• eine unterschriebene Einverständniserklärung sowie<br />

• den Fragebogen<br />

im beigelegten Freiumschlag direkt ans Institut für Sozialmedizin in Lübeck.<br />

Dieses Informationsschreiben sowie eine Kopie der Einverständniserklärung verbleiben bei<br />

Ihnen.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

(Prof. Dr. Dr. Heiner Raspe)<br />

Anlagen: Patientenfragebogen, Einwilligungserklärung, Rücksendekuvert


Anhang 12: Flyer zur Fortbildungsveranstaltung<br />

141

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