12.09.2017 Aufrufe

ReiterRevue-10-2017

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

THEMA DES MONATS<br />

Low Carb ist nicht nur in der menschlichen Ernährung<br />

auf dem Vormarsch. Stärkefrei heißt<br />

getreidefrei. Das gilt auch für die Pferdefütterung.<br />

Tickt in Hafer und anderen Getreidesorten<br />

etwa eine Zeitbombe? Alles<br />

über den aktuellen Stand der Kraftfutterforschung.<br />

GETREIDEFREI<br />

FOTO: FOTOLIA<br />

Getreide wird in fünf bis zehn Jahren eine<br />

viel kleinere Rolle in der Pferdefütterung<br />

spielen als heute. Davon bin ich überzeugt“,<br />

sagt Rob Krabbenborg, Produktmanager<br />

beim Futtermittelhersteller Pavo.<br />

Eine krasse Aussage, die darauf schließen lässt, dass<br />

sich derzeit einiges in der Pferdefutter-Forschung<br />

tut. Der Grund für diese Prognose: Getreide enthält<br />

je nach Sorte bis zu 60 Prozent Stärke. Und die ist<br />

grundsätzlich zwar wertvoll, weil sie das Pferd mit<br />

lebensnotwendiger Energie beliefert und als Treibstoff<br />

die Muskeln in Schwung bringt. Der Haken an<br />

der Sache ist nur: Der Stoffwechsel des Pferdes ist<br />

von Natur aus nicht darauf ausgerichtet, hohe Mengen<br />

stärkereicher Futtermittel zu verwerten. Das ist<br />

nicht neu, doch wird es in der Futterherstellung immer<br />

mehr berücksichtigt. Wohin also geht die Reise<br />

in der Entwicklung?<br />

Zum Hintergrund: Anders als bei vielen anderen<br />

Tierarten produziert die Bauchspeicheldrüse des<br />

Pferdes nur wenig Amylase – jenes Verdauungsenzym,<br />

das es braucht, um im Dünndarm Stärke und<br />

andere Kohlenhydrate aufzuspalten. Die Folge: Stärke,<br />

die der Dünndarm nicht abbaut, wandert weiter<br />

in den Dickdarm. Dort kurbelt sie oft genug die Vermehrung<br />

von Milchsäurebakterien und anderen<br />

stärkefermentierenden Bakterien an. Der ph-Wert<br />

im Darm sinkt, es kommt zu einer Übersäuerung<br />

und zum massenhaften Absterben von Zellulose verdauenden<br />

Bakterien – ein Prozess, bei dem wiederum<br />

Toxine freigesetzt werden, die beispielsweise<br />

Hufrehe oder Koliken auslösen können. Und nicht<br />

nur das: Bereits im Magen droht Stärke mit besagter<br />

Eigenschaft, die Milchsäureproduktion anzukurbeln,<br />

zur Gefahr zu werden. Denn überschüssige<br />

Säure greift die Magenschleimhaut an, womit sie<br />

Magengeschwüren Vorschub leistet. „Neueren Studien<br />

zufolge haben 50 Prozent aller Sportpferde klei-<br />

nere<br />

oder größere<br />

Magengeschwüre.<br />

Das<br />

ist viel mehr, als man<br />

bisher angenommen hat“, schildert Rob Krabbenborg<br />

das Ausmaß des Problems, zu dem sicherlich<br />

nicht nur, aber eben auch zu stärkereiches Kraftfutter<br />

beiträgt. Wie vorbeugen? Um Magenschleimhautschäden<br />

und Fermentationsstörungen im Dickdarm<br />

zu vermeiden, so die Faustregel, sollte die Stärkemenge<br />

maximal ein Gramm pro Kilogramm<br />

Pferde-Körpergewicht und Mahlzeit betragen.<br />

Obst und Gemüse im Trog<br />

Womit eines der wichtigsten Themen der aktuellen<br />

Pferdefütterungs-Forschung umrissen wäre. „Ein<br />

Schwerpunkt liegt auf der Stärkeverdaulichkeit, der<br />

Geschwindigkeit der Glukosefreisetzung und auf der<br />

Frage, wie es sich vermeiden lässt, dass Pferde über<br />

das Kraftfutter zu viele schnell verfügbare Kohlenhydrate<br />

aufnehmen“, sagt Professor Jürgen Zentek, Leiter<br />

des Instituts für Tierernährung an der Freien Universität<br />

Berlin. Auch die Futtermittelhersteller setzen<br />

sich mit dieser Problematik auseinander, nahezu<br />

alle Firmen bieten mittlerweile getreidefreie Mischfutter<br />

und Müslis an. Woraus diese Produkte bestehen?<br />

Zu den gängigen Komponenten zählen zerkleinertes<br />

Heu, Luzerne und Grünmehl, aber auch<br />

Obst- und Gemüsezusätze wie Karotten-, Rote-Beeteund<br />

Rübenschnitzel. Sonnenblumenkerne, Leinund<br />

andere Ölsamen, Schwarzkümmel, Johannisbrot,<br />

Apfeltrester und Bierhefe findet man ebenfalls<br />

häufig darin, um nur einige Beispiele aus … ><br />

REITER REVUE INTERNATIONAL <strong>10</strong>/<strong>2017</strong> 51

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!