«Der Dollar ist heute die wichtigste Verrechnungswährung im internationalen Handel, nicht zuletzt, weil alle Rohwaren und natürlich Erdöl in Dollar gehandelt werden», sagt Cédric Spahr. Der Champion aller Klassen
AMERIKA Was Boxstar Muhammad Ali zu seiner grossen Zeit in die Welt hinausschrie, gilt auch für den US-Dollar: « Ich bin der Grösste.» Cédric Spahr vom Economic Research spricht über das Kraftpaket unter den Währungen. Interview: Christian Pfister, Redaktion Bulletin Fotos: Thomas Schuppisser CHRISTIAN PFISTER Warum ist der Dollar weltweit die Währung Nummer eins ? CÉDRIC SPAHR Weil sich der US-Dollar am Ende des Zweiten Weltkriegs in einer zertrümmerten Welt ganz natürlich als Referenzwährung für die damalige Weltwirtschaft durchgesetzt hat. Der Dollar ist heute die wichtigste Verrechnungswährung im internationalen Handel, nicht zuletzt, weil alle Rohwaren und natürlich Erdöl in Dollar gehandelt werden. Die Grösse, Breite und Attraktivität der amerikanischen Finanzmärkte fällt aber noch mehr ins Gewicht. C.P. Muss der Dollar den Euro fürchten ? C.S. Der Euro ist trotz schlechteren europäischen Rahmenbedingungen die erste echte Herausforderung für den Dollar seit 50 Jahren. Die Japaner haben nie eine internationale Rolle für den Yen angestrebt, während die Deutschmark eine zu schmale Wirtschaftsbasis hatte, um die Vormachtstellung des Dollars ernsthaft zu gefährden. Der Euro wird sich aber angesichts der strukturellen politischen Schwächen der Europäischen Union wahrscheinlich noch lange mit dem zweiten Platz begnügen müssen. C.P. Hätte Europa nicht geradesogut den Dollar statt den Euro als Einheitswährung einführen können ? C.S. (lacht) Neben dem damit verbundenen Gesichtsverlust sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass ein Währungsraum mit einer entsprechenden Geldpolitik einhergeht. Die Aufgabe der geldpolitischen Autonomie ist für eine Wirtschaft mit erheblichen Nachteilen verbunden und macht für einen entwickelten Wirtschaftsblock wie die Euro-Zone kaum Sinn. Die Schaffung des Euro zielte gerade darauf ab, die traditionelle Abhängigkeit Europas von der amerikanischen Geldpolitik zu reduzieren. Dies ist nicht gelungen. C.P. Was brauchts, damit der Euro dem Dollar die Stirne bieten kann ? C.S.An strukturellen Reformen in Europa führt kein Weg vorbei. Sie sind unabdingbar, um sowohl nachhaltiges Wachstum als auch Preisstabilität dank einem intensiveren Wettbewerb zu gewährleisten. Die europäischen Märkte müssen dereguliert und liberalisiert werden, damit neue Branchen, neue Firmen und neue Arbeitsplätze entstehen. Das Steuersystem, das Erziehungswesen und die Altersvorsorge sind auch stark reformbedürftig. Sonst wird die europäische Konjunktur auf Dauer schmalbrüstig bleiben. Was Preisstabilität angeht, hat der steigende Ölpreis 1999 und 2000 der Europäischen Zentralbank (EZB) einen Strich durch die Rechnung gemacht, der fallende Euro das Problem der importierten Inflation zusätzlich verschärft. Die EZB muss noch den Beweis erbringen, dass sie ihre Stabilitätsziele erreichen kann. C.P. Wie erklären Sie sich die derzeitige Euro-Schwäche ? C.S. Die Einführung einer Einheitswährung in Kontinentaleuropa war ein riskantes Unterfangen, ihr wurde an den Finanzmärkten lange Zeit mit Skepsis begegnet. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Euro-Zone und die boomende US- Wirtschaft haben zudem einen massiven Kapitalabfluss aus dem Euro-Raum nach sich gezogen. Der scharfe Wachstumseinbruch in den USA und der Crash auf Raten bei den Technologieaktien haben nun zu einer Erholung des Euro geführt, die von Dauer sein sollte. C.P. Wer steuert den Dollar ? C.S. Wenn wir die realwirtschaftlichen Faktoren sowie die internationalen Geldflüsse zwischen Finanzmärkten ausklammern, ist es vor allem die amerikanische Politik und in einem kleineren Umfang die Notenbank, indem sie Markterwartungen steuert. Die amerikanischen Regierungen haben zum Beispiel in den letzten 20 Jahren oft den Wechselkurs zwischen Dollar und Yen gezielt beeinflusst, um die japanischen Exportüberschüsse einzudämmen. Seit 1995 hat sich die US-Administration ständig für einen « starken Dollar » ausgesprochen und dadurch der eigenen Währung zusätzlich Auftrieb verliehen. Das Dollar-Lexikon Dollarisierung Direkte oder indirekte Übernahme des US- Dollars als Ersatz für die nationale Währung; Beispiele: Ecuador, Panama, Argentinien, Hong Kong Dollar-Block Alle angelsächsischen Länder, die einen eigenen Dollar als Währung führen (Kanada, Australien, Neuseeland) Alan Greenspan <strong>Amerika</strong>nischer Notenbankchef seit 1987; gilt als Hauptarchitekt des wirtschaftlichen Aufschwungs der Neunzigerjahre und wird in Finanzmarktkreisen als der Schutzengel der US-Börse und folglich des US-Dollars angesehen Federal Reserve System Die amerikanische Notenbank im Klartext Credit Suisse Bulletin 1|<strong>01</strong> 33