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Handlungsempfehlungen für eine moderne Abwasserwirtschaft

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<strong>Handlungsempfehlungen</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>eine</strong> <strong>moderne</strong><br />

<strong>Abwasserwirtschaft</strong><br />

Studie im Auftrag des<br />

Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und<br />

Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz<br />

Schlussbericht<br />

14.04.2010<br />

tectraa an der TU Kaiserslautern<br />

Prof. Dr.-Ing. T.G. Schmitt<br />

Dr.-Ing. J. Hansen<br />

Dipl.-Biol. B. Valerius<br />

Postfach 3049<br />

67653 Kaiserslautern


Inhalt<br />

1 Einleitung.....................................................................................................................3<br />

1.1 Veranlassung ................................................................................................................3<br />

1.2 Zielsetzung ....................................................................................................................3<br />

1.3 Vorgehensweise/Gliederung der Studie.........................................................................4<br />

2 Gesetzliche Grundlagen der Abwasserentsorgung ..................................................6<br />

2.1 Recht der Europäischen Union ......................................................................................6<br />

2.2 Bundesrecht ..................................................................................................................8<br />

2.3 Landesrecht.................................................................................................................11<br />

2.4 Technische Regelwerke ..............................................................................................12<br />

3 Konzepte, Strategien und Verfahren der Abwasserentsorgung <strong>für</strong> den ländlichen<br />

Raum ..........................................................................................................................13<br />

3.1 Zentrale und dezentrale Abwasserentsorgung.............................................................13<br />

3.2 Entwässerungssysteme...............................................................................................14<br />

3.3 Abwasserableitung ......................................................................................................15<br />

3.4 Regenwasserbewirtschaftung......................................................................................15<br />

3.5 Abwasserbehandlung ..................................................................................................19<br />

3.5.1 Technische Verfahren .................................................................................................19<br />

3.5.2 Naturnahe Verfahren ...................................................................................................22<br />

3.5.3 Kleinkläranlagen..........................................................................................................24<br />

3.6 Neuartige Sanitärkonzepte ..........................................................................................26<br />

4 Ausgangssituation in Rheinland-Pfalz.....................................................................28<br />

4.1 Ländlicher Raum .........................................................................................................28<br />

4.2 Bevölkerungsstruktur in Rheinland-Pfalz .....................................................................29<br />

4.3 Abwasserbeseitigung in Rheinland-Pfalz.....................................................................36<br />

4.3.1 Wasserwirtschaftsverwaltung in Rheinland-Pfalz.........................................................36<br />

4.3.2 Bestandsaufnahme der Abwasserbeseitigung in Rheinland-Pfalz ...............................38<br />

4.3.3 Belastungssituation Weinkampagne............................................................................50<br />

5 Bewertung der vorhandenen Konzepte und Verfahren <strong>für</strong> Rheinland-Pfalz .........52<br />

6 Zukünftige Herausforderungen <strong>für</strong> die Abwasserentsorgung ...............................55<br />

6.1 Auswirkungen des demografischen Wandels ..............................................................55<br />

6.2 Auswirkungen des Klimawandels ................................................................................64<br />

6.3 Gezielte Reduzierung des Eintrags von Mikroschadstoffen .........................................66<br />

6.4 Weitere Reduzierung der Phosphat-Einträge...............................................................71<br />

6.5 Rückführung von Phosphor in den Nährstoffkreislauf ..................................................80<br />

6.6 Klärschlammentsorgung..............................................................................................82<br />

6.7 Energieeffizienz...........................................................................................................84<br />

6.8 Desinfektion.................................................................................................................89<br />

6.9 Personalausstattung und Personalqualifikation ...........................................................90<br />

6.10 Neubewertung von Konzepten und Verfahren vor dem Hintergrund zukünftiger<br />

Anforderungen.............................................................................................................93<br />

1


7 Fallbeispiele...............................................................................................................98<br />

7.1 Verfahrenstechnik........................................................................................................99<br />

7.2 Betriebsoptimierung...................................................................................................109<br />

7.3 Energieoptimierung ...................................................................................................116<br />

7.4 Fremdwasser-/Außengebietswasser-Reduzierung ....................................................125<br />

7.5 Organisation des Betriebs .........................................................................................127<br />

7.6 Entwässerungskonzept..............................................................................................133<br />

7.7 Stoffstromtrennung ....................................................................................................137<br />

7.8 Weitergehende Mischwasserbehandlung/Regenwasserbehandlung .........................139<br />

7.9 Klärschlammbehandlung ...........................................................................................143<br />

8 Leitfaden <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>moderne</strong> <strong>Abwasserwirtschaft</strong> ..................................................149<br />

8.1 Zentrale oder dezentrale Entwässerungssysteme .....................................................150<br />

8.2 Entscheidungshilfe <strong>für</strong> Abwasserreinigungsverfahren................................................152<br />

8.3 Strategien zur wirtschaftlichen Optimierung bestehender und zukünftiger Systeme ..154<br />

8.4 Lösungen <strong>für</strong> spezielle Probleme...............................................................................160<br />

9 Zusammenfassung und Fazit .................................................................................167<br />

Literatur ............................................................................................................................170<br />

Anhang..............................................................................................................................182<br />

2


1 Einleitung<br />

1.1 Veranlassung<br />

Die Abwasserbeseitigung in Rheinland-Pfalz hat <strong>eine</strong>n sehr hohen Stand erreicht; sowohl<br />

der Anschlussgrad an Kanalisation und Kläranlagen als auch die Reinigungsleistungen<br />

liegen auf <strong>eine</strong>m – auch im Vergleich zum Bundesdurchschnitt – sehr hohen Niveau. In den<br />

ländlichen Räumen ist die Erstausstattung mit Abwasseranlagen jedoch zum Teil noch zu<br />

komplettieren. Im Rahmen der Erstausstattung ist in einigen Bereichen auch noch die<br />

Mischwasserbehandlung entsprechend den Anforderungen nach Arbeitsblatt ATV-A 128<br />

ordnungsgemäß zu installieren bzw. zu komplettieren.<br />

Auch nach der endgültigen Fertigstellung der Erstausstattung wird es noch Bedarf an<br />

verfahrenstechnischen und betrieblichen Optimierungsansätzen im Bereich der Abwasserbeseitigung<br />

in Rheinland-Pfalz geben. Es wird vermehrt darum gehen, das erreichte hohe<br />

Niveau durch die Sicherstellung <strong>eine</strong>s optimierten Betriebes und durch die erforderlichen<br />

Unterhaltungs- sowie Sanierungsmaßnahmen dauerhaft zu halten. In Einzelfällen wird es<br />

erforderlich sein, auf der Grundlage möglicher zukünftiger Herausforderungen (z. B. nach<br />

den Vorgaben der EG-WRRL, vgl. Kapitel 6) nachzubessern.<br />

Insbesondere die wirtschaftliche Optimierung gewinnt vor dem Hintergrund der demografischen<br />

Entwicklung immer mehr an Bedeutung, denn Investitionen müssen auch bei<br />

geringerer Bevölkerungsdichte langfristig finanzierbar bleiben, um die Bürger nicht zu sehr<br />

finanziell zu belasten.<br />

Aus den vorgenannten Gründen hat das rheinland-pfälzische Ministerium <strong>für</strong> Umwelt,<br />

Forsten und Verbraucherschutz (MUFV) die vorliegende Studie „<strong>Handlungsempfehlungen</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>eine</strong> <strong>moderne</strong> <strong>Abwasserwirtschaft</strong>“ initiiert. Im Rahmen der Studie, die mit den rheinlandpfälzischen<br />

Wasserwirtschaftsbehörden abgestimmt ist und in die auch der Gemeinde- und<br />

Städtebund Rheinland-Pfalz, der DWA-Landesverband Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland<br />

sowie die Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz einbezogen wurden, werden zukunftsweisende<br />

Strategien und Konzepte <strong>für</strong> die Abwasserbeseitigung in vorwiegend ländlich strukturierten<br />

Gebieten vorgestellt und <strong>für</strong> die Abwasserbeseitigungspflichtigen aufbereitet.<br />

Es werden sowohl bewährte als auch neue Technologien und Konzepte sowie Entwässerungsstrukturen<br />

dargestellt und vor dem Hintergrund der anstehenden Aufgaben<br />

diskutiert. Dabei wurden auch die Erfahrungen berücksichtigt, die im Rahmen der Erstausstattung<br />

gesammelt wurden.<br />

1.2 Zielsetzung<br />

Hauptziel des Projektes ist die Entwicklung <strong>eine</strong>s Leitfadens zur <strong>moderne</strong>n <strong>Abwasserwirtschaft</strong><br />

im ländlichen Raum, der als Handlungsempfehlung <strong>für</strong> die kommunalen Gebietskörperschaften<br />

dienen soll. Der Leitfaden soll insbesondere den Betreibern von<br />

Abwasserentsorgungseinrichtungen in Rheinland-Pfalz sowie den Ingenieurbüros und allen<br />

in der Wasserwirtschaft tätigen Institutionen und Vereinigungen Hinweise und konkrete<br />

3


Hilfestellung zur dauerhaften Sicherstellung <strong>eine</strong>r ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung<br />

geben.<br />

Das Projekt basiert dabei sowohl auf <strong>eine</strong>r umfassenden Literaturstudie zu innovativen und<br />

bewährten Verfahren und Optimierungsansätzen zur Entwässerung und Abwasserbehandlung<br />

sowie zu Ansätzen der Optimierung von Organisation, Betrieb und Überwachung, als<br />

auch auf <strong>eine</strong>r Sammlung, Bewertung und strukturierten Darstellung von Fallbeispielen der<br />

Abwasserbeseitigung aus Rheinland-Pfalz.<br />

Die im Rahmen des Projektes gewonnenen Erkenntnisse, welche Konzepte, Strategien und<br />

Verfahrenstechnologien sich in der Praxis bewährt haben, sollen <strong>für</strong> die Sanierung und<br />

Erneuerung von Anlagen, ggf. auch <strong>für</strong> die noch ausstehenden Maßnahmen im Rahmen der<br />

Erstausstattung, eingesetzt werden. Erkenntnisse über Betriebsstrategien und Betriebsorganisation<br />

sollen dazu beitragen, den Betrieb von Abwasserentsorgungseinrichtungen im<br />

ländlichen Raum effizienter, sicherer und wirtschaftlicher zu gestalten.<br />

Ein zusätzliches Ziel ist es somit, Vorlagen mit Vorbildfunktion <strong>für</strong> spezielle Fragestellungen<br />

bereitzustellen, um im ländlichen Raum nachhaltige und ökoeffiziente Lösungen <strong>für</strong> die<br />

<strong>Abwasserwirtschaft</strong> zu schaffen.<br />

1.3 Vorgehensweise/Gliederung der Studie<br />

Zunächst werden in Kapitel 2 die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen der Abwasserentsorgung<br />

in Rheinland-Pfalz kurz beleuchtet sowie ein Ausblick auf anstehende Gesetzesänderungen<br />

in diesem Bereich gegeben.<br />

Anschließend werden in Kapitel 3 beruhend auf <strong>eine</strong>r Literaturstudie mögliche Ansätze und<br />

Strategien der Abwasserentsorgung hinsichtlich Entwässerungssystem, Abwasserableitung<br />

und Abwasserbehandlung dargestellt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die<br />

Regenwasserbewirtschaftung. Außerdem wird an dieser Stelle auf die sogenannten<br />

alternativen Konzepte eingegangen.<br />

In Kapitel 4 erfolgt <strong>eine</strong> Bestandsaufnahme der IST-Situation der Abwasserbeseitigung, bei<br />

der insbesondere auf die regionalen Unterschiede innerhalb von Rheinland-Pfalz einge-<br />

gangen wird. Grundlage hier<strong>für</strong> sind u. a. die Lageberichte, die vom MUFV erstellt und in<br />

regelmäßigen Abständen aktualisiert werden.<br />

An die Bestandsaufnahme schließt sich in Kapitel 5 als Voraussetzung <strong>für</strong> die weiteren<br />

Überlegungen <strong>eine</strong> Analyse der vorhandenen Entwässerungs- und Reinigungskonzepte und<br />

-verfahren an. Dabei wird vor allem auf die Fragestellung eingegangen, welche Verfahren<br />

sich unter welchen Randbedingungen bewährt haben und wo bei einzelnen Verfahren und<br />

Konzepten Probleme liegen.<br />

Weiterer Bestandteil der Studie ist die Erörterung möglicher Zielvorgaben und Anforderungen<br />

an die Abwasserbeseitigung in der Zukunft. Kapitel 6 gibt <strong>eine</strong>n Ausblick auf<br />

zukünftige Herausforderungen in der <strong>Abwasserwirtschaft</strong>. Sowohl rechtliche als auch<br />

sonstige Rahmenbedingungen, die die Abwasserentsorgung in Zukunft möglicherweise<br />

4


eeinflussen werden, werden aufgezeigt und vor dem Hintergrund der Fragestellung<br />

analysiert.<br />

Ein weiterer wesentlicher Schwerpunkt der Studie ist die Darstellung von positiven<br />

Fallbeispielen aus Rheinland-Pfalz und den angrenzenden Bundesländern in Kapitel 7. Die<br />

Vorstellung besonders „gelungener“ Lösungen soll Vorlagen mit Vorbildfunktion <strong>für</strong> spezielle<br />

Fragestellungen liefern. Neben verfahrenstechnischen stehen auch organisatorischstrukturelle<br />

Aspekte wie die optimale Entwässerungsstruktur/das „beste“ Entwässerungssystem<br />

(zentral/dezentral), gemeinsamer Einkauf, gemeinsame Lagerhaltung und Nutzung<br />

von Aggregaten etc. im Vordergrund der Betrachtungen.<br />

In Kapitel 8 wird beschrieben, wie die vorliegende Studie als ‚Leitfaden <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>moderne</strong><br />

<strong>Abwasserwirtschaft</strong>’ genutzt werden kann, ohne den gesamten Schlussbericht lesen zu<br />

müssen. Ausgehend von unterschiedlichen Fragestellungen wird der Leser auf bestimmte,<br />

vorangegangene Kapitel der Studie oder auch auf andere Veröffentlichungen verwiesen.<br />

Dabei werden auch die wesentlichen Ergebnisse aus bestehenden Veröffentlichungen und<br />

Vorgaben des Landes Rheinland-Pfalz aus dem Bereich der Abwasserbeseitigung<br />

berücksichtigt, wie z. B. die noch aktuellen Erkenntnisse aus den Leitlinien Abwasserbeseiti-<br />

gung im ländlichen Raum aus dem Jahr 1989 (siehe Kapitel 8, S. 155f), das Rundschreiben<br />

Abwasserbeseitigung in Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 1993 sowie Hinweise auf die<br />

wesentlichen Erkenntnisse aus Projektaufträgen des Landes Rheinland-Pfalz in diesem<br />

Zusammenhang, wie z. B. ZERBERUS (Zentrales Erfassungssystem zur Beratung bei Bläh-<br />

und Schwimmschlammproblemen, siehe Fallbeispiel in Kapitel 7.2), EPIKUR (Erprobung und<br />

Entwicklung <strong>eine</strong>s integrierten Abwassermanagementsystems zur Kosten- und Emissionsreduzierung,<br />

siehe Fallbeispiel in Kapitel 7.2), Benchmarking Wasserwirtschaft, Energieoptimierung<br />

von Abwasseranlagen (siehe Fallbeispiel in Kapitel 7.3), die Förderrichtlinien der<br />

Wasserwirtschaftsverwaltung vom November 2008 etc.<br />

Die im Rahmen der Studie gewonnenen Erkenntnisse sollen <strong>für</strong> die Sanierung und<br />

Erneuerung von Anlagen, ggf. auch <strong>für</strong> die noch ausstehenden Maßnahmen im Rahmen der<br />

Erstausstattung, eingesetzt werden und den Weg hin zu <strong>eine</strong>r zukunftsweisenden <strong>Abwasserwirtschaft</strong><br />

in Rheinland-Pfalz bereiten.<br />

Schließlich werden in Kapitel 9 die wesentlichen Aspekte der Studie noch einmal zusammengefasst.<br />

5


2 Gesetzliche Grundlagen der Abwasserentsorgung<br />

Die folgenden Ausführungen geben <strong>eine</strong>n Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

unter besonderer Berücksichtigung der <strong>Abwasserwirtschaft</strong> im ländlichen<br />

Raum.<br />

Im Bereich des Wasserrechts müssen folgende Rechtsebenen unterschieden werden [BMU<br />

2006a]:<br />

6<br />

• Recht der Europäischen Union<br />

• Bundesrecht<br />

• Landesrecht<br />

2.1 Recht der Europäischen Union<br />

Die wesentliche wasserrechtliche Grundlage auf europäischer Ebene bildet die Richtlinie<br />

2000/60/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur<br />

Schaffung <strong>eine</strong>s Ordnungsrahmens <strong>für</strong> Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der<br />

Wasserpolitik (EG-Wasserrahmenrichtlinie, EG-WRRL). Ziel der EG-WRRL ist die<br />

Erreichung <strong>eine</strong>s guten Zustandes aller Gewässer bis 2015 und die Begrenzung der<br />

Gewässerbelastung aus diffusen und aus Punktquellen nach <strong>eine</strong>m kombinierten Ansatz aus<br />

Emissions- und Immissionsanforderungen.<br />

Mit der EG-WRRL werden die Anforderungen an die Gewässer erheblich erweitert und<br />

europaweit verbindlich geregelt. Für die Oberflächengewässer ist sowohl ein „guter ökologischer<br />

Zustand“, der neben biologischen Parametern der aquatischen Lebensgemeinschaft<br />

auch Aspekte der Gewässermorphologie sowie die chemisch-physikalische Gewässerbeschaffenheit<br />

umfasst, als auch ein „guter chemischer Zustand“ zu erreichen. Der „gute<br />

chemische Zustand“ wird durch europaweite Umweltqualitätsnormen bestimmt und erfasst<br />

prioritäre und prioritäre gefährliche Stoffe, die im Anhang X der EG-WRRL aufgeführt sind.<br />

Über die bisherigen Anforderungen hinaus muss der Eintrag dieser Stoffe in die Gewässer<br />

zukünftig schrittweise begrenzt bzw. vollständig eingestellt werden (siehe Kapitel 6.3). Für<br />

künstliche Gewässer und erheblich veränderte Gewässer müssen ein „gutes ökologisches<br />

Potenzial“ und ein „guter chemischer Zustand“ erreicht werden.<br />

Weitere wichtige europäische Regelungen in Bezug auf die Abwasserentsorgung sind die<br />

Richtlinie 91/271/EWG des Rates über die Behandlung von kommunalem Abwasser vom<br />

21. Mai 1991 (EG-Kommunalabwasser-Richtlinie), in der Emissionsanforderungen formuliert<br />

sind, sowie die Richtlinie 2006/7/EG über die Qualität von Badegewässern und deren<br />

Bewirtschaftung (EG-Badegewässerrichtlinie), aus der sich immissionsorientierte Anforderungen<br />

an die Hygiene des eingeleiteten Abwassers ergeben können. In Tabelle 2.1 sind<br />

die Anforderungen an Einleitungen aus kommunalen Kläranlagen der EG-Kommunalabwasser-Richtlinie<br />

dargestellt, wobei die Grenzwerte <strong>für</strong> Phosphor und Stickstoff <strong>für</strong><br />

Kläranlagen in empfindlichen Gebieten, in denen es zur Eutrophierung kommt, gelten.<br />

Tabelle 2.2 zeigt die hygienischen Anforderungen <strong>für</strong> Binnengewässer gemäß der EG-<br />

Badegewässerrichtlinie.


Tab. 2.1: Mindestanforderungen nach Anhang 1 der EG-Kommunalabwasser-Richtlinie<br />

Parameter Konzentration<br />

BSB5 (bei 20 °C)<br />

ohne Nitrifikation<br />

25 mg/l O2<br />

Prozentuale<br />

Mindestverringerung<br />

70-90<br />

(40 gemäß Artikel 4 Absatz 2)<br />

CSB 125 mg/l O2 75<br />

Suspendierte Schwebstoffe<br />

insgesamt<br />

35 mg/l O2<br />

(35 gemäß Artikel 4 Absatz 2<br />

(mehr als 10.000 EW))<br />

(60 gemäß Artikel 4 Absatz 2<br />

(2.000-10.000 EW))<br />

Phosphor insgesamt ( 1 ) 2 mg/l (10.000-100.000 EW)<br />

1 mg/l (mehr als 100.000 EW)<br />

Stickstoff insgesamt ( 1 ) 15 mg/l (10.000-100.000 EW)<br />

10 mg/l (mehr als 100.000 EW)<br />

90<br />

(90 gemäß Artikel 4 Absatz 2<br />

(mehr als 10.000 EW))<br />

(70 gemäß Artikel 4 Absatz 2<br />

(2.000-10.000 EW))<br />

80<br />

70-80<br />

( 1 ) Anforderungen an Einleitungen aus kommunalen Kläranlagen in empfindlichen Gebieten gemäß<br />

Tab. 2 in Anhang 1 der EG-Kommunalabwasser-Richtlinie.<br />

Tab. 2.2: Mikrobiologische Parameter <strong>für</strong> Binnengewässer nach Anhang 1 der EG-<br />

Badegewässerrichtlinie<br />

Parameter<br />

Intestinale Enterokokken<br />

(cfu/100ml)<br />

Escherichia coli<br />

(cfu/100ml)<br />

Ausgezeichnete<br />

Qualität<br />

( 2 ) Auf der Grundlage <strong>eine</strong>r 95-Perzentil-Bewertung.<br />

( 3 ) Auf der Grundlage <strong>eine</strong>r 90-Perzentil-Bewertung.<br />

Gute Qualität<br />

Ausreichende<br />

Qualität<br />

200 ( 2 ) 400 ( 2 ) 330 ( 3 )<br />

500 ( 2 ) 1.000 ( 2 ) 900 ( 3 )<br />

Die Richtlinie 86/278/EWG des Rates vom 12.06.1986 über den Schutz der Umwelt und<br />

insbesondere der Böden bei der Verwendung von Klärschlamm in der Landwirtschaft (EG-<br />

Klärschlammrichtlinie) reglementiert die Ausbringung von Klärschlamm in der Landwirtschaft,<br />

so dass schädliche Auswirkungen auf Böden, Vegetation, Tier und Mensch verhindert<br />

7


werden und gleichzeitig <strong>eine</strong> einwandfreie Verwendung von Klärschlamm gefördert wird.<br />

Eine Novellierung der EG-Klärschlammrichtlinie ist geplant.<br />

Die Richtlinie 2000/76/EG über die Verbrennung von Abfällen (EG-Verbrennungsrichtlinie) ist<br />

insbesondere <strong>für</strong> die thermische Klärschlammbehandlung von Bedeutung, da auf ihrer<br />

Grundlage die Neugestaltung der 17. Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV)<br />

erfolgte. Ziel der Richtlinie ist es, die Umweltbelastungen durch die Verbrennung und Mitverbrennung<br />

von Abfällen zu vermeiden oder zu minimieren.<br />

2.2 Bundesrecht<br />

Die EG-Richtlinien werden auf Bundes- und Länderebene in nationales Recht umgesetzt. In<br />

Deutschland ist die Gesetzgebungskompetenz <strong>für</strong> das Wasserrecht zwischen Bund und<br />

Ländern aufgeteilt. Seit Inkrafttreten der Föderalismusreform am 1. September 2006 hat der<br />

Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz <strong>für</strong> das Wasserhaushaltsrecht. Die<br />

Länder können von den Regelungen des Bundes abweichen, soweit diese nicht anlagen-<br />

oder stoffbezogen sind; ein Großteil der abwasserrechtlichen Regelungen unterliegt somit<br />

nicht dem Abweichungsrecht der Länder.<br />

Der Bund beabsichtigt, auf der Grundlage s<strong>eine</strong>r neuen Gesetzgebungskompetenzen noch<br />

in der laufenden Legislaturperiode (bis Herbst 2009) ein neues Wasserrecht zu schaffen, ggf.<br />

im Rahmen des ursprünglich vorgesehenen Umweltgesetzbuchs (Stand Februar 2009).<br />

Relevante Gesetze <strong>für</strong> die Abwasserentsorgung auf Bundesebene sind derzeit das Gesetz<br />

zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz, WHG) in der Fassung vom<br />

19. August 2002, zuletzt geändert am 10.05.2007 (das am 01. März 2010 in Kraft getretene<br />

neue WHG vom 31.07.2009 wurde nicht berücksichtigt; als Bearbeitungsstand <strong>für</strong> die<br />

gesetzlichen Grundlagen gilt September 2009), sowie das Gesetz über Abgaben <strong>für</strong> das<br />

Einleiten von Abwasser in Gewässer (Abwasserabgabengesetz, AbwAG) in der Fassung<br />

vom 18. Januar 2005.<br />

Ein bundesrechtliches untergesetzliches Regelwerk in Form von Rechtsverordnungen und<br />

Verwaltungsvorschriften mit Bezug zur Abwasserbeseitigung besteht z. B. in:<br />

8<br />

• der Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer<br />

(Abwasserverordnung, AbwV) in der Fassung vom 17. Juni 2004, geändert durch<br />

Artikel 1 der Verordnung vom 19. Oktober 2007<br />

• der Klärschlammverordnung (AbfKlärV) vom 15. April 1992<br />

• der Abgabenordnung (AO) vom 16 März 1976, zuletzt geändert am 21.12.2007.<br />

Nach § 18 WHG ist Abwasser so zu beseitigen, dass das Wohl der Allgemeinheit nicht<br />

beeinträchtigt wird. Gereinigtes Abwasser soll nach Möglichkeit wieder verwendet werden,<br />

wobei im Verlaufe der Wiederverwendung die Belastungen der Umwelt auf ein Minimum zu<br />

begrenzen sind. Bei der Wiederverwendung des gereinigten Abwassers sind allerdings je<br />

nach Verwendungszweck bzw. benötigter Qualität unterschiedliche Vorgaben zu beachten<br />

(siehe Tabelle 2.3).


Tab. 2.3: Grenzwerte <strong>für</strong> Wasser verschiedener Nutzung [Quelle: Komplett 2007, Knerr et al. 2008]<br />

Trinkwasser<br />

Trinkwasserverordnung (2001) 6,5 - 9,5<br />

EU Richlinie 75/440/EWG über Qualitätsanforderungen an<br />

Oberflächenwasser <strong>für</strong> die Trink wassergewinnung (1975)<br />

pH-Wert T DO BSB5 CSB NO3 NO2 NH4 Färbung LF E. coli =<br />

Fäkalcoliforme<br />

Bakterien<br />

- °C % mg L -1<br />

mg L -1<br />

mg L -1<br />

mg L -1<br />

mg L -1<br />

m -1<br />

50<br />

(und (NO3/50) +<br />

(NO2/3) < 1mg/l)<br />

0,5 im Netz<br />

(und (NO3/50) +<br />

(NO2/3) < 1mg/l);<br />

0,1 Ausgang<br />

Wasserwerk<br />

0,5<br />

(geogen bedingte<br />

Überschreitung<br />

< 30 mg/l bleiben<br />

außer Betracht)<br />

Gesamt<br />

Coliforme<br />

Bakterien<br />

Enterokokken Pseudomonas<br />

aeruginosa<br />

Allg.<br />

Koloniezahl<br />

20°C<br />

Allg.<br />

Koloniezahl<br />

36°C<br />

Salmonellen Darmviren<br />

µS/cm KBE/100mL KBE/100mL KBE/100mL KBE/100mL KBE/ml Anzahl/ml /mL je 1000 ml<br />

0,5 2.500 bei 20°C 0 0 0<br />

Kategorie A3 5,5 - 9 (G) 22(G), 25(I,O) > 30 7 30(G) 50 (I,O) 2(G), 4(I,O) 1.000 bei 20°C 20.000 50.000 10.000<br />

Badewasser<br />

EU Freibadegewässerrichtlinie 76/160/EWG (1975)<br />

EU-Badegewässerrichtlinie 2006/7/EG (2006)<br />

- Binnengewässer (gute - ausreichende Qualität)<br />

DIN 19643-1 Schwimm- und Badebeckenwasser (1997)<br />

- Reinwasser (nach Einmischung des oxidierenden<br />

Desinfektionsmittel)<br />

Bewässerungswasser<br />

DIN 19650 (1999):<br />

Bewässerungswasser EK 1 (Trinkwasser):<br />

Alle Gewächshaus- und Freilandkulturen o.E.<br />

Bewässerungswasser EK 2:<br />

Gewächshaus und Freilandkulturen <strong>für</strong> den Rohverzehr,<br />

Schulsportplätze, öffentl. Parkanlagen<br />

Bewässerungswasser EK 3:<br />

nicht zum Verzehr bestimmte Gewächshauskulturen, Obst und<br />

Gemüse zur Koinservierung, …<br />

- (G)<br />

6 - 9 (I)<br />

-<br />

80 - 120 (G)<br />

- (I)<br />

- (G)<br />

k<strong>eine</strong><br />

anormale Änderung (I)<br />

100 (G)<br />

2.000 (I)<br />

1000 KBE (95%-<br />

Perzentil) bzw. 900<br />

(90%-Perzentil)<br />

Allg. Güteanforderung <strong>für</strong> Beregnungswasser (AGA) 5,0 bis 8,5 1 10<br />

FBR Hinweisblatt H 201 Grauwasser-Recycling (2004)<br />

500 (G)<br />

10.000 (I)<br />

100 (G)<br />

- (I)<br />

400 KBE (95%-<br />

Perzentil) bzw. 330<br />

(90%-Perzentil)<br />

100/ml Zapfhahn; 20/ml unmittelbar<br />

nach Abschluss der Aufbereitung im<br />

desinfizierten Wasser; 1000/ml bei<br />

Wasserversorgungsanlagen nach § 3<br />

Nr. 2 Buchstabe b sowie in Tanks von<br />

Land-, Luft- und Wasserfahrzeugen.<br />

0,4 n.n. n.n. 20 20<br />

Toilettenspülwasser > 50 5** farblos, klar 1.000 10.000 100<br />

Wäschewaschen > 50 5** farblos, klar 1.000 10.000 100<br />

Legende:<br />

* entweder oder<br />

G… Leitwert<br />

I… Zwingender Wert<br />

O... Außerordentliche klimatische oder geografische Verhältnisse<br />

** BSB7<br />

100<br />

- (G)<br />

0 je l (I)<br />

n.n. n.n. n.n.<br />

200 100 n.n.<br />

2.000 400 n.n.<br />

9<br />

- (G)<br />

0 (I)<br />

-


Die Mindestanforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer sind in § 7a WHG<br />

und in der Rahmen-AbwasserVwV festgeschrieben und werden in der Abwasserverordnung<br />

(AbwV) präzisiert. In Anhang 1 der AbwV sind die Mindestanforderungen an die Reinigung<br />

von häuslichem und kommunalem Abwasser festgelegt (siehe Tabelle 2.4). Darüber hinaus<br />

kann die zuständige Wasserbehörde in der Einleiteerlaubnis auch schärfere Werte festlegen,<br />

wenn dies aus Gründen des Gewässerschutzes erforderlich ist. Seit 01. August 2002 gelten<br />

die Anforderungen <strong>für</strong> Kläranlagen der Größenklasse I auch <strong>für</strong> Kleinkläranlagen.<br />

Tab. 2.4: Mindestanforderungen <strong>für</strong> häusliches und kommunales Abwasser nach Anhang 1<br />

der Abwasserverordnung<br />

Proben nach<br />

Größenklassen<br />

der KA<br />

Größenklasse I<br />

kl<strong>eine</strong>r als 60<br />

kg/d BSB5 (roh)<br />

Größenklasse II<br />

60 bis 300 kg/d<br />

BSB5 (roh)<br />

Größenklasse III<br />

300 bis 600 kg/d<br />

BSB5 (roh)<br />

Größenklasse IV<br />

600 bis 6.000<br />

kg/d BSB5 (roh)<br />

Größenklasse V<br />

größer 6.000 kg/d<br />

BSB5 (roh)<br />

10<br />

CSB<br />

(mg/l)<br />

BSB5<br />

(mg/l)<br />

NH4-N ( 1 )<br />

(mg/l)<br />

Nges anorg ( 1 )<br />

(mg/l)<br />

Pges<br />

(mg/l)<br />

150 40 - - -<br />

110 25 - - -<br />

90 20 10 - -<br />

90 20 10 18 2<br />

75 15 10 13 1<br />

( 1 ) Die Anforderungen gelten <strong>für</strong> Ammoniumstickstoff und Stickstoff, gesamt, bei <strong>eine</strong>r Abwassertemperatur<br />

von 12 °C und größer im Ablauf des biolo gischen Reaktors der Abwasserbehandlungsanlage.<br />

An die Stelle von 12 °C kann auch die zeitl iche Begrenzung vom 1. Mai bis 31. Oktober treten.<br />

Nach § 6 Abs. 2 der AbwV gilt ein Wert auch dann als eingehalten, „wenn die Ergebnisse<br />

dieser und der vier vorausgegangenen staatlichen Überprüfungen in vier Fällen den jeweils<br />

maßgebenden Wert nicht überschreiten und kein Ergebnis den Wert um mehr als 100<br />

Prozent übersteigt“ (4- von 5-Regel) [AbwV 2007].<br />

Eine Novellierung der Abwasserverordnung (AbwV) ist geplant; sie soll aber erst nach<br />

Verabschiedung des neuen Bundesrechts erfolgen. Aufgrund der Vorgaben aus der EG-<br />

WRRL werden möglicherweise weitere Maßnahmen zur Verminderung bzw. Vermeidung von<br />

Schadstoffeinträgen auf kommunalen Kläranlagen erforderlich.


Die Klärschlammverordnung (AbfKlärV) soll ebenfalls novelliert werden. Ende 2006 wurde<br />

der Fachöffentlichkeit im Rahmen <strong>eine</strong>r Fachtagung ein Eckpunktepapier des Bundesministeriums<br />

<strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) vorgestellt, welches<br />

Grenzwertvorschläge <strong>für</strong> Schwermetalle und organische Schadstoffe enthält (siehe auch<br />

Kapitel 6.6). Auf Basis dieses fachlichen Austauschs soll ein Referentenentwurf zur<br />

Novellierung der Klärschlammverordnung erarbeitet werden, der dann zur Anhörung<br />

gelangen soll. Das Eckpunktepapier sieht u. a. <strong>eine</strong> Verschärfung der derzeit geltenden<br />

Grenzwerte der Klärschlammverordnung sowie die Aufnahme neuer organischer Schadstoffparameter<br />

vor [Schmitt et al. 2007].<br />

Für Klärschlämme gelten neben den Vorschriften des Abfallrechts auch die Vorschriften des<br />

Düngemittelrechts.<br />

2.3 Landesrecht<br />

Auf Länderebene wird das Wasserrecht durch die Landeswassergesetze – hier das<br />

Wassergesetz <strong>für</strong> Rheinland-Pfalz (Landeswassergesetz, LWG) in der Fassung vom<br />

22. Januar 2004, zuletzt geändert durch Gesetz vom 05. Oktober 2007 – in Verbindung mit<br />

den Gemeindeordnungen (u. a. Anschluss- und Benutzungszwang), den Kommunalabgaben-<br />

gesetzen und den Gesetzen über kommunale Gemeinschaftsarbeit/Zweckverbandsgesetze<br />

vollzogen. Diese Gesetze werden wiederum durch Rechtsverordnungen und Verwaltungs-<br />

vorschriften der Länder ergänzt, wie z. B.:<br />

• Landesverordnung über die Eigenüberwachung von Abwasseranlagen (EÜVOA) vom<br />

27. August 1999, zuletzt geändert am 17. März 2006<br />

• Landesverordnung über die Beseitigung von kommunalem Abwasser (KomAbwVO)<br />

vom 27. November 1997<br />

• Abwasserbeseitigung in Rheinland-Pfalz, Rundschreiben des Ministeriums <strong>für</strong><br />

Umwelt vom 8. Dezember 1993<br />

• Hinweise zum Einsatz von Pflanzenkläranlagen <strong>für</strong> die biologische Behandlung von<br />

Abwasser, Rundschreiben des Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt und Forsten vom 31. Januar<br />

1995<br />

• Dezentrale Abwasserbeseitigung über Kleinkläranlagen, Rundschreiben des<br />

Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt und Forsten vom 1. Februar 2005<br />

Die Bundesländer koordinieren ihre Wasserpolitik im Rahmen der Bund/Länder-<br />

Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA). Ziel der LAWA ist es, „länderübergreifende und<br />

gemeinschaftliche wasserwirtschaftliche und wasserrechtliche Fragestellungen zu erörtern,<br />

gemeinsame Lösungen zu erarbeiten und Empfehlungen zur Umsetzung zu initiieren“<br />

(http://www.lawa.de).<br />

11


2.4 Technische Regelwerke<br />

Technische Regeln zu Bemessung, Bau und Betrieb abwassertechnischer Anlagen finden<br />

sich in europäischen EN-Normen, DIN-Normen sowie in den Arbeits- und Merkblättern des<br />

DWA-Regelwerks. Mit ihrer Veröffentlichung werden sie zu allgemein anerkannten Regeln<br />

der Technik. Relevante Normen und Regeln <strong>für</strong> die Abwasserentsorgung in ländlichen<br />

Gebieten sind z. B.:<br />

12<br />

• DIN EN 476: Allgem<strong>eine</strong> Anforderungen an Bauteile <strong>für</strong> Abwasserkanäle und<br />

-leitungen <strong>für</strong> Schwerkraftentwässerungssysteme<br />

• DIN EN 752: Entwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden<br />

• DIN EN 1091: Unterdruckentwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden<br />

• DIN EN 1671: Druckentwässerungssysteme außerhalb von Gebäuden<br />

• DIN EN 12255: Kläranlagen<br />

• DIN EN 12566: Kleinkläranlagen bis zu 50 EW<br />

• ATV-A 128, April 1992: Richtlinien <strong>für</strong> die Bemessung und Gestaltung von Regenentlastungsanlagen<br />

in Mischwasserkanälen<br />

• ATV-A 200, Mai 1997: Grundsätze <strong>für</strong> die Abwasserentsorgung in ländlich strukturierten<br />

Gebieten<br />

• DWA-A 100, Dezember 2006: Leitlinien der integralen Siedlungsentwässerung<br />

• DWA-A 201, August 2005: Grundsätze <strong>für</strong> Bemessung, Bau und Betrieb von<br />

Abwasserteichanlagen<br />

• DWA-A 262, März 2006: Grundsätze <strong>für</strong> Bemessung, Bau und Betrieb von<br />

Pflanzenkläranlagen mit gepflanzten Bodenfiltern zur biologischen Reinigung<br />

kommunalen Abwassers<br />

• ATV-DVWK-A 131, Mai 2000: Bemessung von einstufigen Belebungsanlagen<br />

• DWA-M 153, August 2007: <strong>Handlungsempfehlungen</strong> zum Umgang mit Regenwasser<br />

• BWK M3, April 2001: Ableitung immissionsorientierter Anforderungen an Misch- und<br />

Niederschlagswassereinleitungen unter Berücksichtigung örtlicher Verhältnisse<br />

• etc.


3 Konzepte, Strategien und Verfahren der Abwasserentsorgung <strong>für</strong><br />

den ländlichen Raum<br />

3.1 Zentrale und dezentrale Abwasserentsorgung<br />

Bei der Abwasserentsorgung können grundsätzlich zentrale und dezentrale Systeme<br />

unterschieden werden. Bei <strong>eine</strong>m zentralen System wird das Abwasser über ein umfangreiches<br />

Kanalnetz abgeleitet und <strong>eine</strong>r zentralen Behandlung zugeführt. Die zentrale<br />

Behandlung kann dabei je nach Randbedingungen in <strong>eine</strong>r großen Gruppenkläranlage oder<br />

auch in <strong>eine</strong>r kl<strong>eine</strong>n Ortskläranlage erfolgen. Anschließend wird das gereinigte Abwasser<br />

meist in größere Fließgewässer eingeleitet. Bei <strong>eine</strong>m dezentralen System dagegen erfolgt<br />

die Reinigung des Abwassers in der Nähe des Anfallortes und bedingt dadurch <strong>eine</strong> größere<br />

Zahl von Einzelanlagen und Einleitestellen. In Rheinland-Pfalz hat sich, wie in ganz<br />

Deutschland, das System der zentralen Abwasserentsorgung mit Schwemmkanalisation und<br />

anschließender Abwasserbehandlung flächendeckend durchgesetzt. Knapp 99 % der<br />

Einwohner sind an Kanalisationen sowie kommunale, mechanisch-biologische Kläranlagen<br />

angeschlossen (vgl. Kapitel 4.3). Dezentrale Konzepte werden nur in Einzelfällen, z. B. bei<br />

Streusiedlungen realisiert. So gab es nach <strong>eine</strong>r Abfrage des MUFV im Jahr 2002 in<br />

Rheinland-Pfalz insgesamt rund 7.600 Kleinkläranlagen 1 . Langfristig werden davon etwa<br />

3.000-4.000 bestehen bleiben. Damit spielen hier dezentrale Systeme im Vergleich zu<br />

anderen Bundesländern k<strong>eine</strong> große Rolle (siehe Abbildung 3.1).<br />

Abb. 3.1: Verbreitung von Kleinkläranlagen in Deutschland [Quelle: Hilmer 2008]<br />

1 Kleinkläranlagen sind Anlagen mit <strong>eine</strong>m maximalen Abwasseranfall von 8 m 3 /d (50 EW); die<br />

Mehrkammergruben mit biologischer Teilbehandlung sind bei den im Text genannten Zahlen<br />

eingerechnet. In der Grafik sind zusätzlich die abflusslosen Gruben eingerechnet.<br />

13


3.2 Entwässerungssysteme<br />

Im Allgem<strong>eine</strong>n werden Entwässerungssysteme unterschieden in Mischsysteme, Trennsysteme<br />

sowie modifizierte Systeme. Während beim Mischsystem das Schmutzwasser mit<br />

dem Regenwasser zusammen in <strong>eine</strong>m Kanal (Mischwasserkanal) abgeleitet wird, werden<br />

beim Trennsystem Schmutz- und Regenwasser in getrennten Kanälen (Schmutzwasserkanal<br />

bzw. Regenwasserkanal) abgeleitet, wobei das Schmutzwasser in <strong>eine</strong>r Kläranlage gereinigt<br />

und das Regenwasser in der Regel direkt in ein Gewässer eingeleitet wird. Dadurch werden<br />

beim Trennverfahren die Kläranlagen von großen Niederschlagswassermengen entlastet<br />

und können so auf die wesentlich geringere Schmutzwassermenge ausgelegt werden. Von<br />

Nachteil ist allerdings, dass das Regenwasser ungeachtet s<strong>eine</strong>s Verschmutzungsgrades in<br />

der Regel ungereinigt in die Gewässer gelangt. Beim Mischsystem sind aufgrund der<br />

begrenzten Leistungsfähigkeit der Kläranlagen Regenentlastungsbauwerke oder Regenrückhaltebecken<br />

nötig, die auf der Grundlage des Arbeitsblattes ATV-A 128 [ATV 1992]<br />

bemessen werden.<br />

Nachteile des Mischverfahrens sind zum <strong>eine</strong>n die großen Niederschlagswassermengen, die<br />

in den Kläranlagen mitbehandelt werden müssen, zum anderen aber auch die Belastung der<br />

Gewässer durch Mischwasserentlastungen. Das Mischsystem ist insbesondere von Vorteil<br />

bei dichter Bebauung, stark verschmutzten Regenabflüssen und wenn in unmittelbarer Nähe<br />

kein geeignetes Gewässer <strong>für</strong> <strong>eine</strong> direkte Ableitung des Regenwassers auf kurzem Weg zur<br />

Verfügung steht. Das Trennsystem ist vor allem in Gebieten mit hohem Anteil nicht<br />

behandlungsbedürftigen Niederschlagswassers und weitläufiger Bebauung, bei dichtem<br />

Gewässernetz, geringem Gefälle, beim stufenweisen Ausbau von Kanalnetzen sowie bei<br />

kl<strong>eine</strong>n Kläranlagen und in Verbindung mit Druck- oder Vakuumentwässerungsverfahren die<br />

Methode der Wahl.<br />

Varianten der herkömmlichen Entwässerungssysteme sind das modifizierte Trennsystem<br />

und das modifizierte Mischsystem. Beim modifizierten Trennsystem wird das Schmutzwasser<br />

in <strong>eine</strong>m Schmutzwasserkanal abgeleitet, behandlungsbedürftiges Niederschlagswasser<br />

wird in <strong>eine</strong>m Regenwasserkanal abgeleitet und <strong>eine</strong>r Behandlung zugeführt, während<br />

unbelastetes Regenwasser am Entstehungsort versickert oder offen in ein Gewässer<br />

eingeleitet wird. Beim modifizierten Mischsystem wird im Mischwasserkanal Schmutzwasser<br />

und behandlungsbedürftiges Regenwasser abgeleitet, während nicht behandlungsbedürftiges<br />

Regenwasser wie beim modifizierten Trennsystem am Entstehungsort versickert<br />

oder offen in ein Gewässer eingeleitet wird.<br />

Für den ländlichen Raum gilt als Zielvorstellung die Beschränkung auf die Schmutzwassersammlung<br />

und -behandlung. Überall dort, wo ausreichend unbefestigte Flächen zur<br />

Verfügung stehen, sollte Niederschlagswasser versickert oder über offene Rinnen und<br />

Gräben in Oberflächengewässer eingeleitet werden (vgl. Kapitel 3.4).<br />

In Rheinland-Pfalz sind etwa 70 % der Kanäle im Mischsystem und etwa 30 % im<br />

Trennsystem ausgeführt, wobei jedoch in den letzten Jahrzehnten beim Neubau von<br />

Kanalisationen das modifizierte Trennsystem unter Einbeziehung von Maßnahmen der<br />

Regenwasserbewirtschaftung (siehe Kapitel 3.4) die bevorzugte Entwässerungsvariante<br />

darstellt.<br />

14


3.3 Abwasserableitung<br />

Die Abwasserableitung kann entweder als Freispiegelentwässerung oder als Druck- oder<br />

Vakuumentwässerung ausgeführt werden. Die Freispiegelentwässerung, bei der das<br />

Abwasser im freien Gefälle transportiert und daher k<strong>eine</strong> Energie benötigt wird, stellt die<br />

klassische Variante der Abwasserableitung dar. Sie zeichnet sich durch geringe Betriebskosten<br />

aus und ist betriebssicher und wartungsarm. Allerdings sind die Investitionskosten<br />

höher als bei den Sonderentwässerungsverfahren, da größere Rohrdurchmesser (üblicherweise<br />

DN 200) und mit zunehmender Fließlänge tiefere Rohrgräben benötigt werden, um ein<br />

ausreichendes Sohlgefälle zu gewährleisten. Nachteilig ist auch die Gefahr von Ablagerungen<br />

in den Kanälen bei geringem Abwasseranfall.<br />

Mit Druck- oder Vakuumentwässerung [DWA 2005a, DWA 2007a] wird in der Regel nur<br />

Schmutzwasser abgeleitet. Der Einsatz dieser Sonderentwässerungsverfahren ist<br />

insbesondere dann sinnvoll, wenn aufgrund der topographischen Bedingungen <strong>eine</strong><br />

Freispiegelentwässerung nicht möglich ist oder bei geringer Siedlungsdichte. Hier sind<br />

aufgrund hoher einwohnerspezifischer Kanallängen niedrigere Verlegekosten entscheidend,<br />

die sich aus <strong>eine</strong>m geringeren Rohrdurchmesser (in der Regel DN 50 bis DN 80) und<br />

geringerer Verlegetiefe ergeben. Von Nachteil sind die höheren Betriebskosten sowie ein<br />

erhöhter Wartungsaufwand <strong>für</strong> Pumpwerke und Druckluftspülstationen bzw.<br />

Vakuumstationen.<br />

Da die Unterdruck- oder Vakuumentwässerung störanfälliger und teurer in Herstellung und<br />

Betrieb ist als die Druckentwässerung, wird sie vorrangig in Wasserschutzgebieten, da<br />

aufgrund des Unterdrucks ein Austritt von Abwasser ins Grundwasser ausgeschlossen ist,<br />

und nur bei geringen Höhenunterschieden eingesetzt. Auch im Bereich der alternativen<br />

Sanitärkonzepte gewinnt die Vakuumentwässerung zunehmend an Bedeutung.<br />

3.4 Regenwasserbewirtschaftung<br />

Im Sinne <strong>eine</strong>r nachhaltigen Siedlungsentwässerung sollte unverschmutztes Wasser<br />

möglichst in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt und verschmutztes Wasser vor der<br />

Einleitung in ein Oberflächengewässer gereinigt werden. Die übergeordnete Zielsetzung ist<br />

dabei der Erhalt des lokalen Wasserkreislaufs, wobei der „unbebaute Zustand“ als<br />

Referenzzustand dient. In Rheinland-Pfalz wurde bereits im Jahr 1995 der naturnahe<br />

Umgang mit dem Niederschlagswasser im Landeswassergesetz verankert. Die Thematik ist<br />

in der Broschüre „Naturnaher Umgang mit Niederschlagswasser – Konzeption und<br />

ausgeführte Beispiele“ umfassend dargestellt [MUF 2000]. Zentrale Baust<strong>eine</strong> sind dabei die<br />

„Vermeidung abflusswirksamer Flächen“, „Dezentrales Zurückhalten, Verdunsten und<br />

Versickern von Niederschlagswasser“ und „Verzögertes Ableiten, zentrales Rückhalten und<br />

Versickern bzw. Verdunsten“, wobei einfache, naturnahe Lösungen gegenüber technischen<br />

Lösungen favorisiert werden (siehe Abbildung 3.2). Die Regenwasserbewirtschaftung sollte<br />

mit <strong>eine</strong>m in Bezug auf die jeweiligen Rahmenbedingungen vertretbaren Aufwand möglich<br />

sein. Auch in anderen Bundesländern sowie bundesländerübergreifend gibt es <strong>eine</strong> Fülle von<br />

Informationen und Arbeitshilfen zur Regenwasserbewirtschaftung [DWA 2006a; DWA 2007b;<br />

LfU BW 2005a, LfU BW 2006; UBA 2005].<br />

15


Abb. 3.2: Baust<strong>eine</strong> der naturnahen Regenwasserbewirtschaftung [Quelle: MUF 2000]<br />

Die Regenwasserbewirtschaftung bezeichnet die Abflussvermeidung durch Nutzung,<br />

Versickerung und Rückhalt von Regenwasser und steht damit im Gegensatz zu den früher<br />

üblichen, ableitungsbetonten Entwässerungskonzepten. Die Vorteile <strong>eine</strong>s naturnahen<br />

Umgangs mit Niederschlagswasser liegen insbesondere in der Förderung der lokalen<br />

Grundwasserneubildung, der Verbesserung des Kleinklimas durch erhöhte Verdunstungsraten,<br />

der verminderten hydraulischen Belastung der Fließgewässer, <strong>eine</strong>r kostengünstigeren<br />

Abwasserentsorgung durch Abflussreduzierung sowie <strong>eine</strong>r Trinkwassereinsparung.<br />

Nebenbei kann die naturnahe Niederschlagswasserbewirtschaftung auch die<br />

Wohn- und Lebensqualität in Siedlungen erhöhen, indem naturnahe Erlebnisräume und<br />

Biotope geschaffen werden, die das örtliche Ökosystem bereichern und als Gestaltungselemente<br />

die Bebauung auflockern. Naturnahe Konzepte zur Regenwasserbewirtschaftung<br />

können sowohl beim Neubau von Wohn- und Gewerbegebieten, öffentlichen Gebäuden,<br />

Einkaufszentren oder Industrieanlagen als auch im Rahmen von Sanierungs- und<br />

Umbaumaßnahmen umgesetzt werden. Abbildung 3.3 zeigt den Zusammenhang zwischen<br />

dem Versiegelungsgrad und den Wasserbilanzkomponenten Verdunstung, Oberflächenabfluss<br />

und Grundwasserneubildung.<br />

Abb. 3.3: Qualitative Änderung der Wasserbilanz <strong>eine</strong>r Siedlung bei zunehmender<br />

Bebauung [Quelle: LfU BW 2005a; nach DWA 2007b]<br />

16<br />

I. Vermeidung abflusswirksamer<br />

Flächen und Nutzung von<br />

Niederschlagswasser<br />

II. Dezentrales Zurückhalten,<br />

Verdunsten und Versickern von<br />

Niederschlagswasser<br />

III. Verzögertes Ableiten,<br />

zentrales Rückhalten,<br />

Verdunsten und Versickern von<br />

Niederschlagswasser


Je nach Herkunft und Beschaffenheit wird das Niederschlagswasser verschiedenen<br />

Qualitätsstufen (siehe DWA-Merkblatt M 153 [DWA 2007b] und DWA-Arbeitsblatt A 138<br />

[DWA 2005b]) zugeordnet. Daraus ergibt sich <strong>eine</strong> entsprechend differenzierte Entsorgung<br />

des Niederschlagsabflusses mit der Prioritätenfolge Vermeidung, Nutzung, Versickerung,<br />

verzögerte Ableitung und Behandlung.<br />

Eine Abflussvermeidung wird erreicht durch die Reduzierung versiegelter Flächen.<br />

Geeignete Maßnahmen hierzu sind beispielsweise die Verwendung von teildurchlässigen<br />

Materialien bei der Flächenbefestigung sowie die Dachbegrünung.<br />

Bei der Regenwassernutzung werden Regenabflüsse in Zisternen gespeichert und<br />

anschließend als Brauchwasser beispielsweise zur Bewässerung von Grünflächen, zur<br />

Speisung von Teichanlagen oder auch in Verbindung mit <strong>eine</strong>r Brauchwassernutzungs-<br />

anlage z. B. als Toilettenspülwasser genutzt und damit wertvolles Trinkwasser ersetzt. Da<br />

Rheinland-Pfalz kein Wassermangelgebiet ist, ist jedoch die flächendeckende Einrichtung<br />

von Anlagen zur Brauchwassernutzung nicht zweckmäßig. Insofern ist vor allem <strong>eine</strong> mit<br />

geringem Aufwand realisierbare Regenwassernutzung wie z. B. die Sammlung des von<br />

Dachflächen ablaufenden Wassers in <strong>eine</strong>r Regentonne wirtschaftlich sinnvoll. Eine<br />

Regenwassernutzung dient sowohl der Trinkwassereinsparung als auch der Abflussreduzierung.<br />

Die Versickerung von Niederschlagswasser ist insbesondere von der Durchlässigkeit und<br />

Versickerungsfähigkeit des Untergrundes und vom Grundwasserflurabstand abhängig. Dabei<br />

kann die Versickerung sowohl zentral als auch dezentral erfolgen. Anlagen zur Versickerung<br />

von Niederschlägen lassen sich nach der technischen Ausführung folgendermaßen<br />

unterscheiden:<br />

• Flächenversickerung<br />

• Muldenversickerung<br />

• Rohr- und Rigolenversickerung<br />

• Schachtversickerung 2<br />

• Mulden-Rigolen-System<br />

• Beckenversickerung<br />

In Rheinland-Pfalz werden möglichst einfache Verfahren der Niederschlagswasserversickerung<br />

bevorzugt, vorrangig Flächen- und Muldenversickerung. Während bei der<br />

Flächenversickerung über den bewachsenen Oberboden das anfallende Niederschlagswasser<br />

unmittelbar versickert, wird es bei der Muldenversickerung vor der Versickerung in<br />

flachen, meist mit Gras bepflanzten Bodenvertiefungen zwischengespeichert. Ihre<br />

Umsetzbarkeit, v. a. der Flächenversickerung, setzt <strong>eine</strong>n ausreichenden Grundwasser-<br />

flurabstand sowie die Verfügbarkeit freier Flächen voraus. Von diesen oberirdischen<br />

Versickerungsanlagen sind die unterirdischen Anlagen zu unterscheiden, bei denen der<br />

Grundwasserschutz geringer ist, da k<strong>eine</strong> bewachsene Bodenschicht durchsickert wird.<br />

2 in Rheinland-Pfalz nicht genehmigungsfähig<br />

17


Bei der Rigolenversickerung wird das Niederschlagswasser oberirdisch in <strong>eine</strong>n kiesgefüllten<br />

Graben (Rigole), bei der Rohrversickerung unterirdisch in <strong>eine</strong>n in Kies gebetteten<br />

perforierten Rohrstrang geleitet. Versickerungsschächte sind aus Vorsorgegründen in<br />

Rheinland-Pfalz nicht genehmigungsfähig. Das Mulden-Rigolen-System ist <strong>eine</strong> Mischform<br />

der Versickerung, bei der über bewachsene Mulden in darunter liegende Rigolen versickert<br />

wird. Bei Versickerungsbecken handelt es sich um zentrale Anlagen, an denen<br />

Niederschlagsabflüsse <strong>eine</strong>s größeren Einzugsbereiches zusammengeführt und versickert<br />

werden. Die Bemessung von Versickerungsanlagen erfolgt in Rheinland-Pfalz auf der<br />

Grundlage des Arbeitsblattes DWA-A 138 [DWA 2005b] und des Leitfadens „Flächenhafte<br />

Niederschlagswasserversickerung“ des Landesamtes <strong>für</strong> Wasserwirtschaft aus dem Jahr<br />

1998 [LUWG 1998].<br />

Wenn <strong>eine</strong> Versickerung aufgrund der Untergrundverhältnisse nicht möglich ist, ist das<br />

Niederschlagswasser zur Begrenzung der hydraulischen Belastung der Gewässer dezentral<br />

zurückzuhalten und schließlich möglichst über offene Rinnen oder Gräben zum Fließgewässer<br />

abzuleiten.<br />

Behandlungsbedürftige Niederschlagsabflüsse müssen vor der Einleitung in ein Gewässer<br />

ausreichend gereinigt werden. In Abhängigkeit von der Belastung des Niederschlagswassers<br />

sowie der Schutzbedürftigkeit des aufnehmenden Gewässers kommen verschiedene<br />

Maßnahmen zur Regenwasserbehandlung in Frage. Möglichkeiten der Behandlung sind<br />

beispielsweise die Versickerung durch <strong>eine</strong> ausreichend mächtige Bodenschicht, die<br />

Behandlung in Filteranlagen (z. B. Retentionsbodenfilter) oder Sedimentationsanlagen (z. B.<br />

Regenklärbecken, hydrodynamische Abscheider, Regenrückhaltebecken). Ein Beispiel <strong>für</strong><br />

die weitergehende Behandlung von Niederschlagswasser mittels Retentionsbodenfilter ist in<br />

Kapitel 7.5 aufgeführt.<br />

In der Neukonzeption der Siedlungsentwässerung sind ausgewogene, auf die ortsspezifischen<br />

Gegebenheiten individuell angepasste Lösungen gefordert, die aus <strong>eine</strong>r Kombination<br />

verschiedener Einzelmaßnahmen bestehen können und sich an der übergeordneten<br />

Zielsetzung des möglichst weitgehenden Erhalts des kleinräumigen natürlichen Wasserhaushalts<br />

orientieren [Schmitt 2006]. Die weitere Umsetzung der Regenwasserbewirtschaftung<br />

wird gerade auch <strong>für</strong> den ländlichen Raum als zukunftsfähig und zielführend angesehen.<br />

Aufgrund der geringen Siedlungsdichte und geringerer Befestigungsgrade ist im ländlichen<br />

Raum meist genügend Freifläche vorhanden, so dass hier eher günstige Randbedingungen<br />

<strong>für</strong> die Regenwasserbewirtschaftung vorliegen.<br />

18


3.5 Abwasserbehandlung<br />

3.5.1 Technische Verfahren<br />

Bei den technischen Verfahren zur Abwasserbehandlung unterscheidet man:<br />

• Belebungsverfahren im Durchlaufbetrieb<br />

• Belebungsverfahren im Aufstaubetrieb (SBR-Verfahren)<br />

• Membranverfahren<br />

• Tropfkörperverfahren<br />

• Tauchkörperverfahren<br />

• Wirbelschwebebettverfahren<br />

Belebungsverfahren im Durchlaufbetrieb<br />

Das Belebungsverfahren ist das in Industrieländern am häufigsten eingesetzte Verfahren zur<br />

biologischen Abwasserbehandlung und stellt somit <strong>eine</strong> bewährte Technik dar, die im Laufe<br />

langjähriger Betriebserfahrung immer stärker optimiert und weiterentwickelt wurde. Es<br />

gliedert sich baulich in die Elemente Belebungsbecken und Nachklärbecken. Der biologische<br />

Abbau von Abwasserinhaltsstoffen erfolgt dabei im Belebungsbecken durch suspendierte<br />

Mikroorganismen, die entweder durch Oberflächenbelüfter oder Druckbelüftung mit Sauerstoff<br />

versorgt werden. Im Nachklärbecken wird die Bakterienmasse durch Sedimentation<br />

vom gereinigten Abwasser abgetrennt, wobei ein Teil des abgesetzten Belebtschlamms als<br />

Rücklaufschlamm ins Belebungsbecken zurückgeführt wird. Der Rest wird als Überschussschlamm<br />

abgezogen. Sowohl die Nitrifikation als auch die Denitrifikation kann problemlos in<br />

das Verfahren integriert werden. Phosphor wird entweder durch gezielte biologische<br />

Phosphorelimination in <strong>eine</strong>m Anaerobbecken bzw. durch anaerobe Zeiten oder durch<br />

chemische Fällung entfernt. Die Schlammstabilisierung kann aerob im Belebungsbecken<br />

erfolgen, wobei ein hohes Schlammalter und damit einhergehend ein entsprechend großes<br />

Belebungsbeckenvolumen und ein entsprechender Energieeintrag benötigt wird oder<br />

anaerob in <strong>eine</strong>m Faulbehälter. Bislang kommt bei <strong>eine</strong>r Anlagengröße bis etwa 20.000 EW<br />

in der Regel die aerobe Stabilisierung zum Einsatz, daher sind die meisten Belebungsanlagen<br />

im ländlichen Raum aerobe Stabilisierungsanlagen. Die anaerobe Stabilisierung hat<br />

den Vorteil, dass das entstehende Faulgas zur Eigenstromerzeugung genutzt werden kann.<br />

Die Bemessung von Belebungsanlagen erfolgt nach dem ATV-Arbeitsblatt A 131.<br />

Mit dem Belebungsverfahren sind sehr hohe Reinigungsleistungen sowohl in Bezug auf die<br />

Kohlenstoffparameter als auch in Bezug auf die Nährstoffe zu erreichen. Außerdem zeichnen<br />

sich Belebungsanlagen durch gute Steuer- und Regelbarkeit aus. Ein häufig auftretendes<br />

Problem beim Betrieb von Belebungsanlagen ist die Bildung von Bläh- und Schwimmschlamm<br />

durch fadenförmige Mikroorganismen, infolgedessen es zu <strong>eine</strong>m Biomasseverlust<br />

aus der Nachklärung kommen kann. Auch durch hydraulische Stoßbelastungen kann es zu<br />

<strong>eine</strong>m Schlammabtrieb kommen. Weitere Nachteile des Belebungsverfahrens sind ein<br />

höherer Überschussschlammanfall und ein höherer Stromverbrauch im Vergleich zu den<br />

Biofilmverfahren.<br />

19


Belebungsverfahren im Aufstaubetrieb (SBR-Verfahren)<br />

Beim sogenannten Sequencing-Batch-Reactor-Verfahren (SBR-Verfahren), das <strong>eine</strong><br />

Variante des Belebungsverfahrens darstellt, laufen die verschiedenen Verfahrensschritte der<br />

biologischen Reinigung und der Sedimentation nicht räumlich voneinander getrennt, sondern<br />

zeitlich getrennt im gleichen Reaktor ab. Im Gegensatz zu kontinuierlich durchflossenen<br />

Reaktoren wird der SBR diskontinuierlich befüllt und geleert. Ein SBR-Zyklus zeichnet sich<br />

durch die zeitliche Abfolge der Prozessschritte Füllphase, Reaktionsphase, Sedimentationsphase<br />

und Dekantierphase aus. Sinnvollerweise sollte <strong>eine</strong> SBR-Anlage über <strong>eine</strong>n<br />

Vorspeicher zum Mengen- und Konzentrationsausgleich sowie ggf. über <strong>eine</strong>n Ablaufspeicher<br />

zur Vergleichmäßigung des Ablaufs verfügen. Angaben zu Betrieb und Bemessung<br />

von SBR-Anlagen sind im ATV-Merkblatt M 210 nachzulesen.<br />

Ebenso wie beim Belebungsverfahren im Durchlaufbetrieb ist <strong>eine</strong> weitergehende<br />

Nährstoffelimination einfach zu realisieren. Aufgrund des modularen Aufbaus sind SBR-<br />

Anlagen flexibel sowohl <strong>für</strong> große als auch <strong>für</strong> kl<strong>eine</strong> Anlagen und bei schwankendem<br />

Abwasseranfall einsetzbar. Im Gegensatz zu den Durchlaufanlagen ist k<strong>eine</strong> Schlammrückführung<br />

nötig. Ansonsten weist das SBR-Verfahren die gleichen Vor- und Nachteile auf<br />

wie das Belebungsverfahren im Durchlaufbetrieb. Eine interessante Weiterentwicklung des<br />

SBR-Verfahrens stellt das Biocos-Verfahren dar, das in Kapitel 7.1 anhand <strong>eine</strong>s<br />

Fallbeispiels erläutert wird.<br />

Membranverfahren<br />

Das Membranverfahren stellt <strong>eine</strong> Erweiterung des Belebungsverfahrens dar, bei dem die<br />

Abtrennung der Biomasse vom gereinigten Abwasser nicht durch Sedimentation, sondern<br />

durch Filtration über Membranen erfolgt. Dabei kommen mit der Cross-Flow-Filtration<br />

(dynamischer Betrieb) und der Dead-End-Filtration (statischer Betrieb) zwei unterschiedliche<br />

Betriebsweisen zum Einsatz. Während bei der Cross-Flow-Filtration der Feedstrom parallel<br />

zur Membran geführt wird, wird die Membran bei der Dead-End-Filtration senkrecht<br />

angeströmt, was dazu führt, dass die entstehende Deckschicht in regelmäßigen Intervallen<br />

durch Rückspülung entfernt werden muss.<br />

In Abhängigkeit von der Porengröße der verwendeten Membranen werden Partikel<br />

unterschiedlicher Größe zurückgehalten. Je nach Trenngröße unterscheidet man Mikro-,<br />

Ultra- und Nanofiltration sowie Umkehrosmose. Abbildung 3.4 zeigt den Zusammenhang<br />

zwischen Porengröße, Trenngrenze und transmembranem Betriebsdruck bei verschiedenen<br />

Arten der Membranfiltration.<br />

20


Abb. 3.4: Trennverhalten bei verschiedenen Arten der Membranfiltration [Quelle: Siegrist<br />

und Joss 2004]<br />

Bei den Membranmodulen kommt <strong>eine</strong> Vielzahl unterschiedlicher Materialien (z. B.<br />

organische Polymere, Keramik) und Formen (z. B. Platten- und Hohlfasermodule) zum<br />

Einsatz. Grundsätzlich kann das Membranverfahren entweder integriert in der Belebungsstufe<br />

eingesetzt werden (Membranbelebungsverfahren) als Ersatz <strong>eine</strong>r konventionellen<br />

Nachklärung oder aber <strong>eine</strong>r konventionellen Nachklärung nachgeschaltet.<br />

Während beim konventionellen Belebungsverfahren der Trockensubstanzgehalt durch die<br />

Leistungsfähigkeit der Nachklärung limitiert ist, sind beim Membranbelebungsverfahren<br />

wesentlich höhere Biomassekonzentrationen von bis zu 12...15 g/l erreichbar. Durch die<br />

Membrantechnik wird ein vollständiger Feststoffrückhalt erzielt, der sowohl <strong>eine</strong> verbesserte<br />

Ablaufqualität bezüglich CSB und BSB5 als auch den weitgehenden Rückhalt von<br />

Mikroorganismen (Desinfektion) sowie weiterer partikulär gebundener (Schad-)Stoffe (z. B.<br />

Schwermetalle und PAK) zur Folge hat. Daher kommt der Einsatz der Membrantechnik<br />

insbesondere dann in Betracht, wenn weitergehende Anforderungen an die Reinigungsleistung<br />

oder an die Desinfektion gestellt werden (vgl. Kapitel 6.3 und 6.8). Probleme durch<br />

Schlammabtrieb, wie sie bei <strong>eine</strong>r konventionellen Nachklärung häufig vorkommen, gibt es<br />

beim Membranverfahren in der Regel nicht. Aufgrund der Modularität ist ein flexibler Einsatz<br />

sowohl bei großen kommunalen als auch bei kl<strong>eine</strong>n dezentralen Anlagen möglich.<br />

Nachteile des Membranverfahrens sind deutlich höhere Betriebskosten, insbesondere<br />

aufgrund des höheren Energiebedarfs und der Instandhaltungskosten der Membranmodule.<br />

Die Membranen sind empfindlich gegen Stoßbelastungen; außerdem ist <strong>eine</strong> aufwändigere<br />

mechanische Vorbehandlung zum Schutz der Membranen nötig.<br />

Tropfkörperverfahren<br />

Im Gegensatz zum Belebtschlammverfahren stellt das Tropfkörperverfahren ebenso wie<br />

Tauchkörper- und Schwebebettverfahren ein Biofilmverfahren dar, bei dem die<br />

Mikroorganismen auf speziellen Aufwuchsflächen wachsen. Ein Tropfkörper besteht aus<br />

porösem Füllmaterial auf <strong>eine</strong>r wasser- und luftdurchlässigen Sohle. Das vorgeklärte<br />

21


Abwasser wird durch Drehsprenger auf der Oberfläche verteilt und durchströmt den<br />

Tropfkörper von oben nach unten. Die Belüftung erfolgt mittels Kaminwirkung durch von<br />

unten einströmende und im Tropfkörper nach oben aufsteigende Luft. Die von den<br />

Aufwuchskörpern abgespülte Bakterienmasse wird in <strong>eine</strong>m nachgeschalteten Nachklärbecken<br />

abgetrennt, aber nicht wie beim Belebungsverfahren rezirkuliert.<br />

Das Tropfkörperverfahren wurde früher häufig gerade auch im ländlichen Raum eingesetzt.<br />

Es ist wartungsarm und wenig störanfällig, zeichnet sich durch geringe Betriebskosten aus,<br />

weist aber nur <strong>eine</strong> geringe Flexibilität auf. Zudem kann mit Tropfkörpern zwar nitrifiziert<br />

werden, aber die Denitrifikation ist in der Regel nicht möglich und kann nur durch <strong>eine</strong><br />

spezielle Betriebsweise realisiert werden. Die Bemessung von Tropf- und Tauchkörpern<br />

erfolgt auf der Grundlage des Arbeitsblattes ATV-DVWK A 281.<br />

Tauchkörperverfahren<br />

Beim Tauchkörperverfahren wachsen die Mikroorganismen auf rotierenden Walzen oder<br />

Scheiben, die teilweise in <strong>eine</strong> von Abwasser durchflossene Wanne eintauchen und durch<br />

die Drehung sowohl den Kontakt der Bakterien mit den Abwasserinhaltsstoffen als auch die<br />

Sauerstoffversorgung gewährleisten. Durch die Rotation vom Tauchkörper abgespülte Teile<br />

des Bewuchses werden ebenso wie beim Tropfkörperverfahren in <strong>eine</strong>r Nachklärung vom<br />

gereinigten Abwasser abgetrennt. Scheibentauchkörper stellen hierbei die am weitesten<br />

verbreitete Bauform dar.<br />

Wirbelschwebebettverfahren<br />

Im Gegensatz zu den Festbettreaktoren wie Tropf- und Tauchkörper dienen beim<br />

Wirbelschwebebettverfahren kl<strong>eine</strong>, frei bewegliche Trägermaterialien als Aufwuchskörper<br />

<strong>für</strong> den biologischen Rasen. Die Aufwuchskörper werden durch <strong>eine</strong> Rückhalte- bzw.<br />

Fangvorrichtung in der biologischen Stufe gehalten. Die Sauerstoffversorgung erfolgt durch<br />

Luft, die mittels Verdichter in das Becken eingeblasen wird. Ebenso wie bei Tropf- und<br />

Tauchkörpern wird die von den Aufwuchskörpern abgespülte Bakterienmasse in <strong>eine</strong>m<br />

nachgeschalteten Nachklärbecken abgetrennt.<br />

3.5.2 Naturnahe Verfahren<br />

Bei den naturnahen Verfahren unterscheidet man Abwasserteiche und Pflanzenkläranlagen.<br />

Im Vergleich zu den technischen Verfahren zeichnen sie sich durch Einfachheit, Robustheit,<br />

wenig Regelungs- und Steuertechnik und geringen Maschineneinsatz aus. Sie stellen nur<br />

geringe Anforderungen an Betriebspersonal und Wartung und sind in der Regel<br />

kostengünstig herzustellen und zu betreiben. Sie fügen sich besser ins Landschaftsbild ein<br />

als technische Anlagen und weisen <strong>eine</strong>n geringeren Überschussschlammanfall und ein<br />

hohes Puffervermögen auf. Nachteile der naturnahen Verfahren sind ein hoher spezifischer<br />

Flächenbedarf, wodurch ihr Einsatz auf kl<strong>eine</strong> Ausbaugrößen beschränkt ist, nur geringe<br />

Steuer- und Regelbarkeit und in der Regel <strong>eine</strong> geringere Reinigungsleistung als die<br />

technischen Verfahren, insbesondere in Bezug auf die Nährstoffelimination.<br />

22


Abwasserteiche<br />

Abwasserteiche sind künstliche stehende Gewässer, die zur mechanischen und biologischen<br />

Reinigung von Abwasser eingesetzt werden. Dabei werden die organischen Abwasserinhaltsstoffe<br />

teilweise abgebaut und pathogene Keime reduziert. Abwasserteiche lassen sich<br />

einteilen in Absetzteiche, unbelüftete Abwasserteiche, belüftete Abwasserteiche und Schönungsteiche.<br />

Die Bemessung von Teichanlagen erfolgt nach DWA-Arbeitsblatt A 201 [DWA<br />

2005c].<br />

Absetzteiche werden hauptsächlich zur Abscheidung der absetzbaren Stoffe eingesetzt und<br />

dienen als Vorstufe vor <strong>eine</strong>r weiteren Behandlung des Abwassers. In unbelüfteten<br />

Abwasserteichen werden nicht absetzbare, gelöste organische Abwasserinhaltsstoffe<br />

reduziert. Sie weisen <strong>eine</strong>n hohen Flächenbedarf auf, zeichnen sich aber durch gutes<br />

Puffervermögen aus, sind preiswert und relativ wartungsarm. Die Intensität der<br />

Stoffumsetzungen unterliegt jedoch tages- und jahreszeitlichen Schwankungen. In belüfteten<br />

Abwasserteichen kann sowohl Rohabwasser als auch mechanisch vorgereinigtes Abwasser<br />

behandelt werden. Sie weisen gegenüber den unbelüfteten Teichen <strong>eine</strong>n geringeren<br />

Flächenbedarf auf. Schönungsteiche werden Abwasserteichen oder anderen biologischen<br />

Reinigungsstufen zur Ablaufverbesserung nachgeschaltet.<br />

Bei weitergehenden Anforderungen an die Reinigungsleistung sind Teichkläranlagen in der<br />

Regel ungeeignet. Hierbei ist insbesondere die Nährstoffelimination problematisch: es findet<br />

nur <strong>eine</strong> teilweise Oxidation des Ammonium-Stickstoffs sowie <strong>eine</strong> Teilelimination von<br />

Stickstoff und Phosphor statt.<br />

Das CWSBR-Verfahren (Constant Waterlevel Sequencing-Batch-Reactor) ist ein Verfahren<br />

zur Erweiterung und Ertüchtigung von Abwasserteichen, bei dem das SBR-Verfahren in den<br />

vorhandenen Teich integriert wird. Eingebaute, bewegliche Hydrosegel unterteilen den Teich<br />

in verschiedene Zonen und ermöglichen <strong>eine</strong> Volumenänderung <strong>für</strong> Vorlage-, SBR- und<br />

Ausgleichszone, so dass wie beim SBR-Verfahren ein Zyklus aus Füll-, Reaktions-,<br />

Sedimentations- und Entleerungsphasen ablaufen kann, wobei der Wasserspiegel jedoch<br />

konstant bleibt [Dederichs et al. 2003]. In Kapitel 7.1 ist die Umrüstung <strong>eine</strong>s bestehenden<br />

Abwasserteiches zu <strong>eine</strong>m CWSBR am Beispiel der Kläranlage Fockenbachtal beschrieben.<br />

Ein weiteres Verfahren zur Erweiterung und Ertüchtigung von Abwasserteichen stellt das<br />

SBLR-Verfahren (Sequencing-Batch-Lagoon-Reactor) dar, welches in Kapitel 7.1 am<br />

Beispiel der Kläranlage Langenbach beschrieben wird.<br />

Pflanzenkläranlagen<br />

Pflanzenkläranlagen werden auch als bewachsene Bodenfilter bezeichnet. Hierbei erfolgt die<br />

biologische Abwasserreinigung durch Mikroorganismen in <strong>eine</strong>m wasserdurchlässigen<br />

Bodenkörper, der aus sandig-kiesigem Material besteht und gegen den natürlichen<br />

Untergrund abgedichtet ist. Um <strong>eine</strong> Kolmation des Bodenfilters zu vermeiden, ist <strong>eine</strong><br />

Vorklärung des Abwassers notwendig. Je nach Bauart unterscheidet man vertikal und<br />

horizontal durchströmte Pflanzenbeete. Als Bewuchs <strong>für</strong> den Bodenfilter werden<br />

Sumpfpflanzen (meist Schilf) eingesetzt, wobei die Pflanzenwurzeln der Auflockerung des<br />

Bodens und der Sauerstoffversorgung dienen. Das gereinigte Abwasser wird schließlich über<br />

23


Dränrohre aufgefangen und abgeleitet. Hinweise zu Bau und Betrieb von Pflanzenkläranlagen<br />

gibt das Arbeitsblatt DWA-A 262 [DWA 2006b].<br />

Vorteile der Pflanzenkläranlagen sind <strong>eine</strong> einfache Bauweise und geringer Wartungsaufwand<br />

bei relativ geringen Bau- und Betriebskosten. Für Betrieb und Wartung (in der<br />

Regel vor allem Mähen und Unkrautjäten) wird kein hochqualifiziertes Fachpersonal benötigt<br />

und die Anlagen sind robust gegenüber wechselnden Belastungen, wodurch sie besonders<br />

geeignet sind bei starken saisonalen Schwankungen im Abwasseranfall (z. B. bei Wochen-<br />

endhäusern und Campingplätzen). Die Nachteile des Verfahrens liegen, ebenso wie bei den<br />

Abwasserteichen, in <strong>eine</strong>m hohen spezifischen Flächenbedarf und der Reinigungsleistung<br />

(insbesondere bezüglich der Nährstoffelimination), die nicht gezielt steuerbar ist und jahreszeitlichen<br />

Schwankungen unterliegt. Fallbeispiele <strong>für</strong> Pflanzenkläranlagen sind in Kapitel 7.1<br />

dargestellt.<br />

3.5.3 Kleinkläranlagen<br />

Kleinkläranlagen sind Anlagen zur Reinigung von häuslichem Abwasser mit <strong>eine</strong>m<br />

maximalen Abwasseranfall von 8 m 3 /d, das entspricht bei Annahme <strong>eine</strong>s einwohnerspezifischen<br />

Abwasseranfalls von 150 l/(E⋅d) <strong>eine</strong>m Anschlusswert von etwa 50 Einwohnerwerten<br />

(EW). Bemessung und Betrieb von Kleinkläranlagen sind in DIN 4261 bzw. DIN EN<br />

12566 geregelt.<br />

Seit 2002 gelten die in Anhang 1 der Abwasserverordnung festgeschriebenen Mindestanforderungen<br />

an die Reinigung von häuslichem und kommunalem Abwasser <strong>für</strong> Kläranlagen der<br />

Größenklasse I auch <strong>für</strong> Kleinkläranlagen. Diese Mindestanforderungen gelten <strong>für</strong> die<br />

technischen Anlagen mit Belüftung als eingehalten, wenn <strong>eine</strong> Bauartzulassung durch das<br />

Deutsche Institut <strong>für</strong> Bautechnik (DIBt) besteht.<br />

Deutschlandweit gibt es schätzungsweise rund 2 Millionen Kleinkläranlagen und abflusslose<br />

Gruben. Ihre Aufteilung auf die einzelnen Bundesländer ist in Abbildung 3.1 dargestellt. Die<br />

Gewässerbelastung aus diesen bestehenden Kleinkläranlagen ist nicht unerheblich. So<br />

erzeugen nach [Otto 2000] 9,5 % der Bevölkerung in Deutschland, die an Kleinkläranlagen<br />

angeschlossen sind, bis zu 44 % der Gesamt-CSB-Belastung der Gewässer. Nach <strong>eine</strong>m<br />

Kolloquium des bayerischen Landesamtes <strong>für</strong> Wasserwirtschaft ist die Situation in Bayern<br />

sogar noch extremer: 7 % der bayerischen Bevölkerung sind an Kleinkläranlagen (meist<br />

Mehrkammergruben) angeschlossen, erzeugen aber etwa 70 % der organischen Reststoffe,<br />

20 % der Stickstoff- und 40 % der Phosphorbelastung [Schleypen 2001]. Aus Sicht des<br />

Gewässerschutzes ist somit die Sicherstellung <strong>eine</strong>s ordnungsgemäßen Betriebs sowie die<br />

Wartung und Überwachung von Kleinkläranlagen außerordentlich wichtig. Wie bereits im<br />

Abschnitt 3.1 dargestellt, ist jedoch in Rheinland-Pfalz die Bedeutung von Kleinkläranlagen<br />

im Vergleich mit anderen Bundesländern wie Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen<br />

wesentlich geringer.<br />

Während Kleinkläranlagen früher in erster Linie als Übergangslösung konzipiert wurden, ist<br />

die Reinigungsleistung <strong>moderne</strong>r Kleinkläranlagen bei richtiger Auslegung sowie sachgemäßem<br />

Betrieb und Wartung inzwischen der größerer technischer Anlagen vergleichbar, so<br />

dass Kleinkläranlagen in Außenlage, dünn besiedelten Gebieten und Streusiedlungen auch<br />

24


als Dauerlösung in Betracht kommen und je nach Randbedingungen sowohl wirtschaftlich<br />

als auch ökologisch die sinnvollste und nachhaltigste Lösung darstellen können.<br />

Es gibt mittlerweile <strong>eine</strong> Vielzahl verschiedener Systeme <strong>für</strong> Kleinkläranlagen, die bereits in<br />

<strong>eine</strong>r Reihe von Leitfäden beschrieben und miteinander verglichen werden. Daher wird an<br />

dieser Stelle nur ein kurzer Überblick gegeben; Details sind u. a. folgenden Veröffent-<br />

lichungen zu entnehmen:<br />

• Abwasserentsorgung von Einzelanwesen [LfU BY 2005]<br />

• Leitfaden Abwasser im ländlichen Raum [VSA 2005]<br />

• Leitfaden zur Abwasserbeseitigung im ländlichen Raum [LfU BW 2005b]<br />

• Kleinkläranlagen – Richtlinie <strong>für</strong> den Einsatz, die Auswahl und die Bemessung von<br />

Kleinkläranlagen [VSA 1995]<br />

• Schmutzwasserbeseitigung im ländlichen Raum [MUNLV NRW 2004]<br />

• Siedlungswasserwirtschaft im ländlichen Raum – Teil Abwasserentsorgung [Weiterbildendes<br />

Studium Wasser und Umwelt 2007]<br />

In der Regel erfolgt <strong>eine</strong> Vorbehandlung zur Abtrennung von absetzbaren Stoffen und<br />

Schwimmstoffen in Mehrkammer-Absetzgruben oder Mehrkammer-Ausfaulgruben, wobei die<br />

Mehrkammer-Ausfaulgruben neben der mechanischen Vorreinigung auch der Speicherung<br />

von Primär- und Sekundärschlamm dienen. Die Kommunen sind verantwortlich <strong>für</strong> <strong>eine</strong><br />

sachgerechte Schlammräumung, die als Bedarfs- oder Regelentleerung durchgeführt<br />

werden kann. Da in Deutschland <strong>eine</strong> ausschließlich mechanische Abwasserreinigung in<br />

Kleinkläranlagen nur noch übergangsweise in bestimmten Einzelfällen zulässig ist, muss der<br />

Vorklärung <strong>eine</strong> biologische Stufe nachgeschaltet werden.<br />

Für die biologische Behandlung von Abwasser in Kleinkläranlagen kommen im Prinzip die<br />

gleichen Verfahren infrage, die auch <strong>für</strong> größere Anlagen angewendet werden und in den<br />

vorangegangenen Abschnitten 3.5.1 und 3.5.2 bereits beschrieben wurden. Die Abwasserreinigung<br />

kann in naturnahen Anlagen wie Abwasserteichen oder bewachsenen Bodenfiltern,<br />

aber auch in technischen Anlagen erfolgen. Bei den technischen Verfahren werden aufgrund<br />

der komplexeren Verfahrenstechnik höhere Ansprüche an Betrieb und Wartung gestellt, im<br />

Gegenzug ist damit aber auch in der Regel <strong>eine</strong> höhere Reinigungsleistung erreichbar. Der<br />

Einsatz von Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb ist <strong>für</strong> Ausbaugrößen unter 10 EW nicht<br />

sinnvoll, da bei kl<strong>eine</strong>ren Anlagen nicht mit <strong>eine</strong>m kontinuierlichen Abwasserzufluss<br />

gerechnet werden kann [BDZ 2008].<br />

Gerade bei Kleinkläranlagen werden hohe Anforderungen an <strong>eine</strong>n robusten und einfachen<br />

Betrieb gestellt, da in der Regel bei solchen privat betriebenen Anlagen kein Fachpersonal<br />

vor Ort ist. Daher kommen in diesem Bereich besonders oft naturnahe Verfahren zum<br />

Einsatz. Der höhere Flächenbedarf kann im ländlichen Raum oftmals problemlos gedeckt<br />

werden, gleichzeitig werden in der Regel nur Anforderungen an <strong>eine</strong> Kohlenstoffelimination<br />

gestellt.<br />

Für die Einhaltung der Ablaufwerte sind jedoch in jedem Fall ein ordnungsgemäßer Betrieb<br />

und <strong>eine</strong> ordnungsgemäße Wartung erforderlich.<br />

25


3.6 Neuartige Sanitärkonzepte<br />

In Rheinland-Pfalz haben sich, ebenso wie in ganz Deutschland, das Mischsystem zur<br />

Abwasserableitung sowie die Behandlung der Abwässer in biologischen Kläranlagen als<br />

gängige Prinzipien der Abwasserentsorgung etabliert. Wie in Kapitel 4.3 dargestellt wird, ist<br />

der Anschlussgrad der Bevölkerung an die Kanalisation und an Kläranlagen sehr hoch. Das<br />

System der Schwemmkanalisation hat sich über Jahrzehnte bewährt, allerdings ergeben sich<br />

dabei diverse Probleme wie bspw.<br />

26<br />

• Verlust von hochwertigen Nährstoffen (Stickstoff, Phosphat, Kalium),<br />

• hoher Energieverbrauch,<br />

• hoher Verbrauch von hochwertigen Trinkwasser zu Transportzwecken,<br />

• Schwermetallbelastung von Klärschlämmen.<br />

Aus den vorgenannten Gründen wird bereits seit einigen Jahren deutschland- und weltweit<br />

an neuen, sogenannten „alternativen Sanitärkonzepten“ gearbeitet, die auch als ecosan-<br />

(ecological sanitation) bzw. DeSaR-Konzepte (Dezentralized Sanitation and Reuse)<br />

bezeichnet werden und bei denen die oben genannten Probleme vermieden werden sollen.<br />

Ein wesentlicher Grundsatz dieser Konzepte besteht darin, die Abwasserteilströme nach<br />

ihrer Herkunft zu trennen und <strong>eine</strong>r differenzierten Nutzung zuzuführen [Schmitt et al.<br />

2008a].<br />

Fast alle im Abwasser enthaltenen Nährstoffe sind im sogenannten Schwarzwasser (d. h.<br />

dem Sanitärabwasser aus Toiletten und Urinalen) zu finden: der Urin enthält fast die<br />

gesamte Stickstofffracht (ca. 87 %), zusätzlich noch etwa die Hälfte der Phosphatfracht<br />

(50 %) sowie 54 % des Kaliumanteils. In den Fäkalien ist etwa die Hälfte der CSB-Fracht<br />

sowie etwa 40 % der Phosphatfracht enthalten; das sogenannte Grauwasser (häusliches<br />

Abwasser; bspw. aus Küche, Bad, Dusche, Waschmaschine) enthält weitere 40 % des<br />

gesamt anfallenden CSB sowie etwa 34 % des Kaliums, während Stickstoff und Phosphor<br />

nur in geringen Prozentanteilen vorhanden sind [Schmitt et al. 2008a].<br />

Wird im Rahmen von alternativen Abwasserentsorgungskonzepten somit bspw. das<br />

Schwarzwasser separat behandelt und damit nicht der kommunalen Kläranlage zugeführt, so<br />

reduziert sich im Zulauf der Anlage die Stickstofffracht auf ca. 15 % (ca. 1,6 g/(E⋅d)), so dass<br />

<strong>eine</strong> gezielte Stickstoffelimination in den zentralen Kläranlagen nicht mehr nötig ist und auch<br />

die Phosphorelimination im Wesentlichen auf biologischem Weg (d. h. ohne bzw. nur mit<br />

sehr geringem Fällmitteleinsatz) erfolgen kann. Die dann nur noch notwendige Kohlenstoffelimination<br />

erfordert deutlich geringere Beckenvolumina sowie <strong>eine</strong>n erheblich verringerten<br />

Energieeinsatz [Schmitt et al. 2008a].<br />

Ziel ist es, die anfallenden Nährstoffe (besonders der weltweit nur noch mehrere Jahrzehnte<br />

verfügbare Pflanzennährstoff Phosphor, vgl. Kapitel 6.5) <strong>eine</strong>r sinnvollen Stoffverwendung<br />

bspw. als Dünger zuzuführen. Wesentliche Voraussetzung hier<strong>für</strong> ist ein hygienisch einwandfreies<br />

Produkt, wobei in den letzten Jahren insbesondere der Eintrag von Rückständen<br />

aus Medikamenten und Hormonpräparaten sowie Antibiotika im Mittelpunkt der Betrachtungen<br />

steht.


Ein kurzfristiger Umstieg von den bestehenden konventionellen Entsorgungskonzepten auf<br />

neuartige Sanitärkonzepte mit Stoffstromtrennung ist weder wirtschaftlich machbar noch<br />

sinnvoll; allerdings sollte vor dem Hintergrund der sich in den nächsten Jahrzehnten<br />

stellenden lokalen und globalen Herausforderungen wie bspw. der weltweiten Phosphorverknappung<br />

schon jetzt über mittel- und langfristige Szenarien zur Abwasserentsorgung<br />

nachgedacht werden [Schmitt et al. 2008a]. Ein Beispiel zum Thema „alternative Konzepte“<br />

ist in Kapitel 7.7 dargestellt.<br />

27


4 Ausgangssituation in Rheinland-Pfalz<br />

4.1 Ländlicher Raum<br />

Ein Schwerpunkt dieser Studie liegt in der Betrachtung des ländlichen Raumes. Dabei stellt<br />

sich allerdings die Frage, was unter diesem Begriff zu verstehen ist, da es k<strong>eine</strong> allgemeingültige<br />

Definition <strong>für</strong> den ländlichen Raum gibt. Nach Kriterien der Raumordnung unter-<br />

scheiden sich ländliche Räume von Agglomerationsräumen u. a. durch die Bevölkerungs-<br />

dichte, die Art der Siedlungsnutzung, die Zahl und Größe von Städten und Gemeinden, die<br />

Wirtschaftsstruktur, die Arbeitsplatzdichte etc.<br />

Im Arbeitsblatt ATV-A 200 „Grundsätze <strong>für</strong> die Abwasserentsorgung in ländlich strukturierten<br />

Gebieten“ [ATV 1997] werden folgende Kriterien <strong>für</strong> den ländlichen Raum angegeben (wobei<br />

auch das unmittelbare Umfeld der Städte zum ländlich strukturierten Raum zählt, soweit es<br />

die Kriterien erfüllt):<br />

28<br />

• Kl<strong>eine</strong>, manchmal auch weit auseinander liegende Ortschaften und Ortsteile<br />

• Große Grundstücksflächen aufgrund lockerer, offener Bebauung, Einzelgehöfte,<br />

Weiler, Streusiedlungen<br />

• Geringe Siedlungsdichte, bis etwa 25 E/(h⋅a) Siedlungsfläche<br />

• Geringer Anteil befestigter Flächen, bis etwa 20 % der Siedlungsfläche einschließlich<br />

der Straßen und Wege<br />

• Kl<strong>eine</strong> zusammenhängende, ggf. lückenhafte Kanalnetze<br />

• Wenig vorhandene entwässerungstechnische Anlagen, vielfach Kleinkläranlagen;<br />

Kanäle oft nur als Regenwasserkanäle zum nächsten Gewässer, häufig jedoch mit<br />

Einleitungen aus Kleinkläranlagen<br />

• Primär landwirtschaftliche Struktur und in der Regel wenig Industrie und Gewerbe<br />

• Oftmals kl<strong>eine</strong> und leistungsschwache, vielfach durch diffuse Einträge vorbelastete<br />

oberirdische Gewässer<br />

• Häufig Freizeiteinrichtungen mit saisonal stark schwankendem Abwasseranfall<br />

In Rheinland-Pfalz haben zusätzliche Einflüsse aus Kampagne-Betrieben (Wein, Obst)<br />

gerade im ländlichen Raum <strong>eine</strong> große Bedeutung <strong>für</strong> die Abwasserentsorgung (siehe<br />

Kapitel 4.3.3).<br />

Nach dem Landesentwicklungsprogramm Rheinland-Pfalz (LEP IV) leben in den ländlichen<br />

Räumen rund 30 % der Bevölkerung auf 59 % der Landesfläche (vgl. Abbildung 4.6) [ISM<br />

2008].<br />

Wenn auch Merkmale wie Bevölkerungs- oder Siedlungsdichte k<strong>eine</strong> abschließende<br />

Abgrenzung des ländlichen Raumes zulassen, so ermöglichen sie doch zumindest <strong>eine</strong><br />

grobe Typisierung. Daher wird im Folgenden näher auf die Bevölkerungsstruktur in Rheinland-Pfalz<br />

eingegangen.


4.2 Bevölkerungsstruktur in Rheinland-Pfalz<br />

Nach Angaben des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz lebten zum Jahresende<br />

2005 4.058.843 Menschen in Rheinland-Pfalz. Bei <strong>eine</strong>r Bodenfläche von 19.853 km 2<br />

entspricht das <strong>eine</strong>r Bevölkerungsdichte von 204 Einwohnern pro km 2 . Damit ist Rheinland-<br />

Pfalz im Vergleich zu den anderen Bundesländern (siehe Abbildung 4.1) zwar kein extrem<br />

dünn besiedeltes Land, zumal hier in die Statistik k<strong>eine</strong> Metropolen eingehen wie in Bayern<br />

bspw. München, die Bevölkerungsdichte liegt aber leicht unter dem Bundesdurchschnitt von<br />

231 E/km 2 . Abbildung 4.2 verdeutlicht diesen Sachverhalt noch einmal. Länder mit geringerer<br />

Bevölkerungsdichte sind Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt,<br />

Thüringen, Niedersachsen, Bayern und Schleswig-Holstein, dichter bevölkerte Länder sind<br />

Sachsen, Hessen, Baden-Württemberg, Saarland, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Hamburg<br />

und Berlin.<br />

Abb. 4.1: Bevölkerungsdichte in Deutschland und den einzelnen Bundesländern<br />

[Quelle: StLA BW; Bundesländervergleich]<br />

29


Abb. 4.2: Bevölkerungsdichte in den Bundesländern am 31.12.2004 (E/km 2 )<br />

[Quelle: Statistisches Bundesamt: Datenreport 2006. Zahlen und Fakten über die<br />

Bundesrepublik Deutschland]<br />

30


Die Siedlungs- und Verkehrsfläche betrug 2005 2.770 km 2 , damit ergibt sich <strong>eine</strong> Siedlungsdichte<br />

von 1.465 Einwohnern pro km 2 bzw. 14,7 Einwohnern pro Hektar [StLA RLP 2005]. In<br />

Abbildung 4.3 ist die Siedlungsdichte im Bundesländervergleich dargestellt (allerdings mit<br />

Daten von 2004, daher die leichte Abweichung in den absoluten Werten). Bei der<br />

Betrachtung der Siedlungsdichte rückt Rheinland-Pfalz deutlich vom Mittelwert <strong>für</strong><br />

Gesamtdeutschland (1.830 E/km 2 ) ab; nur die Bundesländer Niedersachsen, Sachsen-<br />

Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg weisen <strong>eine</strong> geringere Siedlungsdichte<br />

auf.<br />

Abb. 4.3: Siedlungsdichte in Deutschland und den einzelnen Bundesländern<br />

[Quelle: StLA BW; Bundesländervergleich]<br />

31


Rheinland-Pfalz ist in weiten Teilen ländlich geprägt. Aus Tabelle 4.1 geht hervor, dass 69 %<br />

der Gemeinden weniger als 1.000 Einwohner haben, diese aber nur 16,7 % der Gesamtbevölkerung<br />

stellen. 85 % der Gemeinden sind kl<strong>eine</strong>r als 2.000 Einwohner und stellen<br />

29,1 % der Gesamtbevölkerung. Dieses Merkmal spiegelt sich auch in der Größenklassen-<br />

verteilung der kommunalen Kläranlagen wider. Trotz der Vielzahl kl<strong>eine</strong>r Kläranlagen (etwa<br />

ein Drittel aller Kläranlagen in Rheinland-Pfalz entsprechen Größenklasse I) entfallen nur ca.<br />

1,5 % der Gesamtausbaukapazität von ca. 7,2 Mio. Einwohnerwerten (EW) auf die Anlagen<br />

unter 1.000 EW (vgl. Kapitel 4.3).<br />

Tab. 4.1: Gemeinden und Bevölkerung nach Größenklassen (Stand 2005) [Quelle: StLA<br />

RLP 2006a]<br />

32<br />

Gemeindegrößenklasse<br />

Gemeinden Bevölkerung<br />

Einwohner Anzahl % Anzahl %<br />

< 300 606 26,3 103.958 2,6<br />

300-500 411 17,8 164.186 4,0<br />

500-1.000 575 24,9 408.417 10,1<br />

1.000-2.000 368 16,0 505.130 12,4<br />

2.000-3.000 133 5,8 320.156 7,9<br />

3.000-5.000 86 3,7 324.991 8,0<br />

5.000-10.000 81 3,5 563.686 13,9<br />

10.000-20.000 25 1,1 362.635 8,9<br />

20.000-50.000 12 0,5 391.435 9,6<br />

50.000-100.000 6 0,3 450.033 11,1<br />

> 100.000 3 0,1 464.216 11,4<br />

Gesamt 2.306 100 4.058.843 100


Betrachtet man die Verteilung der Bevölkerungsdichte innerhalb von Rheinland-Pfalz, so<br />

erkennt man deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Landkreisen (siehe Abbildung<br />

4.4). Landkreise mit besonders geringer Bevölkerungsdichte (unter 125 E/km 2 , in der Karte<br />

weiß dargestellt) sind Bitburg-Prüm, Vulkaneifel, Cochem-Zell, Bernkastel-Wittlich,<br />

Südwestpfalz, Rhein-Hunsrück-Kreis, Birkenfeld und Donnersbergkreis (in aufsteigender<br />

Reihenfolge). Agglomerationsräume (in der Karte dunkelgrün dargestellt) finden sich im<br />

Wesentlichen entlang des Rheins.<br />

Abb. 4.4: Bevölkerungsdichte in Rheinland-Pfalz auf Kreisebene<br />

[Quelle: StLA RLP; Bevölkerungsfortschreibung 2005]<br />

33


Abb. 4.5: Siedlungsdichte in Rheinland-Pfalz auf Kreisebene<br />

[Quelle: StLA RLP; Bevölkerungsfortschreibung 2005]<br />

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Betrachtung der Siedlungsdichte innerhalb von Rheinland-<br />

Pfalz (siehe Abbildung 4.5). Auch hier weisen die Landkreise Vulkaneifel, Bitburg-Prüm,<br />

Cochem-Zell, Bernkastel-Wittlich und Rhein-Hunsrück-Kreis die niedrigste Siedlungsdichte<br />

auf, während sich die Kreise mit höherer Siedlungsdichte (in der Karte dunkelrot dargestellt)<br />

vor allem entlang des Rheins finden. Diese Sachverhalte spiegeln sich auch in der<br />

Raumstrukturgliederung (siehe Abbildung 4.6) des Landesentwicklungsprogramms IV (LEP<br />

IV) vom 25.11.2008 wider. Die Abgrenzung der Raumstrukturtypen Verdichtungsräume und<br />

ländliche Räume erfolgt aus landesplanerischer Sicht auf der Grundlage von<br />

Bevölkerungsdichte, Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche und dem Anteil an<br />

Einwohnern in Gemeinden kl<strong>eine</strong>r 500 bzw. 1.000 Einwohnern. Außerdem geht die<br />

potenzielle Erreichbarkeit von zentralen Orten der mittel- und oberzentralen Stufe ein.<br />

34


Abb. 4.6: Raumstrukturgliederung in Rheinland-Pfalz, Landesentwicklungsprogramm IV<br />

[Quelle: Ministerium des Inneren und <strong>für</strong> Sport Rheinland-Pfalz (ISM) 2008]<br />

35


4.3 Abwasserbeseitigung in Rheinland-Pfalz<br />

4.3.1 Wasserwirtschaftsverwaltung in Rheinland-Pfalz<br />

Der Verwaltungsvollzug aller wasserrechtlichen Vorschriften einschließlich der Bundesgesetze<br />

und damit insbesondere die Erteilung der behördlichen Zulassungen ist Sache der<br />

Länder [BMU 2008a].<br />

In Rheinland-Pfalz ist die Wasserwirtschaftsverwaltung dreistufig aufgebaut. Für den Bereich<br />

der kommunalen Abwasserbeseitigung ergeben sich damit die folgenden Zuständigkeiten:<br />

36<br />

• Oberste Behörde ist das Ministerium <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz mit<br />

der Fachabteilung Wasserwirtschaft (Aufgaben: Fachaufsicht, Erlass von Rechts-<br />

verordnungen, Steuerung der Wasserwirtschaft, Leitlinien u. a.).<br />

• Die Mittelinstanz bilden die Struktur- und Genehmigungsdirektionen (SGD) als obere<br />

Wasserbehörden. Aufgaben sind u. a.: regionale Gewässerbewirtschaftung, bedeut-<br />

same wasserrechtliche Verfahren, Kläranlagen- und Gewässerüberwachung, Prüfung<br />

der Abwasserbeseitigungskonzepte, Fachaufsicht über die unteren Wasserbehörden,<br />

Fachbehörde.<br />

• Untere Wasserbehörden sind die Kreise und kreisfreien Städte (Aufgaben: Wasserrechtliche<br />

Verfahren, insbesondere Kleinkläranlagen).<br />

Das Landesamt <strong>für</strong> Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht (LUWG) nimmt als<br />

wasserwirtschaftliche Fachbehörde vor allem Aufgaben der Gewässerüberwachung, das<br />

Datenmanagement <strong>für</strong> die Berichtspflichten sowie Beratungs- und Begutachtungsfunktionen<br />

wahr.<br />

Die Struktur- und Genehmigungsdirektionen sind im Rahmen der Reform und Neuorganisation<br />

der Landesverwaltung am 01. Januar 2000 aus den ehemaligen Bezirksregierungen<br />

entstanden und gliedern sich in die SGD Nord mit der Zentralabteilung in Koblenz und den<br />

Regionalstellen Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz Trier, Koblenz und<br />

Montabaur und die SGD Süd mit der Zentrale in Neustadt an der Weinstraße und den<br />

Regionalstellen Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz in Kaiserslautern,<br />

Neustadt an der Weinstraße und Mainz (siehe Abb. 4.7).


Abb. 4.7: Gliederung der Wasserwirtschaftsverwaltung in Rheinland-Pfalz (Mittelinstanz) 3<br />

3 Gelb/orange: SGD Süd mit dem Zentralreferat in Neustadt an der Weinstraße und den Regionalstellen<br />

Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz in Mainz, Kaiserslautern und Neustadt<br />

an der Weinstraße. Blau/weiß: SGD Nord mit dem Zentralreferat in Koblenz und den Regionalstellen<br />

Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz in Koblenz, Trier und Montabaur<br />

37


4.3.2 Bestandsaufnahme der Abwasserbeseitigung in Rheinland-Pfalz<br />

In Rheinland-Pfalz ist ein hohes Niveau der Abwasserbeseitigung erreicht, was u. a. in den<br />

regelmäßig alle 2 Jahre ersch<strong>eine</strong>nden Lageberichten des Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt, Forsten<br />

und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz dokumentiert wird [MUFV 2007, MUFV 2009a].<br />

Nachdem bis in die 1980er Jahre hinein der Anschluss der größeren Städte und Gemeinden<br />

an zentrale Kläranlagen im Mittelpunkt der Bemühungen um <strong>eine</strong> Verbesserung der<br />

Gewässergüte stand, wurde in den 1990er Jahren vorrangig die Erstausstattung des<br />

ländlichen Raumes sowie die Nachrüstung der größeren Anlagen in Bezug auf die Nährstoffelimination<br />

vorangetrieben. Nachdem auch dies inzwischen weitgehend abgeschlossen ist,<br />

wird der Schwerpunkt der Abwasserbeseitigung in Zukunft auf der Sanierung und dem Erhalt<br />

der vorhandenen Kanäle und Behandlungsanlagen sowie der weiteren Optimierung des<br />

Bestandes liegen.<br />

Der in Rheinland-Pfalz bisher erreichte hohe Stand der Abwasserbeseitigung zeigt sich u. a.<br />

im Anschlussgrad der Bevölkerung an Kanalisation und Kläranlagen. Nach Erhebungen des<br />

Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz waren Ende 2004 98,9 % der Einwohner an<br />

Kanalisationen und 98,7 % an kommunale, mechanisch-biologische Kläranlagen angeschlossen<br />

[StLA RLP 2006b]. Damit schneidet Rheinland-Pfalz im Bundesländervergleich<br />

überdurchschnittlich gut ab (siehe Abbildung 4.8).<br />

Abb. 4.8: Anschlussgrad der Bevölkerung an Kläranlagen nach Bundesländern 2004<br />

[Quelle: Statistisches Bundesamt 2006b]<br />

Im Bereich der Siedlungsentwässerung kann festgehalten werden, dass das Kanalnetz meist<br />

im Freispiegel ausgeführt ist, wobei das Mischsystem vorherrschend ist (71 %), neuere Teile<br />

sind dagegen in der Regel im Trennsystem ausgeführt (29 %; vgl. Abbildung 4.20). Die<br />

Anforderungen nach Arbeitsblatt ATV-A 128 „Richtlinien <strong>für</strong> die Bemessung und Gestaltung<br />

38


von Regenentlastungsanlagen in Mischwasserkanälen“ [ATV 1992] sind weitgehend erfüllt;<br />

in den Bereichen der Regionalstellen Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz<br />

Trier und Kaiserslautern besteht noch Nachholbedarf. Vereinzelt gibt es in begründeten<br />

Fällen immissionsbedingte weitergehende Anforderungen an Niederschlagswassereinleitungen.<br />

Insgesamt gibt es in Rheinland-Pfalz ca. 15 Bodenfilter zur Misch- bzw. Niederschlagswasserbehandlung.<br />

Strukturelle Unterschiede innerhalb von Rheinland-Pfalz, die <strong>eine</strong>n entscheidenden Einfluss<br />

auf die Abwasserbeseitigung haben, zeigen sich nicht nur in den im vorangegangenen<br />

Kapitel 4.2 beschriebenen Merkmalen Bevölkerungsdichte und Größe und Anzahl von<br />

Gemeinden, sondern außerdem in der topographischen Lage sowie in der Verfügbarkeit von<br />

leistungsstarken Gewässern. Für die Abwasserbeseitigung macht es <strong>eine</strong>n erheblichen<br />

Unterschied, ob ein zu entwässerndes Gebiet in Mittelgebirgslage oder in der Rh<strong>eine</strong>bene<br />

liegt und ob das gereinigte Abwasser in <strong>eine</strong>n kl<strong>eine</strong>n Eifelbach oder in den Rhein eingeleitet<br />

wird. Im ländlichen Raum kommen oftmals mehrere ungünstige Faktoren zusammen, was<br />

<strong>eine</strong>n geringeren Anschlussgrad der Bevölkerung an Kanalisation und Kläranlagen sowie<br />

<strong>eine</strong>n unterschiedlichen Grad der Zentralisation zur Folge hat. Eine große Anzahl relativ<br />

kl<strong>eine</strong>r Kläranlagen im ländlichen Raum steht <strong>eine</strong>r kl<strong>eine</strong>n Anzahl großer Kläranlagen in den<br />

verdichteten Räumen gegenüber.<br />

In Abbildung 4.9 ist der Anschlussgrad der Bevölkerung an biologische Kläranlagen<br />

dargestellt. In dieser Abbildung wird deutlich, dass die niedrigsten Anschlussgrade im<br />

Westen von Rheinland-Pfalz auftreten, insbesondere in den Verbandsgemeinden des<br />

Landkreises Bitburg-Prüm, während die Verbandsgemeinden mit den höchsten Anschlussgraden<br />

im Südosten von Rheinland-Pfalz liegen. Die Verbandsgemeinden entlang des<br />

Rheins weisen somit die niedrigsten Bevölkerungsanteile ohne Anschluss an die Kanalisation<br />

auf, während im Westen gehäuft Gemeinden zu finden sind, in denen mehr als 5 %<br />

der Bevölkerung ohne Anschluss an öffentliche Kanalisation leben (siehe Abbildung 4.10).<br />

Laut <strong>eine</strong>r Erhebung des Statistischen Landesamtes aus dem Jahr 2004 [StLA RLP 2006c]<br />

leben in Rheinland-Pfalz insgesamt 43.095 Einwohner (1,1 % der Bevölkerung) ohne<br />

Anschluss an Kanalisation; darunter 20.023 Einwohner mit Kleinkläranlagen (auch<br />

Mehrkammergruben mit <strong>eine</strong>r biologischen Teilbehandlung), 23.042 Einwohner mit<br />

abflusslosen Gruben. 10.252 Einwohner (0,3 % der Bevölkerung) leiten ihr Abwasser nach<br />

<strong>eine</strong>r Teilbehandlung z. B. in Mehrkammergruben über die öffentliche Kanalisation in<br />

Gewässer ein. Diese Einleitungen kommen nur noch im Bereich der SGD Nord vor. Seitdem<br />

haben sich die Anschlusszahlen an zentrale bzw. semi-zentrale kommunale Kläranlagen<br />

weiter erhöht. Voraussichtlich die Hälfte der Anlagen bzw. der Standorte wird allerdings als<br />

dezentrale Lösungen dauerhaft bestehen bleiben.<br />

39


Abb. 4.9: Anschlussgrad der Bevölkerung an biologische Kläranlagen<br />

[Quelle: StLA RLP 2006b, Öffentliche Abwasserbeseitigung 2004]<br />

40


Abb. 4.10: Bevölkerung ohne Anschluss an öffentliche Kanalisation<br />

[Quelle: StLA RLP 2006c; Private Haushalte ohne Anschluss... 2004]<br />

Betrachtet man die Entwicklung der Abwasserbeseitigung in den letzten 15-20 Jahren, so<br />

bleibt festzuhalten, dass der Anschlussgrad der Bevölkerung an zentrale Kläranlagen von<br />

1991 bis 2004 um 8,8 Prozentpunkte angestiegen ist. Die Kanalnetzlänge betrug Ende 2004<br />

30.215 km; dies entspricht <strong>eine</strong>m Anstieg seit 1991 um 43 %. Dabei ist bemerkenswert, dass<br />

der Anteil der Kanäle im Mischsystem nur um 24 %, der Anteil der Kanäle im Trennsystem<br />

41


dagegen um 138 % zugenommen hat. Im gleichen Zeitraum ist die Anzahl der Kläranlagen<br />

um 21 % auf 777 zurückgegangen [StLA RLP 2006b]. Diese Zahlen belegen <strong>eine</strong>n<br />

deutlichen Trend zur Zentralisierung der Abwasserreinigung in Rheinland-Pfalz. Hintergrund<br />

ist auch die Aufgabe vieler kl<strong>eine</strong>r zum Teil nur mechanisch arbeitender Anlagen, die nicht<br />

dem Stand der Technik entsprachen und die Zusammenfassung des zu behandelnden<br />

Abwassers in leistungsfähigen Kläranlagen mit wirtschaftlichen Betriebsgrößen.<br />

Im Folgenden soll nun näher auf die Ausbaugrößen der Kläranlagen in Einwohnerwerten<br />

(EW) sowie die eingesetzten Abwasserreinigungsverfahren eingegangen werden. Grundlage<br />

<strong>für</strong> die Abbildungen 4.11 bis 4.19 ist <strong>eine</strong> Datenabfrage in der Datenbankanwendung<br />

kommunale Abwasserbehandlungsanlagen (KAWBA) vom 01.05.2007 über das Landesamt<br />

<strong>für</strong> Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht (LUWG). Diese Daten beziehen sich<br />

ausschließlich auf Kläranlagen größer 50 EW; d. h. Kleinkläranlagen werden in den<br />

folgenden Abbildungen nicht berücksichtigt.<br />

Abbildung 4.11 zeigt die prozentuale Verteilung der Kläranlagen in Rheinland-Pfalz auf<br />

verschiedene Größenklassen nach der Anzahl der Anlagen, Abbildung 4.12 die prozentuale<br />

Verteilung auf die Größenklassen nach der Ausbaukapazität. Obwohl ca. 70 % der Kläranlagen<br />

in Rheinland-Pfalz in Größenklasse I und II einzuordnen sind, stellen diese aber nur<br />

11 % der Ausbaukapazität. Dagegen finden sich in Größenklasse V nur gut 1 % der Kläranlagen,<br />

diese stellen aber über 28 % der Ausbaukapazität.<br />

42<br />

9,8%<br />

Prozentuale Verteilung der Anlagen auf verschiedene<br />

Größenklassen nach Anzahl der Anlagen<br />

(Rheinland-Pfalz)<br />

18,7%<br />

1,3%<br />

36,8%<br />

33,4%<br />

< 1.000 EW<br />

1.000-5.000 EW<br />

5.001-10.000 EW<br />

10.001-100.000 EW<br />

> 100.000 EW<br />

Abb. 4.11: Prozentuale Verteilung der Anlagen auf verschiedene Größenklassen nach<br />

Anzahl der Anlagen


Prozentuale Verteilung der Anlagen auf verschiedene<br />

Größenklassen nach Ausbaukapazität<br />

(Rheinland-Pfalz)<br />

28,4%<br />

1,5%<br />

9,5%<br />

53,1%<br />

7,6%<br />

< 1.000 EW<br />

1.000-5.000 EW<br />

5.001-10.000 EW<br />

10.001-100.000 EW<br />

> 100.000 EW<br />

Abb. 4.12: Prozentuale Verteilung der Anlagen auf verschiedene Größenklassen nach<br />

Ausbaukapazität<br />

In Abbildung 4.13 ist die Verteilung verschiedener Verfahren der Abwasserreinigung in<br />

Rheinland-Pfalz auf die 5 Größenklassen nach Anzahl der Anlagen dargestellt. Unterschieden<br />

wurde hierbei in Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb, Belebungsanlagen im<br />

Aufstaubetrieb (SBR-Anlagen), Tropfkörperanlagen, Tauchkörperanlagen, Abwasserteiche,<br />

Pflanzenkläranlagen und mechanische Anlagen. Die einzelnen Verfahren wurden bereits in<br />

Kapitel 3.2 näher beschrieben.<br />

43


44<br />

Anzahl KA<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Verteilung verschiedener Verfahren auf Größenklassen<br />

I II III IV V<br />

Größenklasse<br />

Durchlaufanlagen SBR-Anlagen Tropfkörperanlagen Tauchkörperanlagen<br />

Abwasserteiche Pflanzenkläranlagen Mechanische Anlagen<br />

Abb. 4.13: Verteilung verschiedener Verfahren der Abwasserreinigung auf Größenklassen<br />

Die Abbildung 4.13 zeigt ebenso wie Abbildung 4.11, dass sich der überwiegende Teil der<br />

Kläranlagen in den Größenklassen I und II (250 in GK I, 275 in GK II) findet, d. h. Anlagen mit<br />

<strong>eine</strong>r Ausbaugröße bis 5.000 EW, während nur 10 von insgesamt 748 Anlagen der<br />

Größenklasse V (> 100.000 EW) angehören. In Größenklasse III (5.001-10.000 EW) finden<br />

sich 73 Anlagen, in Größenklasse IV (10.001-100.000 EW) 140 Anlagen; überwiegend als<br />

Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb ausgeführt. In der Größenklasse I (< 1.000 EW) ist<br />

das Spektrum unterschiedlicher Verfahren am größten. Neben den Belebungsanlagen im<br />

Durchlaufbetrieb, die in jeder Größenklasse das Gros der Anlagen stellen, kommen hier<br />

auch alle anderen Verfahren vor, besonders häufig Abwasserteiche und Pflanzenkläranlagen.<br />

In der Größenklasse II gibt es neben den Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb<br />

auch noch relativ viele Tropfkörperanlagen und Abwasserteiche, während in Größenklasse V<br />

nur Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb zu finden sind.<br />

Insgesamt sind ca. 70 % aller Kläranlagen in Rheinland-Pfalz Belebungsanlagen im<br />

Durchlaufbetrieb (siehe Abbildung 4.14). Die Dominanz dieses Anlagentyps wird noch<br />

deutlicher, wenn man statt der Anzahl der Anlagen deren Ausbaukapazität (siehe<br />

Abbildungen 4.15 und 4.16) betrachtet: von der Gesamtausbaukapazität von 7.175.408 EW<br />

entfallen auf die Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb 6.788.709 EW oder 94,6 %.


2,5%<br />

7,9%<br />

1,9%<br />

Prozentuale Verteilung der Anlagen auf verschiedene<br />

Verfahren nach Anzahl der Anlagen<br />

(Rheinland-Pfalz)<br />

12,7%<br />

4,5% 1,1%<br />

69,4%<br />

BB-D-Anlagen<br />

SBR-Anlagen<br />

Tropfkörperanlagen<br />

Tauchkörperanlagen<br />

Abwasserteiche<br />

Pflanzenkläranlagen<br />

Mechanische Anlagen<br />

Abb. 4.14: Prozentuale Verteilung der Anlagen auf verschiedene Verfahren nach Anzahl der<br />

Anlagen<br />

Prozentuale Verteilung der Anlagen auf verschiedene<br />

Verfahren nach Ausbaukapazität<br />

(Rheinland-Pfalz)<br />

0,8%<br />

0,2%<br />

2,3%<br />

0,1%<br />

1,9%<br />

94,6%<br />

BB-D-Anlagen<br />

SBR-Anlagen<br />

Tropfkörperanlagen<br />

Tauchkörperanlagen<br />

Abwasserteiche<br />

Pflanzenkläranlagen<br />

Mechanische Anlagen<br />

Abb. 4.15: Prozentuale Verteilung der Anlagen auf verschiedene Verfahren nach<br />

Ausbaukapazität<br />

45


Ausbaukapazität [EW]<br />

46<br />

4.000.000<br />

3.000.000<br />

2.000.000<br />

1.000.000<br />

0<br />

Verteilung der Ausbaukapazität verschiedener Verfahren<br />

auf Größenklassen<br />

I II III IV V<br />

Größenklasse<br />

Durchlaufanlagen SBR-Anlagen Tropfkörperanlagen Tauchkörperanlagen<br />

Abwasserteiche Pflanzenkläranlagen Mechanische Anlagen<br />

Abb. 4.16: Verteilung der Ausbaukapazität verschiedener Verfahren der Abwasserreinigung<br />

auf Größenklassen<br />

Während die Abbildungen 4.11 bis 4.16 sich auf die Abwasserbeseitigung in Rheinland-Pfalz<br />

im Ganzen beziehen, wird im Folgenden die Verteilung der Kläranlagen auf die<br />

verschiedenen Verfahren und auf die 5 Größenklassen nach Abwasserverordnung noch<br />

weiter differenziert nach den 6 SGD-Regionalstellen.<br />

In Abbildung 4.17 ist die Verteilung der Anlagen auf verschiedene Größenklassen <strong>für</strong> die<br />

einzelnen Regionalstellen dargestellt (KL = Kaiserslautern, NW = Neustadt, MZ = Mainz, TR<br />

= Trier, MT = Montabaur, KO = Koblenz). Zum <strong>eine</strong>n zeigt diese Abbildung ebenso wie<br />

schon die Abbildungen 4.11 und 4.13, dass die meisten der rheinland-pfälzischen Kläranlagen<br />

in Größenklasse I und II einzuordnen sind, zum anderen werden bei dieser<br />

Darstellung aber auch die Unterschiede innerhalb von Rheinland-Pfalz deutlich. Im Bereich<br />

der SGD Nord mit den Regionalstellen Trier, Montabaur und Koblenz ist die Gesamtzahl der<br />

Kläranlagen, insbesondere die Zahl der kl<strong>eine</strong>ren Anlagen, deutlich größer als im Bereich<br />

der SGD Süd. Extreme sind hierbei die Regionalstelle Trier mit insgesamt 232 Anlagen<br />

sowie die Regionalstelle Mainz mit nur 28 Anlagen. Betrachtet man jedoch die Gesamtausbaukapazität,<br />

so zeigt sich, dass beide Regionalstellen in <strong>eine</strong>r ähnlichen Größenordnung<br />

liegen bzw. die Gesamtausbaukapazität der Regionalstelle Mainz (1.095.699 EW)<br />

die der Regionalstelle Trier (1.022.547 EW) sogar leicht übersteigt (siehe Abbildung 4.18).


Anzahl KA<br />

125<br />

100<br />

75<br />

50<br />

25<br />

0<br />

Verteilung der Anlagen auf verschiedene Größenklassen<br />

KL NW MZ TR MT KO<br />

Regionalstelle<br />

< 1.000 EW 1.000-5.000 EW 5.001-10.000 EW 10.001-100.000 EW > 100.000 EW<br />

Abb. 4.17: Verteilung der Anlagen auf verschiedene Größenklassen nach Anzahl der<br />

Anlagen <strong>für</strong> die einzelnen Regionalstellen<br />

Ausbaukapazität [EW]<br />

1.000.000<br />

800.000<br />

600.000<br />

400.000<br />

200.000<br />

0<br />

Ausbaukapazität in verschiedenen Größenklassen<br />

KL NW MZ TR MT KO<br />

Regionalstelle<br />

< 1.000 EW 1.000-5.000 EW 5.001-10.000 EW 10.001-100.000 EW > 100.000 EW<br />

Abb. 4.18: Ausbaukapazität in verschiedenen Größenklassen <strong>für</strong> die einzelnen Regionalstellen<br />

47


Neben der Verteilung der Kläranlagen auf verschiedene Größenklassen ist aber auch die<br />

Verteilung auf die verschiedenen Verfahren der Abwasserreinigung innerhalb von Rheinland-<br />

Pfalz charakteristisch (siehe Abbildung 4.19).<br />

48<br />

Anzahl KA<br />

160<br />

120<br />

80<br />

40<br />

0<br />

Verteilung der Anlagen auf verschiedene Verfahren<br />

KL NW MZ TR MT KO<br />

Regionalstelle<br />

BB-D-Anlagen SBR-Anlagen Tropfkörperanlagen Tauchkörperanlagen<br />

Abwasserteiche Pflanzenkläranlagen Mechanische Anlagen<br />

Abb. 4.19: Verteilung der Anlagen auf verschiedene Verfahren der Abwasserreinigung <strong>für</strong> die<br />

einzelnen Regionalstellen<br />

Die Abbildung zeigt deutlich, dass im Bereich der Regionalstelle Trier die größte Bandbreite<br />

verschiedener Verfahren zur Abwasserreinigung vorhanden ist. Obwohl auch hier wie im<br />

Landesdurchschnitt die meisten Anlagen zu den Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb<br />

gehören (vgl. Abbildungen 4.13 und 4.14), finden sich im Bereich Trier auch etliche<br />

Abwasserteiche sowie einige Pflanzenkläranlagen, Tauch- und Tropfkörper, SBR-Anlagen<br />

und mechanische Anlagen. Neben den Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb kommen im<br />

Bereich der SGD Nord <strong>eine</strong> große Zahl von Abwasserteichen vor, die meisten im Bereich der<br />

Regionalstellen Montabaur und Trier. Tropfkörperanlagen finden sich vor allem im Bereich<br />

der Regionalstellen Kaiserslautern und Koblenz. Im Bereich der Regionalstelle Mainz gibt es<br />

dagegen fast ausschließlich Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb.<br />

Die den Abbildungen 4.11 bis 4.19 zugrunde liegenden Daten in Form von Tabellen sowie<br />

weitere Abbildungen dazu finden sich im Anhang (siehe S. 182ff).<br />

Ein Vergleich der SGD-Regionalstellen untereinander zeigt ein deutliches Nordwest-Südost-<br />

Gefälle innerhalb von Rheinland-Pfalz. Im Bereich der SGD Nord liegt ein höherer Anteil<br />

ländlicher Räume und anderer ungünstiger Bedingungen <strong>für</strong> die Abwasserentsorgung vor als<br />

im Bereich der SGD Süd. Am stärksten betroffen ist hierbei der Bereich der Regionalstelle<br />

Trier. Dieser Sachverhalt spiegelt sich auch in <strong>eine</strong>m Vergleich der einwohnerspezifischen<br />

Kanalnetzlänge wider (siehe Abbildung 4.20).


[m/E]<br />

12<br />

9<br />

6<br />

3<br />

0<br />

Einwohnerspezifische Kanalnetzlänge<br />

KL NW MZ TR MT KO<br />

Regionalstelle<br />

Mischkanalisation Trennkanalisation<br />

Abb. 4.20: Einwohnerspezifische Kanalnetzlänge <strong>für</strong> die einzelnen Regionalstellen<br />

Während die Länge der Kanäle pro Einwohner <strong>für</strong> die Regionalstelle Trier über 10 Meter<br />

beträgt, sind es <strong>für</strong> die Regionalstelle Neustadt nur 5 Meter [StLA RLP 2006b]. Das heißt<br />

aber auch, dass im Bereich Trier bezogen auf die angeschlossenen Einwohner ein mehr als<br />

doppelt so großes Kanalnetz saniert und instand gehalten werden muss.<br />

Betrachtet man nun das Alter der vorhandenen Kanäle (siehe Abbildung 4.21), so fällt auf,<br />

dass im Bereich der SGD Nord ein höherer Anteil an Kanälen vorhanden ist, die erst nach<br />

1991 gebaut wurden. Insgesamt betrug die Kanalnetzlänge in Rheinland-Pfalz im Jahr 2004<br />

30.215 km, davon waren 21.463 km im Mischsystem und 8.752 km im Trennsystem<br />

ausgeführt. 52 % der Kanäle wurden vor 1980 gebaut, waren also mindestens 24 Jahre alt.<br />

18 % der Kanäle wurden zwischen 1981 und 1990, 20 % zwischen 1991 und 2000 und ca.<br />

9 % zwischen 2001 und 2004 gebaut. Für ca. 1 % der Kanäle lagen k<strong>eine</strong> Angaben zum<br />

Alter vor [StLA RLP 2006b].<br />

Ein weiterer Indikator <strong>für</strong> die großen Unterschiede innerhalb von Rheinland-Pfalz ist die<br />

Anzahl der vorhandenen Kleinkläranlagen. Nach <strong>eine</strong>r Datenabfrage des MUFV gab es im<br />

Jahr 2002 in Rheinland-Pfalz insgesamt rund 7.600 Kleinkläranlagen, 7.540 davon im<br />

Bereich der SGD Nord und nur 56 im Bereich der SGD Süd.<br />

49


50<br />

Länge der Kanäle [km]<br />

4.000<br />

3.000<br />

2.000<br />

1.000<br />

0<br />

Kanalnetzlänge nach Baujahr<br />

KL NW MZ TR MT KO<br />

Abb. 4.21: Kanalnetzlänge nach Baujahr<br />

Regionalstelle<br />

bis 1980 1981-1990 1991-2000 2001-2004 ohne Angaben<br />

4.3.3 Belastungssituation Weinkampagne<br />

In Rheinland-Pfalz werden 42,6 % der Bodenfläche landwirtschaftlich genutzt. Die<br />

Waldfläche hat <strong>eine</strong>n ähnlichen Anteil mit 40,8 %. Von den im Jahr 2001 in Rheinland-Pfalz<br />

erfassten 31.000 landwirtschaftlichen Betrieben wurden gut 20 % als Ackerbaubetriebe<br />

geführt, die Futterbaubetriebe kamen auf gut ein Viertel aller Betriebe. Die Veredlungsbetriebe<br />

haben mit 1,3 % kaum mehr nennenswerte Bedeutung. Dagegen nimmt die Gruppe<br />

der Dauerkulturbetriebe mit 14.200 (45,8 %) <strong>eine</strong> dominierende Stellung ein. Unter den<br />

Dauerkulturbetrieben haben wiederum die 12.400 r<strong>eine</strong>n Weinbaubetriebe die größte<br />

Bedeutung (87,3 %), daneben spielen die Obstbaubetriebe, die ebenfalls zu den Dauerkulturbetrieben<br />

gehören, nur <strong>eine</strong> untergeordnete Rolle [Landwirtschaftskammer RLP 2004].<br />

In Rheinland-Pfalz liegen mit insgesamt ca. 64.500 ha mehr als 60 % der gesamten<br />

Rebflächen Deutschlands, davon 78 % in den beiden größten deutschen Weinbaugebieten<br />

Rheinhessen und Pfalz. Die Abwässer der Weinbau treibenden Gemeinden werden dabei in<br />

rund 80 kommunalen Kläranlagen mit behandelt. Aufgrund der Betriebsstruktur in Rheinland-<br />

Pfalz mit <strong>eine</strong>r großen Zahl von Kleinbetrieben ist <strong>eine</strong> innerbetriebliche Vorbehandlung der<br />

anfallenden Abwässer nur sehr eingeschränkt möglich; dies ist der Grund, warum in<br />

Rheinland-Pfalz im Gegensatz zu anderen Weinbau treibenden (Bundes-) Ländern die<br />

saisonale Belastung der kommunalen Kläranlagen besonders ausgeprägt ist [Zettl 2001].<br />

In den letzten Jahren ist durch Rückhaltemaßnahmen bereits einiges erreicht worden, es<br />

besteht allerdings weiterer Handlungsbedarf.


Charakteristisch <strong>für</strong> die Belastung während der Weinbaukampagne ist der (teilweise<br />

sprunghafte) Anstieg der BSB- und CSB-Frachten im Zulauf der Anlage bei nahezu unveränderten<br />

Nährstofffrachten. Dies führt dazu, dass bei manchen Kläranlagen Stickstoff- und<br />

Phosphorverbindungen als Miniumumfaktoren vorliegen; dies kann sich limitierend auf die<br />

Reinigungsprozesse auswirken. Auf einigen Kläranlagen müssen Nährstoffe gezielt während<br />

der Kampagne zudosiert werden. Auf den meisten Anlagen wird <strong>eine</strong> Verminderung des<br />

Schlammalters durch die erhöhte Belastung in Kauf genommen.<br />

Bei ausgeprägter Kampagnebelastung müssen die Stickstoff- und Phosphorverbindungen<br />

nicht wie sonst üblich über Nitrifikation/Denitrifikation bzw. gezielte Phosphorelimination<br />

abgebaut werden, sondern die Nährstoffe werden über den Baustoffwechsel vollständig in<br />

den Belebtschlamm eingebaut. Dies führt dazu, dass zahlreiche kampagnebeeinflusste<br />

Kläranlagen während der Weinbaukampagne niedrige Stickstoff- und Phosphorkonzentrationen<br />

im Ablauf aufweisen, während die CSB-Konzentrationen häufig erhöht sind.<br />

Ein weiteres Charakteristikum bei zahlreichen Anlagen ist die Verschlechterung der<br />

Schlammabsetzeigenschaften, was sich durch <strong>eine</strong> Erhöhung des Schlammindex ISV<br />

ausdrückt. Dies ist in vielen Fällen auf das vermehrte Wachstum von fadenförmigen<br />

Organismen (insbesondere Typ 021N) zurückzuführen, die während der Kampagnebelastung<br />

optimale Lebensbedingungen vorfinden. Da die Bekämpfung dieses Fadens sehr<br />

schwierig ist, sollte bereits versucht werden sein Wachstum zu unterbinden (stets<br />

ausreichende Sauerstoffkonzentrationen im Belebungsbecken, sowie ggf. Sulfidfällung).<br />

Auf einigen Kläranlagen werden zur Verbesserung der Absetzeigenschaften gezielt<br />

beschwerende Stoffe wie Steinmehl oder Braunkohlekoksstaub zugegeben; auf manchen<br />

Anlagen erfolgt (mit unterschiedlichem Erfolg) <strong>eine</strong> Bekämpfung der fadenförmigen<br />

Organismen durch Zugabe von Fällungsmitteln.<br />

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die teilweise sehr großen saisonalen Belastungsunterschiede<br />

sowie die großen Belastungsschwankungen hohe Anforderungen an die<br />

Bemessung und den Betrieb von kampagnebeeinflussten Kläranlagen stellen. Der erforderliche<br />

Abbau der zusätzlichen Kohlenstofffrachten führt zu <strong>eine</strong>r deutlichen Erhöhung der<br />

Energiekosten auf den betroffenen Anlagen [Hansen et al. 2007]. Ziel ist es, die Belastungen<br />

der Kläranlagen durch Weinbauabwasser weiter zu reduzieren. Vorbildlich ist der Rückhalt<br />

von Weinbaurückständen in den Betrieben und der darauf folgende Transport zu <strong>eine</strong>r<br />

kommunalen Kläranlage (Bring- oder Holsystem), wo – bei vorhandener Faulraumkapazität –<br />

<strong>eine</strong> Nutzung der enthaltenen Energie erfolgen kann (siehe Beispiel in Kapitel 7).<br />

Derzeit erfolgt <strong>eine</strong> Überarbeitung des DWA-Merkblattes M 773 ‚Abwässer aus der<br />

Weinbereitung‘. Neben <strong>eine</strong>r ausführlichen Darstellung der Belastungssituation ‚Weinbau‘<br />

und <strong>eine</strong>r Beschreibung der Vorbehandlungsmöglichkeiten in den Betrieben wird hier<br />

insbesondere auf die Auswirkungen der Weinbaukampagne auf die kommunalen Kläranlagen<br />

eingegangen. Hierbei werden Hinweise zur Planung und Dimensionierung sowie zur<br />

Vorbereitung der Anlagen auf die Kampagne und Empfehlungen <strong>für</strong> den Betrieb während der<br />

Kampagnebelastung gegeben.<br />

51


5 Bewertung der vorhandenen Konzepte und Verfahren <strong>für</strong><br />

Rheinland-Pfalz<br />

Eine Reihe von Gesprächen mit den Ansprechpartnern der 6 SGD-Regionalstellen in<br />

Rheinland-Pfalz im April/Mai 2007 sollte zum <strong>eine</strong>n dazu dienen, Informationen zu bündeln<br />

und regionale Spezifika innerhalb von Rheinland-Pfalz herauszuarbeiten, zum anderen aber<br />

auch die vorhandenen Konzepte und Verfahren auf der Grundlage von Erfahrungen zu<br />

bewerten. Außerdem fanden Gespräche mit Vertretern des Gemeinde- und Städtebunds<br />

Rheinland-Pfalz, des DWA-Landesverbands Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland sowie der<br />

Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz statt, um auf diesem Weg möglichst viele Multiplikatoren<br />

in das Projekt einzubinden, bei denen viele Informationen im Bereich der Abwasserbeseitigung<br />

zusammenlaufen.<br />

Als Ergebnis dieser Gespräche kann festgehalten werden, dass im Allgem<strong>eine</strong>n zentrale<br />

Lösungen klar favorisiert werden: Sie funktionieren zumeist ohne größere Probleme. Die<br />

Notwendigkeit längerer Verbindungssammler bei zentralen Lösungen wird als nicht kritisch<br />

erachtet, da sich die Kosten <strong>für</strong> die Kanalisation bei Nutzung von Druckleitungen mit<br />

kl<strong>eine</strong>ren Durchmessern und neuen kostengünstigen Verlegetechniken in Grenzen halten.<br />

Dem steht der Vorteil gegenüber, im Vergleich zu vielen Einzellösungen weniger<br />

Betriebspunkte zu haben. Zentrale bzw. semizentrale Varianten der Abwasserentsorgung<br />

wurden daher zumeist als ökoeffizienteste Lösung angesehen. Die Entscheidung, welche<br />

Lösung tatsächlich die beste ist, wird auf der Grundlage von Variantenuntersuchungen<br />

ermittelt.<br />

Probleme ergeben sich im Bereich Siedlungsentwässerung vor allem durch den flächen-<br />

haften Eintrag von Fremdwasser über das gesamte Netz (Fremdwasseranteil z. T. > 50 %)<br />

sowie die Belastung von Stehgewässern (z. B. Altrhein) durch Mischwasserentlastungen.<br />

Stellenweise kommt es auch zu Geruchsproblemen durch lange Aufenthaltszeiten in<br />

Kanälen aufgrund <strong>eine</strong>s geringeren Schmutzwasseranfalls.<br />

Im Bereich Abwasserreinigung werden Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb und SBR-<br />

Anlagen im Allgem<strong>eine</strong>n gut bewertet. Insbesondere zeichnen sich diese Anlagen durch<br />

hohe Betriebssicherheit, hohe Reinigungsleistung, hohe Flexibilität und gute Steuer- und<br />

Regelbarkeit aus. Auffallend positiv wurde <strong>eine</strong> Weiterentwicklung der Belebungsanlagen,<br />

die sogenannten Biocos-Anlagen, beurteilt (vgl. Fallbeispiel Breunigweiler in Kapitel 7.1).<br />

Tropfkörper und Abwasserteiche werden eher schlecht bewertet und als nicht mehr zeitgemäß<br />

betrachtet. Probleme bereitet bei diesen Anlagen vor allem die Nährstoffelimination;<br />

bei den Teichen ist zudem in regelmäßigen Abständen <strong>eine</strong> aufwändige Entschlammung<br />

nötig. In Bezug auf <strong>eine</strong> stabile Nährstoffelimination werden Pflanzenkläranlagen ebenfalls<br />

<strong>für</strong> Kläranlagen mit Ausbaugrößen über 50 EW schlecht bewertet. Da die Kohlenstoffelimination<br />

jedoch in der Regel gut funktioniert, sind Pflanzenkläranlagen im Bereich der<br />

Kleinkläranlagen (Ausbaugröße < 50 EW), wo <strong>eine</strong> Nährstoffelimination in der Regel nicht<br />

gefordert ist, durchaus gut geeignet. Tauchkörper spielen in Rheinland-Pfalz k<strong>eine</strong> große<br />

Rolle; es gibt insgesamt ca. 20 Tauchkörperanlagen, die meisten in der Größenordnung von<br />

einigen hundert EW. Die Erfahrungen mit diesem Anlagentyp sind sehr unterschiedlich;<br />

einige Tauchkörperanlagen – insbesondere kl<strong>eine</strong>re – funktionieren sehr gut, andere<br />

wiederum bereiten große Probleme.<br />

52


In weiten Teilen des Landes werden Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb und SBR-<br />

Anlagen favorisiert; Tropfkörper, Abwasserteiche und zum Teil auch Pflanzenkläranlagen<br />

werden dagegen nach und nach aufgegeben. Bei den Regionalstellen Mainz, Neustadt und<br />

Koblenz sind dezentrale Lösungen wenig vertreten; hier sind aufgrund der fast flächendeckend<br />

dichten Besiedlung größere zentrale Abwasserreinigungsanlagen sinnvoll. Als<br />

Verfahren kommen da<strong>für</strong> insbesondere die <strong>für</strong> größere Anlagen bewährten Belebungsanlagen<br />

im Durchlaufbetrieb und SBR-Anlagen zum Einsatz. Dies gilt größtenteils auch <strong>für</strong><br />

die Regionalstelle Kaiserslautern.<br />

Bei der Regionalstelle Kaiserslautern bilden neben den Belebungsanlagen die Tropfkörper<br />

<strong>eine</strong>n zahlenmäßigen Schwerpunkt. Mitte 2007 gab es im Einzugsgebiet der Regionalstelle<br />

noch 31 Tropfkörperanlagen, die meist in den 60er und 70er Jahren errichtet wurden und die<br />

im Hinblick auf steigende Anforderungen insbesondere im Bereich der Nährstoffelimination<br />

nicht ausreichend sind. Hierbei ist fraglich, ob <strong>eine</strong> Nachrüstung dieser alten Tropfkörper<br />

sinnvoll ist oder ob sie nicht besser durch andere Verfahren ersetzt werden sollten. In<br />

Einzelfällen kann es aber durchaus sinnvoll sein, <strong>eine</strong>n vorhandenen Tropfkörper in ein<br />

neues Konzept einzubinden (vgl. Fallbeispiel Bechhofen in Kapitel 7.1).<br />

Während die Belastung durch Weinbauabwässer (vgl. Abschnitt 4.3.3) im Bereich der<br />

Regionalstelle Trier in den letzten Jahren stark rückläufig ist, kommt es in den Einzugsgebieten<br />

der Regionalstellen Neustadt und Mainz während der Weinbaukampagne noch<br />

häufig zu Problemen. Hier gilt es, durch verfahrenstechnische Optimierung den Anlagenbetrieb<br />

so zu stabilisieren, dass es auch bei Regenwetter nicht zu Schlammabtrieb kommt.<br />

Ein geeignetes Verfahren <strong>für</strong> <strong>eine</strong> von Weinbauabwässern betroffene Kläranlage stellt z. B.<br />

das SBR-Verfahren dar (siehe Fallbeispiel KA Heßheim in Kapitel 7.1).<br />

Für die Problematik der Belastung der Altrheinarme durch Mischwasserentlastungen in der<br />

Regionalstelle Neustadt können nachgeschaltete Bodenfilter zur Mischwasserbehandlung<br />

<strong>eine</strong> Lösung sein. Beispiele <strong>für</strong> den Einsatz <strong>eine</strong>s Retentionsbodenfilters zur Entlastung des<br />

Vorfluters von Mischwassereinleitungen werden in Kapitel 7.5 (siehe Fallbeispiele Bolanden<br />

und Gau-Bischofsheim) vorgestellt.<br />

Bei den Regionalstellen Trier und Montabaur werden aufgrund der schwierigen topographischen<br />

Lage und vieler kl<strong>eine</strong>r Streusiedlungen dezentrale Lösungen dauerhaft bestehen<br />

bleiben. Gerade in diesen Fällen, bei den Streusiedlungen in Mittelgebirgsstruktur, bieten<br />

sich dezentrale Konzepte an. Zudem sollte im Einzelfall auch geprüft werden, ob naturnahe<br />

Verfahren hier von Vorteil sind. Im Bereich Trier und Montabaur ist auch noch die<br />

Erstausstattung zu ergänzen; dies betrifft im Bereich Trier vor allem die Landkreise Bitburg-<br />

Prüm und Trier-Saarburg, im Bereich Montabaur die Verbandsgemeinde Asbach. Dabei<br />

sollte berücksichtigt werden, dass neue Investitionen die Chance bieten, innovative und<br />

nachhaltige Konzepte zu verwirklichen.<br />

Einen Schwerpunkt im Bereich Montabaur bilden die Abwasserteiche, die noch in großer<br />

Zahl vorhanden und in Bezug auf die Reinigungsleistung nicht ausreichend sind. Langfristig<br />

sollen 26 der 43 vorhandenen (Daten vom Mai 2007) Abwasserteiche erhalten bleiben, die<br />

anderen werden aufgegeben und die zu entsorgenden Siedlungen an größere Kläranlagen<br />

angeschlossen. Die meisten dieser Teiche sind in den 70er und 80er Jahren mit dem Ziel der<br />

Kohlenstoffelimination entstanden. Die später hinzugekommenen Anforderungen an <strong>eine</strong><br />

53


Stickstoff- und Phosphorelimination können diese Anlagen jedoch nicht in ausreichendem<br />

Maß erfüllen. Hier muss <strong>eine</strong> Lösung gefunden werden, die Teiche, die langfristig erhalten<br />

bleiben, so zu optimieren bzw. nachzurüsten, dass die geforderten Werte eingehalten<br />

werden können. Eine Möglichkeit dazu bieten das CWSBR- und das SBLR-Verfahren, die<br />

als Fallbeispiele in Kapitel 7.1 vorgestellt werden.<br />

In Tabelle 5.1 sind die Bewertungen der in Rheinland-Pfalz bisher vorhandenen Abwasserreinigungsverfahren<br />

zusammengefasst. Hier sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die<br />

Bewertung zum <strong>eine</strong>n insbesondere das Meinungsbild der Befragten der rheinlandpfälzischen<br />

oberen Wasserbehörde widerspiegelt und dass zum anderen die Beurteilung<br />

aufgrund heutiger Anforderungen an die Abwasserentsorgung erfolgte. Bei Berücksichtigung<br />

möglicher zukünftiger Anforderungen ergeben sich z. T. andere Bewertungen, weshalb die<br />

Tabelle in Kapitel 6.10 in erweiterter Form noch einmal erscheint. In dieser Zusammenstellung<br />

sind die mechanischen Anlagen nicht aufgeführt, da Übereinstimmung herrscht, die<br />

wenigen noch vorhandenen Anlagen möglichst bald durch Anlagen mit biologischer Stufe zu<br />

ersetzen. Ebenso wie bei den Daten zur Bestandsaufnahme der Abwasserbeseitigung in<br />

Kapitel 4.3 sind auch bei der der Tabelle zugrundeliegenden Bewertung die Kleinkläranlagen<br />

nicht berücksichtigt. Die Bewertung bezieht sich also ausschließlich auf Kläranlagen größer<br />

50 EW.<br />

Kriterien zur Bewertung von Verfahren sind vor allem <strong>eine</strong> stabile Reinigungsleistung, die<br />

Betriebssicherheit der Anlagen sowie der erforderliche Wartungsaufwand. Die verschiedenen<br />

Verfahren werden <strong>für</strong> jedes einzelne Kriterium mit „+“ (positiv), „-“ (negativ), „--“ (sehr<br />

negativ) oder „○“ (neutral) bewertet. Neben den in der Tabelle 5.1 aufgeführten Kriterien sind<br />

aber auch die Kosten <strong>eine</strong>s Verfahrens sowie die betriebliche Flexibilität wichtig.<br />

Tab. 5.1: Bewertung verschiedener Verfahren der Abwasserreinigung in Rheinland-Pfalz<br />

(<strong>für</strong> Kläranlagen > 50 EW)<br />

Kriterien<br />

54<br />

Belebungsanlagen<br />

SBR-<br />

Anlagen<br />

Tropfkörper Tauchkörper<br />

Abwasserteiche <br />

Pflanzenkläranlagen<br />

Reinigungsleistung + + -- ○ -- --<br />

Betriebssicherheit + + ○ ○ ○ ○<br />

Wartungsaufwand + + + ○ - +<br />

Probleme<br />

Stärken<br />

häufig Bläh-<br />

und Schwimmschlamm,<br />

bes.<br />

bei kl<strong>eine</strong>ren<br />

KA; oft zu<br />

geringe<br />

Schlammstapelkapazität<br />

hohe<br />

Reinigungsleistung;<br />

gut<br />

steuer- und<br />

regelbar;<br />

bewährte<br />

Technik<br />

stoßweise<br />

Einleitung<br />

(Hydraulik d.<br />

Gewässers),<br />

meist Puffer<br />

erforderlich<br />

hohe<br />

Reinigungsleistung,<br />

flexibel, gut<br />

steuer- und<br />

regelbar<br />

Nährstoffelimination;<br />

veraltete<br />

Technik; oft<br />

schwache NK<br />

(Feststoffabtrieb);<br />

wenig<br />

regelbar;<br />

wenig flexibel<br />

kl<strong>eine</strong><br />

Volumina<br />

häufig<br />

Schäden an<br />

den Tauchkörpern<br />

<strong>für</strong> kl<strong>eine</strong><br />

Anlagen<br />

geeignet<br />

Nährstoffelimination;<br />

kaum<br />

steuerbar,<br />

Entschlammung<br />

wenig Technik<br />

erforderlich<br />

Nährstoffelimination;<br />

nicht<br />

steuerbar,<br />

Kolmation<br />

geringer Wartungsaufwand,<br />

<strong>für</strong> kl<strong>eine</strong><br />

Anlagen<br />

geeignet<br />

Gesamtbewertung + + - ○ -- -


6 Zukünftige Herausforderungen <strong>für</strong> die Abwasserentsorgung<br />

In den vorangegangenen Kapiteln 4 und 5 wurde die derzeitige Situation der Abwasserbeseitigung<br />

in Rheinland-Pfalz dargestellt und die bisher verwendeten Verfahren unter den<br />

aktuellen Randbedingungen analysiert. Es ist jedoch absehbar, dass sich in Zukunft einige<br />

dieser Randbedingungen ändern werden. Im Hinblick auf die lange Nutzungsdauer der<br />

abwassertechnischen Infrastruktur – Kläranlagen werden in der Regel über 10 bis 40 Jahre,<br />

Kanalisationen sogar über 50 bis 80 Jahre abgeschrieben (nach Empfehlungen der LAWA);<br />

dabei liegt die tatsächliche Nutzungsdauer oft noch höher – müssen solche zukünftigen<br />

Entwicklungen bei Neu-Investitionen berücksichtigt werden, um <strong>eine</strong> nachhaltige Lösung zu<br />

gewährleisten.<br />

Zu den zentralen Herausforderungen, denen sich die Abwasserentsorgung – insbesondere<br />

auch im ländlichen Raum – in Zukunft stellen muss, gehört der demografische Wandel. Auch<br />

der Klimawandel ist bei zukünftigen Planungen zu berücksichtigen. In begründeten Fällen<br />

kann es zusätzliche Anforderungen, z. B. aus Immissionsschutzbetrachtungen auf der<br />

Grundlage der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie (EG-WRRL) geben. Neue<br />

Vorgaben zur Klärschlammausbringung auf landwirtschaftliche Flächen sind in Vorbereitung<br />

(Klärschlammverordnung). Daneben sind neue Vorgaben zur Energieeffizienz auf Kläranlagen,<br />

zur Rückgewinnung von Phosphat oder zum Rückhalt prioritärer Stoffe möglich.<br />

Auf die einzelnen Punkte wird im Folgenden näher eingegangen. Am Ende jedes Unterkapitels<br />

wird <strong>eine</strong> kurze Einschätzung der Relevanz des jeweiligen Themas <strong>für</strong> Rheinland-<br />

Pfalz aus Sicht der Verfasser gegeben.<br />

6.1 Auswirkungen des demografischen Wandels<br />

Hinter dem Schlagwort „demografischer Wandel“ verbirgt sich der erwartete Rückgang der<br />

Bevölkerung in ganz Deutschland durch den Rückgang der Geburtenrate. Zwar gehen die<br />

Kinderzahlen in Deutschland schon seit über hundert Jahren zurück, jedoch wurden bislang<br />

die daraus resultierenden Bevölkerungsverluste z. T. durch <strong>eine</strong> erhöhte Lebenserwartung<br />

sowie Zuwanderung aus anderen Ländern kompensiert [Kröhnert et al. 2005]. Für die<br />

Zukunft wird aber prognostiziert, dass trotz weiter steigender Lebenserwartung und<br />

Zuwanderung aus dem Ausland die Bevölkerung in Deutschland erheblich schrumpfen wird<br />

[Stat. Bundesamt 2006c]. Daneben ändert sich auch die Altersverteilung in der Bevölkerung:<br />

es wird in Zukunft immer mehr alte und immer weniger junge Menschen geben. In Abbildung<br />

6.1 ist der Altersaufbau der Bevölkerung <strong>für</strong> 1910, 1950, 2005 und 2050 im Vergleich<br />

dargestellt. Dabei wird deutlich, dass die sogenannte Bevölkerungspyramide schon lange<br />

k<strong>eine</strong> ideale Pyramidenform mehr hat; an der Basis wird sie zunehmend schlanker.<br />

55


Abb. 6.1: Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland [Quelle: Stat. Bundesamt 2006c]<br />

56


Außer im Bevölkerungsrückgang und in <strong>eine</strong>r Überalterung der Gesellschaft manifestiert sich<br />

der demografische Wandel aber auch in <strong>eine</strong>r regionalen Umverteilung der Bevölkerung. Die<br />

Auswirkungen werden besonders stark in den dünn besiedelten, peripheren, ländlichen<br />

Regionen sein. Der Aspekt Überalterung der Gesellschaft wird verstärkt werden durch den<br />

Wegzug vor allem der Altersgruppe der 20- bis 40-jährigen, darunter wiederum vor allem<br />

Höherqualifizierte.<br />

Für Rheinland-Pfalz hat das Statistische Landesamt bereits in den Jahren 2002 und 2004 in<br />

zwei Veröffentlichungen die zu erwartende Bevölkerungsentwicklung in <strong>eine</strong>m mittelfristigen<br />

Zeitraum (bis 2015) und in <strong>eine</strong>m langfristigen Zeitraum (bis 2050) untersucht [StLA RLP<br />

2002, 2004]. Die Untersuchungen des Statistischen Landesamtes stellen k<strong>eine</strong> Prognosen<br />

im eigentlichen Sinn dar, sondern es handelt sich vielmehr um Modellrechnungen, denen<br />

alternative Annahmen zu den Bestimmungsgrößen <strong>eine</strong>r Bevölkerung (Geburtenrate,<br />

Lebenserwartung und Wanderungssaldo) zugrunde liegen. Als gesichert gilt dabei, dass<br />

auch bei optimistischen Annahmen ein deutlicher Bevölkerungsrückgang eintreten wird.<br />

Während im Zeitraum bis 2015 die Bevölkerung in Rheinland-Pfalz kaum abnehmen wird,<br />

wird bis 2050 nach der mittleren Variante der Vorausberechnungen mit <strong>eine</strong>m Bevölkerungsrückgang<br />

um rund 18 % (das entspricht etwa 700.000 Einwohnern) zu rechnen sein.<br />

Auf diese erste Bevölkerungsvorausberechnung folgte im Jahr 2007 die Veröffentlichung<br />

„Rheinland-Pfalz 2050. Zweite regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung“ [StLA 2007].<br />

Auch in dieser Studie mit dem Basisjahr 2006 wird zwischen <strong>eine</strong>m mittelfristigen Zeitraum<br />

bis 2020 und <strong>eine</strong>m langfristigen Zeitraum bis 2050 unterschieden. In der neuen Vorausberechnung<br />

fällt der Bevölkerungsrückgang geringer aus als in der vorangegangenen; statt<br />

<strong>eine</strong>m Rückgang um ca. 18 % wird nun in der mittleren Variante bis 2050 ein Rückgang um<br />

ca. 15 % prognostiziert. Allerdings fällt die demografische Alterung deutlich stärker aus als<br />

nach der ersten Projektion. Sowohl der geringere Bevölkerungsrückgang als auch die<br />

stärkere demografische Alterung sind darauf zurückzuführen, dass in der zweiten Projektion<br />

ein stärkerer Anstieg der Lebenserwartung bis 2050 angenommen wird. In Abbildung 6.2 ist<br />

die Bevölkerungsentwicklung bis 2020 dargestellt, in Abbildung 6.3 die Bevölkerungsentwicklung<br />

bis 2050, jeweils auf der Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte.<br />

Die Abbildungen zeigen, dass die Bevölkerungsentwicklung in den einzelnen Kreisen und<br />

kreisfreien Städten des Landes sehr unterschiedlich verlaufen wird. Während im Zeitraum bis<br />

2020 noch einige wenige Landkreise mit <strong>eine</strong>m Bevölkerungszuwachs rechnen können, wird<br />

die Bevölkerungszahl langfristig überall in Rheinland-Pfalz sinken, allerdings in unterschiedlichem<br />

Ausmaß.<br />

57


Abb. 6.2: Bevölkerungsentwicklung 2006–2020 in den kreisfreien Städten und Landkreisen<br />

[Quelle: StLA 2007, Zweite regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung]<br />

58


Abb. 6.3: Bevölkerungsentwicklung 2006–2050 in den kreisfreien Städten und Landkreisen<br />

[Quelle: StLA 2007, Zweite regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung]<br />

59


Da die Bevölkerungsentwicklung regional derart unterschiedliche Verläufe aufweist, hat das<br />

Statistische Landesamt in den letzten Jahren tiefer regionalisierte Prognosen erstellt mit dem<br />

Ziel, die Auswirkungen auf die kommunale Ebene zu analysieren. Im Jahr 2005 wurde die<br />

Studie „Bevölkerungsvorausberechnungen <strong>für</strong> die verbandsfreien Gemeinden und Verbandsgemeinden<br />

bis 2015“ [Kirschey und Böckmann 2005] vorgelegt (siehe Abbildung 6.4).<br />

Abb. 6.4: Bevölkerungsentwicklung in Rheinland-Pfalz 2000-2015. [Quelle: Kirschey und<br />

Böckmann 2005]<br />

60


In dieser Abbildung wird deutlich, dass die Gemeinden und Städte zu unterschiedlichen<br />

Zeitpunkten und verschieden stark mit dem Problem der demografischen Entwicklung<br />

konfrontiert werden. Für die Planer und Betreiber von Anlagen der technischen Infrastruktur<br />

ist die Bevölkerungsentwicklung im Land insgesamt nicht so sehr von Bedeutung, sondern<br />

vielmehr wie die jeweilige Bedarfslage sich konkret in den einzelnen Kommunen entwickelt.<br />

Hierzu sollte das Informationsangebot des Statistischen Landesamtes zur Abschätzung der<br />

demografischen Lage in der jeweiligen Gemeinde genutzt werden [www.statistik.rlp.de/analysen/demographie/index.html].<br />

Weitere Informationsquellen (allerdings nicht auf kommunaler<br />

Ebene, sondern auf Kreis-Ebene) bietet z. B. das Berlin-Institut <strong>für</strong> Bevölkerung und<br />

Entwicklung: In der 2005 herausgegebenen Studie „Deutschland 2020 – Die demografische<br />

Zukunft der Nation“ werden auf der Grundlage von Indikatoren aus den Bereichen<br />

Demografie, Wirtschaft, Integration, Bildung, Familienfreundlichkeit und Flächennutzung alle<br />

Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland bewertet [Kröhnert et al. 2005]. Daraus<br />

ergibt sich im Vergleich zu <strong>eine</strong>r r<strong>eine</strong>n Bevölkerungsprognose ein aussagekräftigeres Bild<br />

der Zukunftsfähigkeit der einzelnen Landkreise. Wie solche demografischen Prognosen bei<br />

der Planung berücksichtigt werden können, zeigt die Studie „Auswirkungen der demografischen<br />

Entwicklung auf die Anlagen der technischen Infrastruktur am Beispiel der kommunalen<br />

Abwasserbeseitigung <strong>eine</strong>s Bundeslandes“ [Lenhart 2006], die in Kapitel 7.6<br />

vorgestellt wird.<br />

Die demografische Alterung wird sich fortsetzen: Die Zahl der Jüngeren und die Zahl der<br />

Menschen im erwerbsfähigen Alter wird abnehmen, während die Zahl der älteren Menschen<br />

deutlich zunehmen wird. Die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die technische<br />

Infrastruktur der Wasserver- und Abwasserentsorgung sind deshalb besonders gravierend,<br />

da hier der Anteil der Fixkosten gegenüber den verbrauchsabhängigen Kosten sehr hoch ist<br />

(ca. 75 %), wie Abbildung 6.5 zeigt. Das bedeutet, dass die einwohnerspezifischen Kosten<br />

der Infrastruktur ansteigen, gleichzeitig werden aber die Einnahmen der öffentlichen Haushalte<br />

durch die sinkende Zahl der Erwerbstätigen zurückgehen [Bellefontaine et al. 2003;<br />

Just 2004; KfW Bankengruppe 2006].<br />

Neben der Problematik der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Infrastruktur besteht <strong>eine</strong><br />

technische Schwierigkeit darin, dass durch den geringeren Schmutzwasseranfall im Trockenwetterfall<br />

die Schleppspannung in den Kanälen verringert wird, was durch den in den letzten<br />

Jahrzehnten sinkenden spezifischen Wasserverbrauch noch verstärkt wird. Infolgedessen<br />

kann es durch zu lange Fließzeiten bzw. geringe Durchflüsse zu Ablagerungen im Kanalnetz<br />

und damit einhergehend zu Verstopfungen, Geruchsbelästigungen und Korrosionserschei-<br />

nungen kommen, die wiederum kostenaufwändige betriebliche Maßnahmen wie z. B.<br />

häufigere Kanalspülungen erforderlich machen. Bei starker Unterauslastung von 30 % und<br />

mehr werden bautechnische Anpassungen notwendig, bei <strong>eine</strong>m Rückgang der Auslastung<br />

um 50 % und mehr kann sogar ein Rückbau abwassertechnischer Anlagen nötig werden<br />

[Oelmann 2006; Koziol et al. 2006]. Dass dies kein Zukunftsszenario mehr ist, sondern<br />

Realität, zeigt der Blick auf einige Städte in Ostdeutschland (z. B. Halle, Magdeburg,<br />

Cottbus), in denen der Stadtumbau bereits in vollem Gange ist und in diesem Zusammen-<br />

hang z. T. flächenhafte Abrisse stattfanden.<br />

61


Abb. 6.5: Kostenstruktur der Abwasserentsorgung 2002 [Quelle: Bellefontaine et al.,<br />

Marktdaten Abwasser 2003]<br />

Der demografische Wandel ist ein wesentlicher Schwerpunkt bei der Diskussion um<br />

zukünftige Rahmenbedingungen <strong>für</strong> die Siedlungswasserwirtschaft, denn „demografischer<br />

Wandel und Nachhaltigkeit sind ganz eng miteinander verknüpft“ [ISM 2003 (siehe auch<br />

Abbildung 6.6)]. Mit der demografischen Entwicklung im Blick ist es möglich, die richtigen<br />

Weichenstellungen <strong>für</strong> <strong>eine</strong> innovative Politik vorzunehmen. Angesichts der Tatsache, dass<br />

immer noch neue Baugebiete erschlossen werden, bleibt festzustellen, dass offensichtlich<br />

längst nicht alle Verantwortlichen die Bedeutung des demografischen Wandels und damit<br />

das Ausmaß der Problemlage erkannt haben.<br />

Dass in den nächsten Jahrzehnten in Rheinland-Pfalz wie auch in ganz Deutschland<br />

tiefgreifende Veränderungen der Bevölkerungsstruktur eintreten werden, ist unbestritten.<br />

Andere sich abzeichnende Trends wie z. B. der Klimawandel (siehe Kapitel 6.2) werden die<br />

Problematik noch weiter verschärfen.<br />

62<br />

Fazit/Bewertung: Für Rheinland-Pfalz wird ein Bevölkerungsrückgang prognostiziert,<br />

der in den Städten und Gemeinden unterschiedlich stark ausfallen wird.<br />

Aufgrund des hohen Fixkostenanteils in der Wasserwirtschaft werden bei sinkender<br />

Einwohnerzahl die Pro-Kopf-Kosten steigen. Insofern wird die Relevanz des<br />

demografischen Wandels <strong>für</strong> Rheinland-Pfalz als sehr hoch eingeschätzt. Hier gilt<br />

es mit sowohl bewährten als auch innovativen Techniken sowie <strong>eine</strong>r geeigneten<br />

Entwässerungsstruktur langfristig angepasste und finanzierbare Lösungen umzusetzen.<br />

Von hoher Bedeutung ist auch die Wahl geeigneter Abschreibungszeiten.


Abb. 6.6: Bevölkerungsveränderung 2000 bis 2050 [Quelle: ISM - Ministerium des Innern<br />

und <strong>für</strong> Sport RLP 2003, Raumordnungsbericht]<br />

63


6.2 Auswirkungen des Klimawandels<br />

Mit dem Begriff Klimawandel ist die globale Erwärmung der Erdatmosphäre seit Beginn der<br />

Industrialisierung gemeint. Diese globale Erwärmung wird nach dem gegenwärtigen<br />

wissenschaftlichen Verständnis sehr wahrscheinlich durch den Treibhauseffekt verursacht,<br />

der wiederum <strong>eine</strong> Folge der gestiegenen CO2-Konzentration in der Atmosphäre ist. Seit<br />

Mitte des 18. Jahrhunderts ist die atmosphärische CO2-Konzentration um etwa 35 %<br />

gestiegen und hat inzwischen <strong>eine</strong>n Wert von rund 380 ppm erreicht [UBA 2007]. Der<br />

Anstieg der in Deutschland gemessenen CO2-Konzentration zwischen 1972 und 2006 ist in<br />

Abbildung 6.7 dargestellt.<br />

Abb. 6.7: Atmosphärische CO2-Konzentration an der Messstelle Schauinsland des Umweltbundesamtes<br />

[Quelle: UBA 2007]<br />

Nach Angaben der „Umweltdaten Deutschland“ waren die Jahre 1991 bis 2000 „sowohl in<br />

Deutschland als auch weltweit das wärmste Jahrzehnt des Jahrhunderts. Neun dieser Jahre<br />

und auch alle bisherigen Jahre des 21. Jahrhunderts lagen über dem langjährigen<br />

Durchschnitt (8,3 °C), sechs der zehn wärmsten Jahre falle n ebenfalls in diesen Zeitraum“<br />

[UBA 2007]. Dieser Anstieg der Temperatur in Deutschland wird auch in Abbildung 6.8<br />

deutlich.<br />

64


Abb. 6.8: Jährliche mittlere Tagesmitteltemperatur in Deutschland 1901–2005 [Quelle: UBA<br />

2007]<br />

Im Jahr 2007 hat der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) s<strong>eine</strong>n 4.<br />

Sachstandsbericht zu den Folgen des Klimawandels vorgelegt. Danach sind die globalen<br />

anthropogenen Treibhausgasemissionen im Zeitraum von 1970 bis 2004 um 70 %, die CO2-<br />

Emissionen sogar um 80 % gestiegen, wobei sich die Zunahme in den letzten zehn Jahren<br />

beschleunigt hat [IPCC 2007]. Unbestritten ist, dass es <strong>eine</strong> vom Menschen verursachte<br />

globale Erwärmung gibt und dass sie weiterhin fortschreiten wird, solange die Treibhausgasemissionen<br />

nicht reduziert werden. Als globale Effekte des Klimawandels werden ein<br />

Temperaturanstieg um 1-6 °C, der Anstieg des Meeresspie gels um 10-90 cm und je nach<br />

Szenario <strong>eine</strong> zunehmende Wasserknappheit prognostiziert.<br />

Für Mitteleuropa wurden in <strong>eine</strong>r Studie des Max-Plank-Instituts <strong>für</strong> Meteorologie in Hamburg<br />

folgende Auswirkungen des Klimawandels aufgezeigt:<br />

• Abnahme der Sommerniederschläge<br />

• Zunahme der Winterniederschläge<br />

• Zunahme der Starkregenereignisse<br />

Das Kooperationsvorhaben KLIWA (Klimaveränderung und Konsequenzen <strong>für</strong> die<br />

Wasserwirtschaft) nennt als Ergebnisse der Studie "Klimawandel in Süddeutschland"<br />

folgende Effekte der globalen Erwärmung <strong>für</strong> den süddeutschen Raum [KLIWA 2008]:<br />

• deutlich feuchtere Winter<br />

• trockenere Sommer<br />

• regionale Zunahme der Starkregenereignisse im Winterhalbjahr<br />

• häufigere Hochwasserereignisse<br />

• z. T. Anstieg der Extrem-Hochwasserereignisse<br />

65


Teilweise werden die Auswirkungen des Klimawandels bereits bei der Bemessung neuer<br />

wasserwirtschaftlicher Hochwasseranlagen in Form <strong>eine</strong>s Klimaänderungsfaktors berück-<br />

sichtigt. So werden z. B. beim Neckar die Anlagen auf <strong>eine</strong>n um 15 Prozent höheren Abfluss<br />

gegenüber dem statistischen Wert <strong>für</strong> ein Jahrhunderthochwasser (HQ100) dimensioniert oder<br />

so geplant, dass bei Bedarf nachgerüstet werden kann [KLIWA 2006]. Die Einführung <strong>eine</strong>s<br />

Klimaänderungsfaktors ist nach Erkenntnissen der Enquete-Kommission 15/1 „Klimawandel“<br />

und des Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz <strong>für</strong> Rheinland-Pfalz noch<br />

nicht möglich und auch noch nicht erforderlich. Für die Zukunft kann er nicht gänzlich<br />

ausgeschlossen werden [Enquete-Kommission 2009].<br />

Neben <strong>eine</strong>m erhöhten Risiko von Überflutungen kann auch die Häufigkeit von Mischwasserentlastungen<br />

zunehmen [Pinnekamp et al. 2008]. Wann und wo lokale Extremereignisse<br />

auftreten werden, ist jedoch nicht vorhersehbar. Obwohl <strong>eine</strong> Klimaänderung im großen<br />

Maßstab erwartet wird, ist es kaum möglich, <strong>für</strong> die im Vergleich dazu kleinskaligen<br />

Berechnungsnetze Vorhersagen und Empfehlungen zu Bemessungsgrößen zu geben<br />

[Grunwald 2006]. Die Einführung pauschaler Bemessungszuschläge in der Siedlungsentwässerung<br />

ist daher nicht empfehlenswert. Stattdessen erscheint <strong>eine</strong> größere Flexibilität<br />

in der Entwässerungskonzeption sinnvoll. Hier können dezentrale Konzepte, verbunden mit<br />

Maßnahmen zur Regenwasserbewirtschaftung wie z. B. die Abkopplung abflusswirksamer<br />

Flächen vom Kanalnetz <strong>eine</strong>n wertvollen Beitrag leisten [Schmitt et al. 2006a]. Im Sinne<br />

<strong>eine</strong>s Risikomanagements und Risikovorsorge erscheint es vorrangig, <strong>für</strong> außergewöhnliche<br />

Regenereignisse außerhalb der üblichen Überflutungssicherheit Notfallstrategien zu<br />

entwickeln. Dabei gilt es zum <strong>eine</strong>n, aus der Kanalisation austretendes Wasser möglichst<br />

schadlos aus dem Siedlungsbereich abzuleiten bzw. in verfügbaren Freiflächen schadlos<br />

zurückzuhalten. In besonders gefährdeten Bereichen kommt dem gezielten Objektschutz<br />

<strong>eine</strong> hervorgehobene Bedeutung zu. Maßnahmen der Regenwasserbewirtschaftung sollten<br />

in jedem Fall kostenintensiven Maßnahmen <strong>eine</strong>s Kanalausbaus vorgezogen werden.<br />

6.3 Gezielte Reduzierung des Eintrags von Mikroschadstoffen<br />

Mikroschadstoffe sind Stoffe, die nur in geringen Mengen im Abwasser enthalten sind, aber<br />

schon in kleinsten Konzentrationen negative Auswirkungen auf die Umwelt haben können<br />

und in herkömmlichen Kläranlagen bisher nicht gezielt eliminiert werden. Organische<br />

Spurenstoffe entstammen unterschiedlichen menschlichen Aktivitäten; es handelt sich dabei<br />

z. B. um Reste von Pflanzenschutzmitteln, Reinigungsmittel, Körperpflegeprodukte, Hormone<br />

und Medikamente.<br />

66<br />

Fazit/Bewertung: Der Klimawandel als Folge der globalen Erwärmung der Erdatmosphäre<br />

wird sich insbesondere aufgrund der projizierten Zunahme der<br />

Starkregenereignisse auf die Kanalisation auswirken, das Ausmaß und die<br />

konkreten regionalen Auswirkungen sind aber derzeit nicht vorhersagbar. Daher<br />

wird die Relevanz <strong>für</strong> Rheinland-Pfalz als mittelhoch eingeschätzt.


Nach Vorgaben der EG-WRRL zur Verringerung der chemischen Verschmutzung der<br />

Oberflächengewässer (Artikel 16) wurden von der EU-Kommission Umweltqualitätsnormen<br />

<strong>für</strong> <strong>eine</strong> Liste von 33 sogenannten prioritären Stoffen (Anhang X der EG-WRRL) vorgelegt,<br />

die neben organischen Schadstoffen auch Schwermetalle enthält [EU-Kommission 2006a].<br />

Prioritäre Stoffe sind Schadstoffe, die ein erhebliches Risiko <strong>für</strong> die aquatische Umwelt<br />

darstellen. Entscheidungskriterien <strong>für</strong> die Relevanz der Schadstoffe sind dabei Persistenz,<br />

Bioakkumulation und Toxizität. Für die prioritären Stoffe sind Qualitätsziele festzulegen, bei<br />

deren Nichteinhaltung spezifische Maßnahmen zur schrittweisen Reduzierung von<br />

Einleitungen, Emissionen und Verlusten dieser Stoffe entwickelt werden müssen. Im<br />

Richtlinienvorschlag der EU-Kommission werden allerdings nur die Umweltqualitätsnormen<br />

in Form von Jahresdurchschnittskonzentrationen und zulässigen Höchstkonzentrationen<br />

festgelegt, während die tatsächlichen Maßnahmen zur Verringerung der Verschmutzung den<br />

Mitgliedstaaten überlassen werden.<br />

13 der 33 Schadstoffe werden als prioritäre gefährliche Stoffe eingestuft, <strong>für</strong> diese Verbin-<br />

dungen wird mittelfristig sogar <strong>eine</strong> „Nullemission“ verlangt, d. h. sie sollen innerhalb <strong>eine</strong>r<br />

Generation, also nach spätestens 20 Jahren nicht mehr in die aquatische Umwelt einge-<br />

bracht werden (siehe Tabelle 6.1). Die Schwierigkeit ist, dass es sich dabei nicht nur um<br />

Agrarchemikalien und Zwischen- bzw. Anwendungsprodukte handelt, deren Verwendung<br />

eingestellt werden kann, um <strong>eine</strong>n Eintrag in die Umwelt vollständig zu unterbinden, sondern<br />

dass darunter auch natürlich vorkommende Stoffe sowie Zwangsanfälle sind, bei denen die<br />

Nullemissionsforderung auf praktische Grenzen stößt [Führer 2006]. Die Liste ist nicht<br />

abgeschlossen; sie kann erweitert werden, wenn sich infolge neuer Erkenntnisse auch <strong>für</strong><br />

andere Verbindungen ein Gefährdungspotenzial ergibt. So enthält die Liste prioritärer Stoffe<br />

bislang weder verbreitet im Abwasser auftretende Humanarzneimittel (z. B. Carbamazepin)<br />

noch Hormone (z. B. Estradiol).<br />

In <strong>eine</strong>m Forschungsbericht des Umweltbundesamtes [Hillenbrand et al. 2007] werden die<br />

<strong>für</strong> Deutschland relevanten Eintragspfade <strong>für</strong> die prioritären Stoffe analysiert und Vorschläge<br />

zur Emissionsbegrenzung gemacht. Danach sind <strong>für</strong> Deutschland insbesondere die<br />

Schwermetalle (Cadmium, Quecksilber, Blei und Nickel), die Gruppe der polyzyklischen<br />

aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), die Pflanzenschutzmittel Diuron und Isoproturon<br />

sowie die Tributylzinnverbindungen relevant. In Tabelle 6.1 sind die prioritären und<br />

prioritären gefährlichen Stoffe aufgelistet, wobei die <strong>für</strong> Deutschland relevanten Verbindungen<br />

rot hervorgehoben sind. Emissionen aus kommunalen Abwassersystemen tragen in<br />

erheblichem Maße zur Gewässerbelastung in Deutschland bei – insbesondere <strong>für</strong><br />

Schwermetalle, Pflanzenschutzmittel und PAK (hierbei v. a. Straßenabläufe). Dabei sind<br />

Einträge aus Kläranlagenabläufen (schmutzwassserbürtige Verbindungen) und niederschlagsbedingte<br />

Abflüsse (oberflächenbürtige Verbindungen) zu unterscheiden [Welker<br />

2005, 2006]. So gelangen z. B. 25 % der Schwermetalle über urbane Flächen und 15 % über<br />

kommunale Kläranlagen in die Oberflächengewässer (im Mittel der vier Schwermetalle<br />

Cadmium, Quecksilber, Blei und Nickel).<br />

67


Tab. 6.1: Liste der prioritären und prioritären gefährlichen Stoffe [Quelle: BMU 2008b,<br />

Richtlinienvorschlag]<br />

68<br />

13 prioritäre gefährliche Stoffe 20 prioritäre Stoffe<br />

Anthracen Alachlor<br />

Bromierte Diphenylether(p-BDE) Atrazin<br />

Cadmium und Cadmiumverbindungen Benzol<br />

C10-13-Chloralkane Chlorfenvinphos<br />

Endosulfan Chlorpyrifos<br />

Hexachlorbenzol 1,2-Dichlorethan<br />

Hexachlorbutadien Dichlormethan<br />

Hexachlorcyclohexan Di(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP)<br />

Quecksilber und Quecksilberverbindungen Diuron<br />

Nonylphenole Fluoranthen<br />

Pentachlorbenzol Isoproturon<br />

Polyaromatische Kohlenwasserstoffe<br />

(ohne Fluoranthen)<br />

Tributylzinnverbindungen Naphthalin<br />

Blei und Bleiverbindungen<br />

Nickel und Nickelverbindungen<br />

Octylphenol<br />

Pentachlorophenol<br />

Simazin<br />

Trichlorbenzole<br />

Trichlormethan (Chloroform)<br />

Trifluralin<br />

Für Rheinland-Pfalz besteht allerdings in den Gewässern kein flächendeckendes Problem<br />

bei den prioritären bzw. bei den prioritär gefährlichen Stoffen. Das chemische Gewässermonitoring<br />

im Rahmen des Monitorings zur Aufstellung des ersten Bewirtschaftungsplanes<br />

der WRRL hat ergeben, dass 81 % der Oberflächenwasserkörper <strong>eine</strong>n guten chemischen<br />

Zustand aufweisen. An einigen Gewässerabschnitten sind noch Überschreitungen bei<br />

einigen wenigen Stoffen zu verzeichnen. Alle Oberflächenwasserkörper, deren chemischer


Zustand mit nicht gut beurteilt wurde, weisen auch im Hinblick auf den ökologischen Zustand<br />

Handlungsbedarf auf. Besonders betroffen ist das Bearbeitungsgebiet Oberrhein, in dem bei<br />

57 % der Oberflächenwasserkörper die Qualitätsnormen <strong>für</strong> den chemischen Zustand<br />

überschritten wurden [MUFV 2009b]. Die Ursachen sind in aller Regel bekannt, so dass hier<br />

ganz zielgerichtet, das heißt mit Maßnahmen an der Quelle vorgegangen wird. Eine<br />

Notwendigkeit zu <strong>eine</strong>r flächendeckenden Nachrüstung von Abwasseranlagen zur Reduktion<br />

von Mikroschadstoffen kann zurzeit nicht erkannt werden. Dies gilt sowohl <strong>für</strong> Kläranlagen<br />

als auch <strong>für</strong> Anlagen der Misch- und Niederschlagswasserbehandlung.<br />

In Einzelfällen könnten sich möglicherweise <strong>für</strong> die kommunale <strong>Abwasserwirtschaft</strong> als neue<br />

Anforderungen zur Minderung der Schadstoffemissionen im Bereich der Regenwasserbewirtschaftung<br />

Maßnahmen zur Entsiegelung von Flächen und Versickerung von Regenwasser<br />

sowie zur Behandlung von belastetem Niederschlagswasser (dezentrale Filteranlagen, Retentionsbodenfilter,<br />

etc.) ergeben. Über diese Maßnahmen wäre <strong>eine</strong> weitgehende Elimination<br />

von Schwermetallen und PAK grundsätzlich möglich. Zurzeit wird ein neuer Anhang<br />

„Niederschlagswasser“ zur Abwasserverordnung erarbeitet, der <strong>für</strong> neu zu entwässernde<br />

Gebiete Vorgaben zur Regenwasserbewirtschaftung enthalten soll.<br />

Im Bereich der Abwasserbehandlung könnten in Einzelfällen <strong>für</strong> große kommunale Kläranlagen<br />

zusätzliche Behandlungsverfahren notwendig werden, insbesondere <strong>für</strong> Kläranlagen<br />

an empfindlichen Gewässern. Während bisher die Abwasserreinigung auf kommunalen<br />

Anlagen mit dem Ziel der Kohlenstoffelimination sowie – bei größeren Anlagen – der<br />

Elimination von Stickstoff und Phosphor betrieben wird, könnten in Zukunft weitergehende<br />

Reinigungsanforderungen hinzukommen. In den letzten Jahren wurde <strong>eine</strong> Reihe<br />

technischer Verfahren entwickelt, um die Reinigungsleistung bezüglich organischer und<br />

anorganischer (Mikro-)Schadstoffe zu verbessern. Für die weitergehende kommunale<br />

Abwasserreinigung in Frage kommende Verfahren sind z. B. Membranfiltration, Aktivkohle-<br />

adsorption oder Ozonierung.<br />

Bei der Membrantechnik handelt es sich, wie bereits in Kapitel 3.5.1 beschrieben, um ein<br />

physikalisches Trennverfahren, bei dem in Abhängigkeit von der Porengröße der<br />

verwendeten Membranen Partikel unterschiedlicher Größe zurückgehalten werden. Der<br />

vollständige Feststoffrückhalt bewirkt neben <strong>eine</strong>r verbesserten Ablaufqualität bezüglich CSB<br />

und BSB5 sowohl den weitgehenden Rückhalt von Keimen als auch partikulär gebundener<br />

(Schad-)Stoffe wie z. B. Schwermetalle und PAK.<br />

Die erste großtechnische Membrananlage in Deutschland wird bereits seit 1999 vom<br />

Erftverband in Rödingen betrieben. Im Saarland wird seit 2006 die Kläranlage Ihn-Leidingen<br />

betrieben, die als Kombination aus Abwasserteich und Membrananlage ausgeführt ist.<br />

Inzwischen ist auch in Rheinland-Pfalz die erste Anlage mit Membrantechnik <strong>für</strong> 100 EW in<br />

Betrieb gegangen; weiterhin geplant ist <strong>eine</strong> Anlage <strong>für</strong> > 1.000 EW in der Verbandsgemeinde<br />

Thaleischweiler-Fröschen (Kläranlage Petersberg, Inbetriebnahme voraussichtlich 2010).<br />

Die Adsorption an Aktivkohle wird ebenfalls seit einigen Jahren untersucht, z. B. in halbtech-<br />

nischem Maßstab auf der Kläranlage Steinhäule (Ulm) in Baden-Württemberg [Kapp 2007].<br />

Pulveraktivkohle weist <strong>eine</strong> sehr große spezifische Oberfläche auf, an die sich Stoffe (u. a.<br />

auch organische Schadstoffe) anlagern können und in <strong>eine</strong>m nachgeschalteten Sedimenta-<br />

69


tionsbecken oder mit <strong>eine</strong>r nachgeschalteten Sandfiltration abgetrennt werden. Dadurch<br />

kann <strong>eine</strong> deutliche Verminderung von Spurenstoffen erzielt werden. Bei der Adsorption mit<br />

Aktivkohle ist ebenso wie bei der Membranfiltration im Gegensatz zu oxidativen Verfahren<br />

wie der Ozonierung k<strong>eine</strong> Metabolitenbildung zu erwarten.<br />

Seit Juli 2007 wird im Rahmen des Projekts „MicroPoll“ in Regensdorf (Schweiz) die<br />

Reinigungsleistung <strong>eine</strong>r kommunalen Anlage zur Ozonierung in Bezug auf Mikroschadstoffe<br />

untersucht [Denzler 2007, Gallati 2007]. Bei der Ozonierung entstehen reaktive Hydroxylradikale,<br />

die komplexe Verbindungen aufbrechen können, um sie so <strong>eine</strong>m biologischen<br />

Abbau zugänglich zu machen. Pro m 3 Abwasser werden 3-8 g Ozon benötigt, das aus<br />

flüssigem Sauerstoff vor Ort erzeugt und in <strong>eine</strong>m geschlossenen Becken ins Abwasser<br />

eingeblasen wird. Sowohl bei der Ozonierung als auch beim biologischen Abbau der<br />

organischen Schadstoffe können (z. T. unbekannte) Metabolite entstehen, deren Gefahren-<br />

potenzial noch nicht erforscht ist.<br />

Die Behandlung mit Ozon ist günstiger als die Dosierung von Pulveraktivkohle, außerdem<br />

kann bei der Ozonierung evtl. auf <strong>eine</strong>n nachgeschalteten Sandfilter verzichtet werden.<br />

Allerdings fällt bei der Ozonierung ein zusätzlicher Energiebedarf von ca. 0,1 kWh/m 3<br />

Abwasser an, was <strong>eine</strong>r Steigerung des Energieverbrauchs um 30-50 % entspricht.<br />

Mithilfe der beschriebenen Verfahren zur weitergehenden Abwasserbehandlung lässt sich<br />

die Konzentration an Mikroschadstoffen signifikant verringern. Maßnahmen an der Quelle<br />

sind jedoch end-of-pipe-Lösungen vorzuziehen. Ein solcher integrierter Umweltschutz<br />

beinhaltet neben der Vermeidung und Verringerung der Verwendung gefährlicher<br />

Substanzen auch die Erfassung von Abwasserteilströmen und deren getrennte Behandlung.<br />

Alternative Konzepte, die im Gegensatz zum gängigen System der Schwemmkanalisation<br />

auf der Stoffstromtrennung beruhen, stellen in Bezug auf den Eintrag von Mikroschadstoffen<br />

in die Umwelt eindeutig die nachhaltigere Lösung dar, wie bereits in Kapitel 3.4 aufgezeigt<br />

wurde. Gerade im Hinblick auf Arzneimittelrückstände würde es sich beispielsweise<br />

anbieten, hoch belastete Abwässer z. B. aus Krankenhäusern und anderen medizinischen<br />

Einrichtungen getrennt zu erfassen.<br />

70<br />

Fazit/Bewertung: Obwohl es auf der Grundlage der bisherigen Kenntnisse der<br />

Wasserwirtschaft in Rheinland-Pfalz k<strong>eine</strong> flächendeckende Gefährdung durch<br />

Mikroschadstoffe gibt, wird die zukünftige Relevanz dieser Thematik aufgrund der<br />

möglichen Gefährdung der aquatischen Umwelt als mittelhoch eingeschätzt.<br />

Punktuell gibt es konkreten Handlungsbedarf; hier wird zielgerichtet, in der Regel<br />

mit Maßnahmen an der Quelle vorgegangen.


6.4 Weitere Reduzierung der Phosphat-Einträge<br />

Rheinland-Pfalz hat im Bereich der Abwasserbeseitigung <strong>eine</strong>n hohen Stand erreicht. Bereits<br />

im Jahr 2008 wurden bei den Kläranlagen > 2.000 Einwohnerwerte (EW) 89 % des Gesamtphosphor<br />

eliminiert. Dieses hohe Niveau wird durch die Lageberichte zur Erfüllung der<br />

Berichtspflicht an die EU-Kommission zur Kommunalabwasserrichtlinie bestätigt [MUFV<br />

2009a]. Der hohe Stand der Abwasserbeseitigung ist wichtige Basis <strong>für</strong> die erzielte<br />

Verbesserung der Güte rheinland-pfälzischer Gewässer in den letzten Jahrzehnten.<br />

Allerdings hat die Bestandsaufnahme und das erste Monitoring der rheinland-pfälzischen<br />

Gewässer <strong>für</strong> Abwasseranlagen noch <strong>eine</strong>n gewissen Handlungsbedarf <strong>für</strong> den Parameter<br />

Phosphor aufgezeigt.<br />

Laut EG-WRRL soll bis 2015 in allen Oberflächengewässern ein guter ökologischer und<br />

chemischer Zustand erreicht sein. Die Einstufung des ökologischen Zustands erfolgt dabei in<br />

erster Linie aufgrund biologischer Kriterien, daneben werden unterstützend hydromorphologische<br />

und physikalisch-chemische Qualitätskomponenten herangezogen [EU-Kommission<br />

2000, REFCOND 2003]. Unter den physikalisch-chemischen Parametern kommt dem<br />

Phosphor <strong>eine</strong> besondere Bedeutung zu, weil er häufig der Minimumfaktor <strong>für</strong> das Algenwachstum<br />

und damit Ursache <strong>für</strong> die Eutrophierung von Fließgewässern und Seen ist.<br />

In Abbildung 6.9 sind die Phosphoreinträge in die Oberflächengewässer in Deutschland<br />

dargestellt. Haupteintragspfade <strong>für</strong> Phosphor sind demnach Auswaschungen aus landwirtschaftlich<br />

genutzten Flächen (diffuse Einträge) sowie Einleitungen aus kommunalen Kläranlagen<br />

und Misch- und Regenwasserentlastungen (punktförmige Einträge). Trotz <strong>eine</strong>r<br />

erheblichen Reduzierung der Phosphatfrachten im kommunalen Abwasser seit den 70er<br />

Jahren durch den Verzicht auf phosphathaltige Waschmittel sind Kläranlageneinleitungen<br />

neben den diffusen Einträgen immer noch der Haupteintragspfad <strong>für</strong> Phosphor in<br />

Oberflächengewässer. So gelangen allein in Rheinland-Pfalz ca. 474 t Phosphor pro Jahr<br />

aus kommunalen Kläranlagen in die Gewässer [StLA RLP 2006b].<br />

71


Abb. 6.9: Phosphoreintrag (Pges) von diffusen und punktförmigen Quellen in die Oberflächengewässer<br />

in Deutschland (Stand 2000, Angaben in %) [Quelle: Schmitt et<br />

al. 2008b, nach UBA 2006]<br />

Im Rahmen <strong>eine</strong>r Studie im Auftrag des MUFV wurden an der TU Kaiserslautern<br />

Empfehlungen zur Methodik der Auswahl von Maßnahmen zur Reduzierung von Phosphoreinträgen<br />

in Fließgewässer erarbeitet, die als Entscheidungshilfe <strong>für</strong> mögliche erforderliche<br />

Maßnahmen zur Umsetzung der EG-WRRL in Rheinland-Pfalz dienen. Die vorgestellten<br />

Maßnahmen zur Reduzierung der Phosphoreinträge sind nach den drei Hauptquellen<br />

(Einträge aus den punktförmigen Quellen „Kläranlage“ und „Misch- und Regenwassereinleitungen“<br />

sowie aus diffusen Quellen der Landnutzung) unterteilt. Da die meisten<br />

Maßnahmen zur Verminderung diffuser Einträge dem Einflussbereich der Wasserwirtschaft<br />

nicht unmittelbar zugänglich sind, wird innerhalb der Studie als einzige Maßnahme aus<br />

diesem Bereich die Umnutzung von Uferrandstreifen vorgeschlagen. Im Bereich der Entwässerungssysteme<br />

gibt es <strong>eine</strong> Vielzahl möglicher Maßnahmen, die jedoch oftmals nicht<br />

nur bzw. nicht vorrangig auf die Reduzierung der Phosphoreinträge abzielen, und daher<br />

meist kein optimales Kosten-Nutzen-Verhältnis in Hinblick auf Phosphor aufweisen. Dagegen<br />

sind die Maßnahmen in den Kläranlagen vergleichsweise kostengünstig, da dort Phosphor<br />

im Vergleich zur Niederschlagsentwässerung in höheren Konzentrationen anfällt und gezielt<br />

eliminiert werden kann [Schmitt et al. 2008b; Dierschke et al. 2008]. Die vorgeschlagenen<br />

Maßnahmen <strong>für</strong> die Mischwasserkanalisation sind in Abbildung 6.10 dargestellt. In den<br />

Tabellen 6.2 bis 6.5 sind die Maßnahmen <strong>für</strong> die drei Haupteintragspfade sowie <strong>eine</strong><br />

Abschätzung der jeweiligen Wirksamkeit und Kosten aufgeführt.<br />

72


Abb. 6.10: Mögliche Maßnahmen zur Phosphorreduzierung im Mischsystem [Quelle:<br />

Dierschke et al. 2008; Schmitt et al. 2008b]<br />

73


Tab. 6.2: Maßnahmen zur P-Elimination in Kläranlagen [Quelle: Dierschke et al. 2008;<br />

Schmitt et al. 2008b]<br />

Maßnahme Bemerkung Wirksamkeit Kostenschätzwerte <strong>für</strong><br />

diese Studie<br />

Bio-P nur bei geringen Anforderungen<br />

an die Ablaufkonzentration,<br />

74<br />

Kläranlagen < 10.000 EW<br />

Fällung/Flockung bei mittleren Anforderungen an<br />

die Ablaufkonzentration, Kläranlagen<br />

aller Größenordnungen<br />

Flockungsfiltration bei strengen Anforderungen an<br />

die Ablaufkonzentration, größere<br />

Kläranlagen,<br />

CP:<br />

bei sehr empfindlichen Gewässern<br />

auch bei kl<strong>eine</strong>ren Anlagen<br />

Phosphorkonzentration im Kläranlagenablauf<br />

CP = max. 2 mg/l im<br />

Sommer<br />

CP = 5- 6 mg/l im Winter<br />

0,5 €/kg P<br />

CP = 0,3 bis 1 mg/l 5 €/kg P <strong>für</strong> Anlagen<br />

< 10.000 EW<br />

4 €/kg P <strong>für</strong> Anlagen<br />

> 10.000 EW<br />

CP = ca. 0,15 mg/l 100 €/kg P <strong>für</strong> Anlagen<br />

< 25.000 EW<br />

80 €/kg P <strong>für</strong> Anlagen<br />

< 50.000 EW<br />

60 €/kg P <strong>für</strong> Anlagen<br />

< 500.000 EW<br />

40 €/kg P <strong>für</strong> Anlagen<br />

> 500.000 EW<br />

Tab. 6.3: Maßnahmen zur Reduktion von P-Emissionen aus Regenwassereinleitungen in<br />

Trennsystemen [Quelle: Schmitt et al. 2008b]<br />

Maßnahme Bemerkung Wirksamkeit Kostenschätzwerte <strong>für</strong><br />

diese Studie<br />

Abflussvermeidung Entsiegelung oder Versickerung;<br />

Hauptziel: Kosteneinsparung bei<br />

Kanalsanierungen, hydraulische<br />

und stoffliche Entlastung von<br />

Gewässern;<br />

Kostenspanne sehr groß bis in<br />

den Bereich <strong>eine</strong>s Kostengewinns<br />

Straßeneinlauffilter andere Ziele (z. B. Schadstoffelimination)<br />

vorrangig<br />

Regenklärbecken Hauptziel: hydraulische Entlastung,<br />

Rückhalt sämtlicher im N-<br />

Abfluss befindlicher Stoffe<br />

Retentionsbodenfilter weitergehende Behandlung des<br />

RB-Überlaufs,<br />

Elimination <strong>eine</strong>r Vielzahl von<br />

Stoffen<br />

Vegetationspassage weitergehende Behandlung des<br />

RB-Überlaufs,<br />

Elimination <strong>eine</strong>r Vielzahl von<br />

Stoffen,<br />

eigene Abschätzung<br />

100 % * Anteil Fläche AE,K 0 €/kg P<br />

30 % * Anteil Fläche AE,K<br />

0,035 - 0,075 kg P/(m 3 ⋅a)<br />

35 bis 65 %<br />

4.300 €/kgP<br />

600 €/kg P<br />

ca. 80 % 600 €/kg P<br />

max. 40 % 110 €/kg P


Tab. 6.4: Maßnahmen zur Reduktion von P-Emissionen von Mischwassereinleitungen aus<br />

Mischsystemen [Quelle: Schmitt et al. 2008b]<br />

Maßnahme Bemerkung Wirksamkeit Kostenschätzwerte <strong>für</strong><br />

diese Studie<br />

Abflussvermeidung Entsiegelung oder Versickerung<br />

Hauptziel: hydraulische Entlastung<br />

<strong>eine</strong>s Kanalnetzes<br />

Kostenspanne sehr groß bis in<br />

den Bereich <strong>eine</strong>s Kostengewinns<br />

Straßeneinlauffilter andere Ziele (z. B. Schadstoffelimination)<br />

vorrangig<br />

Fremdwasserreduzierung<br />

Optimierung der<br />

Drosselabflüsse<br />

Kanalnetzbewirtschaftung<br />

Hauptziele: Verringerung Entlastungsrate<br />

RÜB, Rückstau im<br />

Kanalnetz, Abwasserabgabe,<br />

Erhöhung Abwassertemperatur<br />

sehr große Kostenspanne<br />

Schmutzfrachtberechnung ergibt<br />

Wirksamkeit<br />

nur bei großen, flachen Kanalnetzen<br />

Regenbecken Regenüberlaufbecken oder Stauraumkanäle<br />

Siebe und Rechen im<br />

Regenbeckenüberlauf<br />

weitergehende Behandlung des<br />

RB-Überlaufs,<br />

Wirksamkeit abhängig von vorliegender<br />

Form des Phosphors<br />

Retentionsbodenfilter weitergehende Behandlung des<br />

RB-Überlaufs<br />

Elimination <strong>eine</strong>r Vielzahl von<br />

Stoffen<br />

Vegetationspassage weitergehende Behandlung des<br />

RB-Überlaufs, Elimination <strong>eine</strong>r<br />

Vielzahl von Stoffen<br />

eigene Abschätzung<br />

100 % * Anteil Fläche 0 €/kg P<br />

13 % der Mischwasserentlastungsfracht<br />

* Anteil<br />

Fläche<br />

0,2 bis 2,0 kg/a pro l/s reduziertes<br />

Fremdwasser<br />

9.900 €/kgP<br />

8.000 €/kg P<br />

0 bis 30 % 8 €/kg P<br />

0 bis 40 % 1.000 €/kg P<br />

0 bis etwa 0,2 kg P/ (m 3 ⋅a)<br />

70 % mit großer Spannweite<br />

10 % des gesamten Phosphors<br />

zusätzlich zu dem<br />

Phosphor, der durch das<br />

Regenbauwerk zurückgehalten<br />

wird<br />

0,021 kg/(m 3 ⋅a)<br />

ca. 70 %<br />

250 €/kg P<br />

1.000 €/kg P<br />

500 €/kg P<br />

max. 40 % 110 €/kg P<br />

Tab. 6.5: P-Reduktion durch Umnutzung von Uferrandstreifen [Quelle: Schmitt et al. 2008b]<br />

Maßnahme Bemerkung Wirksamkeit Kostenschätzwerte <strong>für</strong><br />

diese Studie<br />

Kauf oder Pacht mit<br />

anschließender Umnutzung<br />

10 m Breite auf jeweils 2 Gewässerseiten<br />

Kosten abhängig von vorhandener<br />

Nutzung, ergeben sich erst<br />

nach Berechnung<br />

ca. 80 % 40 bis 960 €/kg P<br />

(Medianwert<br />

ca. 200 €/ kg P)<br />

75


Eine Möglichkeit zur Verbesserung der Gewässergüte ist die Reduzierung der Phosphat-<br />

Einträge. Aus der Immissionsbetrachtung heraus werden also im Einzelfall möglicherweise<br />

erhöhte Reinigungsanforderungen in Abhängigkeit von der jeweiligen Gewässersituation<br />

gelten. Dies betrifft insbesondere Kläranlagen an kl<strong>eine</strong>n, empfindlichen Gewässern und<br />

Kläranlagen der Größenklassen I-III, die nach Emissionsansatz laut Anhang 1 der Abwasser-<br />

verordnung k<strong>eine</strong> Mindestanforderungen an die Phosphat-Elimination erfüllen müssen; aber<br />

auch <strong>für</strong> Kläranlagen über 10.000 EW könnten sich die bereits bestehenden Grenzwerte im<br />

Einzelfall verschärfen.<br />

Die Errichtung <strong>eine</strong>r Phosphatelimination wird im Handbuch „Grundlagen <strong>für</strong> die Auswahl der<br />

kosteneffizientesten Maßnahmenkombinationen zur Aufnahme in das Maßnahmenprogramm<br />

nach Artikel 11 der Wasserrahmenrichtlinie“ [Interwies et al. 2004] als Maßnahme zur<br />

Ertüchtigung von Kläranlagen bezüglich des Parameters Gesamtphosphor vorgeschlagen<br />

(siehe Abbildung 6.11). Das Emissionsminderungspotenzial wird mit 26 % angegeben, wenn<br />

alle Kläranlagen bis 10.000 EW mit <strong>eine</strong>r gezielten P-Elimination ausgestattet würden und<br />

zusätzlich bei den Kläranlagen > 100.000 EW die P-Ablaufwerte von durchschnittlich<br />

0,8 mg/l auf 0,5 mg/l Pges reduziert würden. Allerdings wären damit auch erhebliche Kosten<br />

verbunden.<br />

Abb. 6.11: Maßnahmenschema <strong>für</strong> den Belastungsbereich Punktquellen, Belastungsart<br />

Abwassereinleitungen [Quelle: Interwies et al. 2004]<br />

Im Wiki WRRL-NRW (abgerufen 2008) sind folgende Maßnahmen zur Optimierung der<br />

Phosphorelimination bei kommunalen Kläranlagen aufgeführt:<br />

76<br />

• Optimierung der Phosphorelimination durch <strong>eine</strong> biologische P-Elimination (z. B.<br />

anaerobe Mischbecken im Hauptstromverfahren)<br />

• Optimierung der Phosphorelimination durch Simultanfällung (insbesondere bei<br />

Kläranlagen mit <strong>eine</strong>r Anschlussgröße < 10.000 EW)<br />

• Optimierung der Phosphorelimination durch betriebliche Maßnahmen (z. B.<br />

Verbesserung der Dosiertechnik, Verbesserung der Regelungs- und Steuertechnik,<br />

Schulung des Kläranlagenpersonals)


Für die chemisch-physikalischen Qualitätskomponenten in Fließgewässern wurden seitens<br />

der LAWA Schwellenwerte vorgeschlagen <strong>für</strong> den Übergang vom „sehr guten“ zum „guten“<br />

Zustand (Hintergrundwerte) und <strong>für</strong> den Übergang vom „guten“ zum „mäßigen“ Zustand<br />

(Orientierungswerte). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den vorgeschlagenen<br />

Werten nicht um gesetzlich verbindliche Grenzwerte oder allgemein anzustrebende<br />

Sanierungswerte handelt. Für Gesamtphosphor wird je nach Gewässertyp ein Hinter-<br />

grundwert von 0,05-0,1 mg/l und ein Orientierungswert von 0,1-0,3 mg/l angegeben, <strong>für</strong><br />

Orthophosphat ein Hintergrundwert von 0,01-0,02 mg/l und ein Orientierungswert von<br />

0,07-0,2 mg/l [LAWA 2007]. Für die rheinland-pfälzischen Fließgewässer gelten dabei<br />

Orientierungswerte von 0,1 mg/l Gesamtphosphor und 0,07 mg/l Orthophosphat. Maßgebend<br />

ist allerdings der tatsächlich vorhandene ökologische Zustand. Falls der „gute ökologische<br />

Zustand“ nicht erreicht ist und die oben genannten Werte erreicht bzw. überschritten sein<br />

sollten, ist das Anlass, die Verursachung durch den Parameter Phosphor in diesem<br />

konkreten Fall zu überprüfen und ggf. entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Auch bei<br />

Messwerten über dem LAWA-Orientierungswert kann das Gewässer den guten ökologischen<br />

Zustand erreichen, z. B. bei ausreichend Fließgefälle und/oder genügend Beschattung.<br />

Im Zuge der Bestandsaufnahme, die nach EG-WRRL bis März 2005 durchzuführen war,<br />

wurden die Flusseinzugsgebiete in Rheinland-Pfalz weiter untergliedert und der ökologische<br />

Zustand der einzelnen Oberflächenwasserkörper beschrieben. Die gesamte Landesfläche<br />

liegt innerhalb der internationalen Flussgebietseinheit Rhein, die wiederum unterteilt ist in die<br />

Bearbeitungsgebiete Oberrhein, Mittelrhein, Mosel/Saar sowie Niederrhein. Insgesamt<br />

wurden in Rheinland-Pfalz 338 Oberflächenwasserkörper abgegrenzt, darunter 326 Fließgewässer<br />

und 12 Stehgewässer. Aufgrund <strong>eine</strong>r umfassenden biologischen und chemischen<br />

Bewertung wurde abgeschätzt, ob die Ziele der EG-WRRL wahrscheinlich erreicht werden<br />

oder nicht (vgl. Abbildung 6.12). In die Kategorie "Zielerreichung wahrscheinlich" wurde ein<br />

Oberflächenwasserkörper eingeordnet, wenn alle biologischen Parameter mindestens als<br />

"gut" bewertet wurden und die Schadstoffgrenzwerte nach europäischem und nationalem<br />

Recht eingehalten wurden. Danach müssen fast die Hälfte der rheinland-pfälzischen<br />

Oberflächenwasserkörper (154 von insgesamt 326 Fließgewässern) in die Kategorie<br />

„Zielerreichung unwahrscheinlich“ eingestuft werden [MUFV 2005]. Auffallend ist hierbei,<br />

dass die Ergebnisse der Bestandsaufnahme <strong>eine</strong> hohe Übereinstimmung mit der Gewässergütekarte<br />

bzw. der Gewässerstrukturgütekarte aufweisen; die Gewässer mit mäßiger<br />

Gewässergüte oder mit schlechter Gewässerstrukturgüte zählen tendenziell auch bei der<br />

Ersteinschätzung nach der EG-WRRL zu den Gewässern, bei denen die Zielerreichung<br />

unwahrscheinlich ist.<br />

Infolge der hohen anthropogenen Beanspruchung mit hoher Siedlungsdichte und intensiver<br />

landwirtschaftlicher Nutzung hat das Bearbeitungsgebiet Oberrhein (Vorderpfalz und Rheinhessen)<br />

bei der Bewertung besonders schlecht abgeschnitten; hier ist die Zielerreichung bei<br />

80 % der Oberflächengewässer unwahrscheinlich. Nach <strong>eine</strong>r Studie der TU Kaiserslautern<br />

zu ökologisch wirksamen Maßnahmen im Bereich von Phosphoreinträgen aus der Siedlungsentwässerung<br />

in die Oberflächengewässer [Schmitt et al. 2006b] gehören die Isenach<br />

und ihre Nebengewässer zu den Wasserkörpern in Rheinland-Pfalz mit den größten<br />

Problemen im Bereich der Nährstoffbelastung – insbesondere in Bezug auf den Parameter<br />

Phosphor – und zusätzlich sehr geringer Gewässerstrukturgüte.<br />

77


Abb. 6.12: Bewertung des ökologischen Zustandes der Fließgewässer in Rheinland-Pfalz<br />

[Quelle: MUFV 2005, Bestandsaufnahme]<br />

78


Abb. 6.13: Bewertung des ökologischen Zustandes der Fließgewässer in Rheinland-Pfalz<br />

nach Gewässermonitoring [Quelle: MUFV 2009b]<br />

Ähnliche Ergebnisse wie die Bestandsaufnahme 2005 weist auch die Gewässerbewertung<br />

im Rahmen des Monitorings 2009 auf (vgl. Abbildung 6.13). Danach haben bislang etwa<br />

79


27 % der Oberflächenwasserkörper in Rheinland-Pfalz die ökologischen Ziele der EG-WRRL<br />

(guter bis sehr guter Zustand) bereits erreicht, ca. 33 % wurden mit mäßig, ca. 24 % mit<br />

unbefriedigend und 16 % mit schlecht bewertet. Auch in dieser Studie zeigt sich, dass das<br />

Bearbeitungsgebiet Oberrhein besonders betroffen ist und sowohl stofflich als auch<br />

strukturell belastet ist. Fast 75 % der Oberflächenwasserkörper in diesem Flusseinzugsgebiet<br />

weisen <strong>eine</strong>n unbefriedigenden bis schlechten ökologischen Zustand auf. Zudem<br />

wurden hier in 65 % der Oberflächenwasserkörper die Umweltqualitätsnormen überschritten.<br />

In Bezug auf die Phosphorbelastung schneidet der frei fließende Rhein dagegen besser ab<br />

als die stauregulierten Flüsse Mosel, Saar oder Lahn. Während der LAWA-Orientierungswert<br />

<strong>für</strong> Gesamtphosphor von 0,1 mg/l als Jahresmittelwert im Oberrhein unterschritten wird,<br />

liegen die durchschnittlichen Jahresmittelwerte <strong>für</strong> Gesamtphosphor in der Saar bei ca.<br />

0,24 mg/l, in der Mosel bei ca. 0,18 mg/l und in der Lahn bei ca. 0,2 mg/l [MUFV 2009b].<br />

Bei der Aufstellung des ersten Bewirtschaftungsplans gemäß EG-WRRL wurden in enger<br />

Abstimmung mit den Kommunen alle laufenden und bis 2015 geplanten Maßnahmen der<br />

Abwasserbeseitigung integriert. Wichtige Basis waren und sind die Abwasserbeseitigungskonzepte<br />

(ABK). Es handelt sich vornehmlich um ohnehin erforderliche abwassertechnische<br />

Maßnahmen (z. B. Re-Investitionen bei Kläranlagen, Zusammenschlüsse, Komplettierung<br />

der Erstausstattung, Kanalsanierung/Fremdwasserreduzierung, Mischwasserbehandlung),<br />

die <strong>eine</strong>n positiven Effekt auf die weitere Reduzierung von vielen Stoffen haben,<br />

insbesondere auch auf die organische Fracht, den Phosphor und auch auf die<br />

Mikroschadstoffe und die Stickstoffverbindungen.<br />

6.5 Rückführung von Phosphor in den Nährstoffkreislauf<br />

Der Parameter Phosphor ist jedoch neben dem unter 6.4 genannten Aspekt der<br />

Emissionsminderung auch unter dem Gesichtspunkt der Schließung von Stoffkreisläufen<br />

besonders interessant. Phosphor ist als essentieller Nährstoff <strong>für</strong> das Wachstum von<br />

Pflanzen nicht ersetzbar und wird daher <strong>für</strong> die Produktion von Mineraldüngern <strong>für</strong> die<br />

Landwirtschaft benötigt und in großen Mengen abgebaut. Gleichzeitig sind aber die weltweit<br />

80<br />

Fazit/Bewertung: Aufgrund der eutrophierenden Wirkung des Nährstoffs Phosphor<br />

im Gewässer ist die Reduzierung der P-Einträge grundsätzlich ein wichtiges<br />

Thema. Die flächendeckende Einführung <strong>eine</strong>r neuen Reinigungsstufe ist jedoch<br />

nicht vorgesehen, da bei der P-Elimination in Rheinland-Pfalz bereits ein hohes<br />

Niveau erreicht ist und die ohnehin vorgesehenen Maßnahmen im Rahmen der<br />

Umsetzung der Abwasserbeseitigungskonzepte zur weiteren Reduzierung des P-<br />

Eintrags beitragen. Maßgebend <strong>für</strong> eventuell im Einzelfall erforderliche zusätzliche<br />

Maßnahmen <strong>für</strong> <strong>eine</strong> weitere Reduzierung der Phosphoreinträge in bestimmte<br />

Gewässer oder Gewässerabschnitte ist die Biologie. Hierüber wird auf der<br />

Grundlage der Ergebnisse des Monitorings zu entscheiden sein, das in 2013<br />

durchgeführt wird und die bis dahin durchgeführten Maßnahmen berücksichtigt.


vorkommenden geogenen Phosphorreserven begrenzt. Bei unvermindertem Verbrauch<br />

werden die wirtschaftlich zu erschließenden Phosphat-Lagerstätten noch ca. 100 Jahre<br />

reichen, wobei die Schätzungen hierzu stark schwanken [ATV-DVWK 2003].<br />

Im kommunalen Abwasser finden sich nicht unerhebliche Mengen an Phosphor, die zu etwa<br />

85 % aus menschlichen Ausscheidungen stammen. Bei der konventionellen Abwasserreinigung<br />

in Kläranlagen wird ein großer Teil des Phosphors im Klärschlamm gebunden, der<br />

Rest gelangt in die Gewässer und kann dort die schon beschriebenen Eutrophierungsprobleme<br />

verursachen. Da es zukünftig zu <strong>eine</strong>r Einschränkung der landwirtschaftlichen<br />

Klärschlammverwertung kommen könnte (siehe Kapitel 6.6), müssen die im Abwasser und<br />

letztlich im Klärschlamm enthaltenen Nährstoffe, vor allem Phosphor, auf anderem Wege der<br />

Landwirtschaft wieder zugeführt werden, um <strong>eine</strong> Ausschleusung aus dem Nährstoffkreislauf<br />

zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund wird derzeit im Rahmen der Novellierung der<br />

Abwasserverordnung <strong>für</strong> große Kläranlagen ein Gebot zur Phosphat-Rückgewinnung<br />

diskutiert [Hahn 2005].<br />

Die Rückgewinnung von Phosphat kann aus Abwasser, Prozesswasser, Klärschlamm und<br />

Klärschlammasche erfolgen, wobei das Rückgewinnungspotenzial aus Klärschlamm und<br />

Klärschlammasche wesentlich größer ist als bei dem Trennverfahren aus der wässrigen<br />

Phase [Schaum 2007], andererseits aber <strong>eine</strong>n hohen technischen und energetischen<br />

Aufwand erfordert. Durch <strong>eine</strong> Phosphorrückgewinnung aus Abwasser können zwar<br />

signifikante Mengen an Phosphor wiedergewonnen werden, die Kosten liegen aber in jedem<br />

Fall noch deutlich höher als der Phosphatmarktpreis. Eine Möglichkeit der Phosphat-<br />

Rückgewinnung stellt das sogenannte MAP-Verfahren dar, bei dem gezielt Phosphate aus<br />

Prozesswässern der anaeroben Schlammbehandlung als Magnesiumammoniumphosphat<br />

(MAP) gefällt werden und direkt in der Landwirtschaft als Dünger verwertet werden können.<br />

Als langfristige Alternative erscheint auch im Hinblick auf die Problematik der Rückführung<br />

von Phosphor in den Nährstoffkreislauf die Abtrennung von phosphatreichen Abwässern<br />

(Gelbwasser, Schwarzwasser) direkt in den Haushalten und deren getrennte Behandlung<br />

sinnvoll. Hier stellt z. B. die Gewinnung von Flüssigdünger aus Urin, wie im Kapitel 7.7 zum<br />

Projekt Komplett beschrieben wird, <strong>eine</strong> recht einfache Möglichkeit der Phosphorwiederverwertung<br />

dar.<br />

Aufgrund des hohen Anteils der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung in Rheinland-<br />

Pfalz wird ein großer Teil des im Abwasser vorhandenen Phosphats in den natürlichen<br />

Stoffkreislauf zurückgeführt. Daher ist die Thematik der Phosphorrückgewinnung aus<br />

Abwasser oder Klärschlamm derzeit hier nicht relevant. Die Relevanz kann allerdings in<br />

Abhängigkeit von der Entwicklung bei der Klärschlammentsorgung zunehmen. Das Land<br />

Rheinland-Pfalz unterstützt deshalb die Bestrebungen zur Weiterentwicklung der Phosphatrückgewinnung.<br />

81


6.6 Klärschlammentsorgung<br />

In Rheinland-Pfalz werden derzeit ca. 70 % des anfallenden Klärschlamms in der Landwirtschaft<br />

ausgebracht. So wurden im Jahr 2005 63.825 t TS von insgesamt 95.295 t TS<br />

kommunalen Klärschlamms landwirtschaftlich verwertet [Schmitt et al. 2007]. Aufgrund der<br />

im Klärschlamm enthaltenen Nährstoffe Stickstoff, Phosphor und Kalium ist <strong>eine</strong> stoffliche<br />

Nutzung als Düngesubstitut gerade im Hinblick auf <strong>eine</strong> nachhaltige Kreislaufwirtschaft und<br />

Ressourcenschonung sinnvoll (siehe vorangegangenes Kapitel 6.5). Da der Klärschlamm<br />

jedoch nicht nur <strong>eine</strong>n Nährstoffpool, sondern gleichzeitig auch <strong>eine</strong> Schadstoffsenke<br />

darstellt, wird die bodenbezogene Klärschlammverwertung seit einigen Jahren kontrovers<br />

diskutiert.<br />

Im Klärschlamm reichern sich nicht nur Schwermetalle, sondern auch <strong>eine</strong> Reihe<br />

organischer Schadstoffe an. Im Rahmen der anstehenden Novellierung der Klärschlammverordnung<br />

sollen daher die Grenzwerte <strong>für</strong> schädliche Inhaltsstoffe verschärft werden, damit<br />

„es längerfristig zu k<strong>eine</strong>r (wesentlichen) Schadstoffanreicherung in Böden durch Düngemaßnahmen“<br />

kommt. In den Tabellen 6.6 und 6.7 sind die Grenzwertvorschläge aus <strong>eine</strong>m<br />

Eckpunktepapier des Bundesministeriums <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit<br />

zur Novellierung der Klärschlammverordnung aufgeführt [BMU 2006b]. Neben der Verschärfung<br />

der bereits geltenden Grenzwerte <strong>für</strong> Schwermetalle sowie <strong>für</strong> polychlorierte Biphenyle<br />

(PCB), Dioxine und adsorbierbare, organisch gebundene Halogene (AOX) wird auch die<br />

Aufnahme neuer Schadstoffe diskutiert, z. B. Benzo(a)pyren (B(a)P), Di(2-ethylhexyl)phthalat<br />

(DEHP), die polyzyklischen Moschusverbindungen Tonalid und Galaxolid sowie Organozinkverbindungen<br />

wie Monobutylzinn (MBT) und Dibutylzinn (DBT). Außerdem wird geprüft,<br />

ob <strong>für</strong> perfluorierte Tenside (PFT) ebenfalls ein Grenzwert festzulegen ist. Diese Schadstoffgruppe<br />

ist in jüngster Zeit zunehmend in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses<br />

gerückt, nachdem PFT in verschiedenen deutschen Klärschlämmen nachgewiesen wurden.<br />

Es ist nicht auszuschließen, dass die Liste der klärschlammrelevanten Schadstoffe noch um<br />

einzelne Stoffe erweitert wird.<br />

82<br />

Fazit/Bewertung: Da Phosphor ein endlicher Rohstoff und essentieller Nährstoff <strong>für</strong><br />

das Pflanzenwachstum ist, ist die Rückführung des im Abwasser enthaltenen<br />

Phosphats in den Nährstoffkreislauf von großer Bedeutung. Diese Rückführung<br />

wird in Rheinland-Pfalz über die landwirtschaftliche Verwertung der gering<br />

belasteten Klärschlämme realisiert. Aus diesem Grund und aufgrund der noch sehr<br />

hohen Kosten <strong>für</strong> <strong>eine</strong> P-Rückgewinnung aus Abwasser oder Klärschlamm hat<br />

diese derzeit in Rheinland-Pfalz k<strong>eine</strong> hohe Relevanz in der Umsetzung. Das Land<br />

Rheinland-Pfalz setzt sich allerdings sehr intensiv mit diesem wichtigen Thema<br />

auseinander, um auch belastete Klärschlämme mit vertretbaren Kosten mittelfristig<br />

wieder in den Nährstoffkreislauf bringen zu können.


Tab. 6.6: Grenzwertvorschläge Schwermetalle [Quelle: Bergs 2007; BMU 2006b]<br />

Parameter<br />

(mg/kg TS)<br />

Vorschlag<br />

Novelle<br />

Geltende<br />

AbfKlärV<br />

Blei Cadmium Chrom Kupfer Nickel<br />

Quecksilber<br />

Zink<br />

100 2 80 (600) 60 1,4 (1.500)<br />

900 10 900 800 200 8 2.500<br />

Tab. 6.7: Grenzwertvorschläge organische Schadstoffe [Quelle: BMU 2006b]<br />

Parameter<br />

(mg/kg TS)<br />

Vorschlag<br />

Novelle<br />

Geltende<br />

AbfKlärV<br />

PCB Dioxine AOX B(a)P DEHP Moschus<br />

0,1 30 ng 400 1 100?<br />

15?<br />

10?<br />

0,2 100 ng 500 - - - -<br />

MBT +<br />

DBT<br />

Durch die neuen gesetzlichen Vorgaben wird es möglicherweise zu <strong>eine</strong>r Einschränkung der<br />

stofflichen Verwertung kommunaler Klärschlämme kommen. Nach Untersuchungen der<br />

DWA könnten, bei Betrachtung der Mittelwerte, über die Hälfte der deutschen Kläranlagen<br />

(51,4 %) – bei Einbeziehung der Maximalwerte sogar 62,2 % aller Anlagen – die neuen<br />

Anforderungen nicht einhalten [Reifenstuhl 2007].<br />

Laut Umweltministerin Margit Conrad sollen in Rheinland-Pfalz qualitativ hochwertige<br />

Klärschlämme weiterhin in der Landwirtschaft verwertet werden [Conrad 2007]. Ein<br />

grundsätzliches Ende der bodenbezogenen Nutzung wie in anderen Bundesländern (z. B.<br />

Baden-Württemberg) wird also nicht angestrebt. Die erzielten Verminderungs- und<br />

Vermeidungsmaßnahmen bei der Industrie und auch die Fortentwicklung bei der<br />

Abwasserbehandlung haben dazu geführt, dass die Belastungen von Klärschlämmen<br />

landesweit betrachtet bereits stark abgenommen haben. Das MUFV erwartet, dass sich<br />

durch die Änderung der Klärschlammverordnung die stoffliche Verwertungsrate von 70 % auf<br />

50 % reduzieren wird. Die tatsächliche Entwicklung ist zurzeit noch offen.<br />

Dennoch ist zu erwarten, dass <strong>für</strong> <strong>eine</strong>n Teil der bisher in der Landwirtschaft verwerteten<br />

Klärschlämme dieser Entsorgungsweg in Zukunft nicht mehr in Frage kommt. Nachdem seit<br />

2005 auch die Deponierung nicht mehr möglich ist, bleibt als Alternative zur landwirtschaftlichen<br />

oder landbaulichen Verwertung <strong>für</strong> höher schadstoffbelastete Klärschlämme nur<br />

die thermische Verwertung, entweder als Monoverbrennung oder als Mitverbrennung in der<br />

Zementindustrie, in Kohlekraftwerken oder in Müllheizkraftwerken. Neue, innovative Verfahren<br />

wie die Klärschlammvergasung, die Thermodruckhydrolyse (siehe Fallbeispiel KA<br />

Blümeltal in Kapitel 7.6) oder die Klärschlammpyrolyse befinden sich zurzeit noch in der<br />

Entwicklung. Eine Verbrennung von Klärschlamm bedingt jedoch <strong>eine</strong> aufwändigere<br />

Vorbehandlung (z. B. Trocknung) als die landwirtschaftliche Verwertung und ist in jedem Fall<br />

deutlich kostenintensiver.<br />

0,6?<br />

83


Darüber hinaus wird es bei der Novellierung der Klärschlammverordnung Verschärfungen<br />

bei den Hygieneanforderungen geben [Bergs 2007], die evtl. zusätzliche Schlammbehand-<br />

lungsmaßnahmen (z. B. Rohschlammerhitzung, Nachkalkung) erforderlich machen. In<br />

diesem Fall werden auch die Kosten der bodenbezogenen Klärschlammentsorgung steigen.<br />

6.7 Energieeffizienz<br />

Der Klimaschutz ist <strong>eine</strong> der großen Herausforderungen unserer Zeit (siehe auch Kapitel<br />

6.2). In diesem Zusammenhang ist das Thema Energie von großer Bedeutung, denn die<br />

Verringerung des Energieverbrauchs führt zu <strong>eine</strong>r Reduzierung der klimarelevanten CO2-<br />

Emissionen.<br />

Die Abwasserentsorgung erfordert <strong>eine</strong>n hohen Energieaufwand und damit auch<br />

entsprechende CO2-Emissionen. Insbesondere durch den Ausbau der Nährstoffelimination<br />

seit den 90er Jahren ist der Energieverbrauch auf Kläranlagen stark gestiegen. Mit <strong>eine</strong>m<br />

Anteil von ca. 20 % stellen Kläranlagen in der Regel den größten kommunalen Stromverbraucher<br />

dar. So benötigen die Kläranlagen in Deutschland fast 4.400 GWh Strom pro<br />

Jahr und stoßen damit rund 3 Mio. t CO2 aus [UBA 2008a]. Die konsequente energetische<br />

Optimierung der Abwasserentsorgung kann daher beträchtlich zur Reduzierung des kommunalen<br />

CO2-Ausstoßes beitragen.<br />

Neben dem umweltpolitischen Aspekt ist die energetische Optimierung von Kläranlagen<br />

jedoch auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten von großem Interesse, denn die<br />

Energiekosten machen <strong>eine</strong>n erheblichen Teil der Betriebskosten aus. Durch <strong>eine</strong> systematische<br />

Energieoptimierung der Kläranlagen können gleichzeitig die Umwelt entlastet und<br />

Kosten reduziert werden, was sowohl dem Klimaschutz als auch der Kommune bzw. den<br />

Bürgern zugute kommt. Gerade vor dem Hintergrund steigender Energiepreise wird die<br />

Energieoptimierung wirtschaftlich zunehmend wichtiger.<br />

Im Rahmen des Projektes „Benchmarking Wasserwirtschaft Rheinland-Pfalz“ wurden Daten<br />

zum Energieverbrauch auf Kläranlagen erhoben, die in Abbildung 6.14 dargestellt sind<br />

[Schreiber 2006]. Daraus wird zum <strong>eine</strong>n deutlich, dass der Bereich Abwasserbehandlung<br />

<strong>eine</strong>n weitaus größeren Anteil (über 85 %) am Gesamt-Energieverbrauch hat als der Bereich<br />

Abwasserableitung. Zum anderen zeigt die Abbildung, dass der spezifische Energieverbrauch<br />

mit steigender Unternehmensgröße sinkt. Im Mittel über alle Teilnehmer ergibt<br />

84<br />

Fazit/Bewertung: Im Rahmen der Novellierung der Klärschlammverordnung sollen<br />

die Anforderungen <strong>für</strong> <strong>eine</strong> bodenbezogene Verwertung des Klärschlamms<br />

verschärft werden, so dass zukünftig höher belastete Klärschlämme verbrannt<br />

werden müssten. Die Relevanz <strong>eine</strong>r sicheren Klärschlammentsorgung (stoffliche<br />

Verwertung der gering belasteten und thermische Verwertung der belasteten<br />

Klärschlämme) wird in Rheinland-Pfalz als hoch eingestuft.


sich ein Energieverbrauch von 36,4 kWh/(E⋅a) <strong>für</strong> die Abwasserbehandlung und<br />

5,8 kWh/(E⋅a) <strong>für</strong> die Abwasserableitung, wobei die Spannweiten sehr groß sind, da der<br />

Energieverbrauch maßgeblich von den topografischen Gegebenheiten des Siedlungsraumes<br />

und von der eingesetzten Verfahrenstechnik abhängt.<br />

Abb. 6.14: Spezifischer Energieverbrauch der Abwasserableitung und Abwasserbehandlung<br />

[Quelle: Schreiber 2006, Benchmarking Wasserwirtschaft Rheinland-Pfalz]<br />

Im Auftrag des MUFV haben das Zentrum <strong>für</strong> Innovative AbWassertechnologien (tectraa) an<br />

der TU Kaiserslautern und die Wupperverbandsgesellschaft <strong>für</strong> integrale Wasserwirtschaft<br />

mbH (WiW) <strong>eine</strong> Studie zur Energieoptimierung durchgeführt, wobei vier Referenzkläranlagen<br />

unterschiedlicher Größe untersucht wurden (siehe Fallbeispiel in Kapitel 7.3). Die<br />

Ergebnisse des Projekts wurden im Rahmen <strong>eine</strong>r Fachtagung am 19.11.2007 an der TU<br />

Kaiserslautern vorgestellt und in der Broschüre „Ökoeffizienz in der Wasserwirtschaft –<br />

Steigerung der Energieeffizienz von Abwasseranlagen“ veröffentlicht [Hansen et al. 2007].<br />

Bei den Referenzanlagen wurde <strong>für</strong> alle Verfahrensgruppen bzw. -aggregate der spezifische<br />

Stromverbrauch ermittelt und auf mögliche Einsparpotenziale und Maßnahmen zur Energieeinsparung<br />

untersucht. Diese Maßnahmen wurden anhand <strong>eine</strong>r Kosten-Nutzen-Analyse auf<br />

ihre Wirtschaftlichkeit überprüft und nach ihrem zeitlichen Realisierungshorizont in Sofortmaßnahmen,<br />

kurzfristige und abhängige Maßnahmen unterteilt. Danach sind durch die<br />

Kombination unterschiedlicher Maßnahmen theoretisch Einsparungen bis zu 40 % möglich.<br />

Übertragen auf ganz Rheinland-Pfalz ergibt sich ein Einsparpotenzial von rund<br />

80.000 MWh/a, was in etwa dem Stromverbrauch von 20.000 4-Personen-Haushalten<br />

entspricht. Das größte Potenzial zur energetischen Optimierung bietet die Umsetzung von<br />

betrieblichen und maschinentechnischen Maßnahmen, insbesondere im Bereich der<br />

Belüftung, während Maßnahmen wie die Umstellung von aeroben Stabilisierungsanlagen auf<br />

Schlammfaulung oder <strong>eine</strong> flächendeckende Fremdwasserentflechtung ein mittleres bis<br />

85


geringes Einsparpotenzial bei vergleichsweise hohen Kosten aufweisen. Ein weiterer<br />

sinnvoller Ansatz zur energetischen Optimierung ist neben den Maßnahmen zur Energieeinsparung<br />

aber auch die Energiegewinnung aus Abwasser; durch Energieeinsparung und<br />

Eigenstromerzeugung zusammen ergibt sich ein Gesamt-Optimierungspotenzial von<br />

landesweit 120.000 bis 130.000 MWh/a, entsprechend dem Energieverbrauch von 30.000<br />

4-Personen-Haushalten [Hansen et al. 2007].<br />

Auch angestoßen durch das genannte Projekt „Steigerung der Energieeffizienz von<br />

Abwasseranlagen“ wurden mittlerweile <strong>eine</strong> Vielzahl von Projekten und Konzepten zur<br />

Energieeinsparung im Abwasserbereich entwickelt und zu <strong>eine</strong>m Teil auch bereits<br />

umgesetzt. Viele der bei den 4 ausgewählten Modellkläranlagen aufgezeigten Potenziale<br />

werden genutzt. Exemplarisch <strong>für</strong> weitere gelungene Konzepte bzw. Maßnahmen sind die<br />

Projekte Co-Fermentation auf der Kläranlage Wittlich, die Konzeption <strong>eine</strong>s semizentralen<br />

Schlammbehandlungscenters der VG Sprendlingen-Gensingen, Wärmegewinnung aus<br />

Abwasser in Speyer bzw. in Nassau bis hin zum Konzept <strong>eine</strong>r „Energieautarken Kläranlage<br />

Koblenz“ zu nennen. Geplant sind weiterhin systematische Untersuchungen zur Umstellung<br />

von aeroben Stabilisierungsanlagen auf Schlammfaulung.<br />

Wie bereits in Kapitel 6.3 dargestellt, wird derzeit über den Einsatz ‚neuer’ Technologien wie<br />

Membranverfahren, UV-Desinfektion oder Ozonierung diskutiert, die über die Kohlenstoff-<br />

und Nährstoffelimination hinaus <strong>eine</strong> weitergehende Reinigung der Abwässer – beispielsweise<br />

im Hinblick auf Mikroschadstoffe oder Keime – gewährleisten sollen. Der Einsatz<br />

dieser Technologien ist jedoch mit z. T. erheblichem Energiemehraufwand verbunden, wie<br />

die nachfolgende Tabelle 6.8 zeigt. Der spezifische Energieverbrauch der rheinlandpfälzischen<br />

Kläranlagen ohne weitergehende Reinigungsstufe liegt je nach Größenklasse bei<br />

etwa 35 bis 75 kWh/(E⋅a), davon entfallen 50 bis 70 % auf den Bereich Belebung.<br />

Tab. 6.8: Energieeinsatz 4 weitergehender Technologien zur Abwasserbehandlung [Quelle:<br />

Hansen et al. 2007]<br />

Verfahren Reinigungsziel<br />

Membranbioreaktor (MBR)<br />

Sandfiltration<br />

86<br />

Hygienisierung<br />

Vollständige Partikelentfernung<br />

Partikelrückhalt<br />

weitergehende Phosphor-Elimination<br />

spez. Verbrauchswert<br />

[kWh/(E⋅a)]<br />

UV Hygienisierung 2,5<br />

Aktivkohle Adsorption von Hormonen und Pharmaka 5<br />

Ozonierung Hygienisierung 20<br />

Ozonierung<br />

Entfernung von anthropogenen<br />

Spurenstoffe<br />

4 In der Tabelle ist der Energiebedarf der jeweiligen Reinigungsstufe angegeben, nicht der Energie-<br />

bedarf <strong>für</strong> die Gesamtanlage.<br />

80<br />

5<br />

100


Da sich aus der Umsetzung der EG-WRRL bzw. der EG-Badegewässerrichtlinie [EU-<br />

Kommission 2006b] entsprechende Anforderungen zur weitergehenden Reinigung ergeben<br />

könnten, wurde im Rahmen der Studie „Energieeffizienzsteigerung von Kläranlagen“<br />

ausgehend von den Kennwerten in Tabelle 6.8 abgeschätzt, mit welchem energetischen<br />

Mehraufwand bei <strong>eine</strong>m gezielten Einsatz dieser Technologien zu rechnen wäre (siehe<br />

Abbildungen 6.15 und 6.16).<br />

MWh/a<br />

400.000<br />

300.000<br />

200.000<br />

100.000<br />

0<br />

268.920<br />

IST-Zustand<br />

290.572<br />

MBR<br />

(5% aller EW)<br />

312.244<br />

MBR<br />

(10% aller EW)<br />

272.344<br />

Sandfilter<br />

(10% aller EW)<br />

277.479<br />

Abb. 6.15: Energiemehraufwand beim Einsatz von Membranverfahren oder Sandfiltern<br />

[Quelle: Hansen 2007]<br />

Sandfilter<br />

(25% aller EW)<br />

87


88<br />

MWh/a<br />

400.000<br />

300.000<br />

200.000<br />

100.000<br />

0<br />

268.920 270.631 273.199 272.343 277.479 282.615<br />

IST-Zustand<br />

UV<br />

(10% aller EW)<br />

UV<br />

(25% aller EW)<br />

Aktiv-Kohle<br />

(10% aller EW)<br />

Aktiv-Kohle<br />

(25% aller EW)<br />

Ozonierung,<br />

Hygiene<br />

(10% aller EW)<br />

337.396<br />

Ozonierung,<br />

Schwebstoffe<br />

(10% aller EW)<br />

Abb. 6.16: Energiemehraufwand beim Einsatz von UV, Aktivkohle oder Ozonierung [Quelle:<br />

Hansen 2007]<br />

Insbesondere beim Einsatz von Membranbioreaktoren und beim Einsatz der Ozonierung mit<br />

dem Ziel der Elimination von anthropogenen Spurenstoffen wie Pharmaka und Hormonen ist<br />

mit <strong>eine</strong>m beträchtlichen Energiemehraufwand zu rechnen. So würde der Einsatz von<br />

Membranbioreaktoren <strong>für</strong> nur 10 % aller Einwohnerwerte in Rheinland-Pfalz zu <strong>eine</strong>m<br />

Anstieg des Energieverbrauches von knapp 17 % im Vergleich zum IST-Zustand führen.<br />

Eine Einführung der UV-Desinfektion zur Hygienisierung der Kläranlagenabläufe von 25 %<br />

der Einwohnerwerte in Rheinland-Pfalz würde hingegen nur zu <strong>eine</strong>r relativ moderaten<br />

Steigerung des Energieverbrauchs in <strong>eine</strong>r Größenordnung von knapp 2 % führen. Auch die<br />

Einführung der Sandfiltration bedingt nur <strong>eine</strong> relativ geringfügige Steigerung des Gesamtenergieverbrauchs<br />

(rund 3 % bei <strong>eine</strong>r Umsetzung <strong>für</strong> 25 % aller EW) [Hansen 2007].<br />

Im Rahmen der Novellierung der Abwasserverordnung sollen Anforderungen an die Energie-<br />

effizienz von Kläranlagen festgelegt werden. Dies erfolgt u. a. auf der Grundlage der<br />

nationalen Umsetzung der IVU-Richtlinie 5 im Wasserhaushaltsgesetz, in dem festgelegt ist,<br />

dass die Abwasserbehandlung nach dem Stand der Technik zu erfolgen hat (§ 7a WHG). Bei<br />

der Bestimmung des Standes der Technik ist neben anderen Kriterien auch die Energieeffizienz<br />

zu berücksichtigen (Anhang 2 zum § 7a Absatz 5).<br />

Im UBA-Forschungsbericht „Steigerung der Energieeffizienz auf kommunalen Kläranlagen“<br />

werden konkrete Vorschläge zur gesetzlichen Regelung der Energieeffizienz gemacht. So<br />

werden z. B. <strong>für</strong> Kläranlagen der Größenklasse III ein Toleranzwert von 35 kWh/(E⋅a) und ein<br />

5 Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Ver-<br />

minderung der Umweltverschmutzung


Zielwert von 18 kWh/(E⋅a) vorgeschlagen, wobei <strong>für</strong> Anlagen mit zusätzlichen Verfahrensstufen<br />

gegenüber dem Standard Zuschläge bei den Toleranz- und Zielwerten berücksichtigt<br />

werden. Die angegebenen Toleranzwerte sollten bei optimierter Betriebsweise mit vertretbarem<br />

Aufwand erreicht werden können, während der Zielwert <strong>eine</strong>n optimalen Zustand<br />

beschreibt, der „unter Berücksichtigung der jeweiligen Randbedingungen nicht von allen<br />

Kläranlagen mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand erreicht werden kann“ [Haberkern et al.<br />

2008].<br />

Fazit/Bewertung: Die Abwasserentsorgung erfordert <strong>eine</strong>n hohen Energieaufwand<br />

und damit nicht nur beträchtliche CO2-Emissionen, sondern auch hohe Kosten.<br />

Daher hat das Kriterium Energieeffizienz sowohl unter umweltpolitischen als auch<br />

unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten <strong>eine</strong> hohe Relevanz. Auch wenn das<br />

Benchmarking in der Wasserwirtschaft gezeigt hat, dass der Medianwert des<br />

Energieverbrauchs der rheinland-pfälzischen Kläranlagen vergleichsweise niedrig<br />

einzustufen ist, sind weitere Steigerungen der Energieeffizienz möglich und<br />

erforderlich.<br />

6.8 Desinfektion<br />

Da manche der in Abwässern enthaltenen Mikroorganismen pathogen wirken, kann in<br />

Abhängigkeit von der Gewässersituation bzw. der Gewässernutzung in Einzelfällen <strong>eine</strong><br />

Hygienisierung des Kläranlagenablaufs erforderlich werden. Höhere Anforderungen an <strong>eine</strong><br />

Desinfektion über die normale mechanisch-biologische Abwasserreinigung hinaus werden<br />

jedoch in der Regel nur dann gestellt, wenn entweder hygienisch besonders bedenkliche<br />

Abwässer anfallen (z. B. hochinfektiöse Krankenhausabwässer) oder das nachfolgende<br />

Gewässer zur Trinkwassergewinnung oder als Badegewässer genutzt wird. Ein weiterer<br />

Anwendungsfall <strong>für</strong> <strong>eine</strong> Abwasserdesinfektion ist die Wiederverwendung des gereinigten<br />

Abwassers zur Bewässerung oder als Brauchwasser. Tabelle 6.9 gibt die Konzentrationen<br />

pathogener Keime in Kläranlagenzuläufen und Kläranlagenabläufen an.<br />

Tab. 6.9: Konzentrationsbereiche <strong>für</strong> einige pathogene Keime in Kläranlagenzuläufen und<br />

Kläranlagenabläufen in Entwicklungs- und Industrieländern [Quelle: Scholz 2000]<br />

Organismengruppe Zulauf (Zahl/ml) Ablauf (Zahl/ml)<br />

Gesamtcoliforme 10.000-1.000.000 500-20.000<br />

Fäkalcoliforme 3.000-500.000 100-15.000<br />

Fäkalstreptokokken 500-50.000 20-1.500<br />

Viren bis 100 bis 10<br />

Auch nach mechanisch-biologischer Reinigung weisen Abwassereinleitungen in Oberflächengewässer<br />

noch hohe Werte <strong>für</strong> hygienisch relevante Mikroorganismen auf. So kommen<br />

z. B. coliforme Bakterien, die als Indikatororganismen <strong>eine</strong> Verschmutzung meist fäkalen<br />

89


Ursprungs anzeigen, in Kläranlagenabläufen in <strong>eine</strong>r Konzentration von 10 4 bis 10 6 KbE pro<br />

100 ml vor [Scholz 2000]. Diese Werte liegen weit über den Qualitätszielen der EG-<br />

Badegewässerrichtlinie, die <strong>für</strong> <strong>eine</strong> gute Qualität von Binnengewässern als Grenzwert <strong>für</strong><br />

E. coli 1000 KbE und <strong>für</strong> Enterokokken 400 KbE pro 100 ml vorsieht (vgl. Tabelle 2.2) [EU-<br />

Kommission 2006b].<br />

Zur weitergehenden Desinfektion von Abwasser kommen folgende Verfahren in Frage:<br />

90<br />

• Membranfiltration<br />

• chemische Oxidation durch Desinfektionsmittel wie Chlor, Ozon, Chlordioxid, Chlorkalk<br />

und Natriumhypochlorit<br />

• UV-Bestrahlung<br />

Wie bereits in Kapitel 3.5.1 und 6.3 beschrieben, ist durch den Einsatz der Membrantechnik<br />

ein weitgehender Rückhalt von Mikroorganismen möglich. Unerwünschte oder gefährliche<br />

Keime können auch durch <strong>eine</strong> Ozonierung entfernt werden, allerdings ist hierbei ebenso wie<br />

bei der Chlorung die Problematik der Metabolitenbildung zu berücksichtigen. Während die<br />

Abwasserchlorung bei kommunalen Kläranlagen in den USA und Kanada weit verbreitet ist,<br />

wird in Europa aus Gründen des Gewässerschutzes in der Regel auf <strong>eine</strong> Abwasser-<br />

Desinfektion durch Chlor und s<strong>eine</strong> Derivate verzichtet, da Chlor, Chlordioxid, Hypochlorit<br />

und Chloramine auf fast alle Wasserorganismen toxisch wirken. Außerdem ist bei der<br />

Desinfektion von Abwasser mit Chlor oder Natriumhypochlorit mit der Entstehung<br />

chlororganischer Verbindungen zu rechnen. Auch mit Hilfe der UV-Desinfektion können<br />

Keime weitgehend abgetötet und der Kläranlagenablauf hygienisiert werden.<br />

Fazit/Bewertung: Da die Flüsse in Rheinland-Pfalz nicht als Badegewässer ausgewiesen<br />

sind, ist derzeit <strong>eine</strong> Desinfektion von Kläranlagenabläufen im Sinne der<br />

Badegewässerrichtlinie hier nicht relevant. Alle 73 rheinland-pfälzischen Badegewässer<br />

sind Seen, in die k<strong>eine</strong> Abwässer eingeleitet werden. Anforderungen an<br />

<strong>eine</strong> Desinfektion des gereinigten Abwassers können sich in Ausnahmefällen<br />

ergeben durch die Nutzung als Betriebswasser oder zur Bewässerung.<br />

6.9 Personalausstattung und Personalqualifikation<br />

In den vorangegangenen Kapiteln 6.1 bis 6.8 wurde dargestellt, dass Kläranlagen in Zukunft<br />

immer differenziertere Anforderungen zu bewältigen haben werden. Auf der <strong>eine</strong>n Seite<br />

werden die Anforderungen an die Reinigungsleistung in begründeten Fällen steigen. Auf der<br />

anderen Seite wird der Kostendruck immer stärker, z. B. als Folge des demografischen<br />

Wandels. In diesem Zusammenhang kommt der angemessenen personellen Ausstattung<br />

und insbesondere der Qualifikation des Personals von Abwasserentsorgungseinrichtungen<br />

<strong>eine</strong> zunehmend größere Bedeutung zu. Die geforderte höhere Effizienz kann nur mit<br />

entsprechenden personellen Ressourcen erreicht werden. Dazu ist es notwendig, dass die


Betreiber von Abwasserentsorgungseinrichtungen <strong>eine</strong>rseits genügend Personal beschäftigen<br />

können, andererseits aber auch entsprechend qualifizierte und motivierte Mitarbeiter<br />

gewinnen können. Oftmals sind jedoch die Möglichkeiten der Einstellung von Personal so<br />

eingeschränkt, dass die Betreiber bei der Beschäftigung ihrer Mitarbeiter nicht flexibel<br />

agieren können. Hier wäre ein größerer Spielraum wünschenswert, als die Tarifverträge <strong>für</strong><br />

den öffentlichen Dienst bislang bieten. Dabei sollte es möglich sein, je nach Randbedingungen<br />

die personelle Ausstattung und Qualifikation der Beschäftigten auszuwählen<br />

und dem Einzelfall anzupassen. So erfordern etwa Anlagen mit höherem Technisierungsgrad<br />

oder spezifischeren Reinigungszielen, flächenmäßig größere sowie ältere oder überlastete<br />

Anlagen mehr Aufwand <strong>für</strong> die Instandhaltung als andere/herkömmliche Anlagen und haben<br />

daher auch <strong>eine</strong>n höheren Personalbedarf. Zudem erfordern die immer stärkere Automatisierung<br />

von Kläranlagen und der zunehmende Einsatz von Mess-, Steuer- und Regelungs-<br />

technik (z. B. Online-Messgeräte) <strong>eine</strong> höhere Qualifikation des Personals.<br />

Zur detaillierten Ermittlung des Personalbedarfs kann das ATV-Merkblatt 271 „Personalbedarf<br />

<strong>für</strong> den Betrieb kommunaler Kläranlagen“ [ATV 1998] herangezogen werden.<br />

Anforderungen an die Personalqualifikation werden im Merkblatt DWA-M 1000 „Anforderungen<br />

an die Qualifikation und die Organisation von Betreibern von Abwasseranlagen“<br />

[DWA 2005d] dargestellt. Pauschale Angaben zum Personalbedarf werden im Merkblatt<br />

„Personalbedarf auf kommunalen Kläranlagen“ des Bayerischen Landesamtes <strong>für</strong> Wasserwirtschaft<br />

[LfW 1989] gemacht (siehe Tabelle 6.10).<br />

Tab. 6.10: Mindestbedarf an Betriebspersonal auf kommunalen Kläranlagen [LfW 1989]<br />

Ausbaugröße<br />

(EW)<br />

100 bis etwa<br />

1.000<br />

1.000 bis etwa<br />

5.000<br />

5.000 bis etwa<br />

20.000<br />

20.000 bis etwa<br />

50.000<br />

50.000 bis etwa<br />

100.000<br />

Klärwärter/in<br />

(h/Wo)<br />

Ver- und Entsorger/in<br />

(Klärfacharbeiter/in)<br />

(h/Wo)<br />

Abwassermeister/in<br />

(h/Wo)<br />

15-20 - -<br />

10-15 15-25 -<br />

Beschäftigte<br />

insgesamt<br />

20-40 40 - 2<br />

40-60 80 40 3-5<br />

80 120 40 6-8<br />

Im Kommunalbericht 1998 des Rechnungshofes Rheinland-Pfalz (www.rechnungshofrlp.de/Kommunalberichte/Kommunalbericht_1998/KB_TZ04_1998.pdf)<br />

wurden in <strong>eine</strong>r Querschnittsprüfung<br />

30 repräsentative kommunale Einrichtungen der Abwasserbeseitigung (von<br />

insgesamt 220) untersucht und daraus Richtwerte <strong>für</strong> <strong>eine</strong> vereinfachte Ermittlung des<br />

Personalbedarfs gebildet (siehe Tabelle 6.11). Hierbei wurde allerdings nicht nur das<br />

Betriebspersonal, sondern auch Werkleitung sowie technische und kaufmännische Verwaltung<br />

berücksichtigt. Im Einzelfall muss dabei aufgrund örtlicher Besonderheiten ein Mehr-<br />

oder Minderbedarf angesetzt werden.<br />

91


Tab. 6.11: Personalbedarf der Einrichtungen der Abwasserbeseitigung [Rechnungshof<br />

Rheinland-Pfalz, Kommunalbericht 1998]<br />

Kläranlagen und Entwässerungssysteme benötigen qualifiziert ausgebildetes Personal.<br />

Neben der (Erst-)Ausbildung ist ein weiterer wesentlicher Aspekt dabei die Fort- und<br />

Weiterbildung des Personals. Da die Veränderungen im Umweltbereich und damit die Arbeit<br />

der Ver- und Entsorger in den letzten Jahren immer komplexer geworden ist, ist es nötig, das<br />

Fachwissen des Betriebspersonals immer wieder dem aktuellen Stand anzupassen. Eine<br />

gute Möglichkeit der beruflichen Fortbildung bieten beispielsweise die Kanal- und<br />

Kläranlagen-Nachbarschaften der DWA, in denen Entsorgungsfachleute der Kommunen und<br />

Zweckverbände mit dem Ziel der Weiterbildung und des Erfahrungsaustauschs organisiert<br />

sind.<br />

92<br />

Fazit/Bewertung: Da auf Entwässerung und Abwasserreinigung in Zukunft immer<br />

differenziertere Anforderungen zukommen, gleichzeitig aber der Kostendruck<br />

immer stärker wird, ist die Relevanz des Kriteriums Personal hoch. Dies betrifft<br />

sowohl die personelle Ausstattung als auch die Qualifikation der Beschäftigten. In<br />

diesem Zusammenhang haben auch die Möglichkeiten von Kooperationen große<br />

Bedeutung.


6.10 Neubewertung von Konzepten und Verfahren vor dem Hintergrund zukünftiger<br />

Anforderungen<br />

Einige der in den vorangegangenen Kapiteln beschriebenen zukünftigen Herausforderungen<br />

<strong>für</strong> die <strong>Abwasserwirtschaft</strong> befinden sich derzeit noch in Diskussion, wie z. B. die<br />

Einschränkung der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung, die Weiterentwicklung von<br />

Anforderungen an die Abwassereinleitung und eventuelle Vorgaben zur Energieeffizienz auf<br />

Kläranlagen. Wie sich die rechtliche Situation in den angesprochenen Punkten tatsächlich<br />

ändern wird, kann noch nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden, wobei die Tendenzen in<br />

den vorangegangenen Kapiteln herausgearbeitet wurden.<br />

Bei anderen Veränderungen ist bereits heute sicher, dass sie eintreten werden. Dazu gehört<br />

z. B. der demografische Wandel: dass es <strong>eine</strong>n Bevölkerungsrückgang in Rheinland-Pfalz<br />

geben wird, ist sicher. Auch gilt als wahrscheinlich, dass der Klimawandel Auswirkungen auf<br />

das Niederschlagsgeschehen haben wird. U. a. wird aus den Szenarien und Projektionen der<br />

Klimamodellrechnungen <strong>eine</strong> Zunahme von Starkregen als wahrscheinlich abgeleitet.<br />

Allerdings wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt k<strong>eine</strong> Änderung der gültigen Bemessungsansätze<br />

empfohlen. Zielführend erscheint vielmehr die Entwicklung von Notfallstrategien im<br />

Sinne <strong>eine</strong>s Risikomanagements <strong>für</strong> außergewöhnliche Regenereignisse außerhalb der<br />

üblichen Überflutungssicherheiten. Ebenfalls sicher ist, dass bereits heute ein hoher<br />

Investitionsbedarf <strong>für</strong> die Erneuerung bzw. Sanierung von Kanalnetzen besteht und dass der<br />

Kostendruck auf die Kommunen und Abwasserverbände zunehmen wird. Auch der Anstieg<br />

der Energiepreise ist nicht von der Hand zu weisen.<br />

Selbst wenn man also in <strong>eine</strong>r Art best-case-Szenario davon ausginge, dass die<br />

Auswirkungen des Klimawandels auf die Abwasserentsorgung vernachlässigbar wären und<br />

der Bevölkerungsrückgang in Rheinland-Pfalz nur ca. 10 % betragen würde, würde es –<br />

auch aufgrund geringerer spezifischer Verbräuche – zu <strong>eine</strong>r Überdimensionierung der<br />

Netze und Anlagen mit möglichen Folgekosten durch betriebliche Maßnahmen kommen.<br />

Diese Mehrkosten wären auf weniger Bürger umzulegen. Die Kommunen sind gefordert,<br />

drohenden spezifischen Kostensteigerungen durch geeignete Maßnahmen, insbesondere<br />

durch den Einsatz innovativer sowie bewährter Techniken und Strukturen sowie auch durch<br />

die Festlegung geeigneter Abschreibungszeiten entgegenzuwirken.<br />

Es ist jedoch vorstellbar, dass die Veränderungen in Einzelfällen sehr viel weitreichender<br />

sein könnten. So könnte in einzelnen Gemeinden der Bevölkerungsrückgang bis zu 40 %<br />

betragen. Wenn dann noch zusätzlich andere ungünstige Rahmenbedingungen (z. B.<br />

weitergehende Anforderungen an die Abwasserentsorgung aufgrund <strong>eine</strong>s leistungsschwachen<br />

Gewässers) hinzukämen, hätte das <strong>für</strong> die öffentlichen Haushalte extreme<br />

Einnahmenrückgänge zur Folge. Gleichzeitig müsste mit weniger Geld <strong>eine</strong> aufwändigere<br />

Entsorgung realisiert werden.<br />

In dünn besiedelten ländlichen Gebieten ist daher bei anstehenden Reinvestitionen zu<br />

prüfen, ob sich zentrale Strukturen dauerhaft und flächendeckend aufrecht erhalten lassen.<br />

Hier ist <strong>eine</strong>rseits zwar <strong>eine</strong> Abkehr vom wachstumsorientierten Denken nötig, andererseits<br />

sind aber „einfache“ dezentrale Lösungen von der Reinigungsleistung her oft nicht<br />

ausreichend. Langfristig könnte zumindest in manchen Gebieten ein Systemwechsel nötig<br />

93


werden von der zentralen Schwemmkanalisation zu dezentralen Lösungen bzw. Lösungen<br />

mit Stoffstromtrennung. Dabei bietet ein hoher Investitionsbedarf auch die Chance zur<br />

Erprobung innovativer Konzepte.<br />

Im Hinblick auf die beschriebenen zukünftigen Herausforderungen <strong>für</strong> die <strong>Abwasserwirtschaft</strong><br />

muss die am Ende des Kapitels 5 dargestellte Einschätzung von Konzepten und<br />

Verfahren aufgrund heutiger Anforderungen an die Abwasserentsorgung (vgl. Tabelle 5.1)<br />

erweitert und neu bewertet werden. Diese Erweiterung betrifft <strong>eine</strong>rseits Maßnahmen zur<br />

weitergehenden Reinigung (zusätzliche Behandlungsstufen) und alternative Konzepte<br />

(Stoffstromtrennung), andererseits aber auch neue Kriterien zur Bewertung, die sich aus<br />

möglichen zukünftigen Anforderungen ergeben. Die Auswahl der Kriterien wurde sowohl mit<br />

der rheinland-pfälzischen Wasserwirtschaftsverwaltung als auch mit den Landesverbänden<br />

(DWA-Landesverband Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland, Gemeinde- und Städtebund<br />

Rheinland-Pfalz, Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz) abgestimmt.<br />

Tabelle 6.12 gibt <strong>eine</strong>n Überblick über die Neubewertung der Konzepte und Verfahren <strong>eine</strong>r<br />

optimierten <strong>Abwasserwirtschaft</strong>. Die neu hinzugekommenen Kriterien und Verfahren sind<br />

farbig hervorgehoben und kennzeichnen die Erweiterung aufgrund zukünftiger Anforderungen,<br />

der weiße Teil der Tabelle entspricht im Wesentlichen der Tabelle 5.1, wobei die<br />

Belebungsanlagen im Durchlaufverfahren und die SBR-Anlagen, die Tropf- und Tauchkörper<br />

sowie die naturnahen Anlagen jeweils in <strong>eine</strong>r Spalte zusammengefasst wurden. Das<br />

Grundkriterium Reinigungsleistung wurde differenziert in die Kriterien Kohlenstoffelimination<br />

und Nährstoffelimination. Die Kriterien Kosten und Flexibilität sind natürlich auch bei<br />

Betrachtung der heutigen Situation der Abwasserentsorgung bereits wichtig, werden aber im<br />

Hinblick auf zukünftige Herausforderungen noch an Bedeutung gewinnen und sind, da sie<br />

sozusagen zwischen den Grundkriterien und den „neuen“ Kriterien stehen, in der Tabelle<br />

etwas heller farbig unterlegt. Während die Bewertung der einzelnen Verfahren/Konzepte in<br />

Tabelle 5.1 das Meinungsbild der Befragten der rheinland-pfälzischen oberen Wasserbehörde<br />

widerspiegelt, erfolgte die Bewertung in Tabelle 6.12 nach Literaturrecherche und<br />

Berücksichtigung sonstiger Informationsquellen durch die Bearbeiter der Studie. Die<br />

aufgeführten Verfahren und Konzepte werden in der Tabelle <strong>für</strong> jedes einzelne Kriterium mit<br />

„+“ (positiv), „-“ (negativ) oder „○“ (neutral) bewertet.<br />

Im Hinblick auf die Kohlenstoffelimination sind Belebungsanlagen, zusätzliche Behandlungsstufen<br />

und Stoffstromtrennung positiv zu beurteilen; <strong>für</strong> Tropf- und Tauchkörper sowie<br />

naturnahe Verfahren gilt das nur eingeschränkt. Noch deutlicher wird der Unterschied bei<br />

Betrachtung der Reinigungsleistung bezüglich Nährstoffen und weitergehender Phosphatelimination:<br />

hier sind Tropf- und Tauchkörper sowie naturnahe Verfahren negativ zu<br />

beurteilen, während alle anderen positiv gewertet werden. Beim Wartungsaufwand liegen<br />

dagegen die naturnahen Verfahren vorne. Auch das Kriterium Kosten kann nur bei den<br />

naturnahen Verfahren positiv bewertet werden; Tropf- und Tauchkörper sowie die Stoffstromtrennung<br />

werden neutral bewertet; die Kosten bei Belebungsanlagen und insbesondere<br />

bei den zusätzlichen Behandlungsstufen sind vergleichsweise hoch. Unter dem Aspekt<br />

Flexibilität ist die Stoffstromtrennung am günstigsten, die auch insgesamt die meisten<br />

positiven Bewertungen bei den neuen Kriterien erhält.<br />

Belebungsanlagen werden in Bezug auf die weitergehende Phosphorelimination und die<br />

Phosphorrückgewinnung positiv beurteilt, in Bezug auf die neuen Kriterien Energieeffizienz,<br />

94


Mikroschadstoffe und Entkeimung gibt es dagegen deutlich besser geeignete Verfahren. Da<br />

sie jedoch <strong>für</strong> die Grundkriterien, die auch in Zukunft sehr wichtig bleiben, positiv beurteilt<br />

werden, werden Belebungsanlagen auch weiterhin ihre große Relevanz behalten.<br />

Insbesondere auch Weiterentwicklungen des Belebungsverfahrens wie Biocos- oder<br />

CWSBR-Verfahren sind <strong>für</strong> den ländlichen Raum interessant und werden anhand von<br />

Fallbeispielen in Kapitel 7.1 vorgestellt.<br />

Tropf- und Tauchkörper dagegen sind den meisten neuen Anforderungen nicht gewachsen.<br />

Tropfkörper sind von ihrer Konzeption her nicht mehr zeitgemäß; Hauptausschlusskriterien<br />

sind hierbei die ungenügende Nährstoffelimination und mangelnde Flexibilität, die auch bei<br />

Betrachtung der heutigen Situation schon zum Tragen kommen. Daher können sie zwar in<br />

Ausnahmefällen ihre Berechtigung haben, werden aber in der Regel bei <strong>eine</strong>m Neubau nicht<br />

in Frage kommen. Bereits vorhandene Tropfkörper können jedoch teilweise bei <strong>eine</strong>r<br />

Erweiterung oder Sanierung der Anlage sinnvoll in das Gesamtkonzept einbezogen werden.<br />

Tauchkörper sind insgesamt etwas positiver zu bewerten als Tropfkörper. Bei großen<br />

Anlagen und weitergehenden Anforderungen an die Nährstoffelimination oder den Rückhalt<br />

von Mikroschadstoffen oder Keimen sind Tauchkörper nicht geeignet, aber <strong>für</strong> kl<strong>eine</strong><br />

Anlagen kann es durchaus sinnvolle Einsatzmöglichkeiten geben, wie einige Beispiele im<br />

benachbarten Saarland zeigen.<br />

Tab. 6.12: Neubewertung der Instrumente <strong>eine</strong>r optimierten <strong>Abwasserwirtschaft</strong> in<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Kriterien<br />

Belebungsanlagen<br />

1<br />

Tropf-/Tauchkörper<br />

naturnahe<br />

Verfahren 2<br />

zusätzliche Behandlungsstufen<br />

3<br />

Stoffstromtrennung<br />

Kohlenstoffelimination + ○/+ ○/+ + +<br />

Nährstoffelimination + - - + +<br />

Betriebssicherheit + ○ ○ + +<br />

Wartungsaufwand ○ ○/+ + - -/○<br />

Kosten - ○ + - ○<br />

Flexibilität ○/+ - ○/+ -/○ +<br />

weitergehende<br />

P-Elimination<br />

+ - - + +<br />

Energieeffizienz ○ ○/+ + - -/○<br />

P-Rückgewinnung + - ○ ○ +<br />

Mikroschadstoffe -/○ - - + +<br />

Entkeimung - - -/○ + +<br />

1 Belebungsanlagen im Durchlaufverfahren und SBR-Anlagen<br />

2 Pflanzenkläranlagen und Abwasserteiche<br />

3 Membranstufe, Ozonierung, Aktivkohlezugabe<br />

95


Hauptargumente <strong>für</strong> die naturnahen Verfahren sind die Kriterien Kosten, Wartungsaufwand<br />

und Energieeffizienz, Hauptargument dagegen ist die Reinigungsleistung bezüglich der<br />

Nährstoffe Stickstoff und Phosphor. D. h. naturnahe Verfahren sind nicht empfehlenswert,<br />

wenn Anforderungen bezüglich der Nährstoffelimination bestehen; sind dagegen nur Anforderungen<br />

bezüglich der Kohlenstoffelimination zu erfüllen, stellen naturnahe Verfahren <strong>eine</strong><br />

relativ einfache und kostengünstige Alternative zu technischen Verfahren dar. So haben<br />

Pflanzenkläranlagen im Bereich der Kleinkläranlagen <strong>eine</strong> breite Anwendung gefunden. In<br />

Kapitel 7.1 werden verschiedene Beispiele <strong>für</strong> naturnahe Anlagen vorgestellt.<br />

Zusätzliche Behandlungsstufen wie Membranstufe, Ozonierung oder Aktivkohlezugabe sind<br />

bei <strong>eine</strong>m bestehenden Abwassersystem die einzige Möglichkeit, kurzfristig die Erfüllung<br />

möglicher zusätzlicher Anforderungen wie Rückhalt von Mikroschadstoffen oder Desinfektion<br />

zu gewährleisten. Die Reinigungsleistung insgesamt wird durch die zusätzlichen Behandlungsstufen<br />

verbessert, nachteilig sind jedoch die deutlich höheren Kosten, ein größerer<br />

Wartungsaufwand und ein höherer Energieverbrauch.<br />

Alternativ können zusätzliche Anforderungen beispielsweise zum Rückhalt von Mikroschadstoffen<br />

oder zur Hygienisierung durch Konzepte mit Stoffstromtrennung erfüllt werden.<br />

Viele Probleme der konventionellen Abwasserentsorgung werden durch alternative Sanitärkonzepte<br />

umgangen (siehe Kapitel 3.4). Gerade anthropogene Spurenstoffe und Keime<br />

werden effektiv vom Gewässer ferngehalten. Daneben ist <strong>eine</strong> Rückführung der Nährstoffe in<br />

den natürlichen Kreislauf einfach möglich. Nachteilig ist ein größerer Wartungsaufwand, ein<br />

höherer Energieverbrauch und je nach Randbedingungen auch höhere Kosten. Unter dem<br />

Aspekt der Nachhaltigkeit ist die Stoffstromtrennung insbesondere beim Neubau im Einzelfall<br />

sinnvoll. Im Bestand sind Konzepte zur Trennung von Stoffströmen dagegen nur langfristig<br />

und mit sehr hohem Aufwand zu realisieren. In Kapitel 7.7 ist ein Beispiel <strong>für</strong> alternative<br />

Konzepte aufgeführt.<br />

Da die Kriterien in unterschiedliche Richtungen abzielen und sich z. T. gegenseitig wider-<br />

sprechen, muss in jedem Einzelfall festgelegt werden, welchem Kriterium die höchste<br />

Priorität eingeräumt wird. In Gesprächen mit den Wasserwirtschaftsbehörden und den<br />

Landesverbänden wurde die Gewichtung der Kriterien diskutiert. Dass die Grundkriterien<br />

Reinigungsleistung (bezüglich Kohlenstoff und Nährstoffe), Betriebssicherheit und Wartungsaufwand<br />

auch in Zukunft wichtig bleiben werden, ist unbestritten. Nach Ansicht der<br />

Wasserwirtschaftsverwaltung sind die dauerhafte Sicherstellung des erreichten hohen<br />

Niveaus hinsichtlich der Kohlenstoff- und Nährstoffelimination, die Flexibilität und die Kosten<br />

am wichtigsten. Punktuelle Nachbesserungen in begründeten Fällen beim Parameter<br />

Phosphor mit einfachen Verfahren können ebenfalls im Einzelfall wichtig sein. Hier wird vor<br />

allem der vergleichsweise günstigen Fällungsoptimierung <strong>eine</strong> hohe Bedeutung zugerechnet.<br />

Nach Ansicht der Verbände rangieren ebenfalls die Kosten und die Energieeffizienz in der<br />

Prioritätenfolge der „neuen“ Kriterien auf den vorderen Plätzen, während die Kriterien<br />

Mikroschadstoffe und Entkeimung als weniger wichtig bewertet werden. Gerade die<br />

Gewichtung ist jedoch stark von den jeweils geltenden Rahmenbedingungen abhängig.<br />

Daher wird es im Einzelfall möglicherweise zu <strong>eine</strong>r ganz anderen als der <strong>für</strong> ganz<br />

Rheinland-Pfalz geltenden durchschnittlichen Gewichtung von Wasserwirtschaftsbehörden<br />

und Landesverbänden kommen. Es können also k<strong>eine</strong> pauschalen Empfehlungen zur Wahl<br />

<strong>eine</strong>s bestimmten Abwasserkonzeptes gegeben werden, sondern es muss <strong>eine</strong><br />

96


Einzelfallprüfung erfolgen, die insbesondere Rahmenbedingungen wie die Lage und Größe<br />

des Entwässerungsgebietes, die Siedlungsdichte, die Leistungsfähigkeit des aufnehmenden<br />

Gewässers etc. berücksichtigt. Daraus kann dann <strong>eine</strong> Prioritätenfolge <strong>für</strong> die einzelnen<br />

Kriterien abgeleitet werden.<br />

97


7 Fallbeispiele<br />

Im Folgenden werden gelungene und nachahmenswerte Lösungen und Fallbeispiele<br />

überwiegend aus Rheinland-Pfalz, teilweise aber auch aus den angrenzenden Bundesländern,<br />

dargestellt. Die Fallbeispiele sind dabei unterschiedlichen Kategorien zuzuordnen;<br />

neben verfahrenstechnischen Aspekten von Entwässerungssystemen und Abwasserreinigungsanlagen<br />

werden auch organisatorisch-strukturelle Aspekte wie die optimale Entwässerungsstruktur/das<br />

beste Entwässerungssystem, gemeinsamer Einkauf, gemeinsame<br />

Lagerhaltung und Nutzung von Aggregaten etc. berücksichtigt. Die Sammlung beinhaltet ca.<br />

40 Fallbeispiele in folgenden Kategorien:<br />

98<br />

• Verfahrenstechnik<br />

• Betriebsoptimierung<br />

• Energieoptimierung<br />

• Organisation des Betriebs<br />

• Stoffstromtrennung<br />

• Fremdwasser-Reduzierung<br />

• Weitergehende Mischwasser-/Regenwasserbehandlung<br />

• Klärschlammbehandlung<br />

• Entwässerungskonzept<br />

Zur besseren Übersichtlichkeit werden die Beispiele einheitlich in Formblättern dargestellt, in<br />

denen die wichtigsten Informationen zum Projekt jeweils auf <strong>eine</strong>r Seite zusammengestellt<br />

sind. Die Informationen kommen zum größten Teil von den Betreibern. In den Fällen, in<br />

denen Informationen aus der Literatur zusammengestellt oder über die Ingenieurkammer<br />

eingereicht wurden, haben die Betreiber diese zumindest gegengelesen und bestätigt.<br />

Neben der Projektbezeichnung und <strong>eine</strong>r Kurzbeschreibung enthält jedes Formblatt die<br />

Kontaktdaten <strong>eine</strong>s Ansprechpartners, ggf. ein Foto, <strong>eine</strong> Beschreibung sowie <strong>eine</strong><br />

Bewertung des Projekts. Aufgrund der Beschränkung auf nur <strong>eine</strong> Seite pro Fallbeispiel ist<br />

es nicht möglich, alle Details darzustellen. Durch die Angabe <strong>eine</strong>s Ansprechpartners zu<br />

jedem der vorgestellten Projekte soll dem interessierten Leser daher die Möglichkeit<br />

gegeben werden, sich durch direkte Kontaktaufnahme mit den Betreibern eingehender zu<br />

informieren.<br />

Die Auswahl der Fallbeispiele erfolgte in enger Abstimmung mit der Wasserwirtschaftsverwaltung<br />

und den Landesverbänden. Diese Beispiele aus der Praxis sollen dazu dienen,<br />

Vorlagen mit Vorbildfunktion <strong>für</strong> spezielle Fragestellungen bereitzustellen, um im ländlichen<br />

Raum nachhaltige und ökoeffiziente Lösungen <strong>für</strong> die <strong>Abwasserwirtschaft</strong> zu schaffen.<br />

Neben den hier dargestellten Beispielen gibt es in Rheinland-Pfalz zahlreiche weitere<br />

gelungene Lösungen, deren umfassende Nennung jedoch den Rahmen dieser Studie<br />

sprengen würde. Insofern stehen die hier beschriebenen Projekte jeweils stellvertretend <strong>für</strong><br />

<strong>eine</strong> Reihe ähnlicher Beispiele.


Weitere Beispiele <strong>für</strong> gelungene Lösungen im ländlichen Raum außerhalb von RLP sind in<br />

der Broschüre „TAT-Orte – Abwasserentsorgung im ländlichen Raum“ [DBU 2001]<br />

aufgeführt.<br />

7.1 Verfahrenstechnik<br />

In der Kategorie Verfahrenstechnik werden Kläranlagen dargestellt, die nach verschiedenen<br />

der bereits in Kapitel 3.5 beschriebenen Verfahren zur Abwasserbehandlung betrieben<br />

werden. Die Auswahl umfasst sowohl technische als auch naturnahe Verfahren. Dabei<br />

werden sowohl Verfahren dargestellt, die eher <strong>für</strong> kl<strong>eine</strong> Ausbaugrößen geeignet sind als<br />

auch solche, die auch <strong>für</strong> große Kläranlagen Anwendung finden. Auf die Beschreibung von<br />

Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb wurde verzichtet, da die meisten Anlagen in<br />

Rheinland-Pfalz (vgl. Kapitel 4.3) nach diesem Verfahren betrieben werden und an dieser<br />

Stelle die weniger verbreiteten Verfahren vorrangig vorgestellt werden sollen. Folgende<br />

Kläranlagen werden in Formblättern vorgestellt:<br />

• Bechhofen (VG Zweibrücken-Land) als Beispiel <strong>für</strong> die naturnahe Erweiterung <strong>eine</strong>r<br />

Kläranlage<br />

• Breunigweiler (VG Winnweiler) als Beispiel <strong>für</strong> <strong>eine</strong> Biocos-Anlage<br />

• Fockenbachtal (VG Rengsdorf) als Beispiel <strong>für</strong> <strong>eine</strong>n zur CWSBR-Anlage<br />

umgerüsteten Teich<br />

• Heidnerhof (VG Brohltal) als Beispiel <strong>für</strong> <strong>eine</strong> Membrankleinkläranlage<br />

• Heßheim (AZV Mittleres Eckbachtal) als Beispiel <strong>für</strong> <strong>eine</strong> SBR-Anlage mit Kampagne-<br />

Einfluss<br />

• Langenbach (VG Bad Marienberg) als Beispiel <strong>für</strong> <strong>eine</strong>n zur SBLR-Anlage<br />

umgerüsteten Teich<br />

• Schupbach (AV Christianshütte, Limburg, Hessen) als Beispiel <strong>für</strong> den Ersatz <strong>eine</strong>r<br />

Teichkläranlage durch <strong>eine</strong> SBR-Anlage im laufenden Anlagenbetrieb<br />

• St. Alban, VG Rockenhausen als Beispiel <strong>für</strong> <strong>eine</strong> Pflanzenkläranlage<br />

Daneben gibt es zahlreiche weitere gut funktionierende Kläranlagen, so z. B. neben der KA<br />

Breunigweiler noch zwei weitere Biocos-Anlagen in der VG Winnweiler sowie je <strong>eine</strong> in den<br />

VG Wolfstein, Lambrecht und Kirchheimbolanden. Membrananlagen sind in Rheinland-Pfalz<br />

im kommunalen Bereich bislang noch nicht sehr verbreitet. Es gibt einige Kleinkläranlagen<br />

<strong>für</strong> Einzelanwesen mit Membrantechnik, die sehr gut funktionieren (siehe Fallbeispiel<br />

Heidnerhof). Im nördlichen Rheinland-Pfalz gibt es jedoch auch <strong>eine</strong> Membrananlage <strong>für</strong><br />

120 EW, bei der – insbesondere durch <strong>eine</strong>n erhöhten Fremdwasserzufluss – hydraulische<br />

Probleme bestehen. Außerdem bildet sich permeatseitig an den Membranmodulen immer<br />

wieder <strong>eine</strong> störende Sielhaut durch Wiederverkeimung mit Zoogloea. Aufgrund der<br />

hydraulischen Begrenzung und der ständig nötigen Deckschichtkontrolle können die<br />

Überwachungswerte <strong>für</strong> den anorganischen Gesamtstickstoff nicht sicher eingehalten<br />

werden.<br />

99


Weitere Beispiele <strong>für</strong> verfahrenstechnische Lösungen insbesondere <strong>für</strong> kl<strong>eine</strong> Kläranlagen<br />

finden sich im benachbarten Saarland, z. B. die im Jahr 2005 in Betrieb genommene<br />

Kläranlage Oberesch mit <strong>eine</strong>r Ausbaugröße von 350 EW, die <strong>eine</strong>n belüfteten<br />

Abwasserteich mit <strong>eine</strong>m Scheibentauchkörper kombiniert.<br />

100


Projekt: KA Bechhofen (VG Zweibrücken-Land)<br />

Naturnahe Erweiterung und Ertüchtigung<br />

Ansprechpartner:<br />

Peter Wild, Tel.: 06332 8062600<br />

VGW Zweibrücken-Land<br />

Landauer Str. 18-20<br />

66482 Zweibrücken<br />

Beschreibung:<br />

Altanlage nach Tropfkörperverfahren, seit 1968 in Betrieb, <strong>für</strong> 2.200 EW erbaut;<br />

naturnahe Erweiterung auf 3.500 EW im Jahr 2001 durch <strong>moderne</strong> schilfbepflanzte<br />

Bodenfilter; später um ein Mischwasserbehandlungsbiotop ergänzt.<br />

Bauliche Maßnahmen: neuer Feinrechen und Sandfang (Kompaktanlage), RÜB alt wird<br />

Schlammspeicherbecken, neue Tropfkörperpumpen, Absetzteich mit bepflanzten<br />

Schwimminseln (380 m²), zwei vertikal durchströmte Bodenfilter (ca. 4.000 m²), zwei<br />

Klärschlammvererdungsbeete (ca. 820 m²), neue Ablaufmengenmessung, neue Mess-,<br />

Steuer- und Regeltechnik.<br />

Das Mischwasserbiotop besteht aus Speicherteich (1.000 m³) und schilfbepflanztem<br />

Bodenfilter (300 m²), dessen Ablauf direkt ins Gewässer führt, also <strong>eine</strong> separate Regenwasserkläranlage<br />

darstellt. Durch die naturnahe Erweiterung und Ertüchtigung der KA<br />

Bechhofen entstehen Sekundärbiotope (Großröhricht), die beträchtliche Habitatfunktionen<br />

<strong>für</strong> Vögel, Amphibien und Insekten entfalten und sich landschaftsgerecht in die<br />

Umgebung einpassen.<br />

Bewertung:<br />

Die naturnah nachgerüstete KA Bechhofen hat 2007 Wirkungsgrade erreicht, die nicht nur<br />

die neuen wasserbehördlichen Grenzwerte weit unterschreiten, sondern sogar deutlich<br />

unterhalb der bundesweit gültigen Anforderungen <strong>für</strong> Großkläranlagen mit Anschlusswerten<br />

von mehr als 100.000 EW liegen, trotz zum Teil hoher Zulaufbelastung. Die<br />

Sauerstoffzehrung des ins Gewässer Lambsbach eingeleiteten gereinigten Abwassers ist<br />

nun um ca. 97 % reduziert, Ammonium um 99 %, Gesamtstickstoff um 70 % und<br />

Gesamtphosphor um 93 %. Ein Großteil des anfallenden Klärschlammes kann vor Ort<br />

entwässert und mineralisiert werden.<br />

Im Winter 2008/09 traten erstmals Frostprobleme bis zum März 09 auf. Die Mindestanforderungen<br />

wurden eingehalten. Ein Bodenfilter war gänzlich eingefroren. Im nächsten<br />

Jahr wird versucht, den Rücklauf zu erhöhen, damit <strong>eine</strong> Dauerbeschickung erreicht wird<br />

und damit ein Einfrieren verhindert wird.<br />

101


Projekt: Gruppenkläranlage Breunigweiler<br />

Belebungsanlage nach dem BIOCOS-Verfahren<br />

Ansprechpartner:<br />

Werkleiter Manfred Kauer<br />

Tel.: 06302/602-92<br />

Verbandsgemeindewerke Winnweiler<br />

Jakobstraße 29, 67722 Winnweiler<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme 2004, Ausbaugröße 2.200 EW<br />

Die biologische Abwasserreinigung erfolgt nach dem BIOCOS-Verfahren (Biological<br />

Combined System) nach Prof. Dr.-Ing. Kurt Ingerle (patentrechtlich geschützt).<br />

Beim BIOCOS-Verfahren folgen dem Belebungsbecken zwei parallel angeordnete Sedimentations-<br />

und Umwälzbecken (SU-Becken). In den SU-Becken laufen über die Zeitachse<br />

verschiedene Prozesse ab. Ein Zyklus dauert 2 Stunden und ist in 3 Phasen eingeteilt<br />

(Umwälzphase, 15 min; Vorabsetzphase, 45 min; Abzugsphase, 60 min).<br />

BB- und SU-Becken sind durch Öffnungen im Boden- und Wasserspiegelbereich miteinander<br />

verbunden. Während der Umwälzphase wird das Schlamm-Abwasser-Gemisch<br />

über <strong>eine</strong> Propellerpumpe aus dem BB-Becken in das SU-Becken gefördert. In der anschließenden<br />

Vorabsetzphase bildet sich <strong>eine</strong> Klarwasserzone, die in der Abzugsphase<br />

über die Abzugsöffnungen am Ende des SU-Beckens abfließt.<br />

Da beide SU-Becken um <strong>eine</strong> Stunde zeitversetzt betrieben werden, ist ein Becken immer<br />

in der Abzugsphase und somit ist ein kontinuierlicher Ablauf aus der KA vorhanden.<br />

Bewertung:<br />

Neben der GKA Breunigweiler betreibt die VG noch 2 weitere KA im BIOCOS-Verfahren<br />

(GKA Börrstadt, 2.500 EW, seit 2001; KA Höringen, 950 EW, seit 2004).<br />

Vorzüge des Verfahrens sind insbesondere<br />

102<br />

- hohe Prozessstabilität trotz geringem messtechnischen Aufwand und hohe Reinigungsleistung<br />

- niedriger Unterhaltungs- und Betriebsaufwand, insbesondere niedrige Energiekosten<br />

(Reduzierung um ca. 50% gegenüber konventionellen Kläranlagen)<br />

- unproblematischer Winterbetrieb<br />

- niedrige Investitionskosten.<br />

Durch den Betrieb der vorgenannten drei baugleichen Anlagen mit identischer maschineller,<br />

mess- und steuertechnischer Einrichtung wurde <strong>eine</strong> vorteilhafte technische Standardisierung<br />

erreicht.


Projekt: KA Fockenbachtal (VG Rengsdorf)<br />

CWSBR-Anlage, umgerüsteter Abwasserteich<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr Puderbach, Tel.: 02634/921461<br />

VG Rengsdorf<br />

Westerwaldstr. 32-34<br />

56579 Rengsdorf<br />

abwasser@werke-rengsdorf.de<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme 07/2004, Ausbaugröße 3.200 EW<br />

Die Anlage ist ursprünglich als belüftete Teichanlage mit Scheibentauchkörpern <strong>für</strong> 2.400<br />

EW konzipiert worden (Inbetriebnahme 1993). Im Jahr 2004 wurde die Anlage aufgrund<br />

fehlender Ausbaukapazitäten zu <strong>eine</strong>m CWSBR-Teich <strong>für</strong> 3.200 EW umgerüstet. Durch<br />

den Einbau beweglicher Hydrosegel wird der Teich in Vorlage-, SBR- und Ausgleichszone<br />

unterteilt, so dass wie beim SBR-Verfahren ein Zyklus aus Füll-, Reaktions-,<br />

Sedimentations- und Entleerungsphasen ablaufen kann, wobei der Wasserspiegel jedoch<br />

konstant bleibt. Das durch die Hydrosegel entstandene mittlere Kompartiment dient als<br />

das eigentliche Reaktionsbecken, in dem die biologischen Abbauprozesse stattfinden.<br />

Kosten der Erweiterung: ca. 650.000 €.<br />

Weitere Informationen:<br />

• Dederichs, A. (2005): Teichkläranlagen ertüchtigen. wlb (49) Nr. 3/4<br />

Bewertung:<br />

Der Vorteil des CWSBR-Verfahrens gegenüber <strong>eine</strong>r konventionellen Teichkläranlage<br />

besteht darin, dass die biologischen Reaktionen gesteuert und nicht mehr zufällig ablaufen.<br />

Dadurch wird die Reinigungsleistung erhöht; sowohl Nitrifikation und Denitrifikation<br />

als auch <strong>eine</strong> biologische Phosphatelimination sind möglich. Damit ist das Verfahren<br />

geeignet <strong>für</strong> die Ertüchtigung bestehender Abwasserteiche bei <strong>eine</strong>m relativ geringen<br />

baulichen Aufwand. Seit der Umrüstung gibt es k<strong>eine</strong> Probleme mit den Überwachungsanforderungen;<br />

die Grenzwerte <strong>für</strong> CSB (60 mg/l), BSB5 (15 mg/l), Nges (18 mg/l) und Pges<br />

(2 mg/l) werden eingehalten [Dederichs 2005] und sollen nach den positiven Ergebnissen<br />

bzw. Messwerten bei den Parametern CSB auf 30 mg/l und Nges auf 14,4 mg/l angepasst<br />

werden. Die Betreiber haben sehr gute Erfahrungen mit der Anlage gemacht.<br />

103


Projekt: KA Heidnerhof<br />

Kleinkläranlage mit Membrantechnik<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr Rolf Flerus<br />

Tel.: 02636/9740-306<br />

VG Brohltal<br />

Kapellenstraße 12<br />

56651 Niederzissen<br />

rolf.flerus@brohltal.de<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme 12/2007, Ausbaugröße 6 EW<br />

Die VG Brohltal betreibt insgesamt 7 Kleinkläranlagen (Membranbelebungsanlagen Typ:<br />

siClaro EW 6-30) <strong>für</strong> Einzelanwesen, wobei die Abwasserbeseitigungspflicht nicht auf die<br />

Grundstückseigentümer übertragen wurde, sondern die Anlagen durch qualifiziertes<br />

Fachpersonal des Abwasserbeseitigungswerks betrieben und gewartet werden.<br />

Da das zu entwässernde Einzelanwesen in <strong>eine</strong>m Wasserschutzgebiet liegt, hat sich die<br />

VG Brohltal <strong>für</strong> <strong>eine</strong> Kleinkläranlage mit Membranbioreaktor entschieden. Bei <strong>eine</strong>m<br />

anderen Anwesen konnte der Ausrüstungssatz ohne größere Baumaßnahmen in den<br />

Betonbehälter <strong>eine</strong>r vorhandenen Vorgängeranlage eingesetzt werden.<br />

Die Feststoffabtrennung erfolgt durch Ultrafiltrations-Flachmembranen, die in die<br />

Belebung eingehängt werden. Das gereinigte Abwasser wird in ein kl<strong>eine</strong>s Fließgewässer<br />

eingeleitet.<br />

Bewertung:<br />

Der geringe Platzbedarf durch die kompakte unterirdische Bauweise der Anlage mit nur<br />

<strong>eine</strong>m kl<strong>eine</strong>n oberirdischen Schaltschrank ist gerade in Wasserschutzgebieten als positiv<br />

zu bewerten. Durch <strong>eine</strong> elektronische Steuerung kann die Anlage einfach und genau auf<br />

das anfallende Abwasser eingestellt werden. Hierdurch ist nicht nur ein gut<br />

funktionierender Kohlenstoffabbau möglich, auch Stickstoff kann durch die zeitlich<br />

geregelte Nitrifikation und Denitrifikation gezielt abgebaut werden. Die Ablaufwerte liegen<br />

wie folgt: CSB < 50,00 mg/l, NH4-N < 10,00 mg/l (Sommermonate), anorgN < 20,00 mg/l<br />

(Sommermonate), Pges < 15,00 mg/l.<br />

104


Projekt: KA Heßheim (AZV Mittleres Eckbachtal)<br />

SBR-Anlage mit Kampagne-Einfluss<br />

Ansprechpartner:<br />

Normann Geisler<br />

Tel: 06359/8001-286<br />

Abwasserzweckverband<br />

Mittleres Eckbachtal (AME)<br />

Industriestraße 11<br />

67269 Grünstadt<br />

normann.geisler@gruenstadt-land.de<br />

Beschreibung:<br />

Die Gruppenkläranlage Heßheim wurde 2003 in Betrieb genommen und reinigt die<br />

Abwässer aus 13 Ortsgemeinden. Die Kläranlage ist ausgelegt <strong>für</strong> <strong>eine</strong> Normallast von<br />

31.000 Einwohnerwerten, entsprechend <strong>eine</strong>r Belastung mit BSB5(60)roh von 1.860 kg/d.<br />

Für den Kampagne- und Hochlastbetrieb besteht die Möglichkeit, Weinbauabwässer mit<br />

<strong>eine</strong>r Schmutzfrachtbelastung bis zu 62.000 Einwohnerwerten zu reinigen.<br />

Die Verfahrenstechnik der Gruppenkläranlage Heßheim basiert auf <strong>eine</strong>m Belebtschlammverfahren<br />

mit vollständiger Nitrifikation, Denitrifikation und biologischer sowie<br />

ergänzender chemischer Phosphorelimination und simultaner aerober Schlammstabilisierung.<br />

Im Gegensatz zu den konventionellen Belebungsverfahren wird auf der Kläranlage<br />

Heßheim das SBR-Verfahren (Sequenz Batch Reaktor) als Batch-Verfahren mit diskontinuierlicher<br />

Beschickung angewandt. Die einzelnen Reinigungsschritte (Denitrifikation, Bio-<br />

P-Elimination, Nitrifikation, Fällung und Kohlenstoffabbau) inkl. der Nachklärung sind in<br />

zeitlicher Abfolge hintereinander in <strong>eine</strong>m Reaktor zu <strong>eine</strong>m Gesamtzyklus zusammengefasst.<br />

Die Dauer und Intensität der einzelnen Behandlungsschritte sind grundsätzlich<br />

frei wählbar und können daher den täglich / saisonal wechselnden Abwasserbedingungen<br />

sowie den Einleitbedingungen angepasst werden.<br />

Bewertung:<br />

Die hohen Belastungen durch Weinbauabwässer (CSB:BSB5-Verhältnis meist unter 2)<br />

werden in der Hochlaststufe sehr gut gereinigt; selbst Tagesspitzen von über 90.000<br />

Einwohnerwerten. Der Schlammindex liegt im Mittel bei 50 ml/g und bleibt auch während<br />

der Weinkampagne stabil.<br />

Die Stickstoffwerte (Nges) im Ablauf des Reinigungsprozesses liegen im Mittel bei 4 – 6<br />

mg/l. Der Überwachungswert <strong>für</strong> Stickstoff gesamt von 18 mg/l wird hierdurch deutlich<br />

unterschritten und Abwassergabe entsprechend eingespart.<br />

Der Energieverbrauch liegt mit 25 – 27 kWh/EW und Jahr in <strong>eine</strong>m sehr günstigen<br />

Bereich.<br />

105


Projekt: Kläranlage Langenbach (VG Bad Marienberg)<br />

SBLR-Anlage, umgerüstete Abwasserteiche<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr Widerstein, Tel.: 02661 / 62 68 360<br />

VG Bad Marienberg<br />

Kirburger Straße 4<br />

56470 Bad Marienberg<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme 09/2008 (angemeldeter Probebetrieb), Ausbaugröße 1.500 EW<br />

Die Anlage wurde ursprünglich als belüftete Teichkläranlage <strong>für</strong> 850 EW gebaut. Wegen<br />

Überlastung erfolgte im Jahr 2008 der Umbau der beiden belüfteten Teiche in <strong>eine</strong> SBLR-<br />

Anlage (Sequencing-Batch-Lagoon-Reactor) mit <strong>eine</strong>r Ausbaugröße von 1.500 EW. Im<br />

Vergleich zum bekannten SBR-Verfahren werden anstelle von Behältern die vorhandenen<br />

Teiche als Reaktoren genutzt.<br />

Die belüfteten Teiche wurden dabei mittels Trennwänden in Fertigteilbauweise in je 2<br />

Bereiche mit folgenden Funktionen unterteilt:<br />

106<br />

Teich 1: Abschnitt 1 ∧ Vorlagebehälter,<br />

Abschnitt 2 ∧ Regenüberlaufbecken<br />

Teich 2: Abschnitt 1 ∧ SBLR-Reaktor,<br />

Abschnitt 2 ∧ Schlammpolder<br />

Kosten des Umbaus: ca. 1.000.000,00 € (incl. neuer mechanischer Vorreinigung und P-<br />

Fällung).<br />

Bewertung:<br />

Der Vorteil des SBLR-Verfahrens gegenüber <strong>eine</strong>r konventionellen Teichkläranlage<br />

besteht darin, dass die biologischen Reaktionen gesteuert und nicht mehr zufällig<br />

ablaufen. Dadurch wird die Reinigungsleistung erhöht; sowohl Nitrifikation und Denitrifikation<br />

als auch <strong>eine</strong> biologische Phosphatelimination sind möglich. Damit ist das<br />

Verfahren <strong>für</strong> die Ertüchtigung bestehender Abwasserteiche bei <strong>eine</strong>m relativ geringen<br />

baulichen Aufwand geeignet. Voraussetzung <strong>für</strong> das Verfahren ist allerdings <strong>eine</strong><br />

ausreichende Tiefe der Teiche, da sonst die feinblasige Druckbelüftung nicht wirtschaftlich<br />

eingesetzt werden kann. Seit der Umrüstung gibt es k<strong>eine</strong> Probleme mit den<br />

Überwachungsanforderungen. Die Betreiber haben sehr gute Erfahrungen mit der Anlage<br />

gemacht.


Projekt: Kläranlage Schupbach (AV Christianshütte, Limburg)<br />

Ersatz <strong>eine</strong>r Teichkläranlage durch <strong>eine</strong> SBR-Anlage im laufenden Anlagenbetrieb<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr Kühn, Tel.: 06431 / 296 - 439<br />

Abwasserverband Christianshütte<br />

Schiede 43<br />

65549 Limburg, Hessen<br />

Beschreibung:<br />

Planung und Ausführung: 2007 - 2009, voraussichtliche Inbetriebnahme: August 2009;<br />

Ausbaugröße: 6.400 EW (bez. auf BSB5-Fracht incl. Zudosierung externer C-Quelle)<br />

Die Anlage wurde 1984 als belüftete Teichkläranlage <strong>für</strong> die Ortslage Schupbach und die<br />

bereits vorbehandelten Abwässer der Kreismülldeponie Beselich gebaut. Aufgrund<br />

gestiegener Reinigungsanforderungen wurde <strong>eine</strong> grundlegende Neukonzeption der<br />

Kläranlage erforderlich.<br />

Nach detaillierter Planung erwies sich das SBR-Verfahren aufgrund s<strong>eine</strong>r kompakten<br />

Bauweise und der flexiblen Verfahrensführung als vorteilhaft. Zudem sind <strong>eine</strong> Vergleichmäßigung<br />

der Zulaufbelastung und die variable Steuerung einzelner Prozessphasen <strong>für</strong><br />

die Mitbehandlung der Deponieabwässer gewährleistet.<br />

Die beiden SBR-Reaktoren mit Vorlagebehälter und Technikgebäude wurden in den<br />

Teich 1 gebaut. Die übrigen Teiche sichern während der Bauphase die Grundreinigung<br />

der Abwässer. Nach Inbetriebnahme wird der Teich 2 zu <strong>eine</strong>m kombinierten Puffer- und<br />

Regenwasserteich umgebaut.<br />

Bewertung:<br />

Das SBR-Verfahren bietet die besten Rahmenbedingungen <strong>für</strong> die Mitbehandlung der<br />

Deponieabwässer. Durch die variable Steuerung der einzelnen Prozessphasen kann<br />

optimal auf wechselnde Zulaufbelastungen reagiert werden. Die schubweise Beschickung<br />

ermöglicht ein großes Substratgefälle und damit hohe Reaktionsgeschwindigkeiten sowie<br />

gute regelungstechnische Voraussetzungen <strong>für</strong> die Zudosierung der notwendigen<br />

externen Kohlenstoffquelle.<br />

107


Projekt: KA St. Alban (VG Rockenhausen)<br />

Pflanzenkläranlage<br />

Ansprechpartner:<br />

Bernhard Persohn, Tel.: 06361/9242-0<br />

Verbandsgemeindewerke<br />

Rockenhausen<br />

Kaiserslautererstraße 10a<br />

67806 Rockenhausen<br />

Beschreibung:<br />

Die Pflanzenkläranlage St. Alban ist <strong>eine</strong> von 6 kommunalen Pflanzenanlagen in der VG<br />

Rockenhausen. Mit ihrer Ausbaugröße von 1.150 EW ist sie zudem <strong>eine</strong> der größten PKA<br />

in Deutschland, die mit Mischwasser beschickt wird. Die Inbetriebnahme erfolgte im April<br />

2004. Auf der PKA St. Alban werden die Abwässer der Gemeinden St. Alban, Gerbach<br />

und einigen Annexen gereinigt. Die PKA setzt sich zusammen aus Zulaufpumpwerk,<br />

Siebrechen mit Fett- und Sandfang, Absetzteich, Vorhaltebecken, Sedimentationsbecken,<br />

2 Filterbeeten <strong>für</strong> Trockenwetterzufluss (je 1.375 m 2 ), 2 Filterbeeten <strong>für</strong> Regenwasserbehandlung<br />

(je 625 m 2 ), Klärschlammvererdung und Auslaufmessschacht. Alle Beete sind<br />

mit Schilfpflanzen bepflanzt. Durch die schon teilweise vorhandene MW-Kanalisation<br />

muss <strong>eine</strong> Regenwasserbehandlung erfolgen. Zur Vermeidung <strong>eine</strong>r Austrocknung der<br />

Regenwetterbeete bei längerer Trockenwetterphase werden diese horizontal durch den<br />

Ablauf der Trockenwetterbeete beschickt. Der ausgefaulte Schlamm vom Absetzteich<br />

wird zur Weiterbehandlung in Vererdungsbecken gepumpt. Das abfließende Sickerwasser<br />

wird in den Vorhalteteich rückgeführt. Eine Klärschlammabfuhr wurde bis jetzt noch nicht<br />

notwendig. Durch die vorgeschaltete Siebanlage dürfte <strong>eine</strong> Aufbringung auf landwirtschaftlichen<br />

Flächen k<strong>eine</strong> Probleme bereiten.<br />

Bewertung:<br />

Die durchschnittliche Reinigungsleistung beträgt beim CSB ca. 95%, beim NH4 ca. 96%.<br />

Der Abbau des Kohlenstoffes sowie die Nitrifizierung bereiten k<strong>eine</strong> Probleme, die Denitrifikationsrate<br />

ist jedoch nur gering. Während der kälteren Jahreszeit können außer <strong>eine</strong>r<br />

etwas geringeren Nitrifikation, k<strong>eine</strong> auffälligen Veränderungen festgestellt werden.<br />

Mit dem Bau von Pflanzenkläranlagen hat die Verbandsgemeinde bereits vor mehr als 10<br />

Jahren begonnen, CO2-Emissionen zu reduzieren. Mit auf der Grundlage des Abwasserbeseitigungskonzeptes<br />

und dem Fokus auf die Dezentralisierung der Abwasserbeseitigung<br />

und naturnahen Abwasserreinigung hat die VG Rockenhausen den Antrag gestellt,<br />

Null-Emissions-Gemeinde zu werden.<br />

108


7.2 Betriebsoptimierung<br />

In dieser Kategorie finden sich verschiedene Projekte, bei denen mit Erfolg Maßnahmen zur<br />

Optimierung des Betriebs durchgeführt wurden:<br />

• Projekt Epikur (TU Kaiserslautern) als Beispiel <strong>für</strong> die integrierte Betrachtung von<br />

Kanalnetz und Kläranlage<br />

• KA Felsalbe (Stadt Pirmasens) als Beispiel <strong>für</strong> <strong>eine</strong> Prozessoptimierung durch ein<br />

Regelkonzept<br />

• KA Görgeshausen (VG Montabaur): Kombibehälter als Vorlage <strong>für</strong> die SBR-Anlage<br />

und Regenüberlaufbecken<br />

• KA Hoppstädten-Weiersbach (VG Birkenfeld) als Beispiel <strong>für</strong> die Optimierung der<br />

Belüftung<br />

• KA Römerberg als Beispiel <strong>für</strong> die Optimierung der Stickstoffelimination durch<br />

Regelung<br />

• Projekt Zerberus (TU Kaiserslautern): Beratung bei Bläh- und Schwimmschlamm<br />

Auch in diesem Bereich stellen die genannten Beispiele nur <strong>eine</strong> kl<strong>eine</strong> Auswahl dar,<br />

während viele andere, ebenfalls gelungene Projekte unberücksichtigt bleiben. Neben den<br />

Kläranlagen Zweibrücken und Wallhalben als Referenzanlagen im Rahmen des Projektes<br />

Epikur wurde <strong>eine</strong> integrierte Betrachtung von Kanalnetz und Kläranlage beispielsweise auch<br />

bei den Kläranlagen Heidenburg und Mayen umgesetzt. Weiterhin wären zu nennen die<br />

Optimierung der Nachklärung durch dynamische Simulation bei der KA Gau-Bickelheim, ein<br />

Sand-/Geröllfang vor dem Regenüberlaufbecken in Fischbach (Dahn) als wirtschaftliche<br />

Lösung <strong>für</strong> überalterte Kanalsysteme, etc.<br />

109


Projekt: EPIKUR (tectraa an der TU Kaiserslautern)<br />

Integrierte Betrachtung von Kanalnetz und Kläranlage<br />

Ansprechpartner:<br />

Prof. Dr.-Ing. T.G. Schmitt<br />

Tel.: 0631/205-2946<br />

tectraa und FG Siedlungswasserwirtschaft<br />

TU Kaiserslautern<br />

Paul-Ehrlich-Str. 14<br />

67663 Kaiserslautern<br />

tschmitt@rhrk.uni-kl.de<br />

Beschreibung:<br />

Im Rahmen des Projektes EPIKUR, das vom Ministerium <strong>für</strong> Umwelt und Forsten<br />

Rheinland-Pfalz finanziert wird, wird ein systematischer Ansatz gewählt, bei dem anhand<br />

<strong>eine</strong>s Kriterienkatalogs mögliche Anlagen/Einzugsgebiete hinsichtlich ihrer Eignung <strong>für</strong><br />

integrierte Ansätze ausgewählt und bewertet wurden, dann im Rahmen <strong>eine</strong>r ganzheitlichen<br />

Simulation die Auswirkungen variabler Drosselabflüsse simuliert werden (hierbei<br />

werden Regelstrategien sowohl <strong>für</strong> das Netz als auch die Kläranlage entwickelt) und<br />

anschließend die Umsetzung in die Großtechnik zur Verifikation der Ergebnisse erfolgen<br />

soll. Ziel der Untersuchungen war es hierbei, unter Einhaltung der Überwachungswerte<br />

<strong>für</strong> die Kläranlage den Drosselabfluss belastungsabhängig zu variieren.<br />

Bewertung:<br />

Zusammenfassend ist festzustellen, dass bei vielen Objekten im Bereich von Kanalnetz<br />

und Kläranlage ein großes Potenzial durch die erhöhte Beschickung der Kläranlage festzustellen<br />

ist. Neben <strong>eine</strong>m deutlichen Frachtverminderungspotenzial besteht oftmals die<br />

Möglichkeit, durch den erhöhten Drosselabfluss den erforderlichen Bau von Mischwasserbehandlungsvolumen<br />

zu minimieren, so dass deutliche Kosteneinsparungen möglich<br />

ersch<strong>eine</strong>n.<br />

110<br />

Siedlung<br />

Kanal<br />

Mischwasserbehandlung<br />

x·Q s,aM +Q F,aM<br />

?<br />

2*Q sx +Q f<br />

Gewässer<br />

Kläranlage<br />

Überlauf + =<br />

GesamtGesamtemissionemission


Projekt: KA Felsalbe (Stadt Pirmasens)<br />

Prozessoptimierung durch Regelkonzept<br />

Ansprechpartner:<br />

Thomas Wolf, Tel.: 06331/247311<br />

Abwasserbeseitigungsbetrieb der Stadt<br />

Pirmasens<br />

Rehmühle 5, 66954 Pirmasens<br />

wolf@ka-ps.de<br />

www.pirmasens.de<br />

Pfad:rathaus/ämter/tiefbau/stadtentwäs<br />

serung/kläranlagen<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme Verfahren: 2004; Ausbaugröße 37.900 EW<br />

Die Kläranlage Felsalbe wurde ursprünglich <strong>für</strong> 30.000 EW konzipiert (Inbetriebnahme<br />

1993). Vor einigen Jahren sollten zusätzlich 8.000 EW möglichst ohne bauliche Maßnahmen<br />

angeschlossen werden. Man entschied sich <strong>für</strong> die Schaffung zusätzlicher<br />

Kapazitäten durch <strong>eine</strong>n fracht- und nährstoffoptimierten Betrieb der Anlage mittels<br />

<strong>moderne</strong>r Mess-, Steuer- und Regeltechnik („Softwaretuning“). Im ersten Schritt wurde<br />

<strong>eine</strong> frachtbezogene Steuerung der Biologie in Betrieb genommen. Hier<strong>für</strong> wird ein<br />

Lastprofil erstellt, welches sich aus der Stickstoffbelastung, der BSB5-Belastung anhand<br />

der spezifischen Gebläseleistung (Energieverbrauch Biologie), und der Nitrifikations-,<br />

Denitrifikationsleistung zusammensetzt. Dieses Profil realisiert nun <strong>eine</strong>n bedarfsorientierten,<br />

lastabhängigen Betrieb. Die eigentliche Innovation besteht aus dem anlagenübergreifenden<br />

Gedanken, das Lastprofil der biologischen Reinigungsstufe als interaktiven<br />

Koordinator <strong>für</strong> den Betrieb der kompletten Kläranlage zu verwenden. [Wolf 2007].<br />

Weitere Informationen: Wolf, T. (2007): Neue Wege in der Abwasserbehandlung. KA-<br />

Betriebs-Info (37) Nr. 1.<br />

Bewertung:<br />

Durch das neue Verfahrenskonzept wird die Reinigungsleistung sowie die<br />

Prozessstabilität erhöht, gleichzeitig aber auch der Energieverbrauch erheblich reduziert.<br />

So weist die Kläranlage Felsalbe seit der Umrüstung deutlich geringere Ablaufwerte <strong>für</strong><br />

die Parameter CSB (20 statt vorher 30 mg/l), anorganischer Gesamtstickstoff (


Projekt: KA Görgeshausen (VG Montabaur)<br />

Kombibehälter als Vorlage SBR-Anlage und Regenüberlaufbecken<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr Häuser, Tel.: 02602 / 12 62 14<br />

VG Montabaur<br />

Konrad-Adenauer-Platz 8<br />

56410 Montabaur<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme 12/2007, Ausbaugröße 1.420 EW<br />

Die Kläranlage wurde bisher als einstufige SBR-Anlage mit <strong>eine</strong>m vorgeschalteten<br />

Pufferteich betrieben. Aufgrund von Ablagerungen und Faulprozessen im Pufferteich war<br />

kein ordnungsgemäßer Betrieb möglich. Der Pufferteich wurde daher durch <strong>eine</strong>n<br />

Kombibehälter (Rundbehälter in Ortbeton) ersetzt, der zwei Funktionen erfüllt:<br />

112<br />

- Vorlagebehälter <strong>für</strong> die vorhandene SBR-Anlage<br />

- Regenüberlaufbecken (nach ATV-A 128)<br />

Vorgeschaltet sind <strong>eine</strong> Rechen- und Sandfanganlage (Trockenwetter) sowie ein Trennbauwerk<br />

mit Siebanlage auf der Überlaufschwelle (Regenwetter). Durch die mechanische<br />

Vorreinigung werden Ablagerungen im Kombibehälter vermieden.<br />

Gesamtnutzvolumen Kombibehälter: VN = 600 m 3<br />

Baukosten <strong>für</strong> den Vorlagebehälter: ca. 288.000 €<br />

Bewertung:<br />

Der beschriebene Kombibehälter bietet <strong>eine</strong> wirtschaftliche und platzsparende<br />

Möglichkeit, um bei Kläranlagen, die nach dem SBR-Verfahren arbeiten, die beiden<br />

Aufgaben<br />

- Vorlagespeicher und<br />

- Regenwasserbehandlung<br />

zu erfüllen. Allerdings muss durch <strong>eine</strong> ausreichend große Dimensionierung sichergestellt<br />

sein, dass trotz der Doppelfunktion das erforderliche RÜB-Volumen jederzeit zur<br />

Verfügung steht.<br />

Seit der Inbetriebnahme hat der Betreiber gute Erfahrungen mit der Anlage gemacht.<br />

Der große Vorlagebehälter ermöglicht in Verbindung mit <strong>eine</strong>r verbesserten Mess-,<br />

Steuer- und Regeltechnik <strong>eine</strong> Optimierung der Reinigungszyklen in der SBR-Anlage.


Projekt: KA Hoppstädten-Weiersbach (VG Birkenfeld)<br />

Erneuerung der Belüftungseinrichtung<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr T. Gnad, Tel.: 06782/990162<br />

VGW Birkenfeld<br />

Auf dem Römer 17<br />

55765 Birkenfeld<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme 10/1996, Ausbaugröße 23.000 EW<br />

Die Kläranlage ist als simultan-stabilisierende Belebtschlammanlage konzipiert. Die<br />

biologische Reinigungsstufe ist dazu in Bio-P-Becken, vorgeschaltetes Deni- und<br />

abschließendes Nitribecken strukturiert. Infolge erhöhter gewerblich-organischer<br />

Zulauffrachten (in der Spitze bis 40.000 EW) musste die Gebläsehalle zeitweise in Volllast<br />

betrieben werden. Die vorhandenen Membran-Rohrbelüfter bedingten dabei <strong>eine</strong>n<br />

entsprechenden Gegendruck, was wiederum zur energetischen Überlastung/Überhitzung<br />

der Drehkolbenmaschinen führte.<br />

Durch Austausch der Membran-Rohrbelüfter gegen Membran-Belüfterplatten konnte der<br />

Luftbedarf deutlich verringert und die Sauerstoffversorgung wieder sichergestellt werden.<br />

Weiterhin wurde der Energiebezug zur Sauerstoffversorgung um rd. 30 % reduziert.<br />

Bewertung:<br />

Durch den Austausch der alten Membran-Rohrbelüfter gegen neue Membran-Belüfterplatten<br />

konnte die Sauerstoffversorgung wieder sichergestellt werden. Die Drehkolbengebläse<br />

nehmen wieder normale Last auf, was sich u.a. durch in der Summe 30 %<br />

geringere Energiebezugskosten niederschlägt. Die Investitionskosten in Höhe von rd.<br />

100.000 EUR dürften sich damit innerhalb von 4 Jahren amortisiert haben.<br />

113


Projekt: KA Römerberg<br />

Optimierung der Stickstoffelimination durch Regelung<br />

Ansprechpartner:<br />

T. Pfadt, Werkleiter<br />

Gemeinde Römerberg<br />

Tel: 06232-81930<br />

Beschreibung:<br />

Unter dem Aspekt, dass die 1974 geplante Kläranlage vorrangig unter der Zielsetzung<br />

<strong>eine</strong>r Kohlenstoffelimination konzipiert war, sind heute jegliche Systemreserven<br />

verbraucht, die zur Stickstoffelimination hätten genutzt werden können.<br />

Anhand von systemspezifischen Untersuchungen wurden Lösungsalternativen entwickelt.<br />

In <strong>eine</strong>r Wirtschaftlichkeitsabwägung fiel die Wahl der zu bevorzugenden Variante auf<br />

<strong>eine</strong> Lösung, die sich bei weitgehendem Verzicht auf bauliche Veränderungen auf die<br />

Installation von steuerungstechnischen Einrichtungen beschränkt.<br />

Die Kosten <strong>für</strong> die Einrichtung <strong>eine</strong>r geregelten Stickstoffelimination beliefen sich damit<br />

auf ca. 40 000 Euro.<br />

Die Regelung der Stickstoffelimination wird seit 2005 erfolgreich eingesetzt.<br />

Bewertung:<br />

Die Vorteile der eingesetzten Fuzzy-Logic-Steuerung bestehen darin, dass ohne kostenintensive<br />

Eingriffe in die Bausubstanz ein flexibles Instrument zur Steuerung der Anlage<br />

auch <strong>für</strong> stark unterschiedliche Belastungssituationen verfügbar ist. Seit der Einrichtung<br />

der Anlage werden die Überwachungsanforderungen erfüllt. Die Erfahrungen des<br />

Betriebes sind außerordentlich positiv.<br />

Unter dem Aspekt der Stickstoffelimination ist die oben beschriebene Optimierung <strong>eine</strong><br />

sehr gelungene Lösung, auch wenn die Anlage altersbedingt andere Probleme aufweist.<br />

114


Projekt: ZERBERUS (tectraa an der TU Kaiserslautern)<br />

Beratung bei Bläh- und Schwimmschlamm<br />

Ansprechpartner:<br />

Prof. Dr.-Ing. T.G. Schmitt (0631/205-2946)<br />

tectraa und FG Siedlungswasserwirtschaft<br />

TU Kaiserslautern<br />

Paul-Ehrlich-Str. 14<br />

67663 Kaiserslautern<br />

tschmitt@rhrk.uni-kl.de<br />

Beschreibung:<br />

Bläh- und Schwimmschlamm wird in Abwasserreinigungsanlagen durch unterschiedliche<br />

fadenförmige Organismengattungen verursacht, die – in Abhängigkeit von den Randbedingungen<br />

auf der betroffenen Kläranlage – in diversen Kombinationen auftreten<br />

können. Entsprechend vielfältig sind die Vorschläge zur Bekämpfung. Die Problematik<br />

besteht darin, die auf den jeweiligen Fall angepasste Lösung <strong>für</strong> das jeweilige Problem zu<br />

finden. Hierzu bedarf es <strong>eine</strong>r strukturierten und transparenten Entscheidungsfindung, die<br />

von erfahrenen Experten getätigt wird, die auf <strong>eine</strong> Vielzahl von (erfolgreichen und<br />

gescheiterten) Lösungsvorschlägen zurückgreifen können.<br />

Ein System, das diesen Anforderungen gerecht wird, wurde im Rahmen des Projektes<br />

ZERBERUS (Zentrales Erfassungssystem zur Beratung bei Bläh- und Schwimmschlammproblemen)<br />

im Auftrag des Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz<br />

Rheinland-Pfalz entwickelt. Im Rahmen des Projektes wurde ein Kataster betroffener<br />

Kläranlagen in Rheinland-Pfalz aufgestellt, das sowohl die Randbedingungen auf den<br />

betroffenen Kläranlagen als auch die auftretenden Organismengattungen umfasst.<br />

Das entwickelte Tool basiert auf wissensbasierten Methoden und ist in der Lage,<br />

aufgrund der anlagen- und abwasserspezifischen Informationen über die betroffene<br />

Anlage die <strong>für</strong> das Bläh- und Schwimmschlammproblem verantwortliche Organismenart<br />

zu identifizieren und die erfolgversprechendste Möglichkeit zur Bekämpfung abzuleiten<br />

Die Webseite www.zerberus-online.de, über die die Beratung in Anspruch genommen<br />

werden kann, bietet neben der Beratung darüber hinaus vielfältige Informationen zum<br />

Themengebiet Bläh- und Schwimmschlamm.<br />

Bewertung:<br />

Im Rahmen von ZERBERUS werden Erfahrungen über gelungene, aber auch gescheiterte<br />

Lösungsansätze zur Bekämpfung von Bläh- und Schwimmschlamm gesammelt und<br />

ausgewertet. Das System greift somit auf vielfältiges Expertenwissen zurück und stellt<br />

<strong>eine</strong> Alternative zum gängigen ‚Try-and-Error’ bei der Behandlung dieser Problematik dar.<br />

115


7.3 Energieoptimierung<br />

Wie bereits in Kapitel 6.7 beschrieben, kommt dem Energieverbrauch bei der Abwasserentsorgung<br />

<strong>eine</strong> immer größer werdende Bedeutung zu. Im Bereich Energieoptimierung sind<br />

in Rheinland-Pfalz in den letzten Jahren viele innovative Projekte umgesetzt worden.<br />

Stellvertretend <strong>für</strong> die zahlreichen gelungenen Beispiele werden folgende Projekte in<br />

Formblättern vorgestellt:<br />

116<br />

• KA Almerich (Stadtwerke Idar-Oberstein): Erneuerung des Belüftungssystems<br />

• Projekt Energieoptimierung (TU Kaiserslautern): Steigerung der Energieeffizienz von<br />

Abwasseranlagen<br />

• KA Herdorf (AZV Hellertal): Wärmerückgewinnung aus der Druckluft<br />

• KA Kaiserslautern (Stadtentwässerung Kaiserslautern): Optimierung der Belüftung<br />

• KA Siesbachtal (Stadtwerke Idar-Oberstein): Gebäudeheizung mit Abwärme aus<br />

Schaltwarte und Gebläsehalle<br />

• KA Speyer: Energetische Optimierungen<br />

• VG Sprendlingen-Gensingen: semizentrales Schlammbehandlungscenter<br />

• Yachthafen Speyer: Wärmegewinnung aus Abwasser<br />

Weitere Beispiele <strong>für</strong> Energieoptimierungen sind die Wärmenutzung aus dem Abwasser auf<br />

der KA Nassau, die Co-Fermentation auf der KA Wittlich, die Gebäudeheizung mit Wärme<br />

aus Abwasser und Abwärme auf der KA Baumholder, etc. Neben der KA Welgesheim der<br />

VG Sprendlingen-Gensingen ist die KA Selters ein weiteres Beispiel <strong>für</strong> die Zentralisierung<br />

der Schlammbehandlung <strong>für</strong> mehrere Kläranlagen. Auch hier soll im Rahmen der Konzeption<br />

„semizentrales Schlammbehandlungscenter“ <strong>eine</strong> anaerobe Stabilisierungsanlage auf<br />

Faulung umgerüstet werden. Dieses Vorhaben befindet sich allerdings noch in der<br />

Planungsphase und ist noch nicht realisiert.


Projekt: KA Almerich (Stadtwerke Idar-Oberstein)<br />

Erneuerung des Belüftungssystems<br />

Ansprechpartner:<br />

Heinz Marx, Tel. 06781-564250<br />

Stadtwerke Idar-Oberstein, Abteilung Abwasser<br />

Georg-Maus-Str. 2 , 55743 Idar-Oberstein<br />

Beschreibung:<br />

In der Kläranlage Almerich (33.000 EW) erfolgt die weitergehende Stickstoffelimination<br />

nach dem Verfahren <strong>eine</strong>r 4-stufigen Kaskaden-Denitrifikation.<br />

Nach ca. 7 Jahren Betrieb macht sich der Verschleiß der Schlauchmembranen sehr<br />

deutlich spürbar im jährlichen Anstieg des Stromverbrauches. Nach ersten Überlegungen<br />

die vorhandenen Schlauchmembranen zu erneuern hat man sich <strong>für</strong> die Anschaffung von<br />

Plattenbelüftern (System Messner) entschieden. Von den vier Einzelbecken wurden<br />

November 2008 zwei Becken ausgerüstet und im Februar 2009 die beiden anderen<br />

Becken.<br />

Bewertung:<br />

Schon nach Inbetriebnahme der Plattenbelüfter in 2008 zeigte sich sehr schnell <strong>eine</strong><br />

deutliche Reduzierung des Stromverbrauchs. Im Vergleich zum Verbrauch in 2008<br />

konnten in 2009 ca. 300.000 kWh eingespart werden.<br />

Mwh<br />

120,00<br />

100,00<br />

80,00<br />

60,00<br />

40,00<br />

20,00<br />

0,00<br />

Stromverbrauch Biologie KA Almerich<br />

Jan Feb März April Mai Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez<br />

2002<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

117


Projekt: Energieoptimierung (tectraa an der TU Kaiserslautern)<br />

Steigerung der Energieeffizienz von Abwasseranlagen<br />

Ansprechpartner:<br />

Prof. Dr.-Ing. T.G. Schmitt (0631/205-2946)<br />

tectraa und FG Siedlungswasserwirtschaft<br />

TU Kaiserslautern<br />

Paul-Ehrlich-Str. 14<br />

67663 Kaiserslautern<br />

tschmitt@rhrk.uni-kl.de<br />

Beschreibung:<br />

Im Rahmen <strong>eine</strong>s vom rheinland-pfälzischen Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und<br />

Verbraucherschutz geförderten Projektes wurden vom FG Siedlungswasserwirtschaft an<br />

der TU Kaiserslautern in Zusammenarbeit mit dem WiW in Wuppertal Energieanalysen an<br />

vier ausgewählten, repräsentativen Kläranlagen in Rheinland-Pfalz durchgeführt. Des<br />

Weiteren erfolgte <strong>eine</strong> Abschätzung des derzeitigen Energieverbrauchs in Rheinland-<br />

Pfalz sowie die Untersuchung von Szenarien zur energetischen Optimierung und deren<br />

Konsequenzen <strong>für</strong> die Situation in Rheinland-Pfalz.<br />

Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in <strong>eine</strong>r Broschüre zusammengefasst, die unter<br />

folgenden Adressen als pdf abgerufen werden kann:<br />

http://www.wasser.rlp.de/servlet/is/498/BroschüreEnergieKläranlagen.pdf?command=dow<br />

nloadContent&filename=BroschüreEnergieKläranlagen.pdf<br />

http://tectraa.arubi.uni-kl.de/downloads/aktuelles/Energieanalysen.pdf<br />

Bewertung:<br />

Die Bewertung des IST-Zustandes ergab <strong>eine</strong>n spezifischen Energieverbrauch der<br />

Gesamtanlagen zwischen 36 bis 43 kWh/(E*a). Der Energieverbrauch <strong>eine</strong>r untersuchten<br />

Anlage mit Einfluss aus der Weinkampagne liegt außerhalb der Kampagne mit 51<br />

kWh/(E*a) deutlich höher. Im Vergleich zum Idealwert des MUNLV-Handbuches Energie<br />

auf Kläranlagen ergibt sich ein Einsparpotenzial von im Mittel 38 %. Für die beiden<br />

untersuchten Faulungsanlagen zeigte sich, dass der Grad der Faulgasnutzung bzw.<br />

Umwandlung in Energie unterhalb des Richtwertes liegt und somit auch hier ein<br />

Anl deutliches Optimierungspotenzial vorhanden ist.<br />

Anhand der vier Referenzanlagen wurde das Einsparpotenzial <strong>für</strong> RLP abgeschätzt. Das<br />

potenzielle Einsparpotenzial durch Kombination von Maßnahmen und inkl. der Erhöhung<br />

der Eigenstromerzeugung durch konsequente Nutzung der vorhandenen Faulraumkapazitäten<br />

und Kofermentation liegt hierbei bei rund 130.000 MWh/a, was <strong>eine</strong>r<br />

Reduzierung des Gesamtenergieverbrauchs von mehr als 40 % entspricht.<br />

118


Projekt: KA Herdorf (Abwasserverband Hellertal)<br />

Wärmerückgewinnung aus der Druckluft<br />

Ansprechpartner:<br />

Dipl.-Ing. Peter Kloidt, Technischer Leiter<br />

Abwasserverband Hellertal<br />

Hermann-Goetze-Straße 10, 57562 Herdorf<br />

Tel: 02744 / 931 76 10, Fax: 8378<br />

mobil: 0171/300 89 97<br />

E-Mail: av.hellertal@t-online.de<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme des patentierten Verfahrens: September 1999; Ausbaugröße 49.000 EW<br />

Der mesophile Faulungsprozess benötigt zur Aufrechterhaltung <strong>eine</strong> Faulraumtemperatur<br />

von ca. 37 °C und somit die meiste thermische Energie a uf der Kläranlage. Die<br />

Gebläsedruckluft, welche die Belebungsbecken mit atmosphärischem Sauerstoff versorgt,<br />

hat je nach Drehzahl der Drehkolbengebläse Temperaturen bis zu ca. 150 °C. Die<br />

Wärmeenergie geht mit dem Drucklufteintrag ungenutzt in den Belebtschlamm und in die<br />

Atmosphäre über. Die Kombination liegt im Blick auf die möglichst kontinuierliche - oder<br />

zumindest quasi kontinuierliche - Beschickung des oder der Faulbehälter bis zu 24 h<br />

täglich in der heute angestrebten Tendenz der reaktormäßig betriebenen Faulbehälter.<br />

Das Kernstück der Anlage bildet die funktionelle Einheit <strong>eine</strong>s Doppelmantelrohr-<br />

Wärmeüberträgers und <strong>eine</strong>r Luftkühlereinheit in Lamellenbauweise, aus getrennt und mit<br />

unterschiedlichen Medien zu fahrenden Einzelwärmeüberträgern. Der Doppelmantelrohr-<br />

Wärmeüberträger ist mit <strong>eine</strong>m Molchsystem ausgerüstet, mit dem die schlammführenden<br />

Rohrinnenseiten von ggf. anhaftenden Partikeln gereinigt werden können.<br />

Bewertung:<br />

Der Wärmerückgewinn aus der Druckluft beträgt je nach Fahrweise der Anlage bis zu ca.<br />

70 % der Gebläseleistung. Im kontinuierlichen 24-h-Betrieb erfüllt die Anlage die Aufheizung<br />

des Frischschlammes bis zu ca. 35 °C vor Mischung und Ei nleitung in den Faulraum<br />

und hat damit wesentliche Vorteile hinsichtlich des biologischen Prozesses. Damit<br />

verbunden ist gleichzeitig ein günstigeres Dimensionieren des Faulbehälterbetriebs-<br />

sowie des Gassystems. Der Druckverlust im Luftkühler ergibt sich im praktischen Betrieb<br />

bei entsprechendem Fördervolumen bis zu ca. 6 mbar. Im Sommerbetrieb Verbesserung<br />

des O2-Eintrages und elektr. Energieeinsparung bis zu ca. 10%. Je nach Rohschlamm-<br />

Konsistenz ist das Molchen der Rohrinnenflächen in kl<strong>eine</strong>ren oder größeren Intervallen<br />

erforderlich. Der Prozess der vornehmlich mesophilen Faulung bietet <strong>für</strong> die benannte<br />

Kombination ein breites Anwendungsfeld. Leistungssteigerung der Anlage durch Optimierung<br />

möglich.<br />

119


Projekt: KA Kaiserslautern (Stadtentwässerung Kaiserslautern)<br />

Optimierung der Belüftung<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr Steidel, Tel: 0631/3723-137<br />

Herr Jung, Tel: 0631/3723-310<br />

Stadtentwässerung Kaiserslautern<br />

Blechhammerweg 50<br />

67659 Kaiserslautern<br />

Beschreibung:<br />

Betriebs- und Energieoptimierung durch Systemänderung der biologischen Reinigungsstufe<br />

(Umbau März 2008 – November 2008, Ausbaugröße 210.000 EW)<br />

Die Stadtentwässerung Kaiserslautern betreibt auf der Zentralkläranlage Kaiserslautern<br />

drei Belebungsbecken mit <strong>eine</strong>m Gesamtvolumen von 22.500 m³ zur biologischen und<br />

weitergehenden Abwasserreinigung. Altersbedingt stand der Tausch der feinblasigen<br />

Membranbelüfter an. Die Bestandsbelüftung wurde durch die hocheffizienten Messner-<br />

Plattenbelüfter® ersetzt. Die Rührwerke im Belebungsbecken entfallen und die Betriebsweise<br />

wird u.a. von kaskadierter vorgeschalteter Denitrifikation auf Pfropfenströmung mit<br />

intermittierender Stickstoffelimination und alternierender Belüftung in Verbindung mit <strong>eine</strong>r<br />

flächendeckenden Belüftung ohne Rührwerke und interner Rezirkulation umgestellt.<br />

Bezüglich der Reinigungsleistung wurde <strong>eine</strong> NGes-Konzentration im Ablauf der Kläranlage<br />

von < 10 mg/l, bei <strong>eine</strong>r Verringerung des Energiebedarfs der Turboverdichter von<br />

20% garantiert.<br />

Bewertung:<br />

Durch die neue Betriebsweise wurde <strong>eine</strong> Energieeinsparung im Bereich der Turboverdichter<br />

von 40% erzielt. Hinzu kommen noch weitere Einsparungen durch die entfallenen<br />

42 Rührwerke von ca. 420 MWh/a. Das garantierte Reinigungsziel NGes < 10 mg/l wird<br />

sicher eingehalten. Weitere positive Effekte sind: entfallene Instandhaltungs- und Wiederbeschaffungskosten<br />

der Rührwerke, verfahrensbedingt zu k<strong>eine</strong>r Jahreszeit Probleme mit<br />

Fadenbakterien und Schaumbildung auf Belebungsbecken und im Faulbehälter, Verbesserung<br />

des Schlammindex, stark reduzierte Schwimmschlammbildung auf den Nachklärbecken,<br />

bessere Stabilisierung des Schlammes im Faulbehälter, Steigerung der Entwässerbarkeit<br />

des Faulschlammes, um die wesentlichen Vorteile zu nennen. Nach fast<br />

<strong>eine</strong>m Jahr Betriebszeit der ersten umgebauten Biologie ist erkennbar, dass in den<br />

Bereichen Energie und Reinigungsleistungen, trotz der bereits erreichten Werte noch<br />

weiteres Potential durch Optimierung der Mess-, Steuer- und Regeltechnik besteht,<br />

insbesondere durch die nun vorhandene Überkapazität der Turboverdichter.<br />

120


Projekt: KA Siesbachtal (Stadtwerke Idar-Oberstein)<br />

Gebäudeheizung mit Abwärme aus Schaltwarte und Gebläsehalle<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr H. Marx, Tel.: 06781/564250<br />

Stadtwerke Idar-Oberstein<br />

Georg-Maus-Straße 2<br />

55743 Idar-Oberstein<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme 06/2007, Ausbaugröße 5.000 EW<br />

Die Kläranlage ist als simultan-stabilisierende Belebtschlammanlage konzipiert. Das Klärbecken<br />

ist als Kombinationsbauwerk realisiert. Die zugehörige mechanische Vorreinigung<br />

ist in <strong>eine</strong>m zentralen, kompakten Gebäudekomplex untergebracht. Die Beheizung des<br />

Gebäudekomplexes wird dabei ganzjährig über <strong>eine</strong> Wärmeausschleifung aus dem Kühl-<br />

/Abwärmesystem der zentralen Schaltwarte sichergestellt. Die dazu erforderliche<br />

Betriebsenergie wird über <strong>eine</strong> Photovoltaikanlage abgedeckt.<br />

Pumpen sind neben dem Gebläseraum frostfrei aufgestellt. Durch Abwärmetransport aus<br />

dem Gebläseraum kann die Anlage ganzjährig ohne Fremdenergiebezug frostfrei<br />

betrieben werden.<br />

Bewertung:<br />

Durch die Nutzung des Abwärmepotentials der Kühlungseinheit der zentralen Schaltwarte<br />

kann das Betriebsgebäude mit <strong>eine</strong>m umbauten Raum von rd. 250 m³ UBR ganzjährig mit<br />

Heizenergie versorgt werden. Bei Investitionskosten von rd. 25.000 EUR werden damit<br />

jährlich Betriebs- und Unterhaltungskosten in Höhe von rd. 3.000 EUR/a eingespart.<br />

121


Projekt: KA Speyer (Stadt Speyer)<br />

Energetische Optimierungen<br />

Ansprechpartner:<br />

Peter Nebel (06232/625-4300)<br />

Stadtwerke Speyer GmbH<br />

Georg-Peter-Süß-Str. 2<br />

67346 Speyer<br />

nebel@sws.speyer.de<br />

Beschreibung:<br />

Erstinbetriebnahme 1969, derzeitige Ausbaugröße 95.000 EW<br />

Im Jahr 2007 wurde <strong>für</strong> die Abwasserreinigungsanlage Speyer <strong>eine</strong> Energieanalyse<br />

durchgeführt. Diese wies verschiedene, kurz-, mittel- und langfristig umzusetzende<br />

Optimierungsmaßnahmen aus.<br />

Vorgeschlagen zur kurzfristigen Umsetzung wurde u. a. den Staupunkt der<br />

Trockenwetterschnecken im Einlaufhebewerk um 0,3 m zu erhöhen. Hierdurch wurde<br />

<strong>eine</strong> Einsparung von 9.842 kWh/a elektrischer Energie erwartet. Kurzfristig umgesetzt<br />

wurde <strong>eine</strong> Erhöhung des Staupunktes im Einlaufhebewerk um 0,5 m bei gleichzeitiger<br />

Reduzierung der Schalthäufigkeit. Realisiert wurde hierdurch ein Einsparpotential von<br />

9.125 kWh/a.<br />

Nachdem in 2007 die technischen Voraussetzungen <strong>für</strong> die Reduktion des TS-Gehaltes in<br />

den Belebungsbecken durch den Ersatz der Kammerfilterpresse durch Zentrifugen mit<br />

höherem Durchsatz geschaffen wurden, konnte bei der Energie <strong>für</strong> die Belüftung <strong>eine</strong><br />

Einsparung von 340.000 kWh/a elektrischer Energie erzielt werden. Prognostiziert waren<br />

381.000 kWh/a.<br />

Weitere Maßnahmen sind in der Vorbereitung.<br />

Bewertung:<br />

Energieoptimierungen, sei es durch Reduzierung der Verbräuche oder durch Steigerung<br />

des Eigenversorgungsgrades sind vor dem Hintergrund steigender Energiekosten und<br />

Anlagen zur KS-Vererdung: Simmern, Rheinböllen, Hahnweiler; gute Erfahrungen<br />

den globalen und lokalen Klimaschutzzielen das Gebot der Stunde.<br />

Grundlage jeder Energieanalyse ist <strong>eine</strong> umfangreiche Datengrundlage, die ggf. durch<br />

Messungen ergänzt oder verifiziert werden muss. Trotz vorhandener Unschärfen sind die<br />

prognostizierten Potentiale zumindest der Größenordnung nach erreichbar. Für die<br />

Umsetzung der Maßnahmen ist <strong>eine</strong> Prioritätenliste zu erstellen. Maßnahmen, die<br />

Auswirkungen auf den Reinigungsprozess haben können, sollten nicht gleichzeitig<br />

umgesetzt werden.<br />

122


Projekt: VG Sprendlingen-Gensingen (tectraa TU Kaiserslautern)<br />

Semizentrales Schlammbehandlungscenter<br />

Ansprechpartner:<br />

Prof. Dr.-Ing. T.G. Schmitt (0631/205-2946)<br />

tectraa und FG Siedlungswasserwirtschaft<br />

TU Kaiserslautern<br />

Paul-Ehrlich-Str. 14<br />

67663 Kaiserslautern<br />

tschmitt@rhrk.uni-kl.de<br />

Beschreibung:<br />

Im Rahmen <strong>eine</strong>s vom rheinland-pfälzischen Ministerium <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und<br />

Verbraucherschutz geförderten Projektes wurden Ansätze entwickelt, räumlich nahe<br />

zueinander liegende aerobe Stabilisierungs- und Faulungsanlagen gemeinsam und<br />

übergreifend zu betreiben, um hieraus sowohl betriebliche als auch energetische Vorteile<br />

zu gewinnen. Die (ehemals) aeroben Stabilisierungsanlagen werden dann mit geringeren<br />

Schlammaltern (11 – 13 d) als sog. ‚Satellitenanlagen’ mit der alleinigen Aufgabe der<br />

Abwasserbehandlung betrieben. Der nicht stabilisierte Schlamm dieser Anlagen wird<br />

<strong>eine</strong>r Faulungsanlage mit der entsprechenden Infrastruktur (Faulbehälter, Verstromung<br />

des Gases über BHKW, Wärmenutzung, Schlammentwässerung, ggf. Vorbehandlung der<br />

Prozesswässer etc.) zugeführt, die dann als Semizentrales Schlammbehandlungscenter<br />

(SBC) betrieben wird.<br />

Die Maßnahmen wurden exemplarisch <strong>für</strong> zwei Anlagen in der VG Sprendlingen-Gensingen<br />

untersucht. Die Auswirkungen wurden sowohl betrieblich, energetisch als auch<br />

kostenmäßig bewertet. Des Weiteren wurden CO2-Bilanzen <strong>für</strong> die unterschiedlichen<br />

Szenarien durchgeführt. Ingesamt ergeben sich in der Gesamtbetrachtung erhebliche<br />

energetische Vorteile der Konzeption als SBC. Einem erforderlichen Fremdenergiebezug<br />

von ca. 810.000 kWh pro Jahr elektrischer Energie sowie ca. 55.000 kWh an thermischer<br />

Energie im IST-Zustand stehen bei der Umstellung als SBC ein Fremdenergiebezug von<br />

rund 430.000 kWh/a Strom sowie rund 30.000 kWh/a <strong>für</strong> die Wärmeerzeugung entgegen.<br />

Bewertung:<br />

Satellitenanlage<br />

Die Untersuchungen zeigen, dass ein Betrieb von Anlagen im Rahmen <strong>eine</strong>r derartigen<br />

Konzeption <strong>eine</strong> durchaus lohnenswerte Alternative zum Umbau von aeroben<br />

Stabilisierungsanlagen zu Faulungsanlagen darstellen kann. Voraussetzung ist hierbei,<br />

dass die zusätzlich anfallenden Schlammmengen im Faulturm aufgenommen und bei<br />

genügenden Faulzeiten zu Biogas verwertet werden können; des Weiteren müssen die<br />

erhöhten Frachten aus dem Prozesswasser (vorwiegend CSB- und N-Rückbelastungen)<br />

in der Biologie abgearbeitet werden. Hier ist im Einzelfall <strong>eine</strong> separate Vorbehandlung<br />

des Prozesswassers erforderlich.<br />

A<br />

D<br />

Semizentrales<br />

Schlammbehandlungscenter<br />

mit Eigenstromerzeugung<br />

Schlammtransport<br />

(Straße, Rohrleitung)<br />

B<br />

C<br />

123


Projekt: Yachthafen Speyer<br />

Wärmeversorgung mit Abwasser<br />

Ansprechpartner:<br />

Stadtwerke Speyer GmbH<br />

Rüdiger Kleemann<br />

Georg-Peter-Süß-Str. 2<br />

67346 Speyer<br />

Telefon: 06232/625-1460<br />

E-Mail: kleemann@sws.speyer.de<br />

Beschreibung:<br />

Im Rahmen <strong>eine</strong>s vom rheinland-pfälzischen Ministerium <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und<br />

Verbraucherschutz geförderten Projektes wird am Speyerer Yachthafen <strong>eine</strong> neue Art der<br />

Wärmeversorgung umgesetzt. Für das Energiekonzept zur Wärmeversorgung der fünf<br />

neuen Hafenvillen garantiert die Stadtwerke Speyer (SWS) <strong>eine</strong> optimale Versorgung<br />

über ein Anlagencontracting. Dies beinhaltet die Planung, die Finanzierung, die<br />

Errichtung, den Energieeinkauf sowie den Betrieb der Wärmeerzeugungsanlage. Zur<br />

Wärmegewinnung wird in jedem der fünf Gebäude <strong>eine</strong> Wärmepumpe installiert, die zur<br />

Gebäudeheizung und Warmwasserbereitung dient. Wärmequelle <strong>für</strong> die Wärmepumpe ist<br />

ein in der Nähe des Baugebiets verlaufender, großer Abwasserkanal, aus dem über <strong>eine</strong>n<br />

Wärmetauscher dem Abwasser Wärme entzogen wird. Vorteil des Mediums Abwasser ist<br />

s<strong>eine</strong> ganzjährig gleichbleibende Temperatur von rund 15 °C, die aus dem tausendfachen<br />

Einsatz von Wasch- und Spülmaschinen, von Baden und Duschen im Stadtgebiet<br />

resultiert. Mittels der Wärmepumpen wird die entzogene Wärme auf das dem Bedarf<br />

angepasste Temperaturniveau erhöht. Zur Unterstützung der Wärmepumpen werden<br />

insgesamt ca. 140 m² Solarkollektoren eingebunden, die die Sonnenenergie auf den<br />

Dächern „einfangen“. Die Solarthermieanlage verbessert nicht nur die Effizienz der<br />

Wärmepumpen, sie dient in der Heizperiode der Heizungsunterstützung und ganzjährig<br />

der Warmwasserbereitung. In den Sommermonaten können dadurch die hohen<br />

Temperaturen <strong>für</strong> die Warmwasserbereitung erzeugt und somit die ungünstigen<br />

Betriebszustände der Wärmepumpe reduziert werden.<br />

Bewertung:<br />

Diese Art der Wärmeversorgung reduziert den Primärenergiebedarf der Gebäude um<br />

mehr als 40 % gegenüber <strong>eine</strong>r herkömmlichen Heizungsanlage.<br />

Die Abkühlung des Abwassers beträgt maximal 0,5 K, so dass k<strong>eine</strong> Beeinträchtigung der<br />

Kläranlage Speyer besteht.<br />

124


7.4 Fremdwasser-/Außengebietswasser-Reduzierung<br />

Bei vielen kommunalen Kläranlagen bereitet ein erhöhter Fremdwasseranfall Probleme.<br />

Fremdwasser gelangt vor allem über undichte Leitungen sowie Fehlanschlüsse in die<br />

Kanalisation und führt zu <strong>eine</strong>r höheren hydraulischen Belastung von Kanalnetz und Kläranlage,<br />

reduziert die Reinigungsleistung der Kläranlagen und verursacht damit sowohl<br />

höhere Kosten als auch <strong>eine</strong> größere Belastung der Gewässer. Eine gezielte Sanierungsstrategie<br />

kann hier erhebliche Optimierungs- und Einsparpotenziale bringen. Die Fremdwasserreduzierung<br />

der Verbandsgemeinde Montabaur wird als Fallbeispiel in <strong>eine</strong>m<br />

Formblatt vorgestellt.<br />

Daneben wurden in der Stadt Monschau (Nordrhein-Westfalen) im Rahmen <strong>eine</strong>s<br />

Forschungsvorhabens systematisch Maßnahmen zur Fremdwasservermeidung und –reduzierung<br />

entwickelt und umgesetzt [Hennerkes et al. 2005]. Die Lage von Monschau in <strong>eine</strong>r<br />

ländlichen Mittelgebirgsregion ist vergleichbar mit vielen Gemeinden in den rheinlandpfälzischen<br />

Mittelgebirgen wie Eifel, Hunsrück und Westerwald. Auch in der Gemeinde<br />

Simmerath (Nordrhein-Westfalen) wurden im Rahmen <strong>eine</strong>s Fremdwassersanierungskonzeptes<br />

Schmutzwasserkanäle und Hausanschlüsse im Trennsystem saniert.<br />

Weitere Informationen zum Thema Fremdwasser hat die Landesanstalt <strong>für</strong> Umwelt,<br />

Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg in der Broschüre „Fremdwasser in<br />

kommunalen Kläranlagen – Erkennen, bewerten und vermeiden“ zusammengestellt. Danach<br />

sollte <strong>eine</strong> effektive Fremdwassersanierung neben der öffentlichen Kanalisation auch die<br />

privaten Grundstücksentwässerungsanlagen mit einbeziehen. In der Broschüre werden<br />

sowohl Maßnahmen zur Fremdwasserreduzierung als auch Fallbeispiele vorgestellt [LUBW<br />

2007].<br />

125


Projekt: VG Montabaur<br />

Fremdwasserreduzierung<br />

Ansprechpartner:<br />

Verbandsgemeindewerke Montabaur<br />

Werkleiter Jürgen Klaeser<br />

Konrad-Adenauer-Platz 8<br />

56410 Montabaur<br />

email: jklaeser@montabaur.de<br />

Beschreibung:<br />

Die Verbandsgemeinde Montabaur betreibt 10 Kläranlagen, die teilweise Fremdwasseranteile<br />

von über 60 % aufweisen. Die klassische Herangehensweise durch Kartierung von<br />

Außengebieten, FW-Messungen mit mobilen IDMs etc. brachte k<strong>eine</strong>n nachhaltigen<br />

Erfolg. Die Problematik liegt in der Eigenart von relevanten Fremdwasserquellen: Es sind<br />

nicht die spektakulären Gräben aus den Außengebieten, die das Problem verursachen.<br />

Der Zufluss hieraus kann in der Spitze zwar sehr hoch sein, die Zuläufe sind aber häufig<br />

nicht das ganze Jahr wirksam. Eine Fremdwassermenge von unspektakulären 0,8 l/s, die<br />

jedoch immer während abfließt (z.B. aus Drainagen, undichten Muffen etc.) bewirkt <strong>eine</strong><br />

jährliche Fremdwassermenge von 25.000 Kubikmeter. Ziel ist es deshalb, Bereiche zu<br />

finden, in denen langfristige, dauerhafte Zuläufe vorliegen.<br />

Durch das eingesetzte GBI – Komposch FW-Messverfahren konnten kleinste FW-Mengen<br />

schnell und genau gemessen werden. Dadurch konnten bis zu 30 Messstellen in <strong>eine</strong>r<br />

Nacht abgearbeitet werden, was zu <strong>eine</strong>r Vergleichbarkeit der Messergebnisse führte. Die<br />

Ergebnisse ermöglichten dann das Wichten und Aufspüren von nachhaltigen Fremdwasserzuläufen<br />

und <strong>eine</strong> Selektion <strong>für</strong> wirtschaftliche Sanierungen. Die Kosten <strong>für</strong> die<br />

Messung sind dank der einfachen und schnellen Anwendung deutlich niedriger und<br />

dennoch aussagekräftiger und wirtschaftlicher als bislang bekannte Systeme.<br />

Bewertung:<br />

Durch die angewendete Messmethode konnten zunächst wesentlich genauer die<br />

relevanten Fremdwasserquellen lokalisiert werden. Im zweiten Schritt war es dann<br />

möglich, die FW-Einträge hinsichtlich ihrer Priorität einzustufen und – zumindest dort, wo<br />

dies möglich war - technische Lösungen zu erarbeiten. Letztlich ist es an dieser Stelle<br />

<strong>eine</strong> wichtige Erkenntnis, das machbare vom unmachbaren zu unterscheiden, um die<br />

begrenzten Finanzmittel auch wirtschaftlich einsetzen zu können. Bei ganzheitlicher<br />

Betrachtung kommt man zu dem Schluss, dass die Ergebnisse der optischen<br />

Kanalinspektion, die hydraulischen Erfordernisse sowie die FW-Messungen zu <strong>eine</strong>m<br />

effizienten und wirtschaftlichen Kanalsanierungskonzept zusammen geführt werden<br />

müssen.<br />

126


7.5 Organisation des Betriebs<br />

Im Bereich Betriebsorganisation bestehen erhebliche Optimierungspotenziale beispielsweise<br />

durch Kooperationen zwischen Betreibern. Eine interkommunale Zusammenarbeit kann<br />

verschiedenste Bereiche betreffen wie Klärschlammentsorgung, Einkauf, Fuhrpark,<br />

Spezialgeräte, Fortbildung des Personals, etc. Aber auch Maßnahmen wie z. B. die<br />

Fernüberwachung von Anlagen können zu <strong>eine</strong>m optimierten Betrieb beitragen. Folgende<br />

Beispiele werden in <strong>eine</strong>m Formblatt vorgestellt:<br />

• Donnersbergkreis: Kooperation zwischen VG Alsenz-Obermoschel, Winnweiler und<br />

Rockenhausen<br />

• Hochspeyer: Fernüberwachung durch Kameras (WVE)<br />

• Südpfalz: Kooperation; Studie zur künftigen gemeinsamen Klärschlammverwertung in<br />

der Südpfalz<br />

• VG Trier-Land: Grenzüberschreitende Zusammenarbeit; Gemeinschaftskläranlagen<br />

mit Luxemburg<br />

• VG Trier-Land, Abwassergruppe Aach: Zweckvereinbarung zw. Abwasserwerk der<br />

VG Trier-Land und Stadtwerke Trier AöR<br />

Daneben gibt es in Rheinland-Pfalz viele weitere Beispiele <strong>für</strong> die gelungene Umsetzung von<br />

Kooperationen. So gibt es Kooperations-Verträge zwischen den Verbandsgemeinden<br />

Pirmasens-Land und Hauenstein, zwischen Nastetten, Katzenelnbogen, Loreley und<br />

Hahnstätten, zwischen Simmern und Rheinböllen, zwischen Betzdorf, Kirchen, Daaden,<br />

Gebhardsheim und Herdorf usw. Grenzübergreifende Kooperationen mit Luxemburg gibt es<br />

außer in der VG Trier-Land auch in den VG Neuerburg und Irrel.<br />

127


Projekt: Donnersbergkreis – Kooperation<br />

Interkommunale Zusammenarbeit zwischen drei Verbandsgemeinden<br />

Ansprechpartner:<br />

Manfred Kauer, Tel.: 06302/602-92<br />

Verbandsgemeindewerke Winnweiler<br />

Jakobstraße 29, 67722 Winnweiler<br />

Beschreibung:<br />

Die Verbandsgemeindewerke Alsenz-Obermoschel, Rockenhausen und Winnweiler im<br />

Donnersbergkreis kooperieren bereits seit 2002, wobei im Geschäftsbereich Abwasserbeseitigung<br />

verschiedene Umsetzungsmaßnahmen realisiert werden. So besteht <strong>eine</strong><br />

interkommunale Zusammenarbeit in den Bereichen Beschaffung/Einkauf (z.B. gemeinsame<br />

Ausschreibungen <strong>für</strong> Laborbedarf, Klärschlammuntersuchungen, Klärschlammverwertung,<br />

Ausfuhr von Abwassergruben, Fuhrpark, TV-Inspektion und Kanalspülung),<br />

gemeinsame Aus- und Fortbildung, Bildung von Schwerpunktteams und Personalaustausch,<br />

Austausch und gemeinsame Nutzung von Spezialgeräten und -werkzeugen,<br />

gemeinsame Erarbeitung von Organisations-, Dienst- und Arbeitsanweisungen sowie<br />

Rechtsgrundlagen, Öffentlichkeitsarbeit, Vereinheitlichung im Bereich Finanzbuchhaltung,<br />

etc.. Einzelne Kooperationsmöglichkeiten (z.B. die Vergabe der Erarbeitung von Dienst-<br />

und Betriebsanweisungen an ein Ingenieurbüro) werden sogar kreisweit umgesetzt, um<br />

so noch günstigere Preiskonditionen aushandeln zu können.<br />

Bewertung:<br />

Eine interkommunale Zusammenarbeit führt zu <strong>eine</strong>r Steigerung der Leistungsfähigkeit<br />

und Wirtschaftlichkeit der Eigenbetriebe. Durch die Nutzung von Synergieeffekten und die<br />

Bündelung von Fachwissen sind erhebliche Kosteneinsparungen möglich. So wurde<br />

beispielsweise <strong>für</strong> die gemeinsame Ausschreibung von Laborbedarf ein zusätzlicher<br />

Rabatt von 7,5 %, <strong>für</strong> die gemeinsame Auftragsvergabe von Baugrunduntersuchung und<br />

Beweissicherung ein Rabatt von 15 % erzielt. Durch <strong>eine</strong>n Rahmenvertrag <strong>für</strong> den<br />

gesamten Donnersbergkreis <strong>für</strong> die Erarbeitung von Dienst- und Betriebsanweisungen<br />

wurde ein Rabatt von 35 % gegenüber <strong>eine</strong>r Einzelbeauftragung erzielt. Auch die<br />

kreisweite Vergabe der Klärschlammverwertung ist mittlerweile umgesetzt. Austausch und<br />

gemeinsame Nutzung von Spezialgeräten führt zu deutlichen Einsparpotenzialen bei den<br />

einzelnen Eigenbetrieben und zu <strong>eine</strong>r besseren Auslastung der Geräte. Durch die<br />

Bildung von Schwerpunktteams und den Austausch von Fachwissen kann evtl. auf<br />

Wartungsverträge verzichtet werden. Für die geplante gemeinsame Rufbereitschaft ist die<br />

Erstellung <strong>eine</strong>r Kanal- und Wasserleitungsdatenbank mit einheitlicher Datenstruktur und<br />

einheitlicher Benutzeroberfläche sinnvoll. Ebenso wären <strong>eine</strong> Standardisierung der<br />

technischen Anlagen sowie <strong>eine</strong> gemeinsame Bedienebene <strong>für</strong> die vorhandenen<br />

Fernüberwachungssysteme und <strong>eine</strong> Vereinheitlichung der EDV-Software im Hinblick auf<br />

<strong>eine</strong>n gegenseitigen Personalaustausch wünschenswert.<br />

128


Projekt: KA Hochspeyer (VG Hochspeyer)<br />

Fernüberwachung der Kläranlage durch Kameras<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr Becker, VG Hochspeyer<br />

Hauptstraße 121, 67691 Hochspeyer<br />

Betriebsführung der Anlagen durch:<br />

WVE GmbH Kaiserslautern<br />

Burgstraße 11, 67659 Kaiserslautern<br />

Tel.: 0631 – 37 23 0<br />

Beschreibung:<br />

Zur Steigerung der Betriebssicherheit und der Effizienz bei der Überwachung von<br />

Kläranlagen hat die WVE ein Kameraüberwachungssystem entwickelt, das aus folgenden<br />

Komponenten besteht:<br />

• Messgeräte <strong>für</strong> die wesentlichen Parameter wie z.B. den pH-Wert (i. R. vorh.)<br />

• Ein Gerät zur Weitermeldung von Störungen (i. R. vorhanden)<br />

• Eine elektronische Kamera, die über ISDN, DSL o.ä. Bilder senden kann.<br />

Alle relevanten Anlagenteile der KA Hochspeyer werden elektronisch von der zentralen<br />

Warte der KA Kaiserslautern überwacht. Ausfälle/Defekte werden vom System erkannt<br />

und automatisch an die Schaltwarte Kaiserslautern gemeldet. PH-Messungen werden<br />

parametriert, so dass bei Grenzwertverletzungen <strong>eine</strong> Störmeldung abgesetzt wird.<br />

Kameras, die die visuelle Kontrolle des Anlagenablaufes jederzeit (Tag und Nacht)<br />

möglich machen, senden täglich zur gleichen Zeit <strong>eine</strong> Routinemeldung per E-Mail. Der<br />

Ist-Zustand wird mit <strong>eine</strong>m Bild des Soll-Zustandes verglichen, das als Referenz hinterlegt<br />

ist und die Anlage im störungsfreien Betrieb zeigt. Bei Abweichungen werden im<br />

Alarmplan festgelegte Schritte eingeleitet.<br />

Bewertung:<br />

Die neue Technik gewährleistet die Überwachung der Anlage rund um die Uhr und<br />

Routinekontrollen und -messungen sind nicht mehr notwendig. Ein Zugriff auf Daten ist<br />

nicht nur von <strong>eine</strong>m zentralen Computer aus möglich, sondern über das Netzwerk auch<br />

z.B. von zu Hause aus. Durch kurze Überwachungszeiten und höhere, witterungsunabhängige<br />

Kontrollhäufigkeit wird die Betriebssicherheit erhöht. Weiterhin müssen die<br />

Anlagen nicht mehr an Wochenenden und Feiertagen angefahren werden, was zu <strong>eine</strong>r<br />

Entlastung des Personals und darüber hinaus zu Kostenersparnis führt.<br />

Die zu tätigenden Investitionen amortisieren sich durch den teilweisen Wegfall von<br />

Wochenend- und Feiertagsdiensten <strong>für</strong> die Kommunen in kurzer Zeit. Somit ist durch<br />

dieses System ein Beitrag zum Umweltschutz und zur Stabilität der Abwassergebühren<br />

geleistet.<br />

129


Projekt: Südpfalz – Kooperation zur Klärschlammverwertung<br />

Studie zur künftigen gemeinsamen Klärschlammverwertung in der Südpfalz<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr Menacher, Tel. 06341-138650<br />

Entsorgungs- und Wirtschaftsbetrieb Landau<br />

Friedrich-Ebert-Str. 5, 76829 Landau i.d. Pfalz<br />

Beschreibung:<br />

Im Raum Südpfalz haben 15 kommunale Kläranlagenbetreiber <strong>eine</strong> Art "Arbeitsgruppe"<br />

gegründet mit dem Ziel, regionale Lösungen <strong>für</strong> die künftige nachhaltige Klärschlammverwertung<br />

auszuarbeiten. In <strong>eine</strong>r Studie sollen wirtschaftlich und ökologisch sinnvolle<br />

Wege der künftigen gemeinsamen Klärschlammverwertung aufgezeigt und ein die 20<br />

beteiligten Kläranlagen umfassendes Konzept entwickelt werden.<br />

Erster Schritt der Studie ist <strong>eine</strong> Bestandsaufnahme und Prognose, sowie <strong>eine</strong> Abschätzung<br />

der künftigen Entwicklungen bei der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung.<br />

Es werden Möglichkeiten der Zusammenarbeit bei der Klärschlammentwässerung<br />

erarbeitet. Die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit <strong>eine</strong>r Klärschlammtrocknung wird<br />

untersucht, insbesondere unter Berücksichtigung vorhandener Abwärmequellen in der<br />

Region (Geothermie, Bioabfallvergärung, landwirtschaftliche Biogasanlagen, industrielle<br />

Abwärme). Desweiteren werden die Möglichkeiten der thermischen Klärschlammverwertung<br />

betrachtet (gemeinsame eigene Anlage, Nutzung vorhandener regionaler<br />

Kapazitäten, Verwertung in weiter entfernten Anlagen).<br />

Basierend auf den Ergebnissen wird ein Konzept <strong>für</strong> die beteiligten Kläranlagen<br />

ausgearbeitet, das auch die Errichtung gemeinsamer Anlagen beinhalten kann.<br />

Bewertung:<br />

Die Klärschlammverwertung ist ein großer Kostenfaktor der Abwasserbehandlung. Ein<br />

wichtiger Aspekt ist dabei die Gewährleistung der Entsorgungssicherheit. Durch den<br />

Ansatz, die Klärschlammverwertung gemeinsam anzugehen, können regionale Lösungen<br />

realisiert werden, die <strong>für</strong> den einzelnen Kläranlagenbetreiber außerhalb der wirtschaftlichen<br />

Möglichkeiten liegen. Dabei können auch verstärkt ökologische Aspekte berücksichtigt<br />

werden, die bei Einzellösungen oft aus Gründen der Wirtschaftlichkeit<br />

zurückstehen müssen.<br />

130


Projekt: VG Trier-Land<br />

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit; Gemeinschaftskläranlagen mit Luxemburg<br />

Ansprechpartner:<br />

Jürgen Karst, Tel. 0651-9798-603<br />

Abwasserwerk der Verbandsgemeinde<br />

Trier-Land<br />

Bischofstraße 7<br />

54311 Trierweiler<br />

Beschreibung:<br />

Als zweites, grenzüberschreitendes Projekt zwischen Luxemburg und Deutschland nach<br />

dem internationalen Abwasserklärwerk Mompach/Trier-Land wurde im Jahre 1996 der<br />

internationale Abwasserzweckverband Rosport (L)/Trier-Land (D) gegründet. Hier wurde<br />

unweit der luxemburgischen Gemeinde Rosport auf luxemburgischem Staatsgebiet <strong>eine</strong><br />

gemeinsame biologische Kläranlage mit <strong>eine</strong>r Ausbaugröße von 5.000 Einwohnerwerten<br />

errichtet, die ihren Betrieb im Jahre 2002 aufgenommen hat. In der Anlage werden die<br />

Abwässer aus den Gemeinden Rosport und Steinheim auf luxemburgischer Seite und der<br />

Ortsteile Ralingen, Edingen, Godendorf und Olk auf deutscher Seite biologisch gereinigt.<br />

Die deutschen Gemeinden sind über <strong>eine</strong>n Düker von Ralingen nach Rosport an die<br />

Anlage angeschlossen. Mit der Anlage wurde <strong>eine</strong> Klärschlammvererdungsanlage<br />

errichtet, die über <strong>eine</strong>n Zeitraum von ca. 25 bis 30 Jahren den auf der Anlage<br />

anfallenden Klärschlamm aufnehmen und vererden kann.<br />

Inbetriebnahme der Anlage war das Jahr 2002. Die Betriebsführung der Anlage erfolgt<br />

durch das Abwasserwerk Trier-Land. Verbandssitz des Zweckverbandes ist Rosport (L).<br />

Bewertung:<br />

Durch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen der Verbandsgemeinde Trier-<br />

Land und Luxemburg in Bezug auf die gemeinsame Abwasserreinigung können<br />

erhebliche Synergieeffekte genutzt werden. So entfällt durch den Zusammenschluss <strong>eine</strong><br />

Anlage auf deutscher Seite als Betriebspunkt. Durch den Standort auf luxemburgischer<br />

Seite können sowohl steuerliche Vorteile in Luxemburg, z. B. günstigere Mehrwertsteuer,<br />

als auch Vorteile in Bezug auf Abwasserabgabe und Klärschlammverwertung genutzt<br />

werden. Die Vertragslaufzeit <strong>für</strong> den Betrieb der Anlage ist auf 60 Jahre ausgelegt.<br />

131


Projekt: VG Trier-Land, Abwassergruppe Aach<br />

Zweckvereinbarung zw. Abwasserwerk der VG Trier-Land und Stadtwerke Trier AöR<br />

Ansprechpartner:<br />

Jürgen Karst, Tel. 0651-9798-605<br />

Abwasserwerk der Verbandsgemeinde Trier-Land<br />

Bischofstraße 7<br />

54311 Trierweiler<br />

Beschreibung:<br />

Aktuell wurde am 18.05.2009 <strong>eine</strong> Zweckvereinbarung zwischen der Verbandsgemeinde<br />

Trier-Land – Abwasserwerk – und der Stadtwerke Trier AöR (SWT AöR) geschlossen, in<br />

der die Entsorgung von Abwasser mehrerer Gemeinden der Verbandsgemeinde Trier-<br />

Land über <strong>eine</strong>n Verbindungssammler im Hauptklärwerk Trier vereinbart wurde.<br />

Mit den Bauarbeiten des Sammlers wird im Verlaufe des Jahres 2009 begonnen. Die<br />

Vereinbarung hat <strong>eine</strong> Laufzeit von 50 Jahren. Es wird davon ausgegangen, dass ab dem<br />

Jahre 2010 das Abwasser der Abwassergruppe Aach über das Leitungsnetz der SWT<br />

AöR im Hauptklärwerk Trier gereinigt werden kann.<br />

Bewertung:<br />

Die hier erreichten Synergieeffekte durch die Kooperation führen zu Vorteilen und<br />

Einsparungen auf beiden Seiten. Die Stadtwerke Trier AöR optimieren den Anschlussgrad<br />

des Gruppenklärwerkes und die Verbandsgemeinde Trier-Land kann auf den<br />

bisherigen Betriebspunkt der Kläranlage Aach zukünftig verzichten. Durch die Maßnahme<br />

können laufende Betriebskosten erheblich reduziert werden, was gerade im Bereich von<br />

Energieoptimierungen von großer Bedeutung ist.<br />

132


7.6 Entwässerungskonzept<br />

In dieser Kategorie geht es darum, die optimale Entwässerungsstruktur (zentral, semizentral,<br />

dezentral) <strong>für</strong> ein bestimmtes Gebiet zu finden. Möglich ist dies durch den Vergleich unterschiedlicher<br />

Varianten bei der Entwässerungsplanung auf der Grundlage von Kostenvergleichsrechnungen.<br />

Besonders interessant ist dabei, ob die demografische Entwicklung bei<br />

der Planung berücksichtigt wurde. So sollten hier insbesondere Verbandsgemeinden mit<br />

<strong>eine</strong>r gelungenen Mischung aus zentralen und dezentralen Lösungen vorgestellt werden.<br />

Bislang wird in dieser Kategorie nur das Beispiel der VG Westerburg in <strong>eine</strong>m Formblatt<br />

vorgestellt, in der die zentrale Lösung die wirtschaftlichere Alternative darstellt.<br />

Wie man durch <strong>eine</strong> Wirtschaftlichkeitsbetrachtung verschiedener Planungsvarianten zur<br />

optimalen Entwässerungsstruktur kommt, wird in der Referendarsarbeit „Auswirkungen der<br />

demografischen Entwicklung auf die Anlagen der technischen Infrastruktur am Beispiel der<br />

kommunalen Abwasserbeseitigung <strong>eine</strong>s Bundeslandes“ [Lenhart 2006] aufgezeigt. Dazu<br />

wurden zwei ländlich strukturierte Untersuchungsgebiete ausgewählt, in denen zum <strong>eine</strong>n<br />

die Erstausstattung mit kommunalen Abwasseranlagen noch nicht abgeschlossen war und<br />

die zum anderen <strong>eine</strong> besonders ungünstige Prognose in Bezug auf den demografischen<br />

Wandel aufweisen.<br />

Im Untersuchungsgebiet I war <strong>für</strong> 56 Einwohner in 14 Anwesen, die ihr Abwasser bislang<br />

über Mehrkammer-Absetzgruben oder geschlossene Sammelgruben entsorgen, <strong>eine</strong><br />

ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung zu errichten. Variante A sah <strong>eine</strong> zentrale Lösung<br />

mittels <strong>eine</strong>r Belebungsanlage <strong>für</strong> 75 EW (demografieangepasst <strong>für</strong> 60 EW) vor. Als<br />

Vergleichsvariante B wurde <strong>eine</strong> dezentrale Lösung mit 4 Pflanzenkläranlagen <strong>für</strong> 6, 15, 24<br />

und 30 EW (demografieangepasst <strong>für</strong> 4, 12, 20 und 24 EW) gegenübergestellt. Für <strong>eine</strong>n<br />

Kostenvergleich wurden die Herstell- und Betriebskosten <strong>für</strong> Kanäle und Abwasserreinigungsanlagen<br />

<strong>für</strong> beide Varianten ermittelt bzw. abgeschätzt und gemäß den Leitlinien<br />

zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen [LAWA 2005] Projektkostenbarwerte<br />

sowie Jahreskosten errechnet (siehe Tabellen 8.1 und 8.2).<br />

Tab. 8.1: Projektkostenbarwerte <strong>für</strong> alle Varianten im Untersuchungsgebiet I [Lenhart 2006]<br />

Investitionskosten<br />

Variante A<br />

(zentral)<br />

Variante A<br />

angepasst<br />

Variante B<br />

(dezentral)<br />

Variante B<br />

angepasst<br />

Kanal 184.740,00 184.740,00 89.200,00 89.200,00<br />

Kläranlage 73.580,00 67.373,30 94.286,00 77.228,00<br />

Reinvestitionskosten<br />

KA nach 13 Jahren 64.204,10 52.588,40<br />

KA nach 26 Jahren 34.118,30 31.240,30 43.719,50 35.809,90<br />

KA nach 39 Jahren 29.770,80 24.384,70<br />

Laufende Kosten<br />

Betriebskosten 315.599,40 262.140,60 179.229,00 148.047,90<br />

Projektkostenbarwert in € 608.037,70 545.494,20 500.409,30 427.258,90<br />

133


Tab. 8.2: Jahreskosten <strong>für</strong> alle Varianten im Untersuchungsgebiet I [Lenhart 2006]<br />

134<br />

Investitionskosten<br />

Variante A<br />

(zentral)<br />

Variante A<br />

angepasst<br />

Variante B<br />

(dezentral)<br />

Variante B<br />

angepasst<br />

Kanal 7.068,20 7.068,20 3.412,80 3.412,80<br />

Kläranlage 4.014,50 3.675,90 8.865,70 7.261,70<br />

Laufende Kosten<br />

Betriebskosten 12.069,90 10.025,40 6.854,50 5.662,00<br />

Jahreskosten in €/a 23.152,60 20.769,40 19.133,00 16.336,50<br />

Der Kostenvergleich <strong>für</strong> das Untersuchungsgebiet I zeigt, dass der Einsatz dezentraler<br />

Konzepte in ländlichen Gebieten vorteilhaft sein kann. Die dezentrale Vergleichsvariante B<br />

weist gegenüber der zentralen Variante A <strong>eine</strong>n um rund 100.000 € geringeren Projektkostenbarwert<br />

und rund 4.000 € niedrigere Jahreskosten auf, was insbesondere auf<br />

niedrigere Investitionskosten <strong>für</strong> das Kanalnetz und geringere Betriebskosten zurückzuführen<br />

ist. Außerdem zeigt sich dabei auch, dass <strong>eine</strong> demografieangepasste Dimensionierung auf<br />

<strong>eine</strong> geringere Ausbaugröße zu erheblichen Kosteneinsparungen führen kann.<br />

Im Untersuchungsgebiet II war <strong>für</strong> 71 Einwohner in zwar aufgelockerter, aber dennoch<br />

zusammenhängender Bebauung <strong>eine</strong> ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung zu errichten.<br />

Als Variante A war <strong>eine</strong> dezentrale Lösung mit 20 Kleinkläranlagen geplant, wobei <strong>eine</strong><br />

Demografieanpassung aufgrund der Größe der Einzelanlagen nicht möglich ist. Als<br />

Vergleichsvariante B wurde <strong>eine</strong> zentrale Pflanzenkläranlage <strong>für</strong> 70 EW (demografieangepasst<br />

<strong>für</strong> 60 EW) betrachtet. Ebenso wie im vorangegangenen Beispiel wurden anhand<br />

der ermittelten Herstell- und Betriebskosten <strong>für</strong> Kanäle und Abwasserreinigungsanlagen<br />

Projektkostenbarwerte sowie Jahreskosten <strong>für</strong> alle Varianten errechnet (siehe Tabellen 8.3<br />

und 8.4).<br />

Tab. 8.3: Projektkostenbarwerte <strong>für</strong> alle Varianten im Untersuchungsgebiet II [Lenhart<br />

2006]<br />

Investitionskosten<br />

Variante A<br />

(dezentral)<br />

Variante B<br />

(zentral)<br />

Variante B<br />

angepasst<br />

Kanal 108.500,00 108.500,00 108.500,00<br />

Kläranlage 121.960,00 80.500,00 72.560,00<br />

Reinvestitionskosten<br />

KA nach 13 Jahren 83.048,70 54.816,50 49.409,70<br />

KA nach 26 Jahren 56.551,60 37.327,00 33.645,30<br />

KA nach 39 Jahren 38.508,90 25.417,90 22.910,80<br />

Laufende Kosten<br />

Betriebskosten 656.168,50 239.430,70 218.643,30<br />

Projektkostenbarwert in € 1.064.737,70 545.992,10 505.669,10


Tab. 8.4: Jahreskosten <strong>für</strong> alle Varianten im Untersuchungsgebiet II [Lenhart 2006]<br />

Investitionskosten<br />

Variante A<br />

(dezentral)<br />

Variante B<br />

(zentral)<br />

Variante B<br />

angepasst<br />

Kanal 4.151,20 4.151,20 4.151,20<br />

Kläranlage 11.467,90 7.569,40 6.822,80<br />

Laufende Kosten<br />

Betriebskosten 25.094,80 9.156,90 8.361,90<br />

Jahreskosten in €/a 40.713,90 20.877,50 19.335,90<br />

Der Kostenvergleich <strong>für</strong> das Untersuchungsgebiet II zeigt noch weitaus deutlichere<br />

Unterschiede zwischen den betrachteten Varianten. Variante A ist sowohl in Bezug auf den<br />

Projektkostenbarwert als auch bei den Jahreskosten fast doppelt so teuer wie Variante B. Im<br />

Gegensatz zum Untersuchungsgebiet I ist in diesem Beispiel aus wirtschaftlicher Sicht<br />

eindeutig die zentrale Lösung zu bevorzugen. Auch hier kommt den Betriebskosten <strong>eine</strong><br />

Schlüsselrolle bei der Bewertung der betrachteten Varianten zu. Dies zeigt deutlich, dass<br />

allein die Betrachtung der Investitionskosten bei der Projektplanung nicht ausreicht, sondern<br />

<strong>eine</strong> umfangreiche Kostenvergleichsrechnung notwendig ist.<br />

135


Projekt: GKA Westerburg/Gemünden (VG Westerburg)<br />

Neubau <strong>eine</strong>r zentralen Kläranlage als Ersatz <strong>für</strong> 6 dezentrale Anlagenstandorte<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr Schmitt, Tel.: 02663 / 291-620<br />

Verbandsgemeindewerke<br />

Jahnstraße 22<br />

56457 Westerburg<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme voraussichtlich Ende 2010, Ausbaugröße 27.500 EW<br />

Die jetzige KA Westerburg ist neben der hydraulischen Überlastung als technisch<br />

überholt und in großen Teilen als abgängig zu bezeichnen. Daneben bestehen auch auf<br />

den beiden Teichkläranlagen in Härtlingen und Gemünden erhebliche betriebliche<br />

Probleme. Sie sind zudem sehr betriebskostenintensiv. Aufgrund der in den Voruntersuchungen<br />

und Studien aufgezeigten wirtschaftlichen und betrieblichen Vorteile wurde<br />

der Neubau <strong>eine</strong>r Gruppenkläranlage <strong>für</strong> den Gesamt-Einzugsbereich der bisherigen<br />

Abwassergruppen Westerburg, Gemünden und Härtlingen mit Standort auf der Wiesenfreifläche<br />

oberhalb der jetzigen KA Gemünden zur Ausführung empfohlen. Im Zuge der<br />

Gruppenzusammenführung wurde bereits die Einfachst-Teichkläranlage Langenhahn<br />

stillgelegt, die Stilllegung der Anlage Halbs folgt noch. Weiterhin wurde in der Planungsphase<br />

der Anschluss der Ortsgemeinde Irmtraut (VG Rennerod), deren Teichkläranlage<br />

ebenfalls abgängig ist, berücksichtigt. Die Ortslage Irmtraut ist inzwischen bereits an die<br />

Altanlage Gemünden angeschlossen. Die Ortslage Hellenhahn-Schellenberg (ebenfalls<br />

VG Rennerod) ist schon an die bisherige KA Westerburg angeschlossen, so dass auch<br />

diese Abwässer zukünftig in der neuen Anlage gereinigt werden. Die VG Westerburg wird<br />

zukünftig neben der KA Westerburg noch die beiden KA Höhn (4700 EW) und Hornister<br />

(4100 EW) betreiben. Die ca. 40 Außengebietsanwesen sind größtenteils leitungsgebunden<br />

an die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen worden. Die übrigen<br />

Anwesen werden über Gruben entsorgt. Zum Teil sollen sie noch an öffentliche<br />

Abwasseranlagen angeschlossen werden.<br />

Bewertung:<br />

Im Hinblick auf die aller Voraussicht nach auch zukünftig tendenziell ständig steigenden<br />

Energiekosten, sowie <strong>eine</strong>r erforderlichen Nutzungsdauer der neuen KA von mehreren<br />

Jahrzehnten, stellt sich die gewählte zentrale Lösung mit getrennter anaerober Stabilisierung<br />

als zukunftsweisende und wirtschaftliche Variante dar. Im Wesentlichen ist die<br />

Entsorgungsstruktur im Verbandsgebiet zentral ausgerichtet. Aufgrund der Topografie<br />

und der vorhandenen Siedlungsstruktur bietet sich diese Konzeption mit wenigen<br />

Betriebspunkten in dieser VG an. Bei größerer Zersiedlung bzw. dünnerer Besiedlung in<br />

anderen Verbandsgemeinden haben dort dezentrale Anlagen <strong>eine</strong> höhere Bedeutung als<br />

in der VG Westerburg.<br />

136


7.7 Stoffstromtrennung<br />

Wie bereits in Kapitel 3.6 dargestellt, können neuartige Sanitärkonzepte einige Probleme, die<br />

konventionelle Abwassersysteme mit sich bringen, lösen. So kann beispielsweise der<br />

Trinkwasserverbrauch durch die getrennte Sammlung der Abwasserteilströme und teilweise<br />

Kreislaufführung drastisch gesenkt werden. Die im Abwasser enthaltenen Nährstoffe können<br />

leichter wieder verwendet werden und aus dem menschlichen Urin stammende Mikroschadstoffe<br />

wie endokrin wirksame Stoffe und Arzneimittelrückstände gelangen bei <strong>eine</strong>r<br />

Abtrennung von Gelbwasser gar nicht erst in den Klärschlamm.<br />

In der Kategorie Stoffstromtrennung wird das Projekt Komplett als Fallbeispiel in <strong>eine</strong>m<br />

Formblatt vorgestellt. Hier wurden u. a. in <strong>eine</strong>r Wohnanlage <strong>für</strong> 20 Einwohner in Kaisers-<br />

lautern Schwarz- und Grauwasser getrennt abgeleitet und behandelt, das Grauwasser zu<br />

Brauchwasser aufbereitet und die Fäkalien kompostiert.<br />

Ein weiteres Beispiel <strong>für</strong> Stoffstromtrennung in Rheinland-Pfalz bietet das Abwasserkonzept<br />

des Flughafens Hahn. Dort wird ebenfalls Schwarz- und Grauwasser getrennt, allerdings ist<br />

k<strong>eine</strong> Kreislaufführung vorgesehen. Daneben gibt es außerhalb von Rheinland-Pfalz einige<br />

Projekte, in denen bereits seit Jahren neuartige Sanitärkonzepte erprobt werden, z. B. die im<br />

Rahmen der Expo 2000 entstandene Lübecker Siedlung Flintenbreite sowie die Lambertsmühle<br />

in Burscheid, in der bereits seit 2001 ein alternatives Abwasserkonzept realisiert ist.<br />

137


Projekt: KOMPLETT (TU Kaiserslautern)<br />

Trennung von Schwarz- und Grauwasser, Schließung von Wasser- und Stoffkreisläufen<br />

Ansprechpartner:<br />

Henning Knerr (0631/205-3947)<br />

FG Siedlungswasserwirtschaft<br />

TU Kaiserslautern<br />

Paul-Ehrlich-Str. 14<br />

67663 Kaiserslautern<br />

hknerr@rhrk.uni-kl.de<br />

Beschreibung:<br />

Im vom Bundesministerium <strong>für</strong> Bildung und Forschung BMBF geförderten Projekt<br />

KOMPLETT ‚Entwicklung und Kombination von innovativen Systemkomponenten<br />

aus Verfahrenstechnik, Informationstechnologie und Keramik zu <strong>eine</strong>r nachhaltigen<br />

Schlüsseltechnologie <strong>für</strong> Wasser- und Stoffkreisläufe’ werden die getrennten Abwasserteilströme<br />

Schwarzwasser (d.h. Toilettenspülwasser inkl. Fäkalien) und Grauwasser<br />

(Wasser aus Duschen, Waschmaschinen, Handwaschbecken und Küchenabwasser) mit<br />

dem Ziel aufbereitet, <strong>eine</strong> Verfahrenstechnik zur fast vollständigen Schließung der<br />

Wasser- und Stoffkreisläufe zu entwickeln und großtechnisch zu erproben. Hierbei<br />

können – in Abhängigkeit von den jeweiligen regionalen bzw. klimatischen Anforderungen<br />

– unterschiedliche Wasserqualitäten (vom Bewässerungswasser über Toilettenspülwasser<br />

bis hin zur ‚Trinkwasserqualität’) erzeugt werden. Die große Stärke des Systems<br />

liegt damit <strong>eine</strong>rseits in der erreichbaren hohen Qualität der aufbereiteten Wässer;<br />

andererseits in der Möglichkeit, sich flexibel an die spezifischen Standortfaktoren<br />

anzupassen.<br />

Die Untersuchungen wurden an drei unterschiedlichen Standorten (Betriebsgebäude auf<br />

der Kläranlage Kaiserslautern, Wohnblock in Kaiserslautern, Bürogebäude in Oberhausen)<br />

durchgeführt.<br />

Weitere Informationen unter: www.komplett-projekt.de<br />

Bewertung:<br />

Die Untersuchung im Versuchs- und Technikumsmaßstab belegen, dass die Eliminationsleistung<br />

der eingesetzten Verfahrenstechniken <strong>für</strong> Grau- und Schwarzwasser sehr hoch<br />

ist. Insbesondere <strong>für</strong> das aufbereitete Grauwasser werden höchste Anforderungen an die<br />

Wasserqualität, wie z.B. chemisch-physikalische und mikrobiologische Vorgaben der<br />

deutschen Trinkwasserverordnung erreicht, so dass das aufbereitete Grauwasser bspw.<br />

im Haushalt <strong>für</strong> Waschmaschinen und zum Duschen verwendet werden kann. Das<br />

aufbereitete Schwarzwasser kann aufgrund s<strong>eine</strong>r Qualität zur Toilettenspülung oder als<br />

Bewässerungswasser eingesetzt werden.<br />

138


7.8 Weitergehende Mischwasserbehandlung/Regenwasserbehandlung<br />

In dieser Kategorie werden folgende Beispiele in <strong>eine</strong>m Formblatt vorgestellt:<br />

• Bolanden (VG Kirchheimbolanden): Regenentlastungsanlage mit nachgeschaltetem<br />

Retentionsbodenfilter<br />

• Gau-Bischofsheim (VG Bodenheim): Retentionsbodenfilter zur ökologischen und<br />

nachhaltigen Niederschlagswasserbeseitigung<br />

• Hallschlag (VG Obere Kyll): Retentionsbodenfilter; Weitergehende Mischwasserbehandlung<br />

zur Keimreduzierung und Sicherung des Kronenburger Sees als<br />

Badegewässer<br />

Für Fallbeispiele zum Thema Regenwasserbewirtschaftung (siehe auch Kapitel 3.4) sei auf<br />

die Broschüre „Naturnaher Umgang mit Niederschlagswasser – Konzeption und ausgeführte<br />

Beispiele“ verwiesen [MUF 2000]. Die Broschüre kann im Internet unter<br />

www.wasser.rlp.de/servlet/is/762/Niederschlagswasser%20.pdf?command=downloadConten<br />

t&filename=Niederschlagswasser%20.pdf heruntergeladen werden.<br />

139


Projekt: Bolanden (VG Kirchheimbolanden)<br />

Regenentlastungsanlage mit nachgeschaltetem Retentionsbodenfilter<br />

Ansprechpartner:<br />

Ulrich Kurz<br />

Werkleiter<br />

Verbandsgemeindewerke K’bolanden<br />

Gasstraße 4<br />

67292 Kirchheimbolanden<br />

Tel.: 06352/7033-420<br />

E-Mail: ulrich.kurz@vgwerke-kibo.de<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme: Oktober 2006<br />

Rückhaltevolumen: SKU (DN 1200 – 214 m + DN 1600 – 67 m) 246 m³<br />

RBF 1.600 m³<br />

Die Sanierung des Entwässerungssystems in der Ortsgemeinde Bolanden machte den<br />

Neubau <strong>eine</strong>r netzabschließenden Regenentlastungsanlage notwendig. Dazu wurden ein<br />

Stauraumkanal mit untenliegender Entlastung, nachgeschaltetem Beckenüberlauf (BÜ)<br />

und ein Retentionsbodenfilter (RBF) konzipiert. Da die Entlastungswassermenge von rd.<br />

2.545 l/s nicht direkt dem Vorfluter zugeführt werden konnte, war der Bau <strong>eine</strong>s<br />

Zwischenspeichers erforderlich. Zur Verbesserung der Situation am Vorfluter wurde<br />

anstelle <strong>eine</strong>s „normalen“ Beckens ein RBF gewählt. Die Entlastungswassermenge wird<br />

zunächst dem BÜ zugeführt, um Spitzen abzubauen. Im BÜ wird das Abwasser über <strong>eine</strong><br />

Rechenanlage mechanisch vorgereinigt und dann über <strong>eine</strong> 13 m lange Verteilerrinne in<br />

den RBF eingeleitet. Das im RBF filtrierte Wasser wird über Drainageleitungen (DN 150)<br />

<strong>eine</strong>m Filterablaufschacht, der der Kontrolle, Drosselung und ggfs. Messung des<br />

Filterablaufs dient, und von dort über <strong>eine</strong> Ablaufleitung DN 400 mit max. 22 l/s dem<br />

Vorfluter zugeführt.<br />

Bewertung:<br />

Durch das Projekt konnten in der Ortsgemeinde Bolanden zwei vorhandene Entlastungs-<br />

anlagen aufgelassen und <strong>eine</strong> weitere baulich umgestaltet werden (Erhöhung der<br />

Überlaufschwelle). Gemeinsam mit dem RBF wird dadurch <strong>eine</strong> wesentliche Entlastung<br />

des Vorfluters erzielt. Außerdem wird die Wasserqualität durch die Filtration des<br />

Abwassers gezielt und nachhaltig verbessert.<br />

140


Projekt: Retentionsbodenfilter Gau-Bischofsheim<br />

Ökologische und nachhaltige Niederschlagswasserbeseitigung<br />

Ansprechpartner:<br />

Herbert Hochgürtel (Dipl.-Ing. FH)<br />

Wirtschaftsbetrieb Mainz, AöR<br />

Zentralklärwerk – Industriestraße 70<br />

55120 Mainz (Mombach)<br />

Tel.: (06131) 97250-0<br />

herbert.hochguertel@stadt.mainz.de<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme Oktober 1998; Nutzvolumen 950 m³<br />

Aufgrund der örtlichen Situation <strong>eine</strong>s schwachen Gewässers entschied man sich <strong>für</strong> den<br />

Bau <strong>eine</strong>s Retentionsbodenfilters als ökologische und nachhaltige Lösung zur<br />

Niederschlagswasserbewirtschaftung. Aufgrund der ermittelten Entlastungsmenge von<br />

fast 18.000 m³/Jahr ergab sich ein zu erstellendes Nutzvolumen von rund 950 m³. Unter<br />

Berücksichtigung <strong>eine</strong>r Entleerungsmenge von rund 6 l/s errechnete sich die<br />

Entleerungszeit auf rund 44 Stunden bei Vollfüllung und insgesamt pro Jahr auf rund 800<br />

Stunden. Somit ergab sich statistisch nur einmal ein Anspringen des Notüberlaufs des<br />

Beckens, was sich in der Praxis auch bisher bestätigte. Zur Reduzierung der<br />

Feststoffzufuhr in das Becken wurde dem Retentionsbodenfilter ein Filterrechen<br />

vorgeschaltet. Durch das Einleiten des gereinigten Niederschlagswassers in das<br />

Gewässer ergibt sich <strong>eine</strong> wesentliche Verbesserung der Gewässergüte. Für die<br />

Parameter CSB, DOC, BSB5, Pges und NH4-N wird in der Regel <strong>eine</strong> Reduzierung von<br />

über 90 % erzielt, teilweise noch darüber, <strong>für</strong> den Parameter Nges ein Abbau von über<br />

50 %. Um Aussagen über die Wirkungsweise des Retentionsbodenfilters Gau-<br />

Bischofsheim zu erhalten, erfolgte in den ersten 3 Jahren des Betriebes <strong>eine</strong><br />

kontinuierliche Messdatenerfassung (pH-Wert, Füllstand, Zeitpunkt, Dauer und Menge<br />

von Entleerungen und Überläufen) durch ereignisgesteuerte Probenehmer am Zu- und<br />

Ablauf des Beckens. Die Auswertung der Betriebsergebnisse bestätigte die theoretischen<br />

Annahmen.<br />

Bewertung:<br />

Die stoffliche und hydraulische Beanspruchung unserer Gewässer durch die<br />

Abwassereinleitungen aus Bauwerken der Mischkanalisation ist außerordentlich hoch. Es<br />

wird derzeit <strong>eine</strong> vergleichbare Schadstoffmenge in die Gewässer eingeleitet wie aus den<br />

Kläranlagen. Die Niederschlagswasserbeseitigung muss deshalb zukünftig effizienter<br />

werden. Der Bau von Retentionsbodenfiltern stellt dabei die beste Lösung dar. Durch<br />

<strong>eine</strong>n Retentionsbodenfilter erfolgt die Reinigung des Niederschlagswassers durch<br />

biologisch-physikalische Prozesse während der durchlaufenden Bodenpassage. Neben<br />

der Reinigung wird durch den Rückhalt der Wassermengen über das Regenereignis<br />

hinaus ein lokaler Schritt zur Hochwasservermeidung erreicht.<br />

141


Projekt: Retentionsbodenfilter Hallschlag (VG Obere Kyll)<br />

Weitergehende Mischwasserbehandlung zur Keimreduzierung<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr Richard Ehlen, Tel.: 06597/16158<br />

VG Obere Kyll<br />

Rathausplatz 1<br />

54584 Jünkerath<br />

Beschreibung:<br />

Aufgrund zeitweiser Überschreitungen der Grenzwerte nach EG-Badegewässer-Richtlinie<br />

hinsichtlich gesamtcoliformer und fäkalcoliformer Bakterien war die Zulassung des<br />

Kronenburger Sees als Badegewässer akut gefährdet. Wegen der großen Wassermengen,<br />

der direkten Einleitung, der häufigen Entlastungstätigkeit sowie der kurzen<br />

Fließwege bis zum See haben die Abschläge aus den RÜB im Einzugsgebiet <strong>eine</strong>n<br />

unmittelbaren Einfluss auf die Seequalität.<br />

Im Jahre 2004 beschlossen die VGW Obere Kyll den Bau des Retentionsbodenfilters<br />

Hallschlag zur weitergehenden Behandlung der Abschläge des „RÜB Sportplatz“. Die<br />

Bemessung des Retentionsbodenfilters erfolgte dabei in Anlehnung an das Handbuch<br />

des MUNLV NRW. Unter Berücksichtigung der Forderung nach <strong>eine</strong>r sehr geringen<br />

Überstauhäufigkeit ergaben sich die aufgeführten Eckdaten des Retentionsbodenfilters.<br />

142<br />

Behandlungsmenge 11.000 m³/a Drosselmenge 40 l/s<br />

Nutzvolumen 1.600 m³ Überstauhäufigkeit 0,1 1/a<br />

Filterfläche 2.000 m² Baukosten, brutto 757.000 €, inkl. Nebenkosten<br />

Im Mai 2007 wurde der Retentionsbodenfilter Hallschlag in Betrieb genommen.<br />

Bewertung:<br />

Durch die intensive Betreuung in allen Planungsphasen konnten die teilweise<br />

unterschiedlichen Interessen und Zielsetzungen aller am Planungsprozess Beteiligten<br />

(Genehmigungsbehörden, Politik, Verwaltung, Bürger) berücksichtigt werden. So war es<br />

möglich, die Maßnahmen zeitnah unter Einhaltung der zur Verfügung stehenden Mittel<br />

zum Abschluss zu bringen. Erste Messungen zeigen, dass durch den Bau des<br />

Retentionsbodenfilters in Hallschlag nun die Keimeinträge aus dem Einzugsgebiet in den<br />

Kronenburger See weitgehend reduziert werden. Die Verbandsgemeindewerke Obere<br />

Kyll tragen damit nachhaltig zur Sicherung des Status des Kronenburger Sees als EU-<br />

Badegewässer bei.


7.9 Klärschlammbehandlung<br />

In der Kategorie Klärschlammbehandlung werden folgende Beispiele in <strong>eine</strong>m Formblatt<br />

vorgestellt:<br />

• Blümeltal (Stadt Pirmasens): Klärschlammbehandlung mit Thermodruckhydrolyse<br />

• Ingelheim (AZV Untere Selz): Thermische Klärschlammverwertung (Klärschlammpyrolyse)<br />

• Oppenheim (VG Nierstein-Oppenheim): Klärschlamm-Desintegration<br />

• Platten (VG Wittlich-Land): Klärschlammtrocknung mit Abwärme aus der Biogasverstromung<br />

• Simmern/Hunsrück: Anlage zur Klärschlammvererdung<br />

Auch in diesem Bereich wurden in Rheinland-Pfalz zahlreiche weitere gelungene Lösungen<br />

umgesetzt. So arbeitet z. B. die Anlage in Hochdorf-Assenheim nach dem gleichen EDZ-<br />

Verfahren zur Klärschlammtrocknung wie die Anlage in Platten. Neben der vorgestellten<br />

Klärschlammvererdungsanlage in Simmern gibt es weitere Anlagen dieser Art mit guten<br />

Betriebserfahrungen in Rheinböllen, Hahnweiler und Puderbach. Allerdings verlief die<br />

Räumung der Klärschlammvererdungsanlage in Puderbach nicht ganz unproblematisch. Die<br />

1997 in Betrieb genommene Anlage wurde bereits 2006 zum ersten Mal geräumt. Die<br />

Erfahrungen mit der Klärschlammvererdung in Puderbach werden im KA-Betriebs-Info 2009<br />

Nr. 1 vorgestellt [Gönner 2009].<br />

143


Projekt: KA Blümeltal (Stadt Pirmasens)<br />

Klärschlamm-Behandlung mit Thermodruckhydrolyse<br />

Ansprechpartner:<br />

Thomas Neri, Tel: 06331/514710<br />

Abwasserbeseitigungsbetrieb<br />

der Stadt Pirmasens<br />

Blümeltalstraße 104<br />

66953 Pirmasens<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme März 2008, Ausbaugröße 62.000 EW<br />

Auf der Kläranlage Blümeltal, deren biologische Reinigungsstufe 1975 in Betrieb<br />

genommen und vor einigen Jahren durch <strong>eine</strong> Stickstoff- und Phosphatelimination sowie<br />

<strong>eine</strong> Mikrosiebung erweitert wurde, bestanden erhebliche Betriebsprobleme durch Blähschlamm.<br />

Der abgezogene Überschussschlamm war schlecht entwässerbar und neigte<br />

zur Hydrogelbildung. Vor dem Hintergrund steigender Energiepreise und der Diskussion<br />

um die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung wurde ein neues Konzept <strong>für</strong> die<br />

Klärschlammentsorgung entwickelt. Der Überschussschlamm wird nach der Voreindickung<br />

unter hohem Druck und <strong>eine</strong>r Temperatur von bis zu 200 °C hydrolysiert. Die<br />

dazu erforderliche Energie wird über die Abgaswärmetauscher der BHKW aus Abwärme<br />

bereitgestellt. Nach der Thermodruckhydrolyse gelangt der Schlamm mit <strong>eine</strong>r Temperatur<br />

von 40-45 °C in den Faulturm. In der entstanden en Pilotanlage (Kosten: rd. 1,8 Mio €)<br />

sollen verschiedene Anwendungsmöglichkeiten der Thermodruckhydrolyse untersucht<br />

werden. Ziele des Verfahrens sind die Steigerung der Biogasausbeute aus Belebtschlamm<br />

um 50 % (25 % auf den Gesamtgasanfall), die Reduktion der Klärschlammentsorgungsmenge<br />

um 30 % und die Verhinderung der Schaumbildung im Faulturm<br />

aufgrund von Blähschlamm.<br />

Weitere Informationen: http://www.pirmasens.de/index.dante?node_id=15204&aid=1131<br />

Bewertung:<br />

Durch die vorgeschaltete Thermodruckhydrolyse wird die energetische Nutzung des<br />

Überschussschlamms verbessert. So wird die Biogaserzeugung im Faulturm um bis zu<br />

25 % gesteigert; ebenso erhöht sich die Menge der aus dem Biogas in Blockheizkraftwerken<br />

gewonnenen elektrischen Energie um bis zu 25 %. Gleichzeitig verringert sich die<br />

zu entsorgende Klärschlammmenge aufgrund der besseren Entwässerbarkeit um ca.<br />

30 %. Zusätzlich werden die <strong>für</strong> die Bläh- und Schwimmschlammproblematik verantwortlichen<br />

fadenförmigen Bakterien zerstört und so ein Schäumen des Faulbehälters<br />

verhindert.<br />

144


Projekt: KA Ingelheim (AZV Untere Selz)<br />

Thermische Klärschlammverwertung<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr Weisrock<br />

Tel.: 0 61 32 / 790 94 12<br />

Abwasserzweckverband Untere Selz<br />

Außenliegend 122<br />

55218 Ingelheim<br />

Beschreibung:<br />

Ziel des Vorhabens ist es, <strong>eine</strong> wirtschaftliche und ökologisch sinnvolle Lösung zur<br />

dezentralen thermischen Verwertung von Klärschlämmen insbesondere <strong>für</strong> kl<strong>eine</strong>re<br />

kommunale Kläranlagen im ländlichen Raum ab ca. 10.000 EW anzubieten.<br />

Diese Anforderungen wurden mit der Entwicklung <strong>eine</strong>s Doppelwellenreaktors mit<br />

FLOX®-Feuerung realisiert. Derzeit wird auf der Kläranlage des Abwasserzweckverbandes<br />

"Untere Selz" (AVUS) in Ingelheim <strong>eine</strong> Pilotanlage mit <strong>eine</strong>r Durchsatzleistung<br />

von ca. 40 kg TS/h betrieben. Dies entspricht <strong>eine</strong>r Anschlussgröße von ca. 15.000 EW.<br />

Die Wärmeleistung der Feuerung beträgt ca. 100 kWth. Bei <strong>eine</strong>m Energiegehalt des<br />

getrockneten Schlammes von ca. 10 MJ/kg TS wird die notwendige Energie <strong>für</strong> die<br />

thermische Behandlung ausschließlich durch die im Schlamm enthaltene organische<br />

Masse gewonnen.<br />

In Zukunft ist angedacht, mit der erzeugten Wärme <strong>eine</strong>n Stirling- oder Dampfmotor<br />

anzutreiben. Zudem soll untersucht werden, ob sich die Rückstände aus der thermischen<br />

Verwertung <strong>für</strong> die Phosphatrückgewinnung eignen.<br />

Weitere Informationen: Sehn, W.; Gerber, H. (2007): Pyrolyse mit flammenloser Oxidation<br />

kombinieren. eBWK (59) Nr. 10.<br />

Bewertung:<br />

Durch die Kombination aus Energiegewinnung im FLOX®-Brenner und Nutzung der<br />

Wärme zur thermischen Behandlung und Klärschlammtrocknung kann die Anlage<br />

energieautark betrieben werden. Die Anlage ist <strong>für</strong> Kläranlagen ab <strong>eine</strong>r Anschlussgröße<br />

von ca. 10.000 EW geeignet. Mit dieser Anlagentechnik werden gleichzeitig die<br />

Anforderungen an die Hygienisierung von Klärschlamm gemäß der zukünftigen<br />

Klärschlammverordnung erfüllt. Der im Reststoff der thermischen Verwertung enthaltene<br />

Phosphor steht dem regionalen Nährstoffkreislauf weiterhin zur Verfügung.<br />

145


Projekt: KA Oppenheim (VG Nierstein-Oppenheim)<br />

Klärschlamm-Desintegration<br />

Ansprechpartner:<br />

Herwig Lepherc, Tel.: 06133-490220<br />

Abwasserwerk Nierstein-Oppenheim<br />

Rheinstraße 74<br />

55276 Oppenheim<br />

lepherc@aw-nierstein-oppenheim.de<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme Juni 2005, Ausbaugröße 25.200 EW<br />

Im Zuge der Verbesserung der wirtschaftlichen Effizienz der Schlammentsorgung hat das<br />

Abwasserwerk der VG Nierstein-Oppenheim <strong>eine</strong> Anlage zur mechanischen Desintegration<br />

des anfallenden Überschussschlammes in <strong>eine</strong>m 8-monatigen Versuchsbetrieb<br />

evaluiert. Das CROWN-Desintegrationssystem ist ein anschlussfertiges Modul zur Desintegration<br />

von belebten Schlämmen. Das kompakte System besteht aus dem Drehwirbeldesintegrator<br />

und dem CROWN-Desintegrator und ist somit als zweistufiges Verfahren<br />

einzuordnen. Die Einstellung des Systems erfolgt über <strong>eine</strong> Vor-Ort-Steuerung. Die<br />

Durchsatzleistung wird der jeweils zu desintegrierenden Menge an Klärschlamm angepasst.<br />

Das System teilt den Vorgang in zwei Stufen auf. In der ersten Stufe werden die<br />

Schlammflocken zerstört und <strong>eine</strong> optimale Partikelgrößenverteilung erreicht, indem <strong>eine</strong><br />

intensive Homogenisierung der zu behandelnden Biomasse erfolgt. Der Einsatz der<br />

zweiten Stufe nach der Zerstörung der Schlammflocken ermöglicht ein optimales<br />

Einbringen der Energie auf die Zellstrukturen. Die Desintegration der Schlammzellen wird<br />

anschließend durch Kavitation erreicht. Die Einbindung des Systems auf der Kläranlage<br />

Oppenheim erfolgt nach der gemeinsamen statischen Eindickung von Überschuss- und<br />

Primärschlamm zwischen dem Voreindicker und den Faulbehältern. Zur Beurteilung des<br />

Einsatzes und des Wirkungsgrades des CROWN-Desintegrationssystems wurde vom<br />

Abwasserwerk der VG Nierstein-Oppenheim ein Gutachter beauftragt. Das System ist<br />

seitdem dauerhaft in Betrieb.<br />

Bewertung:<br />

Wesentliche Ergebnisse sind im Folgenden aufgeführt:<br />

• Verbesserung des biol. Abbaus organischer Feststoffe in der Faulung um ca. 13 %<br />

• Erhöhung des Faulgasanfalls um ca. 20 %<br />

• Reduzierung des Schlammanfalls um ca. 14 %<br />

• Verbesserung der Eindickfähigkeit von ca. 6 % auf ca. 8 %<br />

• spezifischer Energieverbrauch bei ca. 1,4 kWh/cbm Schlamm<br />

146


Projekt: Platten (VG Wittlich-Land)<br />

Klärschlammtrocknung mit Abwärme aus der Biogasverstromung<br />

Ansprechpartner:<br />

Michael Krauß, Tel: 0631/3726-128<br />

WVE GmbH Kaiserslautern<br />

Blechhammerweg 50<br />

67659 Kaiserslautern<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme Ende 2008 - Anlagenleistung ca. 9000 Jahrestonnen Filterkuchen.<br />

Am Standort Platten, Kreis Wittlich, wurde in Jahre 2007 <strong>eine</strong> Biogasanlage mit <strong>eine</strong>r<br />

elektrischen Leistung von 2 mal 720 KW in Betrieb genommen. Zur Nutzung des<br />

anfallenden Wärmeüberschusses hat die WVE GmbH im Jahr 2008 <strong>eine</strong> Klärschlammtrocknungsanlage<br />

errichtet. Diese besteht aus zwei gewächshausähnlichen Gebäuden<br />

aus <strong>eine</strong>r Stahlkonstruktion mit Doppelfolienbespannung, mit den Maßen 115 m mal je 12<br />

m. In dem Hallenboden ist <strong>eine</strong> Fußbodenheizung installiert. Stirnseitig befindet sich ein<br />

Aufgabebunker mit <strong>eine</strong>m Fassungsvermögen von 2 mal 140 m³ zur Beschickung der<br />

Anlage mit entwässertem Klärschlamm. Auf der gegenüberliegenden Seite wird der<br />

getrocknete Schlamm ausgetragen und über ein Becherwerk in ein unterfahrbares Silo (V<br />

= 60 m³) gefördert. Der Klärschlamm wird aus dem Aufgabebunker mittels <strong>eine</strong>s<br />

hydraulischen Schubbodens in die Trockenhalle eingebracht und flächig verteilt. Ein<br />

Werkzeugträgersystem fördert den Schlamm durch die komplette Halle. Beim Wenden<br />

und Transportieren trocknen Sonnenwärme und die Warmwasserfußbodenheizung den<br />

Klärschlamm auf <strong>eine</strong>n TS-Gehalt von mehr als 90 %. Über Lüftungskamine auf der<br />

Eintragsseite der Anlage wird das Wasser als feuchte Hallenluft ausgetragen, nachdem<br />

sie die installierte Photodesodorierungsanlage passiert hat und damit von etwaigen<br />

Geruchsstoffen befreit wurde. Der gesamte Prozess verläuft vollautomatisch. Als<br />

Endprodukt entsteht ein CO2-neutraler Brennstoff <strong>für</strong> die Zementindustrie.<br />

Bewertung:<br />

Durch Kombination der Biogas- und Trocknungstechnik werden die Energiebilanzen der<br />

beiden Komponenten optimiert, so dass <strong>eine</strong> positive Energie- und CO2-Bilanz des<br />

Gesamtkonzeptes erzielt wird. Durch die Verbrennung im Zementwerk erfolgt zudem <strong>eine</strong><br />

stoffliche Verwertung, und damit <strong>eine</strong> Schonung wertvoller natürlicher Ressourcen. Von<br />

dieser vorbildlichen branchenübergreifenden Kooperation profitieren alle Beteiligten: der<br />

Biogasanlagenbetreiber kann die Wirtschaftlichkeit s<strong>eine</strong>r Anlage sicherstellen und der<br />

Betreiber der Trocknungsanlagen verfügt über ein langfristig gesichertes Verwertungskonzept<br />

<strong>für</strong> s<strong>eine</strong>n Klärschlamm.<br />

147


Projekt: VG Simmern/Hunsrück<br />

Klärschlammvererdungsanlage<br />

Ansprechpartner:<br />

Herr Wust, Tel.: 06761 / 837-0<br />

Abwasserzweckverband<br />

Simmern / Hunsrück<br />

Brühlstraße 2<br />

55469 Simmern<br />

Beschreibung:<br />

Inbetriebnahme 03/2007, Anschlussgröße ca. 33.000 EW, Nutzvolumen ca. 50.250 m³<br />

Die Klärschlammvererdungsanlage Simmern (Sohlfläche ca. 19.000 m²) ist die größte<br />

Anlage dieser Art in Rheinland-Pfalz. Der Aufbau des Vererdungsbeets besteht aus <strong>eine</strong>r<br />

Abdichtungsfolie, <strong>eine</strong>m Geotextil als Schutzlage und dem Bodenfilter. Der Klärschlamm<br />

wird über oberirdische Verteilerleitungen gleichmäßig auf der mit Schilf bepflanzten<br />

Beetfläche verteilt. Das anfallende Sickerwasser wird über ein flächendeckendes<br />

Drainagesystem mit netzförmiger Struktur gesammelt und zur biologischen Nachbehandlung<br />

in die Kläranlage gefördert. Die Schilfbeete werden etwa 20 bis 25 Jahre ohne<br />

Räumung betrieben. Danach wird im Einzelfall über den abschließenden Verbleib des<br />

Vererdungsmaterials zu entscheiden sein.<br />

Baukosten: ca. 3,1 Mio €<br />

Weitere Informationen:<br />

• Stumm et al. (2007): Klärschlammvererdung auf dem Vormarsch, wlb (51) Nr. 10<br />

Bewertung:<br />

Die Klärschlammvererdung stellt im Vergleich zu den konventionellen Behandlungsverfahren<br />

ein energiearmes und somit ökologisch sinnvolles Verfahren dar. Die Entwässerung<br />

findet sowohl durch den Wasserentzug der Schilfpflanzen, der Verdunstung<br />

als auch aufgrund der Schwerkraftwirkung statt. Das Ausgangsvolumen wird hierbei um<br />

ca. 90-95% reduziert und die Schlämme in ein erdähnliches Substrat umgewandelt.<br />

148


8 Leitfaden <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>moderne</strong> <strong>Abwasserwirtschaft</strong><br />

Die in den vorangegangenen Kapiteln zusammengetragenen Informationen können bei<br />

unterschiedlichen Fragestellungen seitens der Wasserwirtschaftsbehörde oder der Betreiber<br />

von Abwasserentsorgungseinrichtungen zur Entscheidungshilfe dienen. Dabei kann es<br />

beispielsweise darum gehen,<br />

a) ein bisher nicht an <strong>eine</strong> zentrale Kanalisation angeschlossenes Gebiet bzw. ein<br />

Gebiet, bei dem Reinvestitionen anstehen, zu entwässern,<br />

b) <strong>eine</strong> neue Kläranlage zu bauen,<br />

c) ein vorhandenes oder zukünftiges Abwasserentsorgungssystem unter wirtschaftlichen<br />

und betriebstechnischen Gesichtspunkten zu optimieren,<br />

d) <strong>eine</strong> Lösung <strong>für</strong> ein spezielles Problem (z.B. Bläh- und Schwimmschlamm) zu<br />

finden.<br />

In den nachfolgenden Abschnitten 8.1 bis 8.4 werden diese unterschiedlichen Fragestellungen<br />

jeweils gesondert betrachtet.<br />

Im Rahmen dieser Studie werden viele verschiedene Facetten der <strong>Abwasserwirtschaft</strong><br />

beleuchtet. Nicht jede dieser Facetten ist jedoch auch <strong>für</strong> jeden Leser interessant. Eine<br />

Möglichkeit der Benutzung der Studie im Hinblick auf das schnelle Auffinden der jeweils<br />

interessierenden Inhalte ist in Abbildung 8.1 schematisch dargestellt. Ausgehend von <strong>eine</strong>r<br />

konkreten Fragestellung sind in den Abschnitten 8.1 bis 8.4 allgem<strong>eine</strong> Informationen zu<br />

finden sowie Verweise auf vorangegangene Kapitel innerhalb der Studie und andere<br />

Veröffentlichungen, in denen das entsprechende Thema behandelt wird. Ebenso wird auf<br />

passende Fallbeispiele in Kapitel 7 verwiesen, die jeweils mögliche Lösungsansätze<br />

aufweisen. Durch <strong>eine</strong>n Abgleich mit den zukünftigen Herausforderungen in Kapitel 6 kann<br />

sich die Gewichtung von Bewertungskriterien verschieben. Ebenso können sich Hinweise auf<br />

andere Fallbeispiele daraus ergeben, so dass man möglicherweise zu anderen Lösungsansätzen<br />

kommt als bei alleiniger Betrachtung der derzeitigen Situation.<br />

149


Zuordnung zu <strong>eine</strong>r der 4<br />

Fragestellungen in Kap. 8<br />

allgem.<br />

Informationen<br />

Verweis auf<br />

andere Kap.<br />

bzw. Veröff.<br />

150<br />

Kap. 3<br />

Konzepte<br />

Verweis auf Fallbsp.<br />

Lösungsansatz<br />

Abgleich mit zukünftigen<br />

Herausforderungen<br />

Kap. 8.1<br />

zentral/dezentral<br />

DWA-<br />

Regelwerk<br />

Konkrete Fragestellung<br />

Kap. 8.2<br />

Beh.verfahren<br />

Kap. 3.5<br />

Verfahren<br />

Kap. 5<br />

Bewertung<br />

Abb. 8.1: Methodik der Anwendung des Leitfadens<br />

Kapitel 7<br />

Fallbeispiele<br />

Kap. 8.3<br />

wirtschaftl.<br />

Optimierung<br />

KVR<br />

Kapitel 6<br />

Zukünftige Herausforderungen<br />

Lösung<br />

8.1 Zentrale oder dezentrale Entwässerungssysteme<br />

Leitlinien<br />

1989<br />

Kap. 8.4<br />

Lös. f. spezielle<br />

Probleme<br />

Publikationen<br />

MUFV / TU<br />

In Rheinland-Pfalz ist auch in den ländlichen Gebieten die Erstausstattung mit zentralen<br />

Abwasserentsorgungssystemen bereits weitgehend abgeschlossen. Lediglich in einigen<br />

ländlichen Gebieten der Eifel und des Westerwaldes ist die Erstausstattung noch zu<br />

vervollständigen. Überall dort, wo in den letzten Jahren zentrale Entwässerungssysteme<br />

entstanden sind, wären konzeptionelle Änderungen aufgrund der langen Abschreibungszyklen<br />

der technischen Infrastruktur nur mit <strong>eine</strong>m hohen finanziellen Aufwand zu realisieren.<br />

Daher ist <strong>eine</strong> Diskussion über die Sinnhaftigkeit von zentralen Systemen zum<br />

gegenwärtigen Zeitpunkt in solchen Gebieten müßig. Nur in Neubaugebieten bzw. dort, wo<br />

bislang k<strong>eine</strong> zentrale Abwasserentsorgung besteht oder aber in Gebieten, in denen in<br />

größerem Umfang Reinvestitionen anstehen, sollte überlegt werden, ob statt des zentralen<br />

Entsorgungssystems auch dezentrale Lösungen in Frage kommen können; ggf. auch bei


kl<strong>eine</strong>ren Anlagen und speziellen Fragestellungen (z. B. zum Abbau von Medikamenten-<br />

rückständen Stoffstromtrennung als Alternative zu zentralen Lösungen). Dabei ist<br />

insbesondere auch die demografische Entwicklung zu berücksichtigen.<br />

Eine exemplarische Wirtschaftlichkeitsbetrachtung möglicher Alternativen wurde von Herrn<br />

Dr. Lenhart im Rahmen der Referendarsarbeit „Auswirkungen der demografischen Entwicklung<br />

auf die Anlagen der technischen Infrastruktur am Beispiel der kommunalen<br />

Abwasserbeseitigung <strong>eine</strong>s Bundeslandes“ erstellt [Lenhart 2006]. Die darin enthaltenen<br />

Rechenbeispiele, die in Kapitel 7.6 ausführlich erläutert werden, machen deutlich, dass der<br />

Auswahl der optimalen Entwässerungsstruktur <strong>eine</strong> entscheidende Bedeutung zukommt. Für<br />

Streusiedlungen können durchaus einfache, dezentrale Lösungen das Konzept der Wahl<br />

sein, während bei zusammenhängender Bebauung meist <strong>eine</strong> zentrale Lösung kostengünstiger<br />

ist. Entscheidungsgrundlage sollte hierbei in jedem Einzelfall <strong>eine</strong> Kostenvergleichsrechnung<br />

mit Alternativenbetrachtung sein. Insbesondere im Hinblick auf den<br />

demografischen Wandel ist es wichtig, durch die Wahl der optimalen Größe der<br />

Netzinfrastruktur und der Anlagen die Fixkosten zu minimieren und durch modulare<br />

Bauweise größtmögliche Flexibilität zu gewährleisten. Neben dezentralen Lösungen sollte<br />

auch der Einsatz einfacher, naturnaher Verfahren geprüft werden. Dabei sind die örtlichen<br />

Randbedingungen wie z. B. Anforderungen des Immissionsschutzes, Versickerungsmöglich-<br />

keiten, vorhandene Ableitmöglichkeiten <strong>für</strong> das gereinigte Abwasser in offenen Gräben etc.<br />

zu berücksichtigen.<br />

Beispiele <strong>für</strong> die Auswahl zentraler oder dezentraler Systeme sind in Kapitel 7.6 aufgeführt.<br />

Kapitel 3.5 gibt <strong>eine</strong>n Überblick über die zur Verfügung stehenden Verfahren zur<br />

Abwasserreinigung <strong>für</strong> zentrale und dezentrale Lösungen; das Thema Kleinkläranlagen wird<br />

in Kapitel 3.5.3 behandelt.<br />

Das Rundschreiben „Dezentrale Abwasserbeseitigung über Kleinkläranlagen“ des Ministeriums<br />

<strong>für</strong> Umwelt und Forsten informiert über die wasserrechtlichen Anforderungen <strong>für</strong> Kl<strong>eine</strong>inleitungen<br />

und die gesetzlichen Bestimmungen <strong>für</strong> den Betrieb von Kleinkläranlagen. Seit<br />

2002 sind auch <strong>für</strong> Kleinkläranlagen die Überwachungswerte <strong>für</strong> Kläranlagen der Größenklasse<br />

I laut Anhang 1 der Abwasserverordnung einzuhalten. Diese Mindestanforderungen<br />

(CSB 150 mg/l, BSB5 40 mg/l) gelten als eingehalten, wenn <strong>eine</strong> Bauartzulassung durch das<br />

Deutsche Institut <strong>für</strong> Bautechnik (DIBt), <strong>eine</strong> europäische technische Zulassung nach<br />

Bauproduktengesetz oder <strong>eine</strong> landesrechtliche Zulassung besteht. Bei der Inbetriebnahme<br />

von Kleinkläranlagen muss durch die untere Wasserbehörde <strong>eine</strong> wasserrechtliche Erlaubnis<br />

<strong>für</strong> die Abwassereinleitung erteilt werden. Bereits vorhandene Kl<strong>eine</strong>inleitungen, die nicht<br />

den Anforderungen der Abwasserverordnung genügen, müssen innerhalb angemessener<br />

Fristen angepasst werden [MUF 2005].<br />

151


8.2 Entscheidungshilfe <strong>für</strong> Abwasserreinigungsverfahren<br />

Soll <strong>eine</strong> neue Kläranlage errichtet werden, stellt sich die Frage nach dem unter den<br />

gegebenen Randbedingungen am besten geeigneten Verfahren. In Kapitel 3.5 sind die <strong>für</strong><br />

die Abwasserreinigung zur Verfügung stehenden technischen und naturnahen Verfahren<br />

aufgeführt und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile beschrieben. Die Eignung der einzelnen<br />

Verfahren hängt im Wesentlichen von den örtlichen Randbedingungen ab. Besonders zu<br />

berücksichtigen sind dabei die Anforderungen an die Reinigungsleistung, der Gewässerschutz,<br />

aber auch Kostenaspekte, die demografische Entwicklung im betrachteten Gebiet<br />

etc.<br />

In Kapitel 5 sind die bisherigen Erfahrungen in Rheinland-Pfalz mit den unterschiedlichen<br />

Abwasserreinigungsverfahren zusammengefasst. Die Bewertung der Verfahren auf der<br />

Grundlage der bisherigen Erfahrungen kann hilfreich sein <strong>für</strong> die Entscheidungsfindung;<br />

insbesondere die in der Tabelle 5.1 aufgeführten Probleme und Stärken können Hinweise<br />

auf die Eignung (oder auch Nicht-Eignung) <strong>eine</strong>s Abwasserreinigungsverfahrens unter<br />

bestimmten Randbedingungen geben. Allerdings ist hierbei nur das derzeitige Anforderungsniveau<br />

berücksichtigt. Hinsichtlich der langen Abschreibungszeiten <strong>eine</strong>r neu zu errichtenden<br />

Abwasseranlage sind jedoch unbedingt auch die möglichen zukünftigen Entwicklungen in die<br />

Entscheidung mit einzubeziehen. Ausblick auf die zukünftigen Herausforderungen der<br />

Abwasserentsorgung gibt das Kapitel 6, in dem am Ende auch <strong>eine</strong> Neubewertung der<br />

Verfahren unter Berücksichtigung neuer Kriterien bzw. <strong>eine</strong>r anderen Gewichtung der<br />

Kriterien erfolgt. In diesem Kapitel werden mögliche Zielvorgaben und Anforderungen an die<br />

Abwasserbeseitigung in der Zukunft sowie deren Relevanz <strong>für</strong> Rheinland-Pfalz erörtert. Zu<br />

den sich ändernden Rahmenbedingungen in der <strong>Abwasserwirtschaft</strong> gehören rechtliche<br />

Anforderungen, die sich z. B. aus der Umsetzung der EG-WRRL ergeben, aber auch<br />

veränderte gesellschaftliche Gegebenheiten, insbesondere die Auswirkungen des<br />

demografischen Wandels, und der Klimawandel.<br />

Gelungene Fallbeispiele <strong>für</strong> verschiedene Verfahren der Abwasserreinigung werden<br />

schließlich in Kapitel 7.1 vorgestellt. Unter den ausgewählten Fallbeispielen finden sich<br />

sowohl technische Anlagen wie die SBR-Anlage Heßheim und die BIOCOS-Anlage<br />

Breunigweiler als auch naturnahe Anlagen wie die Pflanzenkläranlage St. Alban und die<br />

Kläranlage Bechhofen. Die vorgestellten Anlagen decken verschiedene Größenklassen ab,<br />

von Kleinkläranlagen <strong>für</strong> nur wenige Einwohnerwerte bis hin zu <strong>eine</strong>r Kläranlage der<br />

Größenklasse IV mit 31.000 Einwohnerwerten.<br />

Des Weiteren werden in <strong>eine</strong>r Vielzahl von Veröffentlichungen die Vor- und Nachteile<br />

verschiedener Verfahren zur Abwasserbehandlung aufgeführt, so z. B. im Handbuch<br />

„Extensive Abwasserbehandlungsverfahren – Leitfaden <strong>für</strong> kl<strong>eine</strong> und mittlere Gemeinden“<br />

[EU-Kommission 2001]. In diesem Leitfaden werden insbesondere die extensiven Verfahren<br />

Infiltration-Perkolation, vertikal und horizontal durchströmte Pflanzenfilter, nicht belüftete und<br />

belüftete Klärteiche sowie Kombinationen der verschiedenen extensiven Techniken detailliert<br />

beschrieben und <strong>für</strong> Kläranlagen bis 5.000 EW empfohlen. Außerdem werden als Fallstudien<br />

Beispiele <strong>für</strong> extensive Verfahren aus Spanien, Frankreich, Griechenland, Großbritannien<br />

und Belgien vorgestellt. In <strong>eine</strong>m Schema zur Entscheidungsfindung bei der Auswahl <strong>eine</strong>s<br />

152


Verfahrens ist ein möglicher Entscheidungsablauf, ausgehend von der verfügbaren Fläche,<br />

dargestellt (siehe Abbildung 8.2). In der Praxis werden jedoch meist wesentlich komplexere<br />

Anforderungen die Entscheidung beeinflussen. Die alleinige Betrachtung der verfügbaren<br />

Fläche wird in den meisten Fällen nicht zielführend sein.<br />

Andere Veröffentlichungen beschäftigen sich insbesondere mit Kleinkläranlagen (vgl. Kapitel<br />

3.5.3), so z. B. der „Leitfaden zur Abwasserbeseitigung im ländlichen Raum“ der<br />

Landesanstalt <strong>für</strong> Umweltschutz Baden-Württemberg [LfU BW 2005b] oder der vom Verband<br />

Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute herausgegebene „Leitfaden: Abwasser<br />

im ländlichen Raum“ [VSA 2005], der verschiedene Abwasserreinigungssysteme auf der<br />

Grundlage von Kleinkläranlagen erläutert (siehe auch die Broschüre „Kleinkläranlagen –<br />

Richtlinie <strong>für</strong> den Einsatz, die Auswahl und die Bemessung von Kleinkläranlagen“ [VSA<br />

1995]). Auch die Broschüre „Schmutzwasserbeseitigung im ländlichen Raum“ des<br />

Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des<br />

Landes Nordrhein-Westfalen [MUNLV NRW 2004] beschäftigt sich eingehend mit<br />

verschiedenen Kleinkläranlagensystemen und beschreibt sowohl deren Funktionsweise als<br />

auch die Vor- und Nachteile und die jeweils zu beachtenden Randbedingungen und gibt<br />

<strong>eine</strong>n Überblick über die entstehenden Kosten.<br />

Abb. 8.2: Entscheidungsablauf bei der Auswahl <strong>eine</strong>s Klärverfahrens [Quelle: EU-<br />

Kommission 2001]<br />

153


Gerade wenn es um die Entscheidung <strong>für</strong> ein Abwasserbehandlungsverfahren geht, bietet<br />

auch das DWA-Regelwerk wichtige Informationen, z. B. in den Arbeitsblättern<br />

154<br />

• ATV-DVWK-A 131 „Bemessung von einstufigen Belebungsanlagen“ [ATV-DVWK<br />

2000],<br />

• ATV-A 122 „Grundsätze <strong>für</strong> Bemessung, Bau und Betrieb von kl<strong>eine</strong>n Kläranlagen<br />

mit aerober biologischer Reinigungsstufe <strong>für</strong> Anschlusswerte zwischen 50 und 500<br />

Einwohnerwerten“ [ATV 1991] bzw. DWA-A 222 (Entwurf) „Grundsätze <strong>für</strong> Bemessung,<br />

Bau und Betrieb von kl<strong>eine</strong>n Kläranlagen mit aerober biologischer Reinigungsstufe<br />

bis 1.000 Einwohnerwerte“ [DWA 2009a],<br />

• DWA-A 226 „Grundsätze <strong>für</strong> die Abwasserbehandlung in Belebungsanlagen mit<br />

gemeinsamer aerober Schlammstabilisierung ab 1.000 Einwohnerwerte“ [DWA<br />

2009b],<br />

• DWA-A 201 „Grundsätze <strong>für</strong> Bemessung, Bau und Betrieb von Abwasserteichanlagen“<br />

[DWA 2005c],<br />

• DWA-A 262 „Grundsätze <strong>für</strong> Bemessung, Bau und Betrieb von Pflanzenkläranlagen<br />

mit bepflanzten Bodenfiltern zur biologischen Reinigung kommunalen Abwassers“<br />

[DWA 2006b],<br />

• ATV-DVWK-A 281 „Bemessung von Tropfkörpern und Rotationstauchkörpern“ [ATV-<br />

DVWK 2001],<br />

• im Merkblatt DWA-M 210 „Belebungsanlagen mit Aufstaubetrieb (SBR)“ [DWA<br />

2009c], etc.<br />

Grundlegende Hinweise <strong>für</strong> die Siedlungsentwässerung und deren Konzepte und<br />

Maßnahmen sind im DWA-Arbeitsblatt A 100 „Leitlinien der integralen Siedlungsentwässerung“<br />

enthalten [DWA 2006a].<br />

8.3 Strategien zur wirtschaftlichen Optimierung bestehender und zukünftiger<br />

Systeme<br />

Gerade im Hinblick auf den demografischen Wandel ist die wirtschaftliche Optimierung der<br />

Abwasserentsorgung immens wichtig. Die finanziellen Belastungen müssen insbesondere im<br />

ländlichen Raum begrenzt werden, damit die Gebühren auch <strong>für</strong> weniger Einwohner<br />

langfristig bezahlbar bleiben. Gleichzeitig soll jedoch das bisher erreichte Niveau an<br />

Entsorgungssicherheit und Entwässerungskomfort aufrechterhalten werden.<br />

Möglichkeiten der Kostenminimierung werden in den „Leitlinien Abwasserbeseitigung im<br />

ländlichen Raum“ des Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt und Gesundheit Rheinland-Pfalz aufgezeigt<br />

[MUG 1989]. Einige wesentliche Aussagen aus diesen Leitlinien sind nach wie vor gültig.<br />

Daher wird im Folgenden die Zusammenfassung der wichtigsten Kosteneinsparungsmöglichkeiten<br />

laut [MUG 1989] im Wortlaut wiedergegeben:


1. Grundsätze der Bauleitplanung<br />

• Frühe Zusammenarbeit von Behörden, Planern und Maßnahmeträgern<br />

• Kostenorientierte Ausweisung von Bauland<br />

• Funktionelle Zuordnung von Siedlungs- und Verkehrsbereichen zu bestehenden Kläranlagen<br />

• Schaffung/Belassung von nicht versiegelten Freiflächen, Grünflächen<br />

• Ermittlung von kostenoptimierten Entsorgungsräumen zentral/dezentral unter Einbeziehung<br />

der Klärschlammentsorgung<br />

2. Grundsätze zur Abwasserbeseitigungsplanung<br />

• Verfahrensauswahl durch Vergleich von Planungsalternativen<br />

• Investitionsfolge nach Baukastenprinzip<br />

• Mitwirkung des Maßnahmeträgers bei der Grundlagenermittlung <strong>für</strong> die Planung<br />

• Nutzung der Bandbreite von Regelwerken<br />

• Kreative Bearbeitung von Alternativlösungen auf der Basis der HOAI einschließlich<br />

Kosten-Nutzen-Untersuchungen<br />

• Zulassung von Ideenwettbewerben <strong>für</strong> die Anlagenplanung auf der Grundlage der<br />

Grundsätze und Richtlinien <strong>für</strong> Wettbewerbe auf den Gebieten der Raumplanung,<br />

des Städtebaus und des Bauwesens [GRW 1977]<br />

• Kostengünstige Wahl des Entwässerungssystems<br />

• Durchführung von Messungen und Ermittlungen zur Festlegung von Planungsgrundlagen<br />

statt allgem<strong>eine</strong>r Verwendung von Richtwerten aus Regelwerken<br />

• Einwirkung auf Verminderung der Fremdwassermengen aus Grundstücksdränagen<br />

(wasserdichte Keller oder oberirdische Ableitung)<br />

• Geringere Leitungsdurchmesser durch geringere Abwasserabflüsse<br />

• Verringerung des Oberflächenabflusses durch Entsiegelung, Versickerung, Rückhaltung<br />

in Retentionsräumen<br />

• Herausnahme des nicht behandlungsbedürftigen Niederschlagswassers aus der<br />

Kanalisation z. B. durch Ableitung in offene Gräben, dezentrale Versickerung auf<br />

Grundstücken<br />

• Fernhalten von Außengebietsabflüssen<br />

• Geringere Kanaltiefen<br />

• Bei Materialauswahl Bewertung von Preis und Haltbarkeit (Kanäle und Kläranlagen)<br />

• Knappere Dimensionierung der Anfangshaltungen<br />

• Überprüfung der Möglichkeiten zur Verringerung der Bauvolumina von Regenentlastungsanlagen<br />

(A 128)<br />

155


156<br />

• Ausnutzung vorhandener Stauräume in Kanälen<br />

• Verwendung von Druckleitungen bei Verbindungssammlern<br />

• Sorgfältige Ermittlung von Planungsgrundlagen <strong>für</strong> die Kläranlage<br />

• Einbeziehung naturnaher Klärverfahren<br />

Eine entscheidende Rolle <strong>für</strong> die Kostenoptimierung der Abwasserentsorgung spielt die<br />

Auswahl der optimalen Entwässerungsstruktur (vgl. Kapitel 8.1), die Auswahl der Standorte<br />

<strong>für</strong> zentrale oder dezentrale Abwasserbehandlungsanlagen und damit die Festlegung von<br />

Entsorgungsräumen. Ein Entscheidungsschema zur Auswahl <strong>eine</strong>r kostengünstigen<br />

Einleitungsstelle ausgehend von den Emissionsanforderungen des Gewässers ist in<br />

Abbildung 8.3 dargestellt. Kosteneinsparungen sind insbesondere im Bereich der<br />

Kanalisation möglich. Allerdings kann <strong>eine</strong> aufwändigere Abwasserreinigung aufgrund<br />

erhöhter Anforderungen an den Gewässerschutz den Einsparungen entgegenlaufen.<br />

Gemäß dem Rundschreiben „Abwasserbeseitigung in Rheinland-Pfalz“ des Ministeriums <strong>für</strong><br />

Umwelt vom 08. Dezember 1993 [MU 1993] sind die Gemeinden verpflichtet, alle fünf Jahre<br />

den Stand der Abwasserbeseitigung, die erforderlichen Maßnahmen sowie die geschätzten<br />

Kosten in <strong>eine</strong>m Abwasserbeseitigungskonzept festzuschreiben. Nicht behandlungsbedürftiges<br />

Niederschlagswasser ist, soweit möglich, ortsnah und breitflächig unter Ausnutzung der<br />

belebten Bodenzone zu versickern. Die Entwässerung im modifizierten Trennverfahren ist zu<br />

bevorzugen. Innerhalb geschlossener Ortschaften und in Neubaugebieten hat die<br />

Abwasserbeseitigung grundsätzlich durch öffentliche Abwasseranlagen zu erfolgen, wobei<br />

die im Rundschreiben genannten Ausnahmen und Übergangsregelungen zugelassen<br />

werden. Dabei wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass sich <strong>für</strong> Streusiedlungen und<br />

Grundstücke im Außenbereich auch dauerhaft dezentrale Lösungen zur Abwasserbeseitigung<br />

anbieten.


Abb. 8.3: Entscheidungsschema zur Festlegung kostenoptimierter Entsorgungsräume<br />

[Quelle: MUG 1989]<br />

Finanzielle Förderung<br />

Das Land Rheinland-Pfalz gewährt auf der Grundlage der Förderrichtlinien der Wasserwirtschaftsverwaltung<br />

(FöRiWWV) vom 21. November 2008 Zuwendungen <strong>für</strong> wasserwirtschaftliche<br />

Maßnahmen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel. Bei Maßnahmen der<br />

Abwasserbeseitigung sollen die Zuwendungen es den Zuwendungsempfängern ermöglichen,<br />

die Entgelte so zu gestalten, dass <strong>eine</strong> zumutbare Entgeltsbelastung der Einwohner<br />

möglichst nicht überschritten wird. Neben der Herstellung (Erstausstattung) werden auch<br />

Maßnahmen zum Ausbau (Erneuerung, Erweiterung, Umbau und Verbesserung) von<br />

Abwasseranlagen gefördert, soweit diese <strong>für</strong> <strong>eine</strong>n ökoeffizienten Schutz der Gewässer vor<br />

Verunreinigung und zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich sind.<br />

157


Die Förderung von Maßnahmen zum Abschluss der Erstausstattung hat weiterhin höchste<br />

Priorität. Weitere Schwerpunkte stellen die Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz<br />

und Maßnahmen, die zur Erreichung der Ziele der EG-Wasserrahmenrichtlinie<br />

beitragen, dar. Die Zuwendungen werden in der Form von Darlehen und teilweise als<br />

Zuschüsse gewährt, wobei sich die Fördersätze nach der jeweiligen Entgeltsbelastung<br />

(beginnend bei 145 EUR je Einwohner und Jahr) richten.<br />

Benchmarking<br />

Das Land Rheinland Pfalz hat im Jahr 2005 durch Staatsministerin Margit Conrad <strong>eine</strong>n<br />

Benchmarkingprozess in enger Kooperation mit den kommunalen Partnern und den diese<br />

unterstützenden wasserwirtschaftlichen Fachverbänden initiiert. Mit den im Rahmen dieses<br />

Leistungsvergleichs betrachteten fünf Optimierungszielen Ver- und Entsorgungssicherheit,<br />

Qualität, Kundenservice, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit, werden neben den Kosten<br />

auch die strukturellen Randbedingungen und die Leistungen der Unternehmen aufgezeigt.<br />

Der Leistungsvergleich ist zweistufig angelegt:<br />

158<br />

• Stufe 1: Einsatz <strong>eine</strong>s einfachen Kennzahlenvergleichs mit <strong>eine</strong>r ersten Standortbestimmung<br />

• Stufe 2: vertiefende Untersuchung ausgewählter Geschäftsprozesse (Prozessbenchmarking).<br />

Insgesamt haben 235 Unternehmen der Abwasserbeseitigung und Wasserversorgung am<br />

ersten (2004) und/oder zweiten (2007) Leistungsvergleich teilgenommen. Die Teilnahme am<br />

Prozessbenchmarking oder auch sonstige Gutachten zur Optimierung der technischen und<br />

wirtschaftlichen Leistung können gefördert werden, wenn bei Maßnahmenumsetzung hieraus<br />

Vorteile <strong>für</strong> die Entgeltsbelastung der Bürgerinnen und Bürger entstehen können.<br />

Weitere Informationen zu den Themenbereichen Förderung und Benchmarking wie auch zu<br />

anderen Themen können auf der Homepage des Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und<br />

Verbraucherschutz unter www.mufv.rlp.de abgerufen werden.<br />

Kostenvergleich und Kosteneinsparung<br />

Hinsichtlich der Kosten <strong>für</strong> Bau und Instandhaltung bestehen sehr große Unterschiede<br />

sowohl bei den Systemen zur Siedlungsentwässerung als auch bei den Abwasserreinigungssystemen.<br />

Da die Kosten sehr variabel sind, ist im Einzelfall stets ein Kostenvergleich<br />

durchzuführen. Das optimale Konzept muss <strong>für</strong> jeden Anwendungsfall neu ermittelt werden.<br />

Ein geeignetes Instrument zum Vergleich der Wirtschaftlichkeit alternativer Lösungen stellt<br />

die bereits in Kapitel 8.2 erwähnte dynamische Kostenvergleichsrechnung (KVR) dar, die in<br />

den Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen [LAWA 2005]<br />

beschrieben wird. Dabei wird über Investitionskosten, Nutzungsdauer und Betriebskosten<br />

der sogenannte Projektkostenbarwert ermittelt, der <strong>eine</strong>n Vergleich verschiedener Varianten<br />

ermöglicht.<br />

Möglichkeiten der Kostenreduzierung unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung<br />

zeigt auch der Artikel „Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Gebührenkalkulation<br />

und die Gebührenentwicklung in der Wasserwirtschaft“ auf [Bellefontaine


und Breitenbach 2008]. Als wesentliche Faktoren zur Kostensenkung werden ein Umdenken<br />

bei der Planung (flexiblere Abwasserbeseitigungskonzepte, einfachere Technik, ggf. dezentrale<br />

Anlagen, Ansatz kürzerer Nutzungsdauern, geringere Sicherheitsreserven, Berücksichtigung<br />

der demografischen Entwicklung) sowie betriebswirtschaftliche Handlungsansätze<br />

(optimale Betriebsgröße, interkommunale Zusammenarbeit, Benchmarking, Finanzierungskonzept)<br />

genannt.<br />

Auch Kooperationen zwischen Betreibern können zu Effizienzsteigerungen und damit zu<br />

Kostensenkungen in der <strong>Abwasserwirtschaft</strong> beitragen. So gibt es viele Bereiche, die sich <strong>für</strong><br />

<strong>eine</strong> interkommunale Zusammenarbeit anbieten wie Einkauf, Ausschreibungen, Lagerhaltung,<br />

Fortbildung, gemeinsame Nutzung von Fuhrpark und Spezialgeräten, etc. In Kapitel 7.5<br />

sind Fallbeispiele <strong>für</strong> gelungene Kooperationen aufgeführt.<br />

Ebenfalls in Diskussion sind die Privatisierung und Liberalisierung in der Siedlungswasserwirtschaft<br />

sowie <strong>eine</strong> Änderung der kleinteiligen Struktur der Ver- und Entsorgungsunternehmen.<br />

Hier wären möglicherweise Zusammenschlüsse zu größeren Einheiten über<br />

die kommunale Ebene hinaus sowie öffentlich-private Partnerschaften (Public Private<br />

Partnership, PPP) sinnvoll. Die Kommunen können sich bei der Erfüllung ihrer Aufgabe der<br />

Sicherstellung <strong>eine</strong>r ordnungsgemäßen Abwasserbeseitigung der Hilfe durch private Dritte<br />

bedienen. Beispielhaft <strong>für</strong> <strong>eine</strong> gute Ergänzung der kommunalen Kompetenzen und<br />

Ausstattung durch Private ist die Arbeit der WVE GmbH in Kaiserslautern, der Kommunal<br />

Service Rheinhessen GmbH (KSR) in Bodenheim, des Technischen Dienstleistungszentrums<br />

Trier-Land (TDZ), der Maschinenringe etc., die insbesondere in den Bereichen<br />

Betriebsführung und Klärschlammentsorgung tätig sind.<br />

Andere organisatorische Aspekte wie beispielsweise die Verbesserung der Überwachung<br />

von abwassertechnischen Anlagen (vgl. Fallbeispiel Kläranlage Hochspeyer in Kapitel 7.5)<br />

bieten gleichfalls ein erhebliches Potenzial <strong>für</strong> Kosteneinsparungen.<br />

Energieoptimierung<br />

Da der Energieverbrauch <strong>eine</strong>n erheblichen Kostenfaktor beim Betrieb von Kläranlagen<br />

darstellt, bieten auch energetische Optimierungen ein großes Einsparpotenzial (siehe Kapitel<br />

6.7). In diesem Zusammenhang kommt neben der Energieeinsparung auch der Energiegewinnung<br />

aus Abwasser durch Wärmenutzung und Verstromung von Biogas immer größer<br />

werdende Bedeutung zu. So könnte in Zukunft auch das Ziel der energieautarken Kläranlage<br />

Wirklichkeit werden. In Rheinland-Pfalz wurden bereits zahlreiche Projekte zur energetischen<br />

Optimierung von Kläranlagen umgesetzt; einige davon werden in Kapitel 7.3 vorgestellt. Die<br />

Broschüre „Ökoeffizienz in der Wasserwirtschaft – Steigerung der Energieeffizienz von<br />

Abwasseranlagen“ steht unter http://www.mufv.rlp.de/index.php?id=4467 kostenlos zum<br />

Download bereit. Weitere Hinweise zur Energieoptimierung gibt der Artikel „Wege zur<br />

energieautarken Kläranlage“ [Kunz 2009].<br />

159


8.4 Lösungen <strong>für</strong> spezielle Probleme<br />

Neben den in den vorangegangenen Abschnitten behandelten Aspekten der wirtschaftlichen<br />

Optimierung oder der Entscheidungsfindung <strong>für</strong> die optimale Entwässerungsstruktur oder<br />

das geeignete Abwasserreinigungsverfahren können auch spezielle Probleme bei der<br />

Abwasserentsorgung <strong>eine</strong> Veranlassung sein, diese Studie zur Hand zu nehmen. Im<br />

Folgenden werden einige solcher Probleme näher beleuchtet, die bereits in verschiedenen<br />

Projekten des Landes untersucht wurden.<br />

Bläh- und Schwimmschlamm<br />

Bläh- und Schwimmschlamm bereiten auf vielen kommunalen Kläranlagen immer wieder<br />

gravierende Probleme. Ausgelöst werden beide Phänomene durch übermäßiges Wachstum<br />

fadenförmiger Organismen, die das Absetzverhalten des Belebtschlamms verschlechtern<br />

bzw. zu <strong>eine</strong>r Flotation von Belebtschlammflocken an die Oberfläche von Belebungs- bzw.<br />

Nachklärbecken führen. Dadurch kann es zu Schlammabtrieb aus der Nachklärung kommen<br />

und damit zu erheblichen Verschlechterungen der Ablaufwerte. Weiterhin kann Bläh- und<br />

Schwimmschlamm zu Problemen bei der Schlammrückführung oder zum Schäumen von<br />

Faulbehältern führen. Eine Bekämpfung der fadenförmigen Bakterien ist in der Regel<br />

aufwändig und teuer. Zudem existieren zahlreiche Bekämpfungsmaßnahmen wie z. B. der<br />

Einsatz von Kalk, Polymeren oder Braunkohlestaub, die Einrichtung <strong>eine</strong>s Selektors, das<br />

Herab- oder Heraufsetzen des Sauerstoffgehaltes etc. Die Problematik besteht nun darin, die<br />

optimale Lösung <strong>für</strong> das jeweilige Problem zu finden. Erschwert wird diese Aufgabe dadurch,<br />

dass Bläh- und Schwimmschlamm von ganz unterschiedlichen Organismen verursacht<br />

werden kann. Ein Mittel, das die <strong>eine</strong> Organismenart bekämpft, kann <strong>eine</strong> andere fördern.<br />

Daher müssen <strong>für</strong> <strong>eine</strong> wirksame Bekämpfung als erstes die verantwortlichen fadenförmigen<br />

Organismen identifiziert werden, um anschließend zielgerichtet geeignete Bekämpfungsmaßnahmen<br />

auszuwählen.<br />

Ein System zur Identifizierung der beteiligten Mikroorganismen und zur Auswahl der<br />

geeigneten Bekämpfungsmaßnahmen wurde im Rahmen des Projektes ZERBERUS<br />

(Zentrales Erfassungssystem zur Beratung bei Bläh- und Schwimmschlammproblemen) im<br />

Auftrag des Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz durch<br />

das Zentrum <strong>für</strong> Innovative AbWassertechnogien (tectraa) und das Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft<br />

in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Künstliche Intelligenz –<br />

Wissensbasierte Systeme des Fachbereichs Informatik der TU Kaiserslautern entwickelt<br />

(siehe auch Fallbeispiel ZERBERUS in Kapitel 7.2). Ein zentrales Ziel von ZERBERUS ist<br />

es, kommunalen Kläranlagen bei <strong>eine</strong>m möglichen Bläh- oder Schwimmschlammproblem<br />

beratend zur Seite zu stehen. Dazu wurden in <strong>eine</strong>r Falldatenbank sowohl die betroffenen<br />

Kläranlagen in Rheinland-Pfalz mit den relevanten Randbedingungen als auch die jeweils<br />

verantwortlichen Bakterien erfasst. Mithilfe des fallbasierten Schließens (case-based<br />

reasoning, CBR) können neue Fälle mit den in der Datenbank abgelegten Fällen verglichen<br />

werden, um den ähnlichsten Fall und damit die verantwortlichen Mikroorganismen sowie die<br />

erfolgversprechendste Möglichkeit zur Bekämpfung zu finden. Das System greift dabei auf<br />

Expertenwissen mit <strong>eine</strong>r Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten und somit auf die in der<br />

Vergangenheit gemachten Erfahrungen zurück.<br />

160


Einen weiteren innovativen und erfolgversprechenden Ansatz zur Lösung der Bläh- und<br />

Schwimmschlammproblematik stellt der Einsatz <strong>eine</strong>s sogenannten Dolomitreaktors dar.<br />

Dabei wird ein Teilstrom der von fadenförmigen Organismen betroffenen Belebtschlammmasse<br />

kontinuierlich über <strong>eine</strong>n mit Dolomit (Calcium-Magnesium-Carbonat) gefüllten<br />

Reaktor geführt. Hierdurch kommt es zu <strong>eine</strong>r Bindung der kalkaggressiven Kohlensäure;<br />

das Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht wird wieder hergestellt und der Calciumcarbonat-Anteil<br />

auf der Belebtschlammflocke wird erhöht. Auf einigen der bislang mit diesem Verfahren<br />

ausgestatteten Anlagen, z. B. auf der Kläranlage Bühl (Baden-Württemberg) konnte<br />

hierdurch das Schwimmschlammproblem nachhaltig unterbunden werden, auf anderen<br />

Anlagen zeigt der Dolomitreaktor dagegen k<strong>eine</strong> signifikante Wirkung. Welche Faktoren die<br />

Funktion des Dolomitreaktors beeinflussen, ist bislang nicht bekannt.<br />

Integrale Bewirtschaftung von Kanalnetz und Kläranlage<br />

Die Siedlungsentwässerung in Deutschland erfolgt überwiegend durch Mischsysteme, d. h.<br />

Schmutz- und Regenwasser werden in <strong>eine</strong>m gemeinsamen Kanal abgeleitet. Da der<br />

Mischwasserabfluss den bis zu 100-fachen Wert des Trockenwetterabflusses annehmen<br />

kann, ist es nicht immer möglich, den gesamten Abfluss auch zur Kläranlage weiterzuleiten<br />

und dort <strong>eine</strong>r Behandlung zu unterziehen. Ein Teil des Mischwassers wird deswegen an<br />

Bauwerken der Mischwasserbehandlung zwischengespeichert bzw. direkt ins Gewässer<br />

entlastet. Im Bereich der Kanalisation wurden deshalb in den letzten Jahren, nicht zuletzt<br />

wegen des ATV-Arbeitsblattes A 128, verstärkt Regenbecken zur Mischwasserbehandlung<br />

gebaut, um die Emissionen aus den Regenentlastungsbauwerken zu verringern. Diese<br />

Becken begrenzen den Zufluss zur Kläranlage auf den Bemessungszufluss Qm, der dem<br />

zweifachen Schmutzwasserzufluss Qsx und dem Fremdwasserzufluss Qf entspricht. Der<br />

gespeicherte Beckeninhalt wird nach Ende des Regens zur Kläranlage entleert.<br />

Die Festlegung dieses starren Drosselabflusses als Bindeglied zwischen Kanalisation und<br />

Kläranlage ist hierbei nicht das Resultat weitgehender verfahrenstechnischer Überlegungen<br />

oder von wirtschaftlichen Optimierungsansätzen, sondern wurde als langjähriger Erfahrungswert<br />

gewählt, der <strong>für</strong> die heutige Verfahrenstechnik oftmals suboptimale Lösungen liefert.<br />

Hierbei ist weiterhin zu bedenken, dass der Lastfall zur Bemessung <strong>eine</strong>r Kläranlage durch<br />

<strong>eine</strong> Kombination <strong>eine</strong>r hohen Lastannahme (z. B. der Fracht, die in 85 % aller Belastungs-<br />

fälle unterschritten wird) bei gleichzeitig ungünstigen Betriebsbedingungen gekennzeichnet<br />

ist (z. B. durch die Annahme <strong>eine</strong>r niedrigen Bemessungstemperatur), weshalb die Anlagen<br />

in der Regel erhebliche Leistungsreserven aufweisen. Die bislang geübte Praxis,<br />

Kanalisation und Kläranlage statisch zu bemessen und zu betreiben, kann dazu führen, dass<br />

Mischwasser in ein Gewässer entlastet wird, obwohl noch Speicherkapazitäten im Netz<br />

vorhanden sind. Des Weiteren fehlt in den meisten Abwassersystemen der Informationsfluss<br />

zwischen Kläranlage und Kanalisation, sodass der Mischwasserabfluss stärker als<br />

notwendig gedrosselt und entlastet wird, obwohl noch freie Kapazitäten auf der Kläranlage<br />

vorhanden sind. Sowohl aus Sicht des Gewässerschutzes als auch aus Kostengesichtspunkten<br />

vertreten daher viele Experten die Ansicht, dass Abwassersysteme integriert geplant<br />

und vor allem betrieben werden sollten.<br />

161


Im Rahmen des Projektes „EPIKUR: Erprobung und Entwicklung <strong>eine</strong>s integrierten<br />

Abwassermanagementsystems zur Kosten- und Emissionsreduzierung“ haben das<br />

Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft und tectraa an der TU Kaiserslautern im Auftrag des<br />

MUFV <strong>für</strong> drei repräsentative Kläranlagen Untersuchungen zur hydraulischen Mehrbeschickung<br />

auf der Basis von dynamischen Simulationsrechnungen durchgeführt.<br />

Vorrangiges Ziel war jeweils die Minimierung der Gesamtemissionen aus Kanalisation und<br />

Kläranlage. Der Abschlussbericht zum Projekt EPIKUR [Schmitt et al. 2005] steht unter<br />

http://www.siwawi.arubi.uni-kl.de/downloads/projekte/Schlussbericht_Epikur_kurz.pdf zum<br />

Download bereit (siehe auch Fallbeispiel EPIKUR in Kapitel 7.2).<br />

Die im Rahmen des Projektes EPIKUR gewonnenen Erkenntnisse wurden im Projekt<br />

"Demonstrationsvorhaben zur Umsetzung <strong>eine</strong>s integrierten Betriebs von Kanalnetz und<br />

Kläranlage zur Kosten- und Emissionsminderung in Rheinland-Pfalz" auf den Referenzanlagen<br />

Zweibrücken und Wallhalben großtechnisch umgesetzt. Ziel der Untersuchungen<br />

war es, unter Einhaltung der Überwachungswerte <strong>für</strong> die Kläranlagen den Drosselabfluss<br />

belastungsabhängig zu variieren und damit die verfügbaren Reaktorvolumina bestmöglich<br />

zur Emissions- und Kostenminderung zu nutzen [Schmitt et al. 2009]. Daneben wurde <strong>eine</strong><br />

Kriterienliste zur Prüfung der Eignung von Objekten <strong>für</strong> <strong>eine</strong> integrale Betrachtung entwickelt,<br />

die anhand <strong>eine</strong>s Punktesystems neben <strong>eine</strong>r allgem<strong>eine</strong>n Bewertung auch mögliche<br />

Defizite und Schwachstellen aufzeigt.<br />

Neuartige Sanitärkonzepte<br />

Wie bereits in Kapitel 3.6 ausgeführt wurde, bringt das in Deutschland etablierte System der<br />

Schwemmkanalisation diverse Probleme mit sich, beispielsweise den Verlust von Nährstoffen,<br />

<strong>eine</strong>n hohen Energieverbrauch, <strong>eine</strong>n hohen Trinkwasserverbrauch sowie die<br />

Schwermetallbelastung von Klärschlämmen. Durch den Einsatz neuartiger Sanitärkonzepte<br />

können diese Probleme vermieden werden. Ein wesentlicher Grundsatz solcher Konzepte<br />

besteht darin, die Abwasserströme nach ihrer Herkunft und Beschaffenheit zu trennen, <strong>eine</strong>r<br />

differenzierten Nutzung zuzuführen und damit regionale Wasser- und Stoffkreisläufe zu<br />

schließen und die natürlichen Wasserressourcen zu schonen.<br />

Insbesondere vor dem Hintergrund der globalen Trinkwasserknappheit sind Maßnahmen zur<br />

Reduzierung des Trinkwasserverbrauchs sinnvoll. So kann Trinkwasser bei Nutzungen<br />

substituiert werden, bei denen k<strong>eine</strong> Trinkwasserqualität erforderlich ist, z. B. <strong>für</strong> Toiletten-<br />

spülung, Bewässerung oder Reinigungszwecke.<br />

Die Thematik „Nachhaltige Abwasserentsorgungskonzepte“ wurde u. a. im Rahmen <strong>eine</strong>r<br />

vom MUFV Rheinland-Pfalz geförderten Studie auf dem Umweltcampus Birkenfeld betrachtet.<br />

Dabei hat das Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft der TU Kaiserslautern in<br />

Zusammenarbeit mit dem Institut <strong>für</strong> angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) und der Fa.<br />

areal GmbH, Hengstbacherhof, Potenziale <strong>für</strong> nachhaltige Abwasserentsorgungskonzepte in<br />

Rheinland-Pfalz beschrieben und mögliche Auswirkungen auf bestehende Entsorgungssysteme<br />

anhand von Szenarienbetrachtungen abgeschätzt [Schmitt et al. 2008a].<br />

In Regionen mit bestehender konventioneller Infrastruktur stellt sich das Problem, dass ein<br />

kurzfristiger Umstieg auf alternative, nachhaltige Konzepte mit Stoffstromtrennung nicht ohne<br />

162


weiteres flächendeckend umsetzbar ist und die Funktionalität der vorhandenen Systeme<br />

auch während <strong>eine</strong>r sukzessiven Integration neuartiger Sanitärkonzepte stets gewährleistet<br />

bleiben muss. Wie ein Übergang von den derzeit dominierenden zentralen Ver- und<br />

Entsorgungskonzepten hin zu nachhaltigen Systemen schrittweise realisiert werden kann,<br />

wurde im Rahmen des von der Stiftung Rheinland-Pfalz <strong>für</strong> Innovation geförderten Projekts<br />

OptionS (Optimierung von Strategien zur langfristigen Umsetzung <strong>eine</strong>r nachhaltigen<br />

Siedlungswasserwirtschaft) an der TU Kaiserslautern untersucht.<br />

Mit Hilfe <strong>eine</strong>s mathematischen Optimierungsmodells wurde ermittelt, wie <strong>eine</strong> weitreichende<br />

oder ganzheitliche Umstellung in bestehenden Siedlungsgebieten methodisch und optimiert<br />

vonstatten gehen kann. Die räumliche und zeitliche Abfolge der einzelnen Umbau- und<br />

Modernisierungsmaßnahmen wird so festgelegt, dass sowohl finanzielle Aufwendungen<br />

(ökonomische Kosten) als auch Umweltauswirkungen (ökologische Kosten) über den<br />

gewählten Umsetzungszeitraum minimiert werden. Wesentliche Randbedingungen sind zum<br />

<strong>eine</strong>n die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Entsorgungssysteme und zum anderen<br />

die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben. Die Struktur des Optimierungsprozesses ist in<br />

Abbildung 8.4 dargestellt. Es werden ausgehend vom Ist-Zustand Defizite bewertet und im<br />

Hinblick auf den gewünschten Zielzustand aufgrund der spezifischen Randbedingungen<br />

mögliche Maßnahmen aus den Bereichen Regenwasserbewirtschaftung, alternative<br />

Sanitärkonzepte und Bau bzw. Sanierung von Ableitungselementen teilgebietsspezifisch<br />

zusammengestellt [Kaufmann et al. 2006].<br />

Abb. 8.4: Schema zum Optimierungsprozess in OptionS<br />

163


In Kapitel 7.7 wird mit dem Fallbeispiel KOMPLETT (Entwicklung und Kombination von<br />

innovativen Systemkomponenten aus Verfahrenstechnik, Informationstechnologie und<br />

Keramik zu <strong>eine</strong>r nachhaltigen Schlüsseltechnologie <strong>für</strong> Wasser- und Stoffkreisläufe) ein<br />

Projekt zum Thema „neuartige Sanitärkonzepte“ vorgestellt. Weitere Informationen dazu<br />

finden sich unter www.komplett-projekt.de.<br />

Semizentrale Schlammbehandlungscenter<br />

Im Rahmen des vom MUFV geförderten Projektes „Energie- und Kostenoptimierung durch<br />

Schaffung von semizentralen Schlammbehandlungscentern“ wurden an der TU Kaiserslautern<br />

Ansätze entwickelt, räumlich nahe zueinander liegende aerobe Stabilisierungs- und<br />

Faulungsanlagen gemeinsam und übergreifend zu betreiben, um hieraus sowohl betriebliche<br />

als auch energetische Vorteile zu gewinnen [Hansen et al. 2009]. Die bislang aeroben<br />

Stabilisierungsanlagen würden zukünftig mit geringeren Schlammaltern (11 bis 13 Tage) als<br />

sog. Satellitenanlagen mit der alleinigen Aufgabe der Kohlenstoff- und Nährstoffelimination<br />

betrieben. Der nicht stabilisierte Schlamm dieser Anlagen würde <strong>eine</strong>r Faulungsanlage mit<br />

entsprechender Infrastruktur (ausreichend großer Faulbehälter, Verstromung des Gases<br />

über BHKW, Wärmenutzung, Schlammentwässerung, ggf. Vorbehandlung der Prozesswässer<br />

etc.) zugeführt. Diese würde als semizentrales Schlammbehandlungscenter<br />

betrieben.<br />

Aus der dargestellten Konzeption ergeben sich folgende potenzielle Vorteile:<br />

164<br />

• Energetisch günstiger Betrieb der Stabilisierungsanlagen<br />

• Entlastung der Nachklärung auf den Stabilisierungsanlagen durch verringerten TS-<br />

Gehalt<br />

• Nutzung des freiwerdenden Beckenvolumens<br />

• Nutzung von freien Faulraumkapazitäten<br />

• Vermehrte Eigenstromerzeugung<br />

• Konzentration von personalintensiven Prozessen auf <strong>eine</strong>n Standort<br />

• Gereinigtes Abwasser verbleibt im Einzugsgebiet (Vorteil gegenüber zentraler<br />

Abwasserbehandlung)<br />

Die Maßnahmen wurden exemplarisch <strong>für</strong> die Kläranlagen Welgesheim und Grolsheim in der<br />

VG Sprendlingen-Gensingen untersucht. Das Projekt wird im Kapitel 7.3 als Fallbeispiel<br />

vorgestellt.<br />

Niederschlagswasserbewirtschaftung<br />

Wie bereits in Kapitel 3.4 ausgeführt wurde, ist die Regenwasserbewirtschaftung <strong>eine</strong><br />

wesentliche Komponente <strong>eine</strong>r nachhaltigen Siedlungsentwässerung. Dabei sollte unverschmutztes<br />

Wasser möglichst in den natürlichen Kreislauf zurückgeführt und verschmutztes<br />

Wasser vor der Einleitung in ein Oberflächengewässer gereinigt werden. Wichtige Baust<strong>eine</strong><br />

der naturnahen Niederschlagswasserbewirtschaftung sind die Vermeidung abflusswirksamer<br />

Flächen, dezentrales Zurückhalten, Verdunsten und Versickern von nicht behandlungsbe-


dürftigem Niederschlagswasser und verzögertes Ableiten, zentrales Rückhalten und Versickern<br />

bzw. Verdunsten. Die vom MUFV herausgegebene Broschüre „Naturnaher Umgang<br />

mit Niederschlagswasser – Konzeption und ausgeführte Beispiele“ kann im Internet unter<br />

www.wasser.rlp.de/servlet/is/762/Niederschlagswasser%20.pdf?command=downloadConten<br />

t&filename=Niederschlagswasser%20.pdf kostenlos heruntergeladen werden.<br />

Die aktuelle Diskussion zur umweltgerechten Entsorgung von Niederschlagsabflüssen lässt<br />

<strong>eine</strong> Ausweitung der Regenwasserbehandlung erwarten mit verstärktem Einsatz dezentraler<br />

Anlagen. Zur systematischen Untersuchung der Wirksamkeit und Leistungsfähigkeit dieser<br />

Anlagen werden am Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft der TU Kaiserslautern Prüfverfahren<br />

zur Standardisierung und späteren bauaufsichtlichen Zulassung erarbeitet. Das<br />

Vorhaben wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert und gemeinsam<br />

mit der Deutschen Vereinigung <strong>für</strong> Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA), der FH<br />

Münster, der Universität Karlsruhe und dem Institut <strong>für</strong> Wasserforschung durchgeführt [DWA<br />

2009d].<br />

Parallel dazu werden im Rahmen <strong>eine</strong>s Verbundvorhabens des Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt,<br />

Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit<br />

mit den Stadtentwässerungsbetrieben Köln und der Hydro-Ingenieure GmbH Ansätze<br />

zum methodischen Vergleich dezentraler und zentraler Behandlungsanlagen erarbeitet.<br />

Dabei wird die Wirksamkeit zentraler Behandlungsanlagen, Regenklärbecken und Retentionsbodenfilter,<br />

auf der Grundlage bereits abgeschlossener Messprogramme quantifiziert<br />

und dem nach Belastungskategorien der Abflussflächen abgestuften Einsatz dezentraler<br />

Behandlungsanlagen gegenübergestellt. Diese Anlagen werden nach ihren verfahrenstechnischen<br />

Wirkmechanismen typisiert und mit vorläufigen Wirkungsgraden beziffert. Die<br />

Methodik der Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Anlagen wird anhand fiktiver und realer<br />

Einzugsgebiete getestet und <strong>eine</strong>r Sensitivitätsbetrachtung unterzogen. Anhand ausgewählter<br />

Einzugsgebiete wird nach Ausarbeitung realisierbarer Planungsvarianten zur<br />

dezentralen und zentralen Behandlung die Praxistauglichkeit getestet [Werker et al. 2010].<br />

Klärschlammentsorgung<br />

Die umweltgerechte Behandlung und Entsorgung von Klärschlämmen sind zentrale<br />

Herausforderungen der Abwasser- und Abfallentsorgung. Wie bereits in Kapitel 6.6 erläutert,<br />

werden derzeit in Rheinland-Pfalz ca. 70 % des anfallenden Klärschlamms landwirtschaftlich<br />

verwertet. Durch die Diskussion um Klärschlamm als Schadstoffsenke und die mögliche<br />

Verschärfung der Grenzwerte <strong>für</strong> anorganische und organische Schadstoffe wird dieser<br />

Entsorgungsweg jedoch möglicherweise zukünftig nicht mehr <strong>für</strong> alle Klärschlämme in Frage<br />

kommen. Daher hat das Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft der TU Kaiserslautern im<br />

Auftrag des MUFV ein Konzept <strong>für</strong> <strong>eine</strong> zukunftsfähige und umweltgerechte Klärschlammentsorgung<br />

entwickelt. Die Studie „Perspektiven <strong>eine</strong>r zukunftsfähigen Klärschlammentsorgung<br />

in Rheinland-Pfalz“ [Schmitt et al. 2007] gibt anhand der aktuellen Datenlage zur<br />

Klärschlammentsorgung in Rheinland-Pfalz und unter Einbeziehung der politischen Lage,<br />

<strong>eine</strong> kritische Einschätzung der Entsorgungssituation wieder. Durch die Betrachtung von<br />

konventionellen und innovativen Klärschlammbehandlungsverfahren nach technischen,<br />

rechtlichen, ökonomischen und ökologischen Aspekten, wird somit ein umfassendes Bild der<br />

Klärschlammentsorgung in Rheinland-Pfalz gezeichnet. Sowohl konventionelle wie auch<br />

165


neue Behandlungsverfahren werden hinsichtlich ihres Potenzials <strong>eine</strong>r auch in Zukunft<br />

gesicherten und umweltgerechten Klärschlammentsorgung bewertet. Anhand verschiedener<br />

Szenarien werden mögliche Alternativen zur landwirtschaftlichen Verwertung der<br />

Klärschlämme in Rheinland-Pfalz aufgezeigt. Die Studie kann im Internet unter<br />

http://www.mufv.rlp.de/service/publikationen.html?no_cache=1&tx_rbpublikationen_pi1%5Bs<br />

eite%5D=8 kostenlos heruntergeladen werden.<br />

166


9 Zusammenfassung und Fazit<br />

Im Rahmen der vorliegenden Studie „<strong>Handlungsempfehlungen</strong> <strong>für</strong> <strong>eine</strong> <strong>moderne</strong><br />

<strong>Abwasserwirtschaft</strong>“ wurden zunächst die rechtlichen Grundlagen <strong>für</strong> die Abwasserentsorgung<br />

in Rheinland-Pfalz dargestellt. Dabei wurden sowohl das europäische Recht,<br />

Bundes- und Landesrecht als auch die <strong>für</strong> den ländlichen Raum relevanten technischen<br />

Regelwerke berücksichtigt.<br />

Anschließend wurden im Rahmen <strong>eine</strong>r Literaturstudie Konzepte, Strategien und Verfahren<br />

der Abwasserentsorgung <strong>für</strong> den ländlichen Raum zusammengetragen. Vorgestellt wurden<br />

unterschiedliche Entwässerungskonzepte (zentral vs. dezentral), unterschiedliche Entwässerungssysteme<br />

(Misch-/Trennsysteme/modifizierte Systeme) und die zur Verfügung<br />

stehenden Verfahren zur Abwasserableitung und –behandlung, wobei die Vor- und Nachteile<br />

der einzelnen Verfahren beschrieben wurden.<br />

Im Kapitel 4 wurde die Ausgangssituation in Rheinland-Pfalz dargestellt, bezogen sowohl auf<br />

die Bevölkerungsstruktur als auch auf die Abwasserentsorgung. Rheinland-Pfalz ist in weiten<br />

Teilen ländlich geprägt. Die geringe Siedlungsdichte mit vielen kl<strong>eine</strong>n Gemeinden spiegelt<br />

sich auch in der Größenverteilung der kommunalen Kläranlagen wider. Etwa 70 % der<br />

Kläranlagen in Rheinland-Pfalz sind den Größenklassen I und II zuzuordnen (< 5.000 EW),<br />

diese stellen aber nur 11 % der Ausbaukapazität. Dagegen finden sich in Größenklasse V<br />

(> 100.000 EW) nur gut 1 % der Kläranlagen, diese stellen aber über 28 % der<br />

Ausbaukapazität. Im ländlichen Raum kommen oftmals mehrere ungünstige Faktoren wie<br />

geringe Siedlungsdichte, ungünstige topographische Verhältnisse und kl<strong>eine</strong>, leistungsschwache<br />

Gewässer zusammen, was <strong>eine</strong>n unterschiedlichen Grad der Zentralisation zur<br />

Folge hat. Eine große Anzahl relativ kl<strong>eine</strong>r Kläranlagen im ländlichen Raum steht <strong>eine</strong>r<br />

kl<strong>eine</strong>n Anzahl großer Kläranlagen in den verdichteten Räumen gegenüber. Dabei zeigen<br />

sich sowohl bezüglich der Siedlungsdichte als auch bezüglich des Anschlussgrades der<br />

Bevölkerung an Kanalisation und Kläranlagen erhebliche regionale Unterschiede innerhalb<br />

von Rheinland-Pfalz. Besonders ungünstige Randbedingungen finden sich im Bereich der<br />

SGD-Regionalstelle Trier im Westen von Rheinland-Pfalz, während sich Agglomerationsräume<br />

im Wesentlichen entlang des Rheins finden.<br />

Weiterhin wurde im Rahmen der Bestandaufnahme die Verteilung der Anlagen auf<br />

verschiedene Verfahren der Abwasserreinigung analysiert. Insgesamt sind ca. 70 % aller<br />

Kläranlagen in Rheinland-Pfalz Belebungsanlagen im Durchlaufbetrieb; sie stellen knapp<br />

95 % der Ausbaukapazität. In der Größenklasse I (< 1.000 EW) ist das Spektrum unter-<br />

schiedlicher Verfahren am größten. Hier finden sich neben den Belebungsanlagen im<br />

Durchlaufbetrieb auch Belebungsanlagen im Aufstaubetrieb (SBR-Anlagen), Tropfkörperanlagen,<br />

Tauchkörperanlagen, Abwasserteiche, Pflanzenkläranlagen und mechanische<br />

Anlagen.<br />

Betrachtet man die Entwicklung der Abwasserbeseitigung in Rheinland-Pfalz in den letzten<br />

15-20 Jahren, so ist ein deutlicher Trend zur Zentralisierung festzustellen. Während der<br />

Anschlussgrad der Bevölkerung an zentrale Kläranlagen von 1991 bis 2004 um 8,8<br />

Prozentpunkte zugenommen hat und die Kanalnetzlänge um 43 % angestiegen ist, ist die<br />

Anzahl der Kläranlagen im gleichen Zeitraum um 21 % zurückgegangen.<br />

167


In Kapitel 5 wurden die in Rheinland-Pfalz vorhandenen Konzepte und Verfahren zur<br />

Abwasserentsorgung auf der Grundlage von Gesprächen mit Vertretern der Wasserwirtschaftsbehörden<br />

sowie der Landesverbände bewertet. Dabei zeigte sich, dass zentrale<br />

Lösungen in der Regel als ökoeffizienteste Lösung angesehen werden. Probleme bereiten<br />

im Bereich Siedlungsentwässerung vor allem hohe Fremdwasseranteile, Mischwasserentlastungen<br />

sowie Geruchsprobleme durch lange Aufenthaltszeiten in Kanälen aufgrund<br />

<strong>eine</strong>s geringeren Schmutzwasseranfalls. Im Bereich Abwasserreinigung werden Belebungsanlagen<br />

im Durchlaufbetrieb und SBR-Anlagen im Allgem<strong>eine</strong>n gut bewertet, während<br />

Tropfkörper, Abwasserteiche und Pflanzenkläranlagen <strong>für</strong> Anlagengrößen über 50 EW eher<br />

schlecht bewertet werden. Problematisch ist hierbei vor allem die Nährstoffelimination.<br />

Einen Schwerpunkt der Studie stellt der Ausblick auf mögliche zukünftige Herausforderungen<br />

der <strong>Abwasserwirtschaft</strong> (Kapitel 6) dar. Zu den zentralen Herausforderungen, denen sich die<br />

Abwasserentsorgung – insbesondere auch im ländlichen Raum – in Zukunft stellen muss,<br />

gehört der demografische Wandel. Die Auswirkungen des prognostizierten Bevölkerungsrückgangs<br />

auf die technische Infrastruktur der Wasserver- und Abwasserentsorgung sind<br />

deshalb besonders gravierend, weil hier der Anteil der Fixkosten gegenüber den<br />

verbrauchsabhängigen Kosten sehr hoch ist. Dadurch werden die einwohnerspezifischen<br />

Kosten der Infrastruktur ansteigen, gleichzeitig werden aber die Einnahmen der öffentlichen<br />

Haushalte durch die sinkende Zahl der Erwerbstätigen zurückgehen Diese Auswirkungen<br />

werden besonders stark in den dünn besiedelten, peripheren, ländlichen Regionen sein.<br />

Auch der Klimawandel ist bei zukünftigen Planungen zu berücksichtigen. Als Folge der<br />

globalen Erwärmung der Erdatmosphäre werden <strong>für</strong> Mitteleuropa trockenere Sommer,<br />

feuchtere Winter sowie <strong>eine</strong> Zunahme der Starkregenereignisse erwartet. Damit einhergehend<br />

kann es zu <strong>eine</strong>m erhöhten Überflutungsrisiko und zu häufigeren Mischwasserentlastungen<br />

kommen. Da jedoch das Ausmaß und die konkreten regionalen Auswirkungen<br />

derzeit nicht vorhersagbar sind, ist die Einführung pauschaler Bemessungszuschläge in der<br />

Siedlungsentwässerung nicht empfehlenswert. Stattdessen erscheint <strong>eine</strong> größere Flexibilität<br />

in der Entwässerungskonzeption sinnvoll.<br />

Zusätzliche Anforderungen könnten sich aus der Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie<br />

z. B. <strong>für</strong> die Kohlenstoff- und Nährstoffelimination aus Immissionsschutzbetrachtungen<br />

ergeben. So könnte zur Erreichung des laut EG-WRRL bis 2015 geforderten guten<br />

ökologischen Zustands der Oberflächengewässer in Einzelfällen die weitere Reduzierung der<br />

Phosphat-Einträge nötig werden. Außerdem wurden von der EU-Kommission <strong>für</strong> <strong>eine</strong> Liste<br />

von 33 sogenannten prioritären Stoffen Umweltqualitätsnormen zur Verringerung der<br />

chemischen Verschmutzung der Oberflächengewässer vorgelegt. Für prioritäre gefährliche<br />

Stoffe wird mittelfristig sogar <strong>eine</strong> „Nullemission“ verlangt. Insofern könnte in Einzelfällen die<br />

gezielte Reduzierung des Eintrags von Mikroschadstoffen erforderlich werden. Das<br />

chemische Gewässermonitoring im Rahmen des Monitorings zur Aufstellung des ersten<br />

Bewirtschaftungsplanes der WRRL hat ergeben, dass 81 % der rheinland-pfälzischen Ober-<br />

flächenwasserkörper <strong>eine</strong>n guten chemischen Zustand aufweisen. Einige Gewässerabschnitte<br />

weisen noch Handlungsbedarf auf, besonders betroffen ist das Bearbeitungsgebiet<br />

Oberrhein, in dem bei 57 % der Oberflächenwasserkörper die Qualitätsnormen <strong>für</strong> den<br />

chemischen Zustand überschritten wurden.<br />

168


Da Phosphor <strong>eine</strong> endliche und nicht ersetzbare Ressource darstellt, ist unter dem<br />

Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit die Rückführung von Phosphor in den Nährstoffkreislauf<br />

geboten. Vor dem Hintergrund <strong>eine</strong>r möglichen zukünftigen Einschränkung der landwirtschaftlichen<br />

Klärschlammverwertung werden im Rahmen der Novellierung der Abwasserverordnung<br />

<strong>für</strong> große Kläranlagen Vorgaben zur Rückgewinnung von Phosphat diskutiert.<br />

Neue Vorgaben zur landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung sind im Rahmen der<br />

Novellierung der Klärschlammverordnung in Vorbereitung. Neben der Verschärfung der<br />

bereits geltenden Grenzwerte wird auch die Aufnahme neuer Schadstoffe diskutiert. Höher<br />

schadstoffbelastete Klärschlämme müssen in Zukunft thermisch verwertet werden, was <strong>eine</strong><br />

aufwändigere Vorbehandlung bedingt und kostenintensiver ist als die bodenbezogene<br />

Verwertung.<br />

Daneben sind neue Vorgaben zur Energieeffizienz auf Kläranlagen möglich. Die<br />

energetische Optimierung der Abwasserentsorgung ist sowohl unter dem Gesichtspunkt<br />

<strong>eine</strong>r Reduzierung der klimarelevanten CO2-Emissionen als auch unter wirtschaftlichen<br />

Gesichtspunkten von großem Interesse. In diesem Bereich besteht in Rheinland-Pfalz ein<br />

erhebliches Optimierungspotenzial.<br />

Da auf Entwässerung und Abwasserreinigung in Zukunft immer differenziertere Anforderungen<br />

zukommen, gleichzeitig aber der Kostendruck steigt, kommt der angemessenen<br />

personellen Ausstattung und insbesondere der Qualifikation des Personals von Abwasserentsorgungseinrichtungen<br />

<strong>eine</strong> zunehmend größere Bedeutung zu.<br />

Im Hinblick auf die lange Nutzungsdauer der abwassertechnischen Infrastruktur müssen die<br />

zukünftigen Entwicklungen bei Neu-Investitionen berücksichtigt werden, um <strong>eine</strong> nachhaltige<br />

Lösung zu gewährleisten. Daher wurde vor dem Hintergrund zukünftiger Anforderungen <strong>eine</strong><br />

Neubewertung der Konzepte und Verfahren zur Abwasserentsorgung vorgenommen. Langfristig<br />

könnte zumindest in manchen dünn besiedelten ländlichen Gebieten ein Systemwechsel<br />

nötig werden von der zentralen Schwemmkanalisation zu dezentralen Lösungen<br />

bzw. Lösungen mit Stoffstromtrennung.<br />

Einen weiteren Schwerpunkt der vorliegenden Studie stellt die Sammlung von positiven<br />

Fallbeispielen dar. In Kapitel 7 werden gelungene und nachahmenswerte Lösungen und<br />

Fallbeispiele überwiegend aus Rheinland-Pfalz einheitlich in Formblättern vorgestellt, in<br />

denen die wichtigsten Informationen zum Projekt jeweils auf <strong>eine</strong>r Seite zusammengestellt<br />

sind.<br />

Schließlich wurde in Kapitel 8 aufgezeigt, wie die vorliegende Studie, ausgehend von<br />

unterschiedlichen Fragestellungen, angewendet werden kann. Dabei kann es beispielsweise<br />

darum gehen, ein bisher nicht an <strong>eine</strong> zentrale Kanalisation angeschlossenes Gebiet bzw.<br />

ein Gebiet, bei dem Reinvestitionen anstehen, zu entwässern, <strong>eine</strong> neue Kläranlage zu<br />

bauen, ein vorhandenes oder zukünftiges Abwasserentsorgungssystem unter wirtschaftlichen<br />

und betriebstechnischen Gesichtspunkten zu optimieren, oder auch <strong>eine</strong> Lösung <strong>für</strong><br />

ein spezielles Problem zu finden.<br />

169


Literatur<br />

AbfKlärV (1992): Klärschlammverordnung (AbfKlärV) vom 15.04.1992.<br />

AbwV (2007): Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in Gewässer<br />

(Abwasserverordnung, AbwV) in der Fassung vom 17. Juni 2004, geändert durch Artikel<br />

1 der Verordnung vom 19. Oktober 2007.<br />

ATV (1991): Grundsätze <strong>für</strong> Bemessung, Bau und Betrieb von kl<strong>eine</strong>n Kläranlagen mit<br />

aerober biologischer Reinigungsstufe <strong>für</strong> Anschlusswerte zwischen 50 und 500<br />

Einwohnerwerten. Arbeitsblatt ATV-A 122.<br />

ATV (1992): Richtlinien <strong>für</strong> die Bemessung und Gestaltung von Regenentlastungsanlagen in<br />

Mischwasserkanälen. Arbeitsblatt ATV-A 128.<br />

ATV (1997): Grundsätze <strong>für</strong> die Abwasserentsorgung in ländlich strukturierten Gebieten.<br />

Arbeitsblatt ATV-A 200.<br />

ATV (1998): Personalbedarf <strong>für</strong> den Betrieb kommunaler Kläranlagen. Merkblatt ATV-M 271.<br />

ATV-DVWK (2000): Bemessung von einstufigen Belebungsanlagen. Arbeitsblatt ATV-<br />

DVWK-A 131.<br />

ATV-DVWK (2001): Bemessung von Tropfkörpern und Rotationstauchkörpern. Arbeitsblatt<br />

ATV-DVWK-A 281.<br />

ATV-DVWK (2003): Phosphorrückgewinnung. Arbeitsbericht der ATV-DVWK-Arbeitsgruppe<br />

AK-1.1, KA – Abwasser, Abfall (50) Nr. 6.<br />

BDZ – Bildungs- und Demonstrationszentrum <strong>für</strong> dezentrale Abwasserbehandlung e.V.<br />

(abgerufen 2008): Beratungs- und Informationszentrum abwasser-dezentral,<br />

http://www.abwasser-dezentral.de/.<br />

Bellefontaine, K. et al. (2003): Marktdaten Abwasser 2003. Ergebnisse der gemeinsamen<br />

Umfrage zur Abwasserentsorgung der Deutschen Vereinigung <strong>für</strong> Wasserwirtschaft,<br />

Abwasser und Abfall (ATV-DVWK) und dem Bundesverband der deutschen Gas- und<br />

Wasserwirtschaft (BGW), http://www.bdew-norddeutschland.de/pdf/0.1_resource_2004_-<br />

10_11_5.pdf.<br />

Bellefontaine, K.; Breitenbach, H. (2008): Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf<br />

die Gebührenkalkulation und die Gebührenentwicklung in der Wasserwirtschaft. KA –<br />

Abwasser, Abfall (55) Nr. 9.<br />

170


Bergs, C.-G. (2007): Novelle der Klärschlammverordnung – Überwiegen die Risiken den<br />

Nutzen oder überwiegt der Nutzen die Risiken? KA – Abwasser, Abfall (54) Nr. 10.<br />

BMU – Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2006a):<br />

Umweltpolitik. Wasserwirtschaft in Deutschland. Teil 1 – Grundlagen.<br />

BMU – Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2006b):<br />

Neufassung der Klärschlammverordnung. Ressourcen nutzen – Böden schonen.<br />

Eckpunktepapier zur Novellierung der Klärschlammverordnung, Expertengespräch am<br />

06./07.12.2006 in Bonn. http://www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/application/pdf/klaerschlammvo_eckpunkte.pdf.<br />

BMU – Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2008a):<br />

Wasserwirtschaftsverwaltung in den Ländern und Kommunen, http://www.bmu.de/gewaesserschutz/fb/gewaesserschutzpolitik_laender_kommunen/doc/3190.php.<br />

BMU – Bundesministerium <strong>für</strong> Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2008b): Richtlinienvorschlag<br />

über Umweltqualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik und zur<br />

Änderung der Richtlinie 2000/60/EG, http://www.bmu.de/gewaesserschutz/fb/gewaesserschutzpolitik_d_eu_int/doc/38010.php.<br />

Conrad, M. (2007): Vortrag im Rahmen der Tagung „Konzeption <strong>für</strong> <strong>eine</strong> zukunftsfähige<br />

Klärschlamm-Entsorgung in Rheinland-Pfalz“ am 12.09.2007 in Mainz.<br />

DBU – Deutsche Bundesstiftung Umwelt (2001): TAT-Orte – Abwasserentsorgung im ländlichen<br />

Raum. Broschüre; in Kooperation mit dem Deutschen Institut <strong>für</strong> Urbanistik (Difu).<br />

Dederichs, A.; Koeckritz, T.; Brinke-Seiferth, S.; Sekoulov, I. (2003): SBR-Technologie <strong>für</strong><br />

Teichkläranlagen. Das CWSBR-Verfahren. KA – Abwasser, Abfall (50) Nr. 5.<br />

Dederichs, A. (2005): Teichkläranlagen ertüchtigen. Extreme Mischwasserzuläufe sind <strong>für</strong><br />

das CWSBR-Verfahren kein Problem. wlb Wasser, Luft und Boden (49) Nr. 3/4.<br />

Denzler, L. (2007): Ozon gegen Mikroschadstoffe. tec21 2007/38.<br />

Dierschke, M.; Welker, A.; Schmitt, T.G. (2008): Maßnahmen und Kosten der Phosphoreliminierung<br />

in kommunalen Kläranlagen. Kläranlagen-Nachbarschaften – Fortbildung<br />

des Betriebspersonals 2008/2009, DWA-Landesverband Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland<br />

(in Bearbeitung).<br />

DWA (2005a): Besondere Entwässerungsverfahren, Teil 1: Unterdruckentwässerungssysteme<br />

außerhalb von Gebäuden. Arbeitsblatt DWA-A 116.<br />

171


DWA (2005b): Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser.<br />

Arbeitsblatt DWA-A 138.<br />

DWA (2005c): Grundsätze <strong>für</strong> Bemessung, Bau und Betrieb von Abwasserteichanlagen.<br />

Arbeitsblatt DWA-A 201.<br />

DWA (2005d): Anforderungen an die Qualifikation und die Organisation von Betreibern von<br />

Abwasseranlagen. Merkblatt DWA-M 1000.<br />

DWA (2005e): Empfehlungen <strong>für</strong> Planung, Konstruktion und Betrieb von Retentionsbodenfilteranlagen<br />

zur weitergehenden Regenwasserbehandlung im Misch- und Trennsystem.<br />

Merkblatt DWA M 178, Hennef, Juni 2005.<br />

DWA (2006a): Leitlinien der integralen Siedlungsentwässerung. Arbeitsblatt DWA-A 100.<br />

DWA (2006b): Grundsätze <strong>für</strong> Bemessung, Bau und Betrieb von Pflanzenkläranlagen mit<br />

bepflanzten Bodenfiltern zur biologischen Reinigung. Arbeitsblatt DWA-A 262.<br />

DWA (2007a): Besondere Entwässerungsverfahren, Teil 2: Druckentwässerungssysteme<br />

außerhalb von Gebäuden. Arbeitsblatt DWA-A 116.<br />

DWA (2007b): <strong>Handlungsempfehlungen</strong> zum Umgang mit Regenwasser. Merkblatt DWA-M<br />

153, Hennef, Februar 2000.<br />

DWA (2009a): Grundsätze <strong>für</strong> Bemessung, Bau und Betrieb von kl<strong>eine</strong>n Kläranlagen mit<br />

aerober biologischer Reinigungsstufe bis 1.000 Einwohnerwerte. Arbeitsblatt DWA-A 222<br />

(Entwurf).<br />

DWA (2009b): Grundsätze <strong>für</strong> die Abwasserbehandlung in Belebungsanlagen mit<br />

gemeinsamer aerober Schlammstabilisierung ab 1.000 Einwohnerwerte. Arbeitsblatt<br />

DWA-A 226.<br />

DWA (2009c): Belebungsanlagen mit Aufstaubetrieb (SBR). Merkblatt DWA-M 210.<br />

DWA (2009d): Entwicklung von Prüfverfahren <strong>für</strong> Anlagen zur dezentralen Niederschlagswasserbehandlung<br />

im Trennverfahren. Zwischenbericht an die Deutsche Bundesstiftung<br />

Umwelt, Deutsche Vereinigung <strong>für</strong> Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall, Hennef,<br />

September 2009 (unveröffentlicht).<br />

Enquete-Kommission 15/1 „Klimawandel“ (2009): Bericht der Enquete-Kommission 15/1<br />

„Klimawandel“. Landtag Rheinland-Pfalz, 15. Wahlperiode, 74. Sitzung am 03.09.2009.<br />

172


EU-Kommission (2000): Richtlinie 2000/60/EG des europäischen Parlaments und des Rates<br />

zur Schaffung <strong>eine</strong>s Ordnungsrahmens <strong>für</strong> Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich<br />

der Wasserpolitik – EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL).<br />

EU-Kommission (2001): Handbuch "Extensive Abwasserbehandlungsverfahren" – Leitfaden<br />

<strong>für</strong> kl<strong>eine</strong> und mittlere Gemeinden (500-5.000 EW), http://www.ec.europa.eu/environment/water/water-urbanwaste/info/pdf/waterguide_de.pdf.<br />

EU-Kommission (2006a): Vorschlag <strong>für</strong> <strong>eine</strong> Richtlinie des Europäischen Parlaments und<br />

des Rates über Umweltqualitätsnormen im Bereich der Wasserpolitik und zur Änderung<br />

der Richtlinie 2000/60/EG.<br />

EU-Kommission (2006b): Richtlinie 2006/7/EG über die Qualität von Badegewässern und<br />

deren Bewirtschaftung – EU-Badegewässerrichtlinie.<br />

Führer, W. (2006): Prioritäre Stoffe. KA – Abwasser, Abfall (53) Nr.10.<br />

G.A.A. – Gesellschaft <strong>für</strong> Abwasser- und Abfalltechnik mbH (abgerufen 2008): Das<br />

CWSBR®-Verfahren. http://www.cwsbr.com/.<br />

Gallati, M. (2007): Ozonierung modernisiert die Abwasserreinigung. Schweizer Gemeinde<br />

9/07.<br />

Gönner, E. (2009): Zehn Jahre Erfahrung – Ist die Klärschlamm-Vererdung <strong>eine</strong> Alternative?<br />

KA-Betriebs-Info (39) Nr. 1.<br />

Grunwald, G. (2006): Abwasserbeseitigung. Eine dauerhafte Aufgabe unter sich wandelnden<br />

Rahmenbedingungen. Schriftenreihe Oldenburg Bd. 30.<br />

GRW (1977): Grundsätze und Richtlinien <strong>für</strong> Wettbewerbe auf den Gebieten der<br />

Raumplanung, des Städtebaus und des Bauwesens – GRW 77 vom 01. Oktober 1977,<br />

geändert durch VwV vom 12. Dezember 1989. MinBl. 1990, S. 10.<br />

Haberkern, B., Maier, W., Schneider, U. (2008): Steigerung der Energieeffizienz auf<br />

kommunalen Kläranlagen. Umweltbundesamt, Forschungsbericht 205 26 307.<br />

Hahn, J. (2005): Rückgewinnung von Phosphor aus Abwasser – mehr als <strong>eine</strong> politische<br />

Diskussion? 75. Darmstädter Seminar Abwassertechnik, Schriftenreihe WAR Bd. 167.<br />

Hansen, J. (2007): Potenzial <strong>für</strong> Energieoptimierungen auf Kläranlagen in Rheinland-Pfalz.<br />

Fachtagung „Ökoeffizienz in der Wasserwirtschaft – Schwerpunkt Energieoptimierung<br />

von Kläranlagen“, Schriftenreihe des FG Siedlungswasserwirtschaft, TU Kaiserslautern,<br />

Band 26.<br />

173


Hansen, J., Wu, K., Kolisch, G., Hobus, I., Schirmer, G. (2007): Ökoeffizienz in der<br />

Wasserwirtschaft – Steigerung der Energieeffizienz von Abwasseranlagen. Broschüre<br />

des Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz (Hrsg.).<br />

Hansen, J., Wu, K., Schirmer, G., Hobus, I., Kolisch, G. (2009): Energie- und Kostenoptimierung<br />

durch Schaffung von semizentralen Schlammbehandlungscentern.<br />

Schlussbericht (unveröffentlicht).<br />

Hennerkes, J., Schmidt, A., Schröder, M., Sistemich, S. (2005): Fremdwasservermeidung<br />

und -reduzierung in Monschau. 38. Essener Tagung <strong>für</strong> Wasser- und Abfallwirtschaft;<br />

GWA – Gewässerschutz – Wasser – Abwasser Bd. 198.<br />

Hillenbrand, T., Marscheider-Weidemann, F., Strauch, M., Heitmann, K., Schaffrin, D.<br />

(2007) : Emissionsminderung <strong>für</strong> prioritäre und prioritäre gefährliche Stoffe der<br />

Wasserrahmenrichtlinie. Umweltbundesamt, Forschungsbericht 203 21 280.<br />

Hilmer, R. (2008): Einleitung Symposium 2008. Vortrag im Rahmen der Tagung „Aufgeklärt.<br />

Das Symposium <strong>für</strong> Abwassertechnologie“ am 27.03.2008 in Bremerhaven.<br />

Interwies et al. (2004): Grundlagen <strong>für</strong> die Auswahl der kosteneffizientesten Maßnahmenkombinationen<br />

zur Aufnahme in das Maßnahmenprogramm nach Artikel 11 der Wasserrahmenrichtlinie<br />

– Handbuch. Umweltbundesamt, Forschungsbericht 202 21 210.<br />

IPCC (2007): 4. Sachstandsbericht (AR4) über Klimaänderungen. Synthesebericht – Kernaussagen.<br />

ISM – Ministerium des Innern und <strong>für</strong> Sport (2003): Raumordnungsbericht der Landesregierung<br />

Rheinland-Pfalz.<br />

ISM – Ministerium des Innern und <strong>für</strong> Sport (2008): Entwicklung mit Augenmaß –<br />

Landesentwicklungsprogramm Rheinland-Pfalz (LEP IV). Überarbeitete Fassung des<br />

Entwurfs, Stand 16. April 2008.<br />

Just, T. (2004): Demografische Entwicklung verschont öffentliche Infrastruktur nicht.<br />

Deutsche Bank Research Nr. 294, Aktuelle Themen.<br />

Kaufmann, I.; Kalsch, M.; Meyer, T.; Schmitt, T.G.; Hamacher, H.W. (2006): Auf dem Weg zu<br />

<strong>eine</strong>r nachhaltigen Siedlungswasserwirtschaft – Optimale Strategien zur Umgestaltung<br />

von (Ab)Wassersystemen. In: siwawi 2030 – Themen und Lösungsansätze <strong>für</strong> die<br />

nächsten 25 Jahre, T.G. Schmitt (Hrsg.), Schriftenreihe Fachgebiet Siedlungswasserwirtschaft,<br />

TU Kaiserslautern, Band 25, S. 213-247.<br />

Kapp, H. (2007): Einsatz von Aktivkohle auf Kläranlagen. 82. Darmstädter Seminar –<br />

Abwassertechnik – „Wie sieht die Abwasserbehandlung der Zukunft aus?“ Schriftenreihe<br />

WAR Bd. 190.<br />

174


KfW Bankengruppe (2006): Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Ver- und<br />

Entsorgungsnetze <strong>für</strong> Trinkwasser und Abwasser in den Kommunen. Wirtschafts-<br />

Observer online, Nr. 9.<br />

Kirschey, T., Böckmann, L. (2005): Bevölkerungsvorausberechnungen <strong>für</strong> die verbandsfreien<br />

Gemeinden und Verbandsgemeinden bis 2015. Statistische Monatshefte 07/2005,<br />

Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz.<br />

KLIWA (2006): Unser Klima verändert sich. Folgen – Ausmaß – Strategien. Broschüre,<br />

http://www.kliwa.de/download/KLIWA.pdf.<br />

KLIWA (2008): Klimawandel in Süddeutschland – Veränderung der Kenngrößen Lufttemperatur,<br />

Niederschlag und Hochwasserabfluss. Klimamonitoring im Rahmen des<br />

Kooperationsvorhabens KLIWA. Monitoringbericht 2008. http://www.kliwa.de/download/-<br />

KLIWA_Monitoringbericht_08.pdf.<br />

Knerr, H., Engelhart, M., Hansen, J., Sagawe, G. (2008): Separated grey- and blackwater<br />

treatment by the KOMPLETT water recycling system – A possibility to close domestic<br />

water cycle. The Sanitation Challenge, Wageningen 2008.<br />

Komplett (2007): Entwicklung und Kombination von innovativen Systemkomponenten aus<br />

Verfahrenstechnik, Informationstechnologie und Keramik zu <strong>eine</strong>r nachhaltigen<br />

Schlüsseltechnologie <strong>für</strong> Wasser- und Stoffkreisläufe. Meilensteinbericht zum Projekt<br />

Komplett, Juli 2007 (unveröffentlicht).<br />

Koziol, M.; Veit, A.; Walther, J. (2006): Stehen wir vor <strong>eine</strong>m Systemwechsel in der<br />

Wasserver- und Abwasserentsorgung?, netWORKS-Papers Heft 22.<br />

Kröhnert, S., van Olst, N., Klingholz, R. (2005): Deutschland 2020 – Die demografische<br />

Zukunft der Nation. Berlin-Institut <strong>für</strong> Bevölkerung und Entwicklung.<br />

Kunz, R. (2009): Wege zur energieautarken Kläranlage. Wasser und Abfall 6/2009.<br />

Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz (2004): Grüner Bericht 2004.<br />

LAWA – Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (2005): Leitlinien zur Durchführung dynamischer<br />

Kostenvergleichsrechnungen (KVR-Leitlinien). Ausgearbeitet vom LAWA-Unterausschuss<br />

Wirtschaftlichkeitsfragen in der Wasserwirtschaft / KVR-Leitlinien. 7. Auflage;<br />

Kulturbuchverlag Berlin GmbH.<br />

LAWA – Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (2007): Rahmenkonzeption Monitoring. Teil B:<br />

Bewertungsgrundlagen und Methodenbeschreibungen. Arbeitspapier II – Hintergrund-<br />

und Orientierungswerte <strong>für</strong> physikalisch-chemische Komponenten, Stand: 07.03.2007.<br />

http://www.wasserblick.net.<br />

175


Lenhart, T. (2006): Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Anlagen der<br />

technischen Infrastruktur am Beispiel der kommunalen Abwasserbeseitigung <strong>eine</strong>s<br />

Bundeslandes. Häusliche Prüfungsarbeit <strong>für</strong> den Höheren Bautechnischen Verwaltungsdienst.<br />

LfU – Landesanstalt <strong>für</strong> Umweltschutz Baden-Württemberg (2005a): Arbeitshilfen <strong>für</strong> den<br />

Umgang mit Regenwasser in Siedlungsgebieten.<br />

LfU – Landesanstalt <strong>für</strong> Umweltschutz Baden-Württemberg (2005b): Leitfaden zur<br />

Abwasserbeseitigung im ländlichen Raum.<br />

LfU – Landesanstalt <strong>für</strong> Umweltschutz Baden-Württemberg (2006): Arbeitshilfen <strong>für</strong> den<br />

Umgang mit Regenwasser – Regenrückhaltung.<br />

LfU – Bayerisches Landesamt <strong>für</strong> Umwelt (2005): Abwasserentsorgung von Einzelanwesen.<br />

LfW – Bayerisches Landesamt <strong>für</strong> Wasserwirtschaft (1989): Personalbedarf auf kommunalen<br />

Kläranlagen, Merkblatt Nr. 4.7/2.<br />

LfW – Bayerisches Landesamt <strong>für</strong> Wasserwirtschaft (2001): Abwasserentsorgung im<br />

ländlichen Raum. Unterlagen zum Kolloquium am 14. Februar 2001.<br />

LUBW – Landesanstalt <strong>für</strong> Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg<br />

(2007): Fremdwasser in kommunalen Kläranlagen – Erkennen, bewerten und vermeiden.<br />

LUWG – Landesamt <strong>für</strong> Wasserwirtschaft Rheinland-Pfalz (1998): Leitfaden Flächenhafte<br />

Niederschlagswasserversickerung. <strong>Handlungsempfehlungen</strong> <strong>für</strong> Planer, Ingenieure,<br />

Architekten, Bauherren und Behörden.<br />

MU – Ministerium <strong>für</strong> Umwelt Rheinland-Pfalz (1993): Abwasserbeseitigung in Rheinland-<br />

Pfalz. Rundschreiben des Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt vom 08. Dezember 1993.<br />

MUF – Ministerium <strong>für</strong> Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz (1995): Hinweise zum Einsatz<br />

von Pflanzenkläranlagen <strong>für</strong> die biologische Behandlung von Abwasser, Rundschreiben<br />

des Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt und Forsten vom 31. Januar 1995.<br />

MUF – Ministerium <strong>für</strong> Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz (2000): Naturnaher Umgang mit<br />

Niederschlagswasser – Konzeption und ausgeführte Beispiele. Broschüre.<br />

MUF – Ministerium <strong>für</strong> Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz (2005): Dezentrale<br />

Abwasserbeseitigung über Kleinkläranlagen, Rundschreiben des Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt<br />

und Forsten vom 1. Februar 2005.<br />

176


MUFV – Ministerium <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz (2005):<br />

Gewässer in Rheinland-Pfalz. Die Bestandsaufnahme nach der Europäischen<br />

Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL).<br />

MUFV – Ministerium <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz (2007):<br />

Stand der Abwasserbeseitigung in Rheinland-Pfalz. Lagebericht 2006.<br />

MUFV – Ministerium <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz (2009a):<br />

Stand der Abwasserbeseitigung in Rheinland-Pfalz. Lagebericht 2008.<br />

MUFV – Ministerium <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz (2009b):<br />

Zusammenfassung der Beiträge des Landes Rheinland-Pfalz zum Bewirtschaftungsplan<br />

einschließlich des Maßnahmenprogramms <strong>für</strong> den internationalen Bewirtschaftungsplan<br />

Rhein. Bericht des Ministeriums <strong>für</strong> Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz.<br />

MUG – Ministerium <strong>für</strong> Umwelt und Gesundheit Rheinland-Pfalz (1989): Abwasserbeseitigung<br />

im ländlichen Raum. Leitlinien.<br />

MUNLV NRW – Ministerium <strong>für</strong> Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen (2004): Schmutzwasserbeseitigung im<br />

ländlichen Raum.<br />

Oelmann, M. (2006): Anhörung „Demographie und Infrastruktur“ des Parlamentarischen<br />

Beirats des Deutschen Bundestages <strong>für</strong> nachhaltige Entwicklung. Wissenschaftliches<br />

Institut <strong>für</strong> Infrastruktur und Kommunikationsdienste (wik) GmbH, Bad Honnef.<br />

Otto, U. (2000): Entwicklungen beim Einsatz von Kleinkläranlagen. Dissertation TH Aachen,<br />

Schriftenreihe GWA – Gewässerschutz – Wasser – Abwasser Bd. 175.<br />

Pinnekamp, J.; Köster, S.; Siekmann, M.; Staufer, P. (2008): Klimawandel und Siedlungswasserwirtschaft.<br />

41. Essener Tagung <strong>für</strong> Wasser- und Abfallwirtschaft; GWA –<br />

Gewässerschutz – Wasser – Abwasser Bd. 211.<br />

REFCOND (2003): Leitfaden zur Ableitung von Referenzbedingungen und zur Festlegung<br />

von Grenzen zwischen ökologischen Zustandsklassen <strong>für</strong> oberirdische Binnengewässer.<br />

Rechnungshof Rheinland-Pfalz (1998): Kommunalbericht 1998. http://www.rechnungshofrlp.de/Downloads/Download_Kommunalberichte/KB98.pdf.<br />

Reifenstuhl, R. (2007): Neue Klärschlammverordnung im Jahr 2007? Bundesumweltministerium<br />

stellt Eckpunkte vor – Stellungnahme der DWA. KA – Abwasser, Abfall (54)<br />

Nr. 3.<br />

177


Schaum, C. (2007): Verfahren <strong>für</strong> <strong>eine</strong> zukünftige Klärschlammbehandlung – Klärschlammkonditionierung<br />

und Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlammasche. Dissertation<br />

TU Darmstadt, Schriftenreihe WAR Bd. 185.<br />

Schleypen, P. (2001): Private Einzel-/Gruppenlösungen oder gemeindliche Lösungen aus<br />

Sicht des Gewässerschutzes. In: Abwasserentsorgung im ländlichen Raum. Unterlagen<br />

zum Kolloquium am 14.02.2001, Bayerisches Landesamt <strong>für</strong> Wasserwirtschaft.<br />

Schmelz, K.-G. (2007): Auswirkungen von Hygieneanforderungen auf die Kosten und die<br />

Wege der Klärschlammentsorgung. KA – Abwasser, Abfall (54) Nr. 10.<br />

Schmitt, T.G.; Hansen, J.; Simon, J.; Kaufmann, I. (2005): Projekt EPIKUR: Erprobung und<br />

Entwicklung <strong>eine</strong>s integrierten Abwassermanagementsystems zur Kosten- und<br />

Emissionsreduzierung. Abschlussbericht.<br />

Schmitt, T.G. (2006): Zeitgemäßer Umgang mit Regenwasser – dezentrale und zentrale<br />

Maßnahmen. 1. Aachener Kongress „Dezentrale Infrastruktur, Wasser - Energie, Abfall“<br />

am 17. und 18.10.2006.<br />

Schmitt, T.G.; Illgen, M.; Kaufmann, I. (2006a): Klimawandel – Konsequenzen <strong>für</strong> die<br />

Siedlungsentwässerung? DWA-Expertengespräch in Hennef. KA – Abwasser, Abfall (53)<br />

Nr. 8.<br />

Schmitt, T.G.; Welker, A.; Thiede, P. (2006b): Entwicklung <strong>eine</strong>r Methodik <strong>für</strong> die Ableitung<br />

von wissenschaftlich fundierten Vorschlägen <strong>für</strong> ökologisch wirksame Maßnahmen im<br />

Bereich von Phosphoreinträgen aus der Siedlungsentwässerung in die Oberflächengewässer<br />

unter Berücksichtigung des Kostenfaktors. Beispielstudie Isenach. Teilprojekt I.<br />

Studie im Auftrag des MUFV RLP (unveröffentlicht).<br />

Schmitt, T.G., Welker, A., Steinbrück, C., Dierschke, M. (2007): Perspektiven <strong>eine</strong>r zukunftsfähigen<br />

Klärschlammentsorgung in Rheinland-Pfalz. Studie im Auftrag des MUFV RLP.<br />

Schmitt, T.G.; Hansen, J.; Knerr, H.; Hönerloh, A. (2008a): Implementierung <strong>eine</strong>s<br />

nachhaltigen Wasserwirtschaftssystems auf dem Umweltcampus Birkenfeld. Potenziale<br />

<strong>für</strong> nachhaltige Abwasserentsorgungskonzepte und Beschreibung möglicher Auswirkungen<br />

auf bestehende Systeme in Rheinland-Pfalz. Studie im Auftrag des MUFV<br />

RLP (Schlussbericht, unveröffentlicht).<br />

Schmitt, T.G.; Welker, A.; Dierschke, M.; Steinbrück, C.: (2008b): Entwicklung wissenschaftlich<br />

fundierter Vorschläge (Leitfaden) zur Aufstellung von Maßnahmeprogrammen<br />

bzw. -kombinationen unter Berücksichtigung der ökologischen Wirksamkeit sowie der<br />

ökonomischen Effizienz. Studie im Auftrag des MUFV RLP (unveröffentlicht).<br />

178


Schmitt, T.G.; Hansen, J.; Simon, J. (2009): Umsetzung <strong>eine</strong>s integrierten Betriebs von<br />

Kanalnetz und Kläranlage zur Kosten- und Emissionsminderung in Rheinland-Pfalz<br />

(Schlussbericht, unveröffentlicht).<br />

Scholz, B. (2000): Entkeimung von Abwässern <strong>für</strong> Bewässerungszwecke. Umwelt-Handbuch.<br />

Bundesministerium <strong>für</strong> wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Hrsg.).<br />

Schreiber, W. (2006): Benchmarking Wasserwirtschaft Rheinland-Pfalz. Kennzahlenvergleich<br />

der kommunalen Unternehmen der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung.<br />

Öffentlicher Bericht <strong>für</strong> das Projektjahr 2005. Ministerium <strong>für</strong> Umwelt,<br />

Forsten und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz (Hrsg.).<br />

Siegrist, H.; Joss A. (2004): Mikro- und Ultrafiltration. In: Verfahrenstechnik der Abwasserreinigung.<br />

Institut <strong>für</strong> Hydromechanik und Wasserwirtschaft EAWAG, ETH Zürich;<br />

http://www.vsa.ch/uploads/media/EAWAG.pdf.<br />

Statistisches Bundesamt (2006a): Datenreport 2006. Zahlen und Fakten über die Bundesrepublik<br />

Deutschland.<br />

Statistisches Bundesamt (2006b): Öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung<br />

2004. Fachserie 19, Reihe 2.1.<br />

Statistisches Bundesamt (2006c): Bevölkerung Deutschlands bis 2050 – 11. koordinierte<br />

Bevölkerungsvorausberechnung.<br />

Statistisches Landesamt Baden-Württemberg (abgerufen 2007): Bundesländervergleich.<br />

http://www.statistik-bw.de.<br />

Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz (2002): Rheinland-Pfalz 2050 – I. Bevölkerungsentwicklung<br />

und -struktur.<br />

Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz (2004): Rheinland-Pfalz 2050 – II. Auswirkungen<br />

der demographischen Entwicklung.<br />

Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz (2005): Bevölkerungsfortschreibung 2005.<br />

Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz (2006a): Statistische Berichte – Bevölkerung der<br />

Gemeinden am 31.12.2005.<br />

Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz (2006b): Öffentliche Abwasserbeseitigung 2004.<br />

Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz (2006c): Private Haushalte ohne Anschluss an die<br />

öffentliche Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung 2004; Statistische Berichte<br />

2006.<br />

179


Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz (2007): Rheinland-Pfalz 2050. Zweite regionalisierte<br />

Bevölkerungsvorausberechnung.<br />

UBA – Umweltbundesamt (2005): Versickerung und Nutzung von Regenwasser – Vorteile,<br />

Risiken, Anforderungen.<br />

UBA – Umweltbundesamt (2006): Data on the Environment 2005 – The State of the<br />

Environment in Germany. Chapter VI – Water Quality, Dessau, S. 141.<br />

http://www.umweltbundesamt.de.<br />

UBA – Umweltbundesamt (2007): Umweltdaten Deutschland. Umweltindikatoren. Ausgabe<br />

2007. http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3435.pdf.<br />

UBA – Umweltbundesamt (2008a): Kläranlagen leisten <strong>eine</strong>n Beitrag zum Klimaschutz.<br />

Presse-Information 004/2008, http://www.umweltbundesamt.de/uba-info-presse/2008/pd08-004.htm.<br />

UBA – Umweltbundesamt (abgerufen 2008b): Umweltgesetzbuch - Teil Wasser, http://www.umweltbundesamt.de/wasser/themen/gewschr/ugb-wasser.htm.<br />

VSA – Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (1995): Kleinkläranlagen<br />

– Richtlinie <strong>für</strong> den Einsatz, die Auswahl und die Bemessung von Kleinkläranlagen<br />

VSA – Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (2005): Leitfaden<br />

Abwasser im ländlichen Raum.<br />

Weiterbildendes Studium Wasser und Umwelt (2007): Siedlungswasserwirtschaft im<br />

ländlichen Raum – Teil Abwasserentsorgung. Bauhaus-Universität Weimar.<br />

Welker, A. (2005): Schadstoffströme im urbanen Wasserkreislauf – Aufkommen und<br />

Verteilung, insbesondere in den Abwasserentsorgungssystemen. Habilitationsschrift,<br />

Schriftenreihe des FG Siedlungswasserwirtschaft, TU Kaiserslautern, Band 20.<br />

Welker, A. (2006): Emissionen von Schadstoffen aus den Abwasserentsorgungssystemen<br />

vor dem Hintergrund der EG-WRRL. Fachtagung “siwawi 2030 – Themen und Lösungsansätze<br />

<strong>für</strong> die nächsten 25 Jahre”, Schriftenreihe des FG Siedlungswasserwirtschaft,<br />

TU Kaiserslautern, Band 25.<br />

Werker, H., Alt, K., Neuhaus, J. (2010): Dezentrale Niederschlagswasserbehandlungsanlagen<br />

in Trennsystemen. In: 43. Essener Tagung, 17.-19. März 2010.<br />

WHG (2002): Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushaltes (Wasserhaushaltsgesetz – WHG)<br />

vom 19.08.2002<br />

180


Wiki WRRL-NRW (abgerufen 2008): Dokumentationsplattform zur Begleitung der Umsetzung<br />

der EU-Wasserrahmenrichtlinie in NRW, http://www2.hydrotec.de/wrrl-nrw/wiki/index-<br />

.php/Ma%C3%9Fnahmen/I1.0.<br />

Zettl, U. (2001): Einsatz der dynamischen Simulation als Bemessungshilfe <strong>für</strong> Kläranlagen in<br />

Weinbaugemeinden. Dissertation TU Kaiserslautern; Schriftenreihe des FG Siedlungswasserwirtschaft,<br />

TU Kaiserslautern, Band 13.<br />

181


Anhang<br />

Tab. 1: Verteilung der Kläranlagen in Rheinland-Pfalz auf verschiedene Größenklassen<br />

nach Anzahl der Anlagen [Quelle: Datenabfrage LUWG 2007]<br />

182<br />

Anzahl der Anlagen<br />

Ausbaugröße KL NW MZ TR MT KO RLP<br />

< 1.000 EW 24 8 1 121 40 56 250<br />

1.000-5.000 EW 50 22 6 75 68 54 275<br />

5.001-10.000 EW 6 13 4 12 17 21 73<br />

10.001-100.000 EW 20 29 14 23 23 31 140<br />

> 100.000 EW 1 2 3 1 0 3 10<br />

Gesamt 101 74 28 232 148 165 748<br />

Tab. 2: Verteilung der Kläranlagen in Rheinland-Pfalz auf verschiedene Größenklassen<br />

nach Ausbaukapazität [Quelle: Datenabfrage LUWG 2007]<br />

Ausbaukapazität<br />

Ausbaugröße KL NW MZ TR MT KO RLP<br />

< 1.000 EW 14.442 4.440 50 45.964 17.115 26.513 108.524<br />

1.000-5.000 EW 108.700 67.250 20.099 174.120 171.765 137.404 679.338<br />

5.001-10.000 EW 45.500 101.693 30.650 77.460 124.100 162.699 542.102<br />

10.001-100.000 EW 523.900 913.091 354.900 555.003 689.350 774.200 3.810.444<br />

> 100.000 EW 210.000 420.000 690.000 170.000 0 545.000 2.035.000<br />

Gesamt 902.542 1.506.474 1.095.699 1.022.547 1.002.330 1.645.816 7.175.408


Tab. 3: Verteilung der Kläranlagen in Rheinland-Pfalz auf verschiedene Verfahren nach<br />

Anzahl der Anlagen [Quelle: Datenabfrage LUWG 2007]<br />

Anzahl der Anlagen<br />

Verfahren KL NW MZ TR MT KO RLP<br />

Durchlaufanlagen 63 67 25 154 90 121 520<br />

SBR-Anlagen 0 1 0 5 5 3 14<br />

Tropfkörperanlagen 27 2 0 6 2 21 58<br />

Tauchkörperanlagen 2 0 0 11 1 6 20<br />

Abwasserteiche 3 3 2 35 42 9 94<br />

Pflanzenkläranlagen 6 1 1 13 8 5 34<br />

Mechanische Anlagen 0 0 0 8 0 0 8<br />

Gesamt 101 74 28 232 148 165 748<br />

Tab. 4: Verteilung der Kläranlagen in Rheinland-Pfalz auf verschiedene Verfahren nach<br />

Ausbaukapazität [Quelle: Datenabfrage LUWG 2007]<br />

Ausbaukapazität<br />

Verfahren KL NW MZ TR MT KO RLP<br />

Durchlaufanlagen 827.750 1.496.841 1.088.650 963.722 899.730 1.512.016 6.788.709<br />

SBR-Anlagen 0 5.993 0 810 8.820 43.250 58.873<br />

Tropfkörperanlagen 68.700 1.300 0 9.290 9.200 78.880 167.370<br />

Tauchkörperanlagen 500 0 0 7.995 3.000 3.380 14.875<br />

Abwasserteiche 2.520 2.200 6.999 34.105 80.760 7.140 133.724<br />

Pflanzenkläranlagen 3.072 140 50 3.335 820 1.150 8.567<br />

Mechanische Anlagen 0 0 0 3.290 0 0 3.290<br />

Gesamt 902.542 1.506.474 1.095.699 1.022.547 1.002.330 1.645.816 7.175.408<br />

183


184<br />

Prozentuale Verteilung der Anlagen auf verschiedene Größenklassen<br />

nach Anzahl der Anlagen<br />

5,9%<br />

11,5%<br />

Regionalstelle Kaiserslautern<br />

19,8%<br />

50,0%<br />

1,0%<br />

49,5%<br />

Regionalstelle Mainz<br />

10,7%<br />

3,6%<br />

Regionalstelle Montabaur<br />

15,5%<br />

0%<br />

45,9%<br />

23,8%<br />

21,4%<br />

14,3%<br />

27,0%<br />

39,2%<br />

31,7%<br />

5,0%<br />

Regionalstelle Neustadt<br />

2,7%<br />

17,6%<br />

10,8%<br />

Regionalstelle Trier<br />

9,6%<br />

0,4%<br />

Regionalstelle Koblenz<br />

< 1.000 EW 1.000-5.000 EW 5.001-10.000 EW 10.001-100.000 EW > 100.000 EW<br />

12,7%<br />

18,8%<br />

1,8%<br />

32,7%<br />

29,7%<br />

53,3%<br />

33,9%


Prozentuale Verteilung der Anlagen auf verschiedene Größenklassen<br />

nach Ausbaukapazität<br />

63,0%<br />

68,8%<br />

23,3%<br />

Regionalstelle Kaiserslautern<br />

1,6%<br />

58,0%<br />

Regionalstelle Mainz<br />

0%<br />

1,8%<br />

2,8%<br />

12,0%<br />

Regionalstelle Montabaur<br />

0%<br />

1,7%<br />

17,1%<br />

5,0%<br />

32,4%<br />

12,4%<br />

27,9%<br />

Regionalstelle Neustadt<br />

16,6%<br />

0,3%<br />

4,5%<br />

Regionalstelle Trier<br />

54,3%<br />

4,5%<br />

6,8%<br />

Regionalstelle Koblenz<br />

< 1.000 EW 1.000-5.000 EW 5.001-10.000 EW 10.001-100.000 EW > 100.000 EW<br />

33,1%<br />

1,6%<br />

8,3%<br />

60,6%<br />

47,0%<br />

17,0%<br />

9,9%<br />

7,6%<br />

185


186<br />

26,7%<br />

29,1%<br />

0,7%<br />

1,4%<br />

2,0%<br />

3,4%<br />

Prozentuale Verteilung der Anlagen auf verschiedene Verfahren<br />

nach Anzahl der Anlagen<br />

3,0% 5,9%<br />

7,1% 3,6%<br />

5,4%<br />

89,3%<br />

62,4%<br />

Regionalstelle Kaiserslautern<br />

60,1%<br />

Regionalstelle Mainz<br />

Regionalstelle Montabaur<br />

15,1%<br />

4,7%<br />

2,6%<br />

2,2%<br />

13,3%<br />

1,8%<br />

2,7%<br />

1,4%<br />

3,0%<br />

4,1%<br />

1,4%<br />

5,6% 3,4%<br />

5,5%<br />

3,0%<br />

90,5%<br />

66,4%<br />

73,3%<br />

Regionalstelle Neustadt<br />

Regionalstelle Trier<br />

Regionalstelle Koblenz<br />

BB-D-Anlagen SBR-Anlagen Tropfkörperanlagen Tauchkörperanlagen<br />

Abwasserteiche Pflanzenkläranlagen Mechanische Anlagen


Prozentuale Verteilung der Anlagen auf verschiedene Verfahren<br />

nach Ausbaukapazität<br />

0,3%<br />

0,9%<br />

0,9%<br />

7,6%<br />

8,1%<br />

0,3%<br />

0,3%<br />

0,1%<br />

0,6% 0,0%<br />

99,4%<br />

0,1%<br />

91,7%<br />

89,8%<br />

Regionalstelle Kaiserslautern<br />

Regionalstelle Mainz<br />

Regionalstelle Montabaur<br />

0,8%<br />

0,9%<br />

0,1%<br />

3,3%<br />

0,1%<br />

0,1%<br />

0,4%<br />

0,3%<br />

99,4%<br />

0,0%<br />

94,2%<br />

Regionalstelle Neustadt<br />

Regionalstelle Trier<br />

Regionalstelle Koblenz<br />

BB-D-Anlagen SBR-Anlagen Tropfkörperanlagen Tauchkörperanlagen<br />

Abwasserteiche Pflanzenkläranlagen Mechanische Anlagen<br />

2,6%<br />

4,8%<br />

0,4%<br />

0,2%<br />

0,1%<br />

91,9%<br />

187

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