Taxi Times DACH - September 2017
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SEPTEMBER <strong>2017</strong> 4,80 €<br />
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D – A – CH<br />
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24/7<br />
TARIFPFLICHT<br />
BETRIEBSPFLICHT<br />
BEFÖRDERUNGSPFLICHT<br />
ORTSKUNDE<br />
TAXIREGELN NACH DER WAHL<br />
WOCHEN DER WAHRHEIT<br />
<strong>Taxi</strong>konferenz in Wien<br />
DIE LIBERALE<br />
GEFAHR IN EUROPA<br />
Tarifdiskussion in Bremen<br />
FRAUEN-NACHT-TAXI UND<br />
WINKER-TARIF<br />
Diesel-Diskussion in Deutschland<br />
UMWELTPRÄMIEN<br />
UND LISTEN
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INHALT<br />
WAHL NACH<br />
DEM LETZTEN<br />
SATZ<br />
Es folgen die Wochen der<br />
Wahrheit. Die Bundestagswahl<br />
ist gelaufen.<br />
Wenn Sie diese Ausgabe<br />
in den Händen halten,<br />
wissen Sie, wer das Rennen<br />
gemacht hat. Als wir<br />
den letzten Satz formuliert hatten und die Druckdatei in<br />
die treuen Hände unserer Druckerei gegeben haben, war<br />
der 24. <strong>September</strong> noch ein Tag in der Zukunft. Über ein<br />
Ergebnis der Wahl konnten wir in dieser Ausgabe also<br />
nicht mehr berichten. Welche Folgen diese Wahl für die<br />
Zukunft des <strong>Taxi</strong>gewerbes unabhängig vom Ausgang<br />
haben kann, zeigen wir Ihnen ab Seite 4.<br />
Ganz egal, wer nun in den nächsten vier Jahren<br />
Deutschland regieren wird. Die Änderung des Personenbeförderungsgesetzes<br />
(PBefG) wird auf der To-do-Liste<br />
ziemlich weit oben stehen. Was nicht zwangsläufig heißen<br />
wird, dass es zur Chefsache der stärksten Partei werden<br />
wird. Vielleicht verkümmert die geforderte digitale<br />
Anpassung des PBefG tatsächlich zum Sandkastenspiel<br />
innerhalb der nächsten Koalitionsvereinbarungen. Dann<br />
hätte BZP-Präsident Michael Müller mit seiner Theorie<br />
recht behalten, dass man solche Themen lieber den kleinen<br />
Parteien überlässt.<br />
Wir dürfen nicht zulassen, dass Bundespolitiker wider<br />
besseren Wissens (oder weil sie es tatsächlich nicht besser<br />
wissen?) dem <strong>Taxi</strong> als Teil des öffentlichen Personenverkehrs<br />
die Existenzgrundlage entziehen. Es geht<br />
nämlich nicht darum, denjenigen Tür und Tor zu öffnen,<br />
die am lautesten und einflussreichsten die beste digitale<br />
Technik zu haben glauben.<br />
Es geht darum, dass Mobilität mit dem <strong>Taxi</strong>, ob in der<br />
Stadt oder auf dem Land, immer eine verlässliche, bezahlbare<br />
und sichere Säule unserer Gesellschaft bleibt.<br />
Diese sozialpolitisch so wichtige Säule durch eine<br />
kluge und lobbyfreie Gesetzgebung zu bewahren, ist eine<br />
Herkulesaufgabe. Mal sehen, wer in den nächsten Wochen<br />
der Wahrheit die politische Weitsicht an den Tag legt, die<br />
dafür notwendig ist.<br />
INHALT<br />
WAHL IN DEUTSCHLAND<br />
5 Was Parteien demnächst beim <strong>Taxi</strong> ändern wollen<br />
8 Das <strong>Taxi</strong>-Gutachten der Grünen<br />
TAXIZENTRALEN<br />
11 Share-<strong>Taxi</strong>: Wer führt Regie?<br />
12 Kongress in Wien: Die liberale Gefahr<br />
14 taxi.eu-Payment: Die globale Abrechnung<br />
ZU BESUCH IN BREMEN<br />
16 (<strong>Taxi</strong>-)Fakten zur Werder-Hansestadt<br />
17 <strong>Taxi</strong>verleih: Neustart mit bekannter Hotline<br />
18 Frauen-Nacht-<strong>Taxi</strong> und Winker-Tarif:<br />
Ein emotionaler Antrag<br />
Kundenservice<br />
20 Digitales Entertainment: Unterhaltung im <strong>Taxi</strong><br />
ANTRIEB + INTERNATIONAL<br />
23 Funkeinbau: Nur noch anstecken<br />
24 Umweltprämien: <strong>Taxi</strong>rabatte bei VW<br />
25 Schadstoffe: Umweltliste fast ohne <strong>Taxi</strong>s<br />
26 Elektro-<strong>Taxi</strong>: Das grüne London-Cab<br />
28 Uber wirkt: US-<strong>Taxi</strong>betriebe in der Schuldenfalle<br />
GASTKOMMENTARE<br />
32 Versicherungsärger: Kosten der <strong>Taxi</strong>-Umrüstung<br />
33 Versorgungsengpass: Alles Plauen, oder was?<br />
34 Impressum<br />
Berlin<br />
KFZ-Teile Discount<br />
für <strong>Taxi</strong>betriebe<br />
FOTO: Intax MONTAGE: Raufeld Medien<br />
Jürgen Hartmann<br />
(Chefredakteur)<br />
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TAXI SEPTEMBER / <strong>2017</strong><br />
3
WAHL IN DEUTSCHLAND<br />
NEWSTICKER<br />
SPD WILL ANPASSUNG AN<br />
DIE DIGITALE REALITÄT<br />
Das Gutachten des wissenschaftlichen Beirats<br />
des Bundesverkehrsministeriums, in<br />
dem die Freigabe der <strong>Taxi</strong>preise gefordert<br />
wird, wird von der SPD-Bundestagsfraktion<br />
„äußerst kritisch“ gesehen. In einem<br />
Schreiben an den BZP vom Juni <strong>2017</strong> wird<br />
beanstandet, dass mit der Aufhebung der<br />
<strong>Taxi</strong>tarife automatisch auch eine Aufhebung<br />
der Beförderungspflicht impliziert sei.<br />
Allerdings gibt auch die SPD in diesem<br />
Schreiben klar zu erkennen, dass das Personenbeförderungsgesetz<br />
an die digitale<br />
Realität angepasst werden sollte. jh<br />
AUSSTIEG AUS<br />
DER ÄRA DES<br />
VERBRENNERMOTORS<br />
Wie lange dürfen <strong>Taxi</strong>unternehmer noch<br />
einen Diesel fahren? Die Diskussion darüber,<br />
ob und wann ein staatliches Zulassungsverbot<br />
von Verbrennermotoren per<br />
Gesetz verabschiedet wird, verlief während<br />
des Wahlkampfes nur sehr zaghaft. Die<br />
Grünen können sich nicht so recht einig<br />
werden. Cem Özdemir forderte ein Verbot<br />
ab 2030, aber Winfried Kretschmann, der<br />
grüne Ministerpräsident aus dem Autobauerländle<br />
laviert. Selbst Markus Söder<br />
von der CSU überholte die Grünen auf der<br />
linken Spur und schlug 2020 vor – dann<br />
ruderte die CSU zurück, denn auch in<br />
Bayern verdient man gut am Verbrennungsmotor.<br />
Die rund 800 000 Arbeitsplätze der<br />
heimischen Automobilindustrie hatte wohl<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel im Blick,<br />
als sie sich sowohl von einem Verbot von<br />
Verbren nungsmotoren wie auch von einer<br />
Quote für Elektro autos verabschiedete.<br />
Dennoch erwarte sie einen exponentiellen<br />
Anstieg moderner Antriebs formen und<br />
hoffe, dass die deutsche Autoindustrie nicht<br />
den Anschluss an asiatische Märkte verlöre.<br />
<br />
prh<br />
Beeindruckende Einigkeit: Mit rund 2 000 Berliner <strong>Taxi</strong>s demonstrierte<br />
das Berliner <strong>Taxi</strong>gewerbe gegen geplante Änderungen des PBefG.<br />
TAXI-DEMO SETZT<br />
EIN ERSTES SIGNAL<br />
Mit einer Sternfahrt zum Brandenburger Tor haben rund 2 000 Berliner<br />
<strong>Taxi</strong>fahrer elf Tage vor der Bundestagswahl gegen allzu radi kale<br />
Änderungen des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) demonstriert.<br />
„Die Vorschläge der einzelnen Parteien reichen von moderater<br />
Anpassung bis zur völligen Deregulierung“, warnt das Berliner <strong>Taxi</strong>gremium<br />
in einer Presseerklärung. Gerade Letzteres führe aber zu<br />
fatalen Auswirkungen für die Verbraucher.<br />
Während der Abschlusskundgebung hoben Leszek Nadolski von<br />
der Berliner <strong>Taxi</strong>-Innung und Ertan Ucar von <strong>Taxi</strong> Deutschland<br />
Berlin e. V. die Verlässlichkeit der <strong>Taxi</strong>s hervor, die zu jeder Uhrzeit<br />
zu gesetzlich definierten Fahrpreisen die Mobilität überall in Deutschland<br />
sichern. Hermann Waldner, Vizepräsident des BZP, kritisierte<br />
die von der Politik handstreichartig vorgenommene Abschaffung der<br />
Ortskundeprüfung für Mietwagen. Auf einen „Wettbewerb der Nullqualifikation“<br />
wolle man sich nicht einlassen.<br />
Ertan Ucar bedankte sich bei den 2000 Berliner <strong>Taxi</strong>unternehmern<br />
und -fahrern für deren Teilnahme an der Demonstration. „Berliner<br />
<strong>Taxi</strong>fahrer haben mit der Demo heute ein erstes Signal an die Politiker<br />
im Bundestag gesendet. Wenn Sie uns nicht hören, dann sind wir<br />
einmal pro Monat auf der Straße. Wenn das auch nicht reicht, sind<br />
wir einmal pro Woche auf der Straße. Und wenn das auch nicht reicht,<br />
sind wir jeden Tag auf der Straße.“<br />
jh<br />
Die Regionalausgabe <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> Berlin wird in ihrer Oktober-Ausgabe<br />
ausführlich über die <strong>Taxi</strong>-Demo berichten.<br />
BUNDESREGIERUNG PLANT<br />
GLEICHE WETTBEWERBS-<br />
BEDINGUNGEN<br />
Die bisherige Bundesregierung aus CDU und SPD hat im Juli <strong>2017</strong> zum<br />
Bericht der Monopolkommission aus dem Jahr 2016 Stellung bezogen.<br />
Die Kommission hatte sich darin für eine Reform des Personenbeförderungsgesetzes<br />
(PBefG) und gegen ein Verbot oder zu restriktive<br />
Beschränkungen von neuen Diensten ausgesprochen. Die Bundesregierung<br />
merkte dazu an, dass es aus wettbewerblicher Sicht wichtig<br />
sei, Wettbewerbsverzerrungen zwischen traditionellen und neuen<br />
Anbietern aufgrund asymmetrischer Regulierung zu vermeiden.<br />
Ziel einer Überprüfung des bestehenden Regulierungsrahmens<br />
sollte es sein, „ein Level-Playing-Field zwischen traditionellen Anbietern<br />
und neuen Diensten der Sharing Economy zu schaffen“. Und<br />
weiter: „Dabei kann es auch geboten sein, die neuen Dienste bestehender<br />
notwendiger Regulierung zu unterwerfen, etwa in Bezug auf<br />
qualitative Mindestanforderungen oder Sicherheitsvorschriften.“ jh<br />
FOTOS: Fotolia / Fotohansel, Wilfried Hochfeld<br />
4<br />
SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
WAHL IN DEUTSCHLAND<br />
WOCHEN DER<br />
WAHRHEIT<br />
Wie positioniert sich eine neue<br />
Bundesregierung bei der angekündigten<br />
Änderung des Personenbeförderungsgesetzes?<br />
Der Verbraucherschutz<br />
muss auf jeden Fall erhalten werden.<br />
FOTO: commons.wikimedia / <strong>Times</strong><br />
Die kontinuierliche Lobbyarbeit<br />
von Uber, Clever Shuttle & Co<br />
zeigt Wirkung. Parteiübergreifend<br />
las sen sämtliche Volksparteien keinen<br />
Zweifel daran, dass eine Veränderung des<br />
PBefG auf der politischen To-do-Liste der<br />
nächsten Legislaturperiode ziemlich weit<br />
oben steht. Unter den Stichwörten „Digitalisierung“<br />
und „Level Playing Field“ sollen<br />
Regula rien so umgestaltet werden, dass im<br />
Bereich der Personenbeförderung künftig<br />
auch alle fremdkapitalfinanzierten Anbieter<br />
mitspielen können. Nach dem Prinzip<br />
der für alle geltenden gleichen Wettbewerbsbedingungen.<br />
Diese Forderung kam zu Beginn der<br />
Diskussionen vor allen von den Uber<br />
Verantwortlichen. Inzwischen hört man sie<br />
auch aus dem Munde vieler Gewerbevertreter<br />
aus der <strong>Taxi</strong>branche. Dabei geht es<br />
längst nicht mehr um die Frage, ob eine<br />
Änderung des PBefG nötig ist, sondern in<br />
welchen Punkten sie nötig ist. Schadensbegrenzung<br />
aus Sicht das <strong>Taxi</strong>gewerbes,<br />
Schadensbegrenzung aber auch für den<br />
Fahrgast, denn das PBefG ist ein Verbraucherschutzgesetz.<br />
Genau das kann man gar<br />
nicht oft genug wiederholen. Es geht um<br />
Preissicherheit und 24/7-Verfügbarkeit für<br />
den Fahrgast. Das muss jedem Politiker, der<br />
sich mit der Personenbeförderung beschäftigt,<br />
mantramäßig ins Bewusstsein geimpft<br />
werden. Vor allen Dingen bei denen, die<br />
aus parteiideolgischen Gründen am liebsten<br />
eine Deregulierung wollen.<br />
DIE DREI SÄULEN<br />
Der BZP hat die fünf Parteien CDU/CSU,<br />
SPD, Grüne, Linke und FDP vor der Wahl<br />
mit sechs Fragen zum <strong>Taxi</strong>gewerbe konfrontiert.<br />
Deren Antworten (Auszüge daraus<br />
auf Seite 6 bis 7) wirken auf den ersten<br />
Blick wie die große Einigkeit. Ja, alle wollen<br />
an der Tarif-, Beförderungs- und<br />
Betriebspflicht, den drei Säulen des PBefG,<br />
festhalten. Ja, alle wollen die klare Trennung<br />
zwischen <strong>Taxi</strong>- und Mietwagengewerbe<br />
erhalten. Und ja, es wollen sich auch<br />
alle Parteien für die Einführung von Entgeltgrenzen<br />
für Mitfahrgelegenheiten<br />
einsetzen.<br />
Das klingt alles nach der großen Einigkeit<br />
und als müsste man sich keine Sorgen<br />
um den Verbraucherschutz machen. Doch<br />
bei genauerer Lektüre der Antworten wird<br />
schnell klar, wer sich als Wolf im Schafspelz<br />
gibt. Alle Parteien geben sehr deutlich<br />
zu erkennen, dass eine Änderung des<br />
PBefG nötig sein wird. Und bei der FDP<br />
dürfte sie besonders deregulierend und<br />
wohlwollend für Uber ausfallen.<br />
Nicht zuletzt deshalb bezeichnet BZP-<br />
Präsident Michael Müller eine künftige<br />
Koalition zwischen CDU und FDP als „worst<br />
case“, die aus <strong>Taxi</strong>sicht schlechteste aller<br />
möglichen politischen Verbindungen.<br />
Müller befürchtet, dass in Koalitionsvereinbarungen<br />
zwischen diesen Parteien hinsichtlich<br />
neuer <strong>Taxi</strong>regularien eher die<br />
Vorstellungen des kleinen Partners auftauchen<br />
werden. Die CDU werde ihre Vorstellungen<br />
bei den großen Themen Finanzen,<br />
Sicherheit und Flüchtlingspolitik durchsetzen.<br />
„Der kleine Koalitionspartner kann<br />
sich bei den kleinen Themen im Sandkasten<br />
austoben“, sagte Müller bei einer<br />
<strong>Taxi</strong>konferenz in Wien.<br />
Die nächsten Wochen der Wahrheit werden<br />
zeigen, wie und mit welcher Geschwindigkeit<br />
eine neue Bundesregierung den<br />
Stein einer PBefG-Novellierung ins Rollen<br />
bringt. Noch nie war es so wichtig, Augen<br />
und Ohren offen zu halten, um schnell und<br />
wirksam gegenzusteuern. <br />
jh<br />
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WAHL IN DEUTSCHLAND<br />
1. Wird Ihre<br />
Partei die<br />
klare Trennung<br />
zwischen <strong>Taxi</strong>und<br />
Mietwagenverkehr<br />
erhalten?<br />
CDU und CSU sprechen<br />
sich weiterhin für eine klare<br />
Abgrenzung zwischen <strong>Taxi</strong>s und<br />
Mietwagen aus.<br />
2. Wird sich Ihre<br />
Partei für die<br />
Einführung von<br />
Entgeltgrenzen<br />
für Mitfahrgelegenheiten<br />
einsetzen?<br />
Der BZP-Vorschlag einer rechtssicher<br />
definierten Abgrenzung<br />
von privatem Mitfahren und<br />
gewerblicher Beförderung durch<br />
fixe Entgeltgrenzen wird von uns<br />
unterstützt.<br />
LOGOS: CDU/CSU, SPD, FDP, Die Grünen, Die Linke<br />
Wir sehen derzeit auch weiterhin<br />
eine klare Trennung zwischen<br />
<strong>Taxi</strong>- und Mietwagenverkehr als<br />
geboten an. Die Rückkehrpflicht<br />
könnte aber zumindest modifiziert<br />
werden.<br />
Die Einführung einer Entgeltgrenze<br />
für Mitfahrgelegenheiten könnte<br />
durchaus zielführend sein und ist<br />
aus unserer Sicht zu prüfen.<br />
Ja. Wir sind für eine Koexistenz von<br />
<strong>Taxi</strong>- und Mietwagen gewerbe.<br />
Die teilweise geforderte Abschaffung<br />
der Rückkehrpflicht wird<br />
aus bestimmten Kreisen als<br />
„Konkurrenzvermeidungsklausel“<br />
diskreditiert. Allerdings ist dies<br />
die entscheidende Regelung zur<br />
Abgrenzung beider Gewerbezweige.<br />
Würde sie abgeschafft,<br />
könnte der Mietwagenbetreiber<br />
praktisch wie ein <strong>Taxi</strong> unterwegs<br />
sein, ohne dass er der Betriebs-,<br />
Beförderungs- und Tarifpflicht<br />
unterliegt. Denkbar wäre aber eine<br />
Modifizierung der Rückkehrpflicht.<br />
Entgeltgrenzen für Mitfahrgelegenheiten<br />
gibt es schon heute.<br />
Rein private Mitfahr gelegenheiten<br />
sehen wir nicht als Konkurrenz<br />
zum <strong>Taxi</strong>. Wer privat eine Mitfahrgelegenheit<br />
anbietet, sollte ein<br />
Entgelt bekommen können,<br />
das sich an den tatsächlich<br />
entstan denen Kosten der Fahrt<br />
orientiert. Gewinnerzielung bleibt<br />
ausgeschlossen.<br />
Die nach dem Personenbeförderungsgesetz<br />
zulässige „Gefälligkeitsmitnahme“<br />
muss von der<br />
„gewerblichen Personenbeförderung“<br />
eindeutig abgegrenzt<br />
werden. Es fehlt also eine bundeseinheitliche<br />
Lösung. Diese kann<br />
das Bundesverkehrsministerium<br />
als Verordnungsgeber schnell<br />
schaffen, indem es die maximal<br />
zulässigen Erlöse in Cent je Kilometer<br />
festlegt. Als Bemessungsgrundlage<br />
sind die Betriebskosten<br />
und deren Entwicklung (zyklische<br />
Überprüfung) heranzuziehen.<br />
Weiterhin sollte der Bund in der<br />
notwendigen Verordnung regeln,<br />
dass die Anschaffungskosten der<br />
Fahrzeuge nicht berücksichtigt<br />
werden.<br />
Ja. Wir wollen die Trennung<br />
zwischen Mietwagen mit Fahrern<br />
und Taxen erhalten. Mietwagen mit<br />
Fahrern, die geringeren Anforderungen<br />
als Taxen unterliegen,<br />
können das flächendeckende<br />
Angebot mit Taxen untergraben,<br />
wenn sie zum „Rosinenpicken“<br />
führen und Taxen eine wichtige<br />
Einnahmequelle entginge. Anderen<br />
Möglichkeiten zur Abgrenzung als<br />
der Rückkehrpflicht zum Betriebssitz<br />
stehen wir offen gegenüber,<br />
weil diese aus Umweltsicht<br />
nachteilig ist.<br />
Ja. Wie die Erfahrungen mit<br />
Uber gezeigt haben, benötigt es<br />
dringendst einer klaren Abgrenzung<br />
zwischen dem gewerblichen<br />
Verkehr u. a. durch Taxen und dem<br />
nicht gewerblichen Mitnehmen<br />
bzw. dem Ride-Sharing. Dieses<br />
begrüßen wir durchaus, weil es die<br />
Umweltbelastungen des Straßenverkehrs<br />
mindert. Was aber nicht<br />
geht, sind angeblich gemeinwirtschaftlich<br />
sinnvolle Angebote, die<br />
die Konten von Großinvestoren<br />
füllen. Die Entgeltgrenzen für<br />
die Mitnahme müssen deswegen<br />
eindeutig geregelt werden und<br />
dabei muss verhindert werden,<br />
dass Fahrten nur für die Mitnahme<br />
angeboten werden, es also keine<br />
echte Mitnahme ist. Die zulässigen<br />
Sätze sind somit angesichts<br />
der Möglichkeit der Mitnahme<br />
mehrerer Personen also niedrig zu<br />
halten, 30 Cent pro Kilometer sind<br />
hierbei für uns das Maximum.<br />
6 SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
WAHL IN DEUTSCHLAND<br />
3. Wird Ihre<br />
Partei an<br />
Betriebspflicht,<br />
Beförderungspflicht<br />
und<br />
Tarifpflicht festhalten,<br />
um die<br />
Verlässlichkeit<br />
der Personenbeförderung<br />
zu<br />
erhalten?<br />
4. Was wird<br />
Ihre Partei<br />
tun, um die<br />
mittelstän disch<br />
organi sierte<br />
<strong>Taxi</strong>branche vor<br />
Preisdumping<br />
und unfairer<br />
Konkurrenz zu<br />
schützen?<br />
CDU und CSU werden an<br />
Betriebs-, Beförderungs- und<br />
Tarifpflicht des <strong>Taxi</strong>s festhalten.<br />
Auch bei einem modernisierten<br />
Rechtsrahmen für die Personenbeförderung<br />
muss der ÖPNV<br />
der Daseinsvorsorge gerecht<br />
werden, hier gehört das <strong>Taxi</strong><br />
zwingend dazu.<br />
Für CDU und CSU ist klar, dass<br />
gleiche Regeln für alle gelten<br />
müssen, die in der kommerziellen<br />
Personenbeförderung tätig sind.<br />
Deshalb wollen wir prüfen, welche<br />
gesetzlichen Regelungen ge -<br />
än dert werden müssen, um diese<br />
neuen Beförderungsmodelle<br />
zu ermöglichen, ohne den Wett -<br />
be werb zu verzerren. Wir sehen<br />
die Notwendigkeit, dass <strong>Taxi</strong> -<br />
angebote wesentlicher Bestandteil<br />
von inter netbasierten Mobilitäts -<br />
plattformen sein müssen,<br />
um attraktive verkehrs mittelübergreifende<br />
Mobi lität anbieten<br />
zu können.<br />
Der SPD ist die Verlässlichkeit<br />
wichtig. Ja, wir möchten diese drei<br />
Säulen auch weiterhin gewahrt<br />
wissen. <strong>Taxi</strong>s sind Teil des öffentlichen<br />
Personennahverkehrs und<br />
erfüllen damit einen Beitrag zur<br />
Daseinsvorsorge. Daher sehen wir<br />
auch das <strong>Taxi</strong>markt-Gutachten<br />
des Wissenschaftlichen Beirates<br />
des Bundesverkehrsministeriums<br />
kritisch, laut welchem mit einem<br />
flexiblen Preismechanismus auf<br />
Angebot- und Nachfrageschwankungen<br />
reagiert und die Preise<br />
entsprechend zeitnah angepasst<br />
werden sollen. Damit zielt der<br />
Beirat zudem auf die Aufhebung<br />
der Beförderungspflicht, was wir<br />
nicht gutheißen können.<br />
In vielen Branchen fordern sog.<br />
„Sharing-Plattformen“ etablierte<br />
Marktteilnehmer heraus. Die neuen<br />
Geschäftsmodelle müssen nicht<br />
unbedingt und immer als Gefahr<br />
für traditionelle Unternehmen<br />
gesehen werden. Jedoch zeigen<br />
sich insbesondere in Bezug auf<br />
sozialpolitische Fragestellungen<br />
eine Reihe von Risiken. Deshalb<br />
muss die Politik die richtigen<br />
Rahmenbedingungen setzen,<br />
damit die Share Economy möglichst<br />
vielen Menschen zugutekommt,<br />
ohne etablierte Branchen<br />
zu gefährden. Regelun gen, die<br />
dem Schutz des öffent lichen<br />
Interesses dienen, wie etwa<br />
dem Verbraucher-, Arbeits- und<br />
Gesundheitsschutz, müssen beachtet<br />
werden und im Interesse eines<br />
fairen Wettbewerbs genauso auf<br />
neue Anbieter übertragen werden.<br />
Ja. Im ÖPNV und somit auch im<br />
<strong>Taxi</strong>bereich soll es bei Betriebs-,<br />
Beförderungs- und Tarifpflicht<br />
bleiben. Das Personenbeförderungsrecht<br />
wollen wir aber für<br />
neue Beförderungskonzepte<br />
öffnen. Dabei müssen faire Wettbewerbsbedingungen<br />
für das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
gewährleistet werden.<br />
Wenn neue Marktakteure wie Uber<br />
etablierte Branchen wie das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
herausfordern, wollen wir<br />
fairen Wettbewerb herstellen. Das<br />
wollen wir durch die Befreiung des<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbes von bürokratischem<br />
Ballast und durch die Einführung<br />
sozialer Mindeststandards bei Uber<br />
erreichen. Unnötige Hürden, die<br />
einen Preis- und Qualitätswettbewerb<br />
zwischen den Angeboten<br />
verhindern, sollen schrittweise<br />
auslaufen. Wettbewerb funktioniert<br />
freilich nur auf der Basis<br />
fairer Regeln im Gewerbe- und<br />
Arbeitsrecht. Geltendes Recht<br />
muss auch durchgesetzt werden.<br />
Hierzu braucht es eine leistungsfähige<br />
Gewerbeaufsicht, von der<br />
auch die <strong>Taxi</strong>- und Mietwagenbranche<br />
profitiert.<br />
An das <strong>Taxi</strong> als elementarer<br />
Bestandteil des öffentlichen<br />
Verkehrs sind die Anforderungen<br />
der Betriebs-, Beförderungs- und<br />
Tarifpflicht anzulegen. Die Besonderheiten<br />
des <strong>Taxi</strong>markts machen<br />
eine Preisregulierung erforderlich,<br />
sodass eine Abschaffung der Tarifpflicht<br />
für uns nicht auf der Agenda<br />
steht. Bei der Betriebspflicht<br />
sucht der Fahrgast im ländlichen<br />
Raum den […] „Rund-um-die-<br />
Uhr-Service“ des <strong>Taxi</strong>verkehrs<br />
in Großstädten und Ballungsräumen<br />
vergebens. […] Wenn der<br />
<strong>Taxi</strong>verkehr in ländlichen Regionen<br />
wieder ein wichtiger Bestandteil<br />
der Alltagsmobilität werden<br />
soll, brauchen wir Lösungen zur<br />
Absicherung der Betriebspflicht.<br />
Eine Möglichkeit wäre die Ausschreibung<br />
„erweiterter Betriebspflichten“.<br />
Wir wollen, dass es im<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe auch künftig auskömmliche<br />
Beschäftigungsverhältnisse<br />
gibt. Einem weiteren<br />
Abwärtstrend bei Sozialstandards<br />
oder gar Sozialdumping wer den<br />
wir nicht den Weg bereiten. Bisher<br />
ist unklar, welche Potenziale Ride-<br />
Selling bietet und welche Folgen<br />
damit in Bezug auf das Mobilitätsverhalten,<br />
den Modal Split sowie<br />
andere öffentliche Interessen<br />
verbunden sind. Der Rechtsrahmen<br />
sollte also zunächst Experimente<br />
zulassen. Eine dauerhafte<br />
Zulassung neuer Angebote darf<br />
aber nur erfolgen, wenn negative<br />
Auswirkungen auf das öffentliche<br />
Verkehrsinteresse (z. B. Verkehrssicherheit,<br />
Flächenbedarf<br />
des ruhenden Verkehrs oder<br />
Klima- und Umweltverträglichkeit)<br />
ausgeschlossen werden bzw. diese<br />
durch Auflagen vermieden werden<br />
können.<br />
Ja. Betriebs- und Beförderungspflicht<br />
halten wir für zentral, um<br />
die flächendeckende Versorgung<br />
durch Taxen für alle zu gewährleisten.<br />
Würde es beispielsweise<br />
zulässig sein, sich auf bestimmte<br />
lukrative Strecken oder Fahr gäste<br />
zu konzentrieren, dann wäre dies<br />
gefährdet. Die Tarifpflicht bietet<br />
darüber hinaus allen <strong>Taxi</strong>unternehmern<br />
ein Mindestmaß an<br />
Einkommenssicherheit, verhindert<br />
Preisdumping zulasten kleiner<br />
Unternehmen und ermöglicht die<br />
Zahlung des Mindestlohns.<br />
Durch Digitalisierung und Automatisierung<br />
wird sich der Straßenverkehr<br />
erheblich wandeln, mit<br />
großen Chancen und Risiken. Es<br />
ist davon auszugehen, dass sich<br />
insbesondere durch Mitfahr-Apps<br />
die Grenzen zwischen öffentlichem<br />
und privatem Verkehr verwischen<br />
werden. Spätestens mit autonom<br />
fahrenden Fahrzeugen sind der<br />
Fantasie von Verkehrsangeboten<br />
kaum noch Grenzen gesetzt. Wir<br />
wollen den Wandel so gestalten,<br />
dass er sowohl eine bessere<br />
Mobilität ermöglicht, als auch die<br />
Umweltbelastungen des Verkehrs<br />
drastisch senkt, durch mehr öffentlichen<br />
Verkehr, durch mehr geteiltes<br />
Fahren. Was wir aber nicht<br />
wollen, sind Profite für Uber & Co.,<br />
die zum Niedergang des öffentlichen<br />
Verkehrs und der <strong>Taxi</strong>branche<br />
führen. Taxen spielen für uns auch<br />
in der Zukunft eine große Rolle, die<br />
Branche muss sich aber frühzeitig<br />
auf den Wandel einstellen.<br />
TAXI SEPTEMBER / <strong>2017</strong> 7
WAHL IN DEUTSCHLAND<br />
DIE GRÜNEN<br />
WOLLEN<br />
MOBILITÄT<br />
FÜR ALLE<br />
Alle Welt zerpflückt das PBefG nach Gutdünken. Die Grünen im<br />
Bundestag haben sich die Mühe gemacht zu schauen, was da drin steht,<br />
und was die vielfach geforderten Änderungen bewirken würden.<br />
Zu diesem Zweck hat der Grünen<br />
Bundestagsabgeordnete Stephan<br />
Kühn im Namen seiner Bundestagsfraktion<br />
ein Rechtsgutachten in Auftrag<br />
gegeben. Dieses Gutachten mit dem<br />
Titel „Reformbedarf PBefG – Rechtsrahmen<br />
für Mobilitätsangebote mit flexibler Bedienung<br />
unter besonderer Berücksichtigung<br />
des Bedarfs in Räumen und für Zeiten mit<br />
schwacher Nachfrage“ ist Anfang Juni<br />
einem kleinen Kreis von Experten vorgestellt<br />
worden und könnte in der kommenden<br />
Legislaturperiode die Basis für eine<br />
sachliche Diskussion über sinnvolle Verbesserungen<br />
des PBefG sein.<br />
STADT UND LAND FUNKTIO-<br />
NIEREN UNTERSCHIEDLICH<br />
Kühn witzelte, um das Personenbeförderungsrecht<br />
zu verstehen, bräuchte man ein<br />
abgeschlossenes Jurastudium. Dabei lässt<br />
sich dessen eigentlicher Zweck in einer<br />
Kernthese zusammenfassen: Das PBefG<br />
gewährleistet bezahlbare Mobilität für alle<br />
Stephan Kühn, Mitglied des Bundestags.<br />
als Daseinsvorsorge. Es dient dem Schutz<br />
der Verbraucher und nicht dem Schutz<br />
alteingesessener Verkehrsträger vor unliebsamer<br />
Konkurrenz, wie gerne behauptet<br />
wird. Wer öffentlichen Personen nah <br />
verkehr an jedem Ort, zu jeder Zeit, zu<br />
überschaubaren Preisen und somit als<br />
„Daseins vorsorge für alle“ haben will, muss<br />
»Auf der<br />
‚fernmündlichen‘<br />
Übermittlung von<br />
Fahraufträgen<br />
zu bestehen,<br />
ist antiquiert.«<br />
diesen Verkehr regulieren und darf ihn<br />
nicht nur den Kräften des Marktes überlassen.<br />
Mit explodierenden Preisen bei starker<br />
Nachfrage und gar keinem Angebot bei<br />
geringer Nachfrage kann keine sozial verträgliche<br />
Mobilität sichergestellt werden.<br />
In Ballungsräumen funktioniert der<br />
ÖPNV mit dem bestehenden PBefG ganz<br />
gut. Allenfalls muss bei einer eventuellen<br />
Reform geprüft werden, ob es intelligentere<br />
wirtschaftlichere Lösungen behindert.<br />
Überhaupt muss bei der Zulassung neuer<br />
Verkehrsformen darauf geachtet werden,<br />
ob sie das Mobilitätsangebot tatsächlich<br />
verbessern. Oder nur bestehende Strukturen<br />
zerstören, um das Geschäft in die eigene<br />
Tasche umzuleiten.<br />
Im ländlichen Raum sieht es anders aus.<br />
Dort ist die allgemeine, flächendeckende<br />
Mobilität zu jeder Zeit unter den bestehenden<br />
Regeln kaum wirtschaftlich darstellbar.<br />
Ob hier mit anderen Regeln oder schlicht<br />
mit mehr öffentlichem Geld Verbesserungen<br />
erzielt werden können, darüber soll<br />
nachgedacht werden.<br />
DAS TAXIGEWERBE WÜRDE<br />
ZUGRUNDE GEHEN<br />
Anpassungen des PBefG an moderne Gegebenheiten<br />
werden als sinnvoll erachtet. Auf<br />
der „fernmündlichen“ Übermittlung von<br />
Fahraufträgen zu bestehen, ist in Zeiten,<br />
wo jeder einen Computer mit umfassenden<br />
Fähigkeiten in der Tasche bei sich trägt,<br />
antiquiert. Wenn jedoch das Rückkehrgebot<br />
für Mietwagen isoliert aufgehoben würde,<br />
wäre die Unterscheidung zwischen <strong>Taxi</strong>s<br />
und Mietwagen dahin. Das <strong>Taxi</strong>gewerbe mit<br />
seiner Betriebspflicht, Beförderungspflicht<br />
und Tarifpflicht würde zugrunde gehen,<br />
wenn sich Mietwagen ohne diese Anforderungen<br />
überall bereithalten dürften.<br />
Als wenig sinnvoll wird die Experimentierklausel<br />
im PBefG erachtet. Danach<br />
dürfen neue Dinge, die im Gesetz nicht vorgesehen<br />
sind, unter bestimmten Umständen<br />
erprobt werden, müssen aber nach vier<br />
Jahren wieder beendet werden, selbst im<br />
Erfolgsfall.<br />
Aber Achtung! Mit einer irgendwie gearteten<br />
Öffnungsklausel, wen auch immer zu<br />
ermächtigen, irgendwelche „Innovationen“<br />
dauerhaft zu erlauben, wäre das Einfallstor<br />
für die jungen, dynamischen Erneuerer, die<br />
gerade mit und ohne Disruptionsgeheul in<br />
das Personenbeförderungsgeschäft drängen.<br />
Da muss eine klare Überprüfung eingebaut<br />
sein, ob die Neuerungen den ÖPNV<br />
tatsächlich verbessern und nicht dem Sinn<br />
und Zweck des Gesetzes widersprechen –<br />
nämlich Verbraucherschutz und mobile<br />
Daseinsvorsorge für alle. <br />
wh<br />
MONTAGE: Raufeld Medien FOTO: Stephan Kühn<br />
8 SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
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NEWSTICKER<br />
„Gemeinsam sind wir stark!“ Mit diesem Motto wehrten sich die Mitglieder des<br />
Kölner <strong>Taxi</strong> Rufs schon mehrmals erfolgreich gegen mytaxi.<br />
RABATTAKTION<br />
ABERMALS VERBOTEN<br />
Johann Pape<br />
TUE GUTES UND<br />
SPRICH DARÜBER<br />
Um dieses Sprichwort in die Tat<br />
umzusetzen, leistet sich die <strong>Taxi</strong>zentrale<br />
Hallo <strong>Taxi</strong> 3811 in Hannover<br />
seit geraumer Zeit den PR-Profi Axel<br />
Emmert. Er versorgt die regionale<br />
Presse regelmäßig mit positiven Meldungen<br />
über die <strong>Taxi</strong>zentrale. Nach<br />
dem Sturmtief „Paul“ im Juni konnte<br />
man beispielsweise darüber informieren,<br />
dass während der stürmischen<br />
Stunden das <strong>Taxi</strong> zuverlässig<br />
und zum verlässlichen Tarif die Mobilität<br />
aufrechterhielt, während Bahn,<br />
Flugverkehr und ÖPNV ihre Ange bote<br />
teilweise ganz einstellen mussten.<br />
Für positive Schlagzeilen sorgt auch<br />
ein Oldtimer-<strong>Taxi</strong>, das die Zentrale<br />
Brautpaaren zur Verfügung stellt.<br />
Paare, die sich das Jawort geben, setzen<br />
auf Verlässlichkeit – und das <strong>Taxi</strong><br />
fährt Braut und Bräutigam an diesem<br />
Tag „verlässlich ins Glück“.<br />
Auch die Mitteilung über personelle<br />
Veränderungen innerhalb der<br />
<strong>Taxi</strong>zentrale verknüpft Hallo <strong>Taxi</strong><br />
medien wirksam mit mahnenden<br />
Worten an die Wettbewerber Uber<br />
und mytaxi und an die Politik: „Wenn<br />
Mitbewerber unter den gleichen<br />
Bedingungen wie wir antreten, dann<br />
sehe ich sehr gute Chancen, dass wir<br />
uns gegen diese Konkurrenz behaupten.<br />
Doch leider untergraben beide<br />
Unternehmen die <strong>Taxi</strong>tarife und die<br />
behördlichen und gesetzlichen Vorgaben,<br />
an die wir uns zu halten<br />
haben, um unsere Fahrgäste sicher,<br />
verlässlich und fair an ihr Ziel zu<br />
bringen“, sagte der neue Aufsichtsratsvorsitzende<br />
Johann Pape. „Das ist<br />
Wettbewerbsverzerrung.“ jh<br />
Das Landgericht Köln hat im August eine einstweilige Verfügung zugelassen und<br />
somit eine Gutscheinaktion des App-Vermittlers mytaxi nachträglich als nicht<br />
korrekt bewertet. Geklagt hatte die Kölner Zentrale <strong>Taxi</strong> Ruf.<br />
Während der zwischen dem 10. und 23. Juli stattfindenden Aktion durften Fahrgäste<br />
in 23 deutschen Städten einmalig einen Gutschein im Wert von 15 Euro<br />
einlösen. Der Gutscheincode konnte innerhalb der App aktiviert werden, war<br />
aber nur bei bargeldloser Zahlung einlösbar. mytaxi hatte – anders als noch bei<br />
früheren Rabattaktionen – den Gutschein für allgemeingültig erklärt. Er konnte<br />
somit von den Fahrgästen auch dann eingereicht werden, wenn die Fahrten in<br />
<strong>Taxi</strong>s anderer Zentralen bzw. unabhängiger <strong>Taxi</strong>unternehmer durchgeführt wurden,<br />
wofür dann allerdings ein sehr kompliziertes Verfahren notwendig war.<br />
Für die Verantwortlichen des <strong>Taxi</strong> Rufs Köln e. G. stellte diese Aktion trotz der<br />
Ausweitung auf alle Fahrgäste einen unlauteren Wettbewerb dar, weshalb man<br />
beim Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen mytaxi eingereicht<br />
hatte. „15 Euro bedeutet, dass es bei manchen Fahrten einen Rabatt von 100 Prozent<br />
gibt. Dabei hatten in früheren Urteilen die Richter schon einen 50 prozentigen<br />
Rabatt untersagt“, argumentiert Vorstandssprecher Aleksandar Dragicevic gegenüber<br />
der „Kölnischen Rundschau“.<br />
Dem schloss sich wenige Wochen später auch das Landgericht an. Das Gericht<br />
sieht in der Erstattung von bis zu 15 Euro für eine Fahrt einen Verstoß gegen das<br />
Wettbewerbsrecht, weil bei einem solch hohen Preisnachlass eben kein wirtschaftlicher<br />
Fahrpreis mehr erhoben werde.<br />
In der eigentlichen Sache kam die Verfügung zu spät, denn die angeprangerte<br />
Gutscheinaktion war zu diesem Zeitpunkt bereits wieder beendet. Trotzdem<br />
könnte sie für künftige Gutschein aktionen Signalwirkung haben, auch wenn der<br />
aktuelle Fall nur für Köln und keine der anderen 22 Städte gilt.<br />
jh<br />
POSITIVES FAZIT EINER<br />
FREMDVERMITTLUNG<br />
Als „beste unternehmerische Entscheidung der letzten Jahre“ bezeichnete der<br />
Lüneburger <strong>Taxi</strong>unternehmer Bernd Röhlig seinen Entschluss, die eigene <strong>Taxi</strong>vermittlung<br />
künftig über das Callcenter einer großen Funkzentrale in Hamburg<br />
(Hansa-Funk) abzuwickeln. Am Rande des <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> Herbstseminars zählte<br />
Röhlig die Vorteile auf: „Wir konnten unsere Auftragsannahme mit maximal zwei<br />
Personen besetzen. Wurde einer krank, musste ich ran und andere wichtige<br />
Arbeiten blieben liegen. Wenn viel los war oder der Disponent eine langwierige<br />
Vorbestellung aufnehmen musste, hingen wichtige Ad-hoc-Bestellungen in der<br />
Warteschleife. Bei Hansa-Funk sind dagegen genügend Annahmeplätze vorhanden.<br />
Die Kosten für die Mitvermittlung werden pauschal berechnet. Sie bewegen<br />
sich in dem Bereich, den wir auch für Personalkosten unserer Disponenten aufwenden<br />
mussten.“<br />
jh<br />
FOTOS: Hallo <strong>Taxi</strong>, <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
10<br />
SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
TAXIZENTRALEN<br />
WENN DREI<br />
SICH STREITEN<br />
Das »geteilte« <strong>Taxi</strong> wird kommen.<br />
Die Frage ist nur, wer dabei Regie führt.<br />
Die Zentralen stehen in den Startlöchern.<br />
Deutlich zu erkennen: Mit Clever Shuttle dringt auch<br />
die Bahn in den Markt der individuellen Personenbeförderung<br />
ein. Durch Sharing wird es preisgünstiger.<br />
FOTO: Clever Shuttle<br />
Die Zeit drängt aus Sicht der Zentralen.<br />
Das wurde Anfang <strong>September</strong><br />
deutlich, als innerhalb weniger<br />
Tage sowohl der taxifremde Anbieter<br />
Clever Shuttle als auch der mit dem <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
agierende Vermittler mytaxi neue<br />
Initiativen vorstellten. Clever Shuttle, ein<br />
Unternehmen, an dem die Deutsche Bahn<br />
mit 21 Prozent beteiligt ist, hat seine<br />
Sharing-App nach Berlin, Leipzig und München<br />
jetzt auch in Hamburg gelauncht. Falls<br />
ähnliche Touren zustande kommen, werden<br />
mehrere Fahrgäste gemeinsam transportiert.<br />
Der bis zu 40 Prozent günstigere<br />
Fahrpreis steht fest, auch wenn keine Fahrgemeinschaft<br />
zustande kommt.<br />
Fahrzeuge von Clever Shuttle haben eine<br />
Mietwagenkonzession. Laut Gesetz können<br />
mit Mietwagen keine Sammel touren angeboten<br />
werden, da dies als unzulässige<br />
„Einzelplatzvermietung“ gilt. Die Politik<br />
hat für Clever Shuttle aber eine Ausnahmegenehmigung<br />
gewährt, was aufgrund der<br />
unbestrittenen personellen Verquickungen<br />
zwischen der Bahn und dem Verkehrsministerium<br />
nicht verwundert, zum anderen<br />
aber auch in der Tatsache begründet ist,<br />
dass dort aus schließlich Elektro fahrzeuge<br />
zum Einsatz kommen. Was gut für die<br />
Umwelt ist, erlaubt auch freiere gesetzliche<br />
Interpretationen.<br />
In Hamburg fahren beispielsweise zehn<br />
Wasserstofffahrzeuge. Damit lassen sich<br />
allerdings kaum flächendeckende Ange bote<br />
bewerkstelligen. Das beruhigt (noch) das örtliche<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe, das wiederum mit einer<br />
ei genen Lösung in den Startlöchern sitzt.<br />
SHARE-TAXI IM TROCKENVERSUCH<br />
Speziell in Hamburg werden derzeit von der<br />
Hansa-Funk-<strong>Taxi</strong>zentrale im Trockenversuch<br />
die Parameter zur Vermittlung und<br />
Durchführung von geteilten <strong>Taxi</strong>fahrten<br />
(Share-<strong>Taxi</strong>) getestet. „Wir werden dort<br />
beweisen, dass das Thema Share im <strong>Taxi</strong>bereich<br />
nicht ganz so einfach ist, wie sich<br />
das manche Start-ups vorstellen“, verspricht<br />
Robert Abel von FMS, wo man die<br />
Funktion bereits in den aktuellen App<br />
Relaunch integriert hat.<br />
„Zu berücksichtigen sind etliche Parameter<br />
– wie beispielsweise auf Fahrgastseite<br />
die zwingende Eingabe des Fahrtziels bei<br />
der App-Bestellung, ein Vorbestellungszeitfenster<br />
von etwa 20 Minuten und die Teilnahme<br />
am <strong>Taxi</strong>-Payment, damit im Falle<br />
eines Nichtantretens der Fahrt nach der<br />
Vermittlung eine vorher vereinbarte<br />
Stornogebühr abgebucht werden kann.“<br />
Auch der Fahrer muss das System unterstützen:<br />
Bei jeder Abholadresse bzw. bei<br />
jedem Ausstiegspunkt ist die manuelle Eingabe<br />
des aktuellen Taxameterpreises notwendig.<br />
Danach ist das System automatisch<br />
in der Lage, die jeweiligen Kostenanteile pro<br />
Fahrgast zu berechnen.<br />
All dies erfordert einen immensen<br />
Programmierungs- und Entwicklungsaufwand,<br />
den man bei mytaxi, dem Konkurrenten<br />
der <strong>Taxi</strong>zentralen, offensichtlich auch<br />
schon in Angriff genommen hat. Unter dem<br />
Namen „match“ sollen auch über die<br />
mytaxi App geteilte Touren gebucht werden<br />
können, allerdings zunächst einmal nur in<br />
Warschau. Für Deutschland ist ein Start in<br />
einigen Monaten vorgesehen. Die <strong>Taxi</strong>zentralen<br />
haben also noch einen Entwicklungsvorsprung.<br />
<br />
jh
TAXIZENTRALEN<br />
Viele leere Stühle:<br />
Der <strong>Taxi</strong>zentralenkongress<br />
im Juni<br />
hätte mehr Teilnehmer<br />
verdient gehabt.<br />
DIE LIBERALE GEFAHR<br />
Um eine Aufweichung der Gesetze auf europäischer Ebene zu<br />
verhindern, leistet sich das <strong>Taxi</strong>gewerbe sogar zwei Lobbyisten.<br />
Anfang Juni hatte die Wiener <strong>Taxi</strong>zentrale<br />
40100 zur <strong>Taxi</strong>konferenz<br />
eingeladen. Neben etlichen Leitern<br />
diverser FMS-Zentralen (am Tag vorher<br />
fand das Eurocab-Treffen statt) waren<br />
auch die Verantwortlichen anderer <strong>Taxi</strong>zentralen<br />
anwesend – wenn auch bei Weitem<br />
nicht in der Anzahl, wie es der<br />
Kongress eigentlich verdient gehabt hätte.<br />
Schließlich schufen die dort gehaltenen<br />
Vorträge die Basis für das eigentliche Motto<br />
der Veranstaltung. „Wir sitzen alle im selben<br />
Boot“, appellierte Gastgeber Leo Müllner,<br />
Geschäftsführer von 40100, an die<br />
Teilnehmer, die Chance zum Netzwerken<br />
zu nutzen und sich über die Erfahrungen<br />
der Branche mit den neuen digitalen Wettbewerbern<br />
in den einzelnen Ländern auszutauschen.<br />
Diese Erfahrungen sind von Land zu<br />
Land vielfältig, das wurde während der Vorträge<br />
sehr deutlich. Auffällig dabei, dass<br />
Schwachstellen in den jeweiligen Regularien<br />
von digitalen Wettbewerbern sofort<br />
ausgenutzt wurden. In der Schweiz beispielsweise<br />
ist die Personenbeförderung<br />
zwar ein Bundesgesetz, die Umsetzung und<br />
weitere Definitionen liegen allerdings in<br />
der Verantwortung der Kantone, teilweise<br />
sogar bei den Gemeinden. Das führt sowohl<br />
zu unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen<br />
bei der Lizenz- und <strong>Taxi</strong>scheinerteilung<br />
als auch zu sehr unterschiedlichen<br />
Tarifen.<br />
HÖCHSTPREIS WAR DIE<br />
BASIS FÜR UBER<br />
Letzteres ist sogar innerhalb einer Gemeinde<br />
nicht einheitlich, wie das Beispiel Zürich<br />
zeigt. Dort hatte man vor zwei Jahren entschieden,<br />
beim <strong>Taxi</strong>tarif einen Höchstpreis<br />
festzulegen. Die beiden großen <strong>Taxi</strong>zentralen<br />
haben sich daraufhin entschlossen,<br />
beim alten Preis zu bleiben. Alle anderen<br />
sind auf den Höchstpreis gegangen, der<br />
etwa 25 Prozent höher ist. Das hat dazu<br />
geführt, dass Kunden für identische Fahrtstrecken<br />
unterschiedliche Preise bezahlen<br />
mussten, was diese natürlich nicht verstanden<br />
haben. „Das war die Basis für Uber“,<br />
analysiert André Küttel, Geschäftsführer<br />
der dortigen Zentrale 7x7, und nimmt dabei<br />
auch die <strong>Taxi</strong>kollegen mit in die Verantwortung:<br />
„Jede Fahrt, die zum Höchsttarif<br />
gemacht wird, ist eine schlechte Fahrt, weil<br />
der Preis zu hoch ist. <strong>Taxi</strong>halter in Zürich<br />
haben das nicht realisiert, sie denken zu<br />
kurzfristig.“<br />
In Österreich strebt man das Einheitsgewerbe<br />
an. Die Abgrenzung zwischen Mietwagen<br />
und <strong>Taxi</strong> wurde de facto aufgehoben,<br />
berichtet der <strong>Taxi</strong>-Fachspartenobmann<br />
Erwin Leitner. Mietwagen dürfen in Österreich<br />
eigentlich nur geschlossene Personengruppen<br />
fahren, beispielsweise Schüler.<br />
Seit der Verfassungsgerichtshof im Februar<br />
2016 allerdings die Doppelverwendung<br />
wieder zugelassen hat, können Fahrzeuge<br />
sowohl als <strong>Taxi</strong> als auch als Mietwagen eingesetzt<br />
werden. „Damit ist unkontrollierbar,<br />
in welcher Funktion das Fahrzeug unterwegs<br />
war“, sagt Leitner.<br />
Gastgeber Leo Müllner, <strong>Taxi</strong> 40100 in Wien.<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
12<br />
SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
TAXIZENTRALEN<br />
Nicht nur deshalb denkt man in der Alpenrepublik<br />
über ein Einheitsgewerbe nach:<br />
Es soll keine Mietwagen mehr geben, nur<br />
mehr <strong>Taxi</strong>s. „Unsere Fachgruppe hat den<br />
Auftrag zu Verhandlungen mit den Ministerien<br />
bekommen“, berichtet Leitner. Auf<br />
Beamtenebene konnte man bei ersten<br />
Gesprächen schon den Willen zur Änderung<br />
erkennen. Nach den Bundeswahlen<br />
wird man sehen, ob auch auf politischer<br />
Ebene Zustimmung zu erwarten ist.<br />
Wenige Wochen vor Österreich wird in<br />
Deutschland gewählt und es gilt als sicher,<br />
dass eine Änderung des dortigen Personenbeförderungsgesetzes<br />
(PBefG) in der nächsten<br />
Legislaturperiode vorgesehen ist. Die<br />
Vorschläge der Parteien reichen von smarten<br />
Anpassungen bis zu umfassender<br />
Liberalisierung. Für Letzteres steht in<br />
Deutschland die FDP, deren Regierungsbeteiligung<br />
zusammen mit der CDU von BZP-<br />
Präsident Michael Müller als Worst Case für<br />
das <strong>Taxi</strong>gewerbe bezeichnet wird. Ein offizieller<br />
Vertreter von Uber ist Mitglied im<br />
Bundesvorstand der FDP. „Das lässt nicht<br />
unbedingt Gutes ahnen“, warnt Müller.<br />
Bisher konnte ein sehr strenges PBefG<br />
vor Uber & Co schützen, doch die Schwachstelle<br />
aus deutscher Sicht liegt darin, dass<br />
einzelne Regelungen auch in der Fahrerlaubnisverordnung<br />
(FeV) und in der<br />
BOKraft (Regelungen zur Fahrzeugausstattung)<br />
definiert sind. Kleinste Änderungen<br />
in diesen Verordnungen lassen sich schnell<br />
beschließen und sie können fatale Auswirkungen<br />
haben. So wie jüngst der Beschluss,<br />
durch eine Änderung eines Halbsatzes in<br />
der FeV die Ortskundeprüfung für Mietwagenfahrer<br />
komplett abzuschaffen. Für Mietwagenunternehmer<br />
wird es jetzt um<br />
einiges leichter, Fahrer zu finden. Die Aufträge<br />
generiert man über die Uber-App. Die<br />
Lobbyarbeit hat gefruchtet.<br />
„Schätzungsweise 240 Lobbyisten hat<br />
Uber europaweit engagiert, das <strong>Taxi</strong><br />
gewerbe hat zwei“, berichtet Professor Karl<br />
Jurka in Wien von sehr ungleichen Voraussetzungen.<br />
Jurka ist einer der beiden Lobbyisten,<br />
die von fünf <strong>Taxi</strong>zentralen in Wien,<br />
Berlin, Frankfurt und München engagiert<br />
wurden. Ihre Aufgabe ist es, in Brüssel bei<br />
den dort tätigen Kommissionsmitgliedern<br />
und Europaparlamentariern aufzuklären.<br />
„In Brüssel fahren zwar viele Politiker <strong>Taxi</strong>,<br />
aber sie wissen nichts über das Gewerbe“,<br />
sagt Anna Kasten, die Kollegin von Jurka.<br />
Karl Jurka und Anna Kasten leisten Aufklärungsarbeit in Brüssel.<br />
WARTEN AUF DEN GERICHTSHOF<br />
Eine Veranstaltung zu Jahresbeginn, zu der<br />
die österreichische Botschaft eingeladen<br />
hatte, sei gut besucht und positiv aufgenommen<br />
worden, berichten beide. Das<br />
plane man zu wiederholen. Innerhalb der<br />
EU warte man derzeit auf das Urteil des<br />
Europäischen Gerichtshof EuGH. Dort wird<br />
Ende <strong>2017</strong> entschieden, ob Uber als Vermittlungsdienstleister<br />
eingestuft wird und<br />
damit den nationalen Gesetzen zur Personenbeförderung<br />
unterliegt.<br />
Umfangreiche personenbeförderungsrechtliche<br />
Änderungen seien auf europäischer<br />
Ebene nicht vor 2019 zu erwarten,<br />
schätzen Jurka und Kasten, warnen aber<br />
gleichzeitig davor, sich darauf allzu sehr zu<br />
verlassen. „Brüssel hat immer Modeentwicklungen“,<br />
berichtet Jurka. Aktuell<br />
ist die digitale Wirtschaft Modethema Nummer<br />
eins. „Was man digital machen kann,<br />
wird gemacht.“<br />
Es gelte auch, die politischen Veränderungen<br />
in Nationalstaaten zu beobachten.<br />
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron<br />
ist ein Wirtschaftsliberaler und in Deutschland<br />
könnte ein FDP-Politiker das Wirtschaftsministerium<br />
übernehmen. „In<br />
Brüssel sind die Beamten bei Uber gegen<br />
ihren eigenen Willen gebremst worden“,<br />
blickt Jurka hinter die politischen Kulissen.<br />
Während man Uber-Vertreter regelmäßig<br />
und gerne empfange, weigere man sich<br />
beharrlich, mit jemanden aus der <strong>Taxi</strong>branche<br />
ins Gespräch zu kommen. „Die aus den<br />
Ländern verordnete Ruhe bis 2019 könnte<br />
sich nach den Wahlen ändern, wenn zu<br />
viele Liberale an die Macht kommen.“<br />
Das <strong>Taxi</strong>gewerbe muss sich auf nationaler<br />
Ebene politisch noch viel mehr vernetzen<br />
und es muss seine Erkenntnisse und<br />
Erfahrungen auf internationaler Ebene austauschen.<br />
Das Ziel muss sein, eine „Rückkoppelung<br />
in den Nationalprozess“ zu<br />
erreichen, empfiehlt Jurka. Regelungen zur<br />
Personenbeförderung müssen in der<br />
Gesetzgebungshoheit der Nationalstaaten<br />
bleiben. <br />
jh<br />
LIBERALISIERUNG UND HÖCHSTPREISE<br />
Wie würde ein freier <strong>Taxi</strong>markt funktionieren? Der Blick in die<br />
Niederlande und nach Dänemark zeigt, dass totale Liberalisierung<br />
und Höchstpreise nicht der Weisheit letzter Schluss<br />
sind. In Dänemark haben die Behörden Maximum-Preise festgelegt.<br />
Die Branche kann sich dadurch an Ausschreibungen<br />
beteiligen, konkurriert dort aber mit öffentlichen und privaten<br />
Organisationen um Schüler-, Kranken- und Seniorenfahrten.<br />
Uber hat seinen Dienst aufgrund zahlreicher Strafverfahren<br />
mittlerweile in Dänemark eingestellt, hatte aber bis dahin<br />
dem <strong>Taxi</strong>gewerbe bis zu 40 Prozent Umsatz weggenommen.<br />
In den Niederlanden wurde schon im Jahr 2000 der <strong>Taxi</strong>markt<br />
komplett liberalisiert, maßgeblich mit der Intention,<br />
dass die bestehenden Kräfte des Marktes entfaltet würden,<br />
die Qualität steigen und die Preise durch den Wettbewerb<br />
fallen würden. Unglücklicherweise lief das nicht wie geplant,<br />
weil die niederländische Regierung beschloss, einen Maximal-Fahrpreis<br />
zu installieren, um sicherzugehen, dass die<br />
Fahrgäste nicht abgezockt würden, wenn sie ein <strong>Taxi</strong> nehmen.<br />
Das bedeutete, dass alle <strong>Taxi</strong>unternehmen in den Niederlanden<br />
sich an den Maximalfahrpreis anpassten und so kein<br />
Wettbewerb über den Preis erreicht wurde.<br />
Inzwischen hat man die Kontrolllücke in Form eines als TTO<br />
bezeichneten Zusammenschlusses von mindestens 100 anerkannten<br />
<strong>Taxi</strong>fahrern und 50 <strong>Taxi</strong>s geschlossen. Die Mitglieder<br />
des TTO kontrollieren und disziplinieren ihre Kollegen, bevor<br />
die lokalen Behörden es tun. <br />
prh<br />
TAXI SEPTEMBER / <strong>2017</strong><br />
13
TAXIZENTRALEN<br />
DIE GLOBALE<br />
ABRECHNUNG<br />
Eine Kooperation mit einem internationalen<br />
Payment-Dienstleister<br />
erleichtert die Abwicklung und<br />
Abrechnung von bargeldlosen<br />
Zahlungen für die <strong>Taxi</strong>zentralen.<br />
Was beim fms-Anwendertreffen<br />
Eurocab in Wien bereits<br />
angekündigt war, wurde<br />
Ende August durch eine gemeinsame<br />
Presse erklärung der neuen Partner offiziell.<br />
Die gesamten Online-Zahlungen<br />
der App von taxi.eu werden künftig über<br />
das Unternehmen Wirecard abgewickelt,<br />
einem Anbieter von Payment- und Internet-Technologie.<br />
Dessen Managing Director<br />
Roland Toch erklärt die Vorteile aus Kundensicht:<br />
„Immer mehr Menschen setzen<br />
bei Buchungen jeglicher Art auf Apps. Wir<br />
freuen uns, taxi.eu dabei zu unterstützen,<br />
eine digitale Komplettlösung für Kunden<br />
anzubieten, die echte Mehrwerte bringt:<br />
Indem sie mobil ein <strong>Taxi</strong> bestellen und<br />
europaweit bargeldlos und bequem mit<br />
dem Smartphone bezahlen können, fällt<br />
für sie der sonst manuelle und zusätzliche<br />
Schritt des Bezahlens weg – eine Entwicklung,<br />
die zeigt, wie wichtig M-Commerce<br />
ist. Für die <strong>Taxi</strong>-Zentralen ist es außerdem<br />
ein großer Vorteil, dass sie die Zahlungen<br />
nun direkt erhalten und dies nicht über<br />
Dritte abgewickelt wird.“<br />
Letzteres führte bisher bei einigen <strong>Taxi</strong>zentralen<br />
dazu, dass zwar über die App<br />
ein <strong>Taxi</strong> bestellt werden konnte, die Zahlungen<br />
allerdings noch über andere Kommunikationskanäle<br />
abgewickelt wurden.<br />
Claudia Ploszanski von Wirecard sprach<br />
beim Eurocab-Treffen von einem „Medienbruch“.<br />
„Wer übers Smartphone bestellt,<br />
sollte auch den Prozess inklusive Bezahlung<br />
über das Smartphone beenden“, machte<br />
sie den Chefs der <strong>Taxi</strong>zentralen deutlich.<br />
Doch das ist nicht so einfach:<br />
fms Systems, über<br />
dessen App die Kreditkartenzahlung<br />
abgewickelt<br />
wird, ist eigentlich nicht<br />
der Leistungserbringer.<br />
Das sind die einzelnen<br />
<strong>Taxi</strong>zentralen als Fahrtenvermittler<br />
bzw. die<br />
<strong>Taxi</strong>betriebe als Fahrtenausführende.<br />
DREIECKS-VERHÄLTNIS<br />
Ein kompliziertes Dreiecksverhältnis, das<br />
aus Sicht des Kunden keine Rolle spielen<br />
darf. Nutzer der taxi.eu-App können auf<br />
über 65 000 angeschlossene Fahrzeuge in<br />
mehr als 100 europäischen Städten zurückgreifen.<br />
Diese Einheitlichkeit muss sich<br />
auch beim Payment bemerkbar machen.<br />
Entscheidend ist, dass der Fahrgast als Nutzer<br />
der taxi.eu-App seine Kreditkartendaten<br />
zur Nutzung des Payments einmalig<br />
eingibt und diese Funktion dann überall<br />
nutzen kann, egal ob in Wien, Berlin,<br />
Genf oder Rotterdam. Also benötigt es eine<br />
Lösung, bei der allen Zentralen eine große<br />
Auswahl an internationalen und regionalen<br />
Zahlungsmitteln mit einem Vertrag, einer<br />
Bank und einer Auszahlungsstelle angeboten<br />
wird. Wirecard ermöglicht neben der<br />
Zahlungsabwicklung der klassischen Kreditkarten<br />
wie Master oder Visa auch die<br />
Einbindung regional relevanter Zahlungsmittel,<br />
wie zum Beispiel iDEAL in den Niederlanden,<br />
und verbindet so „die Lösungen<br />
eines Technologieunternehmens (FMS) mit<br />
den Lösungen eines Bankinstituts“, sagt<br />
Ploszanski. „Wenn der Kunde seine Zahlungsdaten<br />
eingibt, werden diese an wirecard<br />
übergeben und dort gespeichert. FMS<br />
bekommt eine ID zurück, welche die Kreditkartennummer<br />
ersetzt; dadurch kann man<br />
keine Rückschlüsse auf die KK-ID ziehen.<br />
Mit dieser ID ist es möglich, die Kreditkarten<br />
sicher zwischen den <strong>Taxi</strong>zentralen hinund<br />
herzuschicken.“<br />
Der Kunde kann also sicher sein, dass<br />
seine Kreditkartendaten nicht in 20 europäischen<br />
<strong>Taxi</strong>zentralen oder gar bei den<br />
Unternehmern gespeichert sind, sondern<br />
nur an einer Stelle.<br />
GUTSCHRIFT BEI DEN<br />
TAXIZENTRALEN<br />
„Wir waren auf der Suche nach einem<br />
erfahrenen Zahlungsanbieter, um Bezahlungen<br />
direkt und sicher über die taxi.eu-<br />
App aus einer Hand abwickeln zu lassen“,<br />
sagt FMS-Geschäftsführer Michael Weiss.<br />
„Hauptaugenmerk legten wir auf die Anforderungen<br />
und Bedürfnisse unserer Fahrgäste<br />
sowie unserer kooperierenden<br />
<strong>Taxi</strong>zentralen in ganz Europa.“<br />
FOTOS: taxi.eu, <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
14 SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
TAXIZENTRALEN<br />
Prüfungsvorbereitung<br />
leicht gemacht!<br />
Inkl. Prüfungstipps<br />
»Wer übers Smartphone<br />
bestellt, sollte auch<br />
den Prozess inklusive<br />
Bezahlung über das<br />
Smartphone beenden.«<br />
Claudia Ploszanski, Wirecard<br />
Fachkunde und Prüfung -<br />
Lehrbuch und<br />
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Das Lehrbuch dient angehenden ende<br />
<strong>Taxi</strong>-und Mietwagenunternehmern<br />
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Es entspricht im Aufbau dem Katalog der<br />
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OPTIMALE<br />
ERGÄNZUNG<br />
Bei Letzteren werden die Beträge aus den<br />
Payment-Zahlungen gutgeschrieben. Sie<br />
können über ein von Wirecard zur Verfügung<br />
gestelltes Online-Portal verwaltet<br />
und bearbeitet werden. Vorher ist aber die<br />
Registrierung der <strong>Taxi</strong>zentrale bei Wirecard<br />
notwendig, was vor allen bei Zentralen<br />
in Deutschland aufgrund der strengen<br />
BaFin-Anforderungen eine Herausforderung<br />
mit viel Papierkram darstellt. Mit<br />
einem zweiseitigen Formular (Setup-Sheet)<br />
werden die wichtigsten Unternehmensdaten<br />
der Zentralen einmalig abgefragt.<br />
Darüber hinaus müssen PCI - und SEQ-Fragebögen<br />
ausgefüllt werden – woran schon<br />
mancher gescheitert ist.<br />
Wirecard verspricht den Zentralenleitern<br />
hier Hilfestellung durch eine Support-Hotline,<br />
die „nur dazu da ist, um<br />
durch diesen Fragebogen zu leiten“, beruhigt<br />
Ploszanski und hofft, dass dadurch<br />
die letzten Hürden genommen werden<br />
können, um die Payment-Funktion der<br />
taxi.eu-App einheitlich und flächendeckend<br />
verfügbar zu machen. Gerade im<br />
Wettbewerb mit mytaxi ist das ein wichtiger<br />
Faktor. <br />
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Fragen und Fallstudien sind in Umfang, Themen und Art<br />
den offiziellen Prüfungen vor der IHK vergleichbar. Mit<br />
Hilfe der Punktebewertung und der Lösungen<br />
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kann der Prüfungskandidat seinen Wissensstand und<br />
seine bisherige Lernleistung überprüfen.<br />
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TAXI SEPTEMBER / <strong>2017</strong> 15
www.taxi-times.taxi<br />
BESUCH IN BREMEN<br />
216 <strong>Taxi</strong>unternehmen betreiben 540 <strong>Taxi</strong>s in Bremen.<br />
Mietwagen gibt es 142, betrieben von 28 Unternehmen.<br />
zu Besuch in<br />
Bremen<br />
540<br />
6<br />
Von Bremen aus wird seit gut einem<br />
Jahr die Vermietung von sofort<br />
einsatzfähigen Leihtaxis organisiert.<br />
Dabei stehen 40 <strong>Taxi</strong>s und sechs<br />
9<br />
Fahrzeuge mit Rolli-Ausstattung zur<br />
Verfügung. Verteilt werden die <strong>Taxi</strong>s über neun<br />
Außenstationen. Wo die liegen und warum eine<br />
jahrzehntelang bekannte<br />
Leihtaxi-Hotline die<br />
Basis für das Bremer<br />
40<br />
Unternehmen bildet,<br />
berichten wir auf<br />
Seite 17.<br />
Beförderungsentgelte<br />
für Personen<br />
im Stadtgebiet Bremen<br />
Grundpreis: 3,50 €<br />
1. Stufe (1. bis 4. km)<br />
jeweils 2,15 €<br />
2. Stufe (ab 5. bis 9. km)<br />
jeweils 1,90 €<br />
3. Stufe (ab 10. km)<br />
jeweils 1,50 €<br />
(voraussichtlich ab 09.10.<strong>2017</strong>)<br />
Akzeptanz von KK ab sofort<br />
verbindlich vorgeschrieben<br />
Wartezeit:<br />
28 € pro Stunde<br />
Großraum-<br />
Pauschal zuschlag<br />
ab der 5. Person: 7 €<br />
Winketarif:<br />
Fixpreis 7 € für<br />
drei Kilometer<br />
550 000<br />
Exakt 557 464 Einwohner hatte Bremen Ende 2015.<br />
TAXI-RUF BREMEN 14 0 14<br />
www.taxi-bremen.de<br />
Abonnent von <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>: Seit 2016<br />
Vorstand: Fred Buchholz, Ingo Heuermann,<br />
Ralph Kämena<br />
Angeschlossene Fahrzeuge: 463<br />
Anzahl <strong>Taxi</strong>unternehmer: 202<br />
Monatlicher Funkbeitrag pro Fahrzeug:<br />
Mitglieder: 240 Euro netto pro Fahrzeug<br />
+ einmalig 11 Euro Mitgliedsbeitrag<br />
pro Betrieb<br />
Vertragspartner: 287 Euro netto während<br />
der ersten fünf Jahre, danach pro Jahr<br />
251 Euro; nach fünf Jahren als Vertragspartner<br />
darf man Mitglied werden.<br />
Vermittlungssystem: gefos<br />
90 %<br />
Neun von zehn<br />
Bremer <strong>Taxi</strong>s<br />
sind der dortigen<br />
Zentrale, dem <strong>Taxi</strong>ruf Bremen eG, angeschlossen. Dessen<br />
aktueller Vorsitzender Fred Buchholz wurde im Jahr 2007<br />
als Nachfolger von Hans Meißner zum Präsidenten des <strong>Taxi</strong>-<br />
Bundesverbands BZP gewählt. Seinen Rücktritt im Herbst 2011<br />
begründete Buchholz mit dem zeitlichen Interessenkonflikt<br />
zwischen seiner ehrenamtlichen Funktion als Bundesvorsitzender<br />
und seinen Tätigkeiten für die Bremer <strong>Taxi</strong>zentrale.<br />
TAXI ROLAND GMBH<br />
www.14433.de<br />
Abonnent von <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>: nein<br />
Geschäftsführer: Klaus + Volker Hartjen<br />
Angeschlossene Fahrzeuge:<br />
65 firmen eigene Fahrzeuge<br />
Vermittlungssystem: <strong>Taxi</strong>.de<br />
Stand aller Angaben: <strong>September</strong> <strong>2017</strong><br />
Wer in Bremen ein <strong>Taxi</strong> von der<br />
Straße heranwinkt und maximal<br />
drei Kilometer damit fährt, muss in<br />
Zukunft eine Pauschale von sieben<br />
Euro bezahlen. Wartezeit wird nicht<br />
berechnet. Bei wem und warum<br />
die Einführung dieses Winke-Tarifs<br />
in der Kritik stand und wieso man<br />
ursprünglich auf den bisherigen<br />
für<br />
Frauen-Nacht-Tarif verzichten wollte,<br />
beschreiben wir auf Seite 18.<br />
7<br />
3<br />
GRAFIK: Raufeld Medien<br />
16 SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
BESUCH IN BREMEN<br />
NEUSTART MIT<br />
BEKANNTER<br />
HOTLINE<br />
Mit neuer Konstellation und<br />
verändertem Konzept wird nach<br />
der Insolvenz von TRP an<br />
der Idee eines bundesweiten<br />
<strong>Taxi</strong>verleihs festgehalten.<br />
Wer die seit Jahren<br />
etablierte Leihtaxi-Hotline<br />
0180 222 12 22 anwählt,<br />
landet jetzt bei Torsten Fette.<br />
FOTO: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
Unfälle mit Totalschaden oder auch ein unerwarteter Defekt<br />
am <strong>Taxi</strong> sind für viele <strong>Taxi</strong>unternehmer der Worst Case.<br />
Fest gebuchte Krankenfahrten, regelmäßige Flughafentransfers<br />
oder das jährliche Schützenfest erlauben keinen Ausfall<br />
des Fahrzeugs. Mal ganz davon abgesehen, dass ja auch das<br />
Personal weiterhin bezahlt werden muss. Für solche Fälle greift<br />
ein <strong>Taxi</strong>unternehmer gerne auf die Angebote von Leihtaxis zurück.<br />
Davon gibt es einige – wie beispielsweise Czernig im Osten, das<br />
<strong>Taxi</strong> Zentrum Brandenburg oder Much in Bad Tölz.<br />
Die größte deutschlandweite Streuung hatte das Unternehmen<br />
<strong>Taxi</strong> Rent Partner (TRP), das mit insgesamt 16 Station in ganz<br />
Deutschland immer innerhalb weniger Stunden ein sofort einsatzfähiges<br />
Ersatztaxi zur Verfügung stellen konnte – bis im Jahr<br />
2016 Insolvenz angemeldet werden musste.<br />
Torsten Fette, Betreiber einer Umrüstfirma und eines regionalen<br />
<strong>Taxi</strong>verleihs in Bremen, war zu diesem Zeitpunkt im Urlaub im<br />
Allgäu. Da war der Weg zum Insolvenzverwalter nach Augsburg<br />
nicht weit und die Einigung über die Übernahme der im <strong>Taxi</strong>markt<br />
eingeführten TRP-Telefonnummer schnell erzielt. Diese Hotline<br />
(0180 222 12 22) bildete dann das Fundament für den Neustart.<br />
Fette hatte mit der Weinhöppel GbR aus Hannover noch einen<br />
Partner ins Boot geholt und mit diesem die eigene GmbH in die<br />
FTS <strong>Taxi</strong>-Rent GmbH umgewandelt.<br />
IM VERLEIH SIND AUCH ROLLTAXIS<br />
Am Anfang standen zwölf Leihtaxis zur Verfügung, einige verbliebene<br />
Stationen – deren Leiter bereit waren, unter dem neuen<br />
Konzept weiterzumachen – und eben jene Telefonnummer, „von<br />
der wir nicht wussten, ob die noch im Bewusstsein der <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
ist“, erzählt Fette während des <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> Besuchs<br />
in der Bremer Station.<br />
War sie aber – und die zwölf Leihtaxis wurden „richtig<br />
gequält“. Mittlerweile sind es 40 Fahrzeuge inklusive sechs Rolli<br />
<strong>Taxi</strong>s, verteilt auf nur noch neun Stationen, die sich hauptsächlich<br />
im norddeutschen Bereich befinden. Die südlichste Station ist<br />
Hanau in Hessen, Much in Bayern ist Kooperationspartner. Diese<br />
Reduzierung ist Teil der neuen Konzeption. Man beliefert nach<br />
wie vor bundesweit, deckt aber nicht mehr alle Leistungsfelder<br />
ab. Unfallersatztaxi ja, Mobilitätsersatz nur bedingt. Letzterer<br />
wird von den Händlern im Falle eines Fahrzeugdefekts gewährt<br />
und hat aus Sicht Fettes unkalkulierbare Laufzeiten.<br />
Reduzieren will Fette auch die Zahl der Gerichtsprozesse mit<br />
den zahlungsunwilligen Kfz-Versicherern, indem die Vermiettarife<br />
unterhalb der sonst bei Vollabtretungen üblichen Preisen liegen.<br />
Den <strong>Taxi</strong>betrieben kommt man entgegen, indem man bis<br />
zur Erstattung der Leihkosten oder bis zu einem möglichen<br />
Prozessbeginn noch nicht bezahlen muss. Voraussetzung dafür<br />
ist allerdings, dass man auf einen Anwalt zurückgreift, den FTS<br />
empfiehlt. Das sind dann Experten, die gegenüber den meist<br />
unwissenden Sachbearbeitern der Versicherungsgesellschaften<br />
die richtigen Argumente vorbringen, warum ein Leihtaxi andere<br />
Kosten verursacht als ein herkömmlicher Pkw – weil man eben<br />
auch nach einem Unfall die Krankenfahrten, Flughafentransfers<br />
und Fahrten zum Schützenfest in einem zugelassen <strong>Taxi</strong> durchführen<br />
muss. Und weil man gerade dafür fertig ausgerüstete<br />
Leihtaxis benötigt. <br />
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BESUCH IN BREMEN<br />
EIN EMOTIONAL<br />
DISKUTIERTER<br />
TARIFANTRAG<br />
In Bremen sollte das bisherige »Frauen-Nacht-<strong>Taxi</strong>«<br />
abgeschafft und eine Kurzstreckenpauschale<br />
als sogenannter »Winker-Tarif« eingeführt werden.<br />
Nur eines davon ging durch.<br />
Zur Begründung des Antrages auf<br />
eine Tariferhöhung von 5,5 Prozent<br />
gibt die Bremer Gewerbevertretung,<br />
sprich die Fachvereinigung<br />
Personenverkehr, gestiegene Kosten an. Der<br />
Mindest lohn sei angehoben worden, ebenso<br />
die Werk stattpreise bei Mercedes-Benz und<br />
der Anschaffungspreis der E-Klasse von<br />
Mercedes. Während die Genehmigungsbehörde<br />
das Vorhaben bereits jetzt gutheißt<br />
und auch seitens der Parteien keine<br />
Einwände geäußert wurden, stößt es bei<br />
der Fahrervertretung IG Bremer <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
nicht auf Gegenliebe.<br />
„Der Mindestlohn wird nur auf dem<br />
Papier bezahlt, in Wirklichkeit bekommen<br />
die <strong>Taxi</strong>fahrer eine Umsatzbeteiligung“,<br />
moniert der IG-Vorstand Marco Bark. Der<br />
gezahlte Lohn würde dann durch den<br />
Mindest stundenlohn geteilt, um auf der<br />
Abrechnung auf ordnungsgemäße Werte zu<br />
kommen. Gegen eine Tariferhöhung sei er<br />
trotzdem, denn trotz steigender <strong>Taxi</strong> preise<br />
sei der Umsatz gleich geblieben. Fahrgäste<br />
blieben nach der letzten Erhöhung einfach<br />
weg. „Mit weiteren Preiserhöhungen<br />
auf den anhaltenden Umsatzrückgang zu<br />
reagieren, ist widersinnig.“<br />
Den Kunden würde mit der geplanten<br />
Anhebung eine durchschnittliche Fahrt<br />
von vier Kilome tern ohne verkehrsbedingte<br />
Wartezeit 3,03 Euro pro gefahrenem Kilometer<br />
kosten. Für Großraumtaxis würde<br />
die Preissteigerung sogar 15 Prozent auf<br />
einer solchen Strecke bedeuten. „Das ist<br />
doch total überzogen. Das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
muss erst seine Hausaufgaben machen.<br />
Es werden zu viele <strong>Taxi</strong>s gleichzeitig eingesetzt,<br />
das ist der Grund für die schlechte<br />
Wirtschaftlichkeit. Unsere Standzeiten<br />
zwischen den Touren sind viel zu lang,“<br />
stellt Bark fest.<br />
»Das ist ein<br />
inakzeptabler<br />
frauenpolitischer<br />
Rückschritt.«<br />
Claudia Bernhard,<br />
Fraktion Die Linke in Bremen<br />
Er beruft sich dabei auf ein Gutachten der<br />
Experten von Linne & Krause, demzufolge<br />
es zu viele <strong>Taxi</strong>s in Bremen gibt. Schwarze<br />
Schafe, die Schwarzarbeit betreiben und<br />
Steuern hinterziehen, gäbe es auch in<br />
Bremen mehr als genug. Bark möchte, dass<br />
diese „vom Markt verschwinden und Platz<br />
machen für ehrliche Unternehmer,“ die freiwillig<br />
ein Fiskaltaxameter einsetzen.<br />
Damit spielt er den Ball der Genehmigungsbehörde<br />
zu, doch die agieren wie fast<br />
alle Aufsichtsstellen in Deutschland. Mangels<br />
Personal und auch mangels rechtlich<br />
eindeutiger Grundlagen scheut man davor<br />
zurück, den Einbau eines Fiskaltaxameters<br />
zwingend zu fordern – so wie in Hamburg<br />
und Berlin.<br />
Doch genau der Blick in diese beiden<br />
Städte zeigt, dass eine solche Verpflichtung<br />
alleine nicht ausreichend ist. In Berlin war<br />
dazu eine Personalaufstockung, eine enge<br />
Kooperation mit der Finanzbehörde und<br />
vor allem der politische Wille der Stadtregierung<br />
notwendig. In Bremen sind die<br />
Parteien für diese Thematik nicht sensibilisiert.<br />
Stattdessen meldete man sich über die<br />
Presse lautstark zur geplanten Abschaffung<br />
des „Frauen-Nacht-<strong>Taxi</strong>s“ zu Wort. Es<br />
sollte wegen geringer Nachfrage eingestellt<br />
werden. Die Gesamtzahl der von der einen<br />
großen Zentrale in Bremen – dem <strong>Taxi</strong>-Ruf,<br />
welchem 90 Prozent aller <strong>Taxi</strong>s angeschlossen<br />
sind – vermittelten Fahrten sei insgesamt<br />
stark zurückgegangen, heißt es als<br />
offizielle Begründung. Der Frauen-Nacht-<br />
<strong>Taxi</strong>-Tarif werde laut Aussage der IG Bremer<br />
<strong>Taxi</strong>fahrer rege von Frauen genutzt – und<br />
zwar nicht, wie eigentlich vorgesehen, über<br />
telefonische Bestellung, sondern auch am<br />
<strong>Taxi</strong>platz. Der Rückgang der Bestellungen<br />
des Frauen-<strong>Taxi</strong>s entspräche dem Rückgang<br />
aller Touren.<br />
Unisono äußerten sich auch die Parteien<br />
– bis auf die FDP – in der Bremer Tageszeitung<br />
„Weser Kurier“ negativ über die<br />
Abschaffungspläne des Rabatts. Claudia<br />
Bernhard von der Fraktion Die Linke<br />
spricht in einer Presseerklärung gar von<br />
einem „inakzeptablen frauenpolitischen<br />
Rückschritt,“ der revidiert werden müsse.<br />
„Die Idee, dass ein Sondertarif für zufällig<br />
FOTOS: Fotolia / Yeko Photo Studio, IG Bremer <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
18 SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
BESUCH IN BREMEN<br />
vorbeikommende <strong>Taxi</strong>s Sicherheit für<br />
Frauen schafft, ist absurd.“<br />
Was bei dieser Empörungswelle allerdings<br />
zu kurz kam: Der Rabatt dieser<br />
Nachtfahrten wird einzig und allein vom<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe getragen. „Es war der Wunsch<br />
unserer Mitglieder, das Frauen-Nacht-<br />
<strong>Taxi</strong> einzustellen“, sagt Ingo Heuermann,<br />
Vorstandsmitglied der Bremer Fachvereinigung<br />
Personenverkehr sowie des Bremer<br />
<strong>Taxi</strong>-Rufs, gegenüber <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>. Und<br />
ergänzt: „Mindestlohn und Einzelaufzeichnungspflicht<br />
und die damit verbundenen<br />
Mehrkosten lassen keinen Spielraum mehr<br />
für Vergünstigungen. Eine finanzielle Beteiligung<br />
der Stadt Bremen war damals wie<br />
heute politisch nicht durchsetzbar.“<br />
Heuermann verweist auf eine Abstimmung<br />
der Mitgliederversammlung. Diese<br />
wiederum wird von <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
Jendrik Huning kri tisiert. „Es haben nur 58<br />
von circa 200 Bremer <strong>Taxi</strong>unternehmen<br />
überhaupt an der Abstimmung teilgenommen.<br />
Das sind 29 Prozent.“ Außerdem<br />
habe man erst zur Abstimmung aufgerufen,<br />
nachdem der Antrag schon eingereicht<br />
worden sei. „Dort wiederum wurde auch<br />
lange und kon trovers um den Winker-Tarif<br />
diskutiert“, berichtet Huning.<br />
Dieser Tarif sieht vor, dass Fahrgäste, die<br />
ein <strong>Taxi</strong> ohne Bestellung vom Straßen rand<br />
heranwinken, eine Pauschale von sieben<br />
Euro für eine Strecke von bis zu drei Kilometern<br />
zahlen sollen – ohne Bezahlung von<br />
Wartezeiten. Der vierte Kilometer kostet<br />
5,10 Euro, weil innerhalb eines Kilometers<br />
nach Überschreiten der drei Kilometer der<br />
Normaltarif eingeholt wird, also 12,10 Euro<br />
statt 7,00 Euro.<br />
„WINKER-TARIF“ ALS KOMPENSA-<br />
TION FÜR „FRAUEN-NACHT-TAXI“<br />
Heuermann sieht in diesem Tarif auch eine<br />
Kompensation für die Frauen, während die<br />
IG <strong>Taxi</strong>fahrer auch diesen Teil des Tarifantrags<br />
kritisiert. Berechnungen zufolge<br />
müssten Frauen für eine Vier-Kilometer-<br />
Strecke selbst beim Winker-Tarif immer<br />
noch 35 Prozent mehr bezahlen als beim<br />
jetzigen Frauen-Nacht-Tarif, argumentiert<br />
Bark. Der Tarif sei selbst für den Kunden<br />
nicht zu verstehen, da die ersten 1,6 Kilometer<br />
teurer würden als bisher und der<br />
Fahrgast genau Bescheid wissen müsse,<br />
auf welchen Strecken er wirklich spart.<br />
„Das ist zu viel verlangt und überfordert<br />
unsere Kunden“, sagte Bark. Auch für den<br />
<strong>Taxi</strong>fahrer sei er schlecht kalkulierbar, da<br />
Marko Bark, Bremer <strong>Taxi</strong>fahrer.<br />
die Wartezeit überhaupt nicht berech net<br />
würde und so Verzögerungen durch den<br />
Berufsverkehr den Lohn drücken. Die Fachvereinigung<br />
Personenverkehr und die FDP<br />
möchten den Winker-Tarif, weil sie sich<br />
mehr Umsatz durch einen Rabatt erhoffen.<br />
Auch hier wird das Gutachten von Linne &<br />
Krause herangezogen. Die Experten schlagen<br />
darin vor, dass ein Rabatt auf Kurzstrecken<br />
das Geschäft beleben könnte.<br />
Entscheiden mussten letztendlich die<br />
Bremer Stadtpolitiker. Sie stimmten für die<br />
Erhöhung und den Winker-Tarif, aber gegen<br />
die Abschaffung des Frauen-Nacht-Tarifs.<br />
Nach viel theoretischem Für und Wider<br />
wird nun die Praxis zeigen, welche Bedenken<br />
zum Tragen kommen. jh, prh<br />
Damit fahren Sie gut<br />
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TAXIdo-Display<br />
auf der<br />
Rückenlehne des<br />
Vordersitzes.<br />
THEATER-TIPP IM TAXI<br />
Die Versorgung mit digitaler Werbung ist beinahe flächendeckend.<br />
Jetzt soll sie auch im <strong>Taxi</strong> für die Fahrgäste Einzug halten.<br />
Schlaue Displays machen’s möglich.<br />
Über digital gesteuerte Dachwerbung auf dem <strong>Taxi</strong> und<br />
ihre technischen Möglichkeiten haben wir bereits<br />
berichtet. Das Gleiche geht auch innen: im Fahrgastraum.<br />
Displays werden an der Kopfstütze oder auf der Konsole zwischen<br />
den Vordersitzen im Blickfeld der Fahrgäste angebracht. Über<br />
eine Internet verbindung können darauf alle möglichen<br />
Infotainment Programme abgespielt werden.<br />
Mithilfe eines Ad-Servers, GPS-Technologie sowie eines entsprechend<br />
schlau programmierten Algorithmus ist eine standort- und<br />
zeitbezogene Information möglich – und es kann sogar das Wetter<br />
und die Temperatur einbezogen werden. Fährt das <strong>Taxi</strong> beispielsweise<br />
am Stadttheater vorbei, kann im Info Display der<br />
Name des aktuellen Stücks angezeigt werden und ob noch Karten<br />
verfügbar sind.<br />
NEUE TECHNIK BELEBT ALTE KONZEPTE<br />
Die Idee ist nicht neu. Werbung im <strong>Taxi</strong> ist so alt wie das<br />
<strong>Taxi</strong> selbst. Es begann mit Flyern und anderem<br />
Werbematerial in Taschen an den Rückenlehnen,<br />
Aufklebern und bedruckten Überzügen an den<br />
Kopfstützen. Dann kamen die ersten Bildschirme,<br />
anfangs mit Abspielgeräten im Auto.<br />
Die Hardware war sehr teuer, digitale Übertragungswege<br />
zu langsam. Das hat sich im<br />
Lauf der Zeit geändert. Monitore und Datenübertragung<br />
per Handyfunk kosten nicht<br />
mehr die Welt, und ihre Möglichkeiten,<br />
Werbung gezielt und individuell gesteuert<br />
abzuspielen, sind enorm.<br />
Das Programm, welches darauf übertragen wird,<br />
wird als „gehobenes Infotainment“ bezeichnet:<br />
Nachrichten, Wetterberichte, Filmtrailer und direkte<br />
Werbung im Verhältnis 1:5 in Form von bildfüllenden<br />
Clips oder eingeblendeten Bannern und Laufschriftbändern.<br />
Das ist so ähnlich wie das U-Bahn-Fernsehen im<br />
öffentlichen Nahverkehr – nur schöner. In den Zügen läuft den<br />
ganzen Tag dasselbe Programm in Dauerschleife. Das <strong>Taxi</strong><br />
Fernsehen passt sich Zeit und Ort an und wird aktuell von einer<br />
Redaktion betreut.<br />
Semih Stöcker,<br />
Geschäftsführer<br />
von fleet ad.<br />
BEZAHLUNG AUF NIVEAU DER AUSSENWERBUNG<br />
Für Werber ist das alles hochinteressant, kostensparend<br />
für die einen und einträglich für die anderen. Und<br />
was hat der <strong>Taxi</strong>unternehmer davon? Das Bezahlmodell<br />
sieht einen monatlichen Sockelbetrag<br />
plus Extra zahlungen für zeitlich begrenzte<br />
Kampagnen vor. Im Großen und Ganzen<br />
bewegt sich das Honorar auf dem Niveau<br />
von Außenflächenwerbung. Mit dem Unterschied,<br />
dass man im Innenraum den Kunden<br />
einen Mehrwert bietet. Sofern er diesen will.<br />
Oft hat der Fahrgast während der <strong>Taxi</strong>fahrt<br />
auch nichts Besseres zu tun. Das Tablet habe<br />
einen kommunikativen Nutzen, weil es zusätzlichen<br />
Gesprächsstoff biete, berichten die Anbieter<br />
vom Feedback der Kunden und der <strong>Taxi</strong>fahrer.<br />
Der Markt ist umkämpft. Drei Anbieter buhlen<br />
derzeit um teilnehmende <strong>Taxi</strong>betriebe. Die Firma<br />
fleet ad hat ihren Sitz in Köln. Nach dem Start mit<br />
200 <strong>Taxi</strong>s in der Domstadt vermarktet man nach eigenen Angaben<br />
inzwischen 2 000 <strong>Taxi</strong>s in 15 deutschen Großstädten. Bis Jahresende<br />
sollen es 5 000 sein. In jeder Stadt will man zunächst zehn<br />
Prozent der bestehenden <strong>Taxi</strong>flotte mit Infotainment Systemen<br />
ausrüsten.<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong>do, <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>, adscab, fleetad<br />
20<br />
SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
KUNDENSERVICE<br />
Das Display von IAT mit gepolstertem Rahmen auf<br />
der Rückenlehne des Beifahrersitzes.<br />
Der Anbieter fleed ad baut die Displays<br />
zwischen die Vordersitze.<br />
Die Zehn-Zoll-Bildschirme sind zwischen den Sitzen integriert,<br />
die Installation braucht nur wenige Minuten und kann auch vom<br />
Fahrer nachts deinstalliert werden. Das interaktive Programm<br />
stammt von Kooperationspartnern wie Sky Deutschland, n-tv oder<br />
RTL. Die Fahrgäste können einen kostenlosen Hotspot nutzen.<br />
Namhafte Kunden haben bereits Kampagnen realisiert – darunter<br />
die Telekom, HRS, Spotify, Eurowings oder HERE. Technologische<br />
und inhaltliche Ausbaustufen sind in Planung. Last, but not least<br />
können <strong>Taxi</strong>unternehmen die Geräte auch für Eigenwerbung<br />
kostenfrei – inklusive ihrer Kontaktdaten – nutzen.<br />
Die Firma IAT – Innovative Advertising Technologies GmbH hat<br />
die ersten Monitore in Berliner <strong>Taxi</strong>s eingebaut. Dabei handelt es<br />
sich um Flachbildschirmgeräte hoher Qualität. Den Einbau hinter<br />
der Kopfstützte des Beifahrersitzes hat eine autorisierte Fachwerkstatt<br />
übernommen (geht schnell). Der Rahmen des Geräts ist<br />
gepolstert, damit sich niemand daran verletzt. Man hat an alles<br />
gedacht. Die Kosten trägt die Betreiberfirma.<br />
Der Fahrgast kann per Touchscreen die Lautstärke verändern<br />
und einzelne Beiträge anhalten, um sie länger zu betrachten – und<br />
das Ding ausschalten, wenn er keine Lust mehr hat. Das „ADsCaB“-<br />
Gerät erkennt, ob jemand davor sitzt oder nicht und schaltet sich<br />
entsprechend ein und aus.<br />
Keine leichte Aufgabe, denn im Vergleich zur Medienwerbung in<br />
Fernsehen, Funk und Print ist die Frequenz (Kundenkontakt pro<br />
Einsatz) oberflächlich betrachtet gering. Die Besonderheit liegt<br />
allerdings nicht in der Frequenz, sondern in der Qualität der Kontakte<br />
bei gleichzeitiger Streuverlustreduzierung, betonen die<br />
Betreiber einheitlich. Und verweisen auf die Win-win-Situation<br />
beider Seiten. Nicht nur aufgrund der finanziellen Beteiligung an<br />
den Werbemaßnahmen – sondern auch, weil man damit die Attraktivität<br />
des <strong>Taxi</strong>s für den Kunden erhöht. In Zeiten zahlreicher<br />
Wettbewerber sicherlich kein unerhebliches Argument. jh + wh<br />
Die Fahrtenvermittlung, mit der<br />
Sie wirklich mehr Geld verdienen!<br />
POSITIVE FAHRERBEFRAGUNGEN<br />
Die Erprobungsphase wird von IAT intensiv betreut. Befragungen<br />
im Frühjahr <strong>2017</strong> haben ergeben, dass sich die <strong>Taxi</strong>fahrer von den<br />
Darbietungen des Geräts nicht gestört fühlen. Im Gegenteil – die<br />
Fahrgäste hätten immer gleich ein Gesprächsthema, was die Atmosphäre<br />
im <strong>Taxi</strong> merklich entspannt. Abschalten kommt nur selten<br />
vor. Alle sind hochgradig zufrieden, sagt die IAT-Studie.<br />
In München wird ein ähnliches System über die Firma TAXIdo.<br />
tV vermarktet. Beteiligt ist daran der regionale Telekommunikationsanbieter<br />
M-net und die PREX Programmatic Exchange, hinter<br />
der Mediaplus und Plan.Net sowie der DSP-Anbieter Active Agent<br />
und Ströer SSP stehen. Dieses Firmengeflecht bespielt eigentlich<br />
öffentliche Bildschirme in Flughäfen, Bahnhöfen und dergleichen.<br />
Das <strong>Taxi</strong> mit seiner vermeintlich zahlungskräftigen Kundschaft<br />
wurde gerade neu entdeckt.<br />
Allen Anbietern ist gemein, dass sie auf mehreren Hochzeiten<br />
gleichzeitig tanzen. Für die Entwicklung und Bereitstellung des<br />
technischen Equip ments mussten sie viel Geld ausgeben. Dann<br />
müssen die Anlagen bespielt werden. Programm muss erstellt<br />
werden, und zwar kontinuierlich neu. Auf die Akquise von Werbekunden<br />
wird am meisten Energie verwendet. Sie bringen das Geld.<br />
TAXI SEPTEMBER / <strong>2017</strong> 21<br />
GÜNSTIG - Kosten der Zentrale reduzieren<br />
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ANTRIEB<br />
NEWSTICKER<br />
ERSTES CHINESISCHES<br />
ELEKTRO-TAXI FÄHRT<br />
DURCH REGENSBURG<br />
Ein <strong>Taxi</strong> unternehmen aus Regensburg hat<br />
das erste Elektrotaxi des chinesischen Herstellers<br />
BYD in Betrieb genommen. An den<br />
Schnellladestationen kann das Modell mit<br />
bis zu 40 Kilowatt (kW) geladen werden.<br />
Damit ermöglicht bereits die Zwischenladung<br />
von einer halben Stunde weitere 100<br />
Kilometer Reichweite, eine Vollladung für<br />
400 Kilometer Reichweite wird in zwei<br />
Stunden erreicht.<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmer Manfred Hetznegger<br />
bestätigt die Wirtschaftlichkeit des Fahrzeugs:<br />
„Ein <strong>Taxi</strong> fährt bei uns im Jahr rund<br />
100 000 Kilometer. Die Stromrechnung<br />
dieses Fahrzeugs liegt im Monat mit Tagesund<br />
Nachtschicht bei ca. 350 Euro. Ein<br />
Dieselfahrzeug verbraucht im selben<br />
Zeit raum Sprit für rund 600 Euro.“ Als<br />
Ge neralimporteur für BYD fungiert das<br />
Deggendorfer Unternehmen Fenecon. nu<br />
Deutschlands erstes BYD-<strong>Taxi</strong> fährt in<br />
Regensburg.<br />
DAIMLERS ROBOTER-<br />
TAXIS SCHON FRÜHER<br />
EINSATZBEREIT?<br />
Weltweit gibt es ein Wettrennen der Autokonzerne<br />
um die neue Technologie, die nicht<br />
nur das <strong>Taxi</strong>gewerbe tiefgreifend verändern<br />
wird. Bereits schon in sechs Jahren könnten<br />
die ersten Roboter-<strong>Taxi</strong>s in Deutschland verfügbar<br />
sein. Bosch arbeitet fieberhaft in<br />
Kooperation mit Daimler an einem fahrerlosen<br />
<strong>Taxi</strong>. Dessen Marktreife war vor zwei<br />
Jahren noch für 2030 vorge sehen. Mittlerweile<br />
will Bosch die ersten Roboter-<strong>Taxi</strong>s<br />
2025 auf die Straßen schicken.<br />
Bevor die Roboterfahrzeuge durch die<br />
Gegend kurven können, müssen aber<br />
immer noch die rechtlichen Hürden ge nommen<br />
und Fragen – wie beispielsweise die<br />
der Haftung oder hinsichtlich der Gefahr<br />
von Hackerangriffen – geklärt werden. Bis<br />
dahin bleibt jede neue Ankündigung nur<br />
eins: Eine Steige rung des Aktienkurses<br />
und des Un ter neh mens wertes. nu + prh<br />
Pro Jahr werden bei Bosch 400 Millionen Euro in die Elektromobilität<br />
investiert. Schwerpunkt sind dabei Forschung und Entwicklung im<br />
Bereich Batterie.<br />
BOSCH ERWÄGT DEUTSCHE<br />
BATTERIEZELLENPRODUKTION<br />
Bislang werden die einzelnen Zellen, aus denen Akkumulatoren deutscher<br />
Elektrofahrzeuge bestehen, nur von asiatischen Herstellern<br />
gefertigt. Der Automobilzulieferer Bosch möchte dies ändern und<br />
erwägt in die Batteriezellenproduktion für Elektroautos einzusteigen.<br />
Eine eigene wettbewerbsfähige Batteriezellenproduktion ist momentan<br />
energieaufwändig und damit sehr kostenintensiv. Bosch müsse<br />
nun – laut Volkmar Denner, dem Leiter des Technikkonzerns – „etwas<br />
in der Zellchemie finden“, um sich von den asiatischen Herstellern<br />
abzuheben. Außerdem sollen die neuartigen Zellen in bereits<br />
bestehenden Batteriefabriken verarbeitbar sein.<br />
Forscher und Entwickler hätten bereits ihre Arbeit aufgenommen.<br />
Hersteller und Zulieferer feilen erste Details aus. Die endgültige Entscheidung,<br />
ob man in die Produktion einsteige, soll Ende diesen oder<br />
Anfang nächsten Jahres fallen. Auch die Gewerkschaften befürworten<br />
eine Produktion in Deutschland. Der Gewinn würde geschmälert,<br />
wenn das teure Herzstück der Elektroautos aus dem Ausland eingekauft<br />
werden müsse.<br />
nu + prh<br />
BZP FORDERT RUNDEN TISCH<br />
In einer Pressemitteilung nahm der Deutsche <strong>Taxi</strong>- und Mietwagenverband<br />
(BZP) zum Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart Stellung.<br />
Das Gericht hatte der Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen<br />
das Land Baden-Württemberg in vollem Umfang stattgegeben. „Das<br />
Verkehrsverbot verstößt nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit,<br />
weil der Gesundheitsschutz höher zu gewichten ist als<br />
das Recht auf Eigentum und die allgemeine Handlungsfreiheit der<br />
vom Verbot betroffenen Kraftfahrzeugeigentümer“, so der Vorsitzende<br />
Richter Wolfgang Kern in der Urteilsbegründung.<br />
Das <strong>Taxi</strong>gewerbe hänge mit dem Urteilsspruch sprichwörtlich in<br />
der Luft, moniert dagegen Thomas Grätz, Geschäftsführer des BZP.<br />
„Für dauerhafte und saubere Mobilität benötigen wir die Unterstützung<br />
von Bund, Ländern und Kommunen. Wir brauchen Rechtssicherheit,<br />
um 365 Tage lang 24 Stunden überall für unsere Kunden unsere<br />
Dienstleistung zu erbringen. Das Gewerbe benötigt langfristig ver <br />
läss liche Rahmenbedingungen. Wir wollen die Mobilität für alle ge <br />
währ leisten und fordern dazu einen runden Tisch mit Politikern, Vertretern<br />
der Wirtschaft und des <strong>Taxi</strong>- und Mietwagengewerbes.“ nu<br />
FOTOS: Fenecon, Bosch<br />
22<br />
SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
ANTRIEB<br />
Mit „MirrorLink“ werden<br />
die Fahrtaufträge<br />
im Display der B-Klasse<br />
angezeigt.<br />
BESTELLCODE<br />
»LINK TAXI«<br />
In Mercedes- und VW-Modellen lassen sich künftig bestimmte<br />
Funkgeräte innerhalb von zehn Minuten einbauen. Die Aufträge<br />
der <strong>Taxi</strong>zentrale werden im Display des Fahrzeugs abgebildet.<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
Die Funkwerkstätten dürfte das weniger freuen, die <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
dagegen umso mehr: Die für die Teilnahme<br />
an der Funk vermittlung notwendigen Geräte können künftig<br />
nur noch über ein Adapter kabel angesteckt werden, ohne dass<br />
vorher das halbe Auto auseinandergenommen werden muss.<br />
Plug ’n’ Play genügt und schon sind alle Geräte miteinander vernetzt.<br />
Die Fahrzeugverkabelung selbst ist nämlich bereits vom<br />
Hersteller verbaut und kann im Rahmen des <strong>Taxi</strong>pakets beim Fahrzeugkauf<br />
gleich mitbestellt werden. Sowohl der Volkswagen<br />
Konzern mit seinen Sparten Pkw und Nutzfahrzeuge als auch<br />
Mercedes haben dafür spezielle Codes in der Preisliste. VW nennt<br />
das Feature „Vernetztes <strong>Taxi</strong>“, bei Mercedes heißt das „Mercedes<br />
Benz Link <strong>Taxi</strong>“. Es wird unter anderem für die Modelle Passat,<br />
Touran, Golf Plus und Caddy angeboten. Bei Mercedes sind die E<br />
und die B-Klasse verbunden.<br />
Möglich wurde dies durch eine Kooperation zwischen den beiden<br />
Fahrzeugherstellern und fms. Von Letzterem werden die Geräte<br />
und passenden Adapterkabel geliefert. „Unser fms-SmartHUBX<br />
muss lediglich in den dafür vorgesehenen Port gesteckt werden“,<br />
erläutert Geschäftsführer Michael Weiss. Die Übertragung der<br />
Der für die Funkverbindung notwendige SmartHUBX ist bei dieser<br />
B-Klasse im Handschuhfach verbaut. Das Adapterkabel muss nur<br />
angesteckt werden.<br />
Displaydaten erfolgt via Smartphone auf das Fahrzeugdisplay. „Mit<br />
Plug ’n’ Play lassen sich dann alle anderen Geräte wie PIN Pad und<br />
Drucker anstecken. Dazu vernetzen wir den fms-SmartHUBX mit<br />
dem Taxameter und ermöglichen den Anschluss an CiA 447.“<br />
Diese Lösung ist derzeit nur für <strong>Taxi</strong>unternehmer sinnvoll, die an<br />
einer Zentrale mit Auftragsvermittlung über das fms-Vermittlungssystem<br />
angeschlossen sind. Der Systemanbieter wird diese Funktionalität<br />
zukünftig über die Open Dispatch Initiative (ODI) auch<br />
für <strong>Taxi</strong>unternehmer anderer Vermittlungshersteller zugänglich<br />
machen.<br />
AUFTRAG ÜBER DIE HEADUNIT<br />
Für die Auftragsvermittlung wird damit ausschließlich die Headunit<br />
der Fahrzeuge genutzt. Der Auftrag und alle sonstigen Informationen<br />
erscheinen in den Fahrzeugdisplays und sind über die<br />
Bedienelemente des Fahrzeugs steuerbar. Vorbei sind damit die<br />
Zeiten, in denen die Vermittlungs-Hardware in der Mittelkonsole<br />
unten oder im Bereich der Lüftungsdüsen angebracht werden<br />
musste. „Das war nicht ideal“, berichten <strong>Taxi</strong>unternehmen. „Die<br />
Fahrer waren wegen der zu tief eingebauten Geräte während des<br />
Lesens der Aufträge vom Verkehrsgeschehen abgelenkt.“ In der<br />
fms-Variante „carConnect“ sind die Adressen und Auftragsinfos<br />
nun im Blickbereich des Fahrers – je nachdem, wo die Hersteller<br />
ihre Displays platziert haben. Die bisher rund dreistündige Einbauzeit<br />
reduziert sich jetzt auf 10 bis 30 Minuten.<br />
„Um diese Lösung für den Einsatz im <strong>Taxi</strong> zu ermöglichen, muss<br />
man tief in die Sicherheitsrichtlinien der Automobilhersteller eintauchen“,<br />
beschreibt Weiss das Entwicklungsverfahren. „Bei<br />
Mercedes mussten wir uns mit den verschiedensten Abteilungen<br />
abstimmen, ehe wir die Zertifizierung bekommen haben.“ Die Vernetzung<br />
mit CiA 447 erspart eine separate Zusatzverkabelung für<br />
die Taxameteranbindung zur Übernahme von Fahrtdatensatz oder<br />
den Besetztstatus. Außerdem kann das fms-System damit das <strong>Taxi</strong>schild<br />
steuern: Sobald ein Auftrag angenommen wird, schaltet sich<br />
die Dachleuchte automatisch ab. Die Vernetzung mit dem fahrzeugeigenen<br />
<strong>Taxi</strong>-Alarm ist darüber ebenfalls sichergestellt. jh<br />
TAXI SEPTEMBER / <strong>2017</strong><br />
23
ANTRIEB<br />
Zukunftsprämie für den Erdgas-Caddy: VW gewährt einen<br />
zusätzlichen Nachlass über 5. 000 Euro.<br />
Toyota nennt seine Vergünstigung „Eintauschbonus“. Er gilt für<br />
Gewerbekunden – aber trotzdem nicht für das <strong>Taxi</strong>.<br />
MIT PRÄMIEN GEGEN<br />
DAS DIESEL-DILEMMA<br />
Volkswagen lockt mit seinen Umwelt- und Zukunftsprämien auch<br />
das <strong>Taxi</strong>gewerbe – während Toyota die Branche links liegen lässt.<br />
Der Volkswagen-Konzern gewährt<br />
bis Jahresende nicht mehr nur die<br />
gängigen <strong>Taxi</strong>konditionen, sondern<br />
setzt eine Umwelt- und Zukunftsprämie<br />
on top. Sie gilt für den Tausch eines alten<br />
Diesel modells. Der Neuwagen muss bis<br />
spätestens 31. Dezember <strong>2017</strong> bestellt und<br />
bis spätestens 30. Juni 2018 zugelassen<br />
werden. Davon profitieren auch Fans des<br />
Erdgasantriebs: Für Käufer eines Erdgasmodells<br />
Caddy TGI gibt’s eine Zukunftsprämie<br />
in Höhe von 5 000 Euro.<br />
Wer trotz der aktuellen Dieseldebatten<br />
und drohender Fahrverbote weiterhin auf<br />
ein Dieselmodell der Marke Euro 6 vertraut,<br />
bekommt bei VW auch auf neue Dieselfahrzeuge<br />
eine als „Umwelt prämie“ deklarierte<br />
Vergünstigung. Diese liegt beim Touran<br />
bei 6 000 Euro. Käufern eines Passat oder<br />
Sharan wird jeweils 8 000 Euro Umweltprämie<br />
gewährt. Über 4 000 Euro dürfen sich<br />
Käufer eines Caddy Life freuen. Für den<br />
Multivan gibt es sogar 10 000 Euro Prämie.<br />
ALTFAHRZEUG MUSS<br />
VERSCHROTTET WERDEN<br />
Experten raten, beim Kauf eines Dieselmodells<br />
darauf zu achten, ob dieses Modell<br />
bereits den neuen Euro-6d-Motor hat, der<br />
im Vergleich zum bisherigen Euro 6 sauberer<br />
sein soll. Während die Euro-6-Norm<br />
80 Mil ligramm NOx pro Kilometer vorsieht,<br />
sind bei der Norm Euro-6d-Temp<br />
im RDE-Messver fahren maximal 168 Milligramm<br />
erlaubt. Fahrzeuge mit Euro 6d<br />
nutzen zudem Abgasreinigungsinstanzen,<br />
die näher am Motor platziert sind. Dadurch<br />
lassen sich die Abgastemperaturen leichter<br />
in den Griff bekommen. So verlockend<br />
die Angebote auch klingen mögen, vor<br />
dem Kauf empfiehlt es sich, die jeweiligen<br />
Bedingungen genau unter die Lupe zu nehmen.<br />
Diese sehen beispielsweise vor, dass<br />
das Fahrzeug nachweislich verschrottet<br />
werden muss oder die Prämien nur gewährt<br />
werden, wenn es sich um ein Fahrzeug der<br />
Abgasstandards Euro 1 bis Euro 4 (entspricht<br />
einer maximalen Erstzulassung bis<br />
zum 31. Dezember 2011) handelt.<br />
Umtauschprämien gewähren mittlerweile<br />
etliche Fahrzeughersteller – jedoch<br />
sind diese meist nur für Privatkunden gültig.<br />
Toyota hat seine Umtauschprämie über<br />
2000 Euro brutto kürzlich für Gewerbekunden<br />
erweitert, um dann das <strong>Taxi</strong>gewerbe<br />
doch wieder auszuschließen. <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
fühlen sich durch diese Entscheidung<br />
regelrecht vor den Kopf gestoßen. nu<br />
Bei den ausgewiesenen Beträgen handelt es<br />
sich um Bruttopreise.<br />
ZWEI MILLIONEN EURO FÜR MÜNCHNER E-TAXIS<br />
Auch die Politik nimmt Geld in die Hand, um eine Umweltwende<br />
zu beschleunigen. Mit zwei Millionen Euro will die<br />
Stadt München den Umstieg auf Elektro-<strong>Taxi</strong>s ankurbeln.<br />
Jeder <strong>Taxi</strong>unternehmer erhält 20 Cent pro Besetztkilometer<br />
eines nach dem 1. Janaur <strong>2017</strong> zugelassenen Elektro- oder<br />
Wasserstoff-<strong>Taxi</strong>s. Dieser Zuschuss wird maximal drei Jahre<br />
bzw. solange gewährt, bis 40 Prozent des Anschaffungs preises<br />
erreicht sind oder – nach dem „Windhundprin zip“ – der Fördertopf<br />
der bewilligten Summe ausgeschöpft ist. Das Gesundheitsreferat<br />
hat ausgerechnet, dass man damit 170, also rund<br />
fünf Prozent aller Münchner <strong>Taxi</strong>s fördern kann. Neben den<br />
klar definierten Antrieben<br />
(Elektro bzw. Wasserstoff,<br />
kein Hybrid oder Plug-in mit<br />
Range- Extendern) stellt die<br />
Stadt weitere Bedingungen.<br />
So muss beispielsweise ein<br />
Fiskaltaxameter mit INSIKA-<br />
Um in München E-<strong>Taxi</strong>s zu etablieren,<br />
macht die Stadt Geld locker.<br />
Verfahren verbaut sein und die Datenübertragung ist auch<br />
dann noch verpflichtend, wenn die Fördersumme bereits ausgeschöpft<br />
ist. An jedem geförderten E-<strong>Taxi</strong> muss zudem eine<br />
Außenwerbung an den Türen angebracht sein. <br />
jh/nu<br />
FOTOS: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>, Intax<br />
24<br />
SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
ANTRIEB<br />
WAS AUS DEM AUSPUFF<br />
KOMMT, INTERESSIERT<br />
NUR WENIGE<br />
In einer kürzlich vorgestellten Liste mit umweltverträglichen Autos<br />
taucht nur ein Modell auf, das auch als <strong>Taxi</strong> eingesetzt wird.<br />
Dieselmodelle fehlen komplett.<br />
FOTOS: Intax, Wilfried Hochfeld<br />
Der Verkehrsclub Deutschland<br />
(VCD) hat Anfang <strong>September</strong> seine<br />
neue Liste mit umweltverträglichen<br />
Autos vorgestellt. Mit 34 Pkw ist sie<br />
recht kurz, die Aufnahmekriterien waren<br />
sehr streng: CO2-Ausstoß unter 150 g/km,<br />
kein Diesel (wegen der real hohen NOx-<br />
Werte), kein Benzin-Direkteinspritzer ohne<br />
Partikelfilter (wegen der Feinstaubpartikel),<br />
geringe Fahrgeräusche. Damit sind<br />
schon mal fast alle gegenwärtig produzierten<br />
Autos ausgeschlossen. Hinzu kommt,<br />
dass reale Messwerte von der Straße<br />
zugrunde gelegt werden, die von vielen<br />
Herstellern nicht preisgegeben werden,<br />
falls sie überhaupt vorliegen.<br />
So kommt es, dass es nur sechs Benzin-<br />
Elektro-Hybride, fünf Erdgas-Pkw, 13 Benziner<br />
und zehn Elektroautos auf die Liste<br />
geschafft haben. Die Hybridmodelle sind<br />
alle von Toyota bzw. Lexus. Die CNG-Autos<br />
sind die kleinen Modelle von VW und Audi.<br />
Der VW Caddy steht nicht drauf. Ihm ist<br />
sein Status als Nutzfahrzeug zum Verhängnis<br />
geworden. Der VCD beschäftigt sich nur<br />
mit Pkw. Skoda hat keine Straßenmesswerte<br />
preisgegeben. Deshalb wird der CNG<br />
Octavia nicht erwähnt.<br />
Die Benziner sind allesamt Kleinwagen<br />
von PSA (Citroën, Peugeot), Renault, Toyota<br />
Eines der wenigen taxitauglichen<br />
Modelle auf der VCD-Umweltliste ist<br />
der Toyota Prius+.<br />
Presserummel: In Zeiten des Diesel-Dilemmas ist das mediale Interesse an der Präsentation<br />
der VCD-Umweltliste besonders groß.<br />
und der VW up! ist als einziges deutsches<br />
Produkt aufgeführt. Die erwähnten E-Autos<br />
sind ebenfalls klein bis maximal Golf-Format.<br />
Tesla passt dem VCD nicht ins Umweltkonzept<br />
und steht auch nicht auf der Liste.<br />
TESLA PASST NICHT INS<br />
UMWELTKONZEPT<br />
Alles in allem propagiert der VCD kleine<br />
Autos mit geringem Verbrauch und/oder<br />
alternativem Antrieb und macht sich damit<br />
zum radikalen Verfechter einer schnellen<br />
Verkehrswende. Das kommt nicht nur in<br />
der geringen Anzahl empfohlener Autos<br />
zum Ausdruck, sondern auch in den begleitenden<br />
Statements seines Vorstands. Die<br />
Autoindustrie – allen voran die deutsche –<br />
und die deutsche Politik werden heftig<br />
angegriffen. Die Industrie mogelt sich um<br />
zu lasche Grenzwerte herum, täuscht die<br />
Verbraucher, baut Verbesserungen, die<br />
sofort ohne große Kosten möglich wären,<br />
beharrlich nicht ein, verkauft immer noch<br />
Autos, die vielleicht schon bald nicht mehr<br />
überall fahren dürfen, usw. – und die Politik<br />
lässt das alles zu und unternimmt nichts<br />
Wirksames für eine schnelle Verbesserung.<br />
Autokauf ist und bleibt auf absehbare<br />
Zeit riskant. Wer jetzt eins von seinen Listenautos<br />
kauft, ist vor Fahrverboten relativ<br />
sicher, sagt der VCD. Dem <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
nützt das wenig. Von den Listenautos<br />
ist nur der Toyota Prius+ wirklich gut geeignet.<br />
Andere umweltfreundliche und geeignete<br />
Modelle ohne das Risiko von baldigen<br />
Fahrverboten müssen wir uns selbst<br />
suchen. Der aktuelle Mercedes E 220d hätte<br />
es übrigens fast auf die VCD-Liste geschafft.<br />
Leider verbraucht er auf der Straße insgesamt<br />
zu viel. wh<br />
TAXI SEPTEMBER / <strong>2017</strong><br />
25
ANTRIEB<br />
Eher eine „kleine<br />
Limousine“, die<br />
sich dennoch am<br />
Design des FX3,<br />
FX4 und TX4<br />
orientiert.<br />
AUS DIESEL<br />
<br />
WIRD ELEKTRIK<br />
Der Hersteller des klassischen London- <strong>Taxi</strong>s hat im Juli Details zum<br />
komplett neu motorisierten Modell enthüllt und dazu auch gleich einen<br />
Großabnehmer außerhalb Englands präsentiert.<br />
Es scheint, als käme nur ein <strong>Taxi</strong> für Londons Ultra Low<br />
Emission Zone (ULEZ), die im Januar 2018 eingeführt wird,<br />
infrage – auch wenn Nissan immer noch versucht, mit der<br />
Konkurrenz mitzuhalten. Bei einer Veranstaltung im historischen<br />
Londoner Hafenviertel stellte das Unternehmen London Electric<br />
Vehicle Company (LEVC) – das bisher unter dem Namen London<br />
<strong>Taxi</strong> Company (LTC) bekannt war – in diesem Sommer das neue<br />
London-<strong>Taxi</strong> mit Elektromotor vor.<br />
Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Name des neuen Modells<br />
enthüllt. Traditionsgemäß enthält es das TX und lautet nun<br />
TX eCity. Das Unternehmen lenkte zudem die Aufmerksamkeit<br />
auf seine internationalen Bestrebungen und gab bekannt, von<br />
RMC mit der Lieferung von 225 TX-eCity-Fahrzeugen beauftragt<br />
worden zu sein. RMC – eines der größten <strong>Taxi</strong>unternehmen und<br />
gleichzeitig einer der größten Mobilitätsanbieter der Niederlande<br />
mit Sitz in Rotterdam – wird darüber hinaus als Importeur für die<br />
Beneluxstaaten fungieren. Die Fahrzeuge werden Anfang 2018<br />
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der derzeit bei RMC unter Vertrag ist, für das Befördern von Menschen<br />
mit eingeschränkter Mobilität eingesetzt.<br />
UNTERSTÜTZUNG DURCH EINEN BENZINMOTOR<br />
In der finalen Version des neuen London-<strong>Taxi</strong>s wird ein hoch entwickelter<br />
Elektromotor mit einem sogenannten „Range Extender“<br />
kombiniert, einem als „Reichweitenverlängerer“ fungierenden<br />
Verbrennungsmotor, der während der Fahrt als Generator dient.<br />
Dank dieser Technologie hat der TX eCity eine Reichweite von<br />
über 600 km, von denen er knapp über 100 Kilometer völlig<br />
emissionsfrei zurücklegt.<br />
Bei der Diskussion über die Vorteile, die der TX eCity für die<br />
Fahrer mit sich bringt, sagte Chris Gubbey, der Geschäftsführer<br />
von LEVC: „Dank unsere jahrzehntelangen Erfahrung als Hersteller<br />
des London-<strong>Taxi</strong>s, das mittlerweile Kultstatus erreicht hat,<br />
wissen wir am besten, was im Bereich der gewerblichen Personenbeförderung<br />
gefragt ist. Mit dem erstklassigen Design und<br />
modernster Konstruktionstechnik aus Großbritannien sowie aufgrund<br />
des technischen Know-hows unseres Schwesterunternehmens<br />
Volvo werden unsere Fahrzeuge dazu beitragen, das<br />
Stadtleben zukunftsweisend zu verändern. Verglichen mit unserem<br />
Dieselmodell, das derzeit noch im Einsatz ist, sparen <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
mit dem TX eCity jede Woche 130 Euro an Treibstoffkosten.“<br />
LEVC will den TX eCity noch dieses Jahr auf den Markt bringen.<br />
Die Tests, bei denen das neue Modell schon der extremen<br />
Hitze in der Wüste in Arizona und den eisigen Temperaturen am<br />
nördlichen Polarkreis ausgesetzt wurde, sind in der finalen Phase.<br />
Probefahrten – sowohl für Fahrer als auch Fahrgäste – sind für<br />
Oktober angedacht. Eine große Nachfrage erwartet LEVC vor allem<br />
in London, wo der TX eCity auf den Markt gebracht wird. Doch von<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> geführte Interviews zeigen, dass Londons <strong>Taxi</strong> fahrer<br />
nicht ganz so begeistert von dem neuen Modell sind. „Erst mal<br />
FOTOS: LEVC<br />
26 SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
ANTRIEB<br />
Aus der bisherigen London <strong>Taxi</strong> Company (LTC)<br />
wurde jetzt LEVC.<br />
Der künftige Arbeitsplatz eines Londoner <strong>Taxi</strong>fahrers präsentiert<br />
sich sehr modern.<br />
abwarten, was der Wagen kostet. Momentan wird über einen Preis<br />
von 60 000 Pfund (63 000 Euro) spekuliert. Tja, und man selbst<br />
hat dann nur einen TX4 oder einen Mercedes Vito zu ver kaufen,<br />
die dank der neuen Umweltzonen, in denen Dieselautos nicht mehr<br />
fahren dürfen, auf dem Londoner Markt nichts mehr wert sind.“<br />
WERTVERFALL DER BISHERIGEN LONDON-TAXIS<br />
Chris Gubbey, der Geschäftsführer von LEVC, traf folgende Aussage,<br />
ohne genauere Angaben zu dem Preis des TX eCity zu<br />
machen: „London nimmt bei der Einführung von strikten Maßnahmen<br />
zur Senkung der Emissionen von <strong>Taxi</strong>s und Kleinbussen eine<br />
Vorreiterrolle ein. Wir gehen davon aus, dass Elektrofahrzeuge in<br />
ein paar Jahren in der gewerblichen Personenbeförderung nicht<br />
nur weite Verbreitung gefunden haben, sondern sogar von Städten<br />
auf der ganzen Welt gesetzlich vorgeschrieben sein werden, was<br />
LEVC weltweit vielversprechende Möglichkeiten eröffnet.“<br />
Mit nach vorne gerichtetem Blick verabschiedete sich LTC nicht<br />
nur von dem Namen TX5, sondern stellte sich bei der Veranstaltung<br />
im Londoner Hafenviertel auch als LEVC neu vor und unternimmt<br />
so den nächsten Schritt auf dem Weg hin zu einem<br />
zukunftsorientierteren Unternehmen. LEVC ist eine hundertprozentige<br />
Tochtergesellschaft des chinesischen Automobilherstellers<br />
Geely, der insgesamt 325 Millionen Pfund (365,5 Millionen Euro)<br />
in das Unternehmen investiert hat. LEVC hat es sich zum Ziel<br />
gemacht, auf der ganzen Welt zum <strong>Taxi</strong> lieferanten Nummer eins<br />
zu werden. „Heute ist ein bedeutender Tag für unser Unternehmen,<br />
für Städte auf der ganzen Welt, für die Umwelt und die Luft,<br />
die wir atmen, und natürlich auch für die <strong>Taxi</strong>fahrer“, sagte Chris<br />
Gubbey. „Der Start von LEVC als weltweit erster Elektrofahrzeughersteller,<br />
der sich ausschließlich auf die Produktion von Fahrzeugen<br />
für die gewerbliche Personenbeförderung konzentriert, ist ein<br />
Zeugnis für Großbritanniens Pionierarbeit.“ wf<br />
VIEL NEUES HINTER TRADITIONELLEM DESIGN<br />
Das London-<strong>Taxi</strong>-Modell FX3 wurde 1948 von den in<br />
Coventry ansässigen Unternehmen Mann & Overton, Carbodies<br />
und Austin (später unter dem Namen London <strong>Taxi</strong><br />
Company bekannt) in Zusammenarbeit hergestellt und<br />
setzt seit jeher den Design-Standard für alle nachfolgenden<br />
London-<strong>Taxi</strong>s. Der TX eCity, LEVCs neues Elektroauto, vereint<br />
die Erfahrung des Unternehmens als <strong>Taxi</strong>-Hersteller mit<br />
bewährtem Elektroantrieb und modernsten Werkstoffen.<br />
Durch das Beibehalten des traditionellen Designs – angefangen<br />
bei dem FX3 über den FX4 (1958) und der TX-Serie<br />
(ab 1997) – entstand eine Kombination aus Tradition und<br />
Moderne. Der typische rechteckige Kühlergrill und die kreisrunden<br />
Scheinwerfer wurden durch das runde Tagfahrlicht,<br />
eine schlichte Linienführung und einen in den Kühlergrill<br />
eingepassten Chromrahmen in ein deutlich zeitgemäßeres<br />
Design integriert. Die hinteren Türen, die im 90-Grad-Winkel<br />
aufschwingen, bieten mehr Platz zum Ein- und Aussteigen<br />
und erinnern an einen 1930er Austin Saloon, von dem das<br />
neue Design auch zum Teil inspiriert wurde. <br />
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INTERNATIONAL<br />
TAXIUNTERNEHMER IN<br />
DER SCHULDENFALLE<br />
Ubers »disruptive« Marktmacht belastet in den USA auch den Bankensektor.<br />
Gegen amerikanische <strong>Taxi</strong>unternehmen laufen erbarmungslose<br />
Zwangsvollstreckungen.<br />
Durch den Wertverfall<br />
amerikanischer <strong>Taxi</strong>konzessio<br />
nen geraten auch<br />
Banken in Bedrängnis.<br />
Der Werteverfall der <strong>Taxi</strong>lizenzen bei gleichzeitig sinkenden<br />
Umsätzen führt mittlerweile zu einer Bankenkrise mit<br />
so zialen Verwerfungen. Das „Credit Union Journal“ berichtete<br />
kürzlich, dass die Genossenschaftsbanken Montauk, Melrose<br />
und Lomto aus New York und Chicago von der Banken aufsicht unter<br />
Zwangsverwaltung gestellt wurden. Weitere Banken sind von der<br />
Krise betroffen, die der „Financial <strong>Times</strong>“ zufolge in einem bedenklichen<br />
Umfang Kredite an <strong>Taxi</strong>unternehmen im Portfolio haben.<br />
Sie haben jeweils <strong>Taxi</strong>unternehmen in dreistelliger Millionenhöhe<br />
finanziert. Die Geldverleiher treiben nun ihre Kredite ein.<br />
„ABC News“ aus Minnesota schreibt, dass die Kapital dienste<br />
vieler Kreditnehmer deren Einnahmen auffräßen. Es bleibe kaum<br />
etwas zum Überleben. Marcelino Hervias, ein Einwanderer aus<br />
Peru, kaufte seine <strong>Taxi</strong>konzession 1990 für 120 000 Dollar. Damals<br />
ging auch die Bank davon aus, dass er die Lizenz für zwei Millionen<br />
Dollar verkaufen könne, wenn er in Rente gehen würde. Von dem<br />
jährlich steigenden Marktwert seiner Lizenz bezahlte der Einwanderer<br />
die Ausbildung seiner Tochter und den Jahresurlaub. Jetzt<br />
muss der 58-Jährige bis zu 16 Stunden täglich arbeiten, um über<br />
die Runden zu kommen. Seine Verbindlichkeiten übersteigen den<br />
Wert seiner Konzession um ein Vielfaches.<br />
PFÄNDUNG DER KONZESSION UND DES HAUSES<br />
Der heute 76-jährige Constant Granville kaufte seine <strong>Taxi</strong>-Lizenz<br />
für 102 000 Dollar. Das war 1987. Heute habe er Schulden in Höhe<br />
von 300 000 Dollar. Er hätte wohl vorher verkaufen können, als der<br />
Wert seiner Konzession um die 500 000 lag. Allerdings entscheidet<br />
letztendlich die Bank eines potenziellen Käufers, wie viel sie<br />
bereit ist, für die Konzession zu verleihen. Und das verkompliziert<br />
die Suche nach einem Nachfolger. Granville verkaufte nicht, bis<br />
er krank wurde und nun über einen Arbeits vermittler <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
einstellen musste. Die Melrose-Bank droht dem Mann nicht nur<br />
dessen <strong>Taxi</strong> samt Konzession zu pfänden, sondern auch sein Haus.<br />
Das Kreditinstitut Melrose wurde im Februar von der Bankenaufsicht<br />
unter Zwangsverwaltung gestellt. Dessen Stapel fauler<br />
<strong>Taxi</strong>kredite ist von 155 Millionen Dollar im Dezember 2016 auf<br />
371 Millionen im Frühjahr gewachsen. Die 94 Jahre alte New Yorker<br />
Institution hat 3 100 <strong>Taxi</strong>s finanziert – ein Großteil ihres Gesamtvolumens<br />
und ist von der Insolvenz bedroht.<br />
Uber ist wohl nicht allein schuld. Die Preisentwicklung bei den<br />
<strong>Taxi</strong>konzessionen sei auch eine Blase gewesen, bestätigen Experten<br />
der „Financial <strong>Times</strong>“. Kritiker sagen, die Banken und ihre staatlichen<br />
Zwangsverwalter gingen rücksichtslos vor, wenn sie von<br />
ihren Schuldnern die volle Begleichung heutiger Schulden verlangen<br />
und sie mit der Pfändung ihrer privaten Wohn häuser bedrohen.<br />
28 ZWANGSVOLLSTRECKUNGEN IN CHICAGO<br />
Auch Lomto und Montauk stehen unter der Zwangsverwaltung<br />
der Bankenaufsicht und müssen nun zusehen, ihre Verluste durch<br />
andere Geschäftszweige und durch Geldeintreiben zu minimieren.<br />
Die in Chicago ansässige Montauk wurde im April von einem<br />
Konkurrenten übernommen und kann bislang ihre schlechten<br />
Kredite ver dünnen. Die Anzahl der Zwangsvollstreckungen gegen<br />
<strong>Taxi</strong>unter nehmen in Chicago ist auf 28 in diesem Jahr angestiegen,<br />
berichten die „Chicago Tribune“ und „ABC News“ aus St. Paul.<br />
Lomto, 1936 in New York von <strong>Taxi</strong>unternehmern gegründet, saß<br />
im Frühjahr 2016 auf fälligen, aber unbezahlten Krediten im Wert<br />
von knapp drei Milli onen Dollar. Ende des Jahres waren es bereits<br />
6,4 und im Früh jahr <strong>2017</strong> sogar 22,4 Millio nen Dollar. Lomto hat<br />
nun zwei <strong>Taxi</strong>gesellschaften in Chicago den weiteren Betrieb gerichtlich<br />
verbieten lassen. Damit soll verhindert werden, dass im Falle<br />
eines Unfalls der Wert der Fahrzeuge noch weiter sinkt. Die kleine<br />
MONTAGE: Raufeld Medien (Fotos: Fotolia) FOTO: Ken Lund<br />
28<br />
SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
INTERNATIONAL<br />
NEWSTICKER<br />
FBI ERMITTELT<br />
GEGEN UBER<br />
United States Courthouse, Chicago.<br />
Bank geht auch gegen viele <strong>Taxi</strong>unternehmer in New York vor. Per<br />
gerichtlichen Verfügungen fordert sie die Rückgabe von Konzessionen<br />
und Fahrzeugen, um diese auf eigene Rechnung weiter zu<br />
betreiben, oder lässt den Weiterverkauf oder die Überschreibung<br />
von <strong>Taxi</strong>lizenzen gerichtlich verbieten, damit sich die Schuldner<br />
nicht mittellos aus dem Staub machen.<br />
Damit aber nicht genug, denn es sind auch größere Banken<br />
betroffen, wenngleich in geringerem Umfang. Auch ohne staatliche<br />
Zwangsverwaltung werden die Geldhäuser nun ihre Kreditausfälle<br />
minimieren und kompensieren müssen. Bei Capital One stieg die<br />
Summe nicht zurückgezahlter Darlehen innerhalb des letzten Jahres<br />
von 168 auf 228 Millionen Dollar. Es ist nicht bekannt, wie viele<br />
davon aus dem <strong>Taxi</strong>sektor kommen. Signatures Außenstände stiegen<br />
sogar von 53 auf 403 Millionen Dollar, laut „Financial <strong>Times</strong>“<br />
hauptsächlich aufgrund von <strong>Taxi</strong> krediten.<br />
LANGE ARBEITSZEITEN<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmer mit nur einer Lizenz sähen jetzt noch längeren<br />
Arbeitstagen entgegen, um ihre Kredite abzuzahlen. Und am Ende<br />
würden auch ihnen Privatinsolvenz und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen<br />
drohen, schrieb Bhairavi Desai, der Leiter der <strong>Taxi</strong>fahrergewerkschaft<br />
von New York, in der „Chicago Tribune“. Die<br />
Sharing-Economy – wie etwa Uber und Lyft – hat „Vollzeitstellen<br />
für Fachkräfte in prekäre, schlecht bezahlte Arbeitsverhältnisse<br />
verwandelt. Es ist ein ruinöser Wettkampf innerhalb einer Arbei <br />
terschaft, die bereits zuvor an der Armutsgrenze existierte.“ <br />
<br />
prh<br />
Laut US-Medienberichten ermittelt<br />
das FBI gegen Uber wegen des<br />
Einsatzes einer Software, die es<br />
ermöglicht, in die Rechner des Konkurrenzunternehmens<br />
Lyft einzudringen<br />
und deren Fahrer zu<br />
verfolgen.<br />
Ein Lyft-Fahrer aus San Francisco<br />
brachte den Verdacht eines<br />
mutmaß lichen Verstoßes mittels<br />
Spionage programm bei Gericht vor.<br />
Das Programm „Hell“ (auf Deutsch<br />
„Hölle“) simuliert Kundenidentitäten<br />
und meldet sich in Lyfts System<br />
an. Dadurch bekommt es Zugang zu<br />
den Personalnummern und Standorten<br />
von bis zu acht Lyft-Fahrern<br />
gleich zeitig je gefälschtem Kundenkonto.<br />
Die Bewegungsdaten der Fahrer<br />
wer den dann aufgezeichnet.<br />
Der Abgleich der Spionagedaten<br />
mit Ubers eigenen legal gewonnenen<br />
Daten erlaube es anschließend,<br />
Fah rer zu identifizieren, die für<br />
beide Unternehmen gleichzeitig<br />
arbeiten. Uber versuche dann, die<br />
Fahrer zu einer exklusiven Mitarbeit<br />
zu bewe gen. In der eingereichten<br />
Klage heißt es einleitend, dass<br />
dadurch Lyfts Angebot an verfügbaren<br />
Wagen geschwächt werde, die<br />
Kunden abspringen würden und<br />
somit der Verdienst sowohl der<br />
Firma als auch bei den Fahrern<br />
gemindert würde. Laut Klage verstieße<br />
die Software gegen das amerikanische<br />
Gesetz zum Schutz der<br />
elektronischen Kommu nikation, den<br />
„Wiretap Act“.<br />
prh<br />
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TAXI INTERNATIONAL<br />
Von Tallinn (Estland) aus<br />
erobert <strong>Taxi</strong>fy den Markt<br />
in Osteuropa und Afrika. In<br />
London ist es schwieriger.<br />
FEHLSTART<br />
IN LONDON<br />
Der Billig-Anbieter aus Estland, <strong>Taxi</strong>fy, hatte seinen Start in<br />
London mit Pauken und Trompeten angekündigt, wurde aber durch<br />
die Genehmigungsbehörde TfL binnen drei Tagen gestoppt.<br />
Das ausgespähte Schlupfloch zur Umgehung von Gesetzen<br />
erwies sich doch als zu eng, berichten verschiedene Medien.<br />
Der Fahrtenvermittler versuchte angeblich seit April,<br />
bei der Behörde Transport for London (TfL) eine Betriebsgenehmigung<br />
zu erhalten. <strong>Taxi</strong>fy stellte sein Geschäft als „Flottenmanagement“<br />
dar, das gegen eine „geringe Gebühr“ Vermittlungs-Software<br />
zur Verfügung stelle. Aber die britischen Beamten brauchten den<br />
Estländern für die Prüfung offenbar zu lange. Also kaufte man<br />
kurzerhand eine in London ansässige <strong>Taxi</strong>- und Mietwagenfirma,<br />
die bereits eine Genehmigung hatte. Dann sollte die Vermittlung<br />
mit der Software beginnen, und schon hätte man – so der Plan<br />
der Strategen von <strong>Taxi</strong>fy – eine Freikarte für den Start in London.<br />
Die <strong>Taxi</strong>-Gewerkschaft GMB, die sich bereits gegen Uber erfolgreich<br />
wehrte, intervenierte. Sie beschwerte sich bei der TfL über<br />
das Vorgehen. Es sei mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen<br />
und verschleiere die wahre Tätigkeit als <strong>Taxi</strong>unternehmen. Als<br />
solches müsse <strong>Taxi</strong>fy nachweisen, dass es den sicheren Betrieb<br />
gewährleisten könne.<br />
»NUR« 20 PROZENT<br />
<strong>Taxi</strong>fy ist in 18 Ländern, hauptsächlich in Osteuropa und<br />
Afrika, vertreten. Das Konzept sieht vor, sowohl das örtliche<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe als auch Uber zu unterbieten. Die Fahrer sollen<br />
gleichzeitig „nur“ 20 Prozent des Fahrpreises als Vermittlungsgebühr<br />
an <strong>Taxi</strong>fy zahlen.<br />
Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen 2,5 Millionen<br />
Kunden und wird unter anderem von Didi Chuxing finanziert.<br />
<br />
prh<br />
MODELL DER SELBSTSTÄNDIGEN FAHRER<br />
In Wahrheit beruht <strong>Taxi</strong>fys Geschäftsmodell darauf, dass deren<br />
Fahrer ähnlich wie bei Uber selbstständig tätig werden. In einer<br />
schriftlichen Stellungnahme rühmte sich der App-Betreiber, in<br />
drei Tagen hätten sich 3 000 Fahrer und 30 000 Kunden angemeldet.<br />
Das zeige „den großen Bedarf und die große Beliebtheit des<br />
Angebots“. Gleichzeitig behauptet <strong>Taxi</strong>fy, es wolle nur mit bereits<br />
genehmigten <strong>Taxi</strong>s oder Mietwagen zusammenarbeiten.<br />
Ein TfL-Sprecher gab schließlich bekannt, dass das Unternehmen<br />
keine Genehmigung als <strong>Taxi</strong>- oder Mietwagenunternehmen hätte.<br />
<strong>Taxi</strong>fy reagierte verärgert: Man sei „sehr frustriert“. TfL sei die<br />
„feindlichste Behörde,“ die ihnen je begegnet sei, wird der Geschäftsführer<br />
Markus Villig im „Business Insider“ zitiert. <br />
prh<br />
FOTO: <strong>Taxi</strong>fy<br />
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Wir bitten unsere Leser um freundliche Beachtung.<br />
TAXI SEPTEMBER / <strong>2017</strong><br />
31
GASTKOMMENTAR<br />
Totalschaden: Bei der fiktiven<br />
Berechnung des Wiederbeschaffungswerts<br />
wollte<br />
die Versicherung die<br />
Umrüstkosten nicht bezahlen.<br />
OHNE UMRÜSTUNG<br />
KEIN RECHTMÄSSIGES TAXI<br />
Muss die gegnerische Versicherung bei der Schadensbewertung<br />
die Umbaukosten zu einem <strong>Taxi</strong> bezahlen? Zu dieser Frage<br />
äußerte sich kürzlich der BGH.<br />
Wenn ein Schaden fiktiv auf Grundlage des Sachverständigengutachtens<br />
abgerechnet wird, heißt es vom<br />
Versicherer: „Die Kosten sind nicht angefallen.“ Den<br />
Geschädigten bleibt dann oft nur noch die Klage, wie in einem vom<br />
Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 23. Mai <strong>2017</strong> entschiedenen<br />
Verfahren (Az.: VI ZR 9/17), bei dem es um die Erstattung<br />
fiktiver Umrüstkosten bei einem <strong>Taxi</strong> ging.<br />
Das <strong>Taxi</strong> des Geschädigten erlitt im August 2013 einen<br />
Unfallschaden. Die Haftung des Unfallgegners war eindeutig<br />
und der Geschädigte machte die Kosten der<br />
Ersatzbeschaffung auf fiktiver Grundlage geltend. Das<br />
Sachverständigengutachten bezifferte die Reparaturkosten<br />
auf ca. 4 600 Euro, die der Ersatzbeschaffung<br />
auf 2 800 Euro - allerdings ohne <strong>Taxi</strong>ausrüstung. Für<br />
die Umrüstung veranschlagte es nochmals ca. 1 800<br />
Euro. Der Versicherer erstattete die Kosten der Ersatzbeschaffung,<br />
verweigerte aber die fiktiv abgerechneten<br />
Umrüstungskosten. Dem Geschädigten blieb keine<br />
andere Möglichkeit, als den Versicherer zu verklagen.<br />
Das Amtsgericht gab der Klage überwiegend statt,<br />
wies sie jedoch bezüglich der Umrüstkosten ab. Der<br />
Versicherer legte Berufung zum Landgericht ein, das<br />
weitere Positionen kürzte und die Anschlussberufung<br />
des Geschädigten zurückwies.<br />
FÜR TAXIS BESTEHT KEIN GEBRAUCHT-<br />
WAGENMARKT<br />
Zur Begründung hieß es, bei einem wirtschaftlichen Totalschaden<br />
beschränke sich der Ersatz auf den ermittelten Wiederbeschaffungsaufwand<br />
(Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert). Da<br />
kein Gebrauchtwagenmarkt für <strong>Taxi</strong>s bestehe, sei eine Wiederherstellung<br />
des vorherigen Zustands unmöglich und der Wiederbeschaffungswert<br />
der geeignete Maßstab für die Entschädigung.<br />
Zudem würden Umrüstungskosten zu einer Entschädigung oberhalb<br />
von 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes führen und<br />
seien daher nicht erstattungsfähig. Die <strong>Taxi</strong>-Eigenschaft des<br />
beschädigten Fahrzeugs sei im Wiederbeschaffungswert bereits<br />
berücksichtigt. „Die Umrüstungskosten sind [...] nach allge meiner<br />
Lebenserfahrung als abgeschrieben anzusehen.“<br />
Der Geschädigte gab sich damit nicht zufrieden und ging in<br />
die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH). Der BGH stimmte dem<br />
Landgericht darin zu, dass bei einer fiktiven Ersatzbeschaffung<br />
nur die Wiederbeschaffungskosten zu ersetzen seien, führte aber<br />
aus, dass es dem Begriff des Wiederbeschaffungswertes eine<br />
falsche Bedeutung beigemessen habe.<br />
Für den BGH war entscheidend, dass das Ersatzfahrzeug<br />
auch ohne Weiteres wieder als <strong>Taxi</strong> einsetzbar sein<br />
müsse. Fehle es an einem entsprechenden Markt, sei<br />
der „höhere Preis, den der Geschädigte beim Kauf<br />
eines gleichwertigen Fahrzeugs aufwenden müsste“ –<br />
einschließlich der Umrüstungskosten – maßgeblich.<br />
Juristisch spricht man von „Naturalrestitution“.<br />
Schließlich geht es bei der Umrüstung um den<br />
„Einbau“ einer „durch Rechtsverordnung (BOKraft)<br />
vorgeschriebenen besonderen Ausrüstung“, ohne die<br />
ein Einsatz als <strong>Taxi</strong> nicht möglich wäre. Folglich heißt<br />
es: „Die Umrüstung macht die Naturalrestitution<br />
damit überhaupt erst möglich.“<br />
Da das Landgericht weder die Erforderlichkeit der<br />
Umrüstungskosten noch Erwägungen zum Abzug „neu<br />
für alt“ in seine Entscheidung einbezogen hatte, war<br />
dem BGH eine abschließende Entscheidung verwehrt.<br />
Er verwies die Angelegenheit an das Landgericht zurück,<br />
das sich nun mit diesen Aspekten befassen muss.<br />
FAZIT: Dass Versicherer nach Schema F kürzen, ohne die<br />
Besonderheiten des Schadens zu berücksichtigen, ist bekannt.<br />
Die Folge ist, dass derjenige, der vollständig entschädigt werden<br />
will, seine Ansprüche oftmals mit anwaltlicher Unterstützung<br />
gerichtlich durchsetzen muss. Um nicht auf Ansprüche zu verzichten,<br />
empfiehlt sich die frühe Einschaltung eines Rechtsanwalts.<br />
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FOTO: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
32 SEPTEMBER / <strong>2017</strong> TAXI
GASTKOMMENTAR<br />
PLAUENER SPITZE –<br />
ODER WAS?<br />
In der Stadt der Spitzen herrscht Flaute –<br />
zumindest nachts, wenn zu wenig <strong>Taxi</strong>s zur<br />
Verfügung stehen. Die Behörde drängt auf die<br />
Bereitstellungspflicht. Das reicht aber nicht.<br />
FOTOS: Fotolia / euthymia, <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
Es wirkte wie ein „Schwarzer Peter“-<br />
Spiel, als die Medien vor einiger Zeit<br />
über den nächtlichen <strong>Taxi</strong>mangel<br />
und die teilweise damit verbundenen unzumutbaren<br />
Wartezeiten in Plauen berichteten<br />
und den Schuldigen dafür suchten.<br />
Solches ist offensichtlich nicht nur in der<br />
beschaulichen Vogtlandgemeinde Plauen,<br />
der heimlichen Hauptstadt der berühmten<br />
Spitzenstickereien, sondern auch anderswo<br />
in der Republik zu beobachten.<br />
Spätestens seit Einführung des Mindestlohns<br />
muss selbstverständlich jeder <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
seinen Fahrzeug- und<br />
Personaleinsatz an dem Kriterium der<br />
betriebswirtschaftlichen Plausibilität ausrichten<br />
– entsprechende Umsätze und<br />
Gewinne müssen zu erwarten und zu erzielen<br />
sein. Dies ist allerdings mancherorts<br />
während der Nachtzeit nahezu unmöglich,<br />
da schlicht weg die Nachfrage fehlt.<br />
Und Bereitstellungspflicht im Sinne<br />
des § 21 PBefG bedeutet nun mal gerade<br />
nicht einen Dienst an 365 Tagen und über<br />
24 Stunden pro Tag. Und darin liegt die<br />
Krux: Zwischen dem, was der Kunde einerseits<br />
wie selbstverständlich erwartet, und<br />
dem, was ein <strong>Taxi</strong>unternehmen oder ein<br />
Zusammenschluss solcher Unterneh men<br />
tatsächlich leisten kann, besteht ein Unterschied.<br />
Dieser muss von allen, so weit wie<br />
möglich, im Interesse der Kunden und der<br />
Unternehmen beseitigt werden.<br />
Da hilft es wenig, wenn Genehmigungsbehörde<br />
und Unternehmer jeweils auf die<br />
Untätigkeit des anderen verweisen. „Ein<br />
Bock alleine stößt nicht“, sagt der Volksmund.<br />
Und statt übereinander sollte man<br />
miteinander reden und mal klarstellen,<br />
wer, was, wie tun kann. Die Behörde kann<br />
im Rahmen der durch § 47 PBefG verliehenen<br />
Befugnisse im Rahmen der <strong>Taxi</strong>ordnung<br />
durch eine Definition der<br />
Bereitstellungs– und Betriebspflicht die<br />
Betriebszeiten festlegen. Sie könnte aber<br />
auch im Rahmen der Tarifordnung Anreize<br />
schaffen, Fahrten zur Nachtzeit attraktiver<br />
zu vergüten.<br />
Denkbar ist möglicherweise auch die<br />
Aufstellung eines Dienstplans, der aber<br />
nach dem Gesetzeswortlaut lediglich in<br />
„Sonderfällen“ in Betracht kommt, etwa<br />
wegen eines hohen Beförderungsaufkommens<br />
bei Großveranstaltungen. Die <strong>Taxi</strong>unternehmen<br />
sollten auf dieser Basis<br />
selbst prüfen, ob es Ihnen nicht möglich<br />
ist, mit solch behördlicher Hilfe eine<br />
Mindestversorgung herbeizuführen, was<br />
bei der Anzahl der vorhandenen <strong>Taxi</strong>s<br />
sicherlich gelingen könnte. Denn wenn<br />
die Gemeinde zusätzlichen Bedarf für die<br />
Vergabe neuer Genehmigungen sieht, sind<br />
Axel Ulmer ist ausgebildeter Volljurist mit Schwerpunkt<br />
Verwaltungsrecht / PBefG und fungiert als<br />
Unternehmensberater für die Ulmer Consulting UG<br />
in Kaiserslautern.<br />
wir schnell wieder bei der Diskussion, ob<br />
zu viele Konzessionen eine Gefährdung<br />
der Funktionsfähigkeit des Gewerbes nach<br />
sich zieht.<br />
Also alle gemeinsam an den Tisch, das<br />
„Schwarze Peter“-Spiel beiseitelegen und<br />
Lösungen suchen, damit auch in Plauen<br />
oder anderswo nicht weiter über die Verlässlichkeit<br />
des Gewerbes diskutiert<br />
werden muss und die Ergänzungsfunktion<br />
des <strong>Taxi</strong>gewerbes zum klassischen ÖPNV<br />
auch wahrgenommen wird.<br />
Diskussionen und „Schwarzer Peter“ Spiele<br />
schaden dem <strong>Taxi</strong>gewerbe und sind Wasser<br />
auf die Mühlen derjenigen, die ihr Heil in<br />
der Digitalisierung und Deregulierung<br />
suchen. <br />
au<br />
DIE TAXI TIMES APP<br />
DIE TAXIWELT IN IHRER HAND<br />
Mit der <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> App haben Sie Zugriff auf alle Neuigkeiten aus der<br />
<strong>Taxi</strong>welt. Wir versorgen Sie mit allem Wissenswerten und das topaktuell.<br />
Die Nachrichten sind in Deutsch, Englisch und Türkisch abrufbar. Die<br />
App gibt es zum kostenlosen Download für iOS und Android.
MEDIEN<br />
TROJANER BEI<br />
TAXI-APPS<br />
Eine Pressemeldung eines<br />
Virenschutzanbieters erweckte<br />
den Eindruck, in schlecht<br />
gesicherten <strong>Taxi</strong>-Apps würden<br />
Trojaner die Daten von<br />
Kreditkarten abgreifen. Das war<br />
mehr Marketing als Wahrheit.<br />
FOTO: Fotolia / maicasaa<br />
Eine Weiterentwicklung des Mobile-<br />
Banking-Trojaners Faketoken weite<br />
sich über Russland nach Europa aus.<br />
Neues Ziel seien Nutzerdaten aus <strong>Taxi</strong>-Apps.<br />
Davor warnte das Unternehmen Kaspersky<br />
in einer Pressmeldung,<br />
Der Trojaner nutzt laut Kaspersky dieselbe<br />
Oberfläche wie die App. Dadurch<br />
ist er vom Originalfenster nicht zu unterscheiden.<br />
Will der Anwender die betroffene<br />
<strong>Taxi</strong>-App nutzen, kann der Trojaner den<br />
Kunden dazu auffordern, seine Kreditkarteninformationen<br />
neu einzugeben. Da der<br />
Kunde als Absender dieser Aufforderung<br />
die <strong>Taxi</strong>-App seines Vertrauens vermutet,<br />
wird er diese Informationen dann preisgeben.<br />
Sie landen dann aber nicht beim App-<br />
Anbieter, sondern auf irgendeinem illegalen<br />
Server, wo sie missbräuchlich genutzt<br />
oder an Dritte weiterverkauft werden. Aktuell<br />
hat sich der Trojaner laut Kaspersky in<br />
Russland bei den <strong>Taxi</strong>-Apps von Yandex,<br />
Uber und Gett ausgebreitet, die „Geografie<br />
der Attacken“ kann sich aber ausweiten.<br />
„Entwickler solcher Dienste sollten<br />
damit beginnen, mehr Aufmerksam auf<br />
den Schutz ihrer Nutzer zu legen.“<br />
Das liest sich, als seien die Apps für<br />
Trojaner offen wie ein Scheunentor. Auf<br />
Nachfrage von <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> wurde diese<br />
Unterstellung aber von allen Anbietern<br />
zurückgewiesen. „Die Behauptung stimmt<br />
so nicht“, antwortete beispielsweise ein<br />
Pressesprecher von mytaxi. „Wir haben<br />
bereits in der Vergangenheit an Technologien<br />
zur Erkennung von sogenannten<br />
Overlays gearbeitet, die in dem aktuellen<br />
Fall durch den Trojaner ausgenutzt werden.<br />
Dieses Technologie kommt jetzt zum<br />
Einsatz und hilft Nutzern bei der Identifikation<br />
des Trojaners.“ Seit Beginn dieses<br />
Jahres würden im Unternehmen Kollegen<br />
arbeiten, die sich nur um das Thema Security<br />
kümmern.<br />
DATENSCHUTZ HAT PRIORITÄT<br />
Ganz ähnlich sehen das auch Stefan Straub<br />
und Markus Becker bei deren App Cab4me.<br />
„Wir weisen darauf hin, dass bei der Entwicklung<br />
der <strong>Taxi</strong>-Bestell-App cab4me<br />
Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit<br />
schon immer professionell und mit<br />
hoher Priorität behandelt wurden.“ Man<br />
werde bei den nächsten cab4me-Releases<br />
weiterentwickelte Sicherheitsmaßnahmen<br />
zum Schutz der Nutzer umsetzen.<br />
Auch taxi.eu nimmt den Schutz der Kundendaten<br />
sehr ernst. „Wir arbeiten beständig<br />
daran, die Systemsicherheit auf dem<br />
aktuell hohen Level zu halten und ständig<br />
weiter zu erhöhen“, betont Jürgen Habringer,<br />
Kommunikationschef von fms Systems,<br />
gegenüber <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>. „Nach den uns aktuell<br />
vorliegenden Informationen, gibt es aufgrund<br />
unserer Schutzmaßnahmen keinen<br />
Fall von Identitätsdiebstahl bei taxi.eu.<br />
Kurz und knapp reagiert Dieter Schlenker<br />
von <strong>Taxi</strong> Deutschland auf solche Unterstellungen.<br />
Bei <strong>Taxi</strong> Deutschland werden<br />
an keiner Stelle Daten von Kreditkarten<br />
abgefragt, sagte er gegenüber <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>.<br />
Alle Anbieter wiesen bei ihren Antworten<br />
darauf hin, wer hinter solchen<br />
Warnungen steckt. „Anbieter von Virenschutzsystemen<br />
haben ein massives<br />
Eigeninteresse daran, ihre Produkte zu verkaufen.<br />
Pressemeldungen dieser Art sind<br />
daher auch als verkaufsfördernde Maßnahme<br />
zu sehen.“ <br />
jh<br />
IMPRESSUM<br />
Verlag<br />
taxi-times Verlags GmbH<br />
Frankfurter Ring 193 a<br />
80807 München, Deutschland<br />
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Jürgen Hartmann (jh, V.i.S.d.P.),<br />
Wilfried Hochfeld (wh); Philipp Rohde (prh),<br />
Nicola Urban (nu)<br />
Mitarbeiter dieser Ausgabe<br />
RA Dr. Wolf-Henning Hammer, Axel Ulmer<br />
Grafik & Produktion<br />
Katja Stellert (Artdirektion),<br />
Martina Jacob<br />
Raufeld Medien GmbH<br />
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<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> <strong>DACH</strong> erscheint<br />
seit 2016 in Kooperation mit<br />
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ISSN-Nr.: 2367-3834<br />
Weitere <strong>Taxi</strong>-Magazine aus dem <strong>Taxi</strong>-<strong>Times</strong> Verlag:<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> Berlin<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong> München<br />
34 JULI / <strong>2017</strong> TAXI
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Das beste <strong>Taxi</strong> <strong>2017</strong>, taxi heute 07/<strong>2017</strong>, SEAT Alhambra in der Gesamtwertung. 2 <strong>Taxi</strong> des Jahres <strong>2017</strong>, taxi heute 07/<strong>2017</strong>, SEAT Alhambra in der Kategorie SUV/Van, Bewertung: Funktionalität.<br />
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