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Mehr als nur Kleidung Global Investor, 01/2016 Credit Suisse
Mehr als nur Kleidung
Global Investor, 01/2016
Credit Suisse
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Global Investor 1.<strong>16</strong>, Mai 20<strong>16</strong><br />
Expertenwissen für Anlagekunden der Credit Suisse<br />
INVESTMENT SOLUTIONS & PRODUCTS<br />
Mode<br />
Mehr als nur Kleidung<br />
Julie Saussier Modeunternehmen können eine attraktive Anlage sein –<br />
wenn die nötige Vorsicht waltet. Kurt Zihlmann Wie beeinflusst Technologie<br />
die Mode? Claudia Banz Nicht nur Glanz und Glamour: Fast <strong>Fashion</strong> hat<br />
ihren Preis. Christian Schindler Wie E-Commerce die Lieferkette verändert.
Bitte beachten Sie die wichtigen Angaben und Informationen im Anhang im Dokument «Disclosures»<br />
CS steht im geschäftlichen Kontakt mit Unternehmen, die in diesen Research-Berichten behandelt werden,<br />
oder strebt geschäftliche Beziehungen mit diesen an. Anleger sollten sich daher bewusst sein, dass<br />
CS möglicherweise in einem Interessenkonflikt steht, der sich auf die Objektivität dieses Berichts auswirken<br />
könnte. Anleger sollten bei ihrer Investmententscheidung diesen Bericht daher nur als einen von mehreren<br />
Faktoren berücksichtigen. Informationen zu den mit Anlagen in die hierin behandelten Wertschriften<br />
verbundenen Risiken finden Sie unter folgender Adresse: https://research.credit-suisse.com/riskdisclosure
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 03<br />
Verantwortlich für die Koordination<br />
der Schwerpunktthemen dieser Ausgabe<br />
PATRICIA FEUBLI stiess 2013 zur<br />
Credit Suisse. Sie ist Senior Economist im<br />
International Wealth Management für<br />
Schweizer Branchenana lysen. Davor war<br />
sie Research Associate an der Universität<br />
Zürich und Re search Fellow an der<br />
Stanford University. Sie hat einen Doktortitel<br />
in Wirtschafts wissenschaften der<br />
Universität Zürich.<br />
JONATHAN HORLACHER ist Financial<br />
Analyst im International Wealth Management<br />
der Credit Suisse. Er ist auf gesamtwirtschaftliche<br />
Themen, Mega trends und<br />
nachhaltige Investitionen spezialisiert<br />
und hat zahlreiche Publika tionen zu diesen<br />
Bereichen verfasst. Er ist Chartered<br />
Financial Analyst (CFA) und hat einen<br />
Master of Science der Barcelona Graduate<br />
School of Economics. Bevor er zur<br />
Credit Suisse stiess, war er Volkswirt bei<br />
der Schweizerischen Nationalbank.<br />
ULRICH KAISER ist als Senior<br />
Financial Analyst im International Wealth<br />
Management der Credit Suisse<br />
für die Analyse des Technologiesektors<br />
zuständig. Er stiess 1993 zur Credit<br />
Suisse und verfügt über 28 Jahre Erfahrung<br />
im Wertpapier- und Bankengeschäft.<br />
Er hat einen Master of Economics der<br />
Universität Konstanz und ist Certified<br />
European Financial Analyst (CEFA).<br />
JULIE SAUSSIER ist als Senior<br />
Research Analyst im Global Equity Team<br />
für die Analyse des Nicht-Basiskonsumgütersektors<br />
zuständig. Sie arbeitet seit<br />
13 Jahren als Research-Analystin und<br />
stiess 2015 zur Credit Suisse. Sie hat<br />
einen Master in Business and Management<br />
der Université Paris-Dauphine und<br />
einen Master in Corporate Finance der EM<br />
Lyon Business School, Frankreich, und<br />
sie ist Chartered Financial Analyst (CFA).<br />
Giles Keating<br />
Vice Chairman of Investment Solutions & Products<br />
and Deputy Global CIO<br />
Die typischen Errungenschaften kapitalistischer Produktion sind billige<br />
Kleidung, billige Baumwolle und Kunstseide – keine Verbesserun gen,<br />
die Reichen viel bedeuten würden. Königin Elisabeth I. hatte schon<br />
Seidenstrümpfe. Die Leistung des Kapitalismus ist nicht, noch mehr<br />
Seidenstrümpfe für Königinnen zu erzeugen, sondern sie für Fabrikarbeiterinnen<br />
erschwinglich zu machen. (Frei nach Joseph Schumpeter:<br />
«Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie», 1942)<br />
Schumpeter verwendet bei seiner Beschreibung von Innovation im<br />
kapi talistischen Entwicklungsprozess nicht zufällig ein Beispiel aus<br />
der Modeindustrie. Es veranschaulicht, wie sich die globalen Konsumtrends<br />
entwickeln: Bei steigenden Einkommen werden Luxus güter,<br />
die der Oberklasse vorbehalten waren, für alle er schwinglich. Die<br />
Vermarktung bringt Mode überallhin, wobei die Labels heute oft mit<br />
Prominenten werben. In einer nächsten Phase, in der wir uns offenbar<br />
gerade befinden, geht der Trend wieder zurück zu mehr Individualität.<br />
Ein Beweis dafür sind die jungen, innova tiven Designer, die wir in<br />
dieser Ausgabe vorstellen. Die Mode industrie ist auch Inbegriff der<br />
globalisierten Produktion: Manchesters Textilin dustrie war im 18. Jahrhundert<br />
die Wiege der industriellen Revolution. Heute erinnern Standorte<br />
wie Sabhar in Bangladesch an William Blakes «satanische Fabriken».<br />
Zum Glück treten Wissenschaftler, Unternehmer und Politiker<br />
den Schattenseiten der Globalisierung nun entgegen: Sie sind dabei,<br />
die Umwelt- und Arbeitsstan dards zu verbessern. Der Global Investor<br />
lässt wichtige Akteure dieses Transformationsprozesses zu Wort kommen.<br />
Zudem präsentiert er richtungsweisende Innovationen wie den<br />
3D-Druck, die ganz neue Mög lich keiten für die individuelle Gestaltung<br />
und Produktion von Mode eröffnen, sowie den E-Commerce, der<br />
Lieferketten und Vertriebs wege von Grund auf verändert. Schliesslich<br />
bietet Mode eine einzigartige Plattform für neue und innovative Firmen.<br />
Einige entwickeln sich schrittweise und selbstfinanziert zu globalen<br />
Players, andere beschaffen sich am Kapital markt die Mittel für eine<br />
schnelle Expansion. Deshalb sind – ob in Italien oder in Nigeria – viele<br />
namhafte Labels an der Börse notiert, andere dagegen in Privatbesitz.<br />
Das schnelllebige Modegeschäft hält nicht nur die Models auf<br />
den Laufstegen, sondern auch die Anleger auf Trab.<br />
Nach 30 Jahren, in denen ich das Privileg und die Freude hatte,<br />
bei der Credit Suisse zu arbeiten, und nach 12 Jahren als Herausgeber<br />
des Global Investor verabschiede ich mich und hoffe, dass Ihnen<br />
auch dieser Global Investor auf unterhaltsame Weise interessante<br />
Anlageideen vermittelt.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 04<br />
TEXT: REBECCA ARNOLD Historikerin, The Courtauld Institute of Art<br />
Rebecca<br />
Arnold<br />
ist Oak-Foundation-<br />
Dozentin in<br />
History of Dress and<br />
Textiles am Courtauld<br />
Institute of Art in<br />
London. Sie lehrt zum<br />
Thema Mode im<br />
20. und 21. Jahrhundert<br />
und hat diverse<br />
Bücher und Beiträge<br />
verfasst, darunter<br />
«The American Look:<br />
<strong>Fashion</strong>, Sportswear<br />
and the Image of<br />
Women in 1930s and<br />
1940s New York»<br />
(2009).<br />
Scheinbar zusammenhangslose<br />
Entwicklungen standen am Anfang<br />
der modernen Modebranche im<br />
17. Jahrhundert. Louis XIV förderte einerseits<br />
den Handel mit französischen Luxusgütern<br />
und machte Paris damit zur Drehscheibe für<br />
auserlesene, handgemachte Designprodukte,<br />
die in der Oberschicht sehr gesucht waren.<br />
Andererseits setzten die Erfindungen zur Verbesserung<br />
der britischen Textilproduktion<br />
die industrielle Revolution in Gang. Dadurch<br />
beschleunigte und steigerte sich die Modeherstellung<br />
in den folgenden Jahrhunderten<br />
stark. Zwei Kräfte waren also im Spiel – eine,<br />
die sich auf den indivi duellen Stil konzentrierte;<br />
die andere, die kollektive durch Kleider<br />
von der Stange gemachte Identitäten schuf.<br />
EINZUG DES MARKETINGS<br />
Diese Veränderungen reichten indes nicht aus,<br />
um ein vollumfänglich funktionsfähiges<br />
Modesystem zu generieren – es sind nicht nur<br />
die Kleider allein, die eine Branche entstehen<br />
lassen, sondern auch ihre Präsentation und<br />
ihr Vertrieb. Im 17. Jahrhundert gab es zwar<br />
Mode illustrationen, die ersten Modemagazine<br />
wurden aber erst in den 1770er-Jahren regelmässig<br />
publiziert. Sie enthielten handgezeichnete<br />
Modebilder und Kolumnen, die das Outfit<br />
von Prominenten an gesellschaftlichen<br />
Anlässen beschrieben. Publikationen wie<br />
«The Ladies Magazine» trugen zur Verbreitung<br />
detaillierter Modeinformationen bei und<br />
inspirierten Frauen dazu, modebewusst aufzutreten<br />
und bei ihren Schneidern Kleider zu<br />
bestellen, die sich an die gesehenen Designs<br />
anlehnten. Damals schickten die einflussreichsten<br />
Pariser Designer jede Saison zwei<br />
Puppen in die kleineren Städte Europas, um<br />
ihre jüngsten Arbeiten vorzustellen. Eines<br />
dieser sogenannten Mannequins trug extravagante<br />
Kreationen für den Abend, das andere<br />
Kleider in einem einfacheren Stil für den Tag.<br />
Die Damen der Gesellschaft pflegten ihren<br />
Familien und Freunden auch in Briefen die<br />
Kleider zu beschreiben, die sie auf ihren Reisen<br />
gesehen hatten, was zur Verbreitung neuer<br />
Modetrends beitrug. Textilproduzenten, und<br />
im 19. Jahr hundert zunehmend auch Hersteller<br />
von Konfektionswaren, bedienten ein erwartungsvolles<br />
Publikum. Die frühesten Konfektionskleider<br />
waren einfach und funk tional –
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 05<br />
wie etwa ab dem 17. Jahrhundert jene für Seeleute<br />
und Sklaven. Im späteren 19. Jahrhundert<br />
hielten aber auch elegantere Designs Einzug<br />
in die immer populäreren Kaufhäuser.<br />
Inhalt<br />
EINFLÜSSE ÜBER DEN ATLANTIK<br />
Erneut waren es zwei voneinander unabhängige<br />
Entwicklungen, die dem Modegeschäft<br />
ab den 1850er-Jahren Auftrieb gaben. In<br />
Frankreich verschmolz der Engländer Charles<br />
Frederick Worth Kunst und Kommerz in seinem<br />
einflussreichen Modehaus, das auch die<br />
Kaiserin Eugénie zu seinen Kundinnen zählte.<br />
So etablierte sich die Pariser Haute Couture<br />
als Zentrum für neue Stile und Luxus. In<br />
Amerika benötigten derweil unzählige Soldaten<br />
wegen des Bürgerkriegs Uniformen. Somit<br />
waren dort standardisierte Grössen und<br />
Know-how für die Konzeption und Herstellung<br />
in grossem Stil gefragt.<br />
MODE FÜR DIE MASSEN<br />
Wie schon im 17. Jahrhundert waren erneut<br />
Impulse seitens des Luxusgüterhandels und<br />
der Industrie nötig, um das globale, vielschichtige<br />
Modegeschäft des 20. Jahrhunderts<br />
entstehen zu lassen. Als um 1920 zunehmend<br />
Kaufhausketten aufkamen, konnte die<br />
Modebranche das Potenzial von Kleidern ab<br />
der Stange vollumfänglich ausschöpfen. Von<br />
Holly wood beeinflusste Trends sowie Modezeichnungen<br />
von Georges Lepape und Fotografien<br />
von Edward Steichen verbreiteten im<br />
Windschatten des Booms der visuellen und<br />
populären Kultur die neusten Stilrichtungen<br />
rund um den Erdball. Modeschöpfer wie<br />
Coco Chanel verliehen der Branche Glamour<br />
mit ihren vom Sport inspirierten, einfachen<br />
und chicen Kreationen. Diese Couturiers<br />
bewirkten, dass ihr Stil international kopiert<br />
wurde. Die Entwicklungen wurden von einer<br />
immer professionelleren In frastruktur von<br />
der Produktion bis zur Werbung unterstützt.<br />
Auf diesen Fundamenten entstand die globalisierte<br />
Modebranche, die wir heute kennen. In<br />
den letzten 30 Jahren hat sich dieser Prozess<br />
beschleunigt und auf zahlreiche Zentren<br />
ausgebreitet. Die Produktion wird heute ausgelagert,<br />
Städte von Rio bis Mumbai veranstalten<br />
Fa shion Weeks, um ihren einheimischen<br />
Talenten ein Schaufenster<br />
zu bieten. Soziale<br />
Medien und<br />
E-Commerce eröffnen<br />
zudem neue<br />
Möglichkeiten,<br />
um Mode zu erfahren<br />
und zu verkaufen.<br />
Global Investor 1.<strong>16</strong><br />
28<br />
Mode verkauft Träume<br />
Mode kann faszinierend sein, aber auch –<br />
je nach Standpunkt – für Nervosität<br />
sorgen. Roger Tredre gibt Einblick in die<br />
Mode industrie.<br />
30<br />
Aufstieg und Fall von Modefirmen<br />
Der Draht seilakt «Lieferkette»: Julie<br />
Saussier erklärt, warum diese entscheidend<br />
ist, um in der Modebranche<br />
langfristig Erfolg zu haben.<br />
34<br />
Die Evolution ist im Gange<br />
China tut sich mit dem Aufbau eines<br />
eigenen Modesektors schwer. Selina Sia<br />
untersucht die Faktoren, die dem Land<br />
dabei im Wege stehen.<br />
36<br />
Der globale Bekleidungsmarkt<br />
Der Einzelhandelsmarkt war im letzten<br />
Jahr 1.378 Billionen US-Dollar wert. Die<br />
Infografik gibt Antworten auf die grossen<br />
Fragen zum Markt.<br />
38<br />
Weniger ist mehr<br />
Claudia Banz beschäftigt sich mit dem<br />
Teil der Modeindustrie, der meist im<br />
Verborgenen bleibt – die dunkle und<br />
unschöne Seite, wo Fabrikarbeiter und<br />
Umwelt das Nachsehen haben.<br />
41<br />
Handschlag der Hoffnung<br />
Die Bekleidungs- und Textilindustrie folgt<br />
dem Ruf nach Nachhaltigkeit. Wir haben<br />
mit Emanuel Büchlin über die jüngsten<br />
Entwicklungen gesprochen.<br />
44<br />
Digitalisierung beeinflusst<br />
die Mode und wie wir einkaufen<br />
Ulrich Kaiser untersucht die Auswirkungen<br />
der allgegenwärtigen Digitalisierung auf<br />
die Modeindustrie.<br />
46<br />
«Kleider müssen<br />
eine Seele haben»<br />
Handwerkskunst trifft auf digitale<br />
Technologie: Kurt Zihlmann spricht über<br />
das Zusammenspiel von Technologie,<br />
Materialien, Herstellungsverfahren und<br />
Emotionen.<br />
48<br />
Ein Exempel der digitalen Ära<br />
Die Globalisierung und die digitale<br />
Revolution haben Christian Schindler<br />
zufolge die weltweite Lieferkette<br />
komplett verändert.<br />
NACHHALTIGKEIT<br />
06 Milch<br />
08 Digitaldruck<br />
59 Design ohne Abfall<br />
61 Färben ohne Wasser<br />
NEUE MÄRKTE<br />
07 Kinder<br />
11 Männer<br />
14 Indien<br />
15 Sport<br />
22 50+<br />
24 Lieferkette<br />
26 Werbung<br />
STANDPUNKTE ZU MODETRENDS<br />
10 Vassilis Zidianakis<br />
17 Ali Ansari<br />
27 Mason Jung<br />
33 Ellen Sideri<br />
53 Forrest Jessee<br />
58 Valérie Lamontagne<br />
REVOLUTION<br />
12 Bluejeans<br />
JUNGE DESIGNER<br />
13 Avenue 32<br />
52 Vfiles<br />
TECHNOLO<strong>GI</strong>E<br />
<strong>16</strong> Virtuelle Models<br />
23 Selbstreparierende Stoffe<br />
51 3D-Druck<br />
60 Wearables<br />
62 Farbverändernde Stoffe<br />
DIE HÖHENFLÜGE UND DURST-<br />
STRECKEN VON MODEIMPERIEN<br />
18 Teil I: Lanvin<br />
54 Teil II: Prada<br />
64 Disclaimer
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 06<br />
NACHHALTIGKEIT<br />
TRAGBARE<br />
ROHSTOFFE<br />
Auf der Suche nach<br />
nachhaltiger Kleidung<br />
könnten sogar Nahrungsmittel<br />
eine Rolle<br />
spielen. Das von der<br />
Mikrobiologin und<br />
Designerin Anke<br />
Domaske gegründete<br />
deutsche<br />
Unternehmen QMilk<br />
gewinnt aus saurer<br />
Kuhmilch seidenähnliche<br />
Fasern,<br />
die herkömmlichen<br />
Fasern beigemischt<br />
werden können und<br />
die Qualität verbessern.<br />
Essi Johanna<br />
Glomb und Rasa<br />
Weber vom Berliner<br />
Design-Studio Blond<br />
& Bieber produzieren<br />
mithilfe von Mikroalgen<br />
eine «biologische<br />
Farbpalette»<br />
zum Einfärben von<br />
Kleidern. Sie haben<br />
ihren eigenen Drucker<br />
gebaut, um die<br />
Farben auf die Textilien<br />
zu bringen (siehe<br />
QR-Code unten).<br />
Algenfarben verändern<br />
sich, wenn sie<br />
dem Licht ausgesetzt<br />
sind. Aber das ist<br />
ja auch Teil ihres<br />
Charmes. Das Startup<br />
Modern Meadow geht<br />
noch einen Schritt<br />
weiter und entwickelt<br />
eine natürliche Alternative<br />
zu Leder, die<br />
auf tierischen Zellen<br />
und Gewebe basiert<br />
und ohne Schlachten<br />
auskommt.<br />
✖<br />
MEHR ZUM THEMA<br />
NACHHALTIGKEIT AUF<br />
DEN SEITEN 38 UND 41<br />
Über den oben stehenden<br />
QR-Code sehen Sie<br />
im Video, wie Designer<br />
zum Bedrucken von<br />
Modetextilien umweltfreundliche<br />
Algenpigmente<br />
einsetzen.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 07<br />
NEUE MÄRKTE<br />
KINDER<br />
Kürzlich hat Karl<br />
Lagerfeld eine Kids-<br />
Linie gestartet.<br />
Labels wie Dior,<br />
Burberry und Ralph<br />
Lauren führen schon<br />
länger Kollek tionen<br />
für Kinder. Mit Prominenten,<br />
die ihre Kinder<br />
wie Miniversionen<br />
von sich selbst kleiden,<br />
sorgen sie für<br />
Aufmerksamkeit in<br />
den Medien. Burberry<br />
zeigt auch oft Kinder<br />
in seiner Werbung.<br />
Wir sehen darin eher<br />
eine Marketingmassnahme,<br />
die auf sämtliche<br />
Bedürfnisse<br />
der exklusiven Kundschaft<br />
zielt und auch<br />
von Medien aufgenommen<br />
wird. Die<br />
Looks von Harper<br />
Beckham, der vierjährigen<br />
Tochter von<br />
David und Victoria<br />
Beckham, ist bereits<br />
Thema eines Blogs.<br />
Harper hat zudem<br />
mehrere Millionen<br />
Fans auf Instagram.<br />
Es gibt auch reine<br />
Kindermarken, wie<br />
das französische<br />
Label Bonpoint, das<br />
weltweit zu den<br />
beliebtesten Marken<br />
für Kinder zählt.<br />
Bonpoint feierte 2015<br />
sein 40-jähriges<br />
Bestehen und präsentierte<br />
seine erste<br />
«Couture»-Kollektion.<br />
Bereits seit acht<br />
Jahren veranstaltet<br />
das Unternehmen<br />
Modeshows. Es verfügt<br />
über ein Team,<br />
das unter der Leitung<br />
der Kreativ direktorin<br />
Musterteile für vier<br />
Kollektionen pro Jahr<br />
anfertigt. Bonpoint<br />
hat nun auch nach<br />
Asien expandiert und<br />
vertreibt Kollektionen<br />
weltweit. Michelle<br />
Obama wurde in Paris<br />
fotografiert, wie sie<br />
mit ihren Töchtern ein<br />
Bonpoint-Geschäft<br />
besucht. Kate Moss<br />
liess für ihre Hochzeit<br />
2011 alle Brautjungfern<br />
in Bonpoint<br />
kleiden. Das Label<br />
wurde 2007 von<br />
Européenne de Participations<br />
Industrielles<br />
(EPI) übernommen<br />
und kam damals<br />
auf einen Umsatz<br />
von rund 40 Millionen<br />
Euro. <strong>Fashion</strong>-Anbieter<br />
wie Zara verwandeln<br />
ebenfalls Kinderkleidung<br />
in trendige<br />
Modeartikel und<br />
kopieren Luxusmarken<br />
wie Bonpoint<br />
oder erwachsenere<br />
Looks – ein lohnendes<br />
Geschäft.<br />
✖<br />
MEHR ZU MARKEN<br />
UND MÄRKTEN AUF<br />
SEITE 30
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 08<br />
Über diesen QR-Code<br />
können Sie ein Interview<br />
mit Mary Katrantzou<br />
zu den Auswirkungen<br />
des Digitaldrucks<br />
anschauen.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 09<br />
NACHHALTIGKEIT<br />
BITTE<br />
DRUCKEN!<br />
Vergessen Sie Pünktchen,<br />
Streifen und<br />
Blättermotive. Nun<br />
kommen die digitalen<br />
Stoffdrucke, die eher<br />
Kunstwerken gleichen.<br />
Mit dem in den<br />
1980er-Jahren entwickel<br />
ten digitalen<br />
Druck verfahren<br />
werden ähnlich wie<br />
beim Bedrucken von<br />
Papier ganze Bilder<br />
auf ein Stück Stoff<br />
gebracht. Einige<br />
Designer verwenden<br />
urbane Motive, die<br />
sie mit der iPhone-<br />
Kamera eingefangen<br />
haben. Die Drucktechnik<br />
ist nachhaltiger<br />
(wasser spa render)<br />
und nicht so<br />
arbeitsaufwändig<br />
wie der traditionelle<br />
Siebdruck. Die digitalen<br />
Drucke sind<br />
zwar noch nicht lange<br />
fester Bestandteil der<br />
Modeshows, haben<br />
aber die Begeisterung<br />
für Drucke neu entfacht.<br />
Zu den Pionieren<br />
gehören der verstorbene<br />
Alexander<br />
McQueen, dessen<br />
Kollektion Plato’s<br />
Atlantis mit den<br />
schuppig-schlangenhaften<br />
Druckmotiven<br />
2010 für Furore sorgte,<br />
Mary Katrantzou<br />
mit ihren «hyperrealen»<br />
Prints sowie<br />
Bruno Basso und<br />
Christopher Brooke<br />
mit wegweisenden<br />
schrillen Drucken.<br />
✖<br />
MEHR ZUM THEMA<br />
NACHHALTIGKEIT AUF DEN<br />
SEITEN 38 UND 41
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 10<br />
STANDPUNKTE<br />
ZU MODETRENDS<br />
1/6<br />
V . A . S . S . I . L . I . S<br />
Z . I . D . I . A . N . A . K . I . S<br />
ist ein griechischer Künstler, Kurator und Artistic Director von Atopos cvc.<br />
Er hat Ethnologie und Anthropologie sowie Geschichte und Zivilisation an der École<br />
des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris studiert.<br />
Welche globalen Trends (etwa<br />
Digitalisierung) beeinflussen Ihrer<br />
Meinung nach zurzeit die Mode und<br />
den Modemarkt?<br />
Meines Erachtens ist das Thema<br />
Geschlecht und Sexualität einer der<br />
wichtigsten Trends. Der androgyne<br />
Look ist mehr als nur eine kurzlebige<br />
Modeerscheinung, zumal die geschlechtliche<br />
Zweideutigkeit, entweder<br />
als Identität oder Lifestyle, die<br />
Mode enorm stark beeinflusst hat.<br />
Inwiefern verändern diese Trends<br />
die Mode und den Modemarkt?<br />
In vielen Fällen entwerfen Designer<br />
ausschliesslich Männermode, die aber<br />
oftmals auch von mode- und selbstbewussten<br />
Frauen getragen wird. Ein<br />
Beispiel hierfür ist der britische<br />
Modeschöpfer Craig Green, einer der<br />
Favoriten von Atopos. Unser Praktikant<br />
Jonny Seven hat mich zudem<br />
auf Vetements und Hood By Air<br />
hingewiesen, zwei Labels, welche die<br />
Grenzen zwischen Weiblichkeit und<br />
Männlichkeit verwischen. Das bedeutet<br />
natürlich nicht, dass Kollektionen<br />
oder Labels für Frauen überflüssig<br />
werden, die Trends und der Modemarkt<br />
haben sich jedoch sicherlich in<br />
vielerlei Hinsicht verändert.<br />
Woher schöpfen Sie die Inspiration<br />
für Ihre Designs und Kollektionen?<br />
Ich bin in erster Linie Künstler und<br />
Kurator, nicht Modeschöpfer. Ich<br />
überlasse die Inspiration für Kollektionen<br />
daher anderen.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 11<br />
NEUE MÄRKTE<br />
MÄNNER<br />
Modemarken haben<br />
üblicherweise Frauen<br />
im Visier. Doch es<br />
gibt durchaus erfolgreiche<br />
Konzepte, bei<br />
denen die Männerkollektion<br />
den Anfangspunkt<br />
markiert –<br />
Hugo Boss etwa,<br />
der erst 1998 eine<br />
Kollektion für Damen<br />
herausbrachte. Das<br />
Frauen modegeschäft<br />
des Unternehmens<br />
macht bis heute nur<br />
zehn Prozent des<br />
Umsatzes aus. Auch<br />
Tom Ford, ehemals<br />
Designer bei Gucci,<br />
präsentierte 2006<br />
zuerst eine eigene<br />
Kollektion für Männer,<br />
die Linie für Frauen<br />
kam später dazu.<br />
Berluti, der zu LVMH<br />
gehörende Hersteller<br />
hochwer tiger Herrenschuhe,<br />
lancierte vor<br />
einigen Jahren eine<br />
Konfek tionslinie. Das<br />
Label erwirtschaftete<br />
2011 einen Umsatz<br />
von 30 Millionen Euro.<br />
Nach dem Ausbau des<br />
Angebots und des<br />
globalen Ladennetzwerks<br />
kamen mehr<br />
als 100 Millionen Euro<br />
hinzu. Die London<br />
Collections Men, ein<br />
halbjährlicher Event<br />
mit exklusivem Fokus<br />
auf britische Herrenmode,<br />
existiert seit<br />
2012. Die Show zieht<br />
Journalisten und<br />
Käufer aus 50 Ländern<br />
an. New York<br />
widmet den Männern<br />
seit Juli 2015 eine<br />
Modewoche. Laut<br />
dem CEO des British<br />
<strong>Fashion</strong> Council, dem<br />
Männermode-Pendant<br />
der London <strong>Fashion</strong><br />
Week, ist der globale<br />
Markt für Herren mittlerweile<br />
440 Milliarden<br />
US-Dollar schwer.<br />
✖<br />
MEHR ZU MARKEN<br />
UND MÄRKTEN AUF<br />
SEITE 30
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 12<br />
REVOLUTION<br />
BLUEJEANS<br />
Heute zahlen wir<br />
locker mehr als<br />
200 US-Dollar für eine<br />
Jeans. Ursprünglich<br />
wurde Denim für<br />
Arbeiterkleidung benutzt.<br />
1873 verstärkte<br />
Levi Strauss & Co.<br />
diese mit Nieten. Im<br />
20. Jahrhundert wurde<br />
die Jeans zum Inbegriff<br />
gesellschaftlicher<br />
Rebellion: In den<br />
50ern wurde sie von<br />
Motorrad-Gangs, in<br />
den 60ern von Hippies<br />
getragen. In den<br />
70er-Jahren eroberte<br />
sie die Massen. Zum<br />
Statussymbol wurde<br />
sie durch das Logo<br />
von Calvin Klein<br />
auf der Gesässtasche.<br />
Anna Wintour,<br />
«Vogue»- Chefredaktorin,<br />
bildete 1988<br />
ein Model in einer<br />
Stonewashed Jeans<br />
auf dem Cover ab,<br />
der Aufstieg in die<br />
Haute Couture war<br />
geschafft. Die<br />
Vielseitigkeit hat die<br />
Jeans zum Modeklassiker<br />
gemacht.<br />
Weltweit, so Euromonitor<br />
International,<br />
wurden 2015 über<br />
drei Milliarden Jeans<br />
verkauft. Die fünf<br />
grössten Märkte sind<br />
die USA, China,<br />
Brasilien, Russland<br />
und Indien.<br />
✖<br />
MEHR ZU DIESEM<br />
THEMA FINDEN<br />
SIE AUF SEITE 34<br />
Denim – Modeklassiker mit<br />
grosser Preisspanne in USD<br />
Quelle: fitnyc.edu, levistrauss.com<br />
Zara Zigaretten-<br />
Jeans mit<br />
mittel hohem 49.90<br />
Bund <br />
Levi’s 711<br />
Röhrenjeans<br />
(Modell 78<br />
Lone Wolf) <br />
J Brand 23110<br />
Maria in<br />
188<br />
After Dark <br />
Victoria Beckham<br />
Super Skinny<br />
313<br />
Jeans <br />
Chimala<br />
Cropped Jeans<br />
mit japanischer 435<br />
Webkante<br />
in Light Wash
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 13<br />
JUNGE DESIGNER<br />
AVENUE FÜR<br />
AUFSTEIGER<br />
Avenue 32 ist eine<br />
Onlineplattform für<br />
Luxusmode. Sie bietet<br />
etablierten Desi gnern<br />
und jungen Talenten<br />
die Möglichkeit, ihre<br />
Kollektionen unter<br />
einem «Dach» zu<br />
verkaufen, und vereint<br />
das Renommee<br />
bekannter Labels<br />
mit der Frische aufstrebender<br />
Künstler.<br />
Das Unternehmen<br />
besorgt Logistik<br />
und Fotografie,<br />
die Modeschöpfer<br />
behalten jedoch die<br />
Kontrolle über ihre<br />
Verkäufe. Statt Teile<br />
ihrer Kollektion an<br />
Avenue 32 zu veräussern,<br />
bezahlen die<br />
Designer eine Kommission<br />
für jedes<br />
Stück, das über die<br />
Plattform Absatz<br />
findet. Dies reduziert<br />
das Risiko, dass<br />
Avenue 32 auf unverkauften<br />
Kollektionen<br />
sitzen bleibt, und<br />
erlaubt es dem Unternehmen,<br />
Mode von<br />
noch unbekannten<br />
Künstlern zu präsentieren.<br />
«Viele Magazine<br />
wie ‹Vogue›<br />
stellen nur Designer<br />
vor, deren Teile bei<br />
einem Händler für den<br />
Verkauf an die Kunden<br />
verfügbar sind»,<br />
erläutert Roberta<br />
Benteler, die Gründerin<br />
von Avenue 32.<br />
✖ AVENUE32.COM<br />
Anzahl mit dieser Website<br />
verlinkter Sites<br />
Quelle: alexa.com<br />
Avenue32.com971<br />
net-a-porter.com 12772<br />
chanel.com 10937
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 14<br />
NEUE MÄRKTE<br />
INDIENS<br />
MODE<br />
INDUSTRIE<br />
FLORIERT<br />
Eine günstige Demografie<br />
und steigende<br />
Einkommen erhöhen<br />
die Nachfrage nach<br />
Bekleidung im High-<br />
End-Segment. Das<br />
dürfte die indische<br />
Modeindustrie beflügeln.<br />
Die Branche<br />
orientiert sich an<br />
westlichen Trends.<br />
Viele erfolgreiche<br />
einheimische Labels<br />
wie Franco Leone und<br />
American Swan kopieren<br />
daher ausländische<br />
Brands und Stile<br />
oder erwerben Lizenzen<br />
für ausländische<br />
Marken. Indien profitiert<br />
von qualifizierten<br />
Niedriglohnarbeitern<br />
und einer Fülle an Rohstoffen.<br />
Die Branche<br />
ist stark fragmentiert<br />
und der Einzelhandel<br />
wenig organisiert.<br />
Aditya Birla <strong>Fashion</strong>,<br />
eine schnell wachsende<br />
Markenkleiderfirma,<br />
stärkte die<br />
Markt führerschaft<br />
über eine Konsolidierung<br />
bei ihren Brands<br />
im unteren Preissegment<br />
und nahm<br />
später erstklassige<br />
interna tionale Labels<br />
ins Angebot auf. Raymond<br />
hat als grösster<br />
Produzent von Markentextilien<br />
und Anzügen<br />
ein weitreichendes<br />
V e r t r i e b sn e t z a u f -<br />
gebaut und Brands<br />
übernommen. Das<br />
Unterwäscheunternehmen<br />
Page Industries<br />
konnte dank<br />
seiner Lizenznahmen<br />
stark wachsen. Mehrere<br />
internationale<br />
Unternehmen wie<br />
Marks & Spencer, Zara,<br />
Benetton und Tommy<br />
Hilfiger sind in Indien<br />
bereits gut etabliert.<br />
✖<br />
MEHR ZUM THEMA<br />
GLOBALISIERUNG<br />
DER MODE AUF DEN<br />
SEITEN 30 UND 34
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 15<br />
NEUE MÄRKTE<br />
SPORT<br />
Viele beliebte Modemarken<br />
wie Ralph<br />
Lauren und Hugo Boss<br />
hatten eigene Sportbekleidungs<br />
linien.<br />
Uniqlo hat einen<br />
Tennisspieler als weltweiten<br />
Markenbotschafter<br />
engagiert,<br />
um sich als ultimative<br />
Marke für Funktionsbekleidung<br />
zu positionieren.<br />
Dieser Trend<br />
ist selbst im Luxussegment<br />
zu beobachten,<br />
wo Tom Ford<br />
eine eigene Sportlinie<br />
entwickelt, damit<br />
er mit seiner Marke<br />
ein noch grös seres<br />
Publikum erreicht.<br />
Auf den Laufstegen<br />
tragen derzeit viele<br />
Models Turnschuhe<br />
und die Nachfrage<br />
nach Designer Sneakers<br />
steigt. Sport<br />
als Lifestyle ist ein<br />
anhaltender Trend,<br />
den Modelabels gewinnbringend<br />
nut <br />
zen dürften. Marken<br />
wie Adidas setzen<br />
bei der Entwicklung<br />
ihrer sport lichen<br />
Kollek tionen auch auf<br />
Desi gner wie Yohji<br />
Yamamoto oder Stella<br />
McCartney. Der Luxuskonzern<br />
Kering übernahm<br />
Puma 2007<br />
und wollte die Marke<br />
im Sport-Life style<br />
Bereich etablieren.<br />
Für Puma begann<br />
jedoch eine schwierige<br />
Phase, weil ihre<br />
Turnschuhe in der<br />
Modewelt übermässig<br />
präsent waren.<br />
✖<br />
MEHR ZU MARKEN<br />
UND MÄRKTEN AUF<br />
SEITE 30
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — <strong>16</strong><br />
TECHNOLO<strong>GI</strong>E<br />
VIRTUELLE<br />
MODELS FÜR<br />
KLEIDER, DIE<br />
GARANTIERT<br />
PASSEN<br />
Vielleicht werden Sie<br />
nie zum Mond fliegen<br />
oder im Meer mit<br />
Delfinen schwimmen.<br />
Aber wenn die virtuelle<br />
Realität (VR) hält,<br />
was sie verspricht,<br />
werden Sie bald<br />
ande re Dinge tun, die<br />
Sie nie für möglich<br />
gehalten hätten: etwa<br />
der Mittelpunkt einer<br />
Modeschau sein,<br />
bequem von zu Hause<br />
aus. In der VR-<strong>Fashion</strong>-<br />
Demo (siehe QR Code<br />
unten) kön nen Sie<br />
vir tuell Kleider an<br />
Models auf dem Laufsteg<br />
betrachten. Die<br />
Idee ist, dass Nutzer<br />
3D- Scans von sich<br />
importieren und so<br />
sehen können, wie<br />
Kleidungsstücke an<br />
ihrem Körper wirken.<br />
Weiter wäre denkbar,<br />
den Nutzer Avatar<br />
mit Heatmaps zu versehen.<br />
Diese würden<br />
anzeigen, wo ein<br />
Kleidungsstück zu eng<br />
ist oder zu locker<br />
sitzt. Wenn Ihnen nicht<br />
gefällt, was Sie sehen,<br />
oder das Kleidungsstück<br />
nicht passt,<br />
kor rigieren Sie es<br />
oder wählen einen<br />
anderen Schnitt. Zum<br />
Schluss brauchen Sie<br />
nur noch auf «Kaufen»<br />
zu klicken und schon<br />
wird das passgenaue<br />
Kleidungsstück<br />
produziert und per<br />
Post verschickt.<br />
✖<br />
MEHR ZUR VIRTUELLEN<br />
UMKLEIDEKABINE<br />
AUF SEITE 44<br />
Ein garantierter Logenplatz<br />
bei der VR-Modeschau<br />
mit dem oben<br />
stehenden QR-Code.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 17<br />
STANDPUNKTE<br />
ZU MODETRENDS<br />
2/6<br />
A . L . I<br />
A . N . S . A . R . I<br />
ist ein deutsch-persischer Modedesigner, Produktmanager und Trendscout.<br />
Sein Ziel: Er möchte sein Wissen, seine Erfahrung und sein Know-how teilen und so das<br />
kreative Bewusstsein in Unternehmen und akademischen Institutionen fördern.<br />
Welche globalen Trends (etwa<br />
Digitalisierung) beeinflussen Ihrer<br />
Meinung nach zurzeit die Mode und<br />
den Modemarkt?<br />
Die digitale Technologie hat sich in<br />
nur gerade zwei Jahrzehnten rasant<br />
entwickelt. Das hat die heutige<br />
Mode und die weltweiten Modemärkte<br />
sehr stark beeinflusst.<br />
Man kommt nicht mehr daran<br />
vorbei – ein «must have», ein «must<br />
do», ein «must follow». Dabei steht<br />
dies im Widerspruch zum menschlichen<br />
Bedürfnis, innezuhalten und<br />
sich Zeit zu nehmen, um Erfahrungen<br />
zu sammeln, daraus zu lernen und<br />
daran zu wachsen.<br />
Den goldenen Mittelweg zu finden,<br />
wird immer schwieriger. Entweder<br />
man ist in oder out, ein Dazwischen<br />
gibt es nicht. Wir schaffen uns<br />
unsere Zukunft im Hier und Jetzt,<br />
wir warten nicht, bis sie sich zur<br />
rechten Zeit zeigt.<br />
Dank dieser Beschleunigungskraft<br />
können wir uns die verschiedenen<br />
Zukunftskonzepte schon heute in den<br />
buntesten Farben ausmalen. Die<br />
Produktentwicklung in der Modeindustrie<br />
trägt diesem Trend in<br />
jeder Phase Rechnung – angefangen<br />
bei der Inspiration und Konzepterstellung,<br />
über die Beschaffung, die<br />
Entwicklung von Prototypen und<br />
die Präsentation bis hin zu Produktion<br />
und Lieferung.<br />
Inwiefern verändern diese Trends<br />
die Mode und den Modemarkt?<br />
Einige Trends entstehen aus diesem<br />
Versuch, völlig auf das Mittelmass<br />
verzichten zu wollen.<br />
Das Handwerk und die Do-it-yourself-Kultur<br />
sind Ausdruck unseres<br />
Strebens, uns schöpferisch zu verwirklichen,<br />
während wir im Team eine<br />
Idee oder ein Produkt im vor gege benen<br />
Zeitrahmen und Umfeld mit<br />
innovativen Tools und digitalen Technologien<br />
entwickeln.<br />
Eine Gegenbewegung gründet im<br />
Bedürfnis nach Tiefe und Sinnhaftigkeit.<br />
Aufmerksamkeit, Spiritualität<br />
und Reflexion ermöglichen eine Reise<br />
ins Ich, die Kraft und innere Einkehr<br />
bietet. Menschen achten vermehrt auf<br />
ihren Rhythmus und erleben die<br />
Urkraft der Natur, sind offen für die<br />
Elemente und lassen sich inspirieren<br />
von ihrer natürlichen Vielfalt. Sie<br />
suchen eine neue Orientierung.<br />
Auch Zerstreuung und Unterhaltung<br />
sind ein Thema. Es wird mehr Zeit<br />
damit verbracht, aus dem Hamsterrad<br />
auszubrechen als mit Arbeit.<br />
In der Kunst verkörpert der Absurdismus<br />
diesen Trend, der Ansatz vereint<br />
Gegensätze in einem abstrakten<br />
Kunst werk. In der Mode werden<br />
Trends kombiniert, die keine Gemeinsam<br />
keiten haben und auf andere<br />
Mate rialien, Farben, Schnitte und<br />
kreative Ausdrucksweisen setzen.<br />
Woher schöpfen Sie die Inspiration<br />
für Ihre Designs und Kollektionen?<br />
Ich beobachte den Rhythmus des<br />
urbanen Alltags, passe mich ihm<br />
an oder entfliehe ihm. Ich reise in<br />
internationale Metropolen, aber auch<br />
aufs Land.<br />
Ich ändere meinen Blickwinkel,<br />
indem ich mich dem Puls der Zeit<br />
anpasse und mich ihm regelmässig<br />
wieder entziehe. Ich nehme das<br />
Gleich gewicht des Lebens, die Extreme,<br />
alle scheinbar unwichtigen Dinge<br />
mit allen Sinnen wahr.<br />
Ich recherchiere im Internet nach<br />
der Vielschichtigkeit von Kulturgemeinschaften.<br />
Dabei dienen Architektur,<br />
Kunst, Musik, Literatur,<br />
Journalis mus und Design als mehrschichtiges<br />
Abbild des Alltags.<br />
Ich beobachte den gesellschaftlichen<br />
und kulturellen Wandel bei der<br />
jungen und älteren Generation. Vor<br />
allem aber nehme ich mir Auszeiten in<br />
der Natur, um die Flut von Eindrücken,<br />
die bei meiner Trendforschung<br />
über mich hereinbricht, zu ordnen, zu<br />
verarbeiten und zu verstehen.<br />
✖ ALIANSARI.DE
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 18<br />
Unverwechselbar<br />
Lanvin. Das Pariser<br />
Musée des Arts<br />
Décoratifs zeigt einen<br />
Nachbau der von<br />
Rateau für Jeanne<br />
Lanvin designten<br />
Privatwohnung.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 19<br />
DIE HÖHENFLÜGE UND DURSTSTRECKEN VON MODEIMPERIEN – TEIL I<br />
LANVIN AUF<br />
DER SUCHE<br />
NACH DEM «JE<br />
NE SAIS QUOI»<br />
VERGANGENER<br />
ZEITEN<br />
Fast ein Jahrhundert lang wurde das französische Modehaus Lanvin für seine Modekreationen, Parfüms sowie Interieurs<br />
gefeiert. Seit den 1960er-Jahren hat Lanvin etwas an Prestige verloren. Das Unternehmen, das von einer Französin<br />
aus Liebe zu ihrer Tochter gegründet wurde, befindet sich heute in den Händen einer Investorin aus Taiwan. Werden wir<br />
eine Renaissance erleben?
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 20<br />
TEXT VON JULIA REA<br />
Mutter-Tochter-Silhouette:<br />
Das kultträchtige<br />
Lanvin- Logo ziert dieses<br />
Parfüm flakon aus den<br />
1930er-Jahren.<br />
Lanvin ist das älteste noch aktive Modehaus<br />
Frankreichs. Dem Unternehmen gelingt<br />
der Spagat zwischen den Design-Traditionen<br />
seines einzigartigen Erbes und der<br />
Notwendigkeit eines modernen Ansatzes. Die Philosophie<br />
besteht darin, nicht nur auf die formellen<br />
Aspekte von Mode, sondern auf sämtliche Nuancen<br />
eines Lifestyles einzugehen. Dabei schöpft das<br />
Modehaus aus Kunst, Exotik, Farben und Kultur.<br />
Die Gründerin des Unternehmens, Jeanne Lanvin<br />
(1867–1946), begann ihre Designer-Karriere<br />
1883 als Hutmacherin. Nach der Ausbildung in den<br />
Salons von Madame Félix und Suzanne Talbot gründete<br />
sie 1889 ihren eigenen Hutsalon in der Rue du<br />
Faubourg Saint-Honoré in Paris. Nach ihrer Heirat<br />
mit dem italienischen Grafen Emilio di Pietro 1895<br />
begann sie, Kleider für ihre Tochter Marguerite Marie-Blanche<br />
zu entwerfen und zu nähen. Voller Begeisterung<br />
gaben Lanvins Freunde und Kunden die<br />
schönen Kleider auch für ihre eigenen Kinder in<br />
Auftrag. Der grosse Erfolg und die riesige Nachfrage<br />
brachten Lanvin 1909 dazu, eine Damenmodelinie<br />
zu entwerfen. Kurz darauf wurde sie in die<br />
Chambre Syndicale de la Haute Couture, den prestigeträchtigen<br />
Verband der Pariser Haute Couture,<br />
aufgenommen. Damit erhielt sie formell den Status<br />
einer Couturière und festigte Macht und Einfluss in<br />
der Modewelt des frühen 20. Jahrhunderts.<br />
In den 1920ern baute Lanvin ihr Design-Imperium<br />
weiter aus. Hinzu kamen Herrenmode, Sportbekleidung,<br />
Kosmetik, Interieur, Lingerie und eine<br />
Pelzabteilung. Darin spiegelt sich ihre Philosophie<br />
wider, dass Mode nicht nur reine Zierde ist, sondern<br />
den gesamten Lifestyle umfasst. Im Jahr 1924 wurde<br />
die erfolgreiche Parfümsparte Lanvin Parfums<br />
gegründet. Verkaufsschlager waren unter anderem<br />
«My Sin» (1925) und der unverkennbare Duft von<br />
«Arpège» (1927), der von der Liebe ihrer Tochter zur<br />
Musik inspiriert wurde.<br />
Die innige Beziehung zwischen Lanvin und ihrer<br />
einzigen Tochter steht im Mittelpunkt der Marke<br />
und ihrer Identität – vor allem durch das Logo mit<br />
der Silhouette einer Mutter und ihrer Tochter. Es<br />
entstand nach einem Foto von Jeanne und Marguerite<br />
von 1907 und ziert noch heute alle Produkte<br />
von Lanvin. Auch die Wahl eines intensiven Blautons<br />
als charakteristische Markenfarbe war persönlich<br />
motiviert. Jeanne Lanvins Inspirationsquelle war ein<br />
Fresko von Fra Angelico in Florenz. Das kräftige<br />
Lavendelblau floss fortan in die Gestaltung von<br />
Parfümflakons, Verpackungen, Mode und Interieur<br />
ein – und auch in ihre eigene Pariser Wohnung.<br />
Lanvin entwickelte weitere markentypische<br />
Farbtöne wie «Velazquez-Grün» und «Polignac-Rosa».<br />
In Nanterre gründete sie 1923 eine eigene Färberei.<br />
Auf ihren Reisen und als leidenschaftliche<br />
Antiquitäten- und Kunstsammlerin liess sie sich von<br />
orientalischen Stickereien, japanischen Kimonos,<br />
luxuriösem Samt sowie paillettenbesetzten Stoffen<br />
und Motiven inspirieren, die aus einem exotischen<br />
Kulturerbe schöpfen. Lanvin stand der Art-Déco-Bewegung<br />
sehr nahe. Berühmt wurde sie für ihre zarten,<br />
aber mit handgemachten Details üppig verzierten<br />
Kleider in hellklaren Farben, deren luftige<br />
Stoffe und gute Passform zum Symbol für die Befreiung<br />
der Frau vom Korsett wurden.<br />
AUFSTIEG UND FALL<br />
Lanvin wurde 1937 Vorsitzende des Haute-Couture-Komitees<br />
der Pariser Weltausstellung. Zwei<br />
Jahre später vertrat sie Paris auf der Weltausstellung<br />
in New York. Während des Zweiten Weltkriegs<br />
gehörte sie zu mehreren Couture-Häusern, die ihr<br />
Geschäft trotz strikter Materialregulierungen und<br />
finanzieller Unsicherheit weiterbetrieben. Nach der<br />
Besetzung von Paris durch die Deutschen plante<br />
sie mit Modeschöpfern wie Elsa Schiaparelli und<br />
Cristobal Balenciaga, ihr Unternehmen in Biarritz<br />
wieder aufzubauen und ihre Produkte in die USA<br />
zu exportieren. Doch dann kapitulierte Frankreich.<br />
Es kam zu einer Exportsperre, der Plan scheiterte.<br />
Nach Lanvins Tod 1946 ging das Unternehmen<br />
an Tochter Marguerite über, die seit vier Jahren eng<br />
in die Geschäftsführung eingebunden war. Als sie<br />
1958 starb, kam ihr Cousin Yves Lanvin an die Reihe.<br />
Es begann eine Phase, in der das Modehaus ein<br />
relatives Schattendasein fristete. Verschärft wurde<br />
dies in den 1960ern noch durch den Aufstieg von<br />
Prêt-à-porter-Labels wie Yves Saint Laurent, die<br />
den Markt fest in der Hand hatten. Lanvins langjährige<br />
Couture-Kunden blieben dem Modehaus zwar<br />
treu, doch Lanvins Ästhetik und Geschäftsstruktur<br />
wurden immer unzeitgemässer und reizloser.<br />
LANVIN ALS ÜBERNAHMEKANDIDAT<br />
Lanvin blieb bis 1971 ein selbstfinanziertes Familienunternehmen.<br />
Dann übernahm der amerikanische<br />
Pharmakonzern Squibb die Kosmetiksparte.<br />
Jeanne Lanvin (geborene Jeanne-Marie<br />
Lanvin), 1867–1946. Die legendäre<br />
französische Modedesignerin bei der<br />
Durchsicht von Entwürfen in ihrem Atelier.<br />
Obwohl Lanvin heute noch für<br />
seine Parfüms bekannt ist, geht das Label<br />
ursprünglich auf die herausragenden<br />
Couture-Fertigkeiten seiner Gründerin<br />
Jeanne Lanvin zurück. Hier ein<br />
romantisches, bodenlanges Brautkleid<br />
in geripptem Voile mit passendem<br />
Hut. Beide wurden von ihr entworfen.<br />
Squibb war aber enttäuscht, wie sich Lanvin angesichts<br />
der steigenden Konkurrenz anderer namhafter<br />
Kosmetikunternehmen entwickelte. 1979 kaufte<br />
sich Lanvin die Unabhängigkeit zurück. Das<br />
Unternehmen hatte weiterhin Mühe, sein zunehmend<br />
angestaubtes Image wieder aufzupolieren.<br />
Nach einem Verlust von 17.5 Millionen US-Dollar<br />
1988 erwarb die britische Bank Midland, die heute<br />
zur HSBC gehört, einen bedeutenden Anteil. Trotz<br />
eines Gewinns von 53 Millionen US-Dollar nach der<br />
Umstrukturierung blieb die Marke weitgehend erfolglos.<br />
Die erste Kollektion, die der Designer<br />
Claude Montana für das Label entwarf, wurde von<br />
der Modepresse zerrissen. Ein Jahr später verkaufte<br />
Midland seine Anteile an Orcofi, eine Investment-Gruppe<br />
der Familie Vuitton. Der führende<br />
Kosmetikriese L’Oréal startete 1994 die Übernahme<br />
von Lanvin. Die anfängliche Beteiligung von 50 Prozent<br />
wurde 1995 auf 66 Prozent und 1996 schliess-<br />
Jeanne Lanvin war berühmt für<br />
ihre Kleider aus zarten, luftigen Stoffen<br />
in hellklaren Farben und mit üppigen<br />
handgenähten Verzierungen.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 21<br />
lich auf 100 Prozent erhöht. Lanvin wurde 2001 nach<br />
der Übernahme durch die Investorengruppe Harmonie<br />
S.A. wieder privatisiert.<br />
Unter der Leitung von Harmonie wurde 2001<br />
Alber Elbaz Kreativdirektor des Labels. Er hatte<br />
bereits für Guy Laroche und Yves Saint Laurent<br />
gearbeitet. Bei Lanvin konnte er sich selbst verwirklichen.<br />
Seine Kollektionen begeisterten von Anfang<br />
an. Elbaz verband Luxus mit Weiblichkeit und machte<br />
Lanvin zu einem Label, das Tradition und Moderne<br />
in sich vereint. Im Bewusstsein des einzigartigen<br />
Erbes von Lanvin verwendete er klassische Schnitte<br />
für seine Damen- und Herrenkollektionen, die er<br />
aber mit unerwarteten Stoffkombinationen und<br />
Silhouetten aufpeppte. Übergrosser Modeschmuck,<br />
Abendroben in federleichter Eleganz und farbenfrohe<br />
Muster brachten Elbaz das Prädikat «Liebling<br />
aller Frauen» ein, wie ihn Suzy Menkes von «Vogue<br />
International» betitelte, und festigten die Beliebtheit<br />
und den Einfluss des Labels.<br />
c<br />
Laufstegmodel auf<br />
Lanvins Prêt-à-porter-<br />
Show für die Herbst/<br />
Winter-Saison 2013<br />
auf der Pariser<br />
<strong>Fashion</strong> Week am<br />
28. Februar 2013.<br />
KOOPERATION MIT H&M<br />
2010 gab die Modekette H&M erneut eine Kooperation<br />
mit einem Luxusdesigner bekannt – dieses<br />
Mal mit Lanvin. Kooperationen zwischen dem<br />
Designer- und dem Massenmarkt galten als ein<br />
wirksames und für beide Seiten einträgliches<br />
Vertriebs- und Marketingmittel. Beispiele dafür sind<br />
Valentinos Kollektion für Gap und die langjährige<br />
Zusammenarbeit zwischen Stella McCartney und<br />
Adidas. H&Ms erste Kooperation – eine limitierte<br />
Kollektion von Chanel-Designer Karl Lagerfeld<br />
2004 – brachte ein monatliches Umsatzplus von<br />
24 Prozent. Das durchschnittliche Budget eines<br />
H&M-Kunden, der Massenkleider teils für unter<br />
zehn US-Dollar bekommt, unterscheidet sich aber<br />
erheblich von den Preisen, die eine Luxusmarke<br />
verlangen muss, um ihre höhere Qualität und Passform<br />
sicherzustellen. Deshalb blieb bei späteren<br />
Kooperationen mit Jimmy Choo und Roberto Cavalli<br />
ein solches Umsatzwachstum aus. Lanvins limitierte<br />
Kollektion mit farbenfrohen Cocktail-Kleidern<br />
und ausgefallenen Accessoires, die bis zu 350<br />
US-Dollar kosteten, war dagegen erfolgreicher. Sie<br />
war in Grossbritannien innerhalb weniger Stunden<br />
ausverkauft. Damals erzielte das Unternehmen in<br />
einem Monat einen weltweiten Umsatzanstieg von<br />
acht Prozent. Elbaz hatte zuvor immer eisern behauptet,<br />
er würde «niemals eine Kollektion für den<br />
Massenmarkt produzieren». Nun erklärte er: «H&M<br />
hat sich mit der Idee an mich gewandt, den Traum,<br />
den wir bei Lanvin geschaffen haben, für ein grösseres<br />
Publikum umzusetzen und nicht nur einige<br />
Kleider zu einem günstigeren Preis anzubieten …<br />
Mich reizte die Idee, H&M eine luxuriöse Note zu<br />
verleihen, anstatt Lanvin an die breite Öffentlichkeit<br />
zu bringen.» Lanvins Erfolg ebnete H&M den Weg<br />
für weitere erfolgreiche Kooperationen mit Versace<br />
(2011), Isabel Marant (2013) und Balmain (2015).<br />
EIN NEUES ZEITALTER BRICHT AN<br />
Im Oktober 2015 verliess Elbaz das Modehaus Lanvin<br />
völlig überraschend. In einer öffentlichen Stellungnahme<br />
wurde bestätigt, dass ihm «auf Beschluss<br />
der Mehrheitsaktionärin» Shaw-Lan Wang<br />
von Harmonie S.A. gekündigt worden sei. Die langjährige<br />
Tätigkeit des Designers als Kreativdirektor<br />
war zweifelsohne von Erfolg gekrönt. Er brachte<br />
frischen Wind in die Ästhetik des Modehauses und<br />
gewann hochkarätige Fans wie Michelle Obama und<br />
Nicole Kidman. Im Jahr 2014 schätzte das Unternehmen<br />
seinen Umsatz auf 321 Millionen US-Dollar.<br />
Allerdings hatte das anfänglich so schnelle Wachstum<br />
mittlerweile an Fahrt verloren. Spekulationen<br />
zufolge bemühte sich Shaw-Lan Wang – sehr zum<br />
Designer Alber Elbaz<br />
auf der Haute- Couture-<br />
Show «Lanvin for<br />
H&M» im New Yorker<br />
Hotel The Pierre<br />
am 18. November 2010.<br />
Leidwesen von Elbaz – um zusätzliche finanzielle<br />
Unterstützung einer grösseren Luxusgruppe. In<br />
seiner Stellungnahme betonte Elbaz jedoch, dass<br />
er mit dem, was er in den 14 Jahren für die Marke<br />
erreicht habe, zufrieden sei: «Gemeinsam haben<br />
wir uns den kreativen Herausforderungen von Lanvin<br />
gestellt, dem Modehaus wieder zu seinem alten<br />
Glanz verholfen und ihm seinen rechtmässigen<br />
Platz unter Frankreichs führenden Luxus-Modehäusern<br />
zurückgegeben.» Im März 20<strong>16</strong> ernannte Lanvin<br />
Bouchra Jarrar, eine französische Modedesignerin,<br />
die für Balenciaga und Christian Lacroix<br />
gearbeitet hatte, zur neuen Kreativdirektorin. Jarrar<br />
muss nun das Team umstrukturieren und dafür sorgen,<br />
dass wieder Ruhe einkehrt. Nach Elbaz’ Ausstieg<br />
hatten die 330 Mitarbeiter von Lanvin zu<br />
Streik- und Protestaktionen aufgerufen. Sie forderten<br />
ein Treffen mit der in Taiwan lebenden Eigentümerin,<br />
um über die Wiedereinstellung von Elbaz zu<br />
verhandeln. Die finanzielle und designerische Zukunft<br />
Lanvins hängt somit davon ab, ob es Jarrar<br />
gelingen wird, das Image des Labels wieder aufzupolieren,<br />
den Umsatzrückgang aufzuhalten und den<br />
Kunden einen frischen, neuen Stil zu präsentieren.<br />
ZAHLEN<br />
UND<br />
FAKTEN<br />
Lanvin erzielte 2014 einen<br />
Umsatz von EUR 206 Mio.<br />
Aufschlüsselung in %<br />
Quelle: reuters.com, wwd.com<br />
30%<br />
Einzelhandel<br />
70%<br />
Grosshandel
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 22<br />
NEUE MÄRKTE<br />
50+<br />
Viele berühmte<br />
Frauen über 50 kleiden<br />
sich und leben,<br />
als wären sie immer<br />
noch in den Dreissigern.<br />
Gleich wohl<br />
igno riert die Modewelt<br />
die Frau über<br />
50 nicht mehr. Es gibt<br />
heute Schnitte, die<br />
weder zu kurz noch zu<br />
eng sind und auch<br />
nicht zu viel Haut zeigen.<br />
Tina Knowles,<br />
die Mutter von Beyoncé,<br />
lancierte 2010<br />
bei Walmart eine<br />
Mode linie für Frauen<br />
über 50. 2015 präsentierte<br />
die aus dem<br />
TV-Tagesprogramm<br />
bekannte, mondäne<br />
britische TV-Mode ratorin<br />
Lorraine Kelly<br />
ihre erste laufsteg <br />
ins pirierte Kleiderlinie<br />
50+, die sie für<br />
JD Williams, ein auf<br />
Übergrössen ausgerichtetes<br />
Modehaus,<br />
entworfen hat. Der<br />
britische Modemarkt<br />
für Frauen über 50<br />
hat einen Wert von<br />
2.5 Milliarden Pfund<br />
pro Saison und wächst<br />
rasch. Doch bis jetzt<br />
haben trend orientierte<br />
Einzelhändler<br />
wie Zara und H&M<br />
noch keine zielgruppenspezifischen<br />
Linien<br />
ent worfen, was darauf<br />
hindeutet, dass 50+<br />
wohl ein Nischenmarkt<br />
bleiben wird.<br />
✖<br />
MEHR ZU MARKEN<br />
UND MÄRKTEN AUF<br />
SEITE 30
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 23<br />
TECHNOLO<strong>GI</strong>E<br />
STOFFE, DIE<br />
SICH SELBST<br />
REPARIEREN<br />
Sie haben keine Lust<br />
mehr, Löcher in den<br />
Kleidern Ihrer Kinder<br />
zu stopfen? Geben<br />
Sie nicht auf, es gibt<br />
eine Lösung für Ihr<br />
Problem! Stoffe, die<br />
sich automatisch<br />
selbst reparieren, gehören<br />
zurzeit zu den<br />
viel versprechendsten<br />
Entwicklungen der<br />
gesamten Textilbranche.<br />
Smarte Stoffe<br />
mit der Fähigkeit zur<br />
«Selbstheilung»<br />
können letztlich zu<br />
langlebigen Produkten<br />
führen, die praktisch<br />
keine Pflege und<br />
weniger Ressourcen<br />
für Produktionsinfrastruktur<br />
benötigen.<br />
Sich selbst heilende<br />
Textilien sind eine<br />
verblüffende Erfindung,<br />
die auf diversen<br />
Ansätzen basieren.<br />
So können zum Beispiel<br />
nanotechnologische<br />
Strukturen<br />
selbstheilende<br />
Wirkstoffe abgeben<br />
(reversible Vernetzungen).<br />
Andere Ansätze<br />
basieren auf dem<br />
«Formgedächtniseffekt»,<br />
der Nanopartikelmigration,<br />
der<br />
Elektrohydrodynamik,<br />
der Leitfähigkeit und<br />
der sogenannten<br />
Co-Deposition.<br />
✖<br />
WEITERE INFOR<br />
MATIONEN ZU E-TEXTILIEN<br />
AUF SEITE 44<br />
Über den oben stehenden<br />
QR-Code erfahren<br />
Sie mehr zu selbstheilenden<br />
Stoffen.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 24
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 25<br />
Vor dem Hintergrund<br />
einer Just-in-Time-<br />
Lagerbewirtschaftung<br />
ist ein effizientes<br />
Manage ment der<br />
Lieferkette bei Fast<br />
<strong>Fashion</strong> un abdingbar.<br />
✖ MEHR ZUM THEMA AUF<br />
DEN SEITEN 30 UND 48
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 26<br />
NEUE MÄRKTE<br />
VIEL MEHR<br />
ALS NUR EIN<br />
HÜBSCHES<br />
GESICHT<br />
In den letzten Jahr en<br />
waren in der Modewerb<br />
u n g i m m e r h ä ufi g e r<br />
Prominente zu sehen.<br />
Egal ob Chanel, Louis<br />
Vuitton oder Burberry –<br />
das Image von Berühmt<br />
heiten repräsentiert<br />
für uns eine Marke<br />
besser, als es die<br />
spezifisch be worbenen<br />
Gegenstände<br />
selbst können. Die<br />
Unternehmen be werben<br />
so nicht nur ihre<br />
neusten Pro dukte,<br />
sondern vermitteln<br />
über den entfachten<br />
Medienhype auch,<br />
wofür ihre Marke steht.<br />
Als Michail Gorbatschow<br />
für Louis Vuitton<br />
warb, erreichte man<br />
jene Art von Aufmerksamkeit<br />
und Begeisterung,<br />
die heute als<br />
Gradmesser für Er folg<br />
gilt. Dass Kate Moss<br />
oder Cara Delevingne<br />
häufig in der Modewerbung<br />
eingesetzt<br />
werden, hat mehr mit<br />
der Art zu tun, wie<br />
sie Kun dinnen und<br />
Kunden inspirieren.<br />
Die Prominenten sind<br />
sich des Mecha nismus<br />
bewusst und nutzen<br />
ihn, um ihre eigenen<br />
Mode linien voranzubrin<br />
gen. So designt<br />
Kate Moss für das britische<br />
Label Topshop.<br />
Beyoncé hat ihre eigene<br />
Linie und Vic toria<br />
Beck ham schaffte<br />
den Sprung von der<br />
Sängerin zur einfluss <br />
reichen Designerin.<br />
✖ MEHR ZUM THEMA<br />
WERBUNG UND MARKETING<br />
AUF SEITE 30
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 27<br />
STANDPUNKTE<br />
ZU MODETRENDS<br />
3 /6<br />
M . A . S . O . N<br />
J . U . N . G<br />
ist Modedesigner in London. Seine konzeptionellen Projekte sind Teil<br />
von Ausstellungen und Installationen. Kürzlich etwa wurden sie im Museum<br />
Boijmans Van Beuningen und im Dover Street Market Ginza gezeigt. Er ist Dozent<br />
an der Universität Brighton und Gasttutor am Royal College of Art.<br />
Welche globalen Trends (etwa<br />
Digitalisierung) beeinflussen Ihrer<br />
Meinung nach zurzeit die Mode und<br />
den Modemarkt?<br />
Die Populärkultur und der Amateurismus.<br />
Durch die Entwicklung<br />
der Onlinekultur in den letzten zehn<br />
Jahren wurde die Welt eng vernetzt,<br />
alles lässt sich einfach und mit<br />
grosser Reichweite verbreiten. Alles,<br />
was viele Follower hat, ist von kommerziellem<br />
Wert. Popularität ist<br />
in der heutigen Gesellschaft ein<br />
Gradmesser für Erfolg.<br />
Um einen hohen Bekanntheitsgrad<br />
zu erreichen, müssen die Dinge<br />
einfach und auch für Menschen<br />
ohne Fachwissen nachvollziehbar<br />
sein. Dadurch verschwimmen die<br />
Grenzen zwischen «Amateurismus»<br />
und «Professionalität». Diese Entwicklung<br />
ist einerseits positiv zu<br />
beur teilen, kann aber auch bedrohliche<br />
Züge annehmen, wenn unreife<br />
Ansichten oder Halbwissen von den<br />
Massen geteilt werden. So gibt es<br />
viele einflussreiche Blogger und<br />
Stars, die Designer geworden sind,<br />
ohne ihr Metier zu beherrschen.<br />
Inwiefern verändern diese Trends<br />
die Mode und den Modemarkt?<br />
Das Streben nach Popularität hat zu<br />
einer Vereinheitlichung und Demokratisierung<br />
der Werte, Meinungen<br />
und sogar der Ästhetik geführt.<br />
Besonders in der Mode unter scheiden<br />
sich Kollektionen und Designs kaum<br />
noch. Marken setzen deshalb intensiv<br />
auf Public Relations.<br />
Als natürliche Gegenreaktion steigt<br />
die Nachfrage nach individuellem<br />
und originellem Design und echter<br />
Qualität. Hier kommen Modelabels<br />
ins Spiel, die sich mit ihren Ideen und<br />
Ansätzen von der Masse abheben<br />
und – so hoffe ich – nach und nach<br />
Einfluss auf den Massengeschmack<br />
nehmen werden.<br />
Woher schöpfen Sie die Inspiration<br />
für Ihre Designs und Kollektionen?<br />
Aus meinen eigenen Erfahrungen<br />
und den damit verbundenen Gedanken<br />
und Empfindungen. Hauptinspirationsquelle<br />
für meine Kreationen<br />
ist die «Selbstbeschränkung». Dabei<br />
habe ich mich vor allem an unserer<br />
männlichen Bekleidungskultur<br />
orientiert, die durch massgeschneiderte<br />
Sakkos und andere Konventionen<br />
geprägt ist.<br />
Ich greife gerne auf das Mittel<br />
der Ironie zurück, um meine Vorstellungen<br />
auf subtile und satirische<br />
Weise zu transportieren. So versuche<br />
ich, meine Aversion gegen Uniformität<br />
durch die Schönheit meiner<br />
Entwürfe zum Ausdruck zu bringen.<br />
✖ MASONJUNG.COM
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 28<br />
INTERVIEW VON <strong>GI</strong>SELLE WEISS freie Autorin<br />
<strong>GI</strong>SELLE WEISS Inwiefern unterscheidet sich<br />
die Modeindustrie von anderen Branchen?<br />
ROGER TREDRE Mode setzt sich über<br />
die meisten Regeln der Geschäftswelt<br />
hinweg. Früher versuchten die Unternehmen,<br />
beim Entwerfen der Kollektionen und beim<br />
Verkauf der Mode einen McKinsey-Ansatz<br />
zu fahren. Das hat nicht funktioniert. Heute<br />
ermöglichen es E-Commerce, Big Data<br />
und komplizierte Algorithmen, den Verbraucher<br />
besser zu verstehen, aber eine grosse<br />
Unbekannte gibt es immer. Und genau<br />
das macht Mode so faszinierend. Diese<br />
Ungewissheit kann aber bei den Menschen,<br />
die in dieser Branche arbeiten, auch für<br />
Nervosität sorgen.<br />
Sie haben Mode einmal als treibende<br />
Kraft der modernen Konsumkultur<br />
bezeichnet. Warum?<br />
ROGER TREDRE Im Jahr 2000 war<br />
ich Chefredakteur der Onlinetrendagentur<br />
WGSN. Wir stellten fest, dass sich unser<br />
Service nicht nur für die Modeindustrie<br />
selbst eignet, sondern für sämtliche Pro-<br />
MODEINDUSTRIE<br />
MODE<br />
VERKAUFT<br />
TRÄUME<br />
Gespannt erwarten Branchenbeobachter das Unerwartete.<br />
Dabei geht es aber nicht mehr nur um Mode. Auch bei Designund<br />
Herstellungs verfahren gibt es immer wieder Neues. Grossen<br />
Einfluss haben zurzeit E-Commerce, Modeblogger und Fast<br />
<strong>Fashion</strong>. Roger Tredre gibt Einblicke in ein riskantes Business.<br />
Einen Anzug von Dolce & Gabbana mit<br />
einem Botticelli-Motiv.<br />
Wer oder was beeinflusst die Mode?<br />
ROGER TREDRE Es gibt viele verschiedene<br />
Einflussfaktoren. Das wichtigste Event<br />
der Branche, das die Trends für die nächste<br />
Saison vorgibt, ist die Messe Première<br />
Vision. Zwei Mal im Jahr strömen Modeschöpfer<br />
aller Art nach Paris, um die neuen<br />
Stoffe und Farben der führenden und<br />
einflussreichsten Hersteller in Europa und<br />
rund um den Globus kennenzulernen.<br />
Was passiert, wenn die Markteinführung<br />
eines neuen Produkts kurz bevorsteht?<br />
ROGER TREDRE Dann läuft die Marketingmaschinerie<br />
auf Hochtouren. Bei Mode<br />
geht es darum, Träume zu verkaufen. Deshalb<br />
investieren Modeunternehmen viel Geld<br />
in Marketing und Werbung, was mittlerweile<br />
ganz neue Dimensionen angenommen hat.<br />
Neben reichlich Süssholzraspeln muss man<br />
sich gut mit Modebloggern stellen, Stars<br />
sponsern, damit diese die eigene Mode<br />
tragen, und Designern exorbitante Summen<br />
zahlen, damit sie auf dem Laufsteg Spektakuläres<br />
präsentieren, das die Fantasie<br />
anregt und Träume verkauft. Die Kunden<br />
werden zwar nicht gleich am nächsten Tag in<br />
die Geschäfte rennen, um eine 2000-Euro-<br />
Jacke zu kaufen, die sie gerade auf dem<br />
Laufsteg gesehen haben. Aber Modefans,<br />
ob jung oder alt, die über das nötige Kleingeld<br />
verfügen, werden den dazugehörenden<br />
Duft bei der nächsten Gelegenheit im Duty-<br />
Free-Bereich kaufen. Oder sie leisten sich<br />
die Tasche oder die Schuhe. Bestseller sind<br />
Accessoires und Parfum.<br />
Wie würden Sie – mal abgesehen von dieser<br />
vergleichsweise betuchten Klientel – das<br />
Zusammenwirken von Modemachern<br />
und Verbrauchern bei der Gestaltung von<br />
Mode beschreiben?<br />
ROGER TREDRE Verbraucher haben<br />
dank des Internets und der Möglichkeit,<br />
über den «Like»- oder «Dislike»-Button ihr<br />
Urteil zu fällen, mehr Macht als je zuvor.<br />
Sie nutzen die traditionellen Geschäfte nur<br />
noch als Showroom, schauen sich um,<br />
probieren etwas an und schiessen davon<br />
Fotos, die sie dann ihren Freunden zeigen.<br />
An schliessend gehen sie nach Hause und<br />
kaufen die Kleider im Internet zu einem<br />
günstigeren Preis. Gleichzeitig ist nichts<br />
so spannend wie ein schöner Laden, da<br />
können sich Onlineanbieter wie Net-a-<br />
Porter oder ASOS in Grossbritannien noch<br />
so anstrengen. Deshalb rüstet der Einzelhandel<br />
mit Cafés, einem höheren Erlebnisduktkategorien,<br />
die im weiteren Sinne mit<br />
Mode zu tun haben. Vor Kurzem verglich<br />
Apple-CEO Tim Cook die Tätigkeit von Apple<br />
mit der Arbeit eines Modeunternehmens<br />
und sprach dabei über die Wichtigkeit des<br />
Designs. Technologie ist die am schnellsten<br />
wachsende Produktkategorie der Welt.<br />
Daher ist der Einfluss der Mode auf diesen<br />
Bereich besonders faszinierend. Wenn man<br />
weiss, wie Mode funktioniert, kann man<br />
dieses Wissen auch allgemeiner auf andere<br />
Branchen wie beispielsweise Autos, Nahrungsmittel<br />
und den Einzelhandel anwenden.<br />
Auch die breite Öffentlichkeit hat das<br />
Thema Mode für sich entdeckt.<br />
ROGER TREDRE Das stimmt. Ich war<br />
gestern hier in London im Victoria & Albert<br />
Museum, wo kürzlich eine Ausstellung über<br />
den Renaissance-Künstler Sandro Botticelli –<br />
«Botticelli Reimagined» – eröffnet wurde.<br />
Ich erwartete, dort vor allem viele berühmte<br />
Meisterwerke bewundern zu können, die<br />
vor 500 Jahren entstanden sind. Aber was<br />
sah ich gleich im ersten Ausstellungsraum?
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 29<br />
faktor und Flagship stores mit Vorzeigecharakter<br />
auf.<br />
Wie beeinflusst die Entwicklung<br />
des Massenmarktes das Luxussegment?<br />
ROGER TREDRE Das Luxussegment<br />
steht unter dem Konkurrenzdruck des<br />
Massensegments, das mittlerweile auch<br />
höherwertige Stoffe verarbeitet und trendbewusste<br />
Mode entwirft. Es ist inzwischen<br />
sogar in der Lage, handgefertigte Elemente<br />
«Verbraucher haben<br />
dank des Internets<br />
und der Möglichkeit,<br />
über den ‹Like›- oder<br />
‹Dislike›-Button ihr<br />
Urteil zu fällen, mehr<br />
Macht als je zuvor.»<br />
einfliessen zu lassen, was ja zuvor ein Alleinstellungsmerkmal<br />
des Luxussektors war.<br />
Luxusmarken sind jedoch auch Life style-<br />
Marken und sich dessen sehr wohl bewusst.<br />
Und sie wollen ein Stück des Kuchens vom<br />
Massenmarkt abbekommen. Häufig war daher<br />
in den letzten Jahren der Begriff «Masstige»<br />
zu hören, der sich aus den Wörtern<br />
Massenmarkt und Prestige zusammensetzt.<br />
1992 schrieben Sie, dass die Unsicherheit<br />
weltweit viele wilde Geister in der Branche<br />
ausgebremst habe. Was war da los?<br />
ROGER TREDRE In Japan – damals ein<br />
wichtiger Exportmarkt für Luxusmode –<br />
verlor das Wachstum an Fahrt. Man suchte<br />
nach neuen Wachstumsquellen und fand<br />
sie in China. Es dauerte aber noch rund<br />
zehn Jahre, bis China die Entwicklung zeigte,<br />
die man sich erhofft hatte.<br />
Welchen Herausforderungen sieht sich<br />
die Modeindustrie gegenüber?<br />
ROGER TREDRE Die wichtigste Frage,<br />
die sich die Branche derzeit stellt, lautet:<br />
Muss der Modezyklus geändert werden? In<br />
den späten 1990er-Jahren führte Inditex, die<br />
spanische Muttergesellschaft von Zara, das<br />
Konzept Fast <strong>Fashion</strong> ein. Dabei werden<br />
die Modeläden fast wöchentlich mit neuen<br />
Produkten bestückt. Dies stellte die Modebranche<br />
vor eine grosse Herausforderung,<br />
da alle Akteure – Unternehmen, Designer<br />
und Hersteller – sofort nachziehen mussten.<br />
Und heute?<br />
ROGER TREDRE Mittlerweile ist es so<br />
weit, dass einige Luxusanbieter wie Burberry<br />
Roger Tredre<br />
ist Pathway Leader im Bereich Modejournalismus<br />
(MA <strong>Fashion</strong> Communication)<br />
am Central Saint Martins College der<br />
Kunsthochschule London (University of<br />
the Arts London) und Senior Consultant<br />
der Beijing Academy of Creative Arts. Von<br />
1999 bis 2007 war er Chefredakteur des<br />
Worth Global Style Network (wgsn.com),<br />
der Onlinetrendforschungsagentur für die<br />
internationale Modeindustrie.<br />
(vor allem auf der Londoner <strong>Fashion</strong> Week)<br />
ein «See now/Buy now»-Konzept für ihre<br />
Modenschauen planen. Kunden sollen<br />
die Show live im Netz verfolgen und im<br />
Anschluss gleich bestellen können.<br />
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass es dazu kommen wird?<br />
ROGER TREDRE Wird dieses Konzept<br />
branchenweit umgesetzt, müssen die<br />
Produktionsprozesse komplett verändert<br />
werden. Ich glaube nicht, dass es dazu<br />
kommt. Viele grosse kontinentaleuropäische<br />
Marken haben gesagt, dass es sich um<br />
eine Spielerei handle. Die Idee der Modebranche,<br />
Träume zu verkaufen, erhalte<br />
ihren Reiz und Zauber nämlich auch dadurch,<br />
dass man die Kollektion während der<br />
Modenschau bereits zu sehen bekomme,<br />
dann aber noch warten müsse, bis man das<br />
Objekt der Begierde endlich kaufen kann.<br />
Besteht ein nennenswerter Unterschied<br />
zwischen Mode und Bekleidung?<br />
ROGER TREDRE Bekleidung funktioniert<br />
nicht ohne Mode. Bekleidung an<br />
sich umfasst doch nur Basic-Teile. Nehmen<br />
wir mal das Beispiel von Uniqlo, einem<br />
japanischen Einzelhändler mit grossen<br />
Ambitionen, der in den letzten Jahren einen<br />
kometenhaften Aufstieg hingelegt hat. Bei<br />
seinem Markteintritt in Grossbritannien<br />
war er ausschliesslich auf Bekleidung ausgerichtet.<br />
Hatte man ein Teil gekauft, war<br />
man auf sehr lange Zeit erstmal versorgt.<br />
Das Unternehmen erkannte aber, dass<br />
Bekleidung ohne einen Funken Mode<br />
uninteressant ist. Seitdem arbeitet Uniqlo<br />
mit einer Reihe von Designern zusammen,<br />
um sein Angebot an Basics mit einem<br />
Modeelement aufzupeppen.<br />
Wie ist das gesellschaftliche Verständnis<br />
oder auch Missverständnis von Mode?<br />
ROGER TREDRE Schenkt man der<br />
Filmkomödie «Zoolander» Glauben, tummeln<br />
sich in der Modebranche nur skurrile Typen,<br />
die unablässig Champagner schlürfen,<br />
Drogen nehmen und sich ständig völlig<br />
daneben benehmen. Von aussen betrachtet<br />
ist die Laufstegsaison wahnsinnig glamourös.<br />
Hinter den Kulissen gibt es jedoch<br />
viele Menschen, die extrem hart arbeiten.<br />
Es beeindruckt mich immer wieder aufs<br />
Neue, mit wie viel Engagement und Ausdauer<br />
sie sich ihrer Arbeit in der Modeindustrie<br />
widmen. Wenn man weiss, wie<br />
Mode funktioniert, kann man dieses Wissen<br />
auch allgemeiner auf andere Branchen<br />
wie beispielsweise Autos, Nahrungsmittel<br />
und den Einzelhandel anwenden.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 30<br />
MANAGEMENT DER LIEFERKETTE<br />
AUFSTIEG<br />
UND FALL<br />
VON<br />
MODE-<br />
FIRMEN<br />
Alles dreht sich um die Schlüsselfaktoren Angebot und Nachfrage. Für den<br />
langfristigen Erfolg müssen Modeunternehmen ihre Lieferkette und<br />
ihre Vertriebskanäle effizient organisieren und dabei das Image ihrer Marken – jenes<br />
der verkauften Kleider oder des Unternehmens selbst – sorgfältig pflegen.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 31<br />
Marken sind oft nur kurzlebige<br />
Modeerscheinungen. Modefirmen<br />
sind jedoch mit Markenläden<br />
– wenn auch nicht<br />
mit Markenprodukten – zu langfristigem, weltweitem<br />
Erfolg gelangt. Der Schlüssel hierzu<br />
liegt in der Effizienz ihrer Lieferketten.<br />
Die Bedeutung der Lieferkette<br />
Zara (im Besitz von Inditex), und in geringerem<br />
Masse auch H&M sind Modehäuser, deren<br />
Läden – im Gegensatz zu ihren Kleidern – markengeschützt<br />
sind. Sie verkaufen Mode. Zara<br />
hat in der Modewelt mit seiner schnellen Lieferkette<br />
für Unruhe gesorgt. Sie erlaubt es<br />
dem Unternehmen, das Risiko kurzfristiger<br />
Modetrends zu reduzieren und seine Kleider<br />
ohne Abschlag abzusetzen, was Zara rentabel<br />
und wertvoll macht.<br />
Bisher hatten Modefirmen Kollektionen<br />
entworfen, Prototypen hergestellt, diese in<br />
die (meist ausgelagerte) Massenproduktion<br />
geschickt und dann die Läden beliefert – ein<br />
Prozess, der gut ein Jahr dauerte. Bis die<br />
Produkte schliesslich in den Verkauf gelangten,<br />
hatte das Unternehmen vielleicht den<br />
jüngsten Modetrend der Saison verpasst. Die<br />
Bestände mussten dennoch beworben und<br />
verkauft werden, weil die Aufträge für den<br />
Grossteil der Kollektion bereits an die Lieferanten<br />
ergangen waren. Dieser Prozess wird<br />
als «Push System» bezeichnet. Weitere Informationen<br />
zur Lieferkette auf Seite 48<br />
Zara hat die Lieferkette grundlegend neu<br />
erfunden: Für die Modetrends der kommenden<br />
Saison wartet die Firma erst die <strong>Fashion</strong><br />
Shows der exklusiven Modelabels ab (üblicherweise<br />
rund sechs Monate vor Beginn der<br />
Saison). Erst dann entwirft und produziert<br />
Zara Kleider in ihren Fabriken am Hauptsitz<br />
in Spanien; diese werden innerhalb weniger<br />
Wochen an die Läden ausgeliefert. Die Lieferkette<br />
und alle Läden sind im Besitz von Zara.<br />
Die Läden melden, was sich verkauft und was<br />
nicht. Das erlaubt Zara, nur herzustellen, was<br />
auch nachgefragt wird. Seine Designer sehen<br />
sich auf der Strasse oder in Internet-Blogs<br />
nach neuer Mode um, sodass sich die Kollektion<br />
im Verlauf der Saison weiterentwickeln<br />
kann. Mit diesem flexiblen Modell lassen sich<br />
modische Fehler sowie Verkäufe mit Abschlag<br />
vermeiden.<br />
Die Konkurrenz zieht nach<br />
Sämtliche Modehäuser, von Benetton und<br />
Vögele bis hin zu den edlen Modemarken,<br />
waren gezwungen, von diesem Modell zu lernen<br />
und ihre Lieferketten entsprechend anzupassen.<br />
Auch die Firma H&M, die in Schweden<br />
entwirft, die Produktion jedoch zwecks<br />
Reduktion der Kosten nach Asien auslagert,<br />
musste sich weiterentwickeln. Bei H&M steht<br />
zwar der Preis stärker im Zentrum als die Mode,<br />
aber die Produktion wurde dennoch näher<br />
an den Absatzmarkt zurückgebracht, um<br />
schneller zu sein. Für Aufträge, die weiterhin<br />
nach Asien vergeben werden, verlangt H&M<br />
kürzere Liefertermine. Die Firma hat zudem<br />
Capsule Collections – einmalige und streng<br />
limitierte Kollektionen – mit renommierten<br />
Modeschöpfern entwickelt, um das Kundeninteresse<br />
an H&M anzufachen.<br />
Der japanische Einzelhändler Uniqlo, der<br />
2005 von Fast Retailing übernommen wurde,<br />
betreibt ein hervorragendes Lagerbestands<br />
Kontrollsystem und bringt damit die richtigen<br />
Produkte zur richtigen Zeit an den richtigen<br />
Ort. Indes verfügt Uniqlo nur über wenige<br />
Designs, die tendenziell einfacher und praktischer<br />
sind als jene von Zara oder H&M. Die<br />
Firma produziert ihre Kleider in Japan, lagert<br />
aber gewisse Arbeiten nach China aus. Uniqlo<br />
organisiert Sportanlässe, um Interesse für<br />
seine Marke zu generieren, und hat Tennisass<br />
Novak Djokovic als globalen Markenbotschafter<br />
engagiert.<br />
Exklusivere Modemarken haben derweil<br />
tendenziell weniger effiziente Lieferketten und<br />
geringere Volumen, was die Generierung von<br />
Renditen erschwert. Die vielversprechendsten<br />
Akteure werden oft von grossen Luxusgüterkonzernen<br />
akquiriert, die ihre Verhandlungsmacht<br />
in Bezug auf Werbung oder Immobilien<br />
für bessere Renditen nutzen.<br />
Luxusgüterfirmen setzen ihre Produkte<br />
mit Erfolg weltweit ab, doch auch Modeunternehmen<br />
erreichen mittlerweile globale Reichweite.<br />
H&M hat seine Wurzeln in Schweden<br />
und hat in Nordeuropa seinen Durchbruch<br />
gefeiert. Inzwischen hat H&M aber erfolgreich<br />
nach Südeuropa, China und in die USA expandiert.<br />
Dank globaler Wachstumschancen<br />
kann die Firma die Zahl ihrer Läden jährlich<br />
um 10 Prozent steigern. Zara verbuchte seine<br />
ersten Erfolge in Südeuropa und Lateinamerika,<br />
stiess später nach Asien, Russland und<br />
in andere Schwellenländer vor und ist nun<br />
auch in den USA präsent. Auch Zara erhöht<br />
die Zahl seiner Läden um 8 bis 10 Prozent<br />
pro Jahr. Inditex ist zum weltweit grössten<br />
Bekleidungsunternehmen avanciert, das einen<br />
Umsatz von über 20 Milliarden Euro erzielt<br />
und eine Markt kapitalisierung von 90 Milliarden<br />
Euro erreicht hat. H&M generiert einen<br />
Umsatz von rund 20 Milliarden Euro und weist<br />
eine Marktkapitalisierung von 50 Mil liarden<br />
Euro auf. Beide Unternehmen haben nur in<br />
einigen wenigen Märkten einen Anteil von<br />
über 5 Prozent. Siehe auch den Beitrag über<br />
Mode in Indien auf Seite 14<br />
Die Tücken des Erfolgs<br />
Obschon erfolgreiche Geschäftsmodelle existieren,<br />
gab es in der Geschichte der Mode auch<br />
Misserfolge. Einer der häufigsten Fehler ist<br />
übermässige Präsenz: Unter dem neuen CEO<br />
Michael Jeffries wurde Abercrombie & Fitch<br />
in den 1990er-Jahren zur Topmarke für Teenager.<br />
Läden mit lauter Musik und auf einer<br />
Bühne tanzenden Teens, Parfümduft und ein<br />
populäres Logo wurden weltweit zum Erfolg.<br />
Aber das Logo war übermässig präsent und<br />
verlor seinen «Teen Appeal» – die Kunden<br />
wendeten sich ab. Das Unternehmen bemüht<br />
sich nun schon seit fünf Jahren, seiner<br />
Weltweit grösste<br />
Bekleidungseinzelhändler<br />
Beide Firmen hatten bis 2010 eine ähnliche<br />
Marktkapitalisierung; danach stieg die von Inditex<br />
(Zara) steiler, während jene von H&M weiterhin<br />
mit dem bisherigen Tempo zunahm. Quelle: Bloomberg<br />
in Mrd. Euro<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Mai 01<br />
Marktkapitalisierung Inditex<br />
Marktkapitalisierung H&M<br />
Mai 05 Mai 10 Mai 15
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 32<br />
Marke neues Leben einzuhauchen.<br />
Siehe<br />
auch den Beitrag zu Marketing und Werbung<br />
im Modegeschäft auf Seite 26<br />
Ein ähnliches Schicksal erfuhr der US-<br />
Modeschöpfer Michael Kors. Die Marke Kors<br />
gehörte vor wenigen Jahren noch zu den<br />
Wachstumsspitzenreitern, Kors-Handtaschen<br />
waren sehr gefragt. Auf der Erfolgswelle baute<br />
das Unternehmen sein Ladennetz aggressiv<br />
aus und entwickelte eine breitere Produktpalette.<br />
Kors ging Ende 2 011 mit einem<br />
Aktienkurs von 24 US-Dollar an die Börse.<br />
Aufstieg und Fall<br />
von Abercrombie & Fitch<br />
Die Aktie von Abercrombie & Fitch durchlief in den<br />
letzten Jahren eine Berg- und Talfahrt. Sie erholte<br />
sich von einem starken Einbruch im Jahr 2009,<br />
bevor sie sich erneut auf eine dreijährige Talfahrt<br />
begab. Quelle: Bloomberg<br />
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für die künftige<br />
Entwicklung. Die Wertentwicklung kann von Provisionen, Gebühren oder anderen<br />
Kosten sowie von Wechselkursschwankungen beeinflusst werden.<br />
in USD<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
Jan<br />
97<br />
Jan<br />
00<br />
Jan<br />
03<br />
Jan<br />
06<br />
Aktienkurs Abercrombie & Fitch<br />
Jan<br />
09<br />
Jan<br />
12<br />
Jan<br />
15<br />
Wertschöpfung bei Burberry<br />
Die Marktkapitalisierung stieg zwischen 2002<br />
und 2008 relativ flach, versiebenfachte sich dann<br />
aber in den folgenden drei Jahren. Sie erreichte<br />
2014 bei knapp über 8 Milliarden Pfund ihren<br />
Zenit und gab 2015 wieder nach. Quelle: Bloomberg<br />
in Mrd. GBP<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Jul<br />
02<br />
Jul<br />
04<br />
Jul<br />
06<br />
Jul<br />
08<br />
Marktkapitalisierung Burberry<br />
Jul<br />
10<br />
Jul<br />
12<br />
Jul<br />
14<br />
Die Aktie erreichte im Sommer 2014 bei fast<br />
100 US-Dollar ihren Zenit. Doch auch diese<br />
Marke wuchs zu stark und wurde übertrieben<br />
präsent – zulasten von Beliebtheit und Umsätzen.<br />
Mittlerweile notieren die Michael<br />
Kors-Aktien so tief wie seit Jahren nicht mehr.<br />
Die Firma schliesst Läden, setzt weniger auf<br />
Logoprodukte und fokussiert auf das Premiumsegment,<br />
um ihren früheren Glanz zurückzugewinnen.<br />
Der Erfolg einer Marke liegt in ihrer<br />
Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit.<br />
Hermès ist ein gutes Beispiel für eine konservativ<br />
bewirtschaftete und expandierende<br />
Marke, die mit ein Grund dafür ist, dass das<br />
Unternehmen eine der höchsten Bewertungen<br />
im Luxusgütersektor aufweist. Die 1984<br />
entworfene Birkin-Handtasche gehört nach<br />
wie vor zu den – sogar von <strong>Fashion</strong>istas –<br />
gesuchtesten Accessoires. Das Geheimnis<br />
ihrer Langlebigkeit: eine Warteliste von bis zu<br />
sechs Jahren, um das Stück zu kaufen!<br />
Burberry ist ein hervorragendes Beispiel<br />
für eine «abgenutzte» Marke, der die neue CEO<br />
Rose Marie Bravo zwischen 1997 und 2000<br />
zu neuem Glanz verhalf. In der Folge wurde<br />
das Check-Muster von Burberry-Produkten<br />
durch britische Fussballfans aber überexponiert,<br />
und überall tauchten billige Kopien auf.<br />
Doch unter dem Designer Christopher Bailey<br />
wurde die Marke ab 2001 frisch positio niert<br />
und zu einer modischen Luxusmarke erhoben.<br />
Das Logo wurde subtiler und wieder beliebter.<br />
Werbespots mit Kate Moss definierten das<br />
Image der Marke neu. Das Spektrum wurde<br />
um margenstärkere Accessoires, Duftstoffe<br />
und Babybekleidung erweitert. Der Umsatz<br />
stieg von 200 Millionen Pfund im Jahr 1997<br />
auf zuletzt 6 Milliarden Pfund. Doch nicht<br />
jeder Marke ist es möglich, in neue Produktkategorien<br />
vorzustossen. Weitere Informationen<br />
zu neuen Märkten für Kinder, Männer,<br />
Sport und 50+ auf den Seiten 07, 11, 15 und 22<br />
Fazit: Es kann sich durchaus lohnen, in<br />
Modeunternehmen zu investieren, sofern diese<br />
auf einer erfolgreichen Modewelle reiten, konservativ<br />
geführt sind oder sich von einem Rückschlag<br />
erholen. Wer jedoch einer langfristigen<br />
Underperformance vorbeugen will, muss auf<br />
übermässig hohe Investitionen und Markenmüdigkeit<br />
achten und die Lieferkette hinter<br />
dem Geschäfts modell genau analysieren.<br />
Verkäufe ohne Abschläge sind der Schlüssel<br />
zu profitablem Wachstum. Die Globalisierung<br />
bietet erfolgreichen Unternehmen grossartige<br />
Wachstumschancen.<br />
Wir danken Nandeep Karande von Credit Suisse Business Analytics (India)<br />
für seinen Beitrag zu diesem Artikel.<br />
Kors: Wie gewonnen …<br />
Der Kurs der Kors-Aktie verdoppelte sich in den<br />
Jahren 2012 und 2013 und stieg 2014 weiter.<br />
Auf den Höchststand des Titels dieses exklusiven<br />
Modeschöpfers folgte aber ein ebenso steiler<br />
Kurseinbruch, nachdem die Marke zu aggressiv<br />
gewachsen war und an übermässiger Präsenz litt.<br />
Quelle: Bloomberg<br />
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für die künftige<br />
Entwicklung. Die Wertentwicklung kann von Provisionen, Gebühren oder anderen<br />
Kosten sowie von Wechselkursschwankungen beeinflusst werden.<br />
in USD<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
Dez 11 Dez 12 Dez 13 Dez 14 Dez 15<br />
Aktienkurs Michael Kors<br />
Julie Saussier<br />
ist als Senior Equity Research Analyst<br />
bei Credit Suisse Investment Solutions<br />
und Products für den Sektor Nicht-<br />
Basiskonsum güter zuständig. Sie<br />
arbeitet seit 14 Jahren als Research<br />
Analystin und stiess 2015 zu Credit<br />
Suisse. Sie hat einen Master in Business<br />
and Management der Université<br />
Paris-Dauphine und einen Master in<br />
Corporate Finance der EM Lyon<br />
Business School, Frankreich. Sie ist<br />
Chartered Financial Analyst (CFA).
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 33<br />
STANDPUNKTE<br />
ZU MODETRENDS<br />
4 /6<br />
E . L . L . E . N<br />
S . I . D . E . R . I<br />
ist Gründerin und Geschäftsführerin von ESP Trendlab. Das Trendlab<br />
ist eine Sparte der Trendforschungs- und -beratungsagentur<br />
Ellen Sideri Partnership in New York und spürt für über 1000 führende<br />
Marken weltweit bahnbrechende Designtrends auf und analysiert sie.<br />
Welche globalen Trends (etwa<br />
Digi talisierung) beeinflussen<br />
Ihrer Meinung nach die Mode und<br />
den Modemarkt?<br />
Der freie Informationsfluss und die<br />
allgemeine technologische Entwicklung<br />
verändern alles, auch den<br />
weltweiten Modemarkt. Dieser Dynamik<br />
können sich auch früher etablierte<br />
Systeme nicht entziehen. Aktuell<br />
ist eine regelrecht Establishmentfeind<br />
liche Bewegung zu beobachten,<br />
nicht nur in der Politik. In Frage<br />
gestellt sind auch Publikationen,<br />
Presse und Medien, Arbeitsweisen,<br />
Ehe, Familienplanung, Sexualität,<br />
Medizin, Gesundheitswesen, Fitness,<br />
Ernährung und vieles mehr. Wir<br />
stehen am Anfang einer neuen Ära,<br />
wie in den 1960er- und 1970er-Jahren,<br />
als mit der Vergangenheit gebrochen<br />
wurde. Zeiten wie diese verändern<br />
unser Leben für immer. Man braucht<br />
keine hellseherischen Fähigkeiten<br />
zu haben, um zu erkennen, dass eine<br />
Zeit des Wandels angebrochen ist.<br />
Wir alle können es fühlen.<br />
Inwiefern verändern diese Trends<br />
die Mode und den Modemarkt?<br />
Aus all diesen Herausforderungen<br />
erwachsen neue Methoden und<br />
Ideen, neue Lebensstile und auch<br />
neue Möglichkeiten für Design, das<br />
seiner Zeit voraus ist. Der Technologieboom,<br />
3D-Design, funktionale<br />
Mode, neue Stoff- und Materialoptionen,<br />
saisonunabhängiges<br />
Design und Onlineshopping sind<br />
erst die ersten Anzeichen des grossen<br />
Wandels der Modeindustrie. Die<br />
Zukunft hält noch viel mehr bereit.<br />
Woher schöpfen Sie die Inspiration<br />
für Ihre Designs und Kollektionen?<br />
Als Trendforscher betrachten wir<br />
viele Inspirationsquellen: Laufsteg,<br />
Trends im Einzelhandel, Farben<br />
und Design, Kunst, Medien und Popkultur.<br />
Ebenso im Auge behalten<br />
wir Designentwicklungen ausserhalb<br />
der Modeindustrie, wie zum Beispiel<br />
technologische, wissenschaftliche<br />
und architektonische Trends oder<br />
religiöse Strömungen. Ein aufmerksamer<br />
Beobachter kann daraus<br />
wichtige Hinweise auf Veränderungen<br />
ableiten. Wenn wir zudem das Gesamtbild<br />
nicht aus den Augen verlieren,<br />
lassen sich Konsum- und Kulturtrends,<br />
politische Bewegungen, Lifestyles<br />
und andere Strömungen erkennen,<br />
die die Welt auf viel höherer<br />
Ebene beeinflussen. Der Wunsch nach<br />
Freiheit, die globale Erwärmung, fairer<br />
Handel und die Schwellenländer haben<br />
Einfluss auf uns alle. Wir berücksichtigen<br />
alles bei unserer Arbeit und<br />
lassen uns davon anregen.<br />
✖ ESPTRENDLAB.COM
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 34<br />
MODE IN CHINA<br />
DIE<br />
EVOLUTION<br />
IST<br />
IM GANGE<br />
Chinas Fertigungssektor floriert, aber im Einzelhandel lässt der Erfolg auf sich warten –<br />
insbesondere in der inländischen Modebranche. Die Konsumenten<br />
bevorzugen ausländische Marken, Belieferung und Vertrieb können problematisch sein,<br />
der Markt ist stark fragmentiert und natürlich auch hart umkämpft.<br />
Die Produkte aus dem Fertigungssektor sind in China<br />
ausgereifter als diejenigen im Einzelhandel, weil die<br />
Entwicklung des chinesischen Einzelhandelsmarkts im<br />
Vergleich zum vorgelagerten Fertigungssektor recht<br />
spät einsetzte. Die chinesischen Bekleidungsproduzenten beliefern<br />
nicht nur ihr eigenes Land, sondern seit den 1970er-Jahren auch<br />
die gesamte übrige Welt. Als Erstausrüster (OEM) und Original-<br />
Design-Produzenten (ODM) bedienen sie sowohl den Massenmarkt<br />
wie auch das Hochpreissegment mit ihren Erzeugnissen und Markenprodukten.<br />
Die Jeans als Beispiel auf Seite 12 Für Walmart produzieren<br />
in China über 10 000 Lieferanten; das Unternehmen lässt somit<br />
den Grossteil seiner Waren, einschliesslich Kleider, in China herstellen.<br />
Auch andere auf den Massenmarkt ausgerichtete Brands wie<br />
Gap, Levi’s, H&M oder Uniqlo lassen einen Teil ihrer Mode in China<br />
produzieren. Dasselbe galt in den vergangenen Jahren aber auch für<br />
Luxusmarken wie Armani, Bally, Dolce & Gabbana, Marc Jacobs und<br />
Prada. Die Markenmode von Unternehmen wie Ports 1961, die in<br />
China entworfen und produziert wird, schaffte es gar bis an die <strong>Fashion</strong><br />
Weeks in New York, Paris und Mailand. Doch trotz des anerkannten<br />
handwerklichen Könnens und der Fertigungskompetenzen<br />
scheint der chinesische Einzelhandel immer noch nicht über genügend<br />
eigene landesweit präsente Modelabels zu verfügen – und das vor<br />
allem im Luxussegment, wo ausländische Marken dominieren.<br />
Im Einzelhandel für Markenmode war die Konkurrenz in den<br />
1990er-Jahren vor allem bei der Konfektionsware gross. Damals standen<br />
noch Preise und Material und weniger Stil und Farben im Vordergrund.<br />
Marken wie Giordano und Bossini nutzten die modernen<br />
Produktionsstandorte und gingen zu einer bedarfsorientierten Produktlieferung<br />
an die Verkaufsstellen über, womit Lagerbestände und<br />
Kosten tief gehalten wurden, um preislich wettbewerbsfähig zu bleiben.<br />
Diese Unternehmen bauten ihre Geschäftstätigkeit im Heimmarkt<br />
China meist auf den eigenen, im Ausland gemachten Produkterfahrungen<br />
auf, was für eine gewisse Zeit auch funktionierte. Allerdings<br />
gelang es ihnen nicht, ihr Einzelhandelsnetzwerk schnell genug aus-
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 35<br />
zubauen. Die Gründe waren unter anderem stark fragmentierte Lieferketten<br />
und die unstrukturierte Einzelhandelsbranche. Mehr zu den<br />
Modelieferketten auf Seite 48 Die operativen Herausforderungen<br />
liessen die Gewinne dieser Einzelhandelsketten, die ohnehin schon<br />
mit kleinen Margen zu kämpfen hatten, rasch dahinschmelzen.<br />
Der Wettbewerb verschärft sich<br />
Mit dem steigenden Konsumwachstum der vergangenen 20 Jahre hat<br />
sich der Wettbewerb im Einzelhandel verschärft, insbesondere nachdem<br />
China 2001 WTO-Mitglied wurde. Geprägt wird dieser Wettbewerb<br />
sowohl durch inländische Einzelhändler, die mittlerweile selbst produzieren,<br />
als auch durch neue Marktteilnehmer aus dem Ausland. Die<br />
«Der chinesische Einzelhandel<br />
scheint immer noch nicht<br />
über genügend eigene landesweit<br />
präsente Modelabels zu<br />
verfügen – und das vor allem<br />
im Luxussegment.»<br />
Sportbekleidungsmarken Anta, Dongxiang und Lining sowie die Männermodemarken<br />
Lilang und Septwolves sind inländische Einzelhändler,<br />
die ihre Waren selbst produzieren. Die meisten dieser Marken kamen<br />
erst nach 2007/08 an die Börse. Sie betreiben selbst Geschäfte und<br />
sind auch im Grosshandel verankert, um so innerhalb kürzerer Zeit mehr<br />
Marktanteile zu erlangen. Da im umfangreichen und unstrukturierten<br />
Grosshandelssystem eine eigene Lagerbewirtschaftung jedoch nicht<br />
möglich ist, gerieten die Produktumsätze der meisten dieser Marken<br />
2011 und 2012 unter Druck. Damals erreichte das Umsatzwachstum<br />
im chinesischen Einzelhandel zum letzten Mal einen Höhepunkt. Mehr<br />
zu Herren- und Sportbekleidung auf den Seiten 11 und 15<br />
Egal ob Massen- oder Luxusware – zu den neuen ausländischen<br />
Marktteilnehmern im Mode-Einzelhandel zählen die meisten internationalen<br />
Brands wie Abercrombie & Fitch, H&M, Tommy Hilfiger, Uniqlo<br />
und Zara sowie auch Armani, Burberry, Chanel, Hermès, Louis<br />
Vuitton oder Prada. Um das Markenbewusstsein zu steigern, hat die<br />
Mehrheit der internationalen Marken in China ihre Vorzeigeläden in<br />
den sogenannten «First-Tier»-Städten eröffnet, die punkto Bevölkerungszahl<br />
und Wohlstand über dem Durchschnitt liegen. Da sämtliche<br />
Medien- und zahlreiche Unterhaltungskonzerne in Peking beheimatet<br />
sind, finden dort auch oft die bedeutendsten Modeschauen statt.<br />
Mehr zu Modemarketing und Werbung auf Seite 26 Im Gegensatz zu<br />
Peking, wo bei Modeanlässen vor allem die Medienwirksamkeit im<br />
Zentrum steht, ist Schanghai die eigentliche Modemetropole Chinas.<br />
Die meisten internationalen Marken sind dort mit mehr als einem<br />
Geschäft in den Einkaufsmeilen und Shoppingcentern vertreten, während<br />
man die kleinen Marken und lokalen Designer eher in den altehrwürdigen<br />
Quartieren findet. An der seit 2003 jährlich stattfindenden<br />
Shanghai <strong>Fashion</strong> Week präsentieren führende Designer sowie neue<br />
Talente ihre Produkte und versuchen, ein Gespür für den chinesischen<br />
Markt zu bekommen.<br />
Da die internationalen Modemarken das Luxussegment in China<br />
dominieren, konzentriert sich die Mehrheit der einheimischen Modeunternehmen<br />
auf das Massengeschäft, um so den direkten Wettbewerb<br />
mit diesen starken Marken zu meiden. Weil ihnen aber die<br />
Erfahrung als Einzelhandelskette fehlt, konnten die meisten bislang<br />
keine genügend starke Markentreue aufbauen, um in China die kritische<br />
Masse zu erreichen. Daher verfügt keiner dieser Anbieter über<br />
hohe Marktanteile im inländischen Mode-Einzelhandel. Bei den lokalen<br />
Handelsketten, die so stark gewachsen sind, dass sie sich im mittleren<br />
bis oberen Marktsegment einen Namen machen konnten – wie<br />
etwa Esprit und Ports 1961 –, handelt es sich vorwiegend um übernommene<br />
ausländische Marken: Esprit wurde 1968 in Kalifornien und<br />
Ports 1961 im gleichen Jahr in Toronto gegründet. China ist von<br />
unterschiedlichen geografischen Gegebenheiten und vielen Kulturen<br />
in verschiedenen Provinzen geprägt. Zudem ist der Wohlstand in China<br />
ungleich verteilt. Daher kann es für Konsumgütermarken schwierig<br />
sein, in diesem hart umkämpften Markt überregionale Bedeutung<br />
zu erlangen. Eine der auffälligsten Eigenschaften des chinesischen<br />
Einzelhandels ist die Fragmentierung, die auch in weiten Teilen der<br />
vorgelagerten Lieferkette eine Rolle spielt.<br />
Eine Nische finden<br />
In den letzten zehn Jahren tauchten auch Nischendesigner auf, die<br />
mit Entschlossenheit ihre Marken aufbauen – neben der Massenmode,<br />
die für die Einzelhandelsketten produziert wird. Sie setzen dabei<br />
auf den Wohlstandseffekt bei den Konsumenten, der aufgrund des<br />
anhaltenden Wirtschaftswachstums entstanden ist. Diese Designer<br />
halten die typischen traditionellen Stickereien hoch und beziehen<br />
diese in ihre Entwürfe ein, was Zeit und Können in der Herstellung<br />
voraussetzt. Daher ist auch fast keiner von ihnen in der Massenproduktion<br />
tätig. Ma Ke, die persönliche Designerin der First Lady Peng<br />
Liyuan, ist ein Paradebeispiel für eine solche Nischendesignerin. Ihr<br />
Label Wuyong erlangte fast so viel Berühmtheit wie sie selbst: Im<br />
staatlichen Fernsehen waren die Kleider der First Lady, die sie bei<br />
Staatsbesuchen im Ausland trug, zur Hauptsendezeit sichtbar. Guo<br />
Pei ist eine weitere Designerin, die sich mit ihren fernöstlich angehauchten<br />
und oft mit aufwendigen Stickereien versehenen Kollektionen<br />
einen Namen gemacht hat.<br />
Da mittlerweile vor allem in den Megastädten wie Peking und<br />
Schanghai das Interesse an grossen internationalen Marken nachlässt,<br />
steigt die Nachfrage nach innovativerer und authentischerer Mode.<br />
Dies könnte das Wachstum bezahlbarer Nischenprodukte künftig<br />
begünstigen. Für einen Vergleich mit dem indischen Modemarkt siehe<br />
Seite 14<br />
«In den letzten zehn Jahren<br />
tauchten auch Nischendesigner<br />
auf, die mit Entschlossenheit<br />
ihre Marken aufbauen – neben<br />
der Massenmode der Einzelhandelsketten.»<br />
Selina Sia<br />
Head of Greater China Equity Research<br />
+852 2841 4036<br />
selina.sia@credit-suisse.com
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 36<br />
1.378<br />
Billi nen<br />
Globaler Bekleidungs-<br />
Retailmarkt, 2015<br />
2015 betrug der Umsatz im globalen<br />
Bekleidungs-Einzelhandelsmarkt<br />
1.378 Billionen US-Dollar, was<br />
dem Bruttoinlandprodukt Spaniens<br />
(2014) entsprach.<br />
Quelle: Marketline, Weltbank<br />
USD<br />
3.3<br />
3.7 Mrd. USD<br />
ABERCROMBIE & FITCH USA<br />
8.2 Mrd. USD<br />
PVH USA<br />
Mrd. USD<br />
AMERICAN EAGLE<br />
OUTFITTERS USA<br />
6.2 Mrd. USD<br />
NEXT<br />
GROSSBRITANIEN<br />
7.6 Mrd. USD<br />
RALPH LAUREN USA<br />
11.4 Mrd. USD<br />
LIMITED BRANDS USA<br />
USA 11.07%<br />
20.3 Mrd. USD<br />
ZARA SPANIEN<br />
Die weltweit<br />
grössten<br />
Mode-Einzelhändler,<br />
2014<br />
Sechs der zehn weltweit<br />
grössten Private-Label-<br />
Retailer (d. h. von Anbietern,<br />
die die gesamte<br />
Wertschöpfungskette von<br />
der Produktion bis zum<br />
Einzelhandel abdecken)<br />
sind US-Firmen. Zusammen<br />
erzielten sie 2014<br />
einen Umsatz von<br />
51 Milliarden US-Dollar.<br />
GAP, der grösste USamerikanische<br />
Private-<br />
Label-Retailer und die<br />
globale Nummer drei,<br />
war für ein Drittel dieses<br />
Betrags verantwortlich.<br />
Quelle: Fast Retailing<br />
13.9 Mrd. USD<br />
UNIQLO JAPAN<br />
<strong>16</strong>.4 Mrd. USD<br />
GAP USA<br />
17.9 Mrd. USD<br />
H&M SCHWEDEN<br />
15 %<br />
Aufstieg der Schwellenländer<br />
Die Modebranche profitiert vom steigenden<br />
Wohlstand der Mittelklassen in Schwellenländern.<br />
1996 waren H&M-Läden nur in Europa zu<br />
finden. 2014 generierte H&M 15% des Umsatzes<br />
in Schwellenländern. Quelle: H&M<br />
Grossbritannien 7.5%<br />
%<br />
des Gesamtumsatzes<br />
von<br />
H&M, 2014<br />
Frankreich 6.92%<br />
Schweden 4.8%<br />
Niederlande 4.1%<br />
Italien 3.94%<br />
Spanien 3.78%<br />
Schweiz 3.7%<br />
Belgien 2.2%<br />
Übrige 8.3%<br />
Deutschland 19.8%<br />
Norwegen 3.0%<br />
Österreich 2.9%<br />
Dänemark 2.8%
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 37<br />
E-Commerce wird wichtiger<br />
Mit der Digitalisierung hat der E-Commerce in den letzten Jahren rasant an<br />
Bedeutung gewonnen und wird dies auch künftig tun. Konventionelle Läden<br />
werden aber nicht verschwinden. Der Einzelhandel wird künftig ein Modell<br />
nutzen, das für Verkauf und Interaktion mit den Kunden nahtlos zwischen<br />
Online- und Offline-Kanälen hin- und herwechselt. Quelle: US Census Bureau<br />
Nachhaltigkeit lohnt sich<br />
Konsumenten erwarten von Firmen immer öfter, dass sie soziale Verantwortung<br />
übernehmen, rezyklierte Materialien einsetzen oder in Projekte<br />
gegen Armut oder Ausbeutung investieren. Für Unternehmen können<br />
sich Investitionen in Nachhaltigkeit lohnen: Konsumenten sind zunehmend<br />
bereit, für nachhaltige Produkte mehr zu bezahlen. Quelle: Nielsen<br />
300<br />
25%<br />
70<br />
60<br />
250<br />
20%<br />
50<br />
40<br />
30<br />
200<br />
15%<br />
20<br />
10<br />
150<br />
0<br />
100<br />
50<br />
10%<br />
5%<br />
Asien-<br />
Pazifik<br />
Naher<br />
Osten/ Afrika<br />
Lateinamerika<br />
Nordamerika<br />
2011 2014<br />
Anteil Antwortende, die bereit sind, für Produkte/Dienstleistungen sozial<br />
verantwortlicher Firmen mehr zu bezahlen<br />
Europa<br />
0<br />
in Mrd.<br />
USD<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
2007<br />
2008<br />
2009<br />
2010<br />
2011<br />
2012<br />
2013<br />
2014<br />
0%<br />
2014 <br />
Anteil Konsumenten, die in den letzten sechs Monaten mindestens ein(e)<br />
Produkt/Dienstleistung von einer sozial verantwortlichen Firma gekauft haben<br />
China 38.6%<br />
EU 25.6%<br />
US-Gesamteinzelhandelsumsatz<br />
mit Kleidern/<br />
Accessoires,<br />
in Mrd. USD<br />
%<br />
Anteil an weltweiten<br />
Bekleidungsexporten<br />
Anteil E-Commerce<br />
an US-Gesamteinzelhandelsumsatz<br />
mit Kleidern/Accessoires,<br />
in %<br />
Führende Bekleidungsexporteure,<br />
2013<br />
China und die Europäische Union sind mit einem Anteil<br />
von fast zwei Dritteln an den globalen Kleiderexporten<br />
die beiden weltweit wichtigsten Exporteure. 2013 zählte<br />
die europäische Textilindustrie rund 185 000 Unternehmen<br />
mit 1.7 Millionen Angestellten. Die wichtigsten<br />
Akteure sind Deutschland und Portugal.<br />
Quelle: Welthandelsorganisation, Weltbank, Eurostat, Europäische Kommission<br />
Bangladesch 5.1%<br />
Vietnam 3.7%<br />
Indien 3.7%<br />
Türkei 3.3%<br />
Übrige 20%<br />
Demografische Alterung könnte<br />
Modebranche bremsen<br />
Die Gesamtausgaben der US-Haushalte für Bekleidung sind von 1990 bis<br />
2014 gestiegen, was sich positiv auf das Wachstum des Modemarkts<br />
auswirkte. Weil ältere Menschen jedoch weniger für Kleider ausgeben als<br />
junge, könnte die demografische Alterung die Expansion des Modemarkts<br />
in den letzten Jahren gebremst haben und dies auch künftig tun.<br />
Quelle: US Consumer Expenditure Survey, US Bureau of Labor Statistics, US Bureau of Economic Analysis<br />
Durchschnittliche jährliche US-Haushaltsausgaben für Bekleidung<br />
nach Alter der Referenzperson, bereinigt um Preisveränderungen<br />
2500<br />
2250<br />
2000<br />
1750<br />
1500<br />
1250<br />
1000<br />
750<br />
500<br />
250<br />
0<br />
in<br />
USD<br />
1990<br />
2014<br />
unter<br />
25 25–34 35–44 45–54 55–64 65–74<br />
1990 gaben<br />
Haushalte mit<br />
einer Referenzperson<br />
im Alter<br />
von unter 25<br />
Jahren mehr für<br />
Bekleidung aus<br />
als solche mit<br />
einer Referenzperson<br />
im Alter<br />
von 65 bis 74.<br />
2014 war dies<br />
umgekehrt.<br />
Die Ausgaben<br />
sind in Haushalten<br />
mit einer<br />
Referenzperson<br />
im Alter von 35<br />
bis 44 Jahren<br />
am höchsten.<br />
2014 gaben<br />
diese Haushalte<br />
durchschnittlich<br />
2250 US-Dollar<br />
aus (1990: 2287<br />
US-Dollar).<br />
Die Durchschnittsausgaben<br />
stiegen<br />
von 961 US-<br />
Dollar (1990) auf<br />
1417 US-Dollar<br />
p. a. (2014). Dies<br />
ist immer noch<br />
833 US-Dollar<br />
weniger als ein<br />
Haushalt mit<br />
Referenzperson<br />
im Alter von 35<br />
bis 44 Jahren.<br />
75 und<br />
älter
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 38<br />
NACHHALTIGKEIT<br />
WENIGER<br />
IST<br />
MEHR<br />
Mode gibt ein gutes Gefühl. Sie macht seriös, chic oder sexy.<br />
Sie zeigt, dass wir mit der Zeit gehen. Was heute alle wollen,<br />
ist morgen out. Den Preis zahlen oft die Arbeiter in Produktionsländern<br />
und die Umwelt. Das Museum für Kunst und Gewerbe<br />
Hamburg widmet der dunklen Seite der Mode eine Ausstellung.<br />
INTERVIEW VON JONATHAN HORLACHER Credit Suisse<br />
Auf welche Problembereiche<br />
sind Sie gestossen?<br />
CLAUDIA BANZ Ein wichtiges Thema<br />
ist die Ökologie. Zum Beispiel werden entlang<br />
der textilen Kette – also von der Ressource<br />
bis zum Recycling oder Downcycling –<br />
etwa 20 000 verschiedene Chemikalien eingesetzt.<br />
Damit gehört die Textilindustrie<br />
zu den sieben grossen umweltverschmutzenden<br />
Industrien.<br />
Welche ökologischen Probleme sehen Sie<br />
sonst noch?<br />
CLAUDIA BANZ Wasser spielt in jeder<br />
Hinsicht eine bedeutende Rolle. Einerseits<br />
die Verschwendung von Wasser, weil<br />
die Ressourcen sehr viel Wasser benötigen.<br />
Dies betrifft vor allem die Baumwolle,<br />
aber auch die Tierwolle, denn die Nutztiere<br />
brauchen Trinkwasser und sie brauchen<br />
Weideflächen, die wiederum Wasser benötigen.<br />
Andererseits die verschmutzten<br />
Abwässer, die durch den bereits erwähnten<br />
Einsatz unzähliger Chemikalien bei der<br />
Herstellung von Textilien entstehen. Wir<br />
müssen uns bewusst sein, dass wir mit dem<br />
Import von Kleidung durch die Hintertür<br />
Chemikalien nach Europa holen, die in der<br />
EU durch REACH (Registration, Evaluation,<br />
Authorisation and Restriction of Chemicals)<br />
eigentlich verboten sind, in den asiatischen<br />
Produktionsländern hingegen nicht.<br />
Wie steht es um den Arbeitsschutz?<br />
CLAUDIA BANZ In Ländern wie Bangladesch,<br />
Vietnam oder Indonesien sind<br />
die Textil- und Bekleidungsindustrie tragende<br />
Säulen der Wirtschaft. Es ist nicht im<br />
JONATHAN HORLACHER Letztes Jahr<br />
kuratierten Sie die Ausstellung «Fast<br />
F a s h i o n . Die Schattenseiten der Mode».<br />
Was waren Ihre Beweggründe?<br />
CLAUDIA BANZ Wir verstehen uns<br />
sowohl als Mode- wie auch als Designmuseum.<br />
Als 2013 dieser schreckliche<br />
Unfall in Bangladesch passierte und die<br />
Textilfabrik Rana Plaza einstürzte, waren<br />
wir uns einig, dass wir uns mit diesem<br />
Thema auseinandersetzen müssen.<br />
Was schwebte Ihnen vor?<br />
CLAUDIA BANZ Von Anfang an wollten<br />
wir keine klassische Modeausstellung<br />
machen, sondern, wie bei uns üblich, einen<br />
kritischen Designdiskurs führen. Und da<br />
wird auch immer nach den Produktionsbedingungen<br />
und nach Aspekten der Nachhaltigkeit<br />
gefragt. So entstand die Idee,<br />
jene Seite von Mode zu thema tisieren, die<br />
normalerweise gerade nicht im Vordergrund<br />
steht, die nicht glamouröse Seite.<br />
«Wir müssen uns<br />
bewusst sein, dass wir<br />
mit dem Import von<br />
Kleidung durch die<br />
Hintertür Chemikalien<br />
nach Europa holen,<br />
die in der EU verboten<br />
sind.»<br />
Interesse der Politik und teilweise sogar<br />
verboten, dass sich die Arbeiterinnen<br />
und Arbeiter gewerkschaftlich organisieren<br />
und zum Beispiel einen Mindestlohn einfordern.<br />
Denn dadurch würde sich das Risiko<br />
erhöhen, dass die ganze Karawane weiterzieht,<br />
an einen Ort, wo sich Kleidung<br />
noch billiger produzieren lässt, etwa Myanmar<br />
oder Äthiopien, überhaupt ganz Afrika.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 39<br />
Die meisten Branchen durchlaufen in<br />
ihrer Geschichte einen Prozess von einer<br />
«schmutzigen» hin zu einer aufgeklärteren<br />
und weniger verschmutzenden Produktion.<br />
Warum sollte das bei der Modebranche<br />
anders sein?<br />
CLAUDIA BANZ Ein Hemmnis ist<br />
mög licherweise, dass es sich bei der<br />
Textilindus trie um eine sogenannte Pionierindustrie<br />
handelt. Das heisst, man kann mit<br />
relativ geringem Aufwand ein Business<br />
aufbauen. Es reicht, ein paar Nähmaschinen<br />
in eine Halle zu stellen. Die positive Kehrseite<br />
davon: Die Textilindustrie gibt vielen<br />
Menschen die Möglichkeit, zu arbeiten<br />
und ein bisschen Geld zu verdienen, gerade<br />
auch den Frauen. Auch wird für mehr<br />
Sicherheitsstandards gekämpft, aber wie<br />
wir alle wissen, geht es am Ende doch<br />
immer um den Profit.<br />
Wer ist für die Exzesse der Massenmode<br />
verantwortlich?<br />
CLAUDIA BANZ Das ist eine sehr<br />
grosse Frage, die sich nicht auf die Schnelle<br />
beantworten lässt. Für mich sind vier<br />
Parteien relevant: die Produzenten beziehungsweise<br />
die Unternehmer, die Politiker,<br />
die Designer und natürlich haben auch die<br />
Konsumenten eine grosse Verantwortung.<br />
Der Konsument sollte seine Macht wesentlich<br />
stärker nutzen. Etwa, indem er mit<br />
den Füssen abstimmt, wie man im Englischen<br />
so schön sagt, und nicht in jenen<br />
Läden einkauft, die keine nachhaltigen<br />
Produkte führen. Für mich stehen nicht nur<br />
die Unternehmen in der Pflicht, sondern<br />
jeder trägt eine gewisse Mitschuld.<br />
Bei der Verantwortung der Konsumenten<br />
geht es vor allem um den Preis der<br />
Kleidung. Ist nachhaltig und günstig<br />
in Ihren Augen ein Gegensatz?<br />
CLAUDIA BANZ In unserer Ausstellung<br />
sind wir genau dieser Frage auch nachgegangen,<br />
warum Kleidung so günstig sein<br />
kann. Es ist ein Trugschluss, dass sich<br />
die Mode zwingendermassen verteuert,<br />
wenn die Löhne erhöht werden. Die Lohn-,<br />
Produktions- und Transportkosten machen<br />
bei der Kleidung nur einen sehr kleinen<br />
Teil des Endpreises aus. Den grössten Anteil<br />
haben Marketing und Profit. Es geht also<br />
vor allem um die Gewinnspanne. Insofern<br />
schliessen sich Nachhaltigkeit und günstige<br />
Preise meiner Meinung nach nicht aus.<br />
Doch man muss wirtschaftlich umdenken<br />
und genau das ist ein Problem.<br />
Gilt das für günstige Massenware wie<br />
auch für Luxusmode?<br />
Dr. Claudia Banz<br />
Die promovierte Kunsthistorikerin und<br />
Autorin zahlreicher Publikationen ist<br />
seit 2011 Leiterin der Sammlung Kunst<br />
und Design im Museum für Kunst und<br />
Gewerbe Hamburg. Zuvor war sie<br />
Kuratorin an international renommierten<br />
Museen, etwa den Staatlichen Museen<br />
zu Berlin, den Staatlichen Kunstsammlungen<br />
Dresden und dem Museum<br />
Kunstpalast in Düsseldorf.<br />
CLAUDIA BANZ Unsere Recherche hat<br />
gezeigt, dass zum Beispiel in Bangladesch<br />
in derselben Fabrik T-Shirts für die billige<br />
«Fast <strong>Fashion</strong>» und für Modeunternehmen<br />
aus dem oberen Preissegment gefertigt<br />
werden. Eine traurige Erkenntnis.<br />
Unterdessen messe die Luxusgüterindustrie<br />
dem Thema Nachhaltigkeit mehr<br />
Bedeutung zu, war kürzlich in der «New<br />
York Times» zu lesen. Stimmen Sie zu?<br />
CLAUDIA BANZ Ja, grundsätzlich setzen<br />
sich die Unternehmen immer stärker für<br />
«Grundsätzlich setzen<br />
sich die Unternehmen<br />
immer stärker für<br />
Transparenz ein.»<br />
Transparenz ein und in diesem Zusammenhang<br />
auch für eine nachhaltige Produktion<br />
auf allen Stufen der textilen Wertschöpfungskette.<br />
Mit dem Ziel «sauberere» Stoffe zu<br />
verwenden, das Arbeitsumfeld sicherer<br />
zu gestalten und den Klimawandel zu<br />
berücksichtigen, werden sogar sogenannte<br />
Direktoren für Nachhaltigkeit»<br />
eingestellt …<br />
CLAUDIA BANZ Wie ernsthaft diese<br />
Bemühungen tatsächlich sind, lässt<br />
sich wohl erst in etwa fünf Jahren beurteilen.<br />
Dann kann man Zwischenbilanz ziehen.<br />
Nicht zu vergessen ist auch, dass Nachhaltigkeit<br />
unterdessen zum Lifestyle gehört.<br />
Wie meinen Sie das?<br />
CLAUDIA BANZ Das Marketing hat<br />
längst erkannt, dass sich mit Nachhaltigkeit<br />
oder auch mit vermeintlich nachhaltig<br />
produ zierten Produkten viel Geld verdienen<br />
lässt. Es hört sich immer gut an, wenn<br />
ein Kleidungsstück «nachhaltig produziert»<br />
ist, doch leider taugen die wenigsten<br />
Güte siegel wirklich etwas. Aber wenn<br />
Nachhaltigkeit heute bei vielen zum Lifestyle<br />
gehört – und Mode ist ja ein wichtiger<br />
Bereich des Lifestyle –, dann würde sich<br />
das Modebusiness perfekt eignen, um<br />
mittelfristig eine echte nachhaltige Produktion<br />
zu schaffen. Das Wissen ist da, die<br />
Möglichkeiten sind da, es geht nur darum,<br />
ob die Unternehmen tatsächlich daran<br />
interessiert sind, das durchzusetzen.<br />
Wenn von Nachhaltigkeit die Rede ist,<br />
geht es dann vor allem um die Produktionsbedingungen<br />
oder um die Materialien?
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 40<br />
CLAUDIA BANZ Um alles. Um nachhaltige<br />
Materialien, nachhaltige Produktion<br />
und natürlich auch um die soziale Nachhaltigkeit,<br />
also eine faire Entlöhnung.<br />
Aber nachhaltige Mode hat auch den Ruf,<br />
ein bisschen handgestrickt zu sein, oder?<br />
CLAUDIA BANZ Tatsächlich kommen<br />
schnell Erinnerungen an die 1970er-Jahre<br />
auf, Jute statt Plastik. Dadurch wird dieser<br />
Modezweig in die Aschenbrödel-Ecke<br />
gedrängt. Zu Unrecht, es hat sich viel getan.<br />
Zum Beispiel?<br />
CLAUDIA BANZ Im Rahmen der Berliner<br />
<strong>Fashion</strong> Week gibt es seit 2006 den<br />
Greenshowroom. Dort wird offensichtlich,<br />
dass beim Look die nachhaltige Mode<br />
der ursprünglichen Mode in nichts nachsteht.<br />
Ausserdem wird an den Modehochschulen<br />
das Thema Nachhaltigkeit<br />
immer<br />
stärker in die Ausbildung<br />
integriert.<br />
Das ist eine sehr<br />
erfreuliche Entwicklung,<br />
denn auch<br />
die Designer haben<br />
eine Verantwortung.<br />
Steht Mode<br />
nicht ohnehin im<br />
Widerspruch<br />
zu Nachhaltigkeit?<br />
Immerhin benötigt<br />
sie im Vergleich zur<br />
überlebensnotwendigen Kleidung<br />
zusätzliche Ressourcen und<br />
Arbeitsleistung.<br />
CLAUDIA BANZ Die Notwendigkeit,<br />
sich zu kleiden, und den Wunsch, dabei<br />
modisch auszusehen und daher permanent<br />
zu konsumieren, also Mode und Kapitalismus,<br />
das haben grosse Soziologen wie<br />
Werner Sombart seit Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
immer zusammen gedacht.<br />
Aber natürlich müssen wir uns die Frage<br />
stellen: Wie wichtig ist Mode überhaupt? Ist<br />
sie nicht eigentlich überflüssig?<br />
Fragen, die sich vor allem die<br />
Gesellschaftstellen muss, oder?<br />
CLAUDIA BANZ Tatsächlich ist auch ein<br />
Umdenken seitens der Designer angesagt,<br />
und dieses Umdenken muss sich dann<br />
wieder in der Gesellschaft verbreiten. Gerade<br />
im Hinblick auf die «Fast <strong>Fashion</strong>»,<br />
die fast alle zehn Tage eine neue Kollektion<br />
herausbringt, müssen wir entscheiden:<br />
Wie viel brauche ich wirklich?<br />
Es werden laufend neue Bedürfnisse<br />
geschaffen.<br />
«Wir sind<br />
der Frage<br />
nachgegangen,<br />
warum Kleidung<br />
so günstig<br />
sein kann.»<br />
CLAUDIA BANZ Ja, umso wichtiger ist<br />
die Frage, ob ich jeden Monat ein komplett<br />
neues Outfit brauche. Die Devise könnte<br />
auch heissen: Weniger ist mehr! Die<br />
bekannte niederländische Trendforscherin<br />
Li Edelkoort sagte einmal: «Mode ist tot.»<br />
Damit hat sie ihre Kollegen sehr schockiert.<br />
Ihrer Meinung nach müssten die Designer<br />
wieder mehr über Bekleidung und weniger<br />
über Mode nachdenken.<br />
«Mangel und Überfluss» war auch<br />
ein Thema der Ausstellung. Was haben<br />
Sie gezeigt?<br />
CLAUDIA BANZ Wir haben veranschaulicht,<br />
wie viel Kleidung wir kaufen und<br />
wie viel wir entsorgen. In Deutschland beispielsweise<br />
beträgt der Neukonsum pro<br />
Person jährlich 27 Kilogramm, gleichzeitig<br />
werden knapp 15 Kilo<br />
Kleidung entsorgt.<br />
Im europäischen<br />
Durchschnitt sind es<br />
20 Kilo Neukonsum<br />
gegenüber knapp<br />
8 Kilo Altkleidung.<br />
Was passiert<br />
mit den<br />
Altkleidern?<br />
CLAUDIA BANZ<br />
Die Entsorgung ist<br />
inzwischen zu einem<br />
globalen Handel geworden.<br />
Eindrücklich<br />
zeigt das der wunderbare Film «Unravel»<br />
von Meghna Gupta. Darin geht es um<br />
Panipat, eine Stadt nördlich von Delhi, wo<br />
sich der weltweit grösste Sammelplatz<br />
für Altkleidung befindet. In Panipat findet<br />
Downcycling im grossen Stil statt. Noch<br />
tragfähige Secondhandkleidung wird zu<br />
billigsten Hilfsdecken verarbeitet.<br />
Wie Sie bereits gesagt haben: Die<br />
dunkle Seite der Mode geht uns alle etwas<br />
an. Welche Reaktionen der<br />
Ausstellungsbesucher haben Sie am<br />
meisten überrascht?<br />
CLAUDIA BANZ Das Feedback war<br />
durchwegs extrem positiv. Am meisten<br />
beeindruckt hat mich jedoch eine ältere<br />
Dame. Sie war sehr berührt von der Ausstellung,<br />
vor allem vom Schicksal der Textilarbeiterinnen,<br />
die sehr wenig verdienen.<br />
Deshalb hat sie zusammen mit Freundinnen<br />
rund 70 000 Euro gesammelt und einer<br />
NGO gespendet, die sich dafür einsetzt,<br />
die sozialen Bedingungen der Textilarbeiterinnen<br />
zu verbessern. Das hat mich ganz<br />
enorm beeindruckt und gefreut.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 41<br />
NACHHALTIGE BAUMWOLLE<br />
Wie durstig Baumwollpflanzen sind, zeigt der Aralsee. Seit Mitte des<br />
20. Jahrhunderts wurde ihm Wasser für die künstliche Bewässerung<br />
riesiger Anbauflächen in Kasachstan und Usbekistan entnommen.<br />
Seit 1960 hat der Aralsee 85 Prozent seiner Fläche und mehr als<br />
90 Prozent des Volumens verloren. Heute ist der einst viertgrösste<br />
Binnensee der Welt eine Salzwüste. Die Austrocknung des Sees gilt<br />
als eine der grössten vom Menschen verursachten Umwelt-<br />
HAND-<br />
SCHLAG<br />
DER<br />
HOFFNUNG<br />
Heute ist nachhaltig produzierte Mode chic und angesagt. Davon profitieren<br />
die Kunden im Laden und die Baumwollbauern auf dem Feld. Dass sich damit<br />
auch Geld verdienen lässt, zeigen kleine Labels und grosse Detailhändler.<br />
TEXT RUTH HAFEN freie Autorin<br />
Kaum etwas lassen wir so nahe an unseren Körper wie<br />
Baumwolle. Sie ist das Rohmaterial für 40 bis 50 Prozent<br />
aller Textilien und die wichtigste natürliche Faser.<br />
Verglichen mit synthetischen Fasern ist sie sehr saugfähig<br />
und kann bis zu 65 Prozent ihres Gewichts an Wasser aufnehmen.<br />
Stoffe aus Baumwolle gelten als hautfreundlich und wenig aller gen.<br />
So positiv die Eigenschaften der Baumwollfaser sind, so problematisch<br />
ist ihre Gewinnung. Das grösste Problem: der Wasserverbrauch. WWF<br />
Global bezeichnet Baumwolle neben Reis, Zuckerrohr und Weizen als<br />
«thirsty crop», als durstige Pflanze. Der WWF rechnet vor, dass für<br />
ein Kilo Baumwolle (ergibt etwa ein T-Shirt und eine Jeans) mehr als<br />
20000 Liter Wasser verbraucht werden. Auch der Verbrauch von<br />
Insektiziden und Pestiziden ist beachtlich: Obwohl Baumwolle auf nur<br />
etwa 2.4 Prozent der weltweiten Landwirtschaftsfläche angebaut wird,<br />
kommen hier 24 Prozent der weltweiten Insektizide und 11 Prozent<br />
der Pestizide zum Einsatz. Diese wiederum verschmutzen das Grundwasser<br />
und bedrohen die Gesundheit der Menschen. Mehr dazu,<br />
wie man druckt statt färbt und so Millionen Liter Wasser spart, lesen Sie<br />
auf Seite 61<br />
Vom Aralsee zur Salzwüste
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 42<br />
katastrophen. Angesichts dieser beunruhigenden Fakten erstaunt<br />
es nicht, dass immer mehr Konsumenten und Hersteller sich für<br />
ökologische und nachhaltige Produkte einsetzen. Eine davon ist die<br />
Amerikanerin Yael Aflalo. Aflalo, Exmodel, Designerin und CEO von<br />
Reformation, einem 2009 von ihr gegründeten «seltenen Hybrid aus<br />
Fast <strong>Fashion</strong> und Nachhaltigkeit» («Forbes»), beschreibt in einem<br />
Gastbeitrag auf time.com den Moment ihres Umdenkens: eine Fabrikbesichtigung<br />
in China, wo sie die dortigen Arbeits- und Umweltbedingungen<br />
erlebte. Als sie dann noch herausfand, wie viel Wasser es<br />
für ein einziges T-Shirt braucht, beschloss sie, ihre Kleider fortan<br />
nachhaltig fertigen zu lassen. Das Motto ihrer Marke: «Wir machen<br />
hammer Kleider, ohne dabei die Umwelt zu erschlagen» (We make<br />
killer clothes that don’t kill the environment). Das Unternehmen generierte<br />
2014 einen Umsatz von 25 Millionen US-Dollar und zählt zu<br />
seinen Kundinnen It-Girls wie Taylor Swift oder Rihanna. Noch besser:<br />
Supermodel Karlie Kloss zählte zu den Investorinnen in der zweiten,<br />
12-Millionen-Dollar-Finanzierungsrunde des Unternehmens, die im<br />
April 2015 über die Bühne ging. Über weitere umweltschonende<br />
Ansätze bei der Kleiderproduktion lesen Sie auf Seite 59<br />
Mit Biobaumwolle zum Marktführer<br />
Ein Schweizer Beispiel zeigt, dass Nachhaltigkeit auch bei Grossen<br />
wichtig ist. Das Coop-Label Naturaline besteht seit 1993, seit 1995<br />
wird nur Biobaumwolle verwendet. Nachdem Coop in der Schweiz im<br />
Bereich Food mit dem Label Naturaplan Pionierarbeit geleistet hatte,<br />
folgte Oecoplan beim Non-Food mit Reinigungsprodukten und Hygieneartikeln.<br />
Schon beim Start von Naturaline war klar, dass man mit einem<br />
Partner, der Remei AG, zusammenarbeiten würde. Diese produziert<br />
nachhaltige Textilien aus Biobaumwolle und organisiert von der Masstabelle<br />
bis zur Lieferung den ganzen Prozess. Besiegelt wurde die<br />
Kooperation symbolträchtig per Handschlag auf einem indischen<br />
Baumwollfeld. Später kam noch Tansania als Lieferant hinzu. Aber<br />
wieso überhaupt Baumwolle? Emanuel Büchlin, Einkaufsleiter Textil<br />
Standards<br />
bioRe-Standard = Das Textil-Label zeichnet Bio -<br />
baumwoll-Textilien der Schweizer Firma Remei AG<br />
aus. Der Standard regelt die Weiterverarbeitung<br />
der Biobaumwolle aus den eigenen Anbauprojekten<br />
in Indien und Tansania.<br />
SA 8000 = Der Sozialstandard Social Accountability<br />
8000 wurde 1997/98 von der US-NGO Social<br />
Accountability International (SAI) auf Basis der internationalen<br />
Menschenrechtskonvention und der<br />
Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation<br />
IAO (ILO) entwickelt. Er ist eine international verbreitete<br />
Zerti fizierungsnorm mit einer Reihe strenger<br />
Standards, unter anderem der Einführung menschenwürdiger<br />
Arbeitsbedingungen, Vereinigungsfreiheit<br />
und dem Verbot von Kinderarbeit und Diskriminierung.<br />
Der SA 8000 überprüft die Einhaltung sozialer<br />
Mindeststandards in produzierenden Unternehmen<br />
und verantwortet weltweit die Zertifizierung von<br />
Fabriken, die durch unabhängige Zertifizierungsorganisationen<br />
realisiert wird.<br />
Quelle: Lexikon der Nachhaltigkeit<br />
Unternehmensporträts<br />
Coop = Gegründet als Genossenschaft 1864, 1969<br />
umbenannt in Coop. Die Coop-Gruppe ist das grösste<br />
Detail- und Grosshandelsunternehmen der Schweiz.<br />
Dazu gehören Detailhandels unternehmen in der<br />
Schweiz sowie Grosshandels- und Produktionsunternehmen<br />
im In- und Ausland. Gesamtumsatz Gruppe<br />
2015: CHF 26.9 Mrd.<br />
bioRe ® Stiftung = Gegründet 1997. Fördert bio lo gische<br />
und biodynamische Landwirtschaft. Unterstützt<br />
bedürftige Bauernfamilien in Ländern des Südens.<br />
bioRe India Ltd und bioRe Tanzania Ltd arbeiten direkt<br />
mit den Baumwollbauern zusammen.<br />
Reformation = Gegründet 2009. Fast <strong>Fashion</strong> aus<br />
nachhaltigen Stoffen, teils Neukreationen auf Basis von<br />
Vintagekleidern. Umsatz 2014: USD 25 Mio.<br />
Remei AG = Gegründet 1983, Sitz im schweizerischen<br />
Rotkreuz. Produziert nachhaltige Textilien aus<br />
Biobaumwolle. Umsatz 2014/2015: CHF 23.1 Mio.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 43<br />
bei Coop: «Jährlich werden weltweit unglaubliche 25 Millionen Tonnen<br />
Baumwolle angepflanzt – ein Drittel aller Textilfasern. Bei den Naturfasern<br />
bringt es die Baumwolle auf 75 Prozent. Zwischen 70 und<br />
80 Prozent unserer Produkte sind aus Baumwolle.» Daraus erwächst<br />
dem Unternehmen eine ökologische und soziale Verantwortung. Und<br />
wieso gerade Tansania? «Tansania ist ein relativ wichtiges Land im<br />
Baumwollanbau, aber vor allem ist die Produktion dort zu 100 Prozent<br />
gentechfrei. Naturaline will gentechfreie Kleidung produzieren. Sowohl<br />
aus Tansania wie auch aus Indien haben wir Baumwolle, die nach dem<br />
nachhaltigen bioRe-Standard angebaut und verarbeitet wird. In Indien<br />
wird das Thema Gentech allmählich zum Problem, weil dort weit<br />
über 97 Prozent der Baumwolle gentechnisch verändert ist.» Auf den<br />
Feldern der Stiftung bioRe, von der die Remei AG ihre Baumwolle<br />
«Angesichts der beunruhigenden<br />
Fakten erstaunt es nicht, dass<br />
sich immer mehr Konsumenten<br />
und Hersteller für nachhaltige<br />
Produkte einsetzen.»<br />
beziehe, werde im Unterschied zur herkömmlichen Baumwollproduktion<br />
auch die Fruchtfolge betrieben – also zwischen Baumwolle und<br />
Chili oder Mais abgewechselt, was dem Boden zugutekomme und<br />
immer mehr Anhänger finde, so Büchlin. Ausserdem lege Coop Wert<br />
darauf, einen möglichst grossen Teil des Herstellungsprozesses im<br />
Land selber zu behalten. Die Produkte würden dann auf dem Seeweg<br />
in die Schweiz in die Endproduktion geliefert, fügt er an.<br />
Neben ökologischen und wirtschaftlichen Aspekten beinhaltet<br />
Nachhaltigkeit auch den sozialen Aspekt, der für Coop ebenso wichtig<br />
ist. Momentan arbeiten im Coop-Baumwolleprojekt auf den Feldern<br />
von Indien und Tansania etwa 7000 Bauern, eine Zahl, die Büchlin<br />
nicht ohne Stolz erwähnt. «Wir stellen auch in der textilen Kette den<br />
Mensch in den Vordergrund. Deshalb wollen wir bei der Verarbeitung<br />
von Textilien die Umweltbelastung minimieren und die Gesundheit der<br />
Arbeitenden sichern. Wir bestehen darauf, dass sämtliche Kernnormen<br />
der ILO eingehalten werden. Um für Coop Naturaline produzieren zu<br />
dürfen, müssen Textilverarbeitungsunternehmen mindestens «Business<br />
Social Compliance Initiative»-auditiert sein und mittelfristig<br />
die SA-8000-Zertifizierung erreichen. Mit der Kontrolle haben wir ein<br />
externes Unternehmen beauftragt.»<br />
Frauen treiben die Entwicklung<br />
Immer mehr Konsumentinnen machen sich Gedanken darüber, woher<br />
ihre Nahrung und ihre Bekleidung kommen und wie diese das Klima<br />
beeinflussen. Bewegungen wie Slow Food oder Veganismus sind der<br />
beste Beweis dafür. Und die Kunden sind heute vermehrt bereit, für<br />
fair Produziertes mehr zu zahlen. Büchlin definiert die Naturaline-Kernzielgruppe<br />
denn auch als «modebewusste, moderne Frau, die Wert<br />
darauf legt, wie etwas verarbeitet wurde». Coop setzt im Marketing<br />
auf ein bekanntes Schweizer Gesicht: Ex-Miss-Schweiz Melanie<br />
Winiger ist seit 2008 Markenbotschafterin für Naturaline, seit 2014<br />
kreiert sie selbst für das Label «bequeme Mode für Menschen, die<br />
ihren eigenen Stil haben und denen eine umweltgerechte, faire Pro-<br />
Emanuel Büchlin<br />
arbeitet seit über 20 Jahren bei Coop.<br />
Als Einkaufsleiter Textil definiert er<br />
die strategischen Vorgaben für den<br />
Einkauf und setzt sie in Kontakt mit<br />
Geschäftspartnern, Behörden, Verbänden<br />
und NGOs um. Er ist Mitbegründer<br />
und operativer Leiter von Coop Naturaline<br />
und steuert diese für Coop sehr<br />
wichtige Erfolgsposition. Seit 2013 ist<br />
er Stiftungsrat der BioRe-Stiftung.<br />
duktion wichtig ist». Winigers erklärtes Ziel ist es, faire und ökologische<br />
Mode aus der «Seide-Wolle-Bast-Ecke» herauszuführen.<br />
Als Naturaline in den Markt eintrat, musste Coop diese Produkte<br />
noch subventionieren. Sie hätten, so Büchlin, «diese Artikel in einer<br />
Vollkostenrechnung so nicht auf den Markt bringen können. Das ist<br />
heute anders. Heute sind wir absolut konkurrenzfähig. Wir befinden<br />
uns in einer mittleren Preislage, aber unsere ökologisch und fair produzierten<br />
Produkte bleiben 20 bis 25 Prozent teurer».<br />
Büchlin ortet in der Schweiz Wachstumspotenzial für Naturaline.<br />
Liegt der Jahresumsatz mit Naturaline-Produkten derzeit noch bei<br />
60 Millionen Schweizer Franken, plant der Grossverteiler bis 2020<br />
einen Sprung auf 100 Millionen. Um das zu erreichen, will Coop die<br />
Produktpalette zusammen mit der Remei AG internationalisieren. Ein<br />
Blick in die Naturaline-Strategie 2025 zeigt, dass Coop auch weiterhin<br />
auf den Schwerpunkt Baumwolle setzt, auch wenn Mischungen<br />
mit Modal und anderen Viskosefasern durchaus Potenzial attestiert<br />
wird. Eine weitere Linie mit zertifizierter Bioseide ist bereits lanciert.<br />
Was können andere Branchen von der Mode- und Textilbranche<br />
lernen, wenn es um Nachhaltigkeit geht? Für Emanuel Büchlin sind<br />
das vorwiegend folgende Aspekte: ressourcenschonende Prozesse,<br />
Menschenrechte und Mitarbeiterzufriedenheit entlang der ganzen Wertschöpfungskette.<br />
Yael Afl alo fordert, dass Unternehmen Nachhaltigkeit<br />
nicht als zusätzliches Plus betrachten, sondern als Standard. Den von<br />
Kunden gerne geforderten Konsumverzicht erachtet sie als unrealistisch.<br />
Sie fi ndet, den Anforderungen der Nachhaltigkeit nachzukommen, sei<br />
Sache der Unternehmen.<br />
Dieser Artikel basiert auf einem Interview mit Emanuel Büchlin.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 44<br />
TECHNO-TEXTILIEN<br />
DI<strong>GI</strong>TALISIERUNG<br />
BEEINFLUSST<br />
DIE MODE<br />
UND WIE WIR<br />
EINKAUFEN<br />
Bisher ging es vor allem um den Look. Wohlbefinden war nur ein psychologisches Nebenprodukt<br />
eines erfolgreich projizierten Images. Mit dem Einzug smarter Kleider und Textilien erhält das<br />
«gute Feeling» eine völlig neue Bedeutung im Bereich Gesundheit und Wellness. Die Modebranche<br />
hat die Integration moderner Technologien spät aufgegriffen. Jetzt stehen wir aber am Anfang<br />
der vielleicht ultimativen Verschmelzung von Form und Funktion.<br />
Dass sich Technologie auf die Mode auswirkt, ist alles<br />
andere als eine neue Erkenntnis. In der Geschichte der<br />
Bekleidungs- und Textiltechnologie gab es zahlreiche<br />
grössere Veränderungen in der Herstellung und im<br />
Vertrieb. Zu den Innovationen zählen Kunstfasern wie Polyester, Nylon<br />
und Vinyl sowie Erfindungen wie der Reissverschluss und Velcro –<br />
oder Gore-Tex, das 1969 erfunden wurde bei der Forschung im Chemiesektor.<br />
Heute wird Mode zunehmend von der Digitalisierung der<br />
Gesellschaft und Wirtschaft beeinflusst. Ein Beispiel sind in Bekleidung<br />
eingearbeitete Radio-Frequency-Identifica tion-Chips (RFID), mit denen<br />
sich der Weg der Kleider von der Produktion bis in den Laden<br />
verfolgen lässt und die belegen, dass man tatsächlich einen Markenartikel<br />
und nicht eine billige Fälschung erstanden hat. Dank RFID<br />
lassen sich verlegte Kleidungsstücke zudem einfach wiederfinden.<br />
Modebranche integriert neue Technologien nicht schnell genug<br />
Heute eröffnet die Vereinbarkeit von Technologie und Mode unzählige<br />
Möglichkeiten und eine Vision für die Zukunft, die vom E-Einzelhandel<br />
über E-Textilien bis hin zu «intelligenten», in 3D-Druck gefertigten Stoffen<br />
reicht. In der Produktion kommt bereits Computerdesign zum Einsatz<br />
und an Modeschauen oder in Onlinevideos werden schon Prototypen<br />
von 3D-Druck-Kleidern gezeigt. Francis Bitonti, ein New Yorker<br />
Pionier der digitalen Mode, hat sich jüngst auf den Einsatz modernster<br />
Herstellungstechniken für Mode, Schmuck und Accessoires konzentriert<br />
und unter anderem ein 3D-Druck-Kleid für Dita von Teese<br />
und ein Paar gedruckte Schuhe produziert. Er macht kein Geheimnis<br />
daraus, dass die konventionelle Modebranche seines Erachtens neue<br />
Technologien zu langsam aufgreift. Mehr zu 3D-Druck-Kleidern auf<br />
Seite 51<br />
Der E-Commerce ist bereits gut etabliert, könnte nun aber nochmals<br />
Auftrieb erhalten. Ersatzstücke wie Unterwäsche und Jeans<br />
werden bereits via Internet erworben – oft wegen tieferer Preise und,<br />
in geringerem Umfang, wegen der Zeitersparnis. Der Ablauf ist ganz<br />
einfach, vor allem wenn Sie Ihre Grösse kennen. Was aber, wenn Sie<br />
eine spezifische Marke oder sogar ein massgeschneidertes Teil<br />
möchten? Dafür gibt es bald eine Lösung: Lassen Sie Ihren Körper
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 45<br />
einscannen und benutzen Sie Ihre Masse bei Ihrem Besuch im<br />
Onlineshop. Die gekauften Stücke werden anschliessend direkt zu<br />
Ihnen nach Hause geliefert.<br />
Robo-Mannequins mit Ihren Körpermassen<br />
Ein Pionier der innovativen Biorobotik ist das 2010 gegründete Unternehmen<br />
Fits.me, das im Juli 2015 von Rakuten Inc., einem global<br />
führenden E-Commerce-Akteur, übernommen wurde. Die Firma erregt<br />
zurzeit viel Aufmerksamkeit, nachdem sie eine Partnerschaft mit dem<br />
Einzelhändler Hawes & Curtis eingegangen ist. Ihre «virtuelle Umkleidekabine»<br />
trägt zur Lösung des grössten Problems im E-Commerce<br />
mit Bekleidung bei – nämlich, dass Kunden die Kleider vor dem Kauf<br />
nicht anprobieren können. Das wandlungsfähige Robo-Mannequin der<br />
Website macht sich Ihre Körpermasse und -form zu eigen und führt<br />
Ihnen die gewählten Stücke vor. So sehen Sie 1:1, wie sie Ihnen passen<br />
würden. Die Site ist derart erfolgreich, dass sich die Bekleidungsumsätze<br />
des deutschen Online-Einzelhändlers Quelle verdreifachten,<br />
während die Zahl der Rücksendungen um 28 Prozent fiel. Ein Blick<br />
in die virtuelle Umkleidekabine auf Seite <strong>16</strong><br />
Revolutionäre E-Textilien<br />
Eine weitere Revolution ist die Entwicklung von E-Textilien oder Smart<br />
Textiles. Sie integrieren digitale Komponenten, die dem Träger Zusatznutzen<br />
bieten. Rebeccah Pailes-Friedman vom Pratt Institute<br />
definierte sie wie folgt in einem Gespräch mit Rebecca Gaddis, publiziert<br />
am 7. Mai 2014 auf der Forbes-Website: «Intelligente Textilien<br />
sind revolutionär, weil sie viele funktionale Eigenschaften haben, die<br />
traditionellen Stoffen abgehen. Sie kommunizieren, passen sich an,<br />
leiten Strom und können sogar wachsen.»<br />
Therapeutische Textilien sind ein Beispiel hierzu. Die Haut ist das<br />
einzige Körperorgan, das direkt mit unseren Kleidern in Kontakt<br />
kommt. Da der Hautkontakt über längere Zeiträume erfolgt, brächten<br />
uns Textilien, welche die Haut oder sogar den Körper heilen oder<br />
schützen, einen klaren Zusatznutzen. Therapeutische Stoffe eröffnen<br />
neue Ansätze und gewinnen dank ihrer vielen Vorteile und positiven<br />
« Heute eröffnet die Vereinbarkeit<br />
von Technologie und Mode<br />
unzählige Möglichkeiten und<br />
eine Vision für die Zukunft,<br />
die vom E-Einzelhandel bis hin<br />
zu E-Textilien reicht. »<br />
Ihre Unterwäsche liegt Ihnen am nächsten, weshalb Sie sie beim Kauf<br />
wohl mit besonderer Sorgfalt auswählen. Künftig werden Sie dies<br />
noch selektiver tun, denn Unterwäsche und weitere Kleidungsstücke<br />
können viel mehr, als nur ein Gefühl von Tragekomfort und Gut-angezogen-Sein<br />
zu generieren. Statt eines Blicks in den Spiegel können<br />
Sie Ihre Kleider fragen, wie es Ihnen heute geht. Ihre Unterwäsche<br />
kann Ihnen beispielsweise signalisieren, wenn eine Krankheit im Anzug<br />
ist – noch bevor Sie dies spüren. Oder sie kann andere informieren,<br />
wenn Sie hingefallen sind, oder Ihrem Arzt die Diagnose und Behandlung<br />
von Krankheiten erleichtern. Die nächste Generation tragbarer<br />
Technologien zielt darauf ab, Sensoren in Ihre Kleider einzubetten,<br />
sodass Sie sich nur anzuziehen brauchen, um Ihre Gesundheit zu<br />
überwachen.<br />
« Intelligente Textilien sind<br />
revolutionär, weil sie viele<br />
funktionale Eigenschaften haben,<br />
die traditionellen Stoffen abgehen.<br />
Sie kommunizieren, passen<br />
sich an, leiten Strom und können<br />
sogar wachsen. »<br />
Diese gesundheitlichen Funktionen haben viel gemeinsam mit<br />
denen für sportliche und Trainingsaktivitäten. Allgemein besteht die<br />
Idee darin, dass die Informationen zur physischen Verfassung des<br />
Trägers – wie etwa Puls, Körpertemperatur, Biochemie und körperliche<br />
Aktivitäten – erfasst und gespeichert oder kontinuierlich an eine<br />
Klinik übermittelt werden, um die Überwachung Ihrer Gesundheit zu<br />
erleichtern. Dies erlaubt es Menschen mit chronischen Krankheiten,<br />
ihre Gesundheit Schritt für Schritt zu verbessern. Chronisch Kranke<br />
könnten so statt in einem Krankenhaus zu Hause bleiben, ohne dass<br />
eine qualitativ gute Überwachung ihres Gesundheitszustands dadurch<br />
beeinträchtigt würde. Wie funktioniert das? Textilien werden mit<br />
smarten sensorbestückten Fasern durchwebt. T-Shirts, Shorts und<br />
Unterwäsche mit leitenden oder optischen Sensoren können ein umfassenderes<br />
Spektrum an Körpersignalen viel sensibler erfassen als<br />
steife Sensoren auf Clips und Armbändern. Mehr zu tragbarer Technologie<br />
auf Seite 60<br />
Technologische Fortschritte werden unsere Wahrnehmung von<br />
Mode und folglich unsere Einkaufsgewohnheiten verändern. Je<br />
schneller wir uns an diese Innovationen und Erfindungen gewöhnen,<br />
desto besser. Doch keine Angst: Zu guter Letzt werden wir wohl<br />
weiterhin vor allem modische – wenn auch aus anderen Materialien<br />
bestehende – Kleider tragen.<br />
Resultate langsam an Bedeutung. Eine Beschichtung von Textilien<br />
mit Kräuterextrakten kann beispielsweise heilend wirken. Derartige<br />
Stoffe können substanziell zur Linderung von Stress, zur Regeneration<br />
der Haut, zur Behandlung von Hautkrankheiten und sogar zu<br />
einem besseren Schlaf beitragen.<br />
Ihre Unterwäsche signalisiert, wenn Sie sich nicht gut fühlen<br />
Ulrich Kaiser<br />
Research Analyst<br />
+41 44 334 56 49<br />
ulrich.kaiser@credit-suisse.com
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 46<br />
TECHNOLO<strong>GI</strong>E<br />
«KLEIDER<br />
MÜSSEN<br />
EINE SEELE<br />
HABEN»<br />
Mit neuen Materialien, Drucktechniken und Verkaufswegen<br />
wälzen die digitalen Technologien die Modeindustrie um.<br />
Vor allem erhöhen sie das Produktionstempo. Doch Designer und<br />
Konsumenten suchen in der Mode immer auch die Emotion.<br />
Und dazu braucht es Handwerk, Erfahrung und Zeit.<br />
INTERVIEW VON ULRICH KAISER Credit Suisse UND ZOE ARNOLD Autorin<br />
ULRICH KAISER UND ZOE ARNOLD<br />
Vor zehn Jahren wurde uns prophezeit,<br />
dass wir Mobiltelefone bald über die<br />
Kleidung aufladen können. Heute sind wir<br />
immer noch auf der Suche nach der<br />
nächsten Steckdose. Hat die Modeindustrie<br />
die digitale Revolution verschlafen?<br />
KURT ZIHLMANN Gerade bei den intelligenten<br />
Materialien hat sich sehr viel getan!<br />
Textilien, die als Sonnenkollektoren wirken<br />
und Licht in Energie umwandeln können,<br />
sind immer noch eine Herausforderung.<br />
Einerseits in technischer Hinsicht, weil die<br />
Funktionalität der Gewebe durch den<br />
Verarbeitungsprozess, das heisst durch das<br />
Zuschneiden und Vernähen, nicht beeinträchtigt<br />
werden soll. Anderseits stellt sich beim<br />
Design die Frage, wie technisch die Bekleidung<br />
aussehen darf. Sind wir bereit, Kleidung<br />
wie bei Raumschiff Enterprise zu tragen?<br />
Was sind die Trends?<br />
KURT ZIHLMANN Wir unterscheiden<br />
zwischen Funktionsbekleidung und Mode.<br />
In der funktionellen Sport- und Schutzbekleidung<br />
wird an Materialien geforscht, die<br />
Sicherheit geben, wärmen, kühlen oder<br />
vor UV-Strahlung schützen. Spannend ist<br />
auch die Rolle, die Kleider künftig in der<br />
Medizin übernehmen könnten. Die Schweizer<br />
Firma Schöller etwa arbeitet an Textilien,<br />
die Wirkstoffe an den Körper abgeben können.<br />
Und in der Mode?<br />
KURT ZIHLMANN Das ist schwieriger<br />
abzuschätzen. Es wird wohl eher um Textilien<br />
«Sind wir bereit,<br />
Kleidung wie bei<br />
Raumschiff Enterprise<br />
zu tragen?»<br />
gehen, die sich in der Haptik, also der Art,<br />
wie sie sich anfühlen, in der Formgebung<br />
und der Farbigkeit verändern können. Stellen<br />
Sie sich vor, Sie besitzen ein Kleidungsstück,<br />
dessen Farbe oder Musterung Sie<br />
nach Lust und Laune steuern können!<br />
Wo ausser bei den Materialien haben<br />
die neuen Technologien der Modeindustrie<br />
bereits konkreten Nutzen gebracht?<br />
KURT ZIHLMANN Der grösste Entwicklungssprung<br />
fand in der Produktion beim<br />
Zuschnitt statt. In den 1980er-Jahren wurde<br />
die C-Technik aus der Flugzeugindustrie<br />
übernommen, wo es um einen möglichst<br />
präzisen Zuschnitt des Blechs ging, um<br />
Material und Geld zu sparen. Auf dieser Basis<br />
wurden verschiedene Automaten entwickelt,<br />
die mit Messer, Laser oder Wasser Textilien<br />
schnell und genau zuschneiden können.<br />
Heute ist ihr Einsatz eine Selbstverständlichkeit<br />
– es wird kaum noch von Hand<br />
zugeschnitten. Einen riesigen Fortschritt<br />
gab es auch im Digitaldruck. Während früher<br />
pro Muster 100 Meter Stoff gewoben<br />
werden mussten, damit es sich kostenmässig<br />
lohnte, können heute wenige Meter<br />
gedruckt werden.<br />
Die Technik als Kostenfaktor?<br />
KURT ZIHLMANN Nicht nur, der Digitaldruck<br />
stärkt auch die Individualisierung.<br />
Kleine Unternehmen erhalten einen neuen<br />
Zugang zu Bemusterungen und Stoffen, da<br />
fast alle Materialien in sehr kurzer Zeit<br />
bedruckt werden können. Diese Technik<br />
beeinflusst auch die verschiedenen Berufsfelder.<br />
Ursprünglich entwarf der Textildesigner<br />
die Stoffe, heute kann sie der Modedesigner<br />
aktiv mitgestalten. So entstehen neue<br />
fruchtbare Schnittstellen zwischen den<br />
Beteiligten. Und es gibt spannende Kooperationen<br />
mit Künstlern. Die Kunst ist ohnehin<br />
ein Inspirationsfeld für die Mode …<br />
… etwa wenn man an Iris van Herpens<br />
Kleider aus dem 3D-Drucker denkt,<br />
die mehr Kunstwerk denn tragbare<br />
Mode sind. Welche Vorteile bringt der<br />
3D-Druck der Modeindustrie?<br />
KURT ZIHLMANN In der Kreation lässt<br />
sich mit neuen Formen und Volumen experi-
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 47<br />
Kurt Zihlmann<br />
Der Leiter des Instituts Mode-Design<br />
an der Hochschule für Gestaltung<br />
und Kunst FHNW in Basel ist Professor<br />
für Produkt entwicklung und spezialisiert<br />
auf die Gestaltungs- und Produktionsprozesse<br />
neuer Technologien. Er legt<br />
Wert darauf, dass die digitalen Technologien<br />
situativ eingesetzt werden,<br />
ohne die handwerk lichen Fertigkeiten<br />
zu vernachlässigen.<br />
mentieren. Ausserdem kann in gewissen<br />
Fällen der Prototyp eines Kleidungsstückes<br />
oder von Accessoires ausgedruckt anstatt<br />
genäht oder anderweitig gefertigt werden.<br />
Im Moment ist die Palette an druckbaren<br />
Materialien aber noch sehr eingeschränkt.<br />
Es können mehrheitlich Kunststoffe gedruckt<br />
werden, eher starre Materialien, die<br />
man nicht unbedingt anziehen möchte –<br />
das wird sich aber bald ändern.<br />
Und wie steht es um die Kosten?<br />
KURT ZIHLMANN Qualitativ hochstehender<br />
3D-Druck ist noch sehr teuer,<br />
zwischen 150 000 und 250 000 Euro. Die<br />
Drucker sind im Unterhalt sehr intensiv,<br />
das Material ist teuer und hat eine kurze Verfallszeit.<br />
Sobald es jedoch Materialien gibt,<br />
die attraktiver zum Anfassen sind, wird<br />
der 3D-Druck interessanter werden – vor<br />
allem für schnell produzierte Massenware bei<br />
Accessoires und Schmuck. Sportschuhhersteller<br />
verwenden diese Technik seit einigen<br />
Jahren für Prototypen und setzen sie<br />
unterdessen auch in der Serienproduktion ein<br />
für einzelne Komponenten, etwa die Sohlen.<br />
Kann ich meine Sneakers irgendwann zu<br />
Hause ausdrucken?<br />
KURT ZIHLMANN Die Schwierigkeit<br />
liegt auch hier in den Materialien. Ein Sneaker<br />
besteht aus rund 20 verschiedenen<br />
Komponenten, etwa atmungsaktiven Hightechmaterialien,<br />
Verschlüssen und so weiter.<br />
In den nächsten Jahren wird es kaum<br />
möglich sein, Materialien dieser Komplexität<br />
zu drucken. Einen einfachen Kunststoffstiefel<br />
für den Garten werden Sie hingegen sicherlich<br />
drucken können, sobald die Geräte<br />
eine vernünftige Geschwindigkeit, einen<br />
entsprechenden Bauraum und Preis haben.<br />
Das Produktionstempo ist aber durch die<br />
neuen Technologien gestiegen?<br />
KURT ZIHLMANN Eindeutig. Auch die<br />
3D-Visualisierung, die immer stärker eingesetzt<br />
wird, erhöht die Geschwindigkeit.<br />
Dank ihr können Schnitte überprüft, Materialien<br />
simuliert und auch mal ein bis zwei<br />
Prototypen übersprungen werden. Ausserdem<br />
ist sie ein Hilfsmittel in der Kommunikation<br />
zwischen den Produktionsstätten<br />
und Ländern. Designer stellen so sicher,<br />
dass die in Asien entwickelten Schnitte ihren<br />
Entwürfen entsprechen.<br />
Aber auch diese Technologie ist<br />
nur ein Hilfsmittel und ersetzt keine<br />
herkömmlichen Arbeitsschritte.<br />
KURT ZIHLMANN Ja, denn in der<br />
Mode zählt vor allem die Haptik – wie sich<br />
etwas anfühlt – und ich kann keinen Bildschirm<br />
berühren, um zu beurteilen, ob sich<br />
ein Material am Körper gut anfühlt und nicht<br />
nur gut aussieht. Kleider haben eine Seele,<br />
und die Designer wollen diese Seele spüren.<br />
Sie wollen die Kleider in die Hand nehmen,<br />
sehen, wie sich ein Mensch darin bewegt,<br />
wollen das Modell fragen können, ob<br />
es sich in einem Kleidungsstück wohl fühlt.<br />
Zumindest bei der Vermarktung hat die<br />
digitale Technologie eine neue<br />
Ausgangslage geschaffen. Was bedeuten<br />
Webshops für die Modeindustrie?<br />
KURT ZIHLMANN Wie bei anderen<br />
Konsumgütern lassen sich die Kunden oft<br />
im Laden beraten und probieren die Kleider<br />
an, bestellen dann aber online beim günstigsten<br />
Anbieter. Das ist eine knall harte<br />
Situation. Oder die Kunden bestellen im<br />
Webshop und schicken nach der Anprobe<br />
zu Hause die unerwünschte Ware zurück.<br />
Dieser ökologische Unsinn macht mich<br />
nachdenklich. Anderseits eröffnen Webshops<br />
den jungen Designern tolle Möglichkeiten,<br />
indem sie ihnen rasch und einfach<br />
Zugang zum Markt gewähren, etwa über die<br />
Londoner Plattform «Not Just A Label».<br />
Wie verändern Bodyscanner<br />
das Shoppingerlebnis?<br />
KURT ZIHLMANN Diese Geräte waren<br />
vor 20 Jahren ein Hype, haben sich aber<br />
nicht durchgesetzt. Wenn jemand in den<br />
Laden kommt und ein massgeschneidertes<br />
Kleidungsstück wünscht, ist das ein bedeutender<br />
Moment. Der Kunde möchte mit<br />
dem Verkäufer in Kontakt treten, beim<br />
Massnehmen kommt es wie beim Coiffeur zu<br />
Körperkontakt, oft werden vertrauliche Dinge<br />
beredet. Der Bodyscanner ist keine Alternative.<br />
Die meisten wollen nicht halbnackt in<br />
eine solche Maschine stehen. Auch weil der<br />
Zeitgewinn gegenüber dem Massnehmen<br />
von Hand minim ist – für einen gut sitzenden<br />
Anzug reichen bereits etwa 15 Masse.<br />
Sie plädieren dafür, den Wert des Handwerks<br />
hochzuhalten. Wie machen<br />
Sie Ihre Studenten technologisch fit für<br />
den zukünftigen Markt?<br />
KURT ZIHLMANN Unseren Studenten<br />
stehen selbstverständlich alle neuen<br />
Technologien zur Verfügung, vom 3D-Drucker<br />
bis zu Spezialmaschinen für den<br />
Materialzuschnitt. Mir persönlich ist aber<br />
wichtig, dass nicht die Technologie das Konzept<br />
bestimmt, sondern das Konzept die<br />
passende Technologie nach sich zieht. Technologien<br />
sind nur Werkzeuge, am Schluss<br />
zählt das Objekt respektive das Kleid, das<br />
vom Menschen getragen wird.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 48<br />
WESENTLICHE ÄNDERUNGEN<br />
EIN<br />
EXEMPEL<br />
DER<br />
DI<strong>GI</strong>TALEN<br />
ÄRA<br />
Was sind die Folgen der geopolitischen Entwicklungen, der Globalisierung und<br />
des voranschreitenden digitalen Zeitalters, also von E-Commerce, Big Data<br />
und sozialen Medien? Die weltweite Modeindustrie, deren gesamte Lieferkette<br />
sich derzeit im Umbruch befindet, liefert Antworten.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 49<br />
Die Modeindustrie verfügt über<br />
eine recht lange und komplexe<br />
Lieferkette – angefangen<br />
bei der Herstellung von<br />
(natürlichen und künstlichen) Textilfasern und<br />
der Garnerzeugung, über die Flächenbildung<br />
und Textilveredelung bis hin zu Konfektion,<br />
Design und Vertrieb. Bis vor Kurzem war die<br />
Modeindustrie noch eher «lokal» aufgestellt.<br />
Die meisten Textilien und Kleider wurden in<br />
der Nähe des jeweiligen Endverbrauchermarkts<br />
entworfen und hergestellt. Mode für<br />
Europäer wurde in Europa und/oder den unmittelbaren<br />
Randstaaten wie der Türkei und<br />
Nordafrika produziert; Gleiches galt für Nordund<br />
Südamerika, Asien und Australien.<br />
Seit Ende der 1990er- und den ersten Nuller-Jahren<br />
hat die Modeindustrie weltweit mit<br />
strukturellen und einschneidenden Veränderungen<br />
zu kämpfen, die mit unterschiedlichen<br />
Faktoren zusammenhängen, die oft sogar<br />
miteinander verbunden sind: der globalen<br />
wirtschaftlichen Integration (Globalisierung),<br />
dem technologischen Fortschritt (E-Commerce,<br />
Digitalisierung) und dem Streben nach<br />
(sozialer und ökologischer) Nachhaltigkeit.<br />
Globalisierung<br />
Nach dem Zweiten Weltkrieg begann eine<br />
neue Welle der Globalisierung. Internationale<br />
Institutionen wie der Internationale Währungsfonds<br />
(IWF) und der Vorgänger der heutigen<br />
Welthandelsorganisation (WTO), das Allgemeine<br />
Zoll- und Handelsabkommen (GATT), wurden<br />
ins Leben gerufen. Damit sollten weltweit<br />
grenzüberschreitende Investitionen und der<br />
internationale Handel mit Gütern und Dienstleistungen<br />
erleichtert werden. Daneben wurde<br />
auch die regionale wirtschaftliche Integration<br />
vorangetrieben. So errichtete Europa die Europäische<br />
Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), den<br />
Vorläufer der Europäischen Union (EU), und<br />
die Europäische Freihandelszone (EFTA); in<br />
Nordamerika trat das Nordamerikanische<br />
Freihandelsabkommen (NAFTA) in Kraft.<br />
Der WTO-Beitritt Chinas 2001 und das<br />
Auslaufen des Multifaserabkommens (MFA)<br />
Ende 2004, das von 1974 bis 2004 den globalen<br />
Handel mit Textilien und Bekleidung<br />
geregelt hatte, beschleunigte diese Entwicklung<br />
und brachte für die Modeindustrie einschneidende<br />
Veränderungen. Das Abkommen<br />
sah Quoten für Exporte von Entwicklungs- in<br />
Industrieländer vor, die nach 2004 wegfielen.<br />
Allerdings wurde der Textil- und Bekleidungshandel<br />
den regulären Zollbestimmungen der<br />
WTO unterstellt. Chinas Beitritt zur WTO markierte<br />
einen weiteren Einschnitt. Auf einen<br />
Schlag wurde ein Land mit rund 1.3 Milliarden<br />
Einwohnern Teil der Weltwirtschaft.<br />
Diese Entwicklungen hatten für die Lieferkette<br />
der Modeindustrie Folgen. Von einem<br />
Tag auf den anderen waren enorm viele hoch<br />
motivierte Arbeitskräfte zu viel tieferen Kosten<br />
verfügbar. Immer mehr Einzelhändler und<br />
Modemarken kauften rund um den Globus in<br />
Asien und vor allem in China ein. 1990 exportierte<br />
China Textilien und Bekleidung für <strong>16</strong>.89<br />
Milliarden US- Dollar (8 Prozent der weltweiten<br />
Textil- und Bekleidungsexporte). 2000 beliefen<br />
sich diese Exporte auf 52.21 Milliarden<br />
US-Dollar (15 Prozent der globalen Textil- und<br />
Bekleidungsexporte). Angaben der WTO zufolge<br />
stiegen die chinesischen Textil- und<br />
Bekleidungsexporte bis 2014 auf 298.27 Milliarden<br />
US-Dollar, was einem globalen Anteil<br />
von 38 Prozent entspricht.<br />
Gemäss den «International Textile Machinery<br />
Shipment Statistics» (2015) der International<br />
Textile Manufacturers Federation sind<br />
die Investitionen in neue Textilmaschinen in<br />
China in den letzten zehn Jahren sprunghaft<br />
angestiegen. 2000 machten Investitionen der<br />
chine sischen Textilindustrie in neue Spinn-,<br />
Texturier-, Web- und Strickmaschinen rund<br />
20 Prozent der weltweiten Investitionen aus.<br />
In den Jahren darauf kletterte der Anteil bei<br />
Spinnmaschinen auf 50 bis 60 Prozent, bei<br />
Texturiermaschinen auf 60 bis 80 Prozent, bei<br />
Webmaschinen auf 60 bis 75 Prozent, bei<br />
Rundstrickmaschinen auf 60 bis 75 Prozent<br />
und bei Flachstrickmaschinen auf 40 bis<br />
80 Pro zent. Seit 2004 wurde also jedes Jahr<br />
im Durchschnitt mehr als die Hälfte aller<br />
neuen Textilmaschinen in China installiert.<br />
Technologischer Fortschritt<br />
Mit der Verbreitung des Internets in den<br />
1990er-Jahren, immer mehr Internetnutzern<br />
und der wachsenden Geschwindigkeit in den<br />
Folgejahren ergaben sich ganz neue Möglichkeiten.<br />
Plötzlich konnte man im Internet nicht<br />
nur Produkte und Dienstleistungen präsentieren,<br />
sondern auch zunehmend online bestellen.<br />
Anfangs schien der Onlinehandel auf<br />
ein paar wenige Produktekategorien wie Bücher,<br />
DVDs und CDs beschränkt zu sein. Das<br />
hat sich jedoch grundlegend geändert. Dank<br />
des stetigen und massiven technologischen<br />
Fortschritts in den letzten 15 Jahren, der<br />
Smartphones, Touchscreens, Apps, 3D-Animationen<br />
und elektronische Zahlungssysteme<br />
hervorgebracht hat, können nun Produkte und<br />
Dienstleistungen aller Art über das Internet<br />
gekauft werden – auch Textilien und Kleider.<br />
2013 veröffentlichte «Euromonitor International»<br />
einen Bericht über den weltweiten Vertrieb<br />
von Bekleidung und die Performance des<br />
Bekleidungsmarkts. Er zeigt, dass der Onlinebekleidungshandel<br />
2007 nur drei Prozent<br />
aller Einzelhandelsumsätze ausmachte. 2012<br />
hatte sich der Anteil verdoppelt und wies im<br />
Vergleich zu anderen Kanälen wie Fachgeschäften,<br />
Kaufhäusern und Lebensmitteleinzelhändlern<br />
die höchste Wachstumsrate auf.<br />
Dabei gilt es darauf hinzuweisen, dass der<br />
Onlineeinzelhandel in Asien, vor allem China,<br />
einen rasanten Zuwachs verzeichnet. Einem<br />
Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge<br />
brach Alibaba, das grösste Internetportal<br />
Chinas, im letzten Jahr am Single Day<br />
(11. November) mit einem Umsatz von 14.3 Milliarden<br />
US-Dollar in China alle Rekorde. Es war<br />
der umsatzstärkste Onlineeinkaufstag weltweit.<br />
Wertmässig entspricht dies der Summe,<br />
die US-Bürger bei Onlinekäufen am Black<br />
Friday und Cyber Monday zusammengenommen<br />
ausgeben. Die Absatzzahlen lagen noch<br />
höher. In der Vergangenheit war E-Commerce<br />
auf PCs und Laptops beschränkt. Heute<br />
Gelieferte Kurzstapelspindeln 2000 bis 2014<br />
Chinas WTO-Beitritt im Jahr 2001 bescherte der Textilproduktion in China – und folglich auch den<br />
dafür benötigten Investitionen in neue Textilmaschinen – unmittelbar und dauerhaft Auftrieb. Quelle: ITMF<br />
in Mio.<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Weltweit<br />
2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014<br />
China
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 50<br />
sind dank Smartphones und anderen mobilen<br />
Geräten mit Internetzugang Suchanfragen<br />
und Onlinebestellungen selbst von unterwegs<br />
aus möglich (M-Commerce). Auch einen anderen<br />
Vertriebskanal haben Einzelhändler derzeit<br />
im Visier: den «S-Commerce», den Vertrieb<br />
über die sozialen Medien. Die Modeindustrie<br />
passt sich stetig an die technologischen Veränderungen<br />
an. Die meisten Anbieter haben<br />
eine Multikanalstrategie entwickelt, bei der die<br />
Modeprodukte auf verschiedenen Wegen offund<br />
online zum Verkauf angeboten werden.<br />
Diese neuen technologischen Möglichkeiten<br />
rund ums Internet hatten auch andere<br />
Folgen. Neue Marken waren nicht mehr unbedingt<br />
auf klassische Vertriebskanäle angewiesen.<br />
Ein Internetshop reichte aus. In der<br />
Folge sind in den letzten Jahren zahlreiche<br />
neue Marken auf den Markt gekommen. Den<br />
Kunden steht somit ein vielfältigeres Produktangebot<br />
zur Verfügung und auch die Kaufparameter<br />
können sie zunehmend selbst festlegen.<br />
Neue Technologien wie Digitaldruck,<br />
digitale Showrooms und Körperscanner haben<br />
zusammen mit dem E-Commerce eine kundenorientierte<br />
Massenfertigung, das sogenannte<br />
Mass Customization, ermöglicht. Kunden können<br />
von diesen neuen Technologien profitieren<br />
und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene<br />
Produkte online bestellen.<br />
Ein weiterer bedeutender Trend ist die<br />
digitale Funktionalisierung der Modeindustrie,<br />
die unter dem Begriff «Wearables» Einzug<br />
gehalten hat. Textilien und Bekleidung werden<br />
beispielsweise in der Gesundheits- und Sportindustrie<br />
zusehends für die Gewinnung und<br />
Analyse von Big Data genutzt. Die Digitalisierung<br />
führt somit zu einer stärkeren Zusammenarbeit<br />
zwischen den Sektoren. In der<br />
Modeindustrie stellt die Digitalisierung, deren<br />
zentraler Bestandteil der E-Commerce ist,<br />
einen Megatrend dar, der viele Herausforderungen,<br />
aber auch zahlreiche Chancen birgt.<br />
Nutzniesser werden jene Modeunternehmen<br />
sein, die neue Technologien rasch annehmen<br />
und effizient umsetzen sowie entsprechende<br />
Geschäftsmodelle entwickeln.<br />
Streben nach Nachhaltigkeit<br />
Die globale wirtschaftliche Integration und die<br />
neuen Technologien wurden von Regierungen<br />
respektive Unternehmen vorangetrieben.<br />
Nachhaltigkeit ist dagegen ein Megatrend,<br />
der aus der Wahrnehmung der – anfangs nur<br />
wenigen – Verbraucher resultiert, dass wirtschaftliche<br />
Globalisierung und technischer<br />
Fortschritt mit dem Missachten der jeweiligen<br />
sozialen und ökologischen Bedingungen einhergehen.<br />
Daraufhin begannen in den<br />
1990er-Jahren einige Mode-Einzelhändler und<br />
-marken, Produkte zu entwickeln und herzustellen,<br />
die bestimmte soziale und/oder ökologische<br />
Kriterien erfüllen. Mittlerweile versetzen<br />
die möglichen negativen Auswirkungen<br />
des globalen Wandels auch die breite Öffentlichkeit<br />
in Besorgnis. Daher ist Nachhaltigkeit<br />
zu einem wichtigen Thema geworden, dem<br />
sich auch die Modeindustrie stellen muss.<br />
Zusammenhänge und Widersprüche<br />
Auf die Lieferkette in der Modeindustrie wirken<br />
viele Kräfte, die sich gegenseitig beeinflussen<br />
und häufig auch im Widerspruch zueinander<br />
stehen. Die verstärkte Globalisierung<br />
und die Entwicklung und Verbreitung des<br />
E-Commerce verschaffen der Modeindustrie<br />
und ihren Kunden mehr und kostengünstigere<br />
Alternativen. Zwar freuen sich die Kunden<br />
über das breitere Angebot, die attraktiven<br />
Preise und gute Dienstleistungen, doch sie<br />
beginnen auch, stärker auf Nachhaltigkeit bei<br />
der Herstellung, dem Transport und der Wiederverwertung<br />
der Produkte zu achten. Den<br />
Verbrauchern bereiten die negativen sozialen<br />
und ökologischen Aspekte immer mehr Kopfzerbrechen.<br />
Sie fordern bei ihren Einkäufen<br />
mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit.<br />
Dies wiederum bietet den Unternehmen, die<br />
bereits Wert auf Nachhaltigkeitsaspekte legen,<br />
neue Chancen. Im Vorteil sind zunehmend<br />
diejenigen, bei denen Produktion und<br />
Beschaffung in der Nähe der jeweiligen Endverbrauchermärkte<br />
stattfinden. Die Verbraucher<br />
haben heute die Möglichkeit, sich via<br />
soziale Medien über Hersteller und Produkte<br />
zu informieren, Kommentare abzugeben und<br />
entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Dies<br />
wirkt sich erheblich auf das Image, die Glaubwürdigkeit<br />
und letztlich auch auf die Ertragskraft<br />
der Modeindustrie aus.<br />
Der Verbraucher gibt den Ton an<br />
Durch das Internet im Allgemeinen und den<br />
E-Commerce im Besonderen befindet sich<br />
die gesamte Lieferkette in der Modeindustrie<br />
weiterhin im Umbruch. Vor 25 Jahren hatten<br />
in der Modebranche vor allem die Hersteller,<br />
Einzelhändler und Designer das Sagen. Mittlerweile<br />
steht die Branche hauptsächlich unter<br />
dem Einfluss der Verbraucher und neuer<br />
digitaler Technologien aller Art. So war die<br />
Idee eines Körperscanners vor gerade einmal<br />
zehn Jahren noch völlig abwegig. Heutzutage<br />
können Kunden im Geschäft oder auch im<br />
Onlineshop digitale (Passform-)Technologien<br />
wie Körperscanner verwenden, um Kleidung<br />
anzuprobieren oder deren Grösse, Passform<br />
oder Stil zu überprüfen. Ausserdem haben die<br />
Verbraucher zunehmend die Möglichkeit, ihre<br />
eigenen Kleidungsstücke zu entwerfen, indem<br />
sie einfach online die gewünschten Stoffe,<br />
Farben, Muster und Stile auswählen.<br />
Andererseits erhalten kleine, neue oder<br />
nach ethischen Grundsätzen arbeitende Modelabels<br />
erst mithilfe dieser digitalen Technologien<br />
Zugang zu den weltweiten Märkten.<br />
Durch ihren Einsatz verringern sich die Kosten<br />
kleiner Produktionsmengen und vor allem die<br />
Herstellungskosten für massgeschneiderte<br />
Produkte. Diese neuen digitalen Technologien<br />
führen entlang der gesamten Lieferkette –<br />
angefangen von der Herstellung bis hin zum<br />
Vertrieb – zu einer weitaus stärker diversifizierten<br />
und fragmentierten Textil- und Modeindustrie.<br />
Die Modeindustrie steht zweifelsohne<br />
erst am Anfang dieser neuen digitalen Ära.<br />
Sie wird sich diesen fortwährenden Veränderungen<br />
weiter anpassen müssen.<br />
Dr. Christian Schindler<br />
Nach Abschluss des Diplomstudiengangs<br />
Wirtschaftswissenschaften an<br />
der Universität Fribourg/Schweiz 1994<br />
war er bis 1998 persönlicher Referent<br />
zweier Politiker im deutschen Bundestag;<br />
danach arbeitete er für den<br />
Bundesverband Grosshandel, Aussenhandel,<br />
Dienstleistungen e.V. Später<br />
promovierte er am Institut für Wirtschaftspolitik<br />
an der Universität zu<br />
Köln. 2004 wurde er Volkswirt bei der<br />
International Textile Manufacturers<br />
Federation, 2006 deren Direktor. Seit<br />
2007 ist er General direktor.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 51<br />
Über den oben stehenden<br />
QR-Code erfahren<br />
Sie mehr zu den<br />
3D-Druck-Kleidern.<br />
TECHNOLO<strong>GI</strong>E<br />
MODE AUS<br />
DEM 3D-<br />
DRUCKER<br />
Möchten Sie Ihre<br />
Kleider und Schuhe<br />
selbst entwerfen und/<br />
oder herstellen? Willkommen<br />
in der Welt<br />
des 3D-Drucks für<br />
Mode, und Tschüss<br />
Textilien aus traditionellen<br />
Stoffen! So<br />
einleuchtend die Idee<br />
auch klingt, die Realität<br />
ist komplexer.<br />
Noch ist der 3D-<br />
Druck bei der Mode<br />
nicht so revolutionär,<br />
wie das theoretisch<br />
möglich wäre. Zu<br />
gross sind die Hin dernisse.<br />
Eines davon ist<br />
die beschränkte Zahl<br />
druckbarer Materialien<br />
oder Stoffe, ein<br />
weiteres die Dauer<br />
des Druckprozesses<br />
selbst. Wir glauben<br />
daher, dass der<br />
3D-Druck keine Alternative<br />
zur traditionellen<br />
Herstellung<br />
von Kleidern bieten<br />
dürfte, sondern sie<br />
ergänzen wird. Viele<br />
Designer wie auch<br />
Iris van Herpen setzen<br />
bereits heute<br />
3D-Technologie ein.<br />
Marken wie Adidas<br />
und Nike experimentieren<br />
mit gedruckten,<br />
auf die Bedürfnisse<br />
des einzelnen Kunden<br />
zugeschnittenen<br />
Schuhen. Das könnte<br />
unseres Erachtens zu<br />
einem Markt werden.<br />
Firmen, die diesen<br />
Trend nutzen möchten,<br />
müssen aber<br />
zuerst ihre Geschäftsstrategie<br />
anpassen.<br />
Das Schneidern von<br />
Kleidern mithilfe von<br />
Robotern in Läden<br />
oder via Internet<br />
scheint dagegen noch<br />
eine eher futuristische<br />
Entwicklung.<br />
✖<br />
WEITERE INFOR-<br />
MATIONEN ZU NEUEN<br />
TECHNOLO<strong>GI</strong>EN FÜR DIE<br />
KLEIDERHERSTELLUNG<br />
AUF SEITE 44
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 52<br />
JUNGE DESIGNER<br />
TALENTE IM<br />
SPOTLIGHT<br />
Auf der Plattform<br />
Vfiles können junge<br />
Modedesigner, Fotografen,<br />
Make-up-<br />
Künstler, Hairstylisten,<br />
Models und<br />
Musiker ihr Profil<br />
generieren und dem<br />
Publikum ihre Arbeit<br />
vorstellen. Im Onlineund<br />
im konventionellen<br />
Shop verkauft<br />
Vfiles ihre Werke.<br />
Zudem können sich<br />
die Künstler für die<br />
inoffiziellen Vfiles-<br />
Runways anlässlich<br />
der halbjährlichen<br />
New York <strong>Fashion</strong><br />
Week bewerben (für<br />
Herbst/Winter 20<strong>16</strong><br />
gingen 1000 Bewerbungen<br />
ein). Die<br />
Onlinegemeinde,<br />
das Vfiles-Team und<br />
Mentoren (etwa der<br />
Designdirektor der<br />
Calvin-Klein-Männermode)<br />
wählen die<br />
Modeschöpfer aus,<br />
die ihre Kollektionen<br />
zeigen dürfen. Die<br />
Modeschauen werden<br />
durch Crowdfunding<br />
finanziert und inklusive<br />
Stylisten und<br />
Künstlern von Vfiles<br />
organisiert. Der<br />
A n l a s s « S o m m e r<br />
20<strong>16</strong>» zog über 600<br />
internationale Journalisten,<br />
Stars und<br />
Vfiles- Akteure an.<br />
«Mein Ziel ist es, die<br />
Wahrnehmung von<br />
Mode im Publikum für<br />
immer zu verändern»,<br />
meint dazu Julie Anne<br />
Quay, die Gründerin<br />
von Vfiles.<br />
✖ VFILES.COM
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 53<br />
STANDPUNKTE<br />
ZU MODETRENDS<br />
5/6<br />
F . O . R . R . E . S . T<br />
J . E . S . S . E . E<br />
ist Designer, Pädagoge und Gründer des Forrest Jessee Studio,<br />
das in Zusammenarbeit mit Institutionen und Künstlern Erzeugnisse<br />
aus dem Digital- und Printbereich herstellt.<br />
Welche globalen Trends (etwa<br />
Digitalisierung) beeinflussen Ihrer<br />
Meinung nach zurzeit die Mode und<br />
den Modemarkt?<br />
Die Produktionsmethoden in der<br />
Mode industrie haben sich in den letzten<br />
zehn bis fünfzehn Jahren grundlegend<br />
verändert. Individualisierte<br />
Massenfertigung ist mittlerweile für<br />
alle Designer eine Option, auch wenn<br />
sie sich nicht unbedingt in ihrer<br />
Arbeit niederschlägt. Das digitale<br />
Zeitalter hat gerade erst begonnen,<br />
in meinen Augen sehen wir erst die<br />
Spitze des Eisbergs. Wir befinden uns<br />
praktisch am Anfang einer neuen<br />
Epoche, vergleichbar mit der Bronzezeit<br />
oder der industriellen Revolution,<br />
die mehrere Generationen andauern<br />
wird. Designer haben digitale Tools<br />
gerade erst für sich entdeckt, wissen<br />
sie aber noch nicht voll zu nutzen.<br />
Das digitale Zeitalter ist so schlagartig<br />
über uns hereingebrochen, dass<br />
wir seine revolutionäre Wirkung auf<br />
Design, Produktion und Konsum<br />
noch gar nicht richtig erfassen können.<br />
Aktuell wird vor allem experimentiert,<br />
um die Grenzen des Möglichen<br />
auszuloten und sich nach und<br />
nach über das künftige Potenzial klar<br />
zu werden. Ich beobachte viel Gebastel,<br />
viele Erfolge und Fehler. Designer<br />
sollten sich risikofreudig zeigen und<br />
auch mal Dinge auspro bieren, die<br />
ihnen zunächst unge wöhn lich oder<br />
seltsam erscheinen.<br />
Inwiefern verändern diese Trends<br />
die Mode und den Modemarkt?<br />
Die in meinen Augen interessantesten<br />
Designer unserer Zeit haben sich<br />
von dem 120 Jahre alten Modell der<br />
Pariser Laufstegmode abgewandt.<br />
Mode wurde viele Jahre lang nur über<br />
die Laufstege definiert und so zum<br />
blossen Trendbarometer degradiert.<br />
Designer, die sich davon distanzieren,<br />
geben ihrer Mode eine ganz neue<br />
Funktionalität, die saisonale Trends<br />
überdauert. Mithilfe von digitalen<br />
Tools, die im Printdesign, in der<br />
Architektur, in der Bildhauerei, in<br />
der Fotografie und in vielen anderen<br />
Disziplinen zum Einsatz kommen,<br />
lässt sich eine Brücke zur Mode<br />
schlagen, die zur Entstehung ganz<br />
neuer Typologien führen könnte.<br />
Woher schöpfen Sie die Inspiration<br />
für Ihre Designs und Kollektionen?<br />
Als studierter Architekt basieren<br />
alle meine Projekte auf einem interdiszi<br />
plinären Ansatz. Mein Raumverständnis<br />
ergibt sich zum Teil aus<br />
dem Blickwinkel anderer Fachbereiche.<br />
Ich muss an die Grenzen<br />
meines Wissens gehen, um mehr<br />
verstehen zu können. Ich würde deshalb<br />
sagen, dass ich einen grossen<br />
Teil meiner Inspiration aus anderen<br />
Bereichen des Designs schöpfe.<br />
✖ FORRESTJESSEE.COM
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 54<br />
Im Allerheiligsten des<br />
Prada <strong>Fashion</strong> Store in<br />
New York. Das Design<br />
von Rem Koolhaas ist<br />
wichtiger Teil des einzigartigen<br />
Einkaufserlebnisses<br />
bei Prada.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 55<br />
DIE HÖHENFLÜGE UND DURSTSTRECKEN VON MODEIMPERIEN – TEIL II<br />
EINE FAMILIEN<br />
DYNASTIE –<br />
GANZ OHNE<br />
KLISCHEES<br />
Unter der Leitung von Miuccia Prada, die ursprünglich gar nicht in das Geschäft einsteigen wollte,<br />
und ihrem Ehemann Patrizio Bertelli wurde Prada weltweit zum Inbegriff für Schlichtheit und<br />
Luxus sowie Innovation und Klassik. Diese auf den ersten Blick nicht kompatiblen Attribute bestimmen<br />
Pradas Look, der verführerisch schlicht, gelegentlich aber auch subversiv ist.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 56<br />
TEXT VON JULIA REA<br />
Das Konzeptionelle stand schon immer<br />
im Mittelpunkt von Pradas Philosophie<br />
und Ästhetik. Mit ihrem intellektuellen<br />
Ansatz bei Design und Präsentation<br />
machte die 1949 geborene Designerin Miuccia Prada<br />
das Mailänder Luxuslederwarengeschäft ihrer Familie<br />
zu einer mächtigen und einflussreichen globa len<br />
Modemarke. Prada distanziert sich von der konventionellen<br />
Idee oberflächlicher Schönheit ihrer Zeitgenossen.<br />
Sie schöpft aus ihrem Interesse für<br />
Kunst, Film und allgemeine Kultur, um Weiblichkeit<br />
intelligent und facettenreich in Szene zu setzen.<br />
Das Prada-Imperium begann als Geschäft für<br />
Luxustaschen und -koffer, das Miuccias Grossvater<br />
Mario Prada 1913 in der exklusiven Galleria Vittorio<br />
Emanuele II in Mailand eröffnete. Das Unternehmen<br />
wurde 1919 zum königlichen Hoflieferanten ernannt<br />
und durfte das Wappen und das Motiv des Achterknotens<br />
des Hauses Savoyen tragen. Beides spiegelt<br />
sich noch heute im Logo des Unternehmens wider.<br />
Miuccia Prada wollte erst nicht in das Familienunternehmen<br />
einsteigen, das von ihrer Mutter Luisa<br />
nach Marios Tod im Jahr 1958 übernommen worden<br />
war. Sie promovierte in Politikwissenschaften an<br />
der Universität Mailand und machte anschliessend<br />
eine Ausbildung zur Pantomimin. Ihre Liebe zur<br />
Mode hat wenig mit ihrem Designerbe zu tun, vielmehr<br />
experimentierte sie gerne mit ihrer eigenen<br />
Kleidung, wobei sie stets Sinn für Individualität<br />
bewies. Dem «Independent» erklärte sie 2015: «Alles<br />
begann auf einer sehr persönlichen Ebene … Meine<br />
Liebe zur Kleidung fand ich immer akzeptabel, doch<br />
Miuccia Prada lehnt die konventionelle<br />
Vorstellung oberflächlicher Schönheit strikt ab.<br />
In ihr Design fliesst ein intellektuelles und<br />
facettenreiches Bild von Weiblichkeit ein.<br />
ich wollte nie ins Modegeschäft<br />
einsteigen.»<br />
Trotz fehlender Ambitionen<br />
trat Miuccia 1978<br />
an die Spitze von Prada.<br />
Sie wollte die Ästhetik der<br />
Marke modernisieren und<br />
neu interpretieren, wobei<br />
sie aktuelle Trends ignorierte.<br />
Prada möchte nicht<br />
nur originell sein und mit<br />
Konventionen brechen –<br />
sie besteht darauf: «Zu<br />
häufig tue ich etwas nicht,<br />
weil es bereits jemand<br />
anderes getan hat.» 1987<br />
heiratete sie den Lederwarenunternehmer<br />
Patrizio<br />
Bertelli, den sie 1977 auf<br />
einer Messe kennengelernt<br />
hatte. Kurz nach ihrem damaligen<br />
Treffen kam er zu<br />
Prada, um die Unternehmensstruktur<br />
zu modernisieren.<br />
Mittlerweile teilen<br />
sie sich als Co-Geschäftsführer die Leitung des<br />
Unternehmens. Sie zählen damit zu den mächtigsten<br />
Paaren in der Mode- und Geschäftswelt. Als<br />
Miuccia das Unternehmen erbte, lag der Umsatz<br />
bei 450 000 US-Dollar. Mit der Übernahme der<br />
Finanzgeschäfte durch Bertelli erhielt Prada die<br />
nötige Zeit, um sich der Perfektionierung der neuen<br />
Ästhetik zu widmen.<br />
NEUE ÄSTHETIK – NEUE MARKE<br />
1985 brachte Prada ihre erste erfolgreiche Taschenkollektion<br />
auf den Markt: Schlichte, zweckmässige<br />
Handtaschen und Rucksäcke aus schwarzem Nylon,<br />
die Synthetikstoffen neuen Glamour verliehen. Diese<br />
Taschen waren das Gegenteil der mit Logos<br />
überladenen Accessoires, die in den 1980er-Jahren<br />
so beliebt waren. Sie zeichneten sich durch ihren<br />
ganz eigenen Minimalismus aus, und das dreieckige<br />
Metall-Logo von Prada war dezent platziert. Die<br />
zugrunde liegende Philosophie sollte nach und<br />
nach den gesamten Designstil von Prada prägen.<br />
Klare Linien wurden mit innovativen, in Italien hergestellten<br />
Stoffen kombiniert, um Luxus und Tragbarkeit<br />
zu vereinen. Obwohl die Produkte grossen<br />
Anklang fanden, war der finanzielle Erfolg anfangs<br />
gering. Hohe Preise, gepaart mit minimaler Werbung<br />
und interner Finanzierung, veranlassten Prada<br />
und Bertelli, Grosshandelsverträge mit exklusiven<br />
Kaufhäusern und Boutiquen abzuschliessen.<br />
Ihre erste Prêt-à-porter-Damenkollektion stiess<br />
1988 auf wenig Begeisterung. Die Kritiker verspotteten<br />
die vermeintliche Farblosigkeit und den Minimalismus<br />
der vorwiegend schwarzen Modelinie.<br />
Damals war Prada dank der umsichtigen Expansionsstrategie<br />
Bertellis schon eine international<br />
anerkannte Marke. Bevor Prada in Asien und den USA<br />
Fuss fasste, wurden in europäischen Einkaufsmetropolen<br />
wie Mailand, Madrid und Paris Boutiquen<br />
eröffnet. Die klaren, aber weiblichen Linien und die<br />
funktionalen Schnitte der Kollektion erhöhten die<br />
Popularität der Marke. Für eine neue Generation<br />
von aktiven, modernen Frauen wurde das Label zu<br />
einem Objekt der Begierde. Sein minimalistischer<br />
Stil war in den schrillen 1980er-Jahren, in denen<br />
Luxus gerne üppig gezeigt wurde, revolutionär. Das<br />
war der Auftakt für Prada, weiter eigene Trends zu<br />
setzen, statt nur die jeweiligen Modetrends neu zu<br />
interpretieren. Es setzte eine Gegenbewegung ein,<br />
die Mode als Wohlstands- und Statussymbol verpönte.<br />
Irgendwie gelang es Prada, die Stimmung<br />
Prada hat eine Leidenschaft für zeitgenössische Kunst,<br />
Design und Architektur. Pradas Epicenter in Tokio,<br />
das von den Architekten Herzog & de Meuron entworfen<br />
wurde, strebt eine Symbiose aus Kultur und Konsum an.<br />
einer Generation einzufangen, die auf der Suche<br />
nach einem intellektuelleren Verständnis weiblicher<br />
Schönheit war. 1993 folgten Herren- und Sportkollektionen,<br />
die für einen dezenteren Bekleidungsstil<br />
standen. Sie zeichneten sich durch dunkle Farben<br />
und typisch italienische Details aus: Poloshirts aus<br />
Strick, Jacken mit weiten Ärmeln und spitze Schuhe.<br />
Pradas innovative Handwerkskunst brachte<br />
neue moderne Klassiker hervor.<br />
Im Jahr 1993 führte Prada nach ihrer ersten<br />
Herrenkollektion ein zweites Damenmode-Label<br />
ein. Dessen Bezeichnung Miu Miu geht auf den<br />
Kosenamen der italienischen Modedesignerin zurück.<br />
Das Label ist verspielter, für eine jüngere<br />
Zielgruppe gedacht und preisgünstiger. Mit wild<br />
gemusterten Kleidern, pastellfarbenen Handtaschen,<br />
reich verzierten Schuhen und Modeschmuck<br />
im Rokokostil verbindet Miu Miu Nostalgie und<br />
Moderne zu einem originellen Konzept. Als Gesichter<br />
für die Werbekampagnen von Miu Miu wählte<br />
Prada junge Schauspielerinnen wie Kirsten Dunst,<br />
um – häufig mit einem guten Schuss Ironie – ein<br />
verspieltes Bild von Weiblichkeit zu transportieren.<br />
BETEILIGUNGSPORTFOLIO WÄCHST STETIG<br />
In den späten 1990ern wollte Prada ein Portfolio<br />
aus führenden Luxusmarken wie LVMH und der<br />
Gucci Gruppe aufbauen. Eine Beteiligung an der<br />
Gucci Gruppe im Jahr 1997 liess unter Branchenanalysten<br />
Spekulationen aufkommen, dass Bertelli<br />
eine Übernahme der Gruppe plane. Dem war nicht<br />
so. Bald folgten jedoch Beteiligungen an Marken<br />
Die Mailänder Fondazione Prada fördert<br />
Ideen und das kreative Schaffen von<br />
Künstlern, Architekten und Wissenschaftlern.<br />
Damit soll der Gesellschaft der Wert<br />
von Kultur nähergebracht werden.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 57<br />
wie Helmut Lang, Fendi, Jil Sander (1999 für 100<br />
Millionen US Dollar) und dem englischen Schuhhersteller<br />
Church’s. Prada verkaufte 2001 seinen<br />
25.5-Prozent-Anteil an Fendi für 225 Millionen US<br />
Dollar an LVMH, um die Schulden von total 1.2 Milliarden<br />
Pfund abzubauen, die sich durch die vielen<br />
Anteilskäufe angehäuft hatten. 2006 verkaufte<br />
Prada auch die Beteiligungen an Helmut Lang und<br />
Jil Sander sowie einen 45-Prozent-Anteil an Church’s.<br />
2011 ging Prada mit 20 Prozent seiner Anteile an die<br />
Hongkonger Börse. Zur Prada Group zählen heute<br />
die Brands Miu Miu, Church’s und Car Shoe – Erfinder<br />
des Mokassins mit der durch Gumminoppen<br />
versehenen Sohle speziell für Autofahrer. Im März<br />
2014 übernahm Prada 80 Prozent der Firma Angelo<br />
Marchesi, dem Mutterunternehmen der Konditorei<br />
«Pasticceria Marchesi», um die Entwicklung der<br />
berühmten Marke weiter voranzutreiben. 2015 wurde<br />
an der Via Monte Napoleone ein zweites Geschäft<br />
eröffnet.<br />
Diese Beteiligungen prägen die Unternehmensstruktur.<br />
Pradas und Bertellis kreative Vision basiert<br />
dagegen auf ihrer Leidenschaft für zeitgenössische<br />
Kunst, Architektur und Film. Die Fondazione Prada<br />
wurde 1993 gegründet, um die Ideen und das kreative<br />
Schaffen von Filmemachern und Intellektuellen<br />
zu fördern. In den letzten 20 Jahren veranstaltete die<br />
Stiftung neben Filmfestivals, Tanzveranstaltungen<br />
und Konferenzen über 60 Projekte, darunter Einzel-,<br />
Gruppen- und Sonderausstellungen sowie auch<br />
wissenschaftliche Ausstellungen in Städten wie<br />
Mailand, Venedig, Tokio, Paris und London. In ihrem<br />
Strategiepapier schreibt die Stiftung: «Wir sind der<br />
Meinung, dass Kultur nicht nur äusserst nützlich<br />
und notwendig, sondern auch attraktiv und fesselnd<br />
ist. Kultur soll uns durch den Alltag begleiten und<br />
verstehen helfen, wie wir und die Welt uns verändern.»<br />
2011 eröffnete die Fondazione Prada in der<br />
Ca’ Corner della Regina, einem spektakulären Palazzo<br />
am Canal Grande in Venedig, Ausstellungsräume<br />
und weihte 2015 einen neuen von OMA<br />
gestalteten Kultur-Campus ein. Damit wollte die<br />
Stiftung den Kunstbegriff erweitern und so den<br />
Austausch neuer Ideen ermöglichen und kulturelle<br />
Impulse setzen.<br />
PRADA FESTIGT KULTURELLE BEDEUTUNG<br />
Prada war 2012 Gegenstand einer grossen Modeausstellung<br />
mit dem Namen «Schiaparelli and Prada:<br />
Impossible Conversations», die vom Metropolitan<br />
Museum of Art in New York veranstaltet wurde. Die<br />
Ausstellung war als ein imaginärer Dialog zwischen<br />
Miuccia Prada und der verstorbenen Modeschöpferin<br />
Elsa Schiaparelli inszeniert. Berühmt war Pradas<br />
Landsfrau für ihre avantgardistische Vision und dafür,<br />
dass sie sich stark vom Surrealismus inspirieren<br />
liess. Beide wollten die konventionelle Vorstellung<br />
von Schönheit in ihrem als «Ugly Chic» bekannt gewordenen<br />
Stil auflösen. Prada erklärte in einem Interview:<br />
«Mode fördert Schönheitsklischees, die ich<br />
jedoch brechen möchte. Ein wichtiger Aspekt meiner<br />
Arbeit ist es zu erforschen, was Schönheit heute<br />
wirklich bedeutet.» In diesem Punkt sind sich beide<br />
Modeschöpferinnen einig. Beide sind für ihren hohen<br />
Anspruch und ihre gelegentlich schwierigen Charaktere<br />
bekannt. Und sie lehnen beide aufoktroyierte<br />
Vorstellungen von Stil, Schönheit, Weiblichkeit oder<br />
Sexualität strikt ab. Schiaparellis Designmerkmale<br />
finden sich häufig in Pradas eigenen Entwürfen wieder.<br />
Prada lässt sich nämlich von dem spritzigen<br />
Konzept der Modeschöpferin, das comic artige Muster<br />
und freche Motive umfasst, sowie ihrer Anti-<br />
Mode-Haltung nur allzu gerne inspirieren.<br />
Im Jahr 2012 fand zwischen Prada und dem<br />
britischen Künstler Damien Hirst eine kreative<br />
Egal, ob auf dem Laufsteg der Prada-Modeschau<br />
in Mailand oder auf dem roten<br />
Teppich bei der Oscar-Verleihung – Prada<br />
zieht immer alle Blicke auf sich.<br />
Zusammenarbeit statt, bei der Schiaparellis Ästhetik<br />
besonders deutlich zum Ausdruck kam. Im Rahmen<br />
dieses «Entomology»-Projekts wurden 20 exklusive<br />
Handtaschen hergestellt und für einen<br />
guten Zweck versteigert. Die Taschen in der legendären<br />
Prada-Form wurden dabei jeweils mit echten,<br />
schmuckbesetzten Käfern verziert. Miuccia ging, wie<br />
es ihre Art ist, an diese limitierte Kollektion subversiv<br />
heran: «Ich sagte: ‹Hört mal, ich möchte keine<br />
Tasche entwerfen.› Deshalb sorgte ich dafür, dass<br />
sie so abscheulich wurden, dass keine Frau sie jemals<br />
anfassen würde.» Die Taschen waren jedoch<br />
schnell ausverkauft und wurden von der Modepresse<br />
gefeiert. Eigentlich keine Überraschung, wenn<br />
man bedenkt, dass 80 Prozent von Pradas Umsatz<br />
2011 von Lederaccessoires stammten.<br />
In regelmässigen Kooperationen mit Fotografen<br />
und Regisseuren wie Steven Meisel und Glen<br />
Luchford entstanden zudem legendäre Werbefotos<br />
und Kurzfilme. Dadurch erhielt Pradas Design eine<br />
kulturelle Dimension. 2013 kam zudem die Neuadaptation<br />
von «Der grosse Gatsby» unter der Regie<br />
von Baz Luhrmann in die Kinos. Prada entwarf<br />
mehrere der Filmroben, wodurch ihre moderne<br />
Neuinterpretation von Weiblichkeit noch einen<br />
grös seren Stellenwert erhielt. Trotz gelegentlicher<br />
Kritik am Design und Phasen finanzieller Schwierigkeiten<br />
gehört Prada weiterhin zu den einflussreichsten<br />
und weltweit erfolgreichsten Modemarken<br />
unserer Zeit. Sie schöpft ihre Stärke aus einer<br />
Kombination von Schlichtheit und Luxus sowie<br />
Innovation und Klassik, sodass sich die Grenzen<br />
zwischen Konzeptionellem und Kommerziellem<br />
unablässig verwischen.<br />
Prada war 2012<br />
Gegenstand der grossen<br />
Modeausstellung<br />
«Schiaparelli and<br />
Prada: Impossible<br />
Conversations», die<br />
vom Costume Institute<br />
des Metropolitan<br />
Museum of Art in<br />
New York veranstaltet<br />
wurde. Hier eine der<br />
Installationen.<br />
ZAHLEN<br />
UND<br />
FAKTEN<br />
Prada erzielte 2015 einen<br />
Umsatz von EUR 3.55 Mrd.<br />
(einschliesslich Grosshandel,<br />
Einzelhandel und<br />
Lizenzeinnahmen).<br />
Aufteilung des Einzelhandelsumsatzes<br />
2015<br />
nach Region in Mio. EUR<br />
Quelle: pradagroup.com<br />
403.7<br />
Japan<br />
410.8<br />
Amerika<br />
103.5<br />
Naher Osten<br />
1080.0<br />
Ferner<br />
Osten<br />
1060.0<br />
Europa<br />
Aufteilung des Einzelhandelsumsatzes<br />
2015<br />
nach Produkt in Mio. EUR<br />
Quelle: pradagroup.com<br />
537.5<br />
Schuhe<br />
541.6<br />
Prêt-à-porter<br />
1920.0<br />
Lederwaren
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 58<br />
STANDPUNKTE<br />
ZU MODETRENDS<br />
6/6<br />
V . A . L . É . R . I . E<br />
L . A . M . O . N . T . A . G . N . E<br />
ist eine französisch-kanadische Künstlerin/Designerin und PhD-Stipendiatin an der Concordia<br />
University in Montreal, wo sie im Bereich «Performative Kleidung: Körper, Mode und<br />
Technologien» forscht und an der Abteilung Design und Computerkunst lehrt. Sie ist die Eigentümerin<br />
und Designerin von 3lectromode, einem Wearable-Electronics-Atelier mit Sitz in Montreal.<br />
Welche globalen Trends (etwa<br />
Digitalisierung) beeinflussen Ihrer<br />
Meinung nach zurzeit die Mode und<br />
den Modemarkt?<br />
Herstellung<br />
• 3D-Druck (Hard, Soft und Zero Waste)<br />
• On-Demand-Herstellung<br />
• Kundenspezifische Anpassung<br />
• Produktion vor Ort<br />
• DIY (Ikea-Konzept für Kleidung)<br />
• Upcycling / Recycling / Reparatur<br />
(Petit h)<br />
• Reduziertes Waschen (Sofortdesinfektion<br />
durch Luft/Sonne etc.)<br />
• Nahtlose Design-to-House-Technologie<br />
(integrierte Telekommunikation /<br />
erneuerbare Energie)<br />
Verkauf und Vertrieb<br />
• Showrooms mit integrierter<br />
Direktlieferung nach Hause<br />
(keine Tütenschlepperei mehr)<br />
• 3D-Körperscanning / 3D-Avatare<br />
(übertragbar von Laden zu Laden)<br />
• Vom Onlinelaufsteg direkt<br />
bestellen<br />
• Suchalgorithmen für Streetwear-<br />
Fotos (sofort kaufen, was ein<br />
anderer trägt)<br />
• «Reale» Werbung: Instagram-<br />
Botschafter<br />
• Mode als (Gemeinschafts-)<br />
Erlebnis vs. traditionelle<br />
Produktverkaufsmodelle<br />
Inwiefern verändern diese Trends<br />
die Mode und den Modemarkt?<br />
• Weniger Konsum<br />
• Konsum nach Mass<br />
• Konsum und Teilen<br />
• Direktkonsum (ab Laufsteg)<br />
• Verbraucher als Designer<br />
• Kollektiver Konsum P2P<br />
(keine Unternehmen)<br />
In der Mode wird es künftig weniger um<br />
den Konsum als um das Erlebnis gehen.<br />
Den Anstoss dazu wird eine radikale<br />
Umkehr der Beziehung zwischen Kunden<br />
und Unternehmen geben. Co-kreative<br />
Bereiche, Technologien und Applikationen<br />
werden dem Kunden neue Plattformen<br />
bieten, um massgeschneiderte<br />
Entwürfe «on demand» zu erstellen.<br />
Als Nächstes wird die Offenlegung von<br />
Produktionsketten und des Herstellungsprozesses<br />
folgen. Denn wo und wie Dinge<br />
produziert werden, gewinnt genauso an<br />
Bedeutung wie die CO2-Bilanz entlang<br />
des gesamten Produktlebenszyklus. Die<br />
stofflichen und geschichtlichen Transformationen<br />
von Objekten werden zu<br />
einem wesentlichen Bestandteil unserer<br />
Erfahrung mit ihnen – wir kennen<br />
dann die Herkunft der Materialien, die<br />
Herstellung und die Auswirkungen. Dabei<br />
werden auch wir unsere Spuren in der<br />
Geschichte der Objekte hinterlassen und<br />
so ihre zukünftige Verwendung mitprägen.<br />
Mode und Technologie werden<br />
zu einem kontinuierlichen Prozess, der<br />
über Zeit und Raum kommuniziert wird.<br />
Woher schöpfen Sie die Inspiration<br />
für Ihre Designs und Kollektionen?<br />
• Geschichte<br />
• Literatur<br />
• Poesie<br />
• Kunst<br />
• Musik<br />
• Politik<br />
Kunst und Geschichte sind die grösste<br />
Inspiration für die Modewelt. Mode, die<br />
im Vakuum des Augenblicks lebt, ist<br />
gefährlich, weil sie auch als politische<br />
Kraft fungiert – hinsichtlich Geschlecht,<br />
Rasse, Macht und Ökonomie – und wir<br />
können diese Kraft nutzen, um für<br />
Veränderungen zu sorgen. Mode steht<br />
auch immer im Spannungsfeld zwischen<br />
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.<br />
Mein Vater und ich diskutierten früher<br />
oft darüber, wie die Zukunft wohl<br />
aussehen wird: so wie in Terry Gilliams<br />
«Brazil» (1985) oder Ridley Scotts «Blade<br />
Runner» (1982). Für mich ist sie inzwischen<br />
beides: absurd und dystopisch,<br />
leicht und schwer, in die Zukunft und in<br />
die Vergangenheit gerichtet, zeitlos und<br />
ironisch, schön und hässlich, belanglos<br />
und überaus wichtig.<br />
✖ 3LECTROMODE.COM
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 59<br />
NACHHALTIGKEIT<br />
DESIGN<br />
O H N E<br />
ABFALL<br />
Der japanische Kimono<br />
und der indische<br />
Sari sind Gewänder<br />
von betörender<br />
Schön heit. Da sie<br />
aus einem einzigen<br />
Stück Stoff produziert<br />
werden, gibt es kaum<br />
Abfall. Nun wollen<br />
Designer dasselbe<br />
Prinzip auf die Produktion<br />
von anderen<br />
Kleidern übertragen.<br />
Mit dem sogenannten<br />
Zero-Waste-Design<br />
sollen die gemäss<br />
Schätzungen der<br />
Bekleidungsindustrie<br />
anfallenden 15 bis<br />
20 Prozent Abfall<br />
vermieden werden.<br />
Wie? Indem die<br />
einzelnen Elemente<br />
eines Schnittmusters<br />
wie Puzzleteile auf<br />
dem Stoff verteilt<br />
werden, sodass kein<br />
Platz verschwendet<br />
wird. Und indem<br />
Stoffe anstatt zugeschnitten<br />
vermehrt<br />
drapiert verarbeitet<br />
weren. Fallen doch<br />
Reste an, sollen sie<br />
als Dekoration weiterverarbeitet<br />
werden.<br />
Bei der vom indischen<br />
Designer Siddhartha<br />
Upadhyaya entwickelten<br />
«Direct Pattern<br />
on Loom»-Technik<br />
werden die einzelnen<br />
Stücke sogar direkt<br />
auf einem Jacquard-<br />
Webstuhl gewoben –<br />
auslegen, anzeichnen<br />
und zuschneiden ist<br />
nicht mehr nötig.<br />
✖<br />
MEHR ZUM THEMA<br />
NACHHALTIGKEIT AUF DEN<br />
SEITEN 38 UND 41<br />
Über diesen QR-Code<br />
können Sie ein Video<br />
mit der Anleitung für<br />
eine abfallfreie Modeproduktion<br />
anschauen.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 60<br />
TECHNOLO<strong>GI</strong>E<br />
WEARABLES<br />
ALS TEIL DER<br />
KLEIDUNG<br />
Wearables – tragbare<br />
Technologie – haben<br />
in der Mode längst<br />
ihren Platz gefunden.<br />
Das, weil viele<br />
Menschen ein Mobilgerät<br />
(vor allem ein<br />
Smart phone) benutzen,<br />
sich das Kosten-<br />
Leistungs- Verhältnis<br />
verbessert hat,<br />
verschiedene Softwares<br />
aufeinander<br />
abgestimmt sind und<br />
neue Apps sowie<br />
Geschäftsmodelle<br />
entwickelt wurden.<br />
Wearables verwandeln<br />
sich rasch von schwierig<br />
zu hand habenden<br />
Geräten mit nur einer<br />
Funktion zu multifunktionalen,<br />
intelligenten<br />
Geräten. Wir<br />
sehen ein Potenzial<br />
von 40 bis 50 Milliarden<br />
US-Dollar. Die<br />
Bekleidungsbranche<br />
hat Wearables schon<br />
früh eingeführt, zu<br />
Beginn in Form von<br />
Armbanduhren,<br />
jüngst aber auch mit<br />
Fitnesskontrollgeräten<br />
wie dem Fitbit.<br />
Damit sollen Kunden<br />
an Sport- und Fitnessmarken<br />
gebunden<br />
werden, was einem<br />
Potenzial zur Kanniba<br />
lisierung des<br />
Uhren markts in der<br />
Höhe von 56 Milliarden<br />
US-Dollar<br />
entspricht. In Zukunft<br />
werden Kleider unsere<br />
Körper als Energiequelle<br />
nutzen, um<br />
Smartphones und<br />
Tablets aufzuladen –<br />
falls es diese Geräte<br />
dann noch gibt.<br />
Smarte Textilien, die<br />
kinetische Energie<br />
zur Stromerzeugung<br />
nutzen, werden bereits<br />
heute in Modeartikel<br />
integriert.<br />
✖<br />
WEITERE INFOR-<br />
MATIONEN ZU TRAGBAREN<br />
TECHNOLO<strong>GI</strong>EN AUF<br />
SEITE 44<br />
Je mehr Computerprodukte<br />
in Gebrauch sind, desto<br />
grösser könnte die Akzeptanz<br />
von Wearables sein.<br />
Quelle: Unternehmensangaben,<br />
Schätzungen Credit Suisse, Anzahl<br />
Geräte weltweit, die mit Wearables<br />
verbunden werden könnten<br />
3 000 000<br />
2 500 000<br />
2 000 000<br />
1 500 000<br />
1 000 000<br />
500 000<br />
0<br />
2010 2015E<br />
Smartphones<br />
Mobile PCs<br />
Tablets
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 61<br />
NACHHALTIGKEIT<br />
FÄRBEN<br />
O H N E<br />
WA S S E R<br />
Das Färben von Textilien<br />
braucht sehr<br />
viel Wasser, ein Kilogramm<br />
Baumwolle<br />
zum Beispiel benötigt<br />
60 bis 80 Liter. Gemäss<br />
dem EU Retail<br />
Forum for Sustainability<br />
gehen 20 Prozent<br />
des verschmutzten<br />
Frisch wassers in der<br />
Indus trie auf das<br />
Konto der Textilfärbung<br />
und -behandlung.<br />
Es erstaunt<br />
daher nicht, dass<br />
wasserscho nende<br />
Alternativen gesucht<br />
werden. Ein Unternehmen<br />
namens<br />
ColorZen etwa hat<br />
einen Weg gefunden,<br />
die Molekülstruktur<br />
von Baumwolle zu<br />
verändern und so<br />
effizienter und mit<br />
weniger Wassereinsatz<br />
zu färben. Mit<br />
dem von Debs Textile<br />
Corporation entwickelten<br />
AirDye, bei<br />
dem die Färbe mittel<br />
mit Maschinen auf<br />
Polyestergewebe<br />
gedruckt werden,<br />
sinkt der Wasserverbrauch<br />
um bis<br />
zu 95 Prozent. Und<br />
das niederländische<br />
Unternehmen DyeCoo<br />
verwendet in einem<br />
Hochdruckverfahren<br />
flüssiges CO 2 , um<br />
so die Farbe ganz<br />
ohne Wasser in das<br />
Polyestergewebe<br />
zu bringen.<br />
✖<br />
MEHR ZUM THEMA<br />
NACHHALTIGKEIT AUF DEN<br />
SEITEN 38 UND 41<br />
Über diesen QR-Code<br />
können Sie ein Video<br />
zu einem inno vativen<br />
Textilfärbe verfahren<br />
ohne Wasser anschauen.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 62<br />
TECHNOLO<strong>GI</strong>E<br />
STOFFE, DIE<br />
IHRE FARBE<br />
ÄNDERN<br />
Auf dem Weg zu<br />
einem wichtigen Treffen<br />
stellen Sie fest,<br />
dass Ihre Jacke nicht<br />
zu Ihrer Hose passt.<br />
Es ist zu spät, um<br />
sich umzuziehen.<br />
Kein Problem! Sie<br />
berühren Ihre Jacke<br />
oder pfeifen ein<br />
Lied – und wie<br />
von Zauberhand<br />
verändert sich die<br />
Farbe. Das klingt<br />
verrückt, ist aber<br />
möglich – dank<br />
«Chromosonic», einer<br />
Erfindung der ungarischen<br />
Designerin<br />
Judit Eszter Karpati.<br />
Diese elektronische<br />
Textilie reagiert auf<br />
Berührung und Töne,<br />
indem sie Farbe und<br />
Muster ändert. Andere<br />
intelligente Textilien<br />
können leuchten.<br />
Einige dieser Stoffe<br />
gewinnen Energie aus<br />
der Umwelt, indem<br />
sie Vibrationen, Töne,<br />
Hitze oder ultraviolette<br />
Strahlung nutzen.<br />
Etwas, das im Inneren<br />
eines Gebäudes<br />
weiss ist, ändert am<br />
Tageslicht die Farbe.<br />
Medienkünstlerin und<br />
Designerin Amy Winter,<br />
die Frau hinter<br />
der Marke Rainbow<br />
Winters, arbeitet bereits<br />
seit mehreren<br />
Jahren mit solch<br />
smarten Textilien.<br />
✖<br />
WEITERE INFOR<br />
MATIONEN ZU E-TEXTILIEN<br />
AUF SEITE 44<br />
Mit dem oben stehenden<br />
QR-Code können<br />
Sie mehr über farbverändernde<br />
Mate rialien<br />
erfahren.
GLOBAL INVESTOR 1.<strong>16</strong> — 63<br />
Autoren<br />
Patricia Feubli<br />
Research Analyst.........................................................<br />
patricia.feubli@credit-suisse.com..................................<br />
+41 44 333 68 71........................................................<br />
Patricia Feubli stiess 2013 zur Credit Suisse. Sie ist Senior<br />
Economist im International Wealth Management für<br />
Schweizer Branchenana lysen. Davor war sie Research<br />
Associate an der Universität Zürich und Re search Fellow<br />
an der Stanford University. Sie hat einen Doktortitel in<br />
Wirtschafts wissenschaften der Universität Zürich.<br />
> Seiten 10, 13, <strong>16</strong>, 27, 33, 36–37, 41–43, 48–50, 52–53, 58<br />
Jonathan Horlacher<br />
Research Analyst.........................................................<br />
jonathan.horlacher@credit-suisse.com..........................<br />
+41 44 332 80 17........................................................<br />
Jonathan Horlacher ist Financial Analyst im International<br />
Wealth Management der Credit Suisse. Er ist auf gesamtwirtschaftliche<br />
Themen, Mega trends und nach haltige<br />
Investitionen spezialisiert und hat zahlreiche Publika tionen<br />
zu diesen Bereichen verfasst. Er ist Chartered Financial<br />
Analyst (CFA) und hat einen Master of Science der<br />
Barcelona Graduate School of Economics. Bevor er zur<br />
Credit Suisse stiess, war er Volkswirt bei der Schweizerischen<br />
Nationalbank. > Seiten 08–09, 12, 38–43, 59, 61<br />
Julie Saussier<br />
Research Analyst.........................................................<br />
julie.saussier-clement@credit-suisse.com......................<br />
+41 44 333 12 56.......................................................<br />
Julie Saussier ist als Senior Research Analyst im Global<br />
Equity Team für die Analyse des Nicht-Basiskonsumgütersektors<br />
zuständig. Sie arbeitet seit 13 Jahren als<br />
Research-Analystin und stiess 2015 zur Credit Suisse.<br />
Sie hat einen Master in Business and Management<br />
der Université Paris Dauphine und einen Master in Corporate<br />
Finance der EM Lyon Business School, Frankreich,<br />
und sie ist Chartered Financial Analyst (CFA).<br />
> Seiten 07, 11, 15, 22, 26, 30–32<br />
Selina Sia<br />
Head of Greater China Equity Research.........................<br />
selina.sia@credit-suisse.com........................................<br />
+852 2841 4036.........................................................<br />
Selina Sia kam 2015 als Head of Greater China Equity<br />
Research zur Credit Suisse. Sie verfügt über mehr als<br />
20 Jahre Erfahrung als Analystin für die Aktienmärkte<br />
Hongkongs und Chinas. Sie hat einen Bachelor of<br />
Business Administration der University of Washington<br />
mit Schwerpunkt auf Accounting and Finance, und sie<br />
ist Certified Public Accountant (CPA). > Seiten 14, 34–35<br />
Ulrich Kaiser<br />
Research Analyst.........................................................<br />
ulrich.kaiser@credit-suisse.com....................................<br />
+41 44 334 56 49.......................................................<br />
Ulrich Kaiser ist als Senior Financial Analyst im International<br />
Wealth Management der Credit Suisse für die<br />
Analyse des Technologiesektors zuständig. Er stiess<br />
1993 zur Credit Suisse und verfügt über 28 Jahre<br />
Erfahrung im Wertpapier- und Bankengeschäft. Er hat<br />
einen Master of Economics der Universität Konstanz<br />
und ist Certified European Financial Analyst (CEFA).<br />
> Seiten 17, 23, 44–47, 51, 60, 62<br />
Giles Keating<br />
Vice Chairman of Investment Solutions & Products<br />
and Deputy Global CIO.................................................<br />
giles.keating@credit-suisse.com...................................<br />
+41 44 332 22 33.......................................................<br />
Giles Keating ist Vice Chairman of Investment Solutions &<br />
Products, Deputy Global Chief Investment Officer und<br />
Vizevorsitzender des Anlage komitees. Er arbeitet seit<br />
1986 bei der Credit Suisse. Giles Keating war Research<br />
Fellow an der London Business School und hat Abschlüsse<br />
der London School of Economics und der University<br />
of Oxford, Grossbritannien, wo er als Honorary Fellow<br />
amtet. Er ist Vorsitzender von Tech4All und techfortrade,<br />
die Armut durch den Einsatz von Technologie verringern<br />
wollen. > Seite 03
Risikowarnung<br />
Jede Anlage ist mit Risiken verbunden, insbesondere in Bezug auf Wert- und Renditeschwankungen.<br />
Sind Anlagen in einer anderen Währung als Ihrer Basiswährung denominiert, können<br />
Wechselkursschwankungen den Wert, den Kurs oder die Rendite nachteilig beeinflussen.<br />
Informationen zu den mit Anlagen in die hierin behandelten Wertpapiere verbundenen Risiken<br />
finden Sie unter folgender Adresse:<br />
https://research.credit-suisse.com/riskdisclosure<br />
Dieser Bericht kann Informationen über Anlagen, die mit besonderen Risiken verbunden sind,<br />
enthalten. Bevor Sie eine Anlageentscheidung auf der Grundlage dieses Berichts treffen,<br />
sollten Sie sich durch Ihren unabhängigen Anlageberater bezüglich notwendiger Erläuterungen<br />
zum Inhalt dieses Berichts beraten lassen. Zusätzliche Informationen erhalten Sie ausserdem<br />
in der Broschüre «Besondere Risiken im Effektenhandel», die Sie bei der Schweizerischen<br />
Bankiervereinigung erhalten.<br />
Kurs, Wert und Ertrag der in diesem Bericht beschriebenen Wertpapiere oder Finanzinstrumente<br />
können sowohl steigen als auch fallen. Der Wert von Wertpapieren und Finanzinstrumenten<br />
unterliegt Schwankungen von Kassa- bzw. Termin- und Wechselkursen sowie der<br />
Entwicklung von wirtschaftlichen Indikatoren, der Bonität von Emittenten oder Referenz-Emittenten<br />
usw. Diese Schwankungen und Entwicklungen können sich sowohl vorteilhaft als auch<br />
nachteilig auf den Ertrag bzw. den Kurs der betreffenden Papiere oder Instrumente auswirken.<br />
Beim Kauf von Wertpapieren oder Finanzinstrumenten können Sie aufgrund von Schwankungen<br />
der Börsenkurse oder anderer finanzieller Indizes usw. einen Verlust oder einen den investierten<br />
Betrag übersteigenden Verlust erleiden. Dieses Risiko betrifft insbesondere Anleger in Wertpapiere<br />
wie beispielsweise ADRs, deren Wert von Wechselkursschwankungen beeinflusst wird.<br />
Provisionssätze für Maklergeschäfte entsprechen den zwischen der CS und dem Anleger<br />
vereinbarten Sätzen. Bei Transaktionen, die als Abkommen zwischen selbstständigen Händlern/Kommittenten<br />
(Principal-to-principal-Basis) zwischen der Credit Suisse und dem Anleger<br />
abgeschlossen werden, entspricht der Kauf- bzw. Verkaufspreis der Gesamtvergütung. Auf<br />
Principal-to-principal-Basis durchgeführte Transaktionen, einschliesslich ausserbörslicher<br />
(OTC) Transaktionen mit Derivaten, werden als Kauf-/Geldkurs oder Verkaufs-/Briefkurs<br />
angegeben, wobei zwischen diesen Kursangaben eine Differenz (Spread) bestehen kann.<br />
Gebühren für Transaktionen werden vor dem Handel gemäss den geltenden Gesetzen und<br />
Bestimmungen vereinbart. Bitte konsultieren Sie vor einem Kauf die handelsvorbereitende<br />
Dokumentation, in der Sie eine Erläuterung der Risiken und Provisionen usw. der jeweiligen<br />
Wertpapiere oder Finanzinstrumente finden.<br />
Bei strukturierten Wertpapieren handelt es sich um komplexe Anlageinstrumente, die<br />
typischerweise ein erhöhtes Risiko aufweisen. Diese Produkte richten sich ausschliesslich<br />
an erfahrene und informierte Anleger, die alle mit der entsprechenden Anlage verbundenen<br />
Risiken verstehen und akzeptieren. Der Marktwert von strukturierten Wertpapieren wird durch<br />
wirtschaftliche, finanzielle und politische Faktoren beeinflusst (insbesondere Spot- und Forward-Zinsen<br />
sowie Wechselkurse), ebenso durch Faktoren wie Laufzeit, Marktkonditionen,<br />
Volatilität oder Bonität des Emittenten bzw. von Referenzemittenten. Anleger, die den Erwerb<br />
strukturierter Produkte erwägen, sollten das betreffende Produkt eigenständig prüfen und<br />
analysieren und ihre eigenen Berater zu den mit dem geplanten Erwerb verbundenen Risiken<br />
konsultieren.<br />
Einige der in diesem Bericht behandelten Produkte weisen ein erhöhtes Mass an Volatilität<br />
auf. Anlagen mit erhöhter Volatilität können starken Wertschwankungen unterliegen, die<br />
zu Verlusten bei einer Realisierung der betreffenden Anlage führen können. Derartige Verluste<br />
können dem Wert der ursprünglichen Anlage entsprechen. Bei bestimmten Investments<br />
können die erlittenen Verluste den Wert der ursprünglichen Anlage sogar übersteigen. In<br />
einem solchen Fall müssen Sie die erlittenen Verluste durch zusätzliche Zahlungen decken.<br />
Die Rendite auf ein Investment kann fluktuieren, und gegebenenfalls wird ein Teil des für die<br />
ursprüngliche Anlage gezahlten Betrags für die Zahlung der Rendite verwendet. Bestimmte<br />
Investments können gegebenenfalls nicht ohne weiteres realisiert werden, und der Verkauf<br />
bzw. die Realisierung der betreffenden Instrumente kann sich als schwierig erweisen. Ebenso<br />
kann es sich als schwierig erweisen, zuverlässige Informationen zum Wert eines Investments<br />
oder den damit verbundenen Risiken zu erlangen. Bitte wenden Sie sich bei Fragen an Ihren<br />
Relationship Manager.<br />
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Indikator für eine zukünftige Wertentwicklung.<br />
Die Wertentwicklung kann durch Provisionen, Gebühren oder andere Kosten sowie<br />
durch Wechselkursschwankungen beeinflusst werden.<br />
Finanzmarktrisiken<br />
Historische Renditen und Finanzmarktszenarien sind keine Garantie für zukünftige Ergebnisse.<br />
Der Preis und der Wert der hierin erwähnten Anlagen und alle daraus resultierenden Erträge<br />
können sinken, steigen oder schwanken. Die Performance in der Vergangenheit ist kein<br />
Hinweis auf die künftige Wertentwicklung. Sind Anlagen in einer anderen Währung als Ihrer<br />
Basiswährung denominiert, können Wechselkursschwankungen den Wert, den Kurs oder die<br />
Rendite nachteilig beeinflussen. Sie sollten, soweit Sie eine Beratung für erforderlich halten,<br />
Berater konsultieren, die Sie bei dieser Entscheidung unterstützen.<br />
Anlagen werden möglicherweise nicht öffentlich oder nur an einem eingeschränkten Sekundärmarkt<br />
gehandelt. Ist ein Sekundärmarkt vorhanden, kann der Kurs, zu dem die Anlagen<br />
an diesem Markt gehandelt werden oder die Liquidität bzw. Illiquidität des Marktes nicht<br />
vorhergesagt werden.<br />
Schwellenmärkte<br />
In Fällen, in denen sich dieser Bericht auf Schwellenmärkte bezieht, weisen wir Sie darauf<br />
hin, dass mit Anlagen und Transaktionen in verschiedenen Anlagekategorien von oder in<br />
Zusammenhang oder Verbindung mit Emittenten und Schuldnern, die in Schwellenländern<br />
gegründet, stationiert oder hauptsächlich geschäftlich tätig sind, Unsicherheiten und Risiken<br />
verbunden sind. Anlagen im Zusammenhang mit Schwellenländern können als spekulativ<br />
betrachtet werden; ihre Kurse neigen zu einer weit höheren Volatilität als die der stärker<br />
entwickelten Länder der Welt. Anlagen in Schwellenmärkten sollten nur von versierten Anlegern<br />
oder von erfahrenen Fachleuten getätigt werden, die über eigenständiges Wissen über<br />
die betreffenden Märkte sowie die Kompetenz verfügen, die verschiedenen Risiken, die solche<br />
Anlagen bergen, zu berücksichtigen und abzuwägen und ausreichende finanzielle Ressourcen<br />
zur Verfügung haben, um die erheblichen Risiken des Anlageausfalls solcher Anlagen zu<br />
tragen. Es liegt in Ihrer Verantwortung, die Risiken, die sich aus Anlagen in Schwellenmärkten<br />
ergeben, und Ihre Portfolio-Strukturierung zu steuern. Bezüglich der unterschiedlichen<br />
Risiken und Faktoren, die es bei Anlagen in Schwellenmärkten zu berücksichtigen gilt, sollten<br />
Sie sich von Ihren eigenen Beratern beraten lassen.<br />
Alternative Anlagen<br />
Hedge-Fonds unterliegen nicht den zahlreichen Bestimmungen zum Schutz von Anlegern, die<br />
für regulierte und zugelassene gemeinsame Anlagen gelten; Hedge-Fonds-Manager sind<br />
weitgehend unreguliert. Hedge-Fonds sind nicht auf eine bestimmte Zurückhaltung bei Anlagen<br />
oder Handelsstrategie beschränkt und versuchen, in den unterschiedlichsten Märkten<br />
Gewinne zu erzielen, indem sie auf Fremdfinanzierung, Derivate und komplexe, spekulative<br />
Anlagestrategien setzen, die das Risiko eines Anlageausfalls erhöhen können.<br />
Rohstofftransaktionen bergen ein hohes Mass an Risiko und sind für viele Privatanleger<br />
möglicherweise ungeeignet. Marktbewegungen können zu erheblichen Verlusten oder sogar<br />
zu einem Totalverlust führen.<br />
Anleger in Immobilien sind Liquiditäts-, Fremdwährungs- und anderen Risiken ausgesetzt,<br />
einschliesslich konjunktureller Risiken, Vermietungsrisiken und solcher, die sich aus den<br />
Gegebenheiten des lokalen Marktes, der Umwelt und Änderungen der Gesetzeslage ergeben.<br />
Zins- und Ausfallrisiken<br />
Die Werthaltigkeit einer Anleihe hängt von der Bonität des Emittenten bzw. des Garanten ab.<br />
Sie kann sich während der Laufzeit der Anleihe ändern. Bei Insolvenz des Emittenten und/oder<br />
Garanten der Anleihe ist die Anleihe oder der aus der Anleihe resultierender Ertrag nicht garantiert<br />
und Sie erhalten die ursprüngliche Anlage möglicherweise nicht oder nur teilweise zurück.<br />
Offenlegungen<br />
Die Informationen und Meinungen in diesem Bericht wurden von der Abteilung Research der<br />
Division International Wealth Management der CS am angegebenen Datum erstellt und können<br />
sich ohne vorherige Mitteilung ändern. Aufgrund unterschiedlicher Bewertungskriterien<br />
können die in diesem Bericht geäusserten Ansichten über einen bestimmten Titel von Ansichten<br />
und Beurteilungen des Credit Suisse Research Department der Division Investment Banking<br />
abweichen oder diesen widersprechen.<br />
Artikelbeiträge von Anlagestrategen sind keine Research-Berichte. Anlagestrategen<br />
gehören nicht dem CS Research Department an. Die CS verfügt über Weisungen, die sicherstellen,<br />
dass das Research Department unabhängig ist. Dies schliesst Weisungen zu Handelsbeschränkungen<br />
für bestimmte Wertschriften vor der Veröffentlichung von Research-Berichten<br />
ein. Diese Weisungen gelten nicht für Anlagestrategen.<br />
Die CS lehnt jede Haftung für Verluste aus der Verwendung dieses Berichts ab, es sei<br />
denn, dieser Haftungsausschluss steht im Widerspruch zu einer Haftung, die sich aus bestimmten,<br />
für die CS geltenden Statuten und Regelungen ergibt. Dieser Bericht ist kein Ersatz<br />
für eine unabhängige Beurteilung. Die CS hat möglicherweise eine Handelsidee zu diesem<br />
Wertpapier veröffentlicht oder wird dies möglicherweise in Zukunft tun. Handelsideen sind<br />
kurzfristige Handelsempfehlungen, die auf Marktereignissen und Katalysatoren basieren,<br />
wohingegen Unternehmensempfehlungen Anlageempfehlungen darstellen, die auf dem erwarteten<br />
Gesamtertrag im 6- bis 12-Monats-Horizont basieren, gemäss der Definition im<br />
Disclosure-Anhang. Da Handelsideen und Unternehmensempfehlungen auf unterschiedlichen<br />
Annahmen und Analysemethoden basieren, könnten die Handelsideen von den Unternehmensempfehlungen<br />
abweichen. Ausserdem hat die CS möglicherweise andere Berichte veröffentlicht<br />
oder wird möglicherweise Berichte veröffentlichen, die im Widerspruch zu dem<br />
vorliegenden Bericht stehen oder zu anderen Schlussfolgerungen gelangen. Diese Berichte<br />
spiegeln die verschiedenen Annahmen, Einschätzungen und Analysemethoden wider, auf<br />
denen sie basieren, und die CS ist in keiner Weise verpflichtet, sicherzustellen, dass der<br />
Empfänger Kenntnis von anderen entsprechenden Berichten erhält.<br />
Bestätigung der Analysten<br />
Alle in diesem Bericht aufgeführten Analysten bestätigen hiermit, dass die in diesem Bericht<br />
geäusserten Ansichten über Unternehmen und deren Wertschriften mit ihren persönlichen<br />
Ansichten über sämtliche hier analysierten Unternehmen und Wertschriften übereinstimmen.<br />
Die Analysten bestätigen darüber hinaus, dass eine bereits erhaltene oder zukünftige Vergütung<br />
in keiner Art und Weise direkt oder indirekt mit den in diesem Bericht ausgedrückten<br />
Empfehlungen oder Ansichten in Verbindung steht.<br />
Die in diesem Bericht erwähnten Knowledge Process Outsourcing Analysten (KPO-Analysten)<br />
sind bei der Credit Suisse Business Analytics (India) Private Limited angestellt<br />
Wichtige Angaben<br />
Die CS veröffentlicht Research-Berichte nach eigenem Ermessen. Dabei bezieht sie sich auf<br />
Entwicklungen in den analysierten Unternehmen, im Sektor oder Markt, die für die im Bericht<br />
geäusserten Meinungen und Ansichten wesentlich sein können. Die CS veröffentlicht ausschliesslich<br />
unparteiische, unabhängige, eindeutige, faire und nicht irreführende Anlagestudien.<br />
Der für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Credit Suisse verbindliche Code of Conduct<br />
ist online unter folgender Adresse abrufbar:<br />
http://www.credit-suisse.com/governance/en/code_of_conduct.html<br />
Weitere Informationen finden Sie im Dokument «Unabhängigkeit der Finanzanalyse» unter<br />
folgender Adresse:<br />
https://www.credit-suisse.com/legal/pb_research/independence_en.pdf<br />
Die Vergütung der für diesen Research-Bericht verantwortlichen Analysten setzt sich aus<br />
verschiedenen Faktoren zusammen, darunter aus dem Umsatz der CS. Einen Teil dieses<br />
Umsatzes erwirtschaftet die Credit Suisse im Bereich Investment Banking.<br />
Zusätzliche Angaben<br />
Vereinigtes Königreich: Weitere Informationen zu Angaben über den Bereich Fixed Income<br />
erhalten Kunden der Credit Suisse (UK) Limited und der Credit Suisse Securities (Europe)<br />
Limited unter der Telefonnummer +41 44 333 33 99.<br />
Indien: Unter der Adresse http://www.credit-suisse.com/in/researchdisclosure finden<br />
sich weitere Offenlegungen, die gemäss Securities And Exchange Board of India (Research<br />
Analysts) Regulations, 2014, vorgeschrieben sind. Die Credit Suisse könnte Interessen in<br />
Bezug auf die im vorliegend Bericht genannten Unternehmen haben. Die Research-Berichte<br />
der Credit Suisse sind auch unter https://investment.credit-suisse.com/ abrufbar.<br />
Informationen zu rechtlichen Hinweisen und Offenlegungen bezüglich der von Credit Suisse<br />
Investment Banking beurteilten Unternehmen, die in diesem Bericht erwähnt wurden, finden<br />
Sie auf der Seite «Disclosure» der Investment Banking Division unter folgender Adresse:<br />
https://rave.credit-suisse.com/disclosures<br />
Weitere Informationen wie Angaben im Zusammenhang mit anderen Emittenten finden<br />
Sie auf der der Seite «Disclosure» der International Wealth Management Division unter<br />
folgender Adresse:<br />
https://www.credit-suisse.com/disclosure<br />
Allgemeiner Haftungsausschluss/Wichtige Information<br />
Der vorliegende Bericht ist nicht für die Verbreitung an oder die Nutzung durch natürliche<br />
oder juristische Personen bestimmt, die Bürger eines Landes sind oder in einem Land ihren
Wohnsitz bzw. ihren Gesellschaftssitz haben, in dem die Verbreitung, Veröffentlichung,<br />
Bereitstellung oder Nutzung dieser Informationen geltende Gesetze oder Vorschriften ver letzen<br />
würde oder in dem CS Registrierungs- oder Zulassungspflichten erfüllen müssten.<br />
In diesem Bericht bezieht sich CS auf die Schweizer Bank Credit Suisse AG oder ihre Tochterund<br />
verbundenen Unternehmen. Weitere Informationen über die Organisationsstruktur finden<br />
sich unter folgender Adresse:<br />
http://www.credit-suisse.com/<br />
KEINE VERBREITUNG, AUFFORDERUNG ODER BERATUNG: Diese Publikation dient ausschliesslich<br />
zur Information und Veranschaulichung sowie zur Nutzung durch Sie. Sie ist<br />
weder eine Aufforderung noch ein Angebot oder eine Empfehlung zur Zeichnung oder zum<br />
Erwerb von Wertschriften oder anderen Finanzinstrumenten. Alle Informationen, auch Tatsachen,<br />
Meinungen oder Zitate, sind unter Umständen gekürzt oder zusammengefasst und<br />
beziehen sich auf den Stand am Tag der Erstellung des Dokuments. Bei den in diesem Bericht<br />
enthaltenen Informationen handelt es sich lediglich um allgemeine Marktkommentare und in<br />
keiner Weise um eine regulierte Finanzberatung bzw. Rechts-, Steuer- oder andere regulierte<br />
Finanzdienstleistungen. Den finanziellen Zielen, Verhältnissen und Bedürfnissen einzelner<br />
Personen wird keine Rechnung getragen. Diese müssen indes berücksichtigt werden, bevor<br />
eine Anlageentscheidung getroffen wird. Bevor Sie eine Anlageentscheidung auf der Grundlage<br />
dieses Berichts treffen, sollten Sie sich durch Ihren unabhängigen Anlageberater bezüglich<br />
notwendiger Erläuterungen zum Inhalt dieses Berichts beraten lassen. Dieser Bericht<br />
bringt lediglich die Einschätzungen und Meinungen der CS zum Zeitpunkt der Erstellung des<br />
Dokuments zum Ausdruck und bezieht sich nicht auf das Datum, an dem Sie die Informationen<br />
erhalten oder darauf zugreifen. In diesem Bericht enthaltene Einschätzungen und Ansichten<br />
können sich von den durch andere CS-Departments geäusserten unterscheiden und können<br />
sich jederzeit ohne Ankündigung oder die Verpflichtung zur Aktualisierung andern. Die CS ist<br />
nicht verpflichtet sicherzustellen, dass solche Aktualisierungen zu Ihrer Kenntnis gelangen.<br />
PROGNOSEN & SCHÄTZUNGEN: Vergangene Wertentwicklungen sollten weder als Hinweis<br />
noch als Garantie für zukünftige Ergebnisse aufgefasst werden, noch besteht eine ausdrückliche<br />
oder implizierte Gewährleistung für künftige Wertentwicklungen. Soweit dieser Bericht<br />
Aussagen über künftige Wertentwicklungen enthält, sind diese Aussagen zukunftsgerichtet<br />
und bergen daher diverse Risiken und Ungewissheiten. Ist nichts anderes vermerkt, sind alle<br />
Zahlen ungeprüft. Sämtliche hierin erwähnten Bewertungen unterliegen den CS-Richtlinien<br />
und -Verfahren zur Bewertung. KONFLIKTE: Die CS behält sich das Recht vor, alle in dieser<br />
Publikation unter Umständen enthaltenen Fehler zu korrigieren. Die Credit Suisse, ihre verbundenen<br />
Unternehmen und/oder deren Mitarbeitende halten möglicherweise Positionen oder<br />
Bestände, haben andere materielle Interessen oder tätigen Geschäfte mit hierin erwähnten<br />
Wertschriften oder Optionen auf diese Wertschriften oder tätigen andere damit verbundene<br />
Anlagen und steigern oder verringern diese Anlagen von Zeit zu Zeit. Die CS bietet den<br />
hierin erwähnten Unternehmen oder Emittenten möglicherweise in erheblichem Umfang<br />
Beratungs- oder Anlagedienstleistungen in Bezug auf die in dieser Publikation aufgeführten<br />
Anlagen oder damit verbundene Anlagen oder hat dies in den vergangenen zwölf Monaten<br />
getan. Einige hierin aufgeführte Anlagen werden von einem Unternehmen der CS oder einem<br />
mit der CS verbundenen Unternehmen angeboten oder die CS ist der einzige Market Maker<br />
für diese Anlagen. Die CS ist involviert in zahlreiche Geschäfte, die mit dem genannten<br />
Unternehmen in Zusammenhang stehen. Zu diesen Geschäften gehören unter anderem spezialisierter<br />
Handel, Risikoarbitrage, Market Making und anderer Eigenhandel. BESTEUERUNG:<br />
Diese Publikation enthält keinerlei Anlage-, Rechts-, Bilanz- oder Steuerberatung. Die CS<br />
berät nicht hinsichtlich der steuerlichen Konsequenzen von Anlagen und empfiehlt Anlegern,<br />
einen unabhängigen Steuerberater zu konsultieren. Die Steuersätze und Bemessungsgrundlagen<br />
hängen von persönlichen Umständen ab und können sich jederzeit ändern. QUELLEN:<br />
Die in diesem Bericht enthaltenen Informationen und Meinungen stammen aus oder basieren<br />
auf Quellen, die von CS als zuverlässig erachtet werden; dennoch garantiert die CS weder<br />
deren Richtigkeit noch deren Vollständigkeit. Die CS lehnt jede Haftung für Verluste ab, die<br />
aufgrund der Verwendung dieses Berichts entstehen. WEBSITES: Der Bericht kann Internet-Adressen<br />
oder die entsprechenden Hyperlinks zu Websites beinhalten. Die CS hat die<br />
Inhalte der Websites, auf die Bezug genommen wird, nicht überprüft und übernimmt keine<br />
Verantwortung für deren Inhalte, es sei denn, es handelt sich um eigenes Website-Material<br />
der CS. Die Adressen und Hyperlinks (einschliesslich Adressen und Hyperlinks zu dem eigenen<br />
Website-Material der CS) werden nur als als praktische Hilfe und Information für Sie<br />
veröffentlicht, und die Inhalte der Websites, auf die verwiesen wird, sind keinesfalls Bestandteil<br />
des vorliegenden Berichts. Der Besuch der Websites oder die Nutzung von Links aus<br />
diesem Bericht oder der Website der CS erfolgen auf Ihr eigenes Risiko.<br />
Distribution von Research-Berichten<br />
Sofern hier nicht anders vermerkt, wurde dieser Bericht von der Schweizer Bank Credit Suisse<br />
AG erstellt und publiziert, die der Zulassung und Regulierung durch die Eidgenössische<br />
Finanzmarktaufsicht untersteht. Australien: Dieser Bericht wird von der Credit Suisse AG,<br />
Sydney Branch (CSSB) (ABN 17 061 700 712 AFSL 226896), ausschliesslich an «Wholesale»-Kunden,<br />
definiert nach s761G des Corporations Act 2001, verteilt. CSSB übernimmt<br />
keine Gewähr, noch macht sie Zusicherungen zur Wertentwicklung der in diesem Bericht<br />
erwähnten Finanzprodukte. Bahrain: Dieser Bericht wird von der Credit Suisse AG, Bahrain<br />
Branch, verteilt, die über eine Zulassung der Central Bank of Bahrain (CBB) als Investment<br />
Firm Category 2 verfügt und von dieser reguliert wird. Die Adresse der Credit Suisse AG,<br />
Bahrain Branch, lautet Level 22, East Tower, Bahrain World Trade Centre, Manama, Königreich<br />
Bahrain. Dubai: Diese Informationen werden von der Credit Suisse AG, Dubai Branch, verteilt,<br />
die über eine ordnungsgemässe Lizenz der Dubai Financial Services Authority (DFSA) verfügt<br />
und unter deren Aufsicht steht. Finanzprodukte oder Finanzdienstleistungen in diesem Zusammenhang<br />
richten sich ausschliesslich an professionelle Kunden oder Vertragsparteien<br />
gemäss Definition der DFSA und sind für keinerlei andere Personen bestimmt. Die Adresse<br />
der Credit Suisse AG (DIFC Branch) lautet Level 9 East, The Gate Building, DIFC, Dubai,<br />
Vereinigte Arabische Emirate. Frankreich: Dieser Bericht wird von der Credit Suisse (Luxembourg)<br />
S.A,, Succursale en France verteilt, die von der Autorité de Contrôle Prudentiel et de<br />
Résolution (ACPR) als Anlagedienstleister zugelassen ist. Die Credit Suisse (Luxembourg)<br />
S.A., Succursale en France wird von der Autorité de Contrôle Prudentiel et de Résolution und<br />
der Autorité des Marchés Financiers überwacht und reguliert. Gibraltar: Dieser Bericht wird<br />
von der Credit Suisse (Gibraltar) Limited vertrieben. Die Credit Suisse (Gibraltar) Limited ist<br />
eine unabhängige Gesellschaft, die zu 100% im Besitz der Credit Suisse ist. Sie untersteht<br />
der Regulierung der Gibraltar Financial Services Commission. Guernsey: Dieser Bericht wird<br />
von der Credit Suisse (Channel Islands) Limited verteilt, einem rechtlich unabhängigen<br />
Unternehmen, das in Guernsey unter der Nummer 15197 und unter der Anschrift Helvetia<br />
Court, Les Echelons, South Esplanade, St Peter Port, Guernsey, eingetragen ist. Die Credit<br />
Suisse (Channel Islands) Limited ist zu 100% im Besitz der Credit Suisse AG. Sie wird von<br />
der Guernsey Financial Services Commission überwacht. Der jeweils aktuelle testierte Jahresabschluss<br />
ist auf Anfrage erhältlich. Hongkong: Der vorliegende Bericht wird in Hongkong<br />
von der Credit Suisse AG, Hong Kong Branch, herausgegeben. Die Credit Suisse AG, Hong<br />
Kong Branch, ist als «Authorized Institution» der Aufsicht der Hong Kong Monetary Authority<br />
unterstellt und ist ein eingetragenes Institut nach Massgabe der «Securities and Futures<br />
Ordinance» (Chapter 571 der gesetzlichen Vorschriften Hongkongs). Indien: Der Vertrieb des<br />
vorliegenden Berichts erfolgt durch die Credit Suisse Securities (India) Private Limited («Credit<br />
Suisse India», CIN-Nr. U67120MH1996PTC104392), die vom Securities and Exchange Board<br />
of India (SEBI) unter den SEBI-Registrierungsnummern INB230970637, INF230970637,<br />
INB010970631, INF010970631 und INP000002478 sowie der folgenden Geschäftsadresse:<br />
9th Floor, Ceejay House, Plot F, Shivsagar Estate, Dr. Annie Besant Road, Worli, Mumbai<br />
400 018, Indien, Tel. +91-22 6777 3777, beaufsichtigt wird. Italien: Dieser Bericht wird in<br />
Italien einerseits von der Credit Suisse (Italy) S.p.A., einer gemäss italienischem Recht<br />
gegründeten und registrierten Bank, die der Aufsicht und Kontrolle durch die Banca d’Italia<br />
und CONSOB untersteht, sowie andererseits von der Credit Suisse AG, einer Schweizerischen<br />
Bank mit Lizenz zur Erbringung von Bank- und Finanzdienstleistungen in Italien, verteilt.<br />
Japan: Dieser Bericht wird von Credit Suisse Securities (Japan) Limited, Financial Instruments<br />
Dealer, Director-General of Kanto Local Finance Bureau (Kinsho) No.66, Mitglied der Japan<br />
Securities Dealers Association, Financial Futures Association of Japan, Japan Investment<br />
Advisers Association und Type II Financial Instruments Firms Association, ausschliesslich in<br />
Japan verteilt. Credit Suisse Securities (Japan) Limited wird diesen Bericht nicht ausserhalb<br />
Japans verteilen oder in Länder ausserhalb Japans weiterleiten. Jersey: Der Vertrieb des<br />
vorliegenden Berichts erfolgt durch die (Channel Islands) Limited, Jersey Branch, die von der<br />
Jersey Financial Services Commission hinsichtlich der Durchführung von Anlagegeschäften<br />
beaufsichtigt wird. Die Geschäftsadresse der Credit Suisse (Channel Islands) Limited, Jersey<br />
Branch, in Jersey lautet: TradeWind House, 22 Esplanade, St Helier, Jersey JE4 5WU. Libanon:<br />
Der Vertrieb des vorliegenden Berichts erfolgt durch die Credit Suisse (Lebanon) Finance<br />
SAL (CSLF), ein Finanzinstitut, das durch die Central Bank of Lebanon (CBL) reguliert wird<br />
und unter der Lizenzierungsnummer 42 als Finanzinstitut eingetragen ist. Für die Credit Suisse<br />
(Lebanon) Finance SAL gelten die gesetzlichen und regulatorischen Bestimmungen der CBL<br />
sowie die Gesetze und Entscheidungen der Capital Markets Authority of Lebanon (CMA). Die<br />
CSLF ist eine Tochtergesellschaft der Credit Suisse AG und gehört zur Credit Suisse Group<br />
(CS). Die CMA übernimmt keinerlei Verantwortung für die im vorliegenden Bericht enthaltenen<br />
inhaltlichen Informationen, wie z.B. deren Richtigkeit oder Vollständigkeit. Die Haftung für<br />
den Inhalt dieses Berichts liegt beim Herausgeber, seinen Direktoren oder anderen Personen,<br />
wie z.B. Experten, deren Meinungen mit ihrer Zustimmung Eingang in diesen Bericht gefunden<br />
haben. Darüber hinaus hat die CMA auch nicht beurteilt, ob die hierin erwähnten Anlagen für<br />
einen bestimmten Anleger oder Anlegertyp geeignet sind. Anlagen in Finanzmärkte können<br />
mit einem hohen Ausmass an Komplexität und Risiko einhergehen und sind möglicherweise<br />
nicht für alle Anleger geeignet. Die CSLF prüft die Eignung dieser Anlage auf Basis von<br />
Infor mationen, die der Anleger der CSLF zugestellt hat, und in Übereinstimmung mit den<br />
internen Richtlinien und Prozessen der Credit Suisse. Es gilt als vereinbart, dass sämtliche<br />
Mitteilungen und Dokumentationen der CS und/oder der CSLF in Englisch erfolgen bzw.<br />
abgefasst werden. Indem er einer Anlage in das Produkt zustimmt, bestätigt der Anleger,<br />
dass er gegen die Verwendung der englischen Sprache nichts einzuwenden hat. Luxemburg:<br />
Dieser Bericht wird von der Credit Suisse (Luxembourg) S.A. verteilt. Diese ist eine luxemburgische<br />
Bank, die über eine Zulassung der Commission de Surveillance du Secteur Financier<br />
(CSSF) verfügt und von dieser reguliert wird. Katar: Diese Information wird von der<br />
Credit Suisse (Qatar) L.L.C verteilt, die über eine Bewilligung der Aufsichtsbehörde für den<br />
Finanzplatz Katar (QFCRA) verfügt und von dieser reguliert wird (QFC Nr. 00005). Alle<br />
Finanzprodukte oder Finanzdienstleistungen im Zusammenhang mit diesem Bericht sind nur<br />
für Geschäftskunden oder Vertragspartner (wie in den Regeln und Vorschriften der Aufsichtsbehörde<br />
für den Finanzplatz Katar (QFCRA) definiert) zugänglich. Zu dieser Kategorie gehören<br />
auch Personen mit einem liquiden Vermögen von über USD 1 Mio., die eine Einstufung als<br />
Geschäftskunden wünschen und die über genügend Kenntnisse, Erfahrung und Verständnis<br />
des Finanzwesens verfügen, um sich an solchen Produkten und/oder Dienstleistungen zu<br />
beteiligen. Singapur: Dieser Bericht wurde zur Verteilung in Singapur ausschliesslich an institutionelle<br />
Anleger, zugelassene Anleger und erfahrene Anleger (wie jeweils in den Financial<br />
Advisers Regulations definiert) erstellt und herausgegeben und wird von der Credit Suisse<br />
AG, Singapore Branch, auch an ausländische Anleger (gemäss Definition in den Financial<br />
Advisers Regulations) verteilt. Die Credit Suisse AG, Singapore Branch, ist gemäss den<br />
Bestimmungen der Vorschrift 32C der Financial Advisers Regulations berechtigt, Berichte,<br />
die durch ihre ausländischen oder verbundenen Unternehmen erstellt wurden, zu verteilen.<br />
Für Fragen, die sich aus diesem Bericht ergeben oder die damit in Verbindung stehen,<br />
wenden sich Leser aus Singapur bitte an die Credit Suisse AG, Singapore Branch, unter<br />
+65-6212-2000. In Bezug auf Finanzberatungsdienstleistungen, die Sie von der Credit Suisse<br />
AG, Singapore Branch, erhalten, entbindet Ihr Status als institutioneller Anleger, zugelassener<br />
Anleger, erfahrener Anleger oder ausländischer Anleger die Credit Suisse AG, Singapore<br />
Branch, von der Verpflichtung bestimmte Anforderungen des Financial Advisers Act, Chapter<br />
110 in Singapur (das «FAA»), der Financial Advisers Regulation sowie der entsprechenden<br />
Hinweise und Richtlinien, die hierzu erlassen wurden, zu erfüllen. Spanien: Dieser Bericht<br />
wird in Spanien von der Credit Suisse AG, Sucursal en España, verteilt. Diese ist ein durch<br />
die Banco de España autorisiertes Unternehmen (Registernummer 1460). Thailand: Der<br />
Vertrieb des vorliegenden Berichts erfolgt durch die Credit Suisse Securities (Thailand)<br />
Limited, die von der Securities and Exchange Commission, Thailand, beaufsichtigt wird und<br />
unter der Adresse 990 Abdulrahim Place Building, 27/F, Rama IV Road, Silom, Bangrak,<br />
Bangkok, Tel. 0-2614-6000, eingetragen ist. Vereinigtes Königreich: Dieser Bericht wurde<br />
von der Credit Suisse (UK) Limited und der Credit Suisse Securities (Europe) Limited herausgegeben.<br />
Die Credit Suisse Securities (Europe) Limited und die Credit Suisse (UK) Limited<br />
verfügen beide über eine Zulassung der Prudential Regulation Authority und stehen unter der<br />
Aufsicht der Financial Conduct Authority und Prudential Regulation Authority. Sie sind der<br />
Credit Suisse zugehörige, aber rechtlich unabhängige Gesellschaften. Der Schutz privater<br />
Kunden durch die Financial Conduct Authority und/oder Prudential Regulation Authority gilt<br />
nicht für Investments oder Dienstleistungen, die durch eine Person ausserhalb des Vereinigten<br />
Königreichs angeboten werden. Das Financial Services Compensation Scheme gilt nicht,<br />
wenn der Emittent seine Verpflichtungen nicht erfüllt.Sofern es im Vereinigten Königreich<br />
verteilt wird oder zu Auswirkungen im Vereinigten Königreich führen könnte, stellt dieses<br />
Dokument eine von der Credit Suisse (UK) Limited genehmigte Finanzwerbung dar. Die<br />
Credit Suisse (UK) Limited ist durch die Prudential Regulation Authority zugelassen und wird<br />
hinsichtlich der Durchführung von Anlagegeschäften im Vereinigten Königreich durch die<br />
Financial Conduct Authority und die Prudential Regulation Authority beaufsichtigt. Der eingetragene<br />
Geschäftssitz der Credit Suisse (UK) Limited ist Five Cabot Square, London, E14 4QR.<br />
Bitte beachten Sie, dass die Vorschriften des britischen Financial Services and Markets Act<br />
2000 zum Schutz von Privatanlegern für Sie nicht gelten und dass Sie keinen Anspruch auf<br />
Entschädigungen haben, die Anspruchsberechtigten («Eligible Claimants») im Rahmen des<br />
britischen Financial Services Compensation Scheme möglicherweise zur Verfügung gestellt<br />
werden. Die steuerliche Behandlung hängt von der individuellen Situation des einzelnen Kunden<br />
ab und kann sich künftig ändern.<br />
USA: WEDER DIESER BERICHT NOCH KOPIEN DAVON DÜRFEN IN DIE VEREINIGTEN<br />
STAATEN VERSANDT, DORTHIN MITGENOMMEN ODER AN US-PERSONEN ABGEGEBEN<br />
WERDEN (IM SINNE DER REGULIERUNGSVORSCHRIFTEN GEMÄSS US SECURITIES ACT<br />
VON 1933, IN SEINER GÜLTIGEN FASSUNG).<br />
Das vorliegende Dokument darf ohne schriftliche Genehmigung der Credit Suisse weder<br />
vollständig noch auszugsweise vervielfältigt werden. Copyright © 20<strong>16</strong> Credit Suisse Group<br />
AG und/oder mit ihr verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.<br />
<strong>16</strong>C030A_R
Impressum<br />
Credit Suisse AG, Investment Solutions & Products,<br />
Postfach 300, CH-8070 Zürich<br />
Herausgeber<br />
Giles Keating<br />
Redaktion<br />
Patricia Feubli, Jonathan Horlacher, Ulrich Kaiser, Julie Saussier<br />
Redaktionsschluss<br />
21. April 20<strong>16</strong><br />
Produktionsmanagement<br />
Manuel Moser<br />
Konzept<br />
C3 Creative Code and Content Schweiz AG<br />
Design und Realisierung<br />
C3 Creative Code and Content Schweiz AG<br />
Benno Delvai, Angélique El Morabit, Monika Häfliger,<br />
Samira Moschettini, Ursina Völlm, Nadia Bucher,<br />
Rahel Schwarzentruber (Projektmanagement)<br />
Redaktionsleitung<br />
C3 Creative Code and Content Schweiz AG<br />
Giselle Weiss<br />
Redaktionelle Mitarbeit<br />
C3 Creative Code and Content Schweiz AG<br />
Zoe Arnold, Carola Bächi, Ruth Hafen, Catherine McLean,<br />
Manuel Moser, Robin Scott<br />
Fotografie<br />
George Doyle/Getty Images (Cover), Junaid Rashid/Getty Images<br />
(S. 02/67), Lukas Olfe/blond&bieber (S. 06), Blend Images –<br />
King Lawrence/Getty Images (S. 07), François Guillot/Getty<br />
Images (S. 08-09), Daniel Zuchnik/Getty Images (S. 11), Dejan/<br />
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Yoshikazu Tsuno/Staff/Getty Images (S. <strong>16</strong>), Massimo Listri/<br />
Corbis (S. 18), Apic/Hulton Archive/ullstein bild/Adolph de Meyer/<br />
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(S. 24-25), Bloomberg/Getty Images (S. 26), picture alliance<br />
(S. 51), Alexandra Gavillet (S. 52), View Pictures/Getty Images<br />
(S. 54), contrasto/dukas (S. 56), Boening/Zenit/laif (S. 56),<br />
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(S. 57), Dorling Kindersley/Getty Images (S. 59), Daniel Zuchnik/<br />
Getty Images (S. 60), Vivien Killilea/Getty Images (S. 61),<br />
Amy Winters PR (S. 62), Mutatio Shoes, Design: Francis Bitonti,<br />
Oriana Layendecker (Backcover)<br />
Illustrationen<br />
Jessine Hein (Seiten 03, 29, 32, 39, 43, 47, 50)<br />
Druck<br />
gdz AG, Zürich<br />
Kopien dieser Publikation können Sie bei Ihrem Kundenberater<br />
bestellen; Mitarbeiter kontaktieren hierfür direkt den MyShop.<br />
Die vorliegende Publikation ist auf dem Internet verfügbar:<br />
www.credit-suisse.com/globalinvestor<br />
Intranet-Zugang für Mitarbeiter der Credit Suisse Group:<br />
http://research.csintra.net<br />
Das internationale Research stützt sich auf das globale Netzwerk<br />
der Vertretungen der Credit Suisse.<br />
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Drucksache<br />
No. 01-<strong>16</strong>-585618 – www.myclimate.org<br />
© myclimate – The Climate Protection Partnership
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www.credit-suisse.com/globalinvestor<br />
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