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Living_Life_02_2018_140_dpi

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NO2 / <strong>2018</strong><br />

LIVINGLIFE<br />

&<br />

B A D E N - B A D E N<br />

MAGAZIN DER IMMOBILIEN R EGIONAL AG · PRODUKTION: K O PPELSTÄTTER MEDIA GMBH<br />

ARCHITEKTUR · MENSCHEN · KUNST


Lounge Chair & Ottoman Design: Charles & Ray Eames, 1956<br />

www.vitra.com/loungechair<br />

Möbel · Leuchten · Accessoires · Design · Ausstellung auf 4 Etagen · Showroom im Kurgarten · Kaiserallee 1<br />

Merkurstr. 1, 76530 Baden-Baden, Telefon +49 (0) 72 21 / 28 12 00, info@candela-baden-baden.de, www.candela-baden-baden.de


EDITORIAL<br />

LIEBE LESERINNEN,<br />

LIEBE LESER,<br />

Sie halten die neue Ausgabe des Baden-Badener Magazins „<strong>Living</strong> & <strong>Life</strong>“ in den<br />

Händen. Ich muss offen sagen, wir sind alle von den vielen positiven Reaktionen der<br />

ersten Ausgabe überrascht. Baden-Baden lebt von seinem Gesamtambiente, eingebunden<br />

in das grüne Tal der Oos. Es sind die einzigartige Architektur, die Kunst, die<br />

Baukultur und die kreativen Menschen, die diesen Fleck Erde so liebens- und lebenswert<br />

machen. Wir versuchen, gemeinsam mit einem erfahrenen Journalistenteam,<br />

diesem Zauber auf den Grund zu gehen. Internationale Architektur in Baden-Baden<br />

spielt ebenso eine Rolle, wie die Bewerbung Baden-Badens zum UNESCO-Weltkulturerbe<br />

oder die Kunst im Museum Frieder Burda und das Festspielhaus. Aber auch<br />

die erfolgreichen Lichtdesigner Markus Wörgau und Wolfgang Langner sowie der<br />

einzigartige Lampenanzünder vor dem Kurhaus kommen zu Wort.<br />

Wald und Holz spielen eine große Rolle in diesem Heft, wir werfen einen Blick auf die<br />

unglaubliche Faszination des Schwarzwaldes und auch des Baden-Badener Stadtwaldes<br />

– mit der größten kommunalen Waldfläche in Süddeutschland. Wir haben den Landesforstpräsidenten<br />

Max Reger zum Gespräch getroffen und einem der erfolgreichsten<br />

Naturfotografen, Klaus Echle („Der mit dem Fuchs tanzt“), über die Schulter geschaut.<br />

„<strong>Living</strong> & <strong>Life</strong>“ ist ein rein journalistisch geprägtes Magazin. Unsere Reporter sprachen<br />

mit dem weltberühmten britischen Maler, Grafiker und Bühnenbildner David Hockney<br />

und mit der japanischen Künstlerin Masayo Odahashi. Wir beleuchten außerdem die<br />

einzigartige Kindermusikwelt Toccarion im Festspielhaus Baden-Baden. Und es gibt<br />

noch ein Kuriosum: Der britische Komiker „Mr. Bean“ war in Baden-Baden. Er ist ein<br />

ausgesprochener Liebhaber moderner Architektur und liebt das Wechselspiel zwischen<br />

Natur und Wohnen. Der frühere Mannschaftsarzt der Fußball-Nationalmannschaft,<br />

Professor Heinrich Liesen, lebt in Baden-Baden und berichtet über seine Sichtweise auf<br />

diese Stadt. Ein Highlight ist auch die Begegnung mit dem aus Baden-Baden Steinbach<br />

stammenden Innenarchitekten Gunter Fleitz: Seine Entwürfe und Ideen prägen Gebäude<br />

in aller Welt, in allen Erdteilen – und auch mitten in Baden-Baden.<br />

Viel Freude bei der Lektüre!<br />

Ihr<br />

MARTIN ERNST<br />

Immobilien Regional AG<br />

Vorstand<br />

LIVING & LIFE 3


RUBR IK<br />

58<br />

12<br />

INHALT<br />

6<br />

SCHEIBEN-<br />

SCHLÖSSCHEN<br />

Ein Juwel im Herzen<br />

Baden-Badens<br />

26<br />

BR AHMSHAUS<br />

Das Glück vergangener<br />

Stunden<br />

12<br />

18<br />

FÜRSTENBAHNHOF<br />

Kindermusikwelt Toccarion<br />

WELTKULTURERBE<br />

Zukunft Baden-Badens<br />

30<br />

32<br />

T IPPS<br />

SEHNSUCHTSORTE<br />

Gespräch mit dem Architekten<br />

Gunter Fleitz<br />

24<br />

A M ERIKANISCHER<br />

T R AUM<br />

Museum Frieder Burda:<br />

America! America!<br />

38<br />

42<br />

L ICHT IST LEBEN<br />

Candela-Leuchten<br />

LAMPENANZÜNDER<br />

Es ist, als ob er einen neuen<br />

Stern erschafft<br />

6 78<br />

4 LIVING & LIFE


RUBR IK<br />

46<br />

32<br />

46<br />

HARALD WOH L FAH RT<br />

Star-Koch unter Klassikstars<br />

64<br />

DER MIT DEM<br />

F UCHS TANZT<br />

Naturfotograf Klaus Echle<br />

IMPRESSUM<br />

HERAUSGEBER<br />

Martin Ernst, Vorstand<br />

Immobilien Regional AG<br />

48<br />

52<br />

58<br />

GESPRÄCH<br />

mit dem Sportmediziner<br />

Professor Heinrich Liesen<br />

ER NST & ER NST<br />

Interview mit Martin Ernst und<br />

Theresa-Luisa Ernst<br />

BEGEGN UNG<br />

David Hockney<br />

72<br />

78<br />

80<br />

82<br />

ÖKOLOGISCH E<br />

V IELFALT<br />

Gespräch mit Baden-<br />

Württembergs Forstpräsidenten<br />

Max Reger<br />

M ASAYO ODA H ASH I<br />

Es gibt immer ein Morgen<br />

„ M R . BEAN“ I N<br />

BADEN-BA DEN<br />

IM GESPRÄCH<br />

Zahnmediziner<br />

Dr. Sven-Marcus Beschnidt<br />

und Zwei-Sterne-Koch<br />

Paul Stradner<br />

R EDA KTIO N U ND<br />

P RO D U KTIO N<br />

Koppelstätter Media GmbH<br />

Friedrichstraße 2, 76530 Baden-Baden<br />

hok@koppelstaetter-media.de<br />

www.koppelstaetter-media.de<br />

Horst Koppelstätter (V.i.S.d.P.),<br />

Ariane Lindemann, Stefan Tolksdorf<br />

Gestaltung: Sabine Ostholt<br />

Koordination: Judith Kirschner-Forcher,<br />

Hanna Faust und Kristina Lott<br />

TITELFO T O<br />

Blick vom Florentinerberg auf die<br />

Stiftskirche Baden-Baden<br />

Foto: Monika Zeindler-Efler<br />

ANZEIGEN<br />

Judith Kirschner-Forcher<br />

kirschner-forcher@koppelstaetter-media.de<br />

Telefon: 07221-9737215<br />

F O T O S<br />

Koppelstätter Media GmbH, Immobilien Regional<br />

AG, Privat, Monika Zeindler-Efler, Michael Bode,<br />

TASCHEN GmbH / Mark Seelen, Museum<br />

Frieder Burda Baden-Baden, Galerie B, Deutsche<br />

UNESCO-Kommission / Sarah Larissa Heuser,<br />

Oetker Collection, Shutterstock, Zooey Braun,<br />

Sander & Bastian, Bundesministerium der<br />

Finanzen / Thomas Koehler, Ippolito Fleitz Group,<br />

iStockphoto, Ronny Schönebaum, Baden-Baden<br />

Kur & Tourismus GmbH, picture alliance /<br />

Photoshot, Matthias Vriens-McGrath, Klaus Echle<br />

86<br />

3 F R AGE N AN<br />

Nora Waggershauser<br />

D RU CK<br />

www.kraft-premium.de<br />

© 2017<br />

Alle Rechte für Idee, Gestaltung,<br />

Texte, Fotos bei Koppelstätter Media GmbH.<br />

Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit<br />

Genehmigung der Redaktion.<br />

64<br />

LIVING & LIFE<br />

5


RUBR IK<br />

SCHEIBENSCHLÖSSCHEN<br />

EIN JUW E L IM HER Z E N BA D E N-BA D E N S<br />

6<br />

LIVING & LIFE


PALAIS HAB ER<br />

VON HORST KOPPELSTÄTTER<br />

er Blick aus dem Fenster fällt auf ein heute eher<br />

D unscheinbares Areal. Doch hier bewohnte einst<br />

die badische Großherzogin Stephanie ihr wunderschönes<br />

Gartenpalais inmitten eines großen englischen Parks. Das<br />

war in den Jahren nach 1811, als die (vermutliche) Mutter<br />

des sagenumwobenen Kaspar Hauser regelmäßig in ihrer<br />

herrlichen Sommerresidenz wohnte. Stephanie liebte Baden-Baden.<br />

Heute steht an dieser Stelle die Baden-Badener<br />

Realschule. Die Stephanienstraße ist immer noch nach der<br />

kaiserlichen Prinzessin Stéphanie Louise Adrienne de Beauharnais<br />

– auch Stéphanie Napoléon – benannt, die ja<br />

Adoptivtochter von Napoléon Bonaparte war.<br />

Wir befinden uns genau gegenüber in der Stephanienstraße<br />

7, im so genannten Scheibenschlösschen. Es handelt sich<br />

um eines der ganz wenigen in Süddeutschland noch vollkommen<br />

erhaltenen Stadtpalais nach französischem Vorbild.<br />

Ein Juwel mitten in Baden-Baden in einer Umgebung,<br />

die von einzigartigen biedermeierlichen Häusern geprägt<br />

ist. Dieser Teil Baden-Badens gilt unter Experten als ausgesprochen<br />

wichtig auf dem Weg der Stadt, Weltkulturerbe<br />

der UNESCO zu werden.<br />

Wir sind mit dem Eigentümer des Schlösschens, Alexander<br />

Antonow, verabredet, der mit seiner charmanten Frau die<br />

Gäste in der Beletage empfängt. Wann haben Sie dieses<br />

Haus eigentlich gekauft? Antonow: „Nein, nein, ich habe<br />

es nicht gekauft. Ich habe das Gebäude von meinen Eltern<br />

im Jahr 1993 geerbt. Meine Familie lebt seit Generationen<br />

in Frankfurt. Wir sind bis hin zu meinem Großvater<br />

Bauingenieure und Baumeister. Das ist unsere Passion. Ich<br />

liebe historische Gebäude und plane gerne Großprojekte<br />

mit moderner Technik“, schmunzelt Antonow, dessen leiblicher<br />

Vater ein Russe war.<br />

Und dann kommt er ins Schwärmen: „Wo gibt es noch so<br />

ein komplett erhaltenes Gebäude in Süddeutschland? Das<br />

Anwesen ist ein vollständiges Ensemble mit Wohnbau,<br />

Hofdurchfahrt mit Pförtnerwohnung, Innenhof und Remise<br />

mit Bedienstetenwohnung darüber sowie hochgelegenem<br />

Garten mit Zugang zum ersten Obergeschoss.“<br />

LIVING & LIFE 7


RUBR IK<br />

Es ist ein Palais wie aus einer anderen Zeit. Antonow und<br />

seine Frau begannen in den 90er Jahren, das historische<br />

Ensemble mit viel Geschick und Sachverstand umfassend<br />

zu sanieren. Stück für Stück, Zentimeter um Zentimeter<br />

wurde alles nach Originalvorbild erneuert. „Es hat ein<br />

Vermögen gekostet“, entfährt es Antonow kurz und dann<br />

fügt er hinzu: „ ... , aber es hat sich gelohnt.“ Heute sind alle<br />

Wohnungen vermietet, lediglich ein Stockwerk bewohnt<br />

Alexander Antonow mit seiner Familie selbst.<br />

Welch hohen Rang das Gebäude hat, beschreibt auch Clemens<br />

Kieser vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg<br />

in einem Gutachten über das Scheibenschlösschen, auch<br />

„Palais Haber“ genannt: „Das Anwesen zeichnet sich neben<br />

seiner hohen baulichen Qualität durch seinen außergewöhnlich vollständigen<br />

und guten Erhaltungszustand aus. Dies gilt insbesondere<br />

für die hochwertige und denkmalgerecht restaurierte Innenausstattung.<br />

Fast alle Holzteile besitzen noch ihre Originalsubstanz und<br />

mussten nur selten materialgerecht nachgebildet werden. Dies gilt<br />

für die Fenster der Wohnungen und des Treppenhauses, die Türen<br />

und die Torfahrt, die Stuckdecken und die Fußbodenbeläge. So zeigt<br />

die Tordurchfahrt noch den ursprünglichen Belag mit großen Sandsteinplatten<br />

und das repräsentative Außentor mit reich dekorierten<br />

Gittern aus Gusseisen.<br />

Bemerkenswert ist, dass der Funktionszusammenhang des herrschaftlichen<br />

Stadtpalais noch sehr gut ablesbar ist: In der Torfahrt<br />

befindet sich noch das Fenster zur Pförtnerloge, dahinter die<br />

Pförtnerwohnung. In der Durchfahrt konnten die aus der Kutsche<br />

steigenden Besucher trockenen Fußes das Treppenhaus durch einen<br />

Gang mit Kreuzgewölbe erreichen. Die Kutschen und Pferde fuhren<br />

zum Wenden beziehungsweise Ausspannen in den Hof. Am heute<br />

zu Wohnraum umgenutzten Seitengebäude befanden sich Remise<br />

und Stallungen, die an den Gewänden des Untergeschosses noch<br />

ablesbar sind. Darüber befand sich die Kutscherwohnung. Neben<br />

der Haupttreppe im Wohnhaus kann in der heutigen Waschküche<br />

8<br />

LIVING & LIFE


RUBR IK<br />

BELETAGE<br />

noch der Verlauf einer Nebentreppe nachvollzogen werden, die den<br />

Dienstboten vorbehalten war.<br />

Die heute aufgeteilten herrschaftlichen Wohngeschosse zeigen im<br />

ersten Obergeschoss unter anderem originale Bodenfliesen, Parkette,<br />

Lamperien, aufwändige plastische Stuckgestaltungen und mehrere<br />

stattliche historische Kachelöfen. Auch im zweiten, ebenfalls aufgeteilten<br />

Obergeschoss findet sich eine ähnliche Ausstattungsfülle mit<br />

zwei weiteren bauzeitlichen Öfen. Besonders bemerkenswert ist hier<br />

der historische Ziererker mit farbigen Glasfenstern. Weiterhin zeigen<br />

sich in den herrschaftlichen Wohnungen neben den Fensterläden<br />

noch die historischen Fensterbeschläge und -verschlüsse.“<br />

Eine Expertise des Landesdenkmalamtes, die nicht besser<br />

ausfallen könnte und die für sich spricht. Eigentlich müsste<br />

also alles eitel Sonnenschein sein, perfekter und schöner<br />

kann man sich ein Leben in Baden-Baden kaum vorstellen.<br />

Doch der ausgewiesene Architekturexperte Antonow sieht<br />

manch dunkle Wolke am Himmel aufziehen: Es ist nicht<br />

der Blick auf die Realschule gegenüber, der ihn stört, die<br />

Schule ist längt Bestandteil des Stadtbildes, doch der Blick<br />

aus dem Fenster auf der anderen Seite fällt auf den tristen<br />

Beton des Parkplatzes der lokalen Zeitung Badisches Tagblatt.<br />

Hier stand einst die Jüdische Synagoge Baden-Badens,<br />

die von den Nazis zerstört wurde. Antonow mutmaßt,<br />

dass nach dem Neubau des Zeitungsverlages im Industriegebiet<br />

dieses innerstädtische Filetstück früher oder später<br />

verkauft und einmal mit teuren Wohnblocks bebaut wird.<br />

Noch schlimmer trifft ihn die aktuelle Planung des direkt<br />

angrenzenden Vincenti-Areals. Das dortige Altenheim ist<br />

in die Cité gezogen und nun sollen hier Luxuswohnungen<br />

mit einer nach Antonows Dafürhalten „hässlichen“ Architektur<br />

entstehen. Antonow: „Das wird diesem wunderschönen<br />

historischen Areal überhaupt nicht gerecht. Hier wird<br />

viel zerstört.“ Hören wollte seine Einwände bislang kaum<br />

einer.<br />

LIVING & LIFE 9


RUBR IK<br />

PALAIS HABER<br />

GESCHICHTE DES SCHEIBENSCHLÖSSCHENS<br />

Der Werkmeister Ludwig Britsch erwarb 1853 das Grundstück<br />

und errichtete hier bis 1855 nach eigenen Planungen<br />

ein herrschaftliches Gebäude mit Seitenflügel, Hof und<br />

Garten. Das Gebäude verkaufte Britsch dann bereits 1855<br />

für 40.000 Gulden an den bedeutenden Karlsruher Bankier<br />

Moritz Salomon von Haber (1798-1874), der es für seinen<br />

Sohn Heinrich erwarb. Heinrich von Haber (geboren 1824)<br />

diente als österreichischer Offizier in der nahen Bundesfestung<br />

Rastatt und behielt das Gebäude bis zu seiner Übersiedlung<br />

nach Paris im Jahre 1880. Sein Vater, Moritz Salomon<br />

von Haber, hatte als Karlsruher Großfinanzier und<br />

Berater des großherzoglichen Paares in den frühen 1840er<br />

Jahren im Mittelpunkt der von Ehrenhändeln und öffentlichem<br />

Aufruhr begleiteten „Haber-Affäre“ gestanden.<br />

Seit 1880 war das Haus im Besitz des Arztes Dr. Emil<br />

Knecht, der 1899 Stallungen und Remise zur Wohnnutzung<br />

umbauen ließ. Nach dem 1920 erfolgten Erwerb führten die<br />

renommierten Architekten Scherzinger und Härke als neue<br />

Eigentümer 1926 neben kleineren Grundrissveränderungen<br />

einen Ausbau des Dachgeschosses durch. Auch wurde 1935<br />

nach eigenem Entwurf eine Haustüre eingesetzt, zumal der<br />

Zugang vorher nur über die Torfahrt möglich gewesen war.<br />

Bei dem Anwesen handelt es sich um ein besonders gutes<br />

und gut erhaltenes Beispiel des privatwirtschaftlichen, gehobenen<br />

Wohnungsbaus in der Blütezeit der europäischen<br />

Kurstadt Baden-Baden.<br />

Der zu Wohlstand gekommene Werkmeister Ludwig Britsch<br />

(gestorben 1856) schuf hier auf einem topographisch ungünstigen<br />

Eckgrundstück in Hanglage mit großem Geschick<br />

ein repräsentatives Stadtpalais. Beispielhaft führte Britsch<br />

vor, welches die ästhetischen und lebensweltlichen Bedürfnisse<br />

der europaweit in das Modebad zuziehenden aristokratischen<br />

und großbürgerlichen Oberschicht waren.<br />

Ludwig Britsch, der den Titel „Werkmeister” führte, entwickelte<br />

sich in den 1830er und 1840er Jahren zum erfolgreichsten<br />

lokalen Baumeister in Baden-Baden. Formal von<br />

der Karlsruher Bauschule – unter dem allmächtigen Heinrich<br />

Hübsch – beeinflusst, führte er in der Kurstadt eine<br />

Reihe von Um- und Neubauten durch, die in den Stadtgeschichtlichen<br />

Sammlungen Baden-Baden dokumentiert sind,<br />

darunter sogar einige Hotelbauten. Von der Hand des Ludwig<br />

Britsch stammen weiterhin sein eigenes Wohnhaus in<br />

der Stephanienstraße 14 (1835), das Fürstenbergische Palais<br />

(Stephanienstraße 15, 1833/34), das Haus Stephanienstr. 16<br />

(1832-35) und die Villa von Bose (Stephanienstr. 13, 1853).<br />

10<br />

LIVING & LIFE


P ALAIS<br />

H A B ER<br />

Weiterhin schuf Britsch das Wohnhaus des Gemeinderats<br />

Ehinger in der Lichtentalerstraße 26 (1840, abgebrannt<br />

1935). In ihrer Dissertation zum Villenbau in Baden-<br />

Baden hebt Leni Niemann die Vorliebe des Entwerfers für<br />

bauplastische Zierelemente hervor, die auch an der Fassade<br />

des hier behandelten Hauses sichtbar sind. Weiterhin<br />

bemerkte die Autorin die bemerkenswerte zeichnerische<br />

Qualität der Planvorlagen sowie die Fähigkeit von Ludwig<br />

Britsch, vorgegebene Grundrisstypen für seine anspruchsvollen<br />

Wohnbauten repräsentativ zu interpretieren.<br />

Die Karriere des Ludwig Britsch, er war zunächst Maurermeister,<br />

dann erfolgreicher Architekt und Bauunternehmer,<br />

ist auffallend. Er erwarb Baugrundstücke, schuf vornehme<br />

Wohnbauten auf eigene Rechnung, die er dann gewinnbringend<br />

veräußerte. Sein Erfolg steht damit beispielhaft für die<br />

sozialen Umbrüche des 19. Jahrhunderts, die solche wirtschaftlichen<br />

und sozialen Aufstiege vom Handwerker zum<br />

nicht akademisch gebildeten Baumeister ermöglichten. Seinen<br />

Erfolg verdankte Ludwig Britsch dabei auch dem beispielhaften<br />

Aufstieg der Stadt Baden-Baden zum mondänen<br />

Modebad und den damit einhergehenden Renditen.<br />

Die dreigeschossige Straßenfassade des Hauses Stephanienstraße<br />

7 zeigt eine gut gelungene Umsetzung eines<br />

Stadtpalais des Historismus, das in seinem Stilempfinden<br />

als romantisierende Neorenaissance mit biedermeierlichem<br />

Einschlag charakterisiert werden kann. Das Untergeschoss<br />

der Fassade bildet eine schwere Rustizierung, darüber wird<br />

ein freieres, handwerklich ausgezeichnet umgesetztes Spiel<br />

mit architektonischen Zierformen entwickelt. Die Geländeunterschiede<br />

des Terrains sind durch ein rustiziertes Kellergeschoss<br />

mit Toreinfahrt, die ursprünglich den einzigen<br />

Zugang bildete (zusätzliche Tür 1920), ausgeglichen. Die<br />

Fassaden sind im Gegensatz zu den schlichteren Rückfassaden<br />

reich geschmückt: Rundbogenfenster werden zu den<br />

beiden Mittelrisaliten zusammengefasst und von Säulen in<br />

der Mitte getragen. Hier finden sich, von einem Sohlbankgesims<br />

geteilt, unter einem umlaufenen Kranzgesims Pilaster,<br />

Verdachungen, Brüstungsornamente, Voluten, Bänder,<br />

Rosetten, Balkone auf Konsolen mit verzierten Brüstungen<br />

und ein romantischer Eckerker. Insgesamt gelang dem Architekten<br />

Britsch eine opulente, aber würdevolle, künstlerisch<br />

stimmige Inszenierung eines repräsentativen, städtebaulich<br />

wirksamen Eckgebäudes.<br />

AUSZUG AUS „BEGRÜNDUNG DER DENKMALEIGENSCHAFT“ VON<br />

DR. CLEMENS KIESER, LANDESDENKMALAMT BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

LIVING & LIFE 11


RUBR B LAU IK IN DER K UNST<br />

2013 wurde das Toccarion im Alten Fürstenbahnhof eröffnet. Der Bau im italienischen Renaissancestil wurde dafür aufwendig restauriert.<br />

ALTER<br />

FÜRSTENBAHNHOF<br />

IST HEUTE SPIELPLATZ<br />

FÜR MUSIK<br />

12<br />

LIVING & LIFE


TOCCARION<br />

VON A RIANE L INDEMANN<br />

m Westflügel des alten Bahnhofs in Baden-Baden gingen<br />

früher Staatsoberhäupter und weltweit bekannte<br />

I<br />

Künstler ein und aus: Großherzog Friedrich I. von Baden<br />

empfing in dem repräsentativen Gebäude hochrangige<br />

Gäste, die mit dem Zug in die Kurstadt reisten. Vom<br />

Gleis aus ging es überdacht in die edlen Räumlichkeiten<br />

des so genannten Fürstenbahnhofes – eine architektonische<br />

Besonderheit, die man sonst nur in Residenzstädten und<br />

wenigen Kurorten antraf. Der Hofzug des Kaisers hielt<br />

damals exakt so am Baden-Badener Bahnsteig, dass sich<br />

die Flügeltüren zum „Fürstenzimmer“ öffnen konnten, aus<br />

denen der Großherzog seinen VIP-Gästen entgegentrat.<br />

Seit der Stilllegung des Baden-Badener Bahnhofs 1977<br />

wurden die Räumlichkeiten unter anderem mehrere Jahre<br />

als „Automatenspiel“ des Casinos Baden-Baden genutzt,<br />

erstrahlten aber nie wieder in ihrem alten Glanz. Der alte<br />

Bahnhof, der seit 1998 als Vestibül in das Festspielhaus an<br />

Stelle der Gleise einbezogen ist, hat viele prominente Gäste<br />

gesehen, die bis 1918 mit schnaubenden Dampfloks vor<br />

dem Prachtbau quietschend zum Stehen kamen.<br />

Der Bahnhof wurde zwar stillgelegt, das Quietschen aber<br />

ist nicht verhallt. Im Gegenteil. Wer heute vor dem eklektizistischen<br />

Gebäude im italienischen Renaissancestil steht,<br />

kann es ganz laut hören. Es kommt aus dem Inneren des<br />

prächtigen Westflügels: Hier probieren sich Kinder an der<br />

Posaune – das klingt manchmal schräg, macht aber großen<br />

Spaß. Sie pusten in die Tuba, toben und tanzen, springen<br />

auf einem begehbaren Piano, zaubern auf verschiedenen<br />

Instrumenten tolle Klänge und Rhythmen hervor – dirigieren<br />

sogar selbst Mozart und Bach.<br />

DIE EINZIGARTIGE KIND E RMUSIK W E L T<br />

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LIVING & LIFE 13


RUBR IK<br />

14<br />

LIVING & LIFE


TOCCARION<br />

TOCCATA · TOCCARE<br />

TOC CARION<br />

Der ehemalige Fürstenbahnhof ist mittlerweile täglich<br />

von Musik erfüllt: Die einzigartige Kindermusikwelt<br />

„Toccarion“ der Sigmund-Kiener-Stiftung im Festspielhaus<br />

Baden-Baden führt junge Menschen zwischen fünf<br />

und zwölf Jahren spielerisch an die faszinierende Welt<br />

der Musik heran.<br />

Auf einer Fläche von 600 Quadratmetern können die Kids<br />

hier nach Lust und Laune aktiv werden, ausprobieren,<br />

selbst komponieren, Töne erzeugen, eine Klarinette auseinander<br />

nehmen oder eine echte Geige streicheln. Spaß an<br />

der Musik, am Erzeugen von Klangwelten, am Lauschen<br />

und Staunen stehen dabei im Vordergrund. Der Name<br />

Toccarion ist eine neue Wortkreation, in der zwei Begriffe<br />

aus der Musik anklingen: „toccata“ (ein frei gespieltes Musikstück)<br />

und „toccare“ (italienisch für berühren, betasten,<br />

anfühlen).<br />

„Es ist ein „Glücksfall“, dass der Originalzustand des Gebäudes<br />

dank des Engagements der Sigmund-Kiener-Stiftung<br />

an vielen Stellen wieder hergestellt werden konnte“, so<br />

der für Baden-Baden zuständige Gebietstreferent des Landesdenkmalamtes,<br />

Dr. Martin Wenz. „Unter den erhaltenen<br />

Bahnhofsbauten der zweiten Generation (um 1890) ist<br />

dies bestimmt der wichtigste in Baden-Württemberg“, so<br />

Wenz zum seit 2013 vollständig restaurierten Gebäude.<br />

Als es an die Planungen für das Toccarion ging, entschied<br />

Stifter Sigmund Kiener, keine Kosten und Mühen zu<br />

scheuen, diese Räume der Öffentlichkeit und vor allem<br />

kommenden Generationen von Musikliebhabern zurückzugeben.<br />

In enger Zusammenarbeit mit dem Landesamt<br />

für Denkmalpflege führten mehrere Restauratoren die aufwendigen<br />

Maßnahmen in den Prunkräumen und an den<br />

Fassaden des früheren Fürstenbahnhofs durch.<br />

Der Fürstenbau hatte den Krieg gut überstanden, entkam<br />

in den Siebziger Jahren nur knapp der Abrissbirne<br />

und gilt heute als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung<br />

gem. § 12 des Denkmalschutzgesetzes Baden-Württemberg.<br />

Der Bau wies starke Verschmutzungen auf, der<br />

Sandstein der Fassade war durch den Dampflok-Ruß zum<br />

Teil stark beschädigt. Da der Großherzog und viele seiner<br />

Gäste starke Zigarrenraucher waren, musste im Hauptempfangsraum<br />

ein dicker Nikotinfilm mit aufwendiger<br />

Ablösetechnik beseitigt werden. Die schmuckvollen Tapeten<br />

wurden aufgearbeitet und angepasst. Deckenmalereien<br />

und Wände konnten ausgebessert werden, die mit einer<br />

zeittypischen Bierlasur überzogenen Holztäfelungen wurden<br />

behutsam instandgesetzt – auch die Fenster, die alle<br />

noch aus der Bauzeit stammen. „Dabei sollte eine gewisse<br />

Patina ganz bewusst erhalten werden“, so Konservator<br />

Wenz.<br />

LIVING & LIFE 15


RUBR B LAU IK IN DER K UNST<br />

„Es ist unglaublich wichtig, etwas für Kinder zu tun”, findet auch Udo Lindenberg, hier mit Stefan Kiener (rechts),<br />

der die Kindermusikwelt gemeinsam mit seiner Frau Nicole leitet.<br />

Heute führt ein Team aus 14 Musiklotsen täglich Gruppen<br />

von Kindergärten, Schulklassen und Musikvereinen oder<br />

Einzelbesucher durch den liebevoll restaurierten Bau. Das<br />

Konzept ist einzigartig. Der Stifter Sigmund Kiener hat<br />

die Kinderwelt ins Leben gerufen und mit 4,5 Millionen<br />

finanziert. Ein erheblicher Teil des Geldes wurde für die<br />

Restaurierung der historischen Räume eingesetzt. Zur<br />

Eröffnung im Mai 2013 kam Sopranistin Anna Netrebko<br />

und war nicht nur als gefeierter Star der Opernwelt begeistert,<br />

sondern auch als Mutter sofort angetan von den<br />

Möglichkeiten, die Kinder hier haben. Viele große Musiker<br />

unterstützen das Projekt und zeigen den jungen Menschen,<br />

was ihnen persönlich am meisten Freude bereitet,<br />

sind hautnah dabei und machen selbst mit. Die deutsche<br />

Band Glasperlenspiel hat das Toccarion ebenso besucht<br />

wie der russische Geiger Maxim Vengerov oder Stars des<br />

SWR-New-Pop-Festivals.<br />

An den Wochenenden werden neben Führungen für verschiedene<br />

Altersstufen auch Familienführungen für Erwachsene<br />

und Kinder gemeinsam angeboten. Das Interesse<br />

ist groß: Seit Bestehen hat das Toccarion mehr als<br />

42.000 Besucher zu verzeichnen.<br />

Virtuelle Spiele und physikalische Experimente zur Akustik<br />

sind im „Dschungel der Klänge” zu entdecken. Das<br />

„Abenteuer Musik” führt durch mehrere Räume. Selbst<br />

ihren Bewegungsdrang können Kinder hier austoben.<br />

„Lass' es krachen!“ heißt beispielsweise ein Workshop, bei<br />

dem die jungen Menschen ordentlich auf Schlaginstrumente<br />

trommeln, stampfen oder in einer Bodypercussion<br />

ihren angestauten Frust loswerden. Wer will, kann munter<br />

auf einem riesigen Walking-Piano hüpfen und es so zum<br />

Leben erwecken. Über Kopfhörer, Mikro und Zerrspiegel<br />

werden Stimme und Körper verfremdet, was immer wieder<br />

Lachsalven hervorruft. Die jungen Musiker dürfen sogar<br />

ein virtuelles Orchester dirigieren. Kein Wunder, dass<br />

die Benotung der Besucher spitzenmäßig ausfällt: Zwischen<br />

1,0 und 1,4 lag die Bewertung der bisherigen Nutzer.<br />

Wer einmal da war, geht begeistert und beschwingt nach<br />

Hause, mit Musik in den Ohren, einem Lied auf den Lippen<br />

und Tönen im Herzen.<br />

TOCCARION<br />

im Festspielhaus Baden-Baden<br />

Eintritt: Kinder drei Euro, Gruppen 60 Euro,<br />

Erwachsene fünf Euro<br />

Barrierefrei<br />

Kindergeburtstage möglich<br />

Toccarion ist nur innerhalb einer<br />

Führung, eines Workshops oder einer<br />

Veranstaltung zu besuchen.<br />

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16<br />

LIVING & LIFE


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weckesser Assekuranz ist seit knapp 20 Jahren der zielgruppenorientierte<br />

Full-Service Versicherungsmakler. Wir betreuen und beraten überwiegend<br />

Unternehmen aus den Bereichen IT, ITK, Immobilien und Wohnbau,<br />

Hotellerie, Hausverwaltungen, Metall- und Maschinenbau sowie Consultants,<br />

Rechtsanwälte und Ärzte. Zudem bieten wir exklusiven Privatkunden<br />

einen vollumfänglichen Spezial-Service für Ferienimmobilien im Inund<br />

Ausland, Luxusgüter, Kunstsammlungen, Special-Cars, Yachten bis<br />

hin zum Privatjet. Auch im Schadenfall für Sie ein gutes Gefühl!<br />

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Telefon +49 (0) 7221 500 1212 | service@weckesser.ag | www.weckesser.ag


RUBR IK<br />

WELTKULTURERBE<br />

BADEN-BADEN?<br />

18 LIVING & LIFE


WELTK ULTURERB E<br />

VON S TEF AN T OLK SDORF<br />

FOTOS: M ONIK A ZEINDLER-EFLER<br />

ls 1978 die UNESCO ihre<br />

A Weltkulturerbe-Liste eröffnete,<br />

stand ein deutsches Bauwerk ganz<br />

oben: der Dom zu Aachen. Ein Jahr<br />

vor der Cheops-Pyramide war er als<br />

Kulturdenkmal von „universeller<br />

Bedeutung“ eingestuft worden. Inzwischen<br />

stehen 1.073 Bau- und Naturdenkmäler<br />

in 167 Ländern auf der<br />

berühmten Welterbe-Liste, davon 42<br />

in Deutschland, sechs befinden sich<br />

allein in Baden-Württemberg. Sie<br />

alle erfüllen nach Einschätzung des<br />

Welterbe-Komitees die Kriterien<br />

„Einzigartigkeit, Authentizität und<br />

Integrität (Unversehrtheit)“. Entgegen<br />

der landläufigen Meinung erhalten<br />

im Falle der Anerkennung nur<br />

die bedürftigsten Staaten finanzielle<br />

Zuwendungen aus den UNESCO-<br />

Fonds. Jeder einzelne Mitgliedsstaat<br />

verpflichtet sich indes zum besonderen<br />

Schutz und zur zeitgemäßen Präsentation<br />

seines zum Weltkulturerbe<br />

erklärten Kulturguts.<br />

Seit einem knappen Jahrzehnt stellt<br />

sich auch in Baden-Baden die Frage,<br />

ob nicht die Stadt an der Oos berechtigten<br />

Anspruch auf das begehrte<br />

Prädikat hat. Steht doch die Bedeutung<br />

der Stadt als international in<br />

Kunst und Literatur gefeierter Kurort,<br />

als einstige „Sommerhauptstadt<br />

Europas“, außer Frage.<br />

W I E IST D E R S T AND D E R BEWERB U NG?<br />

LIVING & LIFE<br />

19


RUBR B ADEN-B IK ADEN<br />

Baden-Baden zeigt noch immer das<br />

kulturhistorisch interessante und<br />

baulich geschlossene Gesamtbild einer<br />

der begehrtesten Bäderstädte des<br />

19. Jahrhunderts. Die Idee einer Bewerbung<br />

ging insbesondere auf das<br />

Symposion „Kulturerbe als Grundlage<br />

von Morgen“ zurück, das der<br />

Freundeskreis Lichtentaler Allee e. V.<br />

am 18. Oktober 2006 im Palais Biron<br />

veranstaltete. Da das für die Denkmalpflege<br />

zuständige Ministerium<br />

für Wirtschaft und Finanzen von<br />

einer Einzelbewerbung abriet, formierten<br />

sich als Ergebnis einer internationalen<br />

Fachtagung im Jahr 2010<br />

zunächst 16, später elf europäische<br />

Kurstädte unter dem Namen „Great<br />

Spas of Europe“ zu einem seriellen,<br />

transnationalen Auftragsprojekt. Es<br />

handelt sich um die Kurorte Baden-<br />

Baden, Bad Ems, Bad Kissingen, Spa,<br />

Vichy, Bath, Montecatini in der Toscana,<br />

Baden bei Wien sowie die tschechischen<br />

Traditionsbäder Karlsbad,<br />

Marienbad und Franzensbad. Der<br />

tschechische Staat wird Ende Januar<br />

<strong>2018</strong> diesen Gemeinschaftsantrag bei<br />

der UNESCO in Paris einreichen.<br />

WELCHE NÄHEREN KRI-<br />

TERIEN BEFÖRDERN NUN<br />

DIE CHANCEN DER KUR-<br />

STADT AN DER OOS?<br />

„Der Reigen prominenter Kurgäste<br />

in Baden-Baden wird dabei keinen<br />

Ausschlag geben“, weiß Volkmar Eidloth<br />

vom Landesamt für Denkmalpflege,<br />

der für das UNESCO-Welterbe<br />

in Baden-Württemberg zuständig<br />

ist: „Was zählt, ist das unversehrte<br />

Ensemble einer kulturhistorisch einflussreichen<br />

Kurstadt.“ Der Antrag<br />

konzentriert sich allein auf den innerstädtischen<br />

Bereich. Das Festspielhaus<br />

und die Ruine Hohenbaden bleiben<br />

außen vor.<br />

Bei den sechs Welterbestätten in<br />

Baden-Württemberg handelt es<br />

sich um das Zisterzienserkloster<br />

Maulbronn (1993), die Klosterinsel<br />

Reichenau (2000), den obergermanisch-raetischen<br />

Limes (2005), die<br />

prähistorischen Pfahlbauten um die<br />

Alpen (2011), die beiden Le Corbusier-Häuser<br />

in der Stuttgarter Weissenhofsiedlung<br />

(2016) und seit 2017<br />

die Höhlen und Eiszeitfundorte im<br />

Schwäbischen Jura.<br />

Mit dem „Weltkulturerbe“ ist die<br />

Stadt an der Oos übrigens schon länger<br />

verbunden. Im ehemaligen Südwestfunkstudio<br />

wurde vom damaligen<br />

Kulturchef Gustav Adolf Bär die Idee<br />

zu einer Fernsehserie geboren, die seit<br />

1995 erfolgreich über die Sender geht<br />

– zunächst auf 3sat, dann von zahlreichen<br />

deutschen Rundfunkanstalten,<br />

20 LIVING & LIFE


WELTK ULTURERB E<br />

schließlich international: „Schätze<br />

der Welt – Erbe der Menschheit“. Für<br />

die Produktion der beliebten Dokumentarfilme<br />

ist heute ausschließlich<br />

der SWR zuständig. Ein Bonus mit<br />

Langzeitwirkung! Wie aber kam es<br />

überhaupt zur Idee des Weltkulturerbe-Schutzes?<br />

Der Begriff „Kulturerbe<br />

– patrimoine culturel“ – wurde im<br />

späten 18. Jahrhundert von dem lothringischen<br />

Bischof Henri Grégoire geprägt,<br />

der sich während der Französischen<br />

Revolution erfolgreich für die<br />

Abschaffung der Sklaverei einsetzte.<br />

In der Konvention zum Schutz von<br />

Kulturgut bei bewaffneten Konflikten<br />

von 1954 (Haager Konvention)<br />

wird erstmals im deutschsprachigen<br />

Kontext von schützenswertem „kulturellen<br />

Erbe“ gesprochen. Konkreter<br />

Anlass für die Forderung der<br />

UNESCO, eine Liste schätzenswerter<br />

Bauten und Naturdenkmale von<br />

singulärer Bedeutung zu erstellen,<br />

war die Zerstörung altägyptischer<br />

und nubischer Kulturdenkmäler<br />

beim Bau des Assuan-Staudamms in<br />

den frühen 60er Jahren.<br />

LIVING & LIFE<br />

21


RUBR IK<br />

Der Aufruf der UNESCO hatte damals<br />

unter anderem die Rettung der<br />

herausragenden Tempel von Abu Simbel<br />

und Philae zur Folge. Zwölf Jahre<br />

später einigten sich 190 UN-Mitgliedsstaaten<br />

auf die bis heute verbindliche<br />

Welterbekonvention, 1978 eröffnete<br />

die Liste. Seither befindet das 21-köpfige<br />

„World Heritage Commitee“ über<br />

die Vorschläge der Mitgliedsstaaten.<br />

Für die Anerkennung als Weltkulturerbe<br />

sind von der UNESCO vor allem<br />

sechs Kriterien von Bedeutung:<br />

1<br />

Die Güter stellen ein Meisterwerk<br />

der menschlichen Schöpferkraft<br />

dar.<br />

2<br />

Die Güter zeigen, für einen<br />

Zeitraum oder in einem Kulturgebiet<br />

der Erde, einen bedeutenden<br />

Schnittpunkt menschlicher Werte<br />

in Bezug auf die Entwicklung von<br />

Architektur oder Technologie, der<br />

Großplastik, des Städtebaus oder der<br />

Landschaftsgestaltung auf.<br />

3<br />

Die Güter stellen ein einzigartiges<br />

oder zumindest außergewöhnliches<br />

Zeugnis von einer kulturellen<br />

Tradition oder einer bestehenden<br />

oder untergegangenen Kultur dar.<br />

4<br />

Die Güter stellen ein hervorragendes<br />

Beispiel eines Typus<br />

von Gebäuden, architektonischen<br />

oder technologischen Ensembles oder<br />

Landschaften dar, die einen oder<br />

mehrere bedeutsame Abschnitte der<br />

Geschichte der Menschheit versinnbildlichen.<br />

5<br />

Die Güter stellen ein hervorragendes<br />

Beispiel einer überlieferten<br />

menschlichen Siedlungsform,<br />

Boden- oder Meeresnutzung dar, das<br />

für eine oder mehrere bestimmte Kulturen<br />

typisch ist. Oder sie zeigen die<br />

Wechselwirkung zwischen Mensch<br />

und Umwelt, insbesondere, wenn diese<br />

unter dem Druck unaufhaltsamen<br />

Wandels vom Untergang bedroht<br />

wird.<br />

6<br />

Die Güter sind in unmittelbarer<br />

oder erkennbarer Weise mit Ereignissen<br />

oder überlieferten Lebensformen,<br />

mit Ideen oder Glaubensbekenntnissen<br />

oder mit künstlerischen<br />

oder literarischen Werken von außergewöhnlicher<br />

universeller Bedeutung<br />

verknüpft.<br />

Die „Great Spas of Europe“ werden<br />

sich lediglich zu den Kriterien 2,3,4<br />

und 6 bewerben. Diese Kriterien werden<br />

entsprechend dem Antragsgegenstand<br />

ausgewählt.<br />

Dass die Stadt Baden-Baden zahlreiche<br />

der genannten Kriterien erfüllt,<br />

ist augenscheinlich. Dem künftigen<br />

Welterbe-Status dürfte also an sich<br />

nichts mehr im Wege stehen.<br />

Ob er den Tourismus in Stadt und<br />

Umgebung zusätzlich ankurbelt, ist<br />

abzuwarten. Hierzulande nimmt<br />

man´s gelassen. Wie auch immer man<br />

sich in Paris entscheidet: Baden-Baden<br />

bleibt unverwechselbar!<br />

22 LIVING & LIFE


STIMMEN<br />

ZUKUNFT<br />

W E LTK U LTURERB E<br />

F RANK M A RRENB A CH<br />

Vorstandschef der „Oetker Collection“ und<br />

Chef von Brenners Park-Hotel<br />

„Die Bewerbung als Weltkulturerbe<br />

Baden-Badens ist eine wichtige Zukunftsinitiative.<br />

Es geht darum, im<br />

Bewusstsein des universalen Wertes<br />

der Stadt, den vor uns liegenden Weg<br />

nachhaltig und werteschaffend zu gestalten.<br />

Das ist eine Aufgabe, die Stadt<br />

und Bürger in den unterschiedlichen<br />

Rollen gemeinsam vorantreiben können.<br />

Wie herausragend Modernität<br />

und Historie in Einklang gebracht<br />

werden können, zeigt beispielsweise<br />

das Museum Frieder Burda.“<br />

W OLFGANG N IED ERMEYER<br />

Vorsitzender des Vereins Stadtbild Baden-<br />

Baden e.V.<br />

„Einen Welterbe-Status kann man<br />

nicht erzwingen. Man ist es mit der<br />

vorhandenen Substanz oder man ist<br />

es nicht. „Outstanding universal value”,<br />

also „Bedeutung für die gesamte<br />

Menschheit”. Wichtig am Welterbegedanken<br />

finde ich die Selbstverpflichtung.<br />

Als Architekt denke ich an<br />

die Kollegenschelte des Wiener Architekturlehrers<br />

Georg Franck: „Man<br />

haut der Umgebung eins in die Fresse<br />

und demonstriert, dass man sich auf<br />

ein Spiel mit der Tradition erst gar<br />

nicht einlassen will.“ Liebe Bauherren<br />

und Architekten, legt Euch als Selbstverpflichtung<br />

eine qualitätvolle und<br />

behutsame Auseinandersetzung mit<br />

dem überkommenen Welterbestadtbild<br />

Baden-Badens auf!“<br />

LIVING & LIFE<br />

23


M USEUM FRIEDER BURDA<br />

AMERIKANISCHER TRAUM<br />

M U SEUM F R IED E R BURD A ZEIGT: „A M ERICA! A M E R I C A ! “<br />

ythen, Projektionen, Sehnsüchte:<br />

In Zeiten von „Fake M<br />

News“ und „Alternative Facts“ wird<br />

deutlich, wie sehr der amerikanische<br />

Traum mit emotional aufgeladenen<br />

Bildern und Symbolen verwoben ist.<br />

Zugleich ist sich wohl kaum eine andere<br />

Nation der Wirkungskraft von<br />

Bildern so bewusst. Die Images des<br />

„American Way of <strong>Life</strong>“, die in den<br />

Medien und der Unterhaltungsindustrie<br />

produziert werden, können bestehende<br />

Machtverhältnisse und Vorstellungen<br />

von Wirklichkeit zementieren,<br />

aber auch radikal in Frage stellen.<br />

Mit rund 70 Meisterwerken der US-<br />

Gegenwartskunst, wie Andy Warhols<br />

„Race Riot“ (1964), Jeff Koons lebensgroßer<br />

Skulptur „Bear and Policeman“<br />

(1988) oder Jenny Holzers Leuchtschriftinstallation<br />

„Truisms“ (1994)<br />

zeigt „America! America! How real is<br />

real?“, wie Künstler seit den 60er-Jahren<br />

bis heute die amerikanische Realität<br />

kommentieren. Mit Werken aus der<br />

Sammlung Frieder Burda und zahlreichen<br />

hochkarätigen Leihgaben lädt<br />

die Schau zu einer Exkursion durch<br />

die visuelle Kultur Amerikas ein.<br />

AMERICA! AMERICA!<br />

How real is real?<br />

9. Dezember 2017 – 27. Mai <strong>2018</strong><br />

Öffnungszeiten:<br />

Dienstag bis Sonntag 10-18 Uhr<br />

an allen Feiertagen geöffnet<br />

WWW.MUSEUM-FRIEDER-BURDA.DE<br />

Schon die Stars der Pop-Art, wie<br />

Andy Warhol, Roy Lichtenstein oder<br />

James Rosenquist, transformieren die<br />

Oberflächen der Konsumkultur in<br />

eine Kunst, die von ungeheurer Verführung<br />

und kühler Distanz spricht.<br />

Indem sie die Methoden der kommerziellen<br />

Bildproduktion übernehmen,<br />

verabschieden sie sich von den traditionellen<br />

Vorstellungen von Authentizität.<br />

Das Gefühl von Entfremdung<br />

verkörpern auch die Werke der großen<br />

US-Maler der 80er-Jahre.<br />

Die psychologisch aufgeladenen Leinwände<br />

von Eric Fischl, die hermetischen<br />

Szenen von Alex Katz, die<br />

riesigen Grafitzeichnungen von Robert<br />

Longo sezieren die Träume und<br />

Ängste einer verunsicherten weißen<br />

Mittelschicht. Zur selben Zeit erobern<br />

Künstler wie Jeff Wall oder Cindy<br />

Sherman die Szene, die unsere medial<br />

geprägte Wahrnehmung kritisch<br />

reflektieren. Sie werden zu Vorbildern<br />

für nachfolgende Generationen. Mit<br />

den Strategien der Konzeptkunst,<br />

Performance und Fotografie schaffen<br />

sie Bildwelten, in denen die Grenzen<br />

zwischen Wirklichkeit und Inszenierung<br />

zerfließen: How real is real?<br />

Kurator Helmut Friedel über die Ausstellung:<br />

„Die amerikanische Kunst<br />

trat in den 1960er Jahren mit einer<br />

geradezu jugendlichen Frische auf,<br />

die vieles vom überkommenen europäischen<br />

Erbe hinter sich ließ. Mit der<br />

Pop-Art wandten sich Andy Warhol,<br />

Roy Lichtenstein, James Rosenquist,<br />

aber auch Richard Artschwager und<br />

der aus Schweden nach New York<br />

übersiedelte Claes Oldenburg einer<br />

ganz neuen Darstellungsform zu, bei<br />

der das Banale, Alltägliche, bislang<br />

Bildfremde hervorgehoben wurde.<br />

How real is real? – dieser Frage nach<br />

dem Abbild der Wirklichkeit in der<br />

amerikanischen Kunst von der Pop-<br />

Art bis heute stellt sich unsere Ausstellung.<br />

Eine Frage, die zu stellen aktuell<br />

umso dringlicher sein könnte, als sich<br />

die amerikanische Realpolitik zumindest<br />

verbal von festen Fakten zu entfernen<br />

scheint.“<br />

Henning Schaper, seit<br />

Mai 2017 Direktor des<br />

Museum Frieder Burda<br />

in Baden-Baden:<br />

„Wir freuen uns, dass<br />

wir mit dieser Ausstellung<br />

einen Gedankenaustausch<br />

zu den aktuellen Themen „Umgang<br />

mit der Wahrheit“ und „Respekt vor<br />

der Wahrheit“ im individuellen, aber<br />

auch im globalen Kontext motivieren<br />

können.“<br />

William N. Copley, Imaginary Flag for U.S.A., 1972 (c) VG Bild-Kunst, 2017<br />

24 LIVING & LIFE


Alex Katz, Scott and John, 1966 (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2017


RUBR IK<br />

DAS GLÜCK<br />

VERGANGENER STUNDEN<br />

VON S TEF AN T OLK SDORF<br />

ann man einem Komponisten in seiner Wohnung<br />

K nahe kommen? Die entscheidende Begegnung erfolgt<br />

fraglos über das Werk: Beethoven und Mozart sind in<br />

ihren Kompositionen allemal präsenter als in ihren Geburtshäusern<br />

in Salzburg und Bonn oder in ihren häufig gewechselten<br />

Wiener Wohnungen. Auch wer nicht an den genius<br />

loci glaubt, löst aber dennoch gern die Eintrittskarte, umso<br />

mehr, wenn das Haus über „Ambiente“ verfügt.<br />

Von den Wohnstätten des großen Komponisten Johannes<br />

Brahms (1833-1897) hat nur eine die Zeit überstanden: das<br />

„hübsche Haus auf dem Hügel“ in Baden-Baden Lichtental.<br />

Kein Wohnhaus, nur ein behagliches Sommerdomizil,<br />

atmosphärisch dicht und unbedingt sehenswert. Von 1865<br />

bis 1874 quartierte sich der in Wien wohnhafte Hamburger<br />

immer wieder in den zwei oberen Giebelzimmern der Advokaten-Witwe<br />

Clara Becker ein: „Manche glückliche Stunde<br />

habe ich da verlebt und manche hübsche Noten geschrieben,<br />

traurig und lustig. Was auf das Glück der Stunden keinen<br />

Einfluss hat“, schreibt Brahms in einem Brief an seinen<br />

Freund, den Karlsruher Hofkapellmeister Otto Dessoff: Das<br />

„Glück der Stunden“ verdankte sich nicht nur der gesuchten<br />

Ruhe und naturnahen Lage des Hauses, glücklich machte<br />

den Komponisten wohl vor allem die räumliche Nähe zu der<br />

von ihm hoch verehrten (und lange geliebten) Clara Schumann.<br />

26 LIVING & LIFE


BRAH MSH AUS<br />

Die Witwe seines großen Freundes und Förderers Robert<br />

Schumann hatte von Madame Becker 1862 ein schmuckes<br />

Häuschen an der Lichtentaler Allee erworben (heute<br />

Hauptstraße 8), in dem sie auf drei Flügeln musizierte und<br />

sich zahlreiche, teils illustre, Gäste die Klinke in die Hand<br />

gaben: ihre Busenfreundin Pauline Viardot-García und deren<br />

Dauerverehrer Iwan Turgenjew, Johann Strauss (Sohn),<br />

der Geiger Joseph Joachim, der Chef der Kapelle des Karlsruher<br />

Hoftheaters und nachmalige Wagner-Freund Hermann<br />

Levi und viele andere. Brahms war Clara Schumann<br />

in einer innigen, aber zeitweise komplizierten Freundschaft<br />

verbunden. Ihre Karriere als Pianistin zog sie seinem Heiratsantrag<br />

vor. Allein ihr verdankt Johannes Brahms, der<br />

zeitweise auch in einigen Hotels der Kurstadt logierte, seine<br />

Liebe zu Baden-Baden – und seine bescheidene Sommerwohnung:<br />

„Ich kam, sah und nahm gleich das erste beste<br />

Logis. Und wirklich ist es so sehr das beste, dass du deine<br />

Freude haben wirst. Auf einer Anhöhe liegt´s und ich übersehe<br />

alle Berge und Wege von Lichtenthal nach Baden ...“<br />

Auch Claras Haus steht noch. Heute ist es eine Klinik, im<br />

Vergleich mit früheren Abbildungen aber kaum mehr wiederzuerkennen.<br />

Anders das Brahms-Domizil. Zwar liegt es<br />

heute oberhalb einer belebten Hauptstraße – für die Maximilianstraße<br />

wurde 1910 ein Teil des Felsenhügels gesprengt –,<br />

mit seinem steilen Dach und der Schindelfassade bewahrt<br />

es aber noch immer das pittoreske Erscheinungsbild des 19.<br />

Jahrhunderts. Die Fundamente sollen noch aus dem 18.<br />

Jahrhundert stammen, als die Zisterzienserinnen des nahen<br />

Klosters Lichtenthal das damalige Dörfchen Beuern besaßen.<br />

1854 erwarb es die Witwe eines Erfurther Advokaten,<br />

Clara Becker, zwei weitere Besitzerwechsel folgten. Dass dieses<br />

schon seit längerem als Brahms-Haus bekannte Anwesen<br />

am Hang nicht wie geplant dem Abrissbagger zum Opfer<br />

fiel, ist der Verdienst der eigens zu diesem Zweck gegründeten<br />

Brahmsgesellschaft Baden-Baden e. V., die den stark renovierungsbedürftigen<br />

Fachwerkbau 1967 käuflich erwarb<br />

– für 80.000 DM! Zahlreiche Spender (darunter die Firma<br />

Reemtsma) und der Erlös aus Benefizkonzerten ermöglichten<br />

die Instandsetzung. Im vergangenen Jahr nun feierte die<br />

Gesellschaft ihr 40-jähriges Bestehen. Unter Mithilfe des<br />

damaligen Bürgermeisters Fritz Wurz und der unvergessenen<br />

Baden-Badener Archivarin Margot Fuß machte man<br />

sich sogleich daran, in den drei oberen Giebelzimmern ein<br />

kleines, aber feines Museum einzurichten, 1968 wurde es eröffnet.<br />

Exponate für die Dauerausstellung „Brahms – Leben<br />

und Werke in Bildern und Dokumenten“ stellte das Brahmsarchiv<br />

der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg zur<br />

Verfügung. Unzählige Gäste und über 600 Stipendiaten hat<br />

das Haus am Hügel seither beherbergt.<br />

LIVING & LIFE<br />

27


BRAH MSH AUS<br />

Es kamen die Dirigenten Wilhelm Kempf, Karl Richter und<br />

Daniel Barenboim, die Sängerin Elisabeth Schwarzkopf, die<br />

Cellistin Jaqueline du Pré, der Starbariton Dietrich Fischer-<br />

Dieskau und viele andere. „Nagelt die Tür zu, ich muss<br />

Brahms tanken“, soll Kurt Masur bei seinem Besuch gesagt<br />

haben. So weiß Imo Quero-Lehmann, die langjährige Kuratorin<br />

und Seele des Hauses, zu berichten. Das Interesse, auch<br />

der Interpreten, scheint jedoch rapide abzunehmen. Bis zu 20<br />

Besucher täglich führt die Bewohnerin des Hauses im Sommer<br />

mit gleichbleibendem Enthusiasmus durch die liebevoll<br />

gestalteten Räume am Ende der<br />

steilen Treppe, von der Wilhelm<br />

Kempf meinte, man müsse sie<br />

eigentlich auf Knien hinaufsteigen.<br />

Im Winter wird es dann<br />

sehr ruhig im Haus, die Stimmung<br />

aber nimmt zu. Strahlt<br />

doch die Mansarde das aus,<br />

was ihr berühmtester Bewohner<br />

immer sehr zu schätzen wusste:<br />

„Behaglichkeit“.<br />

Einige seiner berühmtesten Kompositionen hat Brahms hier<br />

vollendet, darunter eine erste in Karlsruhe uraufgeführte<br />

Symphonie und die zweite, genannt „Die Lichtenthaler“, die<br />

er erstmals im Kurhaus zu Gehör brachte, und auch das nach<br />

dem Tod der Mutter komponierte „Deutsche Requiem“. Anderes<br />

komponierte Brahms komplett in Baden-Baden, wie die<br />

Liebesliederwalzer Opus 52 und das beliebte Horntrio Opus<br />

40, das er von einem Spaziergang auf den Schafberg mitgebracht<br />

haben soll. Überdies war er ein eifriger Besucher des<br />

Baden-Badener Konzertlebens, im Kurpark lauschte er gern<br />

den Walzern des um zwei Jahre älteren Wiener Kollegen Johann<br />

Strauss (Sohn). Aus den Fenstern von Brahms' Mansarde<br />

blickt man auf den Turm der nahen Bonifatius-Kirche, in<br />

der Clara Schumanns Tochter Julie den italienischen Grafen<br />

Vittorio Radicati di Marmorito heiratete. Brahms, der die<br />

hübsche Braut wohl gern selbst „heimgeführt“ hätte, fungierte<br />

als Trauzeuge. In seiner bewegenden Altrhapsodie, die er den<br />

Jungvermählten schenkte, soll er seiner Trauer Ausdruck verliehen<br />

haben. Eine von unzähligen Episoden aus dem Fundus<br />

von Imo Quero-Lehmann, die in der ehemaligen Küche der<br />

Dachwohnung echte Brahms-Preziosen zeigt: Die Totenmaske<br />

des Komponisten und einen Abguss von Claras Hand neben<br />

originalen Lied-Partituren.<br />

Dazu ein Ring mit einer Locke<br />

von Robert Schumanns Freund<br />

und Förderer Felix Mendelssohn<br />

Bartholdy – ein Geschenk der<br />

Familie. Ein Prachtstück des<br />

Museums ist zweifellos die komplette<br />

Litho-Mappe des Leipziger<br />

Künstlers Max Klinger,<br />

der Brahms Liebesliederwalzer<br />

(reichlich pathetisch) illustrierte.<br />

Zwar hat Johannes Brahms keines<br />

der Möbel gekannt, nur der<br />

Ofen und das wiederhergestellte<br />

Wandmuster – eine hartnäckige<br />

Brahms-Verehrerin hatte ein<br />

Stück Tapete mitgehen lassen –<br />

sind „original“. Doch fühlt man<br />

sich wohl in seinem zeitgemäß<br />

möblierten „blauen Salon“ –<br />

und Brahms sofort nahe: Bilder<br />

und Fotografien schmücken die<br />

Wände und Schrankvitrine,<br />

und es fällt nicht schwer, sich den<br />

nur 1,60 Meter großen Mann, der seine wachsende Korpulenz<br />

schließlich mit einem – von Clara missbilligten – Rauschebart<br />

kaschierte, auf der Chaiselongue oder am Pianino<br />

sitzend, vorzustellen, die obligate Zigarre schmauchend, den<br />

Kopf voller Noten. Nur der Bart kam später.<br />

" I C H KAM, SAH UND NAHM GLEICH<br />

DAS ERSTE BESTE L O GIS. U N D<br />

WIRKLICH IST ES SO SEHR DAS BESTE,<br />

DASS DU DEINE FREUDE HABEN WIRST.<br />

AU F EINER A N HÖHE LIEGT´S UND ICH<br />

ÜBERSEHE ALLE B E RGE UND W EG E VO N<br />

L I CHTENTHAL NACH B A DEN ..."<br />

Johannes Brahms in einem Brief an<br />

Hermann Levi, Lichtenthal, 7. Mai 1865<br />

Ein Gesellschaftsmensch war Johannes<br />

Brahms sicher nicht. „Es<br />

tut mir leid, wenn ich versäumt<br />

habe, einen ihrer Gäste zu beleidigen“<br />

– mit diesen Worten soll<br />

er sich nach dem Besuch eines<br />

Salons von der Dame des Hauses<br />

verabschiedet haben. Ein Hang<br />

zum Eigenbrötlertum, übergroße<br />

Empfindlichkeit und eine Liebe<br />

zum schwarzen Humor sind<br />

dem introvertierten Komponisten<br />

gewiss nicht abzusprechen,<br />

im Umgang mit Freunden erwies er sich aber immer wieder<br />

als warmherziger Gemütsmensch, stets bereit, jungen Musikern<br />

und Komponisten fördernd zur Seite zu stehen.<br />

Im Andenken an diese Hilfsbereitschaft beschloss die Brahmsgesellschaft,<br />

neben der kleinen Kustodenwohnung im Untergeschoss<br />

auch ein voll möbliertes Studio für Musiker und<br />

Brahmsforscher einzurichten. Den eigenen Stipendiaten wird<br />

die mit einer umfangreichen Brahms-Bibliothek, einer Notenund<br />

Tonträgersammlung sowie mit einem Flügel ausgestattete<br />

Wohnung für einen Arbeitsaufenthalt von drei Monaten<br />

zur Verfügung gestellt. Und wie finanziert sich das Haus? Aus<br />

Spenden, Eintrittsgeldern und den Überschüssen aus den<br />

Baden-Badener Brahms-Tagen, einer viertägigen Konzertreihe,<br />

welche die Brahms-Gesellschaft alle zwei Jahre im Festspielhaus,<br />

im Kurhaus und im Brenners Park-Hotel abhält.<br />

Hier kommt man dem genialen Komponisten noch einmal<br />

ungleich näher: „In meinen Tönen spreche ich!”<br />

28 LIVING & LIFE


AUFUNSKÖNNEN SIEBAUEN SEITÜBER85JAHREN<br />

•BAUSANIERUNG<br />

•HOCHBAU<br />

•TIEFBAU<br />

SchnepfBauunternehmungGmbH &Co.KG<br />

Pflostweg6•76532BadenBaden<br />

Tel.:+497221504653 -<br />

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TIPPS<br />

RAUCHMELDER<br />

KÖNNEN LEBEN<br />

RETTEN …<br />

WIE VIEL WÄRME<br />

BRAUCHT DER MENSCH?<br />

Die optimale Temperatur eines Wohnraums liegt<br />

laut Bundesumweltamt bei 20 Grad Celsius. Im<br />

Schlafzimmer darf es mit rund 16 Grad auch etwas<br />

kühler sein. Wer seine Wohnung überhitzt, zahlt<br />

kräftig drauf. Dabei spart man mit jedem Grad weniger<br />

rund sechs Prozent Energie und viel Geld. Je<br />

nach Heizungsart, Quadratmetern und Gebäudetyp<br />

reicht die Ersparnis für einen kleinen Wochenendtrip.<br />

Unser Tipp: Wer sich erst ab 24 Grad in<br />

seinen vier Wänden richtig wohlfühlt, ein warmer<br />

Pullover oder Kuscheldecke schaffen Abhilfe. Die<br />

nächste Heizkostenabrechnung kommt bestimmt.<br />

… allerdings nur, wenn sie richtig angebracht<br />

sind. Experten empfehlen, die<br />

Rauchmelder in jedem Raum in der<br />

Raummitte, mindestens aber auf jeder<br />

Etage, mit einem Mindestabstand von<br />

50 Zentimetern zu Wänden und Möbeln<br />

zu befestigen. Sie sind in der Regel auf<br />

Räume von 60<br />

Quadratmetern<br />

ausgelegt. Besonders<br />

ratsam ist<br />

die Anbringung<br />

in zentralen Räumen<br />

wie Fluren.<br />

Für Küchen und<br />

Badezimmer gibt<br />

es Spezialmelder,<br />

die normalen Wasserdampf von Rauch<br />

unterscheiden können. Seit Januar 2017<br />

sind Rauchmelder in allen Wohnungen<br />

Pflicht.<br />

WWW.RAUCHMELDER-LEBENSRETTER.DE<br />

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STAATLICHE FÖRDERUNG<br />

FÜR DENKMALPFLEGE<br />

Wer eine denkmalgeschützte Immobilie sanieren will, muss eine<br />

Reihe rechtlicher Vorgaben beachten. Diese reichen von der<br />

denkmalrechtlichen Genehmigung über Vorgaben zur Wärmedämmung<br />

bis hin zur energieeffizienten Klima-Sanierung. Für<br />

die Klima-Sanierung beispielsweise können Hauseigentümer<br />

Finanzierungs- und Fördergelder der staatlichen KfW-Bank in<br />

Anspruch nehmen. Die Förderbank vergibt zinsgünstige Kredite<br />

für Komplettsanierungen und für Einzelmaßnahmen wie eine<br />

Dach- oder Fassadendämmung. Vorausgesetzt, die Energieeffizienz<br />

wird deutlich verbessert – je besser die Energieeffizienz,<br />

desto mehr Förderung ist also drin.<br />

30 LIVING & LIFE


TIPPS<br />

Parkplatz Hausflur<br />

Schuhe, Sprudelkasten oder Kinderroller – der Vermieter legt fest, was<br />

im Hausflur alles stehen darf. Wichtigstes Kriterium ist das Freihalten<br />

von Rettungswegen, damit im Notfall Blumenkübel oder ähnliches nicht<br />

den Weg versperren. Kinderwagen, Rollstuhl und Gehhilfen dürfen laut<br />

Bundesgerichtshof dann an geeigneter Stelle abgestellt werden, wenn<br />

sie den Fluchtweg nicht behindern (Az.: V ZR 46/06). Garderoben und<br />

Schuhschränke sind in der Regel nicht erlaubt (Az.: 15 Wx 198/08).<br />

Ebenso dürfen Fahrräder nicht in den Hausflur, wie das Amtsgericht<br />

Hannover entschieden hat (Az.: 71 II 547/05). Auch gilt: Mitbewohner<br />

sollten generell nicht beeinträchtigt werden, wie zum Beispiel durch<br />

kurzfristig vor der Haustür abgestellte Mülltüten.<br />

LEGIONELLEN-PRÜFUNG STEHT AN<br />

FÜR VOGELHÄUS-<br />

CHEN AUF DEM<br />

BALKON GIBT ES<br />

REGELN<br />

Im Winter freuen sich Spatzen,<br />

Meisen und Amseln über eine<br />

Futterstelle. Wer in einer Mietwohnung<br />

wohnt und die Piepmätze<br />

unterstützen möchte, sollte ein<br />

paar Regeln beachten. Vogelhäuschen<br />

dürfen ohne Zustimmung des<br />

Vermieters nicht an der Fassade<br />

verankert werden – außer an einer<br />

bestehenden Verankerung für<br />

eine Wäscheleine. Sie sollten so<br />

aufgestellt sein, dass kein Vogelkot<br />

auf andere Balkone fällt. Sollte es<br />

dennoch zu größeren Verschmutzungen<br />

kommen, kann der Vermieter<br />

das Aufstellen der Futterstelle<br />

verbieten. Tauben und Möwen<br />

füttern ist grundsätzlich verboten.<br />

Legionellen können in geringen Konzentrationen über das<br />

Grundwasser in Trinkwasseranlagen gelangen und schwere<br />

gesundheitliche<br />

Folgen haben.<br />

Gebäudeeigentümer<br />

sind daher<br />

verpflichtet,<br />

alle drei Jahre<br />

in Häusern, in<br />

denen die Zentralheizung<br />

auch<br />

das Trinkwasser<br />

erwärmt, eine Legionellen-Prüfung<br />

durchzuführen.<br />

Von der Prüfpflicht befreit sind Ein- und Zweifamilienhäuser.<br />

Mieter können vorbeugen, indem sie regelmäßig drei<br />

Minuten heißes Wasser laufen lassen und den Raum verlassen,<br />

um das Einatmen des Wasserdampfes zu verhindern.<br />

WWW.UMWELTBUNDESAMT.DE<br />

LIVING & LIFE 31


GUNTER FLEITZ<br />

SEHNSUCHTSORTE<br />

G E SPRÄCH MIT D E M AUS BAD E N-BAD E N STAMMEND E N A R CHITEK T E N<br />

G U NTER F L EITZ ÜB E R D I E F A SZINATION UND KRAFTQUELLE BAD E N-BAD E N S ,<br />

Ü B E R A R CHITEK T UR IN UNTERSCHIED L ICHEN KULTUREN UND Ü B E R W O HL-<br />

FÜHLRÄUME FÜR M I TARB E ITER IN U N TERNEHMEN / P L ANUNG UND G E STAL-<br />

TUNG D E R BÜRORÄUME D E R I M MOB I LIEN R E GIONAL AG IN BAD E N-BAD E N<br />

VON HORST KOPPELSTÄTTER<br />

Showroom, Drubba Moments, Titisee-Neustadt<br />

Was sind Sehnsuchtsorte für Sie?<br />

Fleitz: Das ist sehr subjektiv und hängt von persönlichen<br />

Vorlieben ab. Erinnerungen an Orte<br />

werden oft auch von Erlebnissen und anderen<br />

Menschen geprägt. Wir versuchen das natürlich<br />

in unserem beruflichen Alltag einfließen zu<br />

lassen. Wir haben gerade in Frankfurt in einem<br />

sehr modernen Hochhaus eine Unternehmensberatung<br />

gestaltet und da gibt es Kreativ-Räume,<br />

die wir der Hochhausarchitektur entgegensetzen.<br />

Die drei Kreativ-Räume dort bieten ganz zugespitzt<br />

solche Sehnsuchtsräume.. Der erste ist der<br />

„Dschungelraum“, dann die „Wunderkammer“<br />

und passend zu Hessen eine „Appelwoistube“.<br />

Also Räume, die ganz bewusst mit der effizienzgetriebenen<br />

Bürostruktur brechen. Es ist auch<br />

mit einem Augenzwinkern gemacht. Was wollen<br />

wir erreichen? Vielleicht eine andere Atmosphäre<br />

schaffen und ein bisschen Stress lösen bei den<br />

Mitarbeitern. Das erzeugt eine entspannte Atmosphäre<br />

und so etwas wie Gemütlichkeit als Inspirationsquelle.<br />

32 LIVING & LIFE


G U N T E R<br />

FLEITZ<br />

studierte Architektur<br />

in Stuttgart, Zürich<br />

und Bordeaux. Er<br />

war zunächst für<br />

Steidle+Partner<br />

in München tätig,<br />

bevor er für das<br />

Büro Prof. Stübler<br />

die Projektleitung für<br />

die Sanierung des<br />

Bundesgerichtshofs<br />

in Leipzig übernahm.<br />

Gemeinsam<br />

mit Peter Ippolito<br />

gründete er 20<strong>02</strong> die<br />

Ippolito Fleitz Group,<br />

die die beiden<br />

seitdem gemeinsam<br />

leiten. International<br />

bekannt wurde das<br />

multidisziplinäre<br />

Designstudio mit<br />

Innenarchitektur-,<br />

Kommunikationsund<br />

Produktdesignprojekten.<br />

Viele der<br />

Arbeiten wurden mit<br />

namhaften Preisen<br />

ausgezeichnet,<br />

darunter mehrere<br />

iF Gold, red dot<br />

und ADC Awards.<br />

2015 wurden Peter<br />

Ippolito und Gunter<br />

Fleitz als die ersten<br />

deutschen Gestalter<br />

aus dem Bereich der<br />

Innenarchitektur in<br />

die „Interior Design<br />

Hall of Fame“ aufgenommen.<br />

Gunter<br />

Fleitz ist Mitglied<br />

des BDA Baden-<br />

Württemberg.<br />

LIVING & LIFE 33


RUBR IK<br />

Palace of International Forums »Uzbekistan«<br />

Was ist für Sie Gemütlichkeit, was bedeutet Wohlfühlen?<br />

Fleitz: Wohlfühlen ist heute für zeitgemäße Arbeitswelten<br />

ganz wichtig geworden. Da gehört beispielsweise auch eine<br />

gute Raumakustik dazu. Der schönste Raum kann unbehaglich<br />

sein, wenn die Sprachverständlichkeit schlecht ist.<br />

Das Thema Wohlfühlen prägt die Konzepte für moderne<br />

Büros. Das hängt letztlich aber von den Menschen ab, die<br />

dort arbeiten, und muss individuell aufgebaut sein. Das Arbeitsumfeld<br />

ist heute stark inspiriert aus dem Bereich des<br />

Wohnens, die Menschen sollen gerne an ihrem Arbeitsplatz<br />

und in einem inspirierenden Umfeld sein. Die Unternehmen<br />

investieren immer mehr in den Arbeitsplatz eines<br />

jeden Mitarbeiters. Das sind wichtige weiche Faktoren der<br />

Zukunft. Die Bezahlung allein reicht künftig nicht mehr<br />

aus. Nur so lassen sich die besten Talente gewinnen.<br />

Wie schaffen Sie es auf Ihre Kunden optimal einzugehen?<br />

Fleitz: Zuhören ist der Schlüssel. Wir müssen sehr eng<br />

an den Kunden herankommen, um ihn zu verstehen. Wir<br />

stellen immer noch mal Fragen und überraschen die Auftraggeber<br />

damit oftmals, dass wir vorhandene Strukturen<br />

infrage stellen. So lernen wir unsere Auftraggeber immer<br />

besser kennen und verstehen, was sie wirklich wollen. Briefings<br />

werden heute immer kürzer. Wir gehen den anderen<br />

Weg und versuchen am Anfang, längere Gespräche zu<br />

führen und bauen eine große Nähe auf. Was uns auszeichnet,<br />

sind starke Konzeptionen, Leidenschaft und Begeisterungsfähigkeit.<br />

Daraus entsteht am Ende Vertrauen. Wir<br />

müssen das natürlich auch gut vermitteln können.<br />

Können Sie drei Gründe nennen, was ein gut gestaltetes Büro auszeichnet?<br />

Fleitz: Erstens: Konzentriertes Arbeiten zulassen mit<br />

Funktionalität und Akustik im Open-Space und zusätzlich<br />

ein breites Angebot an Rückzugsräumen schaffen.<br />

Zweitens müssen wir es schaffen, den Zusammenhalt zu<br />

fördern innerhalb des Unternehmens, also gute Kommunikation<br />

anbieten. Das kann durch vielfältige Angebote<br />

informeller Kommunikation erfolgen, wie beispielsweise<br />

Stehbesprecher, Lounges und Treffpunkte mit Getränkeangeboten<br />

um den Teamgeist zu fördern und über Fachbereiche<br />

hinaus die Menschen in einem Unternehmen<br />

34<br />

LIVING & LIFE


GUNTER RUBR FLEITZ IK<br />

IDENTITY<br />

ARCHITECTS<br />

Die Ippolito Fleitz Group ist ein<br />

multidisziplinäres Studio für Gestaltung<br />

mit Sitz in Stuttgart, Shanghai<br />

und Berlin. Anspruch des Büros<br />

ist es, die komplexe Identität der<br />

Kunden in eine angemessene<br />

Gestaltung zu übersetzen. Dabei<br />

verstehen sich die Gestalter und<br />

Kreativen als „Identity Architects“.<br />

Identität ist für sie ein fließender<br />

Prozess, den sie in Architektur,<br />

Produktdesign und Kommunikation<br />

begleiten. Die Basis des<br />

Gestaltungsprozesses bildet eine<br />

starke konzeptuelle Idee, die sich<br />

in Raum wie Kommunikation<br />

übertragen lässt. Derzeit besteht<br />

das Team aus 80 Architekten,<br />

Innenarchitekten, Produkt- und<br />

Kommunikationsdesignern aus 16<br />

Nationen.<br />

Das Gerber,<br />

Stadtkaufhaus,<br />

Stuttgart<br />

zusammenzubringen und somit die Unternehmenskultur<br />

zu fördern.<br />

Woher beziehen Sie Ihre Inspirationen?<br />

Fleitz: Wir reisen viel. Wir haben unsere Handschrift,<br />

haben aber keine sich wiederholende Designsprache und<br />

gehen immer wieder aufs Neue auf unsere Kunden ein.<br />

Viele Inspirationen kommen aus dem Kunstbereich, wir<br />

schauen uns sehr viele Ausstellungen an. Und wir arbeiten<br />

natürlich auch international und da fließt vieles ein. Es ist<br />

extrem inspirierend, sich von anderen Kulturen anstecken<br />

zu lassen. Wir versuchen, immer wieder neues Design,<br />

neue Materialien und Materialkonzepte zu entwickeln<br />

oder auch zu entdecken.<br />

Wie passen Sie sich anderen Kulturen international an, etwa in China<br />

oder Russland?<br />

Fleitz: Wir haben ein sehr internationales Team mit 80<br />

Mitarbeitern aus 16 Nationen. Es ist uns wichtig, die andere<br />

Kultur zu verstehen und darin einzutauchen. Wir haben<br />

beispielsweise in Usbekistan ein neues Regierungsgebäude<br />

gebaut. Es war eine Herausforderung, dieses Land zu<br />

verstehen, aber es ist uns gelungen – gemeinsam mit den<br />

Menschen, die dort leben. Das ist ein kulturell reiches Land<br />

an der Seidenstraße, mit einer unglaublichen ornamentalen<br />

Kultur. Das haben wir aufgenommen, aber dann versucht,<br />

selbst zu interpretieren. Es wurden moderne Räume<br />

geschaffen, die auch mit der Historie verbunden sind. Das<br />

waren 45.000 Quadratmeter, die wir in Rekordgeschwindigkeit<br />

geplant und gebaut haben. Das lässt sich auf alle<br />

Länder übertragen, auch auf Russland und China. Wir haben<br />

auch immer einheimische Mitarbeiter im Team.<br />

Können Sie uns etwas zur Planung des Büros der Immobilien Regional<br />

AG in Baden-Baden sagen? Wie war da Ihre Herangehensweise?<br />

Fleitz: Zunächst haben wir uns intensiv mit dem Gebäude<br />

auseinandergesetzt, haben uns der Firma genähert. Die<br />

Frage lautete: Was wollen wir verändern? Geplant war ein<br />

Büro auf zwei Ebenen. Aber auch eine angemessene Empfangssituation<br />

war wichtig, da die Zielgruppe sehr unterschiedlich<br />

ist. Es kann jemand vorbeikommen, der bei der<br />

Wohnungsverwaltung einen Schlüssel abholt, aber auch<br />

LIVING & LIFE 35


RUBR IK<br />

Büro Immobilien Regional AG in Baden-Baden<br />

GEMÜTLICH K E IT ALS I N S P I RATIONSQUELLE<br />

Denkerzelle<br />

ein ausländischer Kunde, der eine große repräsentative<br />

Villa kaufen will. Dennoch soll es nicht zu elitär sein, aber<br />

eine Hochwertigkeit ausstrahlen. Die Showroom-Situation<br />

im Erdgeschoss gibt einen Blick in die Zukunft und die<br />

nächste Generation. Deshalb waren da die Töchter und<br />

Mitarbeiter von Firmeninhaber Martin Ernst eingebunden.<br />

Zum Konzept gehört ebenso der Treffpunkt für die<br />

Mitarbeiter, wo alle locker zusammenkommen können –<br />

ein Platz, der sehr gut angenommen wird. Die große Aufgeschlossenheit<br />

des Auftraggebers hat uns sehr geholfen.<br />

Es ist eine Chance für das Unternehmen, dieses in eine<br />

nächste Qualitätsstufe zu entwickeln. Uns war es wichtig,<br />

dass die Räume eine Wohnkompetenz ausstrahlen, die<br />

sich auf die Kunden überträgt und die Besucher inspiriert.<br />

Wir haben mit Holz und behaglichen Teppichen gearbeitet.<br />

Es gibt viele farbenfrohe Akzente und eine große Lebendigkeit.<br />

Letztlich geht es auch um Lebensfreude und<br />

eine Inspirationsquelle für alle, die hier arbeiten und sich<br />

hier aufhalten. Das darf man natürlich nicht übertreiben,<br />

denn es handelt sich ja um ein sehr seriöses Unternehmen,<br />

das für Tradition und Vertrauen steht. Zu bunt sollte es<br />

also auch nicht sein. Das hat uns sehr viel Spaß gemacht<br />

in der Umsetzung.<br />

Sie sind in Baden-Baden Steinbach geboren und aufgewachsen, heute<br />

sind Sie in der ganzen Welt unterwegs. Was ist das Besondere an<br />

dieser Stadt an der Oos?<br />

Fleitz: Baden-Baden ist für mich Heimat. Da leben meine<br />

Eltern. Ich bin immer noch sehr gerne dort. Es ist die<br />

außergewöhnliche Lage, die Landschaft, diese Ausstrahlung,<br />

die Emotionen weckt. Und die mediterrane südliche<br />

Stimmung. Baden-Baden ist historisch sehr gut erhalten<br />

– vom Friedrichsbad bis zum Museum Frieder Burda<br />

oder der Kunsthalle und dem Festspielhaus. Welche Stadt<br />

in dieser Größe hat schon ein solches kulturelles Angebot?<br />

Baden-Baden hat einen großen Erlebnisraum, etwa in der<br />

Lichtentaler Allee oder bei der Stourdza-Kapelle. Das sauge<br />

ich auf. Letztlich sind es aber die Menschen. Es gibt wenige<br />

Ecken in Deutschland, wo die Menschen so viel Wärme und<br />

Herzlichkeit ausstrahlen. Baden-Baden hat im Übrigen eine<br />

enorme Internationalität und Eleganz, man spürt die Nähe<br />

zu Frankreich und der Schweiz. Ich kann dort Kraft tanken.<br />

Mit dem Weg ins Studium zunächst in Stuttgart, dann<br />

in Zürich und Bordeaux, habe ich Baden-Baden verlassen.<br />

Aber ich komme immer gerne zurück. Ich habe die Stadt<br />

besonders schätzen gelernt, als ich einige Jahre weg war. Sie<br />

strahlt Lebensfreude aus und hat eine besondere Energie.<br />

36<br />

LIVING & LIFE


Vernetzung mit Perspektive aufs<br />

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RUBR IK<br />

C ANDELA<br />

W O LFGANG L A NGNER UND M A R K U S W Ö R G A U<br />

38<br />

LIVING & LIFE


CANDELA<br />

LICHT IST DIE<br />

VORAUSSETZUNG<br />

FÜR UNSER LEBEN<br />

G E SPRÄCH MIT D E N L I CHTD E SIGNERN UND G R ÜND E RN VON „C A N D E L A “ I N<br />

BAD E N-BAD E N, M A R K U S W Ö RGAU UND W O LFGANG L A NGNER, ÜB E R BEHAGLICHK E I T ,<br />

A R CHITEK T UR, FEHLEND E S V I TAMIN D UND D I E GUTE ALTE G L ÜHB I RNE<br />

VON HORST KOPPELSTÄTTER<br />

Licht macht uns die Welt sichtbar - warum ist Licht so elementar<br />

wichtig?<br />

Markus Wörgau: Licht ist eine Voraussetzung für das<br />

Leben an sich. Ob wir uns in unserem Lebensraum wohlfühlen,<br />

hängt auch von der bewussten und unterbewussten<br />

Wahrnehmung des Lichts ab. Behaglichkeit zuhause, Freude<br />

am Arbeitsplatz oder in der Freizeit, das richtige Licht<br />

spielt dabei eine große Rolle. Licht beeinflusst unseren<br />

Tag-Nacht-Rhythmus, unsere Motivation und die Gesundheit.<br />

Heißt also auch, dass die falsche Beleuchtung negative<br />

Folgen für uns hat. Wenn wir zu wenig in der Sonne sind,<br />

fehlt es uns an Vitamin D. Wenn die Beleuchtung zuhause<br />

am Abend zu kühl ist, fahren wir nicht runter.<br />

Wie beeinflussen oder verändern Sie Architektur mit Licht?<br />

Wolfgang Langner: Mit Licht können wir den Betrachter<br />

oder den Besucher durch ein Gebäude führen. Wir können<br />

auf Gestaltungselemente hinweisen, die dem Architekten<br />

wichtig sind. Über die Beleuchtung können wir stilprägende<br />

Elemente – etwa in einem historischen Altbau – hervorheben<br />

oder weniger Imposantes in den Hintergrund treten<br />

lassen. Wir können schwere Gebäudeteile leichter wirken<br />

lassen, indem wir beispielsweise ein Lichtband am Boden<br />

entlang planen. Große Wandflächen lassen sich ebenfalls mit<br />

Licht sehr gut unterteilen. Wir können mit Licht bei Bedarf<br />

auch mehr Tiefe schaffen, als vielleicht vorhanden ist. Oder<br />

durch richtig gesetzte Lichteffekte eine Fassade oder einen<br />

Garten nachts ganz anders erscheinen lassen als tagsüber.<br />

Wie eng hängen Licht und die Wirkung eines Raumes zusammen?<br />

Wörgau: Unserer Meinung nach definiert das Licht erst<br />

den Raum. Zum einen über die Anordnung und Verteilung<br />

des Lichts. Wir können mit gerichtetem Licht raumprägende<br />

Objekte wie Erker, Treppen oder Kunstwerke hervorheben<br />

oder eine komplette Wand als Reflexionsfläche nutzen.<br />

Der Raumeindruck ist dadurch ein ganz anderer. Ebenso<br />

kann man über die direkte oder indirekte Beleuchtung bestimmter<br />

Flächen das empfundene Raumvolumen beeinflussen,<br />

insbesondere die Raumhöhe. Zum anderen aber<br />

auch über die Art des Lichts, die Lichtfarbe, die Blendfreiheit.<br />

Wärme und Behaglichkeit empfinden wir in unserem<br />

Wohnraum nur mit dem richtigen Licht. Die Gestaltung<br />

und Möblierung eines Raumes alleine reicht dafür nicht<br />

aus. Genauso wenig können Angestellte in ihrem Büro produktiv<br />

arbeiten, wenn das Licht nicht stimmt. Sie ermüden<br />

schneller oder werden vielleicht sogar krank.<br />

LIVING & LIFE 39


RUBR CANDELA IK<br />

„Licht beeinflusst unseren Tag-Nacht-Rhythmus,<br />

unsere Motivation und die Gesundheit“<br />

Reden wir über Licht und Stimmungen: Wann ist Licht eher technisch<br />

und wann eher sinnlich? Trauern Sie auch der alten Glühbirne nach?<br />

Langner: Natürlich trauern wir der Glühbirne nach –<br />

das tun wir doch alle. Uns fehlt das warme Licht. Neben<br />

dem Sonnenlicht war die erste Lichtquelle von uns Menschen<br />

das Feuer. Alles Positive, was wir damit verbinden,<br />

die Wärme, die Behaglichkeit, Sicherheit in der Nacht und<br />

eben auch diese warme Lichtfarbe, waren mit der Glühbirne<br />

doch perfekt verpackt. Ihr Licht war im wahrsten Sinne<br />

des Wortes sinnlich und hat Stimmung erzeugt. Wir planen<br />

diese Art Licht hauptsächlich im privaten Wohn- und<br />

Schlafbereich ein, in Gärten, Restaurants, eben überall<br />

dort, wo wir uns zuhause fühlen wollen. Das technische<br />

Licht spielt für uns im Objektgeschäft eine große Rolle,<br />

etwa im gesamten Officebereich, bei der Praxisbeleuchtung,<br />

in Geschäften mit Lichtstärken, die sich dem Tageslichteinfall<br />

anpassen, Lichtfarben, die sich je nach Tageszeit<br />

verändern lassen. Das gesamte Thema Orientierung<br />

und Sicherheit fällt hier rein, Notbeleuchtung, beleuchtete<br />

Hinweisschilder und Fluchtwege, Licht im öffentlichen Bereich.<br />

Technisches Licht ist meist kühler, es hat eine Funktion<br />

oder unterstützt uns beim Funktionieren.<br />

Woher beziehen Sie Ihre Inspirationen für neue Arten von Licht?<br />

Langner: Neben einigen anderen Messen besuchen wir<br />

die light + building in Frankfurt und die Euroluce in Mailand,<br />

das sind mit Abstand die wichtigsten Veranstaltungen<br />

zum Thema Licht und Beleuchtung. Ansonsten gilt es,<br />

mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und aufzusaugen,<br />

was geht.<br />

Also ist Italien nach wie vor der Maßstab für gutes Design im Lichtund<br />

Leuchtenbereich?<br />

Wörgau: Italien ist nach wie vor en vogue. Aber auch aus<br />

Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern<br />

haben wir inzwischen tolle Entwürfe in der Ausstellung.<br />

Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen, als Lichtdesigner zu arbeiten?<br />

Wörgau: Da hat uns das Leben zufällig beide hingespült.<br />

Beleuchtung hat uns interessiert, wobei Licht zu meiner<br />

Studienzeit an der Uni in Stuttgart leider noch kein Thema<br />

war. Unsere Wege haben sich dann in einem Einrichtungshaus<br />

in Stuttgart gekreuzt, Herr Langner war dort Abteilungsleiter<br />

der Leuchtenabteilung. Dass in diesem Markt<br />

und in dieser Branche ein riesiges Vakuum existiert, wur-<br />

40<br />

LIVING & LIFE


CANDELA<br />

de uns schon vor über 20 Jahren klar. Licht und Beleuchtung<br />

war mehr als nur der klassische Einzelhandel und das<br />

Verkaufen von Leuchten. Die Kunden wollten Beratung,<br />

Hausbesuche, Lichtplanung und Beleuchtungskonzepte,<br />

und das hat uns gereizt.<br />

Verraten Sie uns ein Projekt, auf das Sie besonders stolz sind, vielleicht<br />

in Baden-Baden?<br />

Wörgau: Da gibt es ein paar, die wirklich unglaublich viel<br />

Spaß gemacht haben und ganz toll geworden sind. Es ist<br />

schwierig, eines hervorzuheben. Vielleicht die Kinderkrippe<br />

im Klostergarten in Lichtental, die wir für Rolf Metzmaier<br />

gestalten durften. Das war in seinem gesamten Verlauf<br />

schon außergewöhnlich harmonisch und warmherzig,<br />

und es hat vielen Menschen gezeigt, dass die Candela keineswegs<br />

nur eine Institution für Superreiche ist, sondern<br />

dass wir tolle Lösungen anbieten, auch wenn das Budget<br />

eben nicht gegen unendlich geht.<br />

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, welches Beleuchtungsprojekt<br />

würde Sie besonders reizen?<br />

Wörgau: Die Ruine des Alten Schlosses hoch über Baden-<br />

Baden mit Licht in Szene zu setzen.<br />

Welchen Trend sehen Sie beim Lichtdesign?<br />

Langner: Licht wird in Zukunft zu einem ganz wesentlichen<br />

Gestaltungsmittel in der Architektur. Ein schönes, aktuelles<br />

Beispiel dafür ist die Elbphilharmonie. Das Licht wird<br />

in Zukunft noch kleiner, noch flacher verpackt sein. Es wird<br />

viel effizienter und wird dabei noch heller, noch brillanter.<br />

Wir können dadurch Licht noch besser als Werkzeug einsetzen,<br />

um Atmosphäre zu schaffen, es auf unsere Bedürfnisse<br />

abstimmen, und es wird sich viel einfacher steuern lassen.<br />

Ich denke, dass wir Licht viel häufiger an allen möglichen<br />

Produkten wiederfinden werden, an Schmuck, Kleidung,<br />

wahrscheinlich sogar an Lebensmittelverpackungen. Licht<br />

wird unseren Alltag noch mehr durchdringen.<br />

LEUCHTENSTUDIO CANDELA<br />

Im August 2000 eröffnete das Leuchtenstudio<br />

Candela im Gebäude des Steigenberger Hotels<br />

Europäischer Hof. Für die beiden Firmengründer<br />

Wolfgang Langner und Markus Wörgau war die<br />

individuelle Lichtplanung neben dem klassischen<br />

Einzelhandel Teil des Konzepts.<br />

Durch zunehmende Aufträge im Objektgeschäft<br />

wurde das Sortiment schon bald um das Haller-<br />

System von USM und die VITRA-Möbelkollektion<br />

erweitert.<br />

2010 erfolgte der Umzug in die neuen Räume<br />

am Augustaplatz. Vier Etagen Ausstellung mit<br />

Designleuchten und -möbeln in einem liebevoll<br />

und aufwendig restaurierten denkmalgeschützten<br />

Galeriehaus aus dem Jahr 1870. Der Umgang der<br />

Inhaber Wörgau und Langner mit der historischen<br />

Gebäudesubstanz gilt inzwischen weit über Baden-<br />

Baden hinaus als vorbildlich.<br />

Als weiteres Standbein besteht seit 2004 die Filiale<br />

in den Kurhaus-Kolonnaden mit dem Schwerpunkt<br />

Designaccessoires.<br />

WWW.CANDELA-BADEN-BADEN.DE<br />

LIVING & LIFE 41


DER LAMP ENANZ ÜNDER<br />

„ES IST, ALS OB ER<br />

EINEN NEUEN STERN<br />

ERSCHAFFT …“<br />

V ON A RIANE L INDEMANN<br />

W<br />

enn es dunkel wird in Baden-Baden, dann springt in der Kurstadt im wahrsten Sinne<br />

des Wortes der Funke über. Das Casino wird langsam belebt, Restaurants und Bars ziehen<br />

Gäste aus aller Welt an. Spaziergänger schlendern in der Dämmerung durch den Kurpark.<br />

Klaus Peter von der Bäder- und Kurverwaltung Baden-Baden ist gerade dabei, das letzte Gaslicht<br />

anzuzünden. Rund 20 Minuten hat er gebraucht, bis er durch Zünden aller sechs Gaslaternen den<br />

Platz vor dem Kurhaus in eine romantische Stimmung versetzt hat. Passanten sehen ihm gerne zu.<br />

Von Hellrosa bis Pastellorange schimmern die Lichter, bevor ihr warmes Gelb den Platz vor dem<br />

Kurhaus erhellt. Rund 700 dieser stilvoll verzierten Gaskandelaber gibt es noch in Baden-Baden.<br />

Bis auf die sieben Rundmantellaternen vor dem Kurhaus werden mittlerweile alle anderen automatisch<br />

gezündet und frühmorgens um sechs Uhr wieder gelöscht.<br />

WIE VOR 100 JAHREN<br />

Mit einer langen Stange legt Peter an jeder einzelnen Lampe einen Hebel, den Gashahn, um, der<br />

die Gaszufuhr steuert. Er ist einer von 13 Hauswarten des Kurhauses, die abwechselnd jeden Abend<br />

mit langen Stangen zur Tat schreiten. Es zischt leise. Mit einem entzündeten Docht am Ende einer<br />

anderen Stange werden jetzt die eigentlichen Lampen, also die Glühstrümpfe, angezündet, die sich<br />

zuvor vollständig mit Gas füllen müssen. „Schwierig wird es bei Regen oder Wind, wenn die Flamme<br />

immer wieder erlischt“, erklärt Peter. Bei schönem Wetter wird Peter oft von Touristen, die ihm<br />

fasziniert zusehen, um ein gemeinsames Foto gebeten.<br />

BESONDERE AUSSTRAHLUNG<br />

„Wenn er seine Laterne anzündet, ist es, als ob er einen neuen Stern erschafft oder eine Blume.<br />

Wenn er seine Laterne löscht, wiegt er Blume oder Stern in den Schlaf.“ So beschreibt der Schriftsteller<br />

Antoine de Saint-Exupéry in seinem Buch „Der Kleine Prinz“ den Beruf des Laternenanzünders.<br />

Dabei war der Beruf in früheren Zeiten wenig beschaulich. Heute geht es mehr um das<br />

Bewahren einer langen Tradition, die mit dem Gaslicht verbunden ist. Denn das Licht, das durch<br />

die Mischung von Gas und Luft entsteht, hat eine ganz besondere Farbtemperatur, die ein heimeliges<br />

Flair erzeugt.<br />

42 LIVING & LIFE


RUBR IK<br />

D ER LAMPENANZÜND ER<br />

LIVING & LIFE 43


RUBR IK<br />

WIE VIELE L I C HTE R<br />

V E R DAN K E N NUR I H R E M L E U C HTE R ,<br />

D A S S MAN S I E S I E H T !<br />

Christian Friedrich Hebbel (1813–1863)<br />

Den Hauch Nostalgie, den sich die Stadt mit den echten<br />

Gaslichtern vor dem Kurhaus bewahren möchte, lässt sie<br />

sich einiges kosten. Gas, regelmäßige Wartung und Beschaffung<br />

der nicht gerade billigen Glühstrümpfe, die immer<br />

wieder ausgetauscht werden müssen, gehen ganz schön<br />

ins Geld. Rechnet man die Arbeitszeit obendrauf, wird<br />

deutlich, weshalb die Bäder- und Kurverwaltung (BKV),<br />

der die Lampen gehören, lieber heute als morgen auf LED<br />

umrüsten würde.<br />

Auch andere Städte müssen aus Kostengründen um den<br />

Erhalt der Gaslichter bangen. Allein in Berlin leuchten allabendlich<br />

über 42.000 Gaslaternen. Baden-Baden gehört<br />

zu den letzten Bastionen der Gasbeleuchtung in Deutschland.<br />

Hier eingeführt hatte die Laternen der Unternehmer<br />

und Pächter der Spielbank Edouard Bénazet im Jahr 1845.<br />

„Irgendwann werden wohl auch diese Lampen automatisiert,<br />

wie die meisten anderen in Baden-Baden“, sagt Peter.<br />

Einerseits als „Stangenmänner“ verspottet, aber vielfach<br />

auch romantisch verklärt – die Umstellung auf Fernzündung<br />

hat den Beruf des reinen Lampenanzünders inzwischen<br />

überflüssig gemacht. Für die Stadt Baden-Baden sind<br />

die Gaslaternen vor dem Kurhaus und die damit verbundenen<br />

Rituale des Anzündens ein sympathisches Bekenntnis<br />

zum Bewahren liebgewonnener Traditionen. Denn wie<br />

heißt es so schön am Ende des „Kleinen Prinzen“: „Das ist<br />

ein schöner Beruf. Das ist wirklich sehr nützlich, weil es<br />

schön ist.“<br />

44<br />

LIVING & LIFE


RUBR IK<br />

STAR<br />

KOCH<br />

UNTER KLASSIK - S T ARS<br />

H A RALD W OHLFAHRT,<br />

DEUTSCHLAND S<br />

B E RÜHMTESTER KOCH,<br />

VERFEINERT AB<br />

S A ISONB E G I N N<br />

D I E S P EISEN D E R<br />

A I D A - G A S T R O N O M I E<br />

IM F E STSPIELHAUS<br />

er Drei-Sterne-Koch Harald<br />

D Wohlfahrt berät seit Mitte<br />

2017 das Festspielhaus Baden-Baden<br />

in kulinarischen Fragen. Das Festspielhaus<br />

und der Spitzenkoch, der<br />

mehr als drei Jahrzehnte die berühmte<br />

„Schwarzwaldstube“ im Baiersbronner<br />

Hotel „Traube Tonbach“<br />

und damit eines der besten deutschen<br />

Restaurants leitete, vereinbarten eine<br />

entsprechende Zusammenarbeit.<br />

„Ich weiß von Künstlerinnen und<br />

Künstlern, aber auch von Konzertbesuchern,<br />

die ihren Aufenthalt<br />

verlängert haben, um einen<br />

Abend bei Harald Wohlfahrt in der<br />

„Schwarzwaldstube“ zu verbringen“,<br />

erklärt Festspielhaus-Geschäftsführer<br />

Michael Drautz. Der Coup, den<br />

Küchenkünstler als Berater zu gewinnen,<br />

passt in die Strategie des größten<br />

deutschen Opernhauses, seinen Gästen<br />

einen rundum gelungenen Abend<br />

zu bereiten. Harald Wohlfahrt kochte<br />

natürlich auch schon in seiner Funktion<br />

als Küchenchef der „Schwarzwaldstube“<br />

für Künstler, die auch im<br />

Festspielhaus Baden-Baden auftraten<br />

– darunter unter anderem Anne-<br />

Sophie Mutter. Sabine Bernhard,<br />

Leiterin der Festspielhaus-Gastronomie,<br />

erinnert sich noch gern an<br />

eine erste intensive Zusammenarbeit<br />

im März 2017. Für das Dinner zum<br />

musikalischen Ausklang des G20-Finanzgipfels<br />

im Festspielhaus bereitete<br />

Harald Wohlfahrt den Hauptgang:<br />

Kalbsmedaillon und geschmortes<br />

Kalbsbäckchen im Kräutermantel<br />

mit Parmesan-Chip, Hummus und<br />

Spitzmorcheln an Schalottenjus.<br />

„Unser Team erstarrte fast vor Ehrfurcht“,<br />

so Bernhard.<br />

Die Gäste waren begeistert und Gastgeber<br />

Wolfgang Schäuble bedankte<br />

sich persönlich bei den Köchen. Harald<br />

Wohlfahrt: „Wir haben natürlich<br />

auch auf andere Kulturen Rücksicht<br />

genommen, deshalb war der Hauptgang<br />

ohne Schwein und es gab einen<br />

vegetarischen Hauptgang: Risotto<br />

mit gebratenen Kräutersaiblingen<br />

und glacierten Spitzmorcheln.“ Aber<br />

Harald Wohlfahrt ist nicht nur Perfektionist,<br />

sondern auch Pragmatiker,<br />

Allüren sind ihm fremd, er geizt nicht<br />

mit seiner Kunst.<br />

46 LIVING & LIFE


HARALD<br />

W O H L F A H RT<br />

Wohlfahrt weiß, dass er im AIDA-<br />

Restaurant im Festspielhaus an eine<br />

erfolgreiche Entwicklung anknüpfen<br />

kann. Er will Ideen entwickeln und<br />

mit dem Team um Küchenchef<br />

Andreas Hack weiter vorankommen.<br />

Trends hinterherzulaufen war ohnehin<br />

nie die Sache des bodenständigen<br />

Kochkünstlers, der seine Karriere im<br />

Baden-Badener Restaurant „Stahlbad“<br />

begann. Harald Wohlfahrt<br />

schwärmt von den Zwetschgen, den<br />

Himbeeren, dem Spargel der Region,<br />

von den Jahreszeiten, die er in der<br />

AIDA-Karte „einfangen“ möchte.<br />

Es geht um Verfeinerung – und wie<br />

im Konzertsaal sind auch in der<br />

Küche die letzten Schritte die größte<br />

Herausforderung. „Die Festspielhaus-<br />

Gastronomie will diese Schritte mit<br />

Harald Wohlfahrt gehen“, erläutert<br />

Michael Drautz die Zusammenarbeit.<br />

„Wir möchten unseren Gästen auf<br />

allen Ebenen Perfektes bieten: mit den<br />

weltbesten Künstlern und nun auch<br />

mit einem der weltbesten Köche.“<br />

Als Harald Wohlfahrt kürzlich in<br />

einem Interview gefragt wurde, welchen<br />

Spruch er seinen Mitmenschen<br />

gern ans Herz legen wolle, lautete<br />

seine Antwort: „Wer nicht genießt,<br />

wird ungenießbar.“<br />

Und was ist das Geheimnis seines<br />

anhaltenden Erfolgs? Harald Wohlfahrt:<br />

„Ich gehe mit der Jahreszeit<br />

und schaue, was es auf dem Markt<br />

gibt: Wild, Milchlamm, Rebhühner,<br />

Fasane, Zitrusfrüchte. Das muss<br />

wirklich zur Zeit passen. Ich lege<br />

doch nicht bei 30 Grad Hitze im<br />

August eine Mandarine in einen<br />

Sternanisgewürz-Sud. Dieser Duft,<br />

dieses Aroma sind typisch Winter.<br />

Ich setze mich irgendwann hin<br />

und schreibe eine jahreszeitliche<br />

Menükarte. Das ist vielleicht wie<br />

bei einem Musiker, der ein Stück<br />

schreibt. Er schlägt auf dem Klavier<br />

einen Ton an, einen Akkord, er<br />

versucht Melodien zueinander zu<br />

bringen.“<br />

Harald Wohlfahrt ist in Loffenau<br />

geboren und gilt inzwischen auch<br />

europaweit als einer der besten Köche.<br />

Eine Lebensweisheit hat Harald<br />

Wohlfahrt für unsere Leser noch<br />

bereit: „Nimm Dir die Zeit zum Kochen,<br />

sie ist die Quelle des Glücks!“<br />

Frage an den begnadeten Spitzenkoch:<br />

Was schätzen Sie an Baden-Baden?<br />

Wohlfahrt: „Baden-Baden ist eine<br />

wunderbare Kleinstadt mit einem<br />

Großstadtflair. Baden-Baden bietet<br />

eine unglaublich große kulturelle und<br />

auch gastronomische Vielfalt. Wo gibt<br />

es das auf engstem Raum: Festspielhaus,<br />

Südwestrundfunk, Museum<br />

Frieder Burda, Spielbank, Thermen,<br />

Theater und eine der schönsten<br />

Parkanlagen weltweit? Dann der<br />

Rosengarten oder eine Fahrt mit<br />

der Merkurbahn mit Besuch beim<br />

Wildgehege. Baden-Baden ist doch<br />

einmalig! Ich habe ja schon mal zwei<br />

Jahre in der Stadt gelebt und habe<br />

immer gesagt, Baden-Baden ist meine<br />

zweite Heimat.“<br />

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble im Gespräch mit Andreas Hack, Küchenchef des Festspielhauses Baden-Baden, Drei-Sternekoch Harald Wohlfahrt,<br />

Martin Herrmann, Küchenchef des Hotels Dollenberg, und Bernd Werner, Küchenchef von Schloss Eberstein (von rechts nach links).<br />

LIVING & LIFE<br />

47


RUBR M ENSCH IK EN<br />

48<br />

LIVING & LIFE


PROF ESSOR HEINZ L IESEN<br />

DAS NEUE SCHLOSS ALS<br />

KULTURZENTRUM FÜR<br />

DIE DEUTSCH-FRANZÖSISCHE<br />

FREUNDSCHAFT?<br />

G ESPRÄCH MIT D E M RENOMMIER-<br />

TEN S P ORTMED I ZINER P R O F E S S O R<br />

H E INRICH L I ESEN ÜB E R D I E Z U K U N F T<br />

BAD E N-BAD E NS, D I E EINSTIGE<br />

S OMMERRESID E NZ VON C L A R A<br />

S CHUMANN, D A S OBSTGUT L E ISB E R G<br />

UND SEINE Z E IT MIT D E R F U S SBA LL-<br />

NATIONALMANNSCHAFT UND F R A N Z<br />

BECK E N B AUER<br />

er Blick aus dem Fenster fällt auf einen wunderschönen<br />

Garten mit einem riesigen Redwoodbaum in der<br />

D<br />

Mitte und mehr als 200 Rosen. Direkt dahinter die Oos,<br />

mit einer kleinen Brücke zur Lichtentaler Allee und der<br />

Klosterwiese. Die Szene wirkt wie aus einem Bilderbuch.<br />

Hier lebt der emeritierte Sportprofessor Heinz Liesen mit<br />

seiner Frau Viola. Liesen hatte einst als Arzt die Fußballnationalmannschaft<br />

unter Franz Beckenbauer medizinisch<br />

betreut. Heute engagiert sich der 76-Jährige im Stadtrat in<br />

Baden-Baden.<br />

Professor Liesen, was ist eigentlich das Einmalige an Baden-Baden?<br />

Professor Heinz Liesen: Baden-Baden kennt man auf<br />

der ganzen Welt. Diese Stadt hat sich das Flair des 19. Jahrhunderts<br />

erhalten. Mit einer einzigartigen Einbindung in<br />

die Natur. Heute sind noch viele Attraktionen dazugekommen,<br />

die einmalig sind. Es sind natürlich das Museum Frieder<br />

Burda und das Festspielhaus, aber auch das Spielcasino<br />

und die Nähe zu Frankreich und die großen Gemeinsamkeiten<br />

mit dem Nachbarland. Baden-Baden müsste wieder<br />

eine Position wie damals, als einstige Sommerhauptstadt<br />

Europas, erlangen.<br />

Und wie ist Ihre persönliche Beziehung zu Baden-Baden?<br />

Liesen: Am Anfang vor 16 Jahren habe ich mich, ehrlich<br />

gesagt, gar nicht so richtig wohlgefühlt hier. Ich hatte vorher<br />

einen kleinen Bauernhof aus dem 13. Jahrhundert in<br />

der Nähe von Köln, den ich über 30 Jahre Zug um Zug<br />

renoviert habe. Renovieren ist mein Hobby. Erst als ich<br />

hier in Baden-Baden das Glück hatte, wenige Meter von<br />

unserem Wohnhaus entfernt, ein ziemlich heruntergekommenes<br />

Gebäude zu erwerben, hat sich das geändert. Das<br />

Haus direkt an der Oos hat für mich ein faszinierendes<br />

Flair und sollte eigentlich abgerissen werden, um Appartementhäuser<br />

zu bauen. Dort hatte jahrelang die Pianistin<br />

und Komponistin Clara Schumann ihre Sommermonate<br />

verbracht. Ich habe das alte Haus über zwei Jahre in Eigenarbeit<br />

komplett renoviert. Erst damit bin ich eigentlich hier<br />

in Baden-Baden angekommen. Und natürlich auch wegen<br />

meiner Frau, die mich hierher geholt hat.<br />

Sie waren weltweit unterwegs, sind jetzt hier in Baden-Baden gelandet<br />

und politisch im Stadtrat tätig, was läuft gut und was läuft<br />

schlecht in dieser Stadt?<br />

Liesen: Womit soll ich anfangen? Ich finde, die Verwaltung<br />

hier in Baden-Baden ist total aufgebläht. Es kommen<br />

oft viel zu lange keine Entscheidungen zustande und es<br />

fehlen ein Konzept und ein roter Faden für die Stadt. Im<br />

Baubereich sind viele Fehler gemacht worden, es gibt unglaubliche<br />

Bausünden ...<br />

LIVING & LIFE 49


PROF ESSOR HEINZ L IESEN<br />

Können Sie Beispiele nennen?<br />

Liesen: Was jedem Besucher sofort auffällt,<br />

ist die Deutsche Bank. Das kann doch nicht<br />

wahr sein, solch ein Klotz mitten im Herzen<br />

der Stadt. An der Stelle war ursprünglich ein<br />

traumhaft schönes Gebäude, das abgerissen<br />

wurde. Es gibt viele negative Beispiele. Das<br />

schadet uns auch bei der Bewerbung, Weltkulturerbe<br />

zu werden.<br />

Welche Hoffnungen verbinden Sie mit einer Ernennung<br />

Baden-Badens als Weltkulturerbe?<br />

Liesen: Ich setze große Hoffnungen darauf,<br />

dass dann solche Bausünden nicht mehr begangen<br />

werden. Was mich auch sehr stört, ist<br />

der massive Sanierungsstau, den wir haben.<br />

Die Fieserbrücke und andere Brücken dürften<br />

eigentlich schon gar nicht mehr von Lastwagen<br />

befahren werden. Das wurde alles verschlafen.<br />

Sie sehen ja auch das Drama am Leopoldsplatz<br />

oder auch am Augustaplatz und der Lichtentaler<br />

Straße. Wenn wir nicht aufpassen, gerät<br />

Baden-Baden in eine kritische Phase. Wir haben<br />

heute schon extrem hohe Leerstände in<br />

den Geschäften. Damit fehlt den Gästen eine<br />

wichtige Attraktion. Was ich auch kritisiere:<br />

Baden-Baden ist keine Bäderstadt mehr. Es<br />

gibt nicht mal mehr 50 Patienten jährlich, die<br />

zu einer Bäderkur kommen, es gibt kaum noch<br />

Bäderärzte und es gibt kein Konzept dafür.<br />

Ich finde es schlecht, dass das jahrtausendealte<br />

Thermalwasser im Original gar nicht mehr zu<br />

bekommen und zu trinken ist. Die Bäderkultur<br />

geht verloren.<br />

Liegt das auch an Privatisierungen?<br />

Liesen: Sicherlich auch. Die Privatisierung<br />

führt dazu, dass die Betreiber Geld verdienen<br />

wollen und nicht mehr die Frage im Vordergrund<br />

steht, was für diese Stadt wichtig ist.<br />

Und noch ein Problem: das Neue Schloss. Das<br />

ist doch Namensgeber und einer der Ursprünge<br />

hier in Baden-Baden. Ein Jammer, was da<br />

passiert.<br />

PROFESSOR<br />

HEINZ LIESEN<br />

war jahrzehntelang<br />

einer der bekanntesten<br />

Sportmediziner<br />

im deutschen Raum.<br />

Mehr als 20 Jahre<br />

war er an der Sporthochschule<br />

in Köln.<br />

18 Jahre betreute<br />

er die Feldhockey-<br />

Nationalmannschaft.<br />

Franz Beckenbauer<br />

hat ihn vom Hockey<br />

zum Fußball geholt.<br />

Liesen war als<br />

Sportmediziner auch<br />

in anderen Sportarten<br />

wie Radfahren oder<br />

Ringen, ja sogar in<br />

der Nordischen Kombination<br />

engagiert.<br />

Liesen: „Ich habe<br />

viel Wissenschaft<br />

gemacht, habe das<br />

aber auch angewandt.<br />

Das war meine<br />

Philosophie, das war<br />

mein Weg.“<br />

Wie ist der Lösungsansatz?<br />

Liesen: Das kann nicht von Baden-Baden<br />

allein gelöst werden. Dieses Schloss und diese<br />

Stadt haben einen sehr starken Bezug zu Frankreich.<br />

Hier ist die deutsch-französische Freundschaft<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg besiegelt<br />

worden. Es gibt nirgendwo in Deutschland einen<br />

Ort, der so eng mit Frankreich verbunden<br />

ist. Ich meine, wir brauchen ein Zentrum für<br />

deutsch-französische Freundschaft. Das könnte<br />

das Neue Schloss in Baden-Baden sein. Es gibt<br />

für diese Idee Unterstützung der EU und der<br />

Bundesregierung. Dafür sind auch europäische<br />

Fördergelder vorhanden. Das Neue Schloss<br />

wäre eine Begegnungsstätte, ein Kulturzentrum,<br />

da lässt sich sehr viel daraus machen. Das<br />

muss dann auch für die Bürger geöffnet und<br />

belebt werden. Auch der Florentinerberg und<br />

der Marktplatz – da muss in den nächsten Jahren<br />

unbedingt etwas passieren.<br />

Und was läuft gut in Baden-Baden?<br />

Liesen: Was unheimlich gut läuft, ist das Engagement<br />

privater Leute im kulturellen Bereich.<br />

Das Festspielhaus in dieser Form, privat<br />

getragen und auf eigene Initiative, ist weltweit<br />

einmalig. Die Berliner Philharmoniker kommen<br />

von Salzburg nach Baden-Baden. Das ist<br />

doch ein Wert, der immens ist. Das, in Verbindung<br />

mit dem Museum Frieder Burda, dem<br />

Museum und Schachzentrum von Wolfgang<br />

Grenke, sucht Seinesgleichen. Wer weiß schon<br />

wirklich, dass die Baden-Badener Mannschaft<br />

quasi Bayern München im Schach ist. Es gibt<br />

in Deutschland nichts Vergleichbares.<br />

Wenn Sie schon Bayern München ansprechen, was<br />

können Sie denn aus Ihrer Zeit mit Franz Beckenbauer<br />

und der Betreuung der Fußball-Nationalmannschaft<br />

erzählen?<br />

Liesen: Meine Erfahrungen hatte ich als<br />

Hochschullehrer an der Sporthochschule Köln<br />

in verschiedenen Sportarten gesammelt. Dann<br />

kam Franz Beckenbauer und hat mich für die<br />

Fußball-Nationalmannschaft engagiert. Ich<br />

wollte das ursprünglich nicht. Ich hatte vorher<br />

schon Bundesligatrainer ausgebildet in einem<br />

neuen Fach: in Sportmedizinischer Trainingslehre.<br />

Das war genau das, was Beckenbauer für<br />

seine Mannschaft wollte. Ich habe viele neue<br />

Methoden eingeführt und wir waren erfolgreich<br />

damit. Damals ging es ja zur WM nach<br />

Mexiko. Da waren Trinken, also ausreichend<br />

Flüssigkeit für den Körper, Aufwärmprogramme<br />

und Regeneration von großer Bedeutung.<br />

50 LIVING & LIFE


ANNE-SOPHIE MUTTER<br />

RUBR IK<br />

Das gab es damals so noch nicht. Ich habe eingeführt, dass<br />

die Kreativität des Gehirns bei den Sportlern durch ganz<br />

andere Dinge als Fußballspielen regeneriert wird, beispielsweise<br />

durch Golfspielen. Franz Beckenbauer hat das<br />

sofort verstanden. Aber da gab es zunächst große Widerstände<br />

beim DFB. Am Ende waren alle glücklich damit,<br />

auch wenn wir in Mexiko nur Vizeweltmeister wurden.<br />

Nach dem Endspiel bekamen dann alle die Silbermedaille,<br />

Franz auch. Franz Beckenbauer holte alle Spieler zusammen,<br />

sie waren deprimiert, weil es nicht für den WM-Titel<br />

gereicht hatte. Franz rief mich dazu und hielt eine kleine<br />

Rede. Er sagte, wir sind viel weiter gekommen als jeder geträumt<br />

hat und wir haben das Endspiel erreicht, was für<br />

eine Leistung. Dann sagte er, einer, dem wir das Meiste zu<br />

verdanken haben, das wäre ich. Er kam zu mir und hängte<br />

mir seine Silbermedaille um den Hals. Das hat mich unglaublich<br />

berührt. Mit Franz Beckenbauer ist bis heute eine<br />

enge Freundschaft geblieben. Vier Jahre später wurden wir<br />

in Rom gemeinsam Weltmeister.<br />

Kommen wir nochmal zurück nach Baden-Baden. Wie ist die Geschichte<br />

vom Obstgut Leisberg?<br />

Liesen: Das liegt ja gerade hier gegenüber von unserem<br />

Haus. Das Obstgut ist so romantisch, das kann doch nicht<br />

einfach geschlossen bleiben. Es bedurfte großer Überzeugungsarbeit,<br />

bis sich die Stadt entschlossen hat, dieses Gelände<br />

der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Da sind<br />

tolle Bäume und eine kleine Scheune drin, wunderschöne<br />

Wiesen, einfach eine Idylle hier in der Stadt. Das kann<br />

man den Menschen doch nicht einfach vorenthalten. Das<br />

ist gelebte Politik. Das Gelände ist auch im Kerngebiet<br />

des Weltkulturerbes. Aber jetzt ist es wieder für alle zugänglich.<br />

Und wie kam es zu den Blumen auf den öffentlichen Brücken?<br />

Liesen: Ende Oktober leert die Stadt alle Blumenkästen<br />

an den öffentlichen Brücken. Das finde ich unmöglich.<br />

Gerade im Winter, wenn alles so trostlos, tot, wirkt. Bei<br />

meinem türkischen Freund, dem Blumenhändler auf dem<br />

Lichtentaler Markt, habe ich winterharte Blumen gekauft<br />

und eingepflanzt. Die Bürger und Gäste freuen sich, sind<br />

darüber glücklich. Hoffentlich motivieren solche kleinen<br />

Aktionen auch andere.<br />

Noch eine letzte Frage, wie hält sich der Sportprofessor fit?<br />

Liesen: Mit Sport geht nicht mehr so viel, ich hatte vier<br />

Hüftoperationen, aber mich halten vier bis sechs Stunden<br />

Gartenarbeit oder das Renovieren unseres Hauses fit. Das<br />

ist meine beste Medizin!<br />

DAS GESPRÄCH FÜHRTE HORST KOPPELSTÄTTER<br />

LIVING & LIFE 51


RUBR INTERV IKIEW<br />

WIE<br />

WOHNEN<br />

UND<br />

ARBEITEN<br />

WIR<br />

MORGEN?<br />

Moderne Büroräume: Immobilien Regional AG in Baden-Baden<br />

52 LIVING & LIFE


RUBR IK<br />

G E SPRÄCH MIT D E M I N HAB E R D E R I M MOB I LIEN R E GIONAL AG, M A RTIN E R N S T ,<br />

UND SEINER T OCHTER T H ERESA-L U ISA E R NST ÜB E R EINE GUTE W O R K - L I F E - B A L A N C E ,<br />

ATTRAK T IVE BÜROWELTEN, D E N RASANTEN N A TUR- UND F L ÄCHENVERB R AUCH UND<br />

D I E Z U K U NFT BAD EN-BAD ENS<br />

LIVING & LIFE 53


INTERV IEW<br />

Wie werden wir künftig wohnen?<br />

Martin Ernst: Vorhersagen sind immer<br />

sehr schwierig. Überlegen müssen<br />

wir uns alle, ob wir den Natur- und<br />

Flächenverbrauch in diesem Tempo<br />

fortführen, wie wir dies momentan<br />

tun. Zu erhalten ist meiner Ansicht<br />

nach ein historischer Stadtkern. Was<br />

spricht allerdings dagegen, in genau<br />

definierten Quartieren, in die Höhe<br />

zu bauen? Wichtig ist, in allen Bereichen<br />

die Erholung der Menschen in<br />

Natur- und Flussauen zu sichern. Das<br />

geht nicht mehr, wenn wir die gesamte<br />

Grünfläche dem Beton opfern.<br />

Theresa-Luisa Ernst: Wahrscheinlich<br />

in einem komplett automatisierten<br />

Haushalt.<br />

Wird Besitz überhaupt noch diese Bedeutung<br />

haben? Es gibt eine Sharing-Tendenz,<br />

etwa etwa beim Auto. Wird das beim Haus<br />

auch einmal kommen?<br />

Martin Ernst: Es liegt in den Urgenen<br />

der Menschen, dass sie sich ihr<br />

eigenes Nest bauen. Kein Vogel ist<br />

bereit, sein Nest mit anderen zu teilen.<br />

Genauso ist dieses Grunddenken<br />

in jedem Menschen vorhanden. Er<br />

will sein eigenes Nest bauen und seine<br />

eigene Familie gründen. Ich glaube<br />

beim Wohnen nicht an den Sharing-<br />

Gedanken.<br />

Theresa-Luisa Ernst: Das sehe<br />

ich etwas anders. Die Autorin Rachel<br />

Botsman hat sich in ihrem Buch<br />

„What‘s mine is yours“ intensiv damit<br />

befasst. Das Thema ist ja schon seit ein<br />

paar Jahren in aller Munde und wird<br />

sich auch im Bereich Wohnen oder<br />

Häuser weiterentwickeln. Airbnb ist<br />

ja bereits ein erfolgreiches Unternehmensmodell.<br />

Besonders in Großstädten,<br />

wo es viele Pendler beziehungsweise<br />

Berufstätige gibt, und auch mit<br />

der Zunahme an Singlehaushalten<br />

wird das Thema sicherlich signifikanter<br />

werden. Nicht jeder möchte dann<br />

viel Geld in die Miete stecken oder<br />

gar über Eigentum nachdenken, wenn<br />

man nur eine geringe Zeit in den „eigenen“<br />

vier Wänden verbringt. Die<br />

Relevanz des Wohneigentums rutscht<br />

somit einfach in eine spätere Lebensphase,<br />

wenn entschieden wurde, wo<br />

man sich final niederlässt.<br />

Wie verändern sich Arbeitswelten?<br />

Martin Ernst: Ein Büro ohne Klimatisierung<br />

ist für die Zukunft nicht mehr<br />

denkbar. Jeder Investor von Büroimmobilien<br />

muss dies in seiner Planung<br />

berücksichtigen. Die Mobilität, also<br />

das kostenlose Parken für die Mitarbeiter,<br />

halte ich auch für sehr wichtig und<br />

dann muss die Umgebung im Büro<br />

selbst attraktiv sein und den Menschen<br />

mit allen Sinnen ansprechen.<br />

MAN MUSS SICH DARAUF<br />

E INSTELLEN, DASS ES<br />

WENIGER GROS S E B Ü R O S<br />

GEBEN UND ES MEHR<br />

AUF G EMEINSCHAF T LICHE<br />

„ W O R K S P A C E S “<br />

HINAUSLAUF E N WIRD<br />

Theresa-Luisa Ernst<br />

Theresa-Luisa Ernst: Arbeitswelten<br />

müssen sich den neuen Generationen<br />

anpassen. Work-<strong>Life</strong>-Balance ist nun<br />

auch schon seit Jahren in aller Munde<br />

und viele Unternehmen haben sich<br />

durch flexible Arbeitsmodelle, wie der<br />

Möglichkeit, sich von zuhause oder<br />

unterwegs in die Server einzuloggen,<br />

umgestellt. Dies geht natürlich nicht in<br />

allen Branchen. Der Generation Y, zu<br />

der ich auch gehöre, ist es auch wichtig,<br />

dass die Arbeit Spaß macht. Das<br />

kann nur passieren, wenn dadurch das<br />

Privatleben nicht zurückstehen muss.<br />

Ich denke, dass wir aber durch unsere<br />

Technologieaffinität, Multi-Tasking-<br />

Fähigkeit und frühe Selbstständigkeit<br />

auch effizienter geworden sind. Das<br />

heißt, man muss sich darauf einstellen,<br />

dass es weniger große Büros geben<br />

wird und es mehr auf gemeinschaftliche<br />

„Workspaces“ hinauslaufen wird.<br />

Viele Themen werden jetzt und auch<br />

in Zukunft sicherlich ausschließlich<br />

mit Videotelefonie und keiner persönlichen<br />

Anwesenheit geregelt werden.<br />

Spart Zeit und Geld.<br />

Sie haben ein altes Gebäude komplett zum<br />

modernen Büro umgebaut, wie war hier Ihr<br />

Ansatz?<br />

Martin Ernst: Ein Grundsatz von<br />

mir ist: Ich mache etwas entweder<br />

richtig oder gar nicht. Nachdem unser<br />

ursprünglicher Plan, das Objekt<br />

abzureißen, daran scheiterte, dass die<br />

Stadtverwaltung meinte, dass dieses<br />

Objekt stadtbildprägend für den Augustaplatz<br />

ist, mussten wir diesbezüglich<br />

vollkommen umdenken. Ich bin<br />

heute sehr glücklich, dass ich das Designbüro<br />

Ippolito Fleitz kennenlernen<br />

durfte und wir den Umbau gemeinsam<br />

realisieren konnten. Qualität kostet<br />

immer Geld, hat allerdings auch<br />

den längsten Bestand.<br />

Wie sind Sie auf die internationalen Architekten<br />

Ippolito Fleitz gekommen?<br />

Martin Ernst: Ich habe von Ippolito<br />

Fleitz gelesen und diese wurden<br />

mir auch empfohlen. Ich rief Herrn<br />

Fleitz einfach an und fragte ihn, ob<br />

er sich vorstellen könnte, in der „Weltstadt“<br />

Baden-Baden tätig zu werden.<br />

Er sagte sofort: „Warum nicht, ich<br />

bin gebürtig aus Baden-Baden Steinbach.<br />

Mein Vater wohnt heute noch<br />

dort.“ Das Büro baut in der ganzen<br />

Welt und wurde kürzlich in die Hall<br />

of Fame des internationalen Designs<br />

aufgenommen. Die erfolgreichen Architekten<br />

sind absolut natürlich, sympathisch<br />

und bescheiden geblieben.<br />

Was ist diesen Architekten in Ihrem neuen<br />

Büro gelungen?<br />

Martin Ernst: Aus unserer Sicht ein<br />

absoluter Wurf. Man sieht sofort die<br />

Handschrift eines einzigartigen Innenarchitekten<br />

und wir können das<br />

ganze Werk nur als absolut gelungen<br />

bezeichnen.<br />

54 LIVING & LIFE


ERNST & RUBR ERNST IK<br />

LIVING & LIFE<br />

55


INTERV IEW<br />

Theresa-Luisa Ernst: Das Büro<br />

hat wirklich Wohlfühlcharakter und<br />

ist modern, stylisch und repräsentativ.<br />

Die offene Gestaltung fördert den<br />

Austausch zwischen den Mitarbeitern<br />

und es gibt genügend Rückzugsorte<br />

für Meetings oder diverse Lounges, in<br />

denen man in unkomplizierter Atmosphäre<br />

einmal Dokumente durchlesen<br />

oder Gespräche führen kann. Ich<br />

selbst war vor meinem Einstieg hier<br />

bei der Immobilien Regional AG bei<br />

einem internationalen Unternehmen<br />

in Frankfurt angestellt. Dort sind wir<br />

vor drei Jahren auch in ein komplett<br />

neues Büro gezogen. Unser Büro hier<br />

in Baden-Baden steht diesem in gar<br />

nichts nach und man merkt sofort,<br />

dass hier renommierte Architekten<br />

am Werk waren.<br />

Wo steht Baden-Baden heute?<br />

Martin Ernst: Leider nicht mehr<br />

dort, wo es vor 50 Jahren stand. Baden-Baden<br />

muss erhebliche Anstrengungen<br />

unternehmen, um das Niveau<br />

im Blick auf Sauberkeit, Gartenpflege,<br />

die Substanz der Straßen und Brücken<br />

wieder zu erreichen. Der Name<br />

Baden-Baden strahlt nach wie vor in<br />

die ganze Welt und ist bekannter als<br />

unsere Landeshauptstadt Stuttgart.<br />

Wer Baden-Baden allerdings kennt<br />

wie wir, sieht, dass sich vieles nicht<br />

zum Besseren verändert hat.<br />

Wie erklären Sie einem Fremden irgendwo<br />

in der Welt, was Baden-Baden ausmacht?<br />

Theresa-Luisa Ernst: Baden-Baden<br />

is so nice that they had to name it twice!<br />

Baden-Baden ist eine einzigartige Stadt<br />

mit vielen tollen Bauten und Einrichtungen.<br />

Es ist landschaftlich wunderschön<br />

am Fuße des Schwarzwalds gelegen<br />

und hat herrliche Grünflächen.<br />

Durch das Museum Frieder Burda und<br />

das Festspielhaus ist Baden-Baden international<br />

bekannt und die Stadt wird<br />

auch für junge Leute interessanter.<br />

Bleibt der Markt für Immobilien in Baden-<br />

Baden so stark?<br />

Martin Ernst: Nennen Sie mir eine<br />

mit Baden-Baden vergleichbare Stadt<br />

in Europa. Ihnen wird keine einfallen.<br />

Damit beantwortet sich Ihre Frage<br />

von selbst.<br />

Wie ist die Situation mit ausländischen und<br />

speziell russischen Immobilienkäufern?<br />

Martin Ernst: Baden-Baden hatte<br />

immer Villen, in denen ein ganz bestimmtes<br />

Land extrem vertreten war.<br />

Nach dem Krieg gab es die arabische<br />

Welle, die japanische Welle, die amerikanische<br />

Welle. Kürzlich die russische<br />

Welle. Jeder Insider weiß, dass<br />

jedem Wellenberg auch wieder ein<br />

Wellental folgt. Deswegen war uns<br />

schon lange klar, dass die russische<br />

Welle auch wieder abnehmen wird.<br />

Dies ist bei den sehr hochpreisigen<br />

Immobilien geschehen – bei den niederpreisigen<br />

nicht. Aber was ist daran<br />

verkehrt, wenn der Markt sich bei realen<br />

Preisen stabilisiert?<br />

Was wird sich in Baden-Baden in den<br />

nächsten zehn Jahren verändern?<br />

Martin Ernst: Ich hoffe sehr, dass<br />

sich die Pflege der Parks, die Sauberkeit<br />

der Innenstadt und der Sanierungsstau<br />

bei Straßen, Brücken und<br />

Plätzen wesentlich verbessern lässt.<br />

Was wünschen Sie sich für Baden-Baden?<br />

Theresa-Luisa Ernst: Ich wünsche<br />

mir für Baden-Baden, dass die Stadt<br />

weiterhin durch Entwicklungen wie<br />

das Roomers und The Grill noch attraktiver<br />

für junge Leute wird und<br />

auch einen Hauch von Großstadtflair<br />

erhält. Zudem können solche Magnetpunkte<br />

sicherlich auch unserem<br />

Einzelhandel helfen, der ja momentan<br />

sehr leidet.<br />

Was ist die Stärke eines Familienunternehmens?<br />

Martin Ernst: Man hat nicht jedes<br />

Quartal Bilanzzahlen zu veröffentlichen<br />

und muss hungrige Kapitalanleger mit<br />

immer größeren Renditenversprechen<br />

ködern. Der Famlienunternehmer<br />

denkt eher wie ein Forstwirt. Dieser<br />

weiß, dass er die Baumsetzlinge, die er<br />

heute in den Boden bringt, frühestens<br />

in 50 bis 60 Jahren ernten kann – also<br />

zwei Generationen später. Ich denke,<br />

dass Qualität und Solidität an oberster<br />

Rangstelle stehen.<br />

Theresa-Luisa Ernst: Ein Familienunternehmen<br />

denkt nicht in Quartalen<br />

sondern in Generationen und ist<br />

deswegen langfristig orientiert. Es gibt<br />

kurze Entscheidungswege und viel Eigenverantwortung,<br />

die Arbeitnehmer<br />

sicherlich schätzen. Es wird meiner<br />

Meinung nach auch eine größere Bindung<br />

zum Unternehmen aufgebaut<br />

und macht die Mitarbeiter loyaler.<br />

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56 LIVING & LIFE


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RUBR IK<br />

DAVID HOCKNEY<br />

DIE L U ST AN D E R F R EIHEIT<br />

58 LIVING & LIFE


D A V ID HOCK NEY<br />

DER M A LER DAVID H O C K N EY LIEB T BA D E N-BAD E N<br />

UND AN D E R O O S ENTSTAND E N ERSTE I P A D - Z E ICHNUNGEN<br />

J E TZT WURD E ER 80 JAHRE ALT<br />

VON S TEF AN T OLK SDORF UND HORST KOPPELSTÄTTER<br />

ein anderer hat den Moment des Verschwindens so<br />

K kongenial ins Bild gesetzt. „A Bigger Splash“ heißt<br />

das erste Gemälde, das einem beim Namen „David Hockney“<br />

in den Sinn kommt: ein Swimmingpool kurz nach<br />

dem Köpfer vom Sprungbrett, der Moment des Abtauchens<br />

einer Person, von der nur das aufspritzende Wasser<br />

zeugt – man hört es förmlich spritzen – umso mehr, als<br />

die Umgebung des Pools von fast aseptischer Stille ist. Ein<br />

Sekundenbruchteil, wie ihn nur die Kamera festzuhalten<br />

vermag. Tatsächlich malte Hockney das Bild 1967 nach einem<br />

Foto, erstaunt darüber, dass er für die Abbildung einer<br />

Sekundensequenz ganze zwei Wochen brauchte.<br />

Der junge Engländer war fasziniert von der Sonne und der<br />

Weiträumigkeit Kaliforniens, die er drei Jahre zuvor gegen<br />

das rußschwarze Bradford und die Enge des Elternreihenhauses<br />

eingetauscht hatte. Auch die körperliche Freizügigkeit<br />

gefiel dem bekennenden Homosexuellen. Zuvor an der<br />

Royal Academy hatte er seinem Bedürfnis nach Körperlichkeit<br />

in frechen halbabstrakten Bildern mit Schriftzügen<br />

und becketthaften Figuren Ausdruck verliehen, sämtlich<br />

von gedeckter Farbigkeit. Hier nun, unter dem blauen<br />

Himmel Kaliforniens, in Santa Monica und in Hollywood,<br />

lebte er sich aus. In einigen Bildern aus jenen Jahren der<br />

Befreiung lässt er nackte Männer im Pool schwimmen.<br />

Umso erstaunlicher, dass das Objekt der Begierde in „A<br />

Bigger Splash“ ganz in die Malerei abtaucht, ja darin verschwindet.<br />

Ein programmatisches Bild.<br />

Denn eben darum geht es Hockney in seiner berühmten<br />

Swimmingpool-Serie: eine Malerei zwischen Figürlichkeit<br />

und Abstraktion oder, besser gesagt, um den Einbruch eines<br />

anderen Sehens in die Alltagswelt. Die zu Kringeln<br />

und tanzenden Linien abstrahierten Lichtmuster auf dem<br />

Boden des Pools oder an der Wasseroberfläche – sie verändern<br />

nicht nur die Wahrnehmung, sondern den gesamten<br />

Bildraum. Er war und ist das Dauerthema im ebenso vielseitigen<br />

wie überzeugenden Werk dieses Malers, Zeichners,<br />

Grafikers, Fotografen und Bühnenbildners.<br />

VERSTECKTE SPIEGEL<br />

Es geht ihm um die Erweiterung der Perspektive durch<br />

die Öffnung des Raums. „Der Raum ist eine Illusion, im<br />

Gegensatz zur Zeit, die ich nachweislich dafür brauche,<br />

ihn zu gestalten“, sagte Hockney. In seinem spannenden<br />

Buch über die Geheimnisse der Alten Meister („Secret<br />

Knowledge: Rediscovering the Lost Techniques of the Old<br />

Masters“, 2001) führt uns der Autor zurück zum Beginn<br />

des zentralperspektivischen Zeichnens – zu Filippo Brunelleschi,<br />

den genialen Erbauer der Domkuppel von Florenz.<br />

Hockney zufolge soll er bei der ersten perspektivischen<br />

Zeichnung der europäischen Kunstgeschichte technische<br />

Hilfsmittel – versteckte Spiegel – verwendet haben. Der<br />

Maler, der sich ein Leben lang zur gegenständlichen Malerei<br />

bekannte, sieht in der um 1420 entwickelten Zentralperspektive<br />

indes eine Verengung des Blicks.<br />

LIVING & LIFE 59


RUBR K UNST IK<br />

David Hockney „Portrait of an Artist (Pool with Two Figures)“ 1972, Acrylic on canvas, 84 x 120", © David Hockney<br />

Photo Credit: Art Gallery of New South Wales / Jenni Carter<br />

In vielen seiner großformatigen, in Kalifornien entstandenen,<br />

farbintensiven Bilder bricht er mit diesem Seh-Prinzip<br />

und bietet, ebenso wie in seinen Fotocollagen („Ein Foto<br />

reicht mir nicht!“), mehrere mögliche Perspektiven und<br />

Standpunkte an. Damit gibt er dem Betrachter eine neue<br />

Freiheit. Dieser soll sich nun selbst in Beziehung zum Bild<br />

setzen, statt nur den Vorgaben des Malers zu folgen. Eine<br />

perspektivische Öffnung des Raumes, die der nach England<br />

Heimgekehrte in den 2000er-Jahren durch seine<br />

Neuentdeckung der Landschaftsmalerei fortsetzte: menschenleere<br />

Ausschnitte von Feldern und Baumgruppen,<br />

weitflächige Panoramen von Yorkshire, die farblich an sein<br />

frühes aperspektivisches Bild „Mulholland drive“ anknüpfen.<br />

Nur scheint der Blick auf die klar konturierte Landschaft<br />

hier konventioneller, weiter entfernt von der Grenze<br />

zur Farbfeldmalerei. Was wie eine Neuauflage des Naturmalers<br />

John Constable im Gewand des virtuellen Zeitalters<br />

anmutet, ist aber keineswegs frei von Romantik.<br />

Der Maler, der in L.A. oder New York so oft und gern ins<br />

Club- und Partyleben eintauchte, genießt nun die Stille.<br />

Diese meist großformatigen Panoramen – das Bild „Bigger<br />

trees near water“ misst etwa 12,2 mal 4,4 Meter und besteht<br />

aus 50 einzelnen Leinwänden – schmeicheln durchaus<br />

dem Auge. Hockney scheut sich nicht, die Schönheit<br />

der Baumformen und eine scheinbar vollkommene Landschaft<br />

zu feiern, die gleichwohl immer auch Nutz-Natur ist:<br />

Gefällte Bäume ragen uns entgegen, von Hecken gezirkelte<br />

Wiesen und Felder segmentieren den Blick.<br />

Die Augen des Malers aber suchen die Weite – seinen<br />

höchsteigenen Begriff von Freiheit. Natur, sagt Hockney,<br />

sei für ihn das Synonym für Unendlichkeit. Konservativ<br />

ist der Brite nur auf den ersten Blick. Als erster Künstler<br />

von Weltrang begann er auf iPhone und iBook zu malen<br />

– Bilder, die wirken, als wären sie mit dem Aquarellpinsel<br />

aufgetragen.<br />

60<br />

LIVING & LIFE


DAVID HOCKNEY<br />

„Der Raum ist eine Illusion, im Gegensatz zur Zeit,<br />

die ich nachweislich dafür brauche, ihn zu gestalten“<br />

Jahrzehnte zuvor hatte sich der kongeniale Zeichner schon<br />

als Druckgrafiker und Fotograf einen Namen gemacht. Für<br />

große Opernhäuser wie die Metropolitan Opera entwarf<br />

er phantastische Bühnenbilder, etwa für „Die Zauberflöte“,<br />

Benjamin Brittens „The Rake´s Progress“ oder Erik Saties<br />

„Parade“. Im letzteren Fall, wie auch auf vielen Bildern<br />

der 90er-Jahre, ist der Einfluss von Henri Matisse unverkennbar.<br />

Hockneys Hero aber bleibt Picasso. An dessen<br />

kubistische Raumauffassung erinnern viele von Hockneys<br />

oft mehrteiligen Bildern. Im Gegensatz zum Spanier spielt<br />

die Figur im Werk des Briten aber eine eher untergeordnete<br />

Rolle. Doch gibt es bei Hockney Paarkonstellationen<br />

von der rätselhaften Statik eines Edward Hopper und der<br />

traumhaften Entrücktheit eines Balthus.<br />

Immer aber bleibt er sich und seiner unverwechselbaren<br />

malerischen Handschrift treu. Wie bei seinem eindringlichen<br />

Portrait der 1999 verstorbenen Mutter – so alt wie das<br />

Jahrhundert, dessen künstlerische Entwicklung die Kunst<br />

des Sohnes eindrucksvoll spiegelt. Stets ging es ihm weniger<br />

um das Motiv, als um die Möglichkeiten der Malerei,<br />

die alte Frage, wie wir eigentlich sehen – und wie sich die<br />

Suche nach Freiheit visualisieren lässt. Man mag diesem<br />

„letzten Meister der Klassischen Moderne“ einen gewissen<br />

Konservativismus attestieren, ja eine Liebe für Sujets des<br />

19. Jahrhunderts. Es ist seine Sinnlichkeit, seine farbliche<br />

Frische, seine malerische Akkuratesse, die David Hockney<br />

zu den gefragtesten und herausragenden Künstlern der<br />

Gegenwart machen. Nur mit Pop-Art, wie immer wieder<br />

zu hören, hat seine Kunst denkbar wenig zu tun. Hockney<br />

ist und bleibt ein Solitär, der sich jeder Einordnung entzieht:<br />

ein Anarchist, wie er sich selbst nennt – wenngleich<br />

alles andere als ein „angry old man“.<br />

Im vergangenen Jahr war er der Star der Frankfurter<br />

Buchmesse, wo er das im Taschen-Verlag erschienene<br />

„A Bigger Book“ vorstellte, seinen 500-seitigen Oeuvre-<br />

Katalog, der im aufgeklappten Zustand mit einem eigens<br />

designten Buchständer ganze zwei Meter misst und sage<br />

und schreibe 2.000 Euro kostet. Ein grandioses Buch, das<br />

seinesgleichen sucht.<br />

A BIGGER BOOK<br />

Im Taschen-Verlag ist ein außergewöhnliches<br />

Buch zu David Hockney erschienen:<br />

David Hockney. A Bigger Book, Taschen<br />

Hardcover, 498 Seiten, 13 Ausklappseiten,<br />

50 x 70 cm, mit einem von Marc Newson entworfenen<br />

Buchständer und einem illustrierten<br />

640-seitigen Begleitbuch, € 2.000<br />

Limitierte Collector’s Edition von 9.000<br />

signierten Exemplaren. Ebenfalls erhältlich in<br />

vier verschiedenen Art Editionen von jeweils<br />

250 signierten Exemplaren mit einer iPad-<br />

Zeichnung.<br />

Cover Artwork by David Hockney „Garden with Blue Terrace“ 2015 (detail)<br />

Acrylic on canvas, 48 x 72", © David Hockney<br />

LIVING & LIFE 61


RUBR B LAU IK IN DER K UNST<br />

David Hockney ist regelmäßig in Baden-Baden: Hier vor dem Museum Frieder Burda.<br />

David Hockney liebt Deutschland, am meisten Baden-Baden.<br />

Seit vielen Jahren kommt er regelmäßig ins legendäre<br />

Brenners Park-Hotel direkt an der Lichtentaler Allee. Von<br />

da ist es nur ein Steinwurf rüber ins schneeweiße Museum<br />

Frieder Burda, dessen Ausstellungen der berühmte Maler<br />

regelmäßig besucht. Er macht nie ein großes Aufhebens<br />

darum, dass er weltweit zu den Stars der zeitgenössischen<br />

Malerei zählt. Er kommt einfach vorbei, plaudert mit den<br />

Damen an der Kasse, schaut sich alles an und geht oft wieder,<br />

ohne dass ihn jemand erkannt hat. Frank Marrenbach,<br />

Chef des Brenners Park-Hotel, kann von vielen sympathischen<br />

Begegnungen mit David Hockney erzählen. Eines<br />

Tages brachte Marrenbach David Hockney und Sammler<br />

Frieder Burda zusammen und beide haben sich prächtig<br />

verstanden bei einer spontanen Einladung, die Burda für<br />

den erfolgreichen Künstler in seinem Privathaus mit herrlichem<br />

Blick über die Stadt gab.<br />

Hockney besucht auch mal gerne die Thermen oder bummelt<br />

einfach durch die Stadt. In der Kulturstadt an der Oos<br />

entstanden auch die ersten iPad-Zeichnungen von Hockney.<br />

Im Brenners Park-Hotel hatte er die Idee und deshalb<br />

kann man heute beispielsweise ein Stillleben Hockneys aus<br />

dem Hotel („Nachttisch am Bett“) oder das Bild „Baden-<br />

Badener Villa in Höhenlage“ bewundern. Eine Hommage<br />

an eine Stadt, in der sich der Maler wohlfühlt und die<br />

Hockney aus vielen Gründen sehr schätzt.<br />

Seit einigen Jahren hat der britische Künstler seinen<br />

Hauptwohnsitz wieder am Mulholland Drive über der<br />

Skyline von Los Angeles. Leuchtend farbig wie seine Bilder<br />

sind auch die Wände seines Hauses, das sich hinter Palmen<br />

und subtropischer Vegetation versteckt. Da liegt er<br />

nun, die ehedem blondierten Haare grau, mit seiner noch<br />

immer unverkennbaren schwarzgerahmten runden Brille,<br />

schmaucht ein Zigarettchen und erfreut sich seines rundum<br />

erfüllten Lebens – natürlich an seinem Swimmingpool.<br />

Im Sommer 2017 wurde er 80 Jahre alt.<br />

Chapeau David Hockney!<br />

62<br />

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RUBR IK<br />

64<br />

LIVING & LIFE


RUBR IK<br />

DER MIT<br />

DEM FUCHS<br />

TANZT<br />

B E GEGNUNG MIT DEM S CHWARZWÄLDER<br />

N A TURF OTOGRAF E N K L AUS E CHLE<br />

LIVING & LIFE 65


KLAUS<br />

E C H LE<br />

VON HORST KOPPELSTÄTTER<br />

Warum taucht der Fuchs so oft in Ihren Motiven auf?<br />

Klaus Echle: In meinen Augen ist der Fuchs ein sehr<br />

schönes Tier, er ist charismatisch, aber auch umstritten.<br />

In der Literatur hat der Fuchs fast nie eine positive Stellung.<br />

Bei vielen Menschen gibt es Ängste vor dem Fuchs,<br />

das reicht von Tollwut bis zum Fuchsbandwurm. Für mich<br />

ist der Fuchs ein faszinierendes Tier. Jeder, der schon mal<br />

junge Füchse beim Spielen gesehen hat, ist davon ergriffen.<br />

Dieser Zwiespalt ist sehr spannend. Vielleicht kann ich zu<br />

einem etwas besseren Image des Fuchses beitragen.<br />

Es gibt ein Foto, das zeigt, wie Sie hinter der Kamera am Boden<br />

liegen und gespannt beobachten. Hinter Ihnen steht ein Fuchs, der<br />

scheinbar ebenso neugierig schaut, was Sie da eigentlich tun. Ist das<br />

eine Montage?<br />

Echle: Das ist natürlich keine Montage. Das war 2010, da<br />

hatte ich so etwas wie eine Affäre mit einer Füchsin. Ich<br />

hatte eine junge Füchsin ein halbes Jahr begleitet. Sie wurde<br />

am Schluss so vertraut mit mir, dass ich sehr nah an<br />

sie herangekommen bin. Dennoch blieb sie anderen Menschen<br />

gegenüber extrem scheu …<br />

… das heißt, Sie haben die Füchsin sehr früh getroffen und es ist so<br />

etwas wie eine Prägung entstanden …?<br />

Echle: … ja, es war eine persönliche Bindung auf mich<br />

fixiert.<br />

… aber wie hat sich die Füchsin später wieder allein zurecht gefunden?<br />

Echle: Das war kein Problem. Es ist ja mein Anliegen,<br />

dass der Fuchs selbstständig bleibt und selbst jagen muss.<br />

Leckereien, die ich mitgebracht habe, sollten also eher nur<br />

ein kleines Dessert sein und nicht mehr. Wir haben auch<br />

ein Buch darüber geschrieben: „Fuchs ganz nah“. Es ist im<br />

BLV-Verlag erschienen und ist sehr erfolgreich.<br />

Welche Eigenschaften braucht ein erfolgreicher Tierfotograf?<br />

Echle: Eine gewisse Verrücktheit gehört dazu, Leidenschaft<br />

und viel Geduld. Der Naturfotograf ist ja fast ständig<br />

draußen. Und man will immer besser werden. Das ist<br />

wie bei einem Sportler. Eigentlich bin ich eher unruhig und<br />

ungeduldig, aber beim Fotografieren habe ich das nötige<br />

Sitzfleisch.<br />

Wenn Sie bei schlechtem Wetter unterwegs sind und vergeblich warten,<br />

verfluchen Sie dann Ihr Hobby nicht manchmal?<br />

Echle: Der Vorteil ist, man kommt ja schnell wieder an die<br />

Wärme, selbst wenn es nass und kalt sein sollte beim Foto-<br />

66 LIVING & LIFE


RUBR IK<br />

grafieren. Es ist ja nur eine begrenzte Zeit. Ich genieße es,<br />

auch bei schlechtem Wetter, ja bei richtig starkem Regen,<br />

draußen zu sein. Dann entstehen auch faszinierende Fotos.<br />

Und ich erlebe Dinge, die es sonst bei schönem Wetter<br />

nicht gibt.<br />

Wie gelingt es, den Tieren sehr nahe zu kommen und sie dennoch<br />

nicht ernsthaft zu stören?<br />

Echle: Grundsätzlich beschäftige ich mich sehr viel mit<br />

Biologie. Wenn ich an eine Tierart fotografisch rangehe,<br />

muss ich zuvor sehr viel darüber wissen. Ich lese sehr viel.<br />

Dann ist es zunächst eine Annäherung ohne Fotoapparat.<br />

Manche Tiere sind vertrauter als die anderen. Ich muss die<br />

Grenze herausfinden: Wie nah kann ich ran? Natürlich<br />

setzen wir auch mal Hilfsmittel ein, wie Lichtschranken,<br />

Fernauslöser oder Tarnverstecke. Aber Kameras sind auch<br />

laut und ein Störfaktor. Letztlich steht immer das Tierwohl<br />

im Vordergrund.<br />

Was ist das für ein Gefühl, wenn Ihnen ein toller „Fotoschuss“<br />

gelingt? Merken Sie sofort, das ist jetzt ein ganz besonderes Bild?<br />

Echle: Das ist unterschiedlich. Wobei, ich komme fast immer<br />

nach Hause und sage, heute habe ich die besten Fotos<br />

gemacht. Das ist sehr emotional. Manchmal spüre ich sofort,<br />

das ist ein Super-Bild, aber oft braucht es eine gewisse<br />

Zeit, um das zu erkennen. Es kann aber sein, dass ein Foto<br />

nach vier Wochen, wenn die Emotionen weg sind, auch<br />

verliert. Naturfotografie ist immer mit Adrenalin verbunden,<br />

auch wenn gar kein Foto zustande kommt. Wenn ein<br />

Tier auftaucht, ist das immer etwas Besonderes.<br />

LIVING & LIFE 67


KLAUS<br />

E C H LE<br />

Sie waren ursprünglich Koch und haben dann Forstwirtschaft studiert.<br />

Ist Förster ein Traumberuf?<br />

Echle: Ja, absolut. Das ist auch eine Berufung. Ich genieße<br />

es, draußen zu sein. Wir arbeiten täglich mit dem Produkt<br />

Holz.<br />

Was fasziniert Sie an unserer heimischen Landschaft im Schwarzwald?<br />

Sie sind ja viel gereist und haben viel gesehen.<br />

Echle: Unsere Natur wird unterschätzt. Wir haben eine<br />

unglaublich schöne Landschaft hier im Schwarzwald. Ich<br />

war schon in den tropischen Regenwäldern. Das sind wunderbare<br />

Landschaften mit einzigartigen Ökosystemen,<br />

aber über den Schwarzwald lasse ich nichts kommen. Wir<br />

haben vier Jahreszeiten bei uns. Unsere Natur ist weltweit<br />

unvergleichlich, wir müssen das nur entdecken.<br />

Also nach dem Motto „Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande“.<br />

Wie würden Sie denn das ganz Besondere am Schwarzwald beschreiben?<br />

Echle: Man muss in alles eintauchen. Es ist vor allem der<br />

Wald, es sind Tannenwälder, die es in dieser Prägung sonst<br />

eigentlich nirgendwo gibt. Die Weißtanne ist der klassische<br />

Baum des Schwarzwaldes mit sehr vielfältigen Waldgesellschaften.<br />

Ein Beispiel sind die bäuerlichen Plenterwälder.<br />

Das sind große und kleine Bäume nebeneinander, wie<br />

eine Großfamilie unter einem Dach. Bei diesen Wäldern<br />

leben mehrere Generationen in einem engen Gebiet zusammen.<br />

Es gibt auch andere Tierpopulationen. Bei uns<br />

ist es beispielsweise der Auerhahn, der ein Kulturgut unserer<br />

Landschaft ist. Nirgendwo in Deutschland gibt es so<br />

viele Auerhähne wie im Schwarzwald. Hier gibt es noch<br />

viele Tiere. Die brauchen einen ganz bestimmten Wald. Es<br />

ist unglaublich reizvoll im Schwarzwald. Der Wald ist oftmals<br />

unterbrochen von offener Landschaft und bäuerlicher<br />

Landwirtschaft, das ist sagenhaft schön.<br />

Also sind die vielen Tannen nicht eintönig?<br />

Echle: Nein, wer genau hinschaut, entdeckt diese unglaubliche<br />

Vielfalt. Wir haben auch eine andere ganz besondere<br />

Geologie. Im Nordschwarzwald sind es eher nährstoffarme<br />

Böden, im Süden dagegen extrem nährstoffreiche, auch<br />

das ist ein Auslöser für eine große Vielfalt. Anders als in<br />

vielen Regionen in Deutschland. Im Nordschwarzwald ist<br />

es überwiegend Buntsandstein, dazwischen Granit, und im<br />

Südschwarzwald Gneis. Teilweise gibt es auch Vulkangestein<br />

mit Lösauflagen.<br />

68 LIVING & LIFE


RUBR IK<br />

K L AUS E C HLE,<br />

geboren 1964 in Oberwolfach, Schwarzwald. Von 1979 bis 1988 Ausbildung<br />

und verschiedene Anstellungen als Koch mit dem Ziel, später den<br />

elterlichen Gaststättenbetrieb zu übernehmen. Von 1988 bis 1994 jedoch<br />

Weiterbildung und Studium zum Dipl. Ing. FH Forstwirtschaft, bekannter<br />

als „Förster“. 1994 bis 20<strong>02</strong> Revierleiter im Staatlichen Forstamt Alpirsbach.<br />

Seit 20<strong>02</strong> Revierleiter im Städtischen Forstamt Freiburg, Revier<br />

Günterstal.<br />

Die Fotografie betreibt Klaus Echle bereits seit der Jugend. Anfänglich<br />

mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen und überwiegend Landschaftsmotiven<br />

und Reisefotografie. Schon während des Studiums ist er im Naturschutz,<br />

besonders im Fledermausschutz, aktiv. Hier kamen oft Anfragen für<br />

Vorträge, die mit ausgeliehenen Bildern stattfinden mussten. Seit 1996<br />

ist er von der Naturfotografie ernsthaft „infiziert“. Sein Schwerpunkt:<br />

Verhaltensweisen und ökologische Zusammenhänge ästhetisch und<br />

künstlerisch darzustellen. Hierbei liegt ihm die heimische Natur besonders<br />

am Herzen. 20<strong>02</strong> wurde er als Vollmitglied in die Gesellschaft deutscher<br />

Tierfotografen (GDT) aufgenommen. Preise beziehungsweise Highlights<br />

bei verschiedenen Fotowettbewerben wie „Glanzlichter“, BBC „WPY“,<br />

London (Gartenschläfer) und viele anderen. 2003 „Europäischer Naturfotograf<br />

der Jahres“ (ENJ).<br />

Echles Fotos werden regelmäßig in der in der Galerie Ulrich Marx in<br />

Offenburg ausgestellt: www.marx-galleries.de<br />

LIVING & LIFE 69


KLAUS<br />

E C H LE<br />

Wie sorgsam – oder auch nicht – gehen wir heute mit der Natur um?<br />

Spüren Sie ein Umdenken?<br />

Echle: Es gibt viele Verbesserungen. Beispielweise in der<br />

Forstwirtschaft kommt man vollkommen vom Einsatz von<br />

Pestiziden ab. Wir werden bewusster und naturnäher. Das<br />

ist keine Frage. Ich sehe aber mit Sorge, dass wir einen fast<br />

unaufhaltsamen Flächenfraß haben. Da gibt es auch einen<br />

Egoismus im Blick auf die Natur. Hier muss jeder für sich<br />

persönlich seine Linie finden. Ich war 20<strong>02</strong> zum letzten<br />

Mal auf einer großen Reise. Da bin ich zurückgekommen<br />

und habe mir vorgenommen, nicht mehr zu reisen, auch<br />

nicht als Fotograf. Gerade als Fotograf habe ich die Möglichkeit,<br />

die Natur hier zu zeigen. Ich will einen möglichst<br />

kleinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen. Das habe<br />

ich gut 15 Jahre durchgehalten. Ich will natürlich nicht ein<br />

Leben lang auf Reisen verzichten. Das bildet ja auch. Aber<br />

im Blick auf die Rücksicht unserer Lebensräume muss jeder<br />

selbst handeln und nicht darauf warten, dass es die Anderen<br />

für einen erledigen.<br />

Und wie verändert sich das Bewusstsein?<br />

Echle: Das ist wirklich eine schwierige Güterabwägung.<br />

Viele Städte in unserer Region wachsen sehr stark. Da wird<br />

guter Wohnraum gebraucht und neue Arbeitsplätze. Es ist<br />

eine Abwägung mit dem Naturschutz. Man kann sich da<br />

nicht auf eine Seite schlagen. Es geht um Kompromisse und<br />

die sind nicht einfach. Jeder muss bei sich selbst anfangen.<br />

Es gibt einen neuen Heimatgedanken in der Gesellschaft.<br />

Die Wertschätzung für unsere Natur ist unglaublich gewachsen.<br />

Dazu kann ich auch als Fotograf ein wenig beitragen.<br />

Wie schön ist es bei uns. Wir müssen nicht nach Afrika oder<br />

sonst wohin reisen, um herrliche Natur zu erleben. Ich kann<br />

nur sagen, wenn wir genau hinschauen, werden wir staunen<br />

über das Wunder unserer Natur im Schwarzwald.<br />

70 LIVING & LIFE


BRENNERS AUSAVA CLUB


STADTWALD<br />

„ÖKOLOGISCHE VIELFALT<br />

IST UNSERE BESTE<br />

RÜCKVERSICHERUNG“<br />

BEGEGNUNG MIT BAD E N-W Ü RTTEMB E RGS F ORSTPRÄSID E NTEN M A X R E G E R<br />

Ü B E R S I TUATION UND Z U K U NFT D E R D E UTSCHEN W Ä L D E R UND D I E BESOND E R -<br />

HEITEN D ES BAD EN-BAD ENER S T A D T WALD ES<br />

VON HORST KOPPELSTÄTTER<br />

Baden-Baden verfügt über die zweitgrößte Kommunalwaldfläche in<br />

ganz Deutschland. Was zeichnet diesen Stadtwald aus?<br />

Max Reger: Die Stadt Baden-Baden ist der größte kommunale<br />

Waldbesitzer in Baden-Württemberg und der<br />

zweitgrößte in der Bundesrepublik. Der Stadtwald besitzt<br />

eine große Bandbreite an unterschiedlichsten Waldbeständen,<br />

vom Auewald der Rheinebene über den Bergmischwald<br />

bis in die hohen Lagen rund um die Badener Höhe.<br />

Auf den unterschiedlichen Standorten finden sich praktisch<br />

alle in Baden-Württemberg vorkommenden Baumarten.<br />

Der Stadtwald rahmt die Stadt Baden-Baden in einer sehr<br />

sympathischen Form ein – ein Schutzwald im besten Sinne<br />

des Wortes. Neben dem klimaschonenden Rohstoff Holz<br />

liefert der Stadtwald ausgezeichnetes Trinkwasser, gute<br />

Luft und viel lebendigen Raum für Freizeitaktivitäten in<br />

einer großartigen Natur-Atmosphäre. Und zu guter Letzt:<br />

Die Stadt Baden-Baden und ihre Bürgerinnen und Bürger<br />

stehen zu ihrem Stadtwald. Die Baden-Badener haben eine<br />

hohe Waldgesinnung – das spürt und sieht man.<br />

Weshalb ist Holz so faszinierend und wie sehen Sie die Zukunft von<br />

Holz als Material für Bauwerke?<br />

Reger: Ich selbst bin voller Leidenschaft und Begeisterung<br />

für dieses Material. Und ich bin sicher, jeder Mensch, der<br />

sich damit beschäftigt, teilt dies bereits nach kurzer Zeit<br />

mit mir. In den vergangenen Jahren hat Holz als Baumaterial<br />

eine rasante Entwicklung genommen. Holz ist der<br />

Champion unter den Materialien, ein richtiger Hightech-<br />

Baustoff, geworden.<br />

Wir wissen, die anspruchsvollen Ziele im Klimaschutz sind<br />

nur mit modernem Holzbau zu erreichen, denn über 50<br />

Prozent unserer Primärenergie verbrauchen wir mit unseren<br />

Bauten. Zugleich speichert die Verwendung von Holz<br />

beim Bauen über Jahrzehnte, teils über Jahrhunderte, CO ² .<br />

Selbst wenn wir ein Gebäude abbrechen, haben wir im<br />

Holz immer noch einen vollständig verwertbaren Rohstoff.<br />

Und dieser Rohstoff wächst als einziger Baustoff ganz<br />

natürlich in unseren Wäldern ständig nach. Das bewirkt<br />

unsere nachhaltige Waldwirtschaft. Alle fünf Sekunden<br />

wächst praktisch ein Einfamilienhaus in unseren deutschen<br />

Wäldern nach. Holzbau ist die Bauform, die alle Umweltauflagen<br />

auch im Recycling problemlos erfüllt.<br />

Mit keinem anderen Baustoff können Sie dank Vorfertigung<br />

so präzise, wirklich auf den Millimeter genau, und<br />

72 LIVING & LIFE


ANNE-SOPHIE MUTTER<br />

RUBR IK<br />

so schnell bauen. Damit ist selbst in eng bebauten Städten<br />

jeden Tag ein neues Stockwerk fertig und die Umgebung<br />

nur minimal beeinträchtigt. Dazu schaffen Sie mehr Fläche,<br />

da mit Holz deutlich schlankere Wandaufbauten möglich<br />

sind. Und dieser gesunde, trockene Bau ist sehr schnell<br />

bezugsfertig. Nichts muss erst trocknen. Mit innovativem<br />

Holzbau sind mittlerweile enorme Spannweiten und Höhen<br />

möglich. In Kürze wird in Heilbronn das erste Holzhochhaus<br />

in Baden-Württemberg entstehen. Dazu ist Holz<br />

unser leichtester tragender Baustoff. Das ist ideal für alle<br />

Aufstockungen, An- oder Ausbauten. Ressourcenschonender<br />

geht es nicht. Mit keinem Material erzielen Sie eine<br />

so hohe Wohn- und Arbeitsqualität wie mit Holz, das ein<br />

geradezu therapeutisches Innenklima schafft. All das mit<br />

verlässlichen Kosten.<br />

Und bevor ich nicht mehr aus dem Schwärmen herauskomme:<br />

Auch im gekonnten Mix mit anderen Baustoffen<br />

präsentiert sich Holz von seiner besten Seite. Mittlerweile<br />

entsteht jedes vierte Bauwerk in Baden-Württemberg aus<br />

Holz. Die intelligente Zukunft im Bauen wird auf Holz<br />

basieren, ebenso wie unsere künftige bioökonomische<br />

Wirtschaftsweise. Materialien auf Holzbasis werden erdölbasierte<br />

Materialien immer mehr ersetzen. Davon bin ich<br />

überzeugt.<br />

Im Ausland gilt die deutsche Forstwirtschaft als ausgesprochen vorbildlich.<br />

Weshalb?<br />

Reger: Deutschland hat sehr vielfältige und naturnahe<br />

Wälder. Im Gegensatz zu vielen Regionen weltweit sind<br />

auch unsere bewirtschafteten Waldflächen von einer großen<br />

biologischen Vielfalt geprägt. Unsere Wälder sind<br />

Heimat für über 20.000 Pflanzen und Tiere, viele davon<br />

haben im Wald ihren letzten Lebens- und Rückzugsraum.<br />

Dazu kommt, dass viele Menschen diese reichhaltigen<br />

Wälder auch als besonders schön empfinden. Der Grund<br />

dafür ist die lange Tradition einer geordneten Forstwirtschaft.<br />

Die Nachhaltigkeit, heute Grundprinzip für viele<br />

Lebensbereiche, wurde vor fast 300 Jahren in Deutschland<br />

für die Forstwirtschaft erfunden. Heute ist dieses<br />

System vielfach weiterentwickelt und ausgebaut worden<br />

und umfasst alle Bereiche der Waldbewirtschaftung. In<br />

Baden-Württemberg wurde dies mit einem strategischen<br />

Nachhaltigkeitsmanagement in die praktische Arbeit vor<br />

Ort integriert, ein Ansatz, den Sie so eigentlich nirgends<br />

auf der Welt wiederfinden.<br />

LIVING & LIFE 73


STADTWALD<br />

Was macht die besondere Faszination des Schwarzwalds aus?<br />

Reger: Seine Vielfalt und die abwechslungsreichen Landschaften.<br />

Der Schwarzwald ist das größte Mittelgebirge<br />

in Deutschland, er umfasst über ein Viertel der Fläche<br />

Baden-Württembergs. Die fast baumfreien Gipfellagen<br />

mit ihrer faszinierenden Fernsicht, der Übergang aus den<br />

warmen Regionen des Rheintals mit den Weinbergen und<br />

den Obstbaumregionen, die Nadelwaldgebiete im Nordschwarzwald,<br />

die mächtigen Weißtannen mit einer Höhe<br />

von über 50 Metern, die vielfältige Tier- und Pflanzenwelt,<br />

die mal engen, mal weiten Täler mit ihren Bächen und<br />

Flüssen, all dies und noch viel mehr macht den Schwarzwald<br />

mehr als besonders.<br />

Vor welchen Herausforderungen stehen die Wälder?<br />

Reger: Der Klimawandel wird die Wälder und vor allem<br />

die Baumartenzusammensetzung verändern. Die Effekte<br />

nehmen wir jetzt schon wahr, aber leider gibt es keine<br />

zuverlässigen Prognosen für das Klima in 50 oder 100<br />

Jahren. Diese für uns Menschen sehr lange Zeitspanne ist<br />

für den Wald eher kurz. Wir pflanzen heute Bäume, die<br />

erst 2150 geerntet werden. Auch die Belastung durch Luftschadstoffe<br />

setzt dem Wald noch immer zu. Auch wenn in<br />

den letzten 30 Jahren Vieles erreicht wurde, können wir<br />

keine Entwarnung geben.<br />

Was ist zu tun?<br />

Reger: Zentrales Ziel ist der Aufbau von stabilen und<br />

vielfältigen Waldbeständen. Ökologische Vielfalt ist unsere<br />

beste Rückversicherung gegenüber dem Klimawandel.<br />

Dies sind in der Regel Mischbestände aus Baumarten, die<br />

optimal zum Standort passen. Damit dies gelingt, investieren<br />

wir viel in die Forschung und die Standortuntersuchung.<br />

Verbunden ist dies mit der Hoffnung, dass der Klimawandel<br />

gebremst werden kann und die Waldbestände<br />

sich anpassen können.<br />

Max Reger leitet als Landesforstpräsident seit 2007 die<br />

Abteilung Waldwirtschaft und ist gleichzeitig Leitender<br />

Geschäftsführer des Landesbetriebs ForstBW in Baden-<br />

Württemberg. Er ist damit verantwortlich für die gesamte<br />

Waldfläche des Landes und hat wichtige Steuerungsfunktionen<br />

für den Staatsforstbetrieb.<br />

74 LIVING & LIFE


STADTWALD<br />

RUBR IK<br />

DEN SCHWARZWALD ENTDECKEN<br />

Mit knapp 1.500 Metern ist der Schwarzwald das höchste deutsche Mittelgebirge.<br />

Von Pforzheim im Norden erstreckt er sich Richtung Süden über 160 Kilometer<br />

bis zum äußersten Südwesten Deutschlands. Der Schwarzwald ist das größte geschlossene<br />

deutsche Waldgebiet und gehört zu den beliebtesten Erholungsräumen<br />

in Deutschland. Weit mehr als 24.000 Kilometer Wanderpfade lassen sich zu beliebig<br />

langen Touren kombinieren. Auch auf dem Fahrradsattel ist der Schwarzwald ein<br />

wahres Eldorado für Mountainbiker und Radwanderer.<br />

WEITERE INFORMATIONEN: WWW.SCHWARZWALD-TOURISMUS.INFO<br />

LIVING & LIFE 75


Herrlicher Blick von der Badener Höhe<br />

über den Baden-Badener Stadtwald<br />

G E SPRÄCH MIT D E M L E ITER D E R BAD E N-BAD E NER F O RSTB E HÖRD E , T H OMAS H A UCK<br />

Was schätzen Sie am Baden-Badener Stadtwald?<br />

Thomas Hauck: Der Stadtwald Baden-Baden hat eine<br />

sehr lange Tradition in der touristischen Nutzung. Seit gut<br />

180 Jahren gibt es eine eigene städtische Forstverwaltung,<br />

die den Wald im Sinne der Stadt bewirtschaftet. Es ist ein<br />

sehr naturnaher Wald, in dem auch der Naturschutz und<br />

die Waldästethik eine bedeutende Rolle spielen.<br />

Wirft solch eine große Waldfläche auch jährlich gute Erträge ab?<br />

Hauck: Betrachtet man nur den Produktbereich Holzproduktion<br />

und klammert die umfangreichen touristischen<br />

Einrichtungen aus, so würden gute Erträge erwirtschaftet<br />

werden. Leider hat der Orkan Lothar im Jahr 1999 etwa<br />

ein Drittel des Waldes geworfen und die neu entstandenen<br />

artenreichen Mischwälder benötigen einige Jahrzehnte an<br />

Pflege – mit den entsprechenden Kosten.<br />

Welche Bedeutung hat der Wald hinsichtlich Erholung und für den<br />

Tourismus?<br />

Hauck: Die Erholungs- und Freizeitnutzung hat eine sehr<br />

hohe Bedeutung. Neben einem umfangreichen Wanderwegenetz<br />

gibt es auch Angebote für Mountainbiker, Schutzhütten<br />

und Einrichtungen, wie unser vielbesuchtes Wildgehege.<br />

Besonders hervorzuheben ist, dass die Stadt gute 400 Hektar<br />

ihres Waldes als Nationalpark zur Verfügung gestellt hat und<br />

dort zwei sehr attraktive Erlebnispfade eingerichtet sind.<br />

Gibt es eine Stelle, die Sie im Baden-Badener Stadtwald besonders<br />

lieben?<br />

Hauck: Eine schwierige Frage, da der Wald so unterschiedliche<br />

Facetten hat, aber besonders schön ist sicherlich der<br />

Blick vom Turm der Badener Höhe auf gut 1.000 Meter<br />

über Meereshöhe über den Stadtwald bis hin in die benachbarten<br />

Vogesen.<br />

Welchen Wanderweg in Verbindung mit dem Baden-Badener Stadtwald<br />

würden Sie empfehlen?<br />

Hauck: Ein sehr schöner Weg ist unser Panoramaweg, der<br />

auf 40 Kilometern die Stadt umrundet, dabei herrliche<br />

Ausblicke eröffnet und sich zwischen Streuobstwiesen und<br />

dem Wald bewegt. Natürlich ist er auch in Teilabschnitten<br />

zu begehen.<br />

HOK<br />

76 LIVING & LIFE


Ihr Partner für Malerarbeiten<br />

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Trockenbau<br />

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BEGEGNUNG MIT D E R<br />

J A PANISCHEN KÜNSTLERIN M A SAYO ODA H A S H I<br />

IN BAD E N-BAD E N<br />

MORGEN<br />

Erfahrungen, die wir alle teilen, die aber nicht immer bewusst<br />

wahrgenommen werden. Dies alles steht am Beginn<br />

meiner künstlerischen Ausdrucksweise. Ich wähle davon<br />

einiges aus und kombiniere es, bevor ich daraus schließlich<br />

ein Kunstwerk kreiere. Für mich ist das eine Art und Weise<br />

meine Lebenseinstellung zu teilen. Meine Objekte aus Glas<br />

sind eine Möglichkeit, ohne Worte und darüber hinaus<br />

miteinander zu kommunizieren“, sagt Odahashi.<br />

ie Künstlerin Masayo Odahashi ist 1975 in der japanischen<br />

Präfektur Mie geboren. Diese Präfektur<br />

D<br />

liegt im Zentrum der japanischen Inselkette, auf der Pazifikseite,<br />

zwischen Osaka und Kyoto im Südwesten und<br />

Nagoya im Nordosten. Masayo Odahashi fasziniert die<br />

Menschen mit der Ausdrucksweise ihrer Skulpturen. Sie<br />

wirken meditativ, nach innen gekehrt, und strahlen große<br />

Ruhe und Kraft aus. Oft sitzen sich Paare gegenüber, in<br />

schmalen, kleinen Booten oder auf Sockeln. Für Masayo<br />

Odahashi ist es jedoch immer eine Person im Spiegelbild,<br />

zwei Seiten des Lebens, zwei Seiten einer Persönlichkeit.<br />

Ihre Kunstwerke sind Kommunikation ohne Worte.<br />

„Ich finde oft viele verschiedene Inspirationsquellen im<br />

Alltag und sammle sie in meinem Gedächtnis. Das können<br />

Farben oder Formen sein, Texte, alte Geschichten,<br />

Erinnerungen, der Gesichtsausdruck von Menschen oder<br />

Vorwiegend in einem Studio in Kanazawa entstehen ihre<br />

faszinierenden Pâte-de-Verre-Arbeiten, die Menschen aus<br />

aller Welt und aus unterschiedlichen Kulturen begeistern.<br />

Mädchen, nachdenklich und fast meditierend, junge Frauen<br />

mit hochgestecktem Haar oder seitlich gewellter, flügelgleicher<br />

Haarpracht, die teilweise wie Engel aussehen. Und<br />

dann die Dualität: das Mädchen und der Hase und gegenüber<br />

in einem Boot der Mann und der Hase. Sie erzählt<br />

Märchen von dem weißen Hasen und von den Fahrten mit<br />

ihren Eltern zum Ise-Schrein, dem höchsten japanischen<br />

Heiligtum, zu dem jährlich etwa sechs Millionen Menschen<br />

pilgern.<br />

Die meditativen kleinen Skulpturen von Masayo Odahashi<br />

machen großen Eindruck auf alle, die sie sehen. Sie erzeugen<br />

eine intensive Nähe und laden den Betrachter zum<br />

Reflektieren ein. Die Künstlerin ist mit zahlreichen Preisen<br />

geehrt worden, unter anderem mit dem Internationalen<br />

Glaspreis von Kanazawa.<br />

Die Faszination der alten Materie Glas ist in der Galerie<br />

B in Sinzheim/Baden-Baden in den abstrakten und figurativen<br />

Arbeiten neu zu entdecken: transparent wie nichts<br />

oder lichtundurchlässig, glänzend wie poliertes Silber oder<br />

rauh wie Sandstein. Geheimnisvoll schimmernde, vielfältige<br />

Kunst, die einen nicht so schnell wieder loslässt.<br />

78 LIVING & LIFE


M ASAYO<br />

O DAH ASH I<br />

<strong>Living</strong> & <strong>Life</strong> sprach mit Masayo Odahashi<br />

bei ihrem Besuch in Baden-Baden.<br />

Wie viel Einfluss haben Ihre Reisen auf Ihre<br />

Werke?<br />

Masayo: Meine Erfahrungen im Ausland<br />

geben mir oftmals einen anderen<br />

Blick auf das Leben. Ich habe verschiedene<br />

Kulturen und die Natur außerhalb<br />

Japans erlebt. Ich erkannte die Unterschiede<br />

zwischen Japan und anderen<br />

Ländern. Das beeinflusst auch meine<br />

Kunst.<br />

Worüber können Sie lachen?<br />

Masayo: Ich lache oft, wenn ich mit<br />

meinen Freunden rede. Wenn ich meine<br />

Zeit mit einem Hund oder einer Katze<br />

verbringe, fühle ich mich glücklich und<br />

lache oft.<br />

Gibt es in der künstlerischen Welt ein Vorbild<br />

für Sie?<br />

Masayo: Das ist der Professor aus meiner<br />

Universitätszeit: Michael Rogers.<br />

Außerdem die Künstler Katsura Funakoshi,<br />

Hideki Maekawa, Paul Delvaux,<br />

Joseph Cornell, Friedensreich Hundertwasser,<br />

Mario Giacomelli, Anna Gaskell,<br />

Judy Hill, Ann Wolff.<br />

Kann Kunst als Brücke zwischen Menschen<br />

und Kultur dienen?<br />

Masayo: Ja, das hoffe ich. Das ist unglaublich<br />

wichtig.<br />

Was hat sich für Menschen und auch für<br />

Künstler in Japan nach dem Fukushima-<br />

Unfall verändert?<br />

Masayo: Nach dem Erdbeben dachte<br />

ich: Es gibt immer ein Morgen und dass<br />

der Mensch nicht allmächtig ist. Ich<br />

möchte mit einem Blick auf die Zukunft<br />

handeln und nicht für den unmittelbaren<br />

Gewinn.<br />

T H E E N TRANCE TO THE I N NER W O RLD<br />

Was gefällt Ihnen an Baden-Baden?<br />

Masayo: Die herzlichen Menschen,<br />

der warme Frühling, die Natur und die<br />

Weinberge.<br />

HOK<br />

MEHR INFORMATIONEN: WWW.GALERIEB.DE<br />

LIVING & LIFE 79


RUBR NATALIE IK<br />

R O WAN A T K I N S O N<br />

ALIAS M I STER BEAN<br />

80<br />

LIVING & LIFE


R OWAN<br />

A T K INSON<br />

„MR. BEAN“ IN<br />

BADEN-BADEN<br />

R OWAN A T K INSON ZU BESUCH IM M USEUM F RIED ER BURD A / A NREGUNGEN<br />

FÜR SEINE VILLA VON R ICHARD M EIER IM ENGLISCHEN O XFORD SHIRE<br />

er sieht ja aus wie Mister Bean“, tuscheln zwei<br />

„D Besucher im Museum Frieder Burda und deuten<br />

auf den Mann, der gerade die Rampe hochläuft. Und<br />

tatsächlich war es Rowan Atkinson alias „Mr. Bean“<br />

höchstpersönlich, der vor einiger Zeit zu einem Besuch<br />

nach Baden-Baden kam. Großes Aufsehen wollte der weltberühmte<br />

Schauspieler und Komiker nicht haben: „Keine<br />

Presse bitte“, sagte er mit einigermaßen ernster Miene,<br />

aber schmunzeln muss man dennoch bei seinem Anblick.<br />

Millionen von Menschen hat er zum Lachen gebracht mit<br />

seiner in viele Sprachen übersetzen Comedyserie. „Mr.<br />

Bean“ verkörpert einen weltfremden Mann, der herrlich<br />

tollpatschig kein Fettnäpfchen auslässt. Das Besondere:<br />

Atkinson gewinnt seine Zuschauer fast ausschließlich mit<br />

Gestik und Mimik, er spricht fast nie. Seine häufigsten<br />

Begleiter sind sein Teddy, das mit Ellbogenschützern besetzte<br />

altmodische Sakko und sein grüngelb-schwarzer<br />

Mini Cooper. Oftmals entsteht aus der normalen Alltagssituation<br />

eine kleine Katastrophe. Vorbilder sind für den<br />

mit unzähligen Preisen geehrten Schauspieler Charlie<br />

Chaplin und Buster Keaton.<br />

„Mr. Beans“ Hauptaugenmerk in Baden-Baden galt<br />

freilich nicht dem Humor, sondern der Architektur von<br />

Richard Meier, der 2004 das Museum Frieder Burda als<br />

„ein Juwel im Park“ vollendet hatte. Das Museum Frieder<br />

Burda gilt bis heute als Maßstab für die vielfach preisgekrönte<br />

klare Architektur von Richard Meier, zu dessen<br />

Markenzeichen die Farbe Weiß gehört und der von sich<br />

selbst sagt, zu den wichtigsten Elementen seines Schaffens<br />

gehöre das Licht.<br />

Genau das interessiert auch den 62-jährigen „Mr. Bean“,<br />

der sich von Richard Meier eine schneeweiße Villa im<br />

englischen Ipsden in Oxfordshire bauen ließ. Das alte historische<br />

„Handsmooth House“, das auf diesem Traumgrundstück<br />

mit 16 Hektar Land stand, musste für das<br />

dreistöckige, großzügige Wohngebäude aus Stahl und<br />

Glas weichen, das einen atemberaubenden Blick auf die<br />

„Chiltern Hills“ freigibt.<br />

Für den mit dem renommierten Pritzker-Preis geehrten<br />

Richard Meier war es eines der ersten Gebäude in Großbritannien<br />

und die eine oder andere Anregung und Inspiration<br />

holte sich Atkinson mitten in Baden-Baden in der<br />

Lichtentaler Allee im Museum Frieder Burda.<br />

Dass Rowan Atkinson nicht nur Komiker ist, bewies er<br />

erst kürzlich mit der Verfilmung von Krimis des legendären<br />

französischen „Kommissar Maigret“. Und Atkinson<br />

findet große Worte für seine Rolle als Maigret: „Ich war<br />

mir sicher, dass ich seine Nachdenklichkeit wiedergeben<br />

kann. Sein Grübeln, das Gedankenvolle, seine Hingabe<br />

haben mich eingenommen. Er ist kein Selbstdarsteller, er<br />

ist nicht exzentrisch oder verrückt.“<br />

HOK<br />

LIVING & LIFE 81


RUBR ANNE-SOPHIE<br />

IK<br />

M UTTER<br />

GENIESSEN<br />

MIT ALLEN<br />

SINNEN<br />

G ESPRÄCH MIT D E M Z A HNMED I Z I N ER<br />

DR. S V EN M A RCUS BESCHNIDT UN D D E M<br />

BAD E N-BAD E NER Z W EI-S T ERNE-KOCH PAU L<br />

S T RAD N ER ÜB ER GESUND E S ES SEN, A N G S T<br />

VOR D E M Z A HNARZT, DA S ER R EI C H E N V O N<br />

S P ITZENLEISTUNGEN UND D I E S U CHE NACH<br />

AU SGLEICH IN D ER N ATUR<br />

Was bedeutet Genießen für Sie?<br />

Dr. Sven Marcus Beschnidt: Meinen Sie „kulinarisch<br />

genießen“? Genießen kann ich ja auf unterschiedliche<br />

Weise. Ich genieße eine Massage ebenso sehr wie ein leckeres<br />

Essen. Beim Kulinarischen geht es darum, das Essen<br />

mit allen Sinnen wahrzunehmen. Ein Essen muss im Geschmack<br />

gut sein, aber auch im Geruch, in der Optik, und<br />

man fühlt sehr viel im Mund – übrigens ist da der Gaumen<br />

sehr wichtig. Ich fühle eine sämige Soße. Zum Genuss gehören<br />

viele Faktoren.<br />

DR. SVEN MARCUS BESCHNIDT<br />

(Jahrgang 1969) gilt als einer der herausragenden<br />

Zahnmediziner in Deutschland. Seit 2004<br />

betreibt er eine privatzahnärztliche Praxis im<br />

Brenners Park-Hotel in Baden-Baden. Beschnidt<br />

ist spezialisiert auf Mikrochirurgie, Implantologie<br />

und ästhetische Zahnheilkunde.<br />

Der Baden-Badener Zahnarzt hat einen Lehrauftrag<br />

im Fach Implantatprothetik am Universitätsklinikum<br />

in Freiburg und ist unter anderem<br />

Mitglied der European Academy of Esthetic<br />

Dentistry (EAED). Seit 1998 hat Dr. Beschnidt<br />

mehr als 500 Vorträge, Tageskurse, Live-OPs<br />

und Hands-on-Kurse zum Thema Implantologie<br />

und Implantatprothetik gehalten.<br />

Paul Stradner: Für mich bedeutet Genießen, mir mal<br />

Zeit zu nehmen, worauf ich gerade Lust habe. Das heißt,<br />

stressige Situationen lassen sich nicht genießen. Natürlich<br />

hat bei mir Genuss meistens auch mit Essen zu tun, und da<br />

schätze ich auch die Zeit, die man dabei verbringt. Man<br />

sitzt mit anderen Menschen am Tisch zusammen, unterhält<br />

sich und kommt anderen Menschen näher – wenn man<br />

sich nicht so gut kennt. Das gilt aber auch für die Familie:<br />

Am Esstisch passiert sehr viel, da wird viel besprochen, am<br />

besten Positives. Aber Genießen kann bei mir auch einfach<br />

Zeit mit meiner Frau und meinen beiden kleinen Kindern<br />

sein.<br />

Weshalb sind gesunde Zähne so wichtig für die Lebensqualität?<br />

Stradner: Gesunde Zähne sind unglaublich wichtig beim<br />

Essen. Ohne Kauen gibt es wenig Genuss. Meine Oma<br />

konnte viele Speisen einfach nicht mehr essen. Da ist dann<br />

auch Schluss mit dem Spaß am Essen.<br />

Beschnidt: Wenn einem das Gebiss den Speiseplan vorschreibt,<br />

dann wechselt der Genuss in Askese. Es geht ja<br />

nicht nur ums Zerkleinern der Nahrung, sondern es geht<br />

darum, dass wir auch viele Geschmacksrichtungen und<br />

82<br />

LIVING & LIFE


ANNE-SOPHIE MUTTER<br />

RUBR IK<br />

Aromen wahrnehmen. Das geht nur über das Kauen. Und<br />

die Kunst eines Sternekochs wie Paul Stradner käme beim<br />

Gast gar nicht richtig an. Es geht ums Schmecken: Zunge,<br />

Gaumen, Nase sind sehr wichtig, aber eben auch die Zähne.<br />

Es gibt viele medizinische Studien, die genau zeigen,<br />

dass jemand, der sein Essen gut zerkleinern kann, damit<br />

auch die Nährstoffe überhaupt erst ins Blut aufnimmt.<br />

Schlechte Zähne bedeuten also auch schlechte Blutwerte<br />

und umgekehrt.<br />

Wie kann falsche Ernährung die Zähne schädigen? Zu viel Zucker<br />

richtet ja beispielsweise Schaden an …<br />

Beschnidt: … der Zucker ist es eigentlich nicht. Der<br />

Zucker ist eher schlimm, weil er auf den Hüften landet.<br />

Schlimmer sind die Säuren. Damit werden die Zähne geschädigt.<br />

Das kann durch Wein kommen, Dressings, Obstsorten.<br />

Also nach dem Essen nicht sofort die Zähne reinigen.<br />

Das gibt Schäden. Man kann niemandem verbieten,<br />

das Glas Wein zu trinken. Aber nach dem Essen eine halbe<br />

Stunde mindestens warten bis zum Zähneputzen und am<br />

besten auch viel Wasser trinken, das neutralisiert.<br />

Können Sie denn als Spitzenkoch darauf Rücksicht nehmen, Herr<br />

Stradner?<br />

Stradner: Die Gesundheit spielt in der Küche von heute<br />

eine immer größere Rolle. Das gilt auch für die Zähne.<br />

Grundsätzlich sind wir körper- und gesundheitsbewusster<br />

geworden im Alltag. Da müssen wir Köche mit der Zeit gehen<br />

und auch eine Vorreiterfunktion einnehmen. In einem<br />

Sterne-Restaurant koche ich natürlich für Gäste, die einen<br />

höchstmöglichen Genuss haben wollen, das geht nicht ohne<br />

süß, salzig, sauer. Da müssen wir auch einen guten Mittelweg<br />

finden …<br />

Sie stehen beide für Spitzenleistungen. Was ist das Geheimnis hinter<br />

dem Erfolg?<br />

Stradner: Ich brauche ein klares Ziel, wo ich hin will, und<br />

muss mir dann den Weg dazu suchen. Gute Partner im<br />

Rücken sind sehr wichtig. Und noch ein Punkt: Kochen<br />

ist wie Fußball. Wenn nur ein einziger Spitzenstürmer auf<br />

dem Feld steht, funktioniert das nicht, es ist ganz klar die<br />

Mannschaft, die zählt.<br />

Beschnidt: Was mir sehr geholfen hat, war, dass ich extrem<br />

gute – durchaus harte – Lehrer hatte. Dann kam die<br />

Chance, hier ins Brenners Park-Hotel zu kommen, um das<br />

Qualitätsniveau dann auch umzusetzen und zu halten.<br />

Hier kann ich umsetzen, was alles möglich ist und nicht<br />

nur, was medizinisch notwendig ist ... mein oberstes Ziel<br />

bei der Behandlung von Patienten: Ich muss auf die Menschen<br />

eingehen. Das Geheimnis ist zunächst einmal Zuhören.<br />

Ich will das Problem verstehen und es dann zusammen<br />

mit dem Patienten lösen. Zeit ist heute unser höchstes Gut.<br />

Ich habe drei, maximal fünf Patienten am Tag.<br />

PAUL STRADNER<br />

(Jahrgang 1981) war von August 2012<br />

bis Oktober 2017 Küchenchef im Brenners<br />

Park-Restaurant in Baden-Baden.<br />

Bereits im November 2012 erhielt er<br />

den ersten Michelin-Stern. Im November<br />

2014 erkochte sich Stradner als<br />

einer der jüngsten deutschen Spitzenköche<br />

den begehrten zweiten Michelinstern.<br />

Zuvor war der in Graz geborene<br />

Koch weltweit in erstklassigen Häusern<br />

tätig – unter anderem mehrere Jahre<br />

bei Deutschlands bestem Koch Harald<br />

Wohlfahrt in der Schwarzwaldstube<br />

der Traube Tonbach in Baiersbronn.<br />

Stradner gilt als eines der ganz großen<br />

Kochtalente im deutschsprachigen<br />

Raum.<br />

LIVING & LIFE 83


RUBR ANNE-SOPHIE<br />

IK<br />

M UTTER<br />

Noch eine Frage an Herrn Stradner. Was ist eigentlich schwieriger:<br />

Zwei Sterne zu erreichen oder diese zu verteidigen?<br />

Stradner: Wenn man 20 Jahre zwei Sterne verteidigen<br />

will, ist das doch sehr aufwendig und mühselig. Ich selbst<br />

sehe das Thema Sterne nicht als Belastung. Es macht einfach<br />

Spaß. So lange man Freude an der Sache hat, ist das<br />

eine gute Grundlage für den Erfolg.<br />

Wie tanken Sie auf?<br />

Stradner: Ich würde gerne noch wesentlich mehr Sport<br />

machen. Meine Energie hole ich mir bei meiner Familie<br />

und draußen in der Natur. Meine Kinder nehmen mich<br />

voll in Beschlag. Da fahren wir gerne bei den ersten Sonnenstrahlen<br />

in den Schwarzwald mit meiner Frau, den<br />

Kindern und unserem Hund. Das entschleunigt auch. Ich<br />

bin sehr naturverbunden. Bei meinem Lieblingshobby –<br />

Mountainbiken im Schwarzwald – muss ich gerade etwas<br />

zurückstecken.<br />

Beschnidt: Sport spielt eine sehr große Rolle bei uns. Meine<br />

Tochter ist sechs Jahre alt und sie möchte jetzt schon mit<br />

mir joggen. Das ist der Ausgleich zum Sitzen. Die Tiefenentspannung<br />

finde ich, wenn ich meine Bonsaibäume pflege.<br />

Ich habe eine große Sammlung Bonsais. Da überlegt<br />

man sich, bevor man einen Ast abschneidet: Der ist viel<br />

älter als Du. Es ist meditativ und entspannt mich.<br />

Was essen Sie besonders gerne, Herr Dr. Beschnidt?<br />

Beschnidt: Zunächst mal muss ein Gericht mit Herzblut<br />

gekocht sein. Das schmeckt man. Wenn meine Frau zuhause<br />

frisches Gemüse mit gutem Olivenöl und Zwiebeln und<br />

einem Hauch Knoblauch anbrät, läuft mir das Wasser im<br />

Mund zusammen. Das ist ein wunderbarer Geruch und es<br />

schmeckt auch grandios.<br />

Herr Stradner, ich frage Sie jetzt nicht nach Ihrem Lieblingsgericht,<br />

das sind Sie schon 100 Mal gefragt worden, aber haben Sie Angst<br />

vor dem Zahnarzt?<br />

Stradner: Na ja, nicht wirklich. Wir Köche sind vermutlich<br />

für Zahnärzte eine gute Kundschaft, also, es ist wirklich<br />

so, dass wir den ganzen Tag am Probieren und Essen<br />

sind. Da sind wir schon ständig übersäuert im Mund und es<br />

ist für uns auch nicht ganz so leicht, die Zähne immer auf<br />

Vordermann zu halten. So gesehen gibt es eine Partnerschaft<br />

zwischen Köchen und Zahnärzten.<br />

… und hat der Zahnarzt Angst vor dem Zahnarzt?<br />

Beschnidt: Ja, ich habe Angst vor dem Zahnarzt. Ich<br />

habe mal schlechte Erfahrungen gemacht und seitdem ist<br />

es so, dass ich in der Nacht vor dem Zahnarzttermin sehr<br />

schlecht schlafe … nicht , dass ich meinem Kollegen nicht<br />

vertraue, sondern ich mag einfach das Gefühl des Ausgeliefertseins<br />

nicht. Man muss sehr viel Vertrauen aufbringen.<br />

Ich habe übrigens auch Angst vor Spritzen, aber es ist<br />

immerhin deutlich besser geworden in den vergangenen<br />

Jahren.<br />

Dann geben Sie uns doch noch einen Tipp: Wie lässt sich die Angst<br />

vor dem Zahnarzt überwinden?<br />

Beschnidt: Es muss ein Vertrauen entstehen zum Zahnarzt<br />

und der Zahnarzt muss sich viel Zeit nehmen für den<br />

Patienten und sich mit ihm und seiner Angst auseinandersetzen.<br />

Die Angst nicht kleinreden, mit der Angst umgehen<br />

und sie annehmen. Das hilft. Im schlimmsten Fall auch<br />

erwägen, eine Behandlung in Sedierung oder Narkose zu<br />

machen. Dann bekommt der Patient gar nichts mit.<br />

DAS GESPRÄCH FÜHRTE HORST KOPPELSTÄTTER<br />

84<br />

LIVING & LIFE


Wohlfühlen<br />

ist einfach.<br />

Wenn man einen Immobilienpartner<br />

hat, der von Anfang<br />

bis Eigentum an alles<br />

denkt.<br />

www.spk-rastatt-gernsbach.de


D REI FRAGEN AN<br />

NOR A WAGGERSHAUSER<br />

G ESCHÄFTSFÜHRERIN D E R<br />

BAD EN-BAD EN KUR & T OURISMUS G M BH<br />

Wenn Sie Baden-Baden einem Touristen, der noch nie hier war, mit<br />

zwei Sätzen beschreiben müssten, was würden Sie sagen?<br />

Es erwartet Sie eine kleine, feine, elegante und kulturell pulsierende<br />

Stadt in einer der schönsten, von der Sonne verwöhnten<br />

Regionen Deutschlands. Unser Savoir-vivre auf<br />

schönen gastronomischen Plätzen, die einzigartige Architektur<br />

auf hohem Niveau und die prachtvolle Natur, gepaart<br />

mit einem außergewöhnlichen kulturellen, erstklassigen Angebot,<br />

wird Sie begeistern und immer wieder nach Baden-<br />

Baden locken.<br />

Was braucht Baden-Baden, um auch in den nächsten Jahrzehnten<br />

konkurrenzfähig zu sein?<br />

Wir müssen uns mit unserem Angebot keinesfalls verstecken<br />

und sind uns unserer Einzigartigkeit bewusst. Eine Weiterentwicklung<br />

und zukunftsorientierte Ausrichtung ist jedoch<br />

absolut notwendig. Wie erreichen wir künftig unsere Gäste?<br />

Wie sprechen wir sie an? Was erwartet man von einer Stadt<br />

wie Baden-Baden? Themen wie <strong>Life</strong>style, Erlebnisse, Freizeittrends<br />

werden immer wichtiger. Auch die Digitalisierung<br />

leistet einen Beitrag zur Veränderung unserer Wünsche und<br />

Ansprüche. All dem müssen wir gerecht werden: Produkte<br />

schaffen, welche begeistern, welche „anders“ sind und<br />

unserer schönen Stadt eine besondere Erlebbarkeit geben.<br />

Unsere Angebote müssen den Zeitgeist treffen und unsere<br />

Zielgruppe ansprechen – dann machen wir alles richtig.<br />

In welchen Ländern sehen Sie das größte Entwicklungspotential für<br />

Besucher der Stadt in der Zukunft?<br />

Alle Auslandsmärkte spielen für uns touristisch gesehen eine<br />

große und sehr wichtige Rolle. Baden-Baden genießt einen<br />

internationalen Ruf und das macht unsere kleine Stadt kosmopolitisch,<br />

interessant und belebt sie ungemein. Unsere<br />

Bädergeschichte, die kulturellen Leuchttürme, das weltberühmte<br />

Casino und alle Besonderheiten der Stadt bringen<br />

uns auf den Weltmärkten große Aufmerksamkeit. Sicher<br />

gibt es Zukunftsmärkte, wo wir in den nächsten Jahren große<br />

Reisetrends erwarten (zum Beispiel Brasilien, China, Indien).<br />

Wir bespielen alle relevanten Reisemärkte und bringen<br />

Baden-Baden immer wieder weltweit in den Fokus.<br />

HOK<br />

NORA WAGGERSHAUSER,<br />

1972 in Rheinfelden geboren, verheiratet.<br />

Lange berufliche Hotelkarriere in Baden-Baden<br />

als Hoteldirektorin und acht Jahre Mitglied im<br />

Aufsichtsrat der Baden-Baden Kur & Tourismus<br />

GmbH. 2014-2016 Konzernerfahrung in der Europazentrale<br />

von Best Western Hotels Central Europe<br />

als Direktorin für den Bereich Hotelentwicklung.<br />

86 LIVING & LIFE


Was nahe liegt, ist oft am besten. Das finden<br />

auch wir. Deshalb beziehen wir viele unserer Produkte<br />

aus der Region. Auf diese Weise sparen<br />

wir uns nicht nur lange Transportwege, sondern<br />

sorgen auch dafür, dass wir Ihnen unsere Waren<br />

immer frisch und knackig anbieten können.<br />

Überzeugen Sie sich selbst in unseren EDEKA<br />

Märkten vor Ort. Die Märkte in Ihrer Region finden<br />

Sie unter www.edeka-suedwest.de<br />

Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

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