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e d i t O r i a l<br />
Vorfreude<br />
mag. alois fröstl<br />
chefredakteur<br />
Alle Jahre wieder…..“ kommt nicht nur das Chr<strong>ist</strong>kind, sondern auch die<br />
große Zeit der Prognostiker: Wie wird es weitergehen im neuen Jahr?<br />
Unsere Baustoffbranche interessieren in erster Linie die wirtschaftlichen<br />
Zukunftsaussichten. Ein abruptestes Ende des Baubooms, besonders im Wohnbau,<br />
<strong>ist</strong> nicht erkennbar. Für das kommende Jahr sind auch wieder vermehrt Investitionen<br />
der Unternehmer in Betriebsgebäude zu er<strong>war</strong>ten. Das WIFO beurteilt die<br />
„Weltwirtschaft in bester Verfassung“, auch „die österreichische Wirtschaft befindet<br />
sich weiter im Aufwind“. „Die Stimmungsindikatoren haben...im EU Raum neue<br />
Höchststände erreicht“, meint nicht nur das WIFO.<br />
Alles Bestens also, oder? Wenn da bloß nicht das komische Wort „Stimmungsindikatoren“<br />
wäre. Sind es womöglich nur Hoffnungsindikatoren? Ist die Realität womöglich<br />
gar nicht so rosig, wie man uns erzählt?<br />
Besonders in den USA, wo derzeit wieder einmal die „Verkaufts mei G’wand, i fahr<br />
in Himmel“-Stimmung vorzuherrschen scheint, boomt die private Nachfrage. Dieser<br />
Indikator hat dort den höchsten Wert seit 17 Jahren erreicht! Noch schnell fest<br />
shoppen, bevor die Trump-Party wieder vorbei <strong>ist</strong>. „Die Rekordwerte der Aktienmärkte<br />
haben einen beträchtlichen Anteil an der euphorischen Stimmung in den<br />
USA“, sagt das WIFO. Die Kryptowährung Bitcoin wird allen Ernstes an der Börse<br />
gehandelt. Zu Werten, nein Spekulationspreisen, die geradezu nach dem Platzen<br />
der Blase schreien. Weniger Realität gibt es ja wohl nicht. <strong>Der</strong> seit seinem Bestehen<br />
nur Verluste produzierende Autoerzeuger Tesla <strong>ist</strong> an der Börse mehr wert als<br />
die Gewinne schreibenden traditionellen Fahrzeugproduzenten. Kryptisch. Schon<br />
gibt es die ersten ernstzunehmenden Stimmen, die vor einem Abschwung im Land<br />
der begrenzten Möglichkeiten <strong>war</strong>nen. „Ähnlich wie vor dem Platzen der dot.com-<br />
Blase treiben übersteigerte Zukunftser<strong>war</strong>tungen die Kurse in die Höhe“, sagen die<br />
Wirtschaftsweisen.<br />
Und in Europa, und in unserem Rosengärtlein Österreich? „Die Stimmung <strong>ist</strong><br />
deutlich besser, als das Wirtschaftswachstum vermuten ließe, der Konjunkturtest<br />
spiegelt in den vergangenen Monaten eine wesentlich optim<strong>ist</strong>ischere Stimmung<br />
wider, als es die Wachstumsrate des BIP vermuten ließe“, meint das WIFO. Auch<br />
in der Bauwirtschaft erhöhte sich der Er<strong>war</strong>tungsindex auf einen Wert, der zuletzt<br />
vor zehn Jahren, so hoch <strong>war</strong>. Dann kam bekanntlich das Jahr 2009.<br />
Sollten wir uns also vor der wirtschaftlichen Entwicklung eher fürchten als freuen,<br />
wenn wir real<strong>ist</strong>isch bleiben wollen? Ganz sicher nicht. Denn zumindest in unserem<br />
Kulturkreis kommt nur das Chr<strong>ist</strong>kind vom Himmel, nicht die wirtschaftliche<br />
Entwicklung. Sie wird von uns gemacht. Die „Vorfreude“ spielt da eine wichtige<br />
Rolle. Dann kommen auch beide!<br />
4 | <strong>12</strong> . <strong>2017</strong>