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REISEUNFÄLLE | GEWUSST WIE<br />
Fotos: Rega, zvg<br />
ren den Transport von der Unfallstelle zum<br />
Spital nicht. Erste Anlaufstelle für eine Repatriierung<br />
für den Patienten bzw. seine<br />
Angehörigen ist unsere Notfallzentrale,<br />
die unsere Kunden rund um die Uhr auf<br />
Schweizerdeutsch, in unseren vier Landessprachen<br />
und Englisch beraten kann.<br />
Diese leitet die Anfrage weiter zu unseren<br />
Repatriierungsärzten, die dann wiederum<br />
Kontakt mit dem Arzt vor Ort aufnehmen.<br />
Diese besprechen, ob eine Rückführung<br />
notwendig und auch möglich ist. Es ist<br />
nicht in allen Verträgen definiert, in welchen<br />
Fällen eine Repatriierung notwendig<br />
ist. Wenn der Patient rückgeführt werden<br />
muss, wird bestimmt wie und zu welchem<br />
Zeitpunkt dies sta<strong>tt</strong>findet. Im einfachsten<br />
Fall kann er – entsprechend versorgt −<br />
mit dem Zug nach Hause reisen, oder es<br />
reicht ein Upgrade in die Business Class.<br />
Ist eine medizinische Begleitung notwendig,<br />
verfügen wir über ein Netzwerk von<br />
Krankenschwestern und Ärzten, die aufgeboten<br />
werden. Ist der Patient in der<br />
Schweiz angekommen, organisieren wir<br />
den Transport ins hiesige Spital und damit<br />
ist unsere Aufgabe abgeschlossen. Wir organisieren<br />
also die «Reise» von Spital zu<br />
Spital oder an seinen Wohnort.<br />
Wer entscheidet, ob eine Rückführung<br />
sta<strong>tt</strong>findet bzw. möglich<br />
ist oder nicht?<br />
Das sind unsere Repatriierungsärzte.<br />
Das «Fit to fly» gibt aber der Arzt vor Ort.<br />
Das bezieht sich eher auf Linienflüge. Ein<br />
Ambulanzflugzeug ist praktisch ein fliegendes<br />
Spital, das heisst, der Patient kann<br />
auch in schlechtem Zustand transportiert<br />
werden. Oberste Priorität bei den Entscheidungen<br />
ist das Wohl des Patienten.<br />
Dann schauen wir die Verfügbarkeit an,<br />
der Preis ist das letzte Kriterium.<br />
Wie lange dauert es in der Regel, bis<br />
ein Patient repatriiert werden kann?<br />
Bis zur Beurteilung, ob und wann ein<br />
Patient zurückgeführt wird, dauert es im<br />
Normalfall 72 Stunden. Wichtig ist, dass<br />
sich der Patient bereits von Anfang an in<br />
einem medizinischen Umfeld befindet.<br />
Wie viel kostet in der Regel eine Rückführung?<br />
Das hängt ganz davon ab, wie er rückgeführt<br />
wird. Braucht er «nur» ein Upgrade,<br />
sind es ein paar hundert Franken.<br />
Wenn ein Jet in eine europäische Destination<br />
ausrücken muss, kostet dies schnell<br />
20 000 bis 30 000 Franken, und interkontinental<br />
sind es 100 000 Franken und mehr.<br />
Nico Zehnder<br />
Muss medizinisches Personal aufgeboten<br />
werden, muss dieses hinreisen und eventuell<br />
vor Ort übernachten, was wiederum<br />
Kosten generiert. Die Kostenspanne ist daher<br />
sehr gross.<br />
Wer zahlt am Schluss?<br />
Wir, wenn eine entsprechende Reiseversicherung<br />
abgeschlossen wurde. Wir<br />
arbeiten in diesem Bereich nicht nur mit<br />
Individualkunden zusammen, sondern<br />
auch mit Krankenkassen und Reisebüros,<br />
welche diese Versicherung ihren Kunden<br />
anbieten. Bei den Krankenkassen übernehmen<br />
tatsächlich nicht wir die Kosten,<br />
sondern wir bieten den Service an und<br />
stellen diesen dann in Rechnung.<br />
Wie oft im Jahr kommt es im Schni<strong>tt</strong><br />
vor, dass die Allianz Global Assistance<br />
jemanden repatriieren muss?<br />
Hochgerechnet haben wir 450 Repatriierungen<br />
im Jahr, davon sind rund 150 bis<br />
160 Fälle ohne irgendwelche Begleitung.<br />
Bei den restlichen ist eine medizinische<br />
Betreuung durch eine Krankenschwester,<br />
einen Arzt oder ein Team notwendig.<br />
Ein Viertel wird mit Ambulanzen in die<br />
Schweiz zurückgeführt und ein weiteres<br />
Viertel sind sogenannte Air-Ambulanzen.<br />
In diesen Fällen ist immer ein medizinisches<br />
Team anwesend.<br />
Haben die Fälle zugenommen?<br />
Wir spüren den Trend zu individuelleren<br />
und auch abenteuerlicheren Reisen<br />
durchaus. Auch dass die Menschen solche<br />
Abenteuerreisen vermehrt in einem höheren<br />
Alter wagen. Heutzutage nimmt man<br />
die Risiken gar nicht mehr so wahr, die<br />
Schwelle, um beispielsweise eine Wanderung<br />
in Nepal zu unternehmen, ist heute<br />
deutlich niedriger als noch vor ein paar<br />
Jahren. Durch die Terroranschläge reisen<br />
die Menschen wieder vermehrt mit dem<br />
Auto. Sie versäumen es aber, vor einer<br />
langen Fahrt, den Wagen nochmals durchzuchecken.<br />
Die heutige technologische<br />
Unterstützung macht die Gefahren einer<br />
Reise teilweise vergessen.<br />
Was war bisher Ihre<br />
schwierigste Rückführung?<br />
Ein Kunde befand sich auf einer Reise<br />
in Russland auf Packeis. Plötzlich brach<br />
ein Stück ab und er trieb alleine aufs Meer<br />
hinaus. Glücklicherweise konnte er uns<br />
mit einem Satellitentelefon kontaktieren.<br />
Dank unserer grossen Erfahrung und unseren<br />
Kontakten konnten wir einen russischen<br />
Militärhelikopter organisieren, der<br />
ihn gefunden und gere<strong>tt</strong>et hat. Auf das<br />
Militär greifen wir insbesondere bei Vorfällen<br />
in unwegsamen Gelände ab und zu<br />
zurück.<br />
Wir ha<strong>tt</strong>en aber auch mal einen Patienten,<br />
der in der Wüste der Mongolei vom<br />
Kamel gestürzt ist und innere Verletzungen<br />
davontrug. Dieser Fall war besonders<br />
schwierig, weil in der näheren Umgebung<br />
keine Unterstützung gefunden werden<br />
konnte und der Patient laufend nachgefragt<br />
hat, wann er denn nun gere<strong>tt</strong>et werde.<br />
Ein solcher Fall ist sehr anspruchsvoll<br />
für alle Beteiligten. Am Schluss konnte<br />
von China aus eine Überführung in die<br />
Hauptstadt der Mongolei organisiert<br />
werden. Und von dort wurde der Patient<br />
schliesslich in die Schweiz geflogen, wo er<br />
wieder gesund gepflegt wurde.<br />
✚ allianz-assistance.ch<br />
ALLIANZ GLOBAL<br />
ASSISTANCE –<br />
DAS UNTERNEHMEN<br />
Die Allianz Global Assistance (AGA)<br />
verfügt über 34 Landesgesellschaften<br />
in 180 Ländern. Sie beschäftigt weltweit<br />
16 079 Mitarbeitende und arbeitet<br />
mit 5000 medizinischen Partnern zusammen<br />
(davon 150 Ärzte, 300 Krankenschwestern<br />
und 600 medizinische<br />
Koordinatoren). In der Schweiz wurde<br />
die AGA 1950 gegründet und beschäftigt<br />
an den Standorten Bern und Wallisellen<br />
310 Mitarbeitende (darunter 15<br />
eigene Ärzte). 2<strong>01</strong>6 wurden insgesamt<br />
26 000 Reiseversicherungsfälle abgewickelt.<br />
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