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Das Wirtschaftsmagazin im Südwesten Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> | 3,00 €<br />

4 197821 303000 4 0<br />

Wir stellen alles<br />

auf den Kopf<br />

Die Studenten der Zeppelin Universität wissen, dass<br />

sie nichts wissen und hinterfragen die Welt. Warum<br />

das gut ist, erklärt ZU-Präsident Stephan Jansen.<br />

Finanzierung Wie viel Fremdkapital ein Familien<strong>unternehmen</strong> verträgt SEITE 20<br />

Personal Die kleine Chef-Schule. Auf was Vorgesetzte achten müssen SEITE 34<br />

Umfrage Was so alles zu den perfekten Ferien gehört SEITE 47


Festnetz, Mobil, Internet, Vernetzung<br />

und Rechenzentrum aus einer Hand.<br />

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<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[inhalt]<br />

Liebe Leserin, Lieber Leser,<br />

Alexander Bögelein,<br />

Redaktionsleiter<br />

<strong>unternehmen</strong> [!]<br />

viele Chefs wollen vor allem eines: dass ihre<br />

Mitarbeiter funktionieren. Einfühlsamkeit<br />

bleibt oft auf der Strecke – mit teils fatalen<br />

Folgen, wie unsere Geschichte „Die kleine<br />

Chef-Schule“ (Seite 34) zeigt. Überhaupt<br />

lautet die Frage: Was zeichnet einen guten<br />

Manager aus? Professor Dr. Stephan Jansen,<br />

Präsident der Zeppelin Universität in Friedrichshafen,<br />

hat darauf im Titelinterview<br />

(Seite 10) eine Antwort parat und erklärt,<br />

warum es so wichtig ist, dass seine Absolventen<br />

sich und ihr Tun hinterfragen. Das<br />

sollten auch viele Inhaber kleiner Betriebe<br />

machen, die im Werben um Fachkräfte und<br />

Auszubildende schon heute leer ausgehen.<br />

Da ist viel Kreativität gefragt (Seite 40).<br />

Angesichts solcher Herausforderungen<br />

brauchen Chefs Erholung. In unserer Umfrage<br />

( Seite 47) verraten Führungskräfte, wie<br />

ihr perfekter Sommerurlaub aussieht. Ich<br />

wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!<br />

Ihr Alexander Bögelein<br />

[verantworten]<br />

6 Der Gipfel des Glücks: helfen können<br />

Gutes Tun leicht gemacht – Stiftungen<br />

[titelthema]<br />

10 Meine Absolventen sind kleine<br />

bomben Uni-Präsident Stephan Jansen<br />

im Gespräch<br />

[finanzieren]<br />

20 Luft für den Aufstieg Fremdkapital<br />

kann Familien<strong>unternehmen</strong><br />

weiterbringen<br />

24 Wozu Technik selber kaufen?<br />

Mehr als nur Leasing – CHG Meridian<br />

operiert weltweit<br />

[machen]<br />

28 Der Zauber der geraden naht<br />

Bei Erpo ist man gut gepolstert<br />

39 Kunst auf Messers schneide<br />

Kostbare Klingen aus dem Unterallgäu<br />

42 schätze aus dem silbersee<br />

Aluschmelzer Oetinger – leichter Stoff<br />

aus heißen Öfen<br />

44 Per Kopfkino ins neue bad Raumbrille<br />

macht virtuelle Welten greifbar<br />

[spezial]<br />

30 Klar zum start Existenzgründung ohne<br />

Bruchlandung<br />

40 e in Auto für den Zimmermann<br />

So klappt‘s mit dem Nachwuchs<br />

[führen]<br />

34 Die kleine Chef-schule Von gesundem<br />

Führungsstil profitieren alle<br />

[leben]<br />

47 n icht ohne meine Frau Umfrage unter<br />

Führungskräften zu ihren Urlaubsplänen<br />

[namen & nachrichten]<br />

4 Chancen für Mittelstand und<br />

Handwerk<br />

5 Königliche ehre für Uzin Utz<br />

19 b lumenwiesen als Projekt<br />

50 ein Tunnel namens Gerlinde<br />

50 Impressum<br />

20 44<br />

34 6<br />

30<br />

3


[namen & nachrichten] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Chancen für Mittelstand und Handwerk<br />

Der Präsident des Baden-Württembergischen<br />

Industrie- und<br />

Handelskammertags (BWIHK),<br />

Dr. Peter Kulitz, hat im Rahmen<br />

einer Delegationsreise mit Finanz-<br />

und Wirtschaftsminister<br />

Nils Schmid (SPD) die Mongolei<br />

erkundet. Bisher sind in dem<br />

Land, das zwischen China und<br />

Russland liegt, erst rund 80 Südwest-Firmen<br />

engagiert. Die Mongolei<br />

ist 4,5-mal größer als<br />

Deutschland, hat aber nur 3,2 Millionen<br />

Einwohner. Das Land sitzt<br />

auf hohen Rohstoffvorkommen,<br />

darunter Gold, Kupfer, Kohle und<br />

Seltene Erden. Doch die Investoren<br />

halten sich zurzeit zurück. So<br />

fällt das Fazit des BWIHK-Präsidenten<br />

aus:<br />

BWIHK-Präsident Peter Kulitz mit Kriegsveteranen vor dem Regierungsgebäude<br />

in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator. Foto: Christof Sage<br />

Wie sind die Marktchancen für<br />

Mittelständler aus dem Südwesten<br />

in der Mongolei?<br />

Die Reputation baden-württembergischer<br />

Firmen mit ihrer Spitzentechnologie<br />

hat bei den Mongolen<br />

einen kaum zu überbietenden<br />

Stellenwert. Aber in<br />

Anbetracht der geringen Bevölkerungszahl<br />

sind volumenmäßig<br />

die Absatzchancen limitiert. Gefragt<br />

sind deutsche Handwerker,<br />

die dort schnell etwas aufbauen<br />

und guten Erfolg erzielen können.<br />

Neben Fahrzeugen der Premiumklasse<br />

haben Maschinen und Anlagen<br />

aus Baden-Württemberg<br />

dann gute Chancen, wenn modernste<br />

Fertigungseinrichtungen<br />

gebraucht werden. Bisher allerdings<br />

liegt der Fokus der mongolischen<br />

Wirtschaft auf der Gewinnung<br />

der reichlich vorhandenen<br />

Rohstoffe. Beratungsleistung im<br />

Bergbau ist nachgefragt, trifft aber<br />

nicht das vorrangige Angebot aus<br />

unserem Bundesland.<br />

Was könnten die größten<br />

Hemmnisse sein?<br />

Mangelnde Vertragstreue, problematische<br />

Rechtsprechung, daher<br />

keine Rechtssicherheit, und eine<br />

weit verbreitete Korruption auch<br />

in der Verwaltung.<br />

Sie hatten Kontakt zu einheimischen<br />

Jungunternehmern,<br />

wie ist Ihr Eindruck?<br />

Der Elan und das Engagement der<br />

jungen Unternehmer sind enorm.<br />

Der Drang zur Selbstständigkeit<br />

ist hoch, Loyalität zum Arbeitgeber<br />

scheint im Gegenzug aber<br />

eher gering ausgeprägt zu sein. Im<br />

Übrigen wird die Wirtschaft in<br />

hohem Maße von Familienclans<br />

und deren Firmengruppen beherrscht.<br />

Die in diesen Strukturen<br />

integrierten jungen Unternehmer<br />

entfalten eine beachtliche Dynamik<br />

und nutzen ihre Chancen.<br />

Ihr Sohn war als Vertreter Ihres<br />

Familien<strong>unternehmen</strong>s Esta<br />

mit dabei und hat an den<br />

Deutsch-Mongolischen-Kooperationstagen<br />

teilgenommen.<br />

Haben sich konkrete Projekte<br />

ergeben?<br />

Nein, das haben wir auch bei einem<br />

Erstbesuch nicht erwartet. Er<br />

war im Übrigen auch als Vorstandsmitglied<br />

der Wirtschaftsjunioren<br />

Deutschland (WJD) dabei<br />

und kennt aus früheren Begegnungen<br />

bereits eine Reihe dieser<br />

jungen Mongolen, die allesamt<br />

Mitglieder der Junior Chamber<br />

Mongolia (JCI) sind. Aus der<br />

jüngsten Begegnung hat sich eine<br />

Partnerschaftsvereinbarung der<br />

dortigen Jungunternehmerorganisation<br />

mit den Baden-Württembergischen<br />

Wirtschaftsjunioren<br />

angebahnt. [!] KAREN EMLER<br />

„Bedenklicher Trend zur Verlagerung“<br />

Der Kampf um Marktanteile auf<br />

dem Pharmamarkt wird härter.<br />

„In der Generikaindustrie ist ein<br />

deutlicher Trend der Verlagerung<br />

der Produktion nach Osteuropa<br />

und Asien zu erkennen“, sagte<br />

Teva-Deutschlandchef Markus<br />

Leyck Dieken bei einem Besuch<br />

von Nils Schmid, dem badenwüerttembergischen<br />

Finanz- und<br />

Wirtschaftsminister, in Ulm. Der<br />

immense Preisdruck durch die<br />

Rabattverträge der Krankenkassen<br />

verstärke diesen Trend. Jetzt<br />

sei jedoch ein Punkt erreicht, bei<br />

dem sich Krankenkassen und<br />

Arzneimittelhersteller über eine<br />

sinnvolle Ausgestaltung verständigen<br />

sollten. Denn Forschung<br />

finde langfristig nur dort statt,<br />

wo neue Techniken in der Produktion<br />

umgesetzt werden.<br />

Teva Deutschland (Ulm) produziert<br />

innovative Arzneimittel,<br />

freiverkäufliche Präparate sowie<br />

Nachahmerprodukte. Rund 3140<br />

Mitarbeiter verteilen sich auf die<br />

Standorte Ulm, Blaubeuren/Weiler<br />

und Berlin. Insgesamt beschäftigt<br />

der israelische Teva-<br />

Konzern 45.000 Mitarbeiter. Der<br />

Umsatz betrug 2013 rund 20,3<br />

Milliarden US-Dollar (14,8 Milliarden<br />

Euro). [!]<br />

AMB<br />

Hermann Allgaier (rechts) und Teva-Deutschlandchef Markus Leyck Dieken<br />

erklärten Finanzminister Schmid (Mitte) die Biotech-Produktion in Ulm.<br />

4


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[namen & nachrichten]<br />

Königliche Ehre für Uzin Utz<br />

Gruppenbild mit Königin (von links): Hofdame Lieke Gaarlandt-van Voorst van Beest, Unipro-Geschäftsführer Gerben<br />

Bouwmeester, die Kommissarin des Königs, Anke Bijleveld-Schouten, Königin Máxima, Vorstandsvorsitzender<br />

Werner Utz, Unipro-Geschäftsführer Frank ter Beke, der Finanzchef der Uzin Utz AG, Thomas Müllerschön, sowie<br />

der Adjutant des Königs, Luitenant Kolonel Timo Beaufort.<br />

Der Ulmer Bodenspezialist Uzin<br />

Utz AG geht beim Thema Nachhaltigkeit<br />

voran. Im niederländischen<br />

Haaksbergen feierte das<br />

Unternehmen die Eröffnung der<br />

„Grünsten Fabrik“ Europas. Mit<br />

von der Partie und dazu passend<br />

im grünen Kleid: die niederländische<br />

Königin Máxima.<br />

Zwei Stunden habe die Zeremonie<br />

mit Máxima gedauert, erzählt<br />

Werner Utz. Der Chef der börsennotierten<br />

Uzin Utz AG hielt sich<br />

bei dem Anlass im Hintergrund.<br />

Denn offiziell waren die beiden<br />

Geschäftsführer der Tochtergesellschaft<br />

Unipro die Gastgeber.<br />

Sie klärten mit dem Königshaus<br />

vorab, wie der Besuch ablaufen<br />

soll. Während in den Niederlanden<br />

und in England alle per Du<br />

seien, gab es im Fall von Máxima<br />

folgende Anweisung: Sie sei mit<br />

„Majestät“ und mit „Sie“ anzusprechen,<br />

erzählt Utz. „Sie war<br />

auffallend gut informiert über<br />

das Unternehmen.“ Sie habe<br />

auch über das Engagement der<br />

beiden Söhne von Werner Utz im<br />

Unternehmen Bescheid gewusst.<br />

<strong>Juli</strong>an Utz (33) ist Geschäftsführer<br />

der Wolff GmbH & Co. KG<br />

(Tochtergesellschaft, Entwickler<br />

und Produzent von Maschinen<br />

und Werkzeugen für die Bodenbelagsentfernung,<br />

und -verlegung<br />

mit Sitz in Vaihingen/Enz) .<br />

Philipp Utz (33) baut als Präsident<br />

einer US-Tochtergesellschaft<br />

gerade in Dover (US-Bundesstaat<br />

Delaware) die dortige<br />

Produktion auf.<br />

Bevor der von den beiden Geschäftsführern<br />

eingefädelte Besuch<br />

stattfand, wurde über dessen<br />

Ablauf gesprochen. Alles sei<br />

sehr locker über die Bühne gegangen,<br />

sagt Utz, der sich über die<br />

Außenwirkung des Besuchs<br />

freut. „Wir sind in ganz Holland<br />

als Unternehmen bekannt.“ In<br />

der Fabrik werden Kunstharzbeschichtungen<br />

und Bodenbelagsklebstoffe<br />

hergestellt. Das Besondere<br />

dabei: Verwaltung und<br />

Produktion sind unter einem<br />

Dach. Die Umweltbilanz fällt wegen<br />

der ausgeklügelten Heizung<br />

sehr gut aus: einer Kombination<br />

aus Pelletheizung und Erdwärme<br />

in Verbindung mit einer Wärmepumpe.<br />

Sowohl der Betrieb des<br />

Gebäudes als auch die Produktion<br />

am Standort Haaksbergen<br />

sind CO2-neutral. Beim Bau des<br />

Gebäudes wurden recycelte und<br />

wiederverwendbare Materialien<br />

wie Beton, Bitumen , Aluminium<br />

oder Eisen verwendet. Zudem<br />

sorgen natürliche Materialien<br />

wie Holz, Sedum, Moos oder Oliven<br />

für eine gute Isolierung sowie<br />

biologische Vielfalt. Im Zertifizierungsverfahren<br />

erhielt das<br />

Gebäude die Note 8,66, die Bestnote<br />

ist 10. Die Uzin Utz AG erzielte<br />

zuletzt mit knapp 1000<br />

Mitarbeitern einen Umsatz von<br />

217 Millionen Euro. [!] OS<br />

13 neue Genossenschaften Kammer sucht Chef<br />

Im Südwesten haben sich im ersten<br />

Halbjahr 13 neue Genossenschaften<br />

gegründet. Damit seien<br />

in den vergangenen zehn Jahren<br />

rund 250 neue Genossenschaften<br />

entstanden, teilte der Baden-<br />

Württembergische Genossenschaftsverband<br />

mit. Darunter<br />

sind unter anderem Energiegenossenschaften,<br />

Dorfläden und<br />

Zusammenschlüsse von Ärzten.<br />

Die 343 landwirtschaftlichen Genossenschaften<br />

erwirtschafteten<br />

im Südwesten zuletzt knapp 3,7<br />

Milliarden Euro Jahresumsatz.<br />

Sie erzeugen unter anderem<br />

Wein, Getreide, Obst, Gemüse<br />

und Milch. [!]<br />

PAU<br />

18.000 Betriebe, mehr als 100.000<br />

Arbeitsplätze. Die Handwerkskammer<br />

Ulm, deren Gebiet sich<br />

von der Ostalb bis zum Bodensee<br />

erstreckt, braucht einen neuen<br />

Präsidenten. Denn Anton Gindele<br />

(65), Schreinermeister aus Horgenzell<br />

(Kreis Ravensburg), hört<br />

auf. Bisher gibt es offiziell keine<br />

Bewerber für die Wahl am 30.<br />

September. Der neue Präsident<br />

wird aus dem Kreis von 26 Kandidaten<br />

kommen, auf die sich die<br />

Kreishandwerkerschaften Ulm,<br />

Heidenheim, Ostalb, Biberach,<br />

Ravensburg und Bodensee für die<br />

Wahl zur Vollversammlung, verständigt<br />

haben. [!]<br />

AB<br />

5


[rubrik] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Am Ziel der Klettertour, über den Wolken – das schärft den Blick fürs Wesentliche: Stefan Glowacz mit Kletterfreund Holger Heuber (stehend).<br />

DerGipfeldesGlücks:helfenkönnen<br />

Wer ganz oben ist, kann alle Fünfe gerade sein und es sich selber gut gehen lassen. Kann, muss aber nicht. Viel mehr<br />

Freude spendet eine Stiftung. Und Sinn stiftet es obendrein. Wie man es richtig angeht …<br />

Stefan Glowacz ist Extremkletterer. In<br />

seinem aktuellen Kino-Film spielt er<br />

einen Bergsteiger, der Expeditionen im<br />

Dreiländereck von Brasilien, Venezuela und<br />

Guyana unternimmt. Der gebürtige Oberbayer<br />

lebt ein Leben der Extreme. „Genau die sind<br />

es, die das Leben prägen“, sagt der 49-jährige<br />

Vater von drei Kindern.<br />

Seine Leidenschaft für die Berge entstand<br />

früh. Als er fünf war, zogen seine Eltern nach<br />

Oberau bei Garmisch-Partenkirchen. Klettern<br />

war für ihn stets nicht nur eine körperliche,<br />

sondern auch eine mentale Herausforderung,<br />

erzählt er. „Als Kind hatte ich Angst vor dem<br />

Alleinsein. Trotzdem suchte ich schon sehr<br />

früh die Konfrontation und bin gegen den<br />

Strom geschwommen.“ Glowacz ist davon<br />

überzeugt, dass jeder Mensch für sein Lebensglück<br />

selbst verantwortlich ist. „Viele von uns<br />

befinden sich in der komfortablen Lage, zahlreiche<br />

Gestaltungsmöglichkeiten zu haben.“<br />

Für herzkranke Kinder gilt das nur eingeschränkt.<br />

Deshalb unterstützt der Kletterer<br />

als „Botschafter“ die Stiftung „KinderHerz“.<br />

HilfreicHeSGänSeblümcHen<br />

Auch die Ulmer Unternehmerfamilie Nething<br />

hat Gestaltungsmöglichkeiten. 2010 riefen<br />

Brigitte und Frieder Nething die Privatstiftung<br />

„Gänseblümchen“ ins Leben. Vom eigenen<br />

Glück etwas an die Gesellschaft weiterzugeben<br />

– das trieb die Architekten an. Neben<br />

dem Stammhaus in Ulm/Neu-Ulm hat die<br />

Nething-Gruppe Büros in Günzburg, Stuttgart,<br />

Leipzig und Berlin. „Nicht jedes Kind hat<br />

das Glück, ein Bergkind zu sein. Unser Ziel ist<br />

es daher, Kindern aus sozial schwachen Familien<br />

mit gemeinnützigen Institutionen die<br />

Teilhabe an Kultur und damit ein neues Leben<br />

zu ermöglichen“, erklärt die Stiftungsvorsitzende<br />

Petra Nething (47). Bei der Auswahl der<br />

Kinder helfen Schulen, Sozialarbeiter und Jugendämter.<br />

„Damals gab es keine vergleichbare<br />

Organisation in der Region. Meine Eltern<br />

haben die Stiftung aus dem Wissen heraus gegründet,<br />

dass zum Umstand, in eine bestimmte<br />

Lebenssituation hineingeboren zu werden,<br />

wohl einfach nur Glück gehört“, erzählt die<br />

gelernte Architektin. Fast ein Fünftel der Ulmer<br />

Kinder wächst in schwierigen Verhältnissen<br />

auf. Viele Eltern sind einfach nicht in der<br />

Lage, ihre Kinder auf dem Weg ins Leben zu<br />

fördern.<br />

Petra Nething entwickelt 20 Projekte im Jahr,<br />

die von anderen gemeinnützigen Organisationen<br />

umgesetzt werden. Für die Kinder ist die<br />

Teilnahme kostenlos, es fällt höchstens ein<br />

geringer Eigenbetrag an. Die Stiftungsgelder<br />

werden projektbezogen gewährt. Finanziert<br />

wird das Ganze über Spenden und über die<br />

6


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[verantworten]<br />

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Die Stiftung Gänseblümchen fördert kreative Angebote für benachteiligte Kinder.<br />

DerbegriffStiftung ist per Gesetz nicht<br />

definiert. Er ist nur ein Oberbegriff für eine<br />

Vielfalt von Körperschaften, die im privaten,<br />

öffentlichen und kirchlichen Recht<br />

verankert sein können. Zu den wichtigsten<br />

Rechtsformen gehören die rechtsfähige<br />

Stiftung bürgerlichen Rechts, die<br />

Stiftungs-GmbH oder die Treuhandstiftung.<br />

Der Prototyp einer Stiftung und die<br />

mit Abstand am häufigsten verwendete<br />

Form ist die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen<br />

Rechts. Sie ist das klassische<br />

Werk zeug zur Verwirklichung eines auf<br />

Dauer angelegten Zwecks und untersteht<br />

der staatlichen Stiftungsaufsicht. Zu den<br />

gebräuchlichsten Stiftungstypen zählen<br />

die Bürger- und Familienstiftungen sowie,<br />

kirchliche und öffentlich-rechtliche Stiftungen.<br />

Zu den eher speziellen Stiftungsgründungen<br />

zählen unter anderem <strong>unternehmen</strong>sverbundene<br />

Stiftungen wie<br />

Beteili gungs trä ger und Unternehmensträgerstiftungen,<br />

die an einer Gesellschaft<br />

beteiligt sind.<br />

SC<br />

IT-Lösungen<br />

» IT-Infrastruktur & Sicherheit<br />

» Medien- & Konferenztechnik<br />

» Cloud-Dienste & Storage<br />

» Virtualisierungskonzepte<br />

Vermietung von Kunstgegenständen: Zugunsten<br />

der Stiftung trennte sich das Ehepaar<br />

Nething von rund 300 Stücken aus 40 Jahren<br />

Sammlerleidenschaft. Etwa 60.000 Euro können<br />

so jährlich ausgeschüttet werden. „Das<br />

macht uns sehr froh und darüber hinaus immer<br />

wieder bewusst, dass wir nicht allein leben<br />

auf der Welt. Wenn jeder das beiträgt, was<br />

ihm möglich ist, geht es allen besser.“<br />

Das Spektrum von „Gänseblümchen“ reicht<br />

von Musikprojekten, Sprachförderung im<br />

Kindergarten über Maltherapie in Frauenhäusern<br />

bis zur Hausaufgabenbetreuung oder Zuschüssen<br />

zum Gitarren unterricht. „Bei allen<br />

Vorhaben müssen wir sehr feinfühlig vorgehen,<br />

schließlich sollen keine ,Armenkurse‘<br />

angeboten werden. Kinder konkret ansprechen<br />

und auswählen ist schwieriger, als es<br />

den Anschein macht“, sagt Petra Nething.<br />

Auch der Ulmer Ernst-Wilken-Stiftung geht<br />

es darum, die nachwachsenden Generationen<br />

im Bereich der Bildung zu unterstützen. Als<br />

ehemaliger Softwareunternehmer fördert<br />

Wilken in seiner gemeinnützigen Stiftung herausragende<br />

Leistungen im Bereich der Informationstechnologie,<br />

der Geisteswissenschaft<br />

und der sozialen Kunst. Dazu gehören unter<br />

anderem Stipendien und Preisgelder für Studenten<br />

der Uni Ulm und der Hochschule Ulm<br />

sowie gemeinsam mit der Stadt Ulm und weiteren<br />

Unternehmen die Finanzierung der Stiftungsprofessur<br />

der Universität zum Thema<br />

„Nachhaltiges Wissen, nachhaltige Bildung,<br />

nachhaltiges Wirtschaften“. Darüber hinaus<br />

unterstützt die Stiftung den Alternativen Nobelpreis,<br />

Kindergärten, Behinderteneinrichtungen<br />

und Schulen. Zu sehen, wie die Einrichtungen<br />

mit den Spenden wertvolle Arbeit<br />

leisten können, „macht viel Freude“, sagt Wilken.<br />

Seine Firma unterstützt die Stiftung mit einer<br />

vertraglich fixierten jährlichen Zuwendung.<br />

Wilken: „Eine der schwierigsten Aufgaben für<br />

alle Stiftungen ist angesichts der anhaltenden<br />

Tiefzinsphase derzeit, ihre Vermögen gewinnbringend<br />

anzulegen, um ihren Auftrag erfüllen<br />

zu können.“ Zweck und innere Organisation<br />

einer Stiftung legt der Stifter nach seinem<br />

Büroeinrichtungen<br />

» Sitzmöbel & Arbeitsplätze<br />

» Beleuchtung & Beschattung<br />

» Akustik & Ergonomie<br />

» Planung & Konzeption<br />

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7


[verantworten] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Eckpunkte für dessen weitere Entwicklung<br />

weitgehend festlegen. „Die Gründung muss<br />

sehr sorgfältig vorbereitet werden, denn die<br />

einmal festgelegte Satzung kann kaum mehr<br />

verändert werden.“, sagt die Münchner<br />

Rechtsanwältin Katja Fleschütz. Mit staatlicher<br />

Anerkennung durch die Stiftungsbehörde<br />

erlangt die Stiftung den Status einer juristischen<br />

Person und damit Rechtsfähigkeit. Eine<br />

typische Stiftung gibt es nach den Erfahrungen<br />

des Verbandes<br />

ebenso wenig wie<br />

den typischen Stifter.<br />

Allerdings dominieren<br />

soziale<br />

Motive, berichtet<br />

Fleisch: „Rund ein<br />

Drittel aller Stiftungen<br />

betätigt<br />

sich mildtätig, in<br />

der Kinder- und Jugendhilfe<br />

sowie in<br />

der Alten- oder Be-<br />

Stiftungsexperte<br />

Hans Fleisch.<br />

hindertenhilfe. Das Spektrum reicht von der<br />

kleinen ehrenamtlich geführten Stiftung für<br />

Flüchtlinge bis hin zur Trägerstiftung, die ein<br />

Hospiz betreibt.“<br />

Vater und Tochter: Stiftungsgründer Frieder Nething und seine Tochter Petra, die Vorsitzende von „Gänseblümchen“.<br />

Die Ulmer Stiftung fördert unter anderem Musikunterricht (Bild oben).<br />

Willen in der Satzung fest, erklärt Professor<br />

Dr. Hans Fleisch, Generalsekretär des Bundesverbandes<br />

Deutscher Stiftungen: „Voraussetzung<br />

für die Errichtung einer rechtsfähigen<br />

Stiftung ist, dass der Stifter seinen Gründungswillen<br />

rechtsverbindlich zum Ausdruck<br />

bringt. Zudem muss er ein genau bestimmtes<br />

Vermögen auf die künftige Stiftung<br />

übertragen.“ Will er sein Unternehmen in eine<br />

Stiftung umwandeln, kann der Inhaber<br />

Klein,aberGut<br />

Für erfolgreiche Stiftungsarbeit sind Einsatz<br />

und Kapital notwendig. „Wie viel das ist,<br />

hängt von den jeweiligen Aufgaben ab“, sagt<br />

Fleisch. Rund 70 Prozent aller Stiftungen verfügten<br />

über weniger als eine Million Euro.“ So<br />

prägten zwar die großen Stiftungen das Bild in<br />

der Öffentlichkeit, tatsächlich bestehe aber<br />

das deutsche Stiftungswesen überwiegend<br />

aus kleinen Stiftungen mit eng begrenzten<br />

Spielräumen. „Große Sprünge lassen sich mit<br />

den Erträgen kleinerer Vermögen nicht machen.“<br />

Substanzerhalt und die Erwirtschaftung<br />

der notwendigen Erträge seien eine große<br />

Herausforderung. Die Verwendung der<br />

Gelder muss gegenüber der Aufsichtsbehörde<br />

ausführlich dokumentiert werden. Neben der<br />

Vermögenslage sind Strategie, Knowhow und<br />

die professionelle Arbeit des Stiftungspersonals<br />

entscheidend. „Stiftungen fördern überwiegend<br />

kleinere und überschaubare Projekte,<br />

die hinsichtlich des konkreten Erfolges<br />

einfacher zu beurteilen sind.“<br />

Um die ganz persönliche Nachhaltigkeit sicherzustellen,<br />

ist freilich mehr erforderlich<br />

als nur das sichere Rangieren von Vermögensteilen.<br />

Fleisch: „Manchmal wird Stiftern und<br />

Stifterinnen unterstellt, sie agieren primär<br />

zur Steuervermeidung. Dabei ist klar, dass die<br />

deutsche Stiftung nicht zur Steuervermeidung<br />

geeignet ist. Wer stiftet, trennt sich zugunsten<br />

des Gemeinwohls unwiderruflich<br />

von seinem Vermögen. Aus unseren Erfahrungen<br />

geht es vor allem um Dankbarkeit und<br />

Verantwortungsbewusstsein gegenüber den<br />

Mitmenschen oder auch den Mitarbeitern des<br />

Unternehmens.“ [!]<br />

<br />

Stefanie Creutz<br />

8


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[verantworten]<br />

ausDankbarkeitgegenüberderGesellschaft<br />

„Ideen sind die geistige Kraft, aus der Unternehmen<br />

entstehen“– so lautet die Philosophie<br />

des Ulmer Unternehmers Erich Wilken. Unsere<br />

Mitarbeiterin Stefanie Creutz sprach mit<br />

ihm über seine Stiftung, die herausragende<br />

Leistungen im Bereich der Informationstechnologie,<br />

der Geisteswissenschaft und der<br />

Kunst fördert.<br />

Welche Projekte unterstützen Sie mit der<br />

Wilken-Stiftung?<br />

Neben der Förderung unserer Studenten und<br />

der Stiftungsprofessur zum Thema Nachhaltigkeit<br />

ist es ein Anliegen der Stiftung, Menschen<br />

mit einer Gesinnung zu fördern, die<br />

auch im aktiven Wettbewerb ein faires Miteinander<br />

ermöglichen. Die Stiftung unterstützt<br />

hier Menschen und Visionen mit unterschiedlichen<br />

Förderprogrammen. In diesem Rahmen<br />

unterstützen wir Kindergärten, Be hinder<br />

ten ein richtung<br />

en und auch<br />

Schulen.<br />

Sie fördern auch<br />

den alternativen<br />

nobelpreis. Warum<br />

tun Sie das?<br />

Weil es ein außergewöhnlicher<br />

Preis ist. Er unterstützt<br />

Menschen,<br />

Der Ulmer Unternehmer<br />

Erich Wilken.<br />

die ihr ganzes Handeln,<br />

ihren Mut und die Kraft in Visionen einer<br />

besseren Zukunft widmen. Und darüber<br />

hinaus jene, die hinter ihnen stehen und sie<br />

durch ihre Unterstützung stärken. 2013 wurde<br />

unter anderem der mutige Gynäkologe Denis<br />

Mukwege ausgezeichnet, der Tausende,<br />

oft lebensgefährlich verletzte Vergewaltigungsopfer<br />

im Kongo behandelt, psychologisch<br />

betreut und reintegriert hat.<br />

Wie kamen Sie als Softwareunternehmer<br />

auf die idee, eine Stiftung zu gründen?<br />

Nach der erfolgreichen Gründung und Führung<br />

meines Unternehmens mit zwischenzeitlich<br />

über 500 Mitarbeitern habe ich es als<br />

meine Lebensaufgabe angesehen, mich meiner<br />

gesellschaftlichen Verantwortung zu stellen.<br />

Abgesehen von den beruflichen Verbindungen<br />

gehört es nach meiner Ansicht zur<br />

Verpflichtung eines jeden Menschen, im Rahmen<br />

seiner Möglichkeiten zu helfen, damit<br />

wir nicht in einer Welt mit Problemen leben,<br />

von denen wir wissen, wie sie zu lösen sind.<br />

Warum sollten unternehmer ihrer ansicht<br />

nach stiften?<br />

Aus Dankbarkeit gegenüber der Gesellschaft.<br />

Stiftung Sparkasse Ulm<br />

Fördern, was Ihnen am Herzen liegt.<br />

Sie haben ein Lebenswerk geschaffen, mit viel Leidenschaft und Fleiß, Schwierigkeiten überwunden und<br />

Herausforderungen zum Guten gewendet.<br />

Gründen Sie Ihre persönliche Stiftung, mit Ihrem Namen, die Ihr Lebenswerk in guter Erinnerung hält.<br />

Wir unterstützen Sie dabei mit unserem Wissen und unserer langjährigen Erfahrung.<br />

Ihre Ansprechpartnerin<br />

für die Stiftung Sparkasse Ulm<br />

Katja Schwertle<br />

Dipl. Betriebswirtin<br />

Tel. 0731 101 - 1661<br />

katja.schwertle@sparkasse-ulm.de<br />

Zuwendungen an die Stiftung Sparkasse Ulm sind über das Konto Nr. 31 31 bei der Sparkasse Ulm möglich.<br />

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[titelthema] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

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<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[titelthema]<br />

MeineAbsolventen<br />

sindkleineBomben<br />

Seinen Studenten fordert ProfessorDr.StephanJansen, Präsident der privaten<br />

Zeppelin Universität in Friedrichshafen, einiges ab. Mut. Aber auch Demut.<br />

Die Kraft, Freiheit auszuhalten. Er macht sie zu Unruhestiftern. In Unternehmen<br />

schlagen sie ein wie Cruise Missiles, weil sie alles auf den Kopf stellen.<br />

Ihr Werdegang ist beeindruckend: vom einstigen<br />

Bafög-Empfänger zum jüngsten Präsidenten einer<br />

Hochschule in Deutschland, nächstes Jahr lehren<br />

Sie in Stanford. Sind Sie ein Nerd?<br />

Wir haben an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen<br />

ein „Nerd-Stipendium“. Dem Begriff Nerd bin ich<br />

sehr zugetan. Ein Nerd ist jemand, der in die eigenen<br />

Aktivtäten so verliebt ist, dass er viel Zeit und Leidenschaft<br />

reinsteckt. Ich glaube, dass Künstler, Wissenschaftler<br />

und Unternehmer auf andere manchmal ein<br />

bisschen „nerdig“ wirken, weil sie einfach dauernd vor<br />

Energie fast zerspringen. Aber Nerds und Hipster sind<br />

wohl eher Begriffe der Medien, die für die Selbstbeschreibung<br />

nicht taugen.<br />

Wie würden Sie sich beschreiben?<br />

Als unternehmerisch bildungsbegeistert. Das zieht<br />

sich durch meine Biografie als Wissenschaftler und Unternehmer.<br />

Wenn sich etwas Neues bildet, etwas im<br />

Prozess des Entwickelns ist, begeistert mich das. Vielleicht<br />

ist es das Verliebtsein in die Entwicklung anderer<br />

und die soziale Bildung von Neuem – und eine Uni ist<br />

kein schlechter Platz dafür.<br />

Sie verlassen die Zeppelin-Universität kommendes<br />

Jahr. Wird das hier langweilig für Sie?<br />

Ich bin jetzt 43 Jahre und bin seit zwölf Jahren hier. Meine<br />

Mutter ist sehr stolz auf mich. Sie sagt immer:<br />

„Mensch Junge, wahrscheinlich hätten wir für Dich<br />

früher Ritalin besorgen sollen. Aber, dass du zwölf Jahre<br />

an einem Platz bleibst, hätte ich niemals geglaubt.“<br />

Im Ernst: Universität wird nie langweilig, denn die Idee<br />

der Uni verweilt schon 800 Jahre. Und bei allen Neuheiten,<br />

der Wissenschaft bleibe ich ja erhalten.<br />

Warum haben Sie Ihren Abschied von der Spitze so<br />

frühzeitig angekündigt?<br />

Weil ich das in der Lehre auch so erzähle. Und in der<br />

Träger-Stiftung haben die Ehrenämter gewechselt, so<br />

dass ich dies für redlich empfand. Solche Nachfolgen<br />

brauchen Zeit.<br />

Wie geht es weiter?<br />

Da ich noch über ein Jahr arbeite – und dies in Vollzeit<br />

– , weiß ich es noch gar nicht. Ich flachse ja seit Jahren:<br />

„Wenn ich mal groß bin, möchte ich Professor an der<br />

eigenen Uni sein.“ Aber ganz offen: Ich empfinde auch<br />

Wehmut. Ich muss mich schon davon abhalten, mich<br />

auf meine eigene Nachfolge zu bewerben.<br />

Das hört sich etwas zerrissen an.<br />

Ja, wer solche Kollegen und Studierende hat ... Aber keine<br />

Sorge: Ich komm‘ durch.<br />

Bei der Gründung der Zeppelin Universität im Jahr<br />

2003 hat es reichlich Misstrauen und Vorbehalte<br />

gegen die „elitäre Privatuni“ gegeben. Bilden Sie<br />

Eliten aus?<br />

Nein. Wie auch? Ich könnte Ihnen jetzt ein T-Shirt aus<br />

dem Jahr 2004 mit den Worten „Pioniere statt Eliten!“<br />

zeigen. Ich habe lange Zeit in der Arbeitsgruppe „Elitenintegration“<br />

des Bundesforschungsministeriums<br />

forschen dürfen. Wir haben in Deutschland ein grundsätzliches<br />

Problem mit dem Elitenbegriff, der prä- und<br />

postfaschistisch geprägt ist. Deshalb haben viele<br />

Schwierigkeiten mit dem Begriff – und wegen der noch<br />

immer unzureichenden sozialen Aufstiegsmöglichkeit.<br />

Aber: Ich habe gar nichts gegen Verantwortungseliten.<br />

ZurPerson<br />

Legerundlocker<br />

kommt Unipräsident<br />

Stephan Jansen zum<br />

Interview: in Anzug,<br />

weißem Hemd, baren<br />

Fußes in braunen Designerschuhen.<br />

Der<br />

43-Jährige (Sternzeichen<br />

Zwilling) ist ein<br />

ambitionierter Hobby-Rennradler,<br />

der im<br />

Uniteam mitfährt. Auf<br />

der 210 Kilometer<br />

langen Strecke um<br />

den Bodensee<br />

kommt er im Schnitt<br />

auf Tempo 32. Der<br />

gebürtige Papenburger<br />

studierte Wirtschaftswissenschaften<br />

in Witten/<br />

Herdecke, Tokio und<br />

New York. Bevor er<br />

2003 die Zeppelin-<br />

Universität aufbaute,<br />

arbeitete er unter anderem<br />

für Daimler,<br />

Ergo und Mannesmann.<br />

Jansen, der<br />

auch Politiker berät,<br />

ist einer der klügsten<br />

Köpfe Deutschlands.<br />

Er ist selbst Pionier und begeistert von eigenwilligen Pionieren: Präsident Stephan Jansen auf dem Dach des Unigebäudes;<br />

hinter ihm blitzt die Manzeller Bucht auf, wo Graf Zeppelin, Namensgeber der Uni, die ersten Luftsschiffe aufsteigen ließ.<br />

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[titelthema] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

betuchten Eltern was ist, also quasi für die „Gestopften“.<br />

Genau, das zu verhindern, war für mich – als Bafög-<br />

Empfänger aus einem Nicht-Akademiker-Haushalt –<br />

die Herausforderung. Wir haben gesagt, wir bauen eine<br />

private Bildungsarena, die zu einem Drittel durch ehrliche<br />

Studiengebühren finanziert werden muss. Diese<br />

werden aber von der Sparkasse Bodensee übernommen<br />

und nach dem Studium zinsgesponsort zurückbezahlt.<br />

Wir haben zudem ein umfangreiches und etwas ungewöhnliches<br />

Stipendien-System. Das Thema bleibt an<br />

einer Privatuniversität aber immer aktuell: Wie schaffen<br />

wir es, die soziale Herkunftsunabhängigkeit unserer<br />

Bewerber zu sichern? Wir ermitteln den Anteil der<br />

Bafög-Empfänger unter unseren Studierenden. In den<br />

vergangenen elf Jahren lagen wir ziemlich genau im<br />

Bundesdurchschnitt.<br />

Stimmt es, dass der Sparkasse Bodensee bei einer<br />

Bonitätsprüfung die Zusage der Zeppelin Universität<br />

ausreicht?<br />

Ja! Jetzt merken Sie, dass zu meiner bewegten Biografie<br />

eine Lehre zum Sparkassen-Kaufmann gehört.<br />

Absolut ungewöhnlich! Wie funktioniert das?<br />

35.000 Euro vorzufinanzieren – eine Menge Geld ...<br />

Kennen Sie das Arbeitslosigkeitsrisiko von Akademikern?<br />

Es liegt stabil unter 3 Prozent. Unter Volkswirten<br />

heißt das „Vollbeschäftigung“. Bei uns sind die Studierenden<br />

in der Situation, ihre eigene unternehmerische<br />

Biografie zu gestalten. Die tollsten und traurigsten Feiern<br />

an einer Uni sind die Graduierungsfeiern. Insbesondere<br />

die Daddys erinnern sich daran, dass sie am<br />

Anfang völlig dagegen waren, dass sich ihre Kinder bewerben,<br />

weil sie das als Familie nicht zahlen können.<br />

Und dann erklärten ihnen die eigenen Kinder: „Keine<br />

Sorge. Das mache ich allein, über die Sparkasse, das<br />

kriege ich hinterher wieder reinfinanziert.“ Einerseits<br />

sind die Väter dann stolz…<br />

Elite? Der Begriff ist nur am<br />

Ende einer Biografie angemessen,<br />

sagt Stephan Jansen,<br />

– nicht am Anfang.<br />

Womit haben Sie dann Schwierigkeiten?<br />

Wenn Studierende im Alter von siebzehneinhalb mit<br />

irgendwelchen Labels konfrontiert werden. An der<br />

Zeppelin Universität machen wir eine ehrliche, interessenbasierte<br />

Auswahl: Wir fragen, ob die Uni die richtige<br />

ist für die Studierenden – und ob die jungen Leute<br />

zu uns passen. Das als Elite zu bezeichnen, finde ich<br />

unglücklich. Erstens kann Elite nur ein Zuschreibungsbegriff<br />

sein: Wer würde es selbst von sich behaupten?<br />

Zweitens ist der Begriff nur am Ende einer Biografie angemessen<br />

und nicht am Anfang. Deswegen gibt es eine<br />

starke Elitenbegriffs-Phobie an dieser Uni.<br />

Und andererseits besorgt?<br />

Ja, sie stellen sich anfangs die Frage: „Was ist das für ein<br />

Laden, den kenne ich überhaupt nicht.“ Wenn aber die<br />

Kinder begeistert von Bildung sind und sogar die Finanzierung<br />

selbst organisieren, verstehen die Eltern, dass<br />

es den Kindern um etwas geht: um ihr Leben. Genau<br />

das zeichnet unsere Studierenden aus. Wir behandeln<br />

sie als Erwachsene. Eine solche Einstellung ist selbst<br />

für einen Kreditgeber eine ausgesprochen belastbare<br />

Eignungsprüfung. Unsere Universität hat eine sehr enge<br />

Partnerschaft mit der Sparkasse Bodensee. Der Chef<br />

der Sparkasse, Werner Allgöwer, ist übrigens seit Februar<br />

auch Vorsitzender des Stiftungsvorstandes.<br />

Die Kritik war damals auch auf die Kosten des Studiums<br />

gemünzt. Dass sie nur für Kinder von gut<br />

Wie viele finanzieren ihr Studium auf diese Weise?<br />

Knapp 70 Prozent. Das zeigt, dass wir nicht diese Koop-<br />

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<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[titelthema]<br />

dationseliten anziehen, also eine Gesellschaftsschicht,<br />

die sich aus der Herkunft oder ihrem Vermögen selbst<br />

reproduziert. Wir haben viele Studierende hier mit<br />

ganz eigenen Geschichten.<br />

Haben Sie ein Beispiel?<br />

Viele. Als ich in Kairo gearbeitet habe, hat mich ein Taxifahrer<br />

öfters zur Universität gefahren. Irgendwann<br />

merkte ich, dass er Deutsch sprach, wir kamen ins Gespräch,<br />

er erzählte mir seinen Lebensweg – und wurde<br />

einer unserer ersten Studierenden.<br />

Was macht er jetzt?<br />

Er ist Unternehmer geworden, in Ägypten, sehr erfolgreich.<br />

Er macht Softwarelösungen für den Compliance-<br />

Bereich in der Nahrungsmittel- und Agrar-Industrie. Er<br />

war jemand, der in seinem Leben durch alle Roste gefallen<br />

ist, durch die man überhaupt durchfallen kann.<br />

Nur hier nicht – er hat den besten Abschluss seines<br />

Jahrgangs gemacht.<br />

Ihre Auswahlverfahren sind unorthodox. Wenn jemand<br />

sich telefonisch nach dem Auswahlverfahren<br />

erkundigt, heißt es: Kommen Sie bitte persönlich.<br />

Im Gespräch stellen Sie Fragen, die nicht beantwortbar<br />

sind.<br />

Ja, welche denn sonst? Wir sind eine Universität, die<br />

sich auf das Nichtwissen konzentriert. Das muss man<br />

An seiner Privatuni studieren<br />

nicht nur junge Leute aus reichem<br />

Hause. Das zu bewerkstelligen,<br />

war dem Präsidenten<br />

von Anfang an wichtig.<br />

Raum für die Zukunft In der<br />

Evolution eines Klassikers finden<br />

sich schon heute Antworten auf<br />

Fragen der Arbeitswelt von morgen.<br />

Fragen Sie nach detaillierten Unterlagen<br />

beim autorisierten Fachhandel.<br />

buchbrunnenweg 16, 89081 ulm-jungingen, tel. 0731-96 77 00<br />

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13


[titelthema] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Pionier Graf Zeppelin ist auch auf dem Schreibisch des Unipräsidenten präsent – neben Brieföffner, Bürotacker und Locher.<br />

1200Studierende,<br />

650Förderer<br />

DieZeppelinUniversität(ZU) in Friedrichshafen<br />

ist im Jahr 2003 mit 19 Studierenden,<br />

vier Wissenschaftlern und<br />

zwölf Mitarbeitern an den Start gegangen.<br />

Heute sind es 1200 Studenten, mehr<br />

als 130 Wissenschaftler und rund 270<br />

Mitarbeiter. Die ZU ist eine staatlich anerkannte<br />

und vom Wissenschaftsrat akkreditierte<br />

Stiftungsuniversität zwischen<br />

Wirtschaft, Kultur und Politik. Sie bietet<br />

14 Bachelor-, Master- und Promotionsprogramme<br />

der Wirtschafts-, Kultur- und<br />

Sozialwissenschaften an, darunter sechs<br />

berufsbegleitende Master-Studiengänge.<br />

Die Studiengebühren betragen zwischen<br />

15.800 und 35.600 Euro.<br />

Die ZU ist eine der ersten freien Stiftungsuniversitäten<br />

in Deutschland (derzeit<br />

gibt es 13) – und: Sie gehört sich<br />

selbst. Die ZU nimmt seit ihrer Gründung<br />

als einzige Universität aufgrund einer<br />

langfristigen Vorausfinanzierung durch<br />

650 Förderer und einer Landesbürgschaft<br />

keine staatlichen Zuschüsse in Anspruch.<br />

Eine weitere Besonderheit: Die<br />

Sparkasse Bodensee finanziert die Studiengebühren<br />

zu einem sehr günstigen<br />

Zins – derzeit liegt er bei 2,4 Prozent –<br />

vor. Vereinbart wird ein individueller<br />

Rückzahlungsplan, der ein Jahr nach dem<br />

Einstieg ins Berufsleben beginnt. Insgesamt<br />

nehmen rund zwei Drittel der Studenten<br />

dieses Angebot in Anspruch: Darüber<br />

hinaus gibt es zwölf eigene<br />

Stipendienprogramme.<br />

Mehr Infos unter: www.zu.de. AMB<br />

vom allerersten Moment an deutlich machen. Das ist<br />

eine Sozialisations-Frage: Wie gehe ich mit Studierenden<br />

um? Behandle ich sie wie ein Lehrer seine Schüler,<br />

dann habe ich ein Problem: nämlich Schüler. Das ist die<br />

Infantilisierung von Bildung, die nach der Schule eine<br />

große Renaissance im Bachelor gefunden hat. Lass uns<br />

doch als Universität nicht dastehen wie die Besserwisser.<br />

Wir wissen nichts besser! Wir stellen Fragen an den<br />

Grenzen des Wissens. Deswegen finde ich unser Annahmeverfahren<br />

nicht so ungewöhnlich, wie das immer<br />

dargestellt wird.<br />

Wirwissen<br />

nichts<br />

besser!<br />

Wirstellen<br />

Fragen...<br />

Sie haben die Idee der Universität<br />

gegen den Strich gebürstet<br />

und neue Methoden angewandt,<br />

einen neuen Stil reingebracht.<br />

Wir in Friedrichshafen sind bescheiden:<br />

Wir sagen, wir sind „old<br />

school“. Wir machen Universität so<br />

wie sie vor 800 Jahren gedacht wurde,<br />

nicht modern, Benchmark-bezogen,<br />

alles auf „employability“, also Beschäftigungsbefähigung,<br />

ausgerichtet. Ganz ehrlich: Für unseren Ansatz<br />

habe ich noch nie Kritik gehört. Es ist einfach die<br />

Grundidee von Bildung, viel zitiert – wenig gelebt.<br />

Welche Fähigkeiten brauchen junge Leute, um diese<br />

Nichtwissen-Frage überhaupt gestellt zu bekommen.<br />

Müssen sie zwei oder drei Sprachen sicher<br />

beherrschen?<br />

Nein, die meisten Menschen stellen Anforderungen an<br />

andere, die sie selbst nicht erfüllen. Wir nicht. Es wäre<br />

nur ganz gut, wenn die formale Hochschulzugangsberechtigung<br />

vorliegt. Aber, wenn es eng wird, begleiten<br />

wir Bewerber auch über Abendgymnasien.<br />

Wie bitte?<br />

Wir haben hier Leute, die im Alter von 42 ihr Studium<br />

beginnen und uns seit 10 Jahren<br />

beobachtet haben. Wir haben hier<br />

Hauptschülerakademien für die<br />

Roland-Berger-Stiftung auf die Beine<br />

gestellt. Unis sind ja eigentlich<br />

die High-End-Veredler, aber der<br />

Reiz liegt woanders; es gibt in der<br />

Durchlässigkeit des deutschen Bildungssystems<br />

so viele Skandale:<br />

die frühkindliche Erziehung, die<br />

Problematik der Grund- und<br />

Hauptschulen und und und …<br />

Gibt es einen gemeinsamen Nenner Ihrer Studenten?<br />

Nein, aber Klassensprecher, Klassenclowns und klasse<br />

Musiker sind irgendwie häufig. Und was alle lernen:<br />

Freiheit auszuhalten. Die fallen mit siebzehneinhalb<br />

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<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[titelthema]<br />

als G8-Beschleunigungsopfer aus der Schule. Wir entwickeln<br />

die Förderung- und Forderungskultur immer<br />

gleichzeitig. Es gibt auch einige, die sich bewusst gegen<br />

uns entscheiden, weil denen das Studium und die<br />

Kleingruppen zu intensiv sind.<br />

Was kennzeichnet ihre Studenten noch?<br />

Die Kombination aus Mut und Demut. Mut, sich zu verschulden<br />

für ein Studium, aber nicht in dieser Hybris-<br />

Fantasie: Ich hab es ja geschafft, ich bin ausgewählt<br />

worden. Dazu die Demut vor dem Nichtwissen. Sie erwerben<br />

jeden Tag mehr Wissen über ihr Nichtwissen.<br />

Das müssen Sie aushalten. Wie Gregory Bateson, der<br />

wunderbare Delfinforscher, sagte: Sie müssen sich die<br />

Brücke im Gehen unter sich selber bauen. Das ist eine<br />

Qualität, die im engeren Sinne des Wortes etwas mit<br />

Selbstbewusstsein zu tun hat. Man braucht die richtige<br />

Mischung aus Hybris und Selbstzweifel. Gucken Sie<br />

mich an: Mit 31 Jahren eine Uni gründen, so jemanden<br />

müssen Sie normalerweise betreuen!<br />

Entscheidend ist die richtige<br />

Mischung aus Mut und Demut,<br />

sagt Stephan Jansen:<br />

Mut, sich zu verschulden, und<br />

Demut vor dem Nichtwissen.<br />

bulthaup b3<br />

Folgt keinen<br />

schnellen Trends.<br />

Sondern<br />

Überzeugungen.<br />

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15


[titelthema] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Konkreter bitte!<br />

An vielen Universitäten wird nun das Thema „Wirtschaftsethik“<br />

angeboten, Nachhaltigkeitsseminare,<br />

Vorlesungen wie „Richtig führen und kommunizieren<br />

mit Mitarbeitern“ usw. Aber das bringt alles nichts,<br />

wenn die Themen auf dem Vorlesungplan stehen, damit<br />

sie auf dem Plan stehen. Mal ehrlich: Das ist alles<br />

20. Jahrhundert, Kausallogik – Bildung als Fernbedienung.<br />

Studierende müssen einerseits die Ideengeschichte<br />

des Fachs verstehen, und die Ökonomie beispielsweise<br />

kommt aus der Ethik, nicht umgekehrt,<br />

und sie müssen das erleben dürfen – im geschützten<br />

Raum des Studiums. Ich möchte mit Nietzsche, dass die<br />

Studenten so werden, wie sie sind – und nicht, wie sie<br />

die Arbeitsmärkte gerne haben wollen. Mir geht es in<br />

Biografien auch um den Moment des Eigenwilligen.<br />

Schauen Sie mal Ferdinand Graf von Zeppelin an. Was<br />

hat der eigentlich gemacht? Er hat als Nicht-Ingenieur<br />

im Seniorenalter ein Unternehmen gegründet, das<br />

dreimal insolvent gegangen ist. Mit einem nichtfunktionierenden<br />

Produkt. Das ist, finde ich, beeindruckend.<br />

Was erwarten Sie von den Absolventen?<br />

Ob sie nun eine Zeitung gründen, den Busfernverkehr<br />

als Markt eröffnen oder ob sie Oberbürgermeister werden,<br />

das ist mir vollkommen wurscht. Das einzige, was<br />

ich möchte ist, dass sie sich selbst so gut kennen, dass<br />

sie ihre Potenz an dem Ort in der Gesellschaft einsetzen,<br />

wo sie in Differenz wirksam werden. Dieses Moment<br />

der Wirksamkeit hat etwas mit Selbstreflektion<br />

zu tun. Deswegen sage ich, dass diese Leute wie kleine<br />

Bomben wirken. Erst jüngst hat mir der Personalvorstand<br />

eines großen deutschen Konzerns gesagt: „Herr<br />

Jansen, ich habe wieder Absolventen von Ihnen – ganz<br />

ehrlich – mehr als zehn können wir als Konzern nicht<br />

vertragen, denn die stellen ja alles auf den Kopf.“ Wenn<br />

ich mich dann scheinheilig entschuldige, kommt die<br />

Antwort: „Nein, Herr Jansen, ist schon gut so, aber auch<br />

anstrengend.“ Weiß ich ...<br />

Des Uni-Präsidenten Maxime:<br />

Die Studenten sollen so<br />

werden, wie sie sind – und<br />

nicht, wie sie die Arbeitsmärkte<br />

gerne haben wollen.<br />

Sie haben Ihre Alumni in einem Interview einmal als<br />

cruise Missiles bezeichnet. Wie meinen Sie das?<br />

Das habe ich, als Zivildienstleistender, tatsächlich gesagt?<br />

Oha. Mir geht es darum, dass kluge Einsteiger<br />

schon kleine Bomben der Innovation und der Differenz<br />

sein müssen. Sie brauchen ein Anti-Korrosionsschutz<br />

durch Bildung im Beruf, um sich nicht verbiegen zu<br />

lassen, kompromisslos nachzufragen, nicht in eine Rolle<br />

zu schlüpfen, wie Führungskräfte-Coaches das empfehlen,<br />

sondern eben bei sich bleiben, achtsam sein,<br />

Rückgrat beweisen, die eigenen Werte durchhalten,<br />

auch wenn es unangenehm wird. Vielleicht auch mal<br />

zugeben, etwas nicht zu wissen, trotzdem und deswegen<br />

zu entscheiden. Wir stecken ja momentan mitten<br />

in der Moralisierung der Bildung.<br />

Wie groß ist die Gefahr, dass die Studierenden mit<br />

solchem Vorgehen anecken?<br />

Es ist eine gewisse Eleganz der Empathie beim Anecken<br />

nötig. Sie müssen sich schon gemein machen, in<br />

eine Gemeinschaft eintreten. Aber jeder sollte hier seinen<br />

eigenen Weg suchen.<br />

Wie wichtig ist es für Unternehmen, sich zu hinterfragen?<br />

Die deutschen Unternehmen brauchen im 21. Jahrhundert<br />

zwei neue Innovationstypen. Sie werden nicht<br />

mehr wie im letzten Jahrhundert nur irgendeine Technologie<br />

in die Welt bringen und dadurch Weltmarktführer<br />

werden. Vielmehr geht es darum, in komplexen<br />

Systemen soziale und geschäftsmodellbezogene Innovationen<br />

für Themen wie Energie, Mobilität, Gesund-<br />

16


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[titelthema]<br />

heit, Sicherheit neu zu diskutieren. Dann ist Hinterfragen<br />

auch Vordenken!<br />

Was macht einen guten Manager<br />

in so komplexen Systemen und in<br />

einer Phase des Umbruchs aus?<br />

Viele Unternehmen wünschen sich<br />

Führungskräfteentwicklung von<br />

der Zeppelin Universität mit genau<br />

dieser Frage. Für uns stellt sich die<br />

Frage: Fortbildung, wie man ein guter<br />

Manager wird in komplexen<br />

Systemen: Wie soll das gehen?<br />

Nicht trivial, also nicht auch noch 45-Jährige infantilisieren!<br />

Wir brauchen neue, komplexere Formate. Wir<br />

Diese<br />

Absolventen<br />

stellenja<br />

allesauf<br />

denKopf<br />

nennen das „Impact Education“: „Nenne uns dein Problem<br />

– und wir liefern dir das Rüstzeug für deine Lösungsfindung.“<br />

Welche Eigenschaften benötigt<br />

ein guter Manager?<br />

Die Frage ist etwas schlüpfrig,<br />

dann kann ich beim Antworten<br />

nur Fehler machen. Also los! Manager<br />

sind durch Fehlertoleranz<br />

resilienzfähig, sie sind reflektionsfähig,<br />

post-autistisch, also auf<br />

neue Weise beziehungsfähig – jenseits<br />

der Hierarchie. Dazu muss man Kunden, Zulieferer<br />

oder unverwandte Branchen beobachten. Ich glau-<br />

Einen Lehrplan zum guten<br />

Manager gibt es nicht, erklärt<br />

der Professor. Man kann aber<br />

den Unternehmen das Rüstzeug<br />

liefern, selbst die für sie<br />

beste Lösung zu finden.<br />

In die Zukunft gedacht<br />

Nething Generalplaner heißt Michael Keller<br />

in der Geschäftsführung willkommen<br />

Nething<br />

Generalplaner<br />

Architekten<br />

Ingenieure<br />

Wegenerstraße 7 . 89231 Neu-Ulm<br />

Weitere Büros in Berlin und Leipzig<br />

Ein Unternehmen der Nething Gruppe<br />

nething.com<br />

17


[titelthema] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Vorbild Zeppelin: Wenn man<br />

abstürzt, steigt man wieder<br />

auf. Diese Haltung habe er in<br />

Oberschwaben kennen und<br />

auch lieben gelernt, erklärt<br />

der gebürtige Niedersachse<br />

im Gespräch mit Karen Emler,<br />

Leiterin des Wirtschaftsressorts<br />

der Südwest Presse,<br />

und Alexander Bögelein, Redaktionsleiter<br />

Unternehmen.<br />

be fest: Führungskräfte müssen mehrsprachiger<br />

werden; nicht national, sondern Wirtschafts-Manager<br />

müssen die Sprachspiele des Politischen und der Zivilgesellschaft<br />

verstehen und umgekehrt. Unternehmen<br />

und Politiker haben mit Bürgern zu tun, mit sozialen<br />

Protestbewegungen, Shitstorms oder was auch immer<br />

– das sind andere Sprachlogiken. Wir brauchen Sensibilisierung<br />

für diese Sprachspiele in der Gesellschaft,<br />

weil auch Unternehmen in einem<br />

Geflecht von unterschiedlichsten<br />

Einflüssen stecken.<br />

Was heißt das im Umkehrschluss?<br />

Wir müssen sehr tolerant sein und<br />

tatsächlich eher über Erzählungen<br />

führen als über das Zählen. Wir<br />

kommen ja aus einer objektivierungsoptimistischen<br />

Welt, in der<br />

die Wissenschaft zur Ersatzreligion geworden ist. Dabei<br />

geht es häufig auch um Pseudoobjektivierung und<br />

dauernde Abzählreime. Management als „Malen nach<br />

Zahlen“ – funktioniert nicht. Aber Erzählungen funktionieren,<br />

wenn sie weitererzählt werden.<br />

Was haben Sie aus Ihrer Arbeit in Friedrichshafen<br />

persönlich gelernt?<br />

Dass der Graf Zeppelin verdammt recht hatte: „Man<br />

muss nur wollen und daran glauben, dann wird es gelingen.“<br />

Eine reine Privatuniversität ist unmöglich,<br />

und deswegen wurde sie möglich. Und wir sind weniger<br />

abgestürzt als unser Vorbild, aber das kann ja noch<br />

kommen. Und dann steigen wir wieder auf. Diese Haltung<br />

habe ich hier gelernt – auch lieben gelernt, denn<br />

Management<br />

funktioniert<br />

andersals<br />

„Malennach<br />

Zahlen“<br />

die Oberschwaben sind so unfassbar bodenständig innovativ,<br />

dass man sich in sie trotz Kehrwoche auch verlieben<br />

kann.<br />

Was haben Sie über sich gelernt?<br />

Dass dieser Zweitakt-Motor zwischen Hybris und<br />

Selbstzweifel für mich doch ganz gut getaktet war. Es<br />

gab schon viele Nächte, in denen ich wirklich dachte:<br />

„Oh je, das kann nicht funktionieren.“<br />

Auch weil viele Mitspieler im<br />

privaten Universitätssegment<br />

Schwierigkeiten haben. Ich denke,<br />

eine ehrliche und spürbare Begeisterung<br />

für das, was man tut, trägt<br />

weiter. Und dann gilt für mich: immer<br />

etwas schneller neue Erfolge<br />

haben, als für die alten kritisiert<br />

werden zu können.<br />

Und was freut Sie?<br />

Es ist ein unglaubliches Privileg, eine Uni gründen zu<br />

dürfen, in der sich junge Persönlichkeiten selbst bilden,<br />

und das macht einfach Spaß – jeden Tag. Das ist meine<br />

re-generative Energiequelle, und deswegen bleibe ich<br />

auch so gern in Lehre und Forschung.<br />

DAS INtErVIEW FüHrtEN<br />

KArEN EMLEr, LEItErIN<br />

DEr WIrScHAFtSrEDAKtIoN SüDWESt PrESSE<br />

UND ALExANDEr BöGELEIN,<br />

rEDAKtIoNSLEItEr UNtErNEHMEN [!]<br />

FotoS: oLIVEr ScHULZ<br />

DoKUMENtAtIoN: ISABELLA BUrK<br />

18


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[namen&nachrichten]<br />

Hochland<br />

investiert kräftig<br />

in Russland<br />

Der Gewinn der Hochland<br />

GmbH in Heimenkirch bei<br />

Wangen hat sich im Jahr 2013<br />

fast halbiert auf 37 Millionen<br />

Euro. Dem Schmelzkäsehersteller<br />

gelang es nicht, die zwischenzeitlich<br />

rasant gestiegenen<br />

Erzeugerpreise für Milch<br />

an den Handel weiterzugeben.<br />

Der Umsatz legte leicht auf 1,2<br />

Milliarden Euro zu. Im südrussischen<br />

Prokhorovka verdoppelte<br />

das Unternehmen für 25<br />

Millionen Euro die Produktionskapazitäten<br />

auf 18.000 Tonnen.<br />

In Heimenkirch beschäftigt<br />

Hochland 700 Mitarbeiter.<br />

Letztes Kapitel<br />

im Ausverkauf<br />

von Sunways<br />

Zwei Geschäftszweige des einstigen<br />

Solar-Hoffungsträgers<br />

Sunways aus Konstanz waren<br />

schon verkauft, nun ist auch<br />

ein Erwerber für den letzten<br />

Geschäftsbereich im thüringischen<br />

Arnstadt gefunden. Nach<br />

Angaben des Insolvenzverwalters<br />

Thorsten Schleich übernimmt<br />

ein Investor den Betrieb<br />

der Produktionstochter im thüringischen<br />

Arnstadt. Zuvor war<br />

bereits das Geschäft mit Wechselrichtern<br />

und gebäudeintegrierter<br />

Photovoltaik in Konstanz<br />

an eine Tochterfirma des<br />

Solarkonzerns Shunfeng Photovoltaic<br />

gegangen. In Konstanz<br />

arbeiten nur noch 40 Menschen,<br />

in Arnstadt sind es 35.<br />

Oberland sorgt<br />

sich um Märkte in<br />

Osteuropa<br />

Besorgt verfolgt der Hohlglashersteller<br />

Saint Gobain Oberland<br />

AG in Bad Wurzach die Lage<br />

in der Ukraine. Dessen drei<br />

Blumenwiesen als Projekt<br />

Mit „Blühinseln“ im Kreis Biberach will Erdgas Südwest Bauern,<br />

Naturschützer und Imker versöhnen. Das Energieversorgungs<strong>unternehmen</strong>,<br />

das 110 Mitarbeiter beschäftigt, betreibt<br />

in Kooperation mit Landwirten Biogasaufbereitungsanlagen. In<br />

der Folge sind Mais-Monokulturen entstanden. Um etwas für<br />

die Artenvielfalt zu tun, hat Erdgas Südwest mit dem Maschinenring<br />

Biberach auf zunächst sechs Flächen von jeweils etwa<br />

einem halben Hektar Sommerblumen ausgesät. Die Kosten betragen<br />

15.000 Euro.<br />

Werke in Russland und in der<br />

Ukraine entwickelten sich von<br />

Anfang an nur mit mäßigem Erfolg.<br />

<strong>2014</strong> wollte man dort erstmals<br />

schwarze Zahlen schreiben,<br />

doch das ist nicht der Fall.<br />

Dennoch soll an den Standorten<br />

festgehalten werden. Im<br />

Jahr 2013 stagnierte der Umsatz<br />

bei 521 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss<br />

des Gesamt<strong>unternehmen</strong>s<br />

stieg auf 4,7 Millionen<br />

Euro nach einem Verlust<br />

von 3,4 Millionen Euro im Jahr<br />

zuvor. Oberland Glas stellt<br />

Glasflaschen und Glasbehälter<br />

für den Getränkemarkt her und<br />

beschäftigt 3160 Mitarbeiter.<br />

Großauftrag aus<br />

Kasachstan für<br />

Andritz Hydro<br />

Die Andritz Hydro GmbH, tätig<br />

im Bau von Wasserkraftwerken,<br />

kommt mit den Nachfolgestaaten<br />

der Sowjetunion immer<br />

besser ins Geschäft. Vor allem<br />

bei der Renovierung veralteter<br />

Anlagen sind die Dienste der<br />

Ravensburger gefragt. Nun erreichte<br />

Andritz Hydro ein Großauftrag<br />

aus Kasachstan. Für 75<br />

Millionen Euro soll bis 2017 das<br />

50 Jahre alte Kraftwerk Shardarinskaya<br />

modernisiert werden.<br />

Die Andritz Hydro Ravensburg<br />

gehört seit 2013 zur<br />

österreichischen Andritz AG. In<br />

Ravensburg sind 500 Mitarbeiter<br />

beschäftigt, weltweit sind es<br />

24.000.<br />

Weniger<br />

Fluggäste in<br />

Memmingen<br />

Der Allgäu-Airport Memmingen<br />

erwartet in diesem Jahr einen<br />

Rückgang der Passagierzahlen<br />

um 80.000 auf 780.000. Der<br />

Hintergrund: Die ungarische<br />

Gesellschaft Wizzair und der<br />

irische Billigflieger Ryanair haben<br />

ihre Verbindungen in die<br />

Ukraine eingestellt beziehungsweise<br />

reduziert. Der irische<br />

Konzern bringt 65 Prozent des<br />

Umsatzes und will seine Aktivitäten<br />

ausbauen. Dazu ist ein<br />

Ausbau nötig. Wie das 15,5 Millionen<br />

Euro teure Projekt finanziert<br />

werden soll, ist unklar. Eine<br />

Möglichkeit wäre der<br />

Einstieg des Landes Bayern in<br />

den Kreis der 73 Gesellschafter.<br />

Vetter investiert<br />

50 Millionen Euro<br />

in Ravensburg<br />

Die Ravensburger Vetter-Gruppe<br />

investiert kräftig am Firmensitz<br />

in Ravensburg. Am erst<br />

2012 fertiggestellten Standort<br />

im Gewerbegebiet Erlen entsteht<br />

in den kommenden Jahren<br />

ein neues Gebäude, das die<br />

Kapazitäten für Optische Kontrolle<br />

und Logistik mehr als verdoppeln<br />

wird. Das mehr als 50<br />

Millionen Euro teure Projekt sei<br />

ein klares Bekenntnis zur Wirtschaftsregion<br />

Oberschwaben,<br />

sagte Vetter-Geschäftsführer<br />

Thomas Otto. Der Standort ist<br />

künftig Arbeitsplatz für bis zu<br />

800 Beschäftigte. Weltweit arbeiten<br />

3300 Menschen für Vetter.<br />

2013 stieg der Umsatz um<br />

zehn Prozent auf rund 400 Millionen<br />

Euro. [!]<br />

19


[finanzieren] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

LuftfürdenAufstieg<br />

Wer will schon von einer Bank abhängig sein – sich reinreden und gängeln lassen. Auch viele Familien<strong>unternehmen</strong><br />

setzen am liebsten auf Eigenkapital. Klug ist das nicht in jedem Fall. Tipps zum Einsatz von Fremdkapital.<br />

Lange galt der Name „Strenesse“ nicht nur<br />

in der Modebranche als erste Adresse.<br />

Mit edler Damenmode war das Label seit<br />

Mitte der 1990er Jahren zu einer international<br />

begehrten Designermarke aufgestiegen. So<br />

konnte das Unternehmen aus dem schwäbischen<br />

Nördlingen, das seit der Gründung 1949<br />

im Besitz der Familie Strehle war, vor gut einem<br />

Jahr vergleichsweise zügig eine Anleihe<br />

bei privaten Investoren platzieren. Doch es<br />

stand es nicht zum Besten mit der Firma. Der<br />

Vormarsch von<br />

Billigmarken wie<br />

Zara & Co. und die<br />

Konkurrenz neuer<br />

Edelmarken<br />

machten Strenesse<br />

zu schaffen. Das<br />

Unternehmen<br />

schrieb rote Zahlen.<br />

Zudem gab es<br />

Zwist unter den Familieneignern<br />

–<br />

mit fatalen Folgen:<br />

Als die Anleihe im<br />

Ökonomie-Professor<br />

Mark Mietzner.<br />

Frühjahr <strong>2014</strong> fällig war, fehlte das notwendige<br />

Kapital zur Tilgung, neue Geldgeber waren<br />

nicht in Sicht, und auch die Banken winkten<br />

ab, so dass eine Refinanzierung nicht möglich<br />

war. Obwohl die Gläubiger einer Fristverlängerung<br />

zustimmten, musste Strenesse im April<br />

Insolvenz anmelden.<br />

Das Beispiel zeigt: Kapitale Pleiten kommen<br />

unter ungünstigen Umständen auch bei alteingesessenen<br />

Familien<strong>unternehmen</strong> vor.<br />

Doch sie sind nach Beobachtungen von Mark<br />

Mietzner, Professor an der Zeppelin Universität<br />

in Friedrichshafen, eher die Ausnahme als<br />

die Regel. „Familien<strong>unternehmen</strong> sind sehr<br />

häufig konservativ finanziert“, berichtet der<br />

Ökonom, „das heißt, sie haben höhere Eigen-<br />

Ein Traum: völlig frei auf einem Berg von eigenem<br />

Geld. Doch auch Familienfirmen müssen<br />

nicht ganz auf Fremdkapital verzichten.<br />

20


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[finanzieren]<br />

kapitalquoten im Vergleich zu Unternehmen<br />

mit breiter Eigentümerstruktur wie etwa börsennotierten<br />

Aktiengesellschaften.“<br />

Ein Grund für den Unterschied: Familien<strong>unternehmen</strong><br />

stehen anders als kapitalmarktorientierte<br />

Konzerne nicht unter so starkem Renditedruck.<br />

So können sie es sich erlauben,<br />

mehr Eigenkapital einzusetzen. Das ist zwar<br />

teurer als die derzeit zinsgünstigen Bankkredite<br />

und Anleihen, doch mit dem sicheren Finanzpolster<br />

im Rücken senken sie ihr unternehmerisches<br />

Risiko. Sie können zum Beispiel<br />

in Krisenzeiten ihre Mitarbeiter weiter beschäftigen<br />

anstatt sie zu entlassen – und damit<br />

dauerhaft zu verlieren. „Das ist insofern<br />

eine clevere Strategie, als dass viele dieser Firmen<br />

in Branchen tätig sind, in denen spezifisches<br />

Humankapital, also Fach- und Firmenwissen,<br />

einen hohen Stellenwert besitzt – etwa<br />

im Maschinenbau oder der Elektrotechnik“,<br />

sagt Mietzner. „Das kann ich mir als Unternehmer<br />

aber nur erlauben, wenn ich eine solide<br />

Eigenkapitalquote habe.“<br />

SchLüSSeLbegriFF:ebitdA<br />

Dazu kommt: Anders als Konzerne denken<br />

die Manager von Familien<strong>unternehmen</strong> generationenübergreifend<br />

und haben eher die<br />

langfristige Perspektive im Blick, wenn es darum<br />

geht, sich nachhaltig geschäftliche Chancen<br />

zu sichern. Nicht zuletzt sind sich die Manager<br />

von Firmen in Familienhand darüber<br />

bewusst, dass sie gegenüber börsennotierten<br />

Unternehmen wegen<br />

des eingeschränkten<br />

Zugangs<br />

zu<br />

Kapitalquellen im<br />

Nachteil sind. Eine<br />

zu knappe Eigenkapitalausstattung<br />

kann schnell<br />

zu einem Existenzrisiko<br />

werden.<br />

Beteiligungsexperte<br />

Christian Futterlieb.<br />

„Die finanzielle Basis<br />

muss also so<br />

stabil sein, dass die<br />

Firma bei einer Verschlechterung des Branchenumfeldes<br />

nicht unter Druck kommt.<br />

Denn das kann bedeuten, dass Investitionen<br />

einschränkt werden, so dass die weitere Unternehmensentwicklung<br />

blockiert oder zumindest<br />

verzögert wird“, sagt Christian Futterlieb,<br />

Geschäftsführer von VR Equitypartner,<br />

der Beteiligungsgesellschaft aus der genossenschaftlichen<br />

Finanzgruppe.<br />

Alternativezumbeteiligungskapital<br />

Strenesse – hier ein Showroom – hat den richtigen Bogen nicht rechtzeitig gekriegt.<br />

Wassichhintermezzanineverbirgt<br />

Kommt die (vollständige) Finanzierung<br />

einer Investition mit Fremdkapital – etwa<br />

durch ein Darlehen – ebenso wenig infrage<br />

wie durch eine Aufstockung des Eigenkapitals<br />

– etwa durch einen externen Investor<br />

–, ist Mezzanine-Kapital eine<br />

Alternative: Dabei handelt es sich um ein<br />

Mittelding zwischen beiden Kapitalarten.<br />

Die Frage indes ist: Wie sieht eine optimale<br />

Finanzierungsstruktur aus? Ein gutes Maß für<br />

die ausreichende Ausstattung mit Eigenkapital<br />

ist Futterlieb zufolge der Verschuldungsgrad,<br />

„weil diese Kennzahl eine finanzielle<br />

Leistungsfähigkeitskomponente enthält.“<br />

Der Verschuldungsgrad errechnet sich aus der<br />

Höhe der Verschuldung geteilt durch das operative<br />

Ergebnis – meist das Ebitda, also das<br />

Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen.<br />

„Allerdings ist es schwierig, pauschale<br />

Empfehlungen dazu abzugeben, denn das<br />

hängt im Einzelfall vom Geschäftsmodell eines<br />

Unternehmens ab“, sagt Futterlieb.<br />

ZugeknöpFteunternehmer<br />

„Zyklische Unternehmen etwa in der Automobilzulieferindustrie<br />

müssen alle paar Jahre<br />

mit einer deutlichen Abschwächung der<br />

Branchenkonjunktur rechnen.“ In diesem Fall<br />

sei ein Verschuldungsgrad von zweieinhalb<br />

bis drei angemessen. Bei Unternehmen, die<br />

einen kontinuierlichen, stabilen Cashflow<br />

haben – etwa aus dem Consumer-Segment –,<br />

könne der Verschuldungsgrad auch bei vier<br />

Ähnlich wie bei einer Anleihe steht das<br />

Geld dem Unternehmen nur für eine begrenzte<br />

Zeit zur Verfügung und muss zu<br />

einem festen Zeitpunkt zurückgezahlt<br />

werden. Andererseits haftet es wie Eigenkapital<br />

für die Verbindlichkeiten des<br />

Unternehmens. Vorteil: Die Eigenkapitalquote<br />

verändert sich nicht. Nachteil:<br />

Mezzanine-Kapital ist relativ teuer. TLU<br />

liegen, ohne dass dadurch die strategische Position<br />

des Unternehmens gefährdet wird.<br />

Auf der anderen Seite stehen erfolgreiche Familien<strong>unternehmen</strong><br />

regelmäßig vor der Herausforderung,<br />

ihr Wachstum finanzieren zu<br />

müssen, ohne gleichzeitig die Eigenkapitalbasis<br />

empfindlich zu schmälern. Dann kann die<br />

mangelnde Auswahl an Finanzierungsquellen<br />

zum Stolperstein werden. Viele Firmen<br />

konnten sich nach Beobachtungen von<br />

Mietzner in den vergangenen Jahren darauf<br />

verlassen, sich von innen zu finanzieren, weil<br />

sie gut verdient haben. „Darin schlägt sich die<br />

gute Geschäftsentwicklung nieder, aber auch<br />

der Wille, Unabhängigkeit gegenüber den<br />

Hausbanken zu demonstrieren, mit denen<br />

viele Unternehmen in der Finanzkrise<br />

schlechte Erfahrungen etwa durch Kürzungen<br />

von Kreditlinien gemacht haben.“<br />

Ein neues Mitglied in den Eigentümerkreis<br />

aufzunehmen, scheitert oftmals auch daran,<br />

dass Familien<strong>unternehmen</strong> zugeknöpft sind,<br />

wenn es darum geht, Mitspracherechte einzuräumen.<br />

„Sie wollen in der Regel die unternehmerische<br />

Führung in der Familie halten<br />

21


[finanzieren] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

und damit die Fäden in der Hand haben“, berichtet<br />

Mietzner. Der Gang an den Kapitalmarkt<br />

ist dagegen nur selten eine Option. „In<br />

diesem Fall müssen die Emittenten laufend<br />

über ihre Geschäftsergebnisse berichten, also<br />

deutlich transparenter werden – und das wollen<br />

Familien<strong>unternehmen</strong> in der Regel nicht“,<br />

sagt Mietzner. So kommt häufig nur der Einstieg<br />

eines Finanzinvestors in Betracht, wenn<br />

die Alteigentümer nicht frisches Kapital einbringen<br />

können oder wollen. Solche Geldgeber<br />

waren noch vor ein paar Jahren als „Heuschrecken“<br />

verschrien, die Unternehmen<br />

schlucken und rücksichtslos ausschlachten.<br />

Doch das Bild hat sich gewandelt. „Ich glaube,<br />

dass Finanzinvestoren eine Chance sein können,<br />

die ein Unternehmen auch strategisch<br />

weiterbringen können“, sagt der Professor.<br />

Bei der in Aalen und Altbach ansässigen<br />

Vohtec Rissprüfung<br />

GmbH zum Beispiel wollten<br />

die beiden<br />

Alteigentü-<br />

mer Kerstin Ott und Roland Vogt den anstehenden<br />

Generationenwechsel möglichst früh<br />

und ohne Komplikationen einleiten. Daher<br />

haben im Sommer 2013 VR Equitypartner zusammen<br />

mit der Bader & Hirn Beteiligungs<br />

GmbH die Mehrheit an dem Spezialisten für<br />

zerstörungsfreie Werkstoffprüfung übernommen,<br />

die Volks- und Raiffeisenbank Aalen finanzierte<br />

den Deal gemeinsam mit der Volksbank<br />

Ulm-Biberach mit. „Mit der neuen<br />

Gesellschafterstruktur haben wir nicht nur<br />

die Voraussetzung für eine erfolgreiche Nachfolgelösung<br />

geschaffen, sondern auch sichergestellt,<br />

dass sich das Unternehmen kontinuierlich<br />

weiterentwickeln kann“, sagt<br />

Vohtec-Geschäftsführer Vogt.<br />

AchtungkLumpenriSiko<br />

Mittlerweile haben es viele Finanzinvestoren<br />

zudem nicht mehr unbedingt auf eine Mehrheit<br />

abgesehen. Eine große Zahl gibt sich auch<br />

mit einem Minderheitsanteil auf Zeit zufrieden<br />

und steigt dann wieder aus. Eine andere<br />

Alternative ist Mezzanine-Kapital, eine<br />

Art Mischung aus Fremd- und<br />

Eigenkapital, das allerdings zu einem<br />

bestimmten Zeitpunkt wieder zurückgezahlt<br />

werden muss. Ähnlich wie bei einer Anleihe<br />

besteht ein Refinanzierungsrisiko.<br />

Die große Auswahl an Finanzierungsinstrumenten<br />

bietet freilich auch Chancen. „Unternehmen<br />

sollten es vermeiden, in alten<br />

Strukturen zu verhaften und neue Finanzierungsmodelle<br />

oder -optionen bewusst links<br />

liegen zu lassen“, rät Uni-Professor Mietzner.<br />

„Ich würde als Unternehmer versuchen, einen<br />

möglichst breiten Mix von Finanzierungsinstrumenten<br />

zu nutzen. Gibt es einen unerwarteten<br />

Finanzierungsbedarf, kann ich diesen<br />

Bedarf auch kurzfristig schneller und besser<br />

umverteilen.“ Der Experte warnt zudem davor,<br />

ein „Klumpenrisiko“ einzugehen. „Eine<br />

Firma sollte nicht alle Kredite bei einer einzigen<br />

Bank aufnehmen und eben auch Finanzinvestoren<br />

nicht kategorisch ausschließen.<br />

Man muss nur aufpassen, dass ein Familien<strong>unternehmen</strong>,<br />

wenn es Anteile oder sogar die<br />

Mehrheit abgibt, nicht seinen Charakter<br />

verliert und fortan sehr stark von Renditedenken<br />

beherrscht wird.“ [!]<br />

THOMAS LUTHER<br />

Einen Finanzinvestor im Boot zu<br />

haben, kann Unternehmen strategisch<br />

weiterbringen.<br />

22


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

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23


Im Technologie- und Servicecenter der CHG Meridian werden zurückgegebene Geräte überholt – und fit gemacht für den Weiterverkauf.<br />

Wozu Technik selber kaufen?<br />

Leasing? Das verband man vor vielen, vielen Jahren mit Autos. Später entstanden auch Modelle für Software.<br />

Kinderkram. Die CHG Meridian hat heute sogar Ultraschallgeräte und Roboter im Angebot – für 19 Länder weltweit.<br />

Wenn Kunden nach drei Jahren die<br />

gebrauchten Computer, Laptops,<br />

Netbooks oder Server vom Kunden<br />

an die Leasinggesellschaft CHG Meridian AG<br />

zurückgeben, sind die Geräte noch lange<br />

nicht am Ende ihres Lebenszyklus angekommen:<br />

Das Unternehmen mit Sitz im oberschwäbischen<br />

Weingarten überholt und verkauft<br />

sie weiter. Rund 400.000 Computer<br />

seien im vergangenen Jahr im Technologieund<br />

Servicezentrum im hessischen Groß-Gerau<br />

runderneuert worden, berichtet Jürgen<br />

Mossakowski, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens.<br />

Die gebrauchten Computer werden<br />

nach Afrika oder auch nach Osteuropa<br />

weiterverkauft, Netbooks an Zwischenhändler,<br />

die sie dann in großen Stückzahlen im Internet<br />

weiter veräußern. Und 80.000 Mal wurden<br />

alle Daten auf den Rechnern sicher<br />

gelöscht – auch die verborgenen.<br />

Das Geschäft<br />

brummt. <strong>2014</strong> sollen<br />

schon 450.000<br />

Geräte generalüberholt<br />

werden.<br />

Die CHG zählt zu<br />

den führenden<br />

hersteller- und<br />

bankenunabhängigen<br />

Leasinggesellschaften<br />

mit Nur Leasing gilt seit längereum<br />

weltweit mehr als<br />

8000 Kunden und als unsexy, sagt Chef<br />

Jürgen Mossakowski .<br />

zählt Ende 2013<br />

beinahe vier Millionen Geräte im Bestand:<br />

vom Computer bis hin zur für einige Zeit gemieteten<br />

Telefonanlage. Doch nur Leasing sei<br />

schon seit längerer Zeit unsexy, sagt Mossakowski.<br />

Deshalb habe sich das Unternehmen,<br />

das im vergangenen Jahr mit weltweit 795<br />

Mitarbeitern im Neuinvestitionsgeschäft die<br />

Milliardengrenze geknackt hat, vorgenommen,<br />

den Bereich Service auszubauen und<br />

weitere Bereiche zu erschließen.<br />

KliniKen iM Visier<br />

So ist Meridian auch im Bereich des Gesundheitswesens<br />

und der Medizintechnik unterwegs.<br />

Da geht es um die Verwaltung von Dialysepumpen<br />

für Patienten oder auch um<br />

Endoskopie- oder Ultraschallgeräte, die Kliniken<br />

oder Ärzte mieten können. In Deutschland<br />

sei die CHG schon größer am Start, in<br />

Frankreich, den USA oder Großbritannien<br />

laufe das Geschäft bislang eher nebenbei –<br />

und soll jetzt ausgebaut werden. „Alle öffentlichen<br />

Krankenhäuser in Frankreich bestellen<br />

bei uns“, sagt Mossakowski. Darin lägen<br />

große Entwicklungschancen. Der Bereich Industriegüter<br />

ist im Jahr 2012 neu hinzuge-<br />

24


R<br />

<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[finanzieren]<br />

kommen. In dem Segment geht es um die<br />

Finanzierung von Spezialprojekten wie zum<br />

Beispiel Ro botern oder Fertigungsstraßen.<br />

Das Besondere daran ist: Solche Verträge laufen<br />

mit fünf bis sieben Jahre deutlich länger<br />

als der klassische IT-Vertrag. So kümmerte<br />

sich die CHG in der Vergangenheit beispielsweise<br />

um die Vor finanzierung einer neuen<br />

Produktionsanlage mit Schweiß- und Montagerobotern<br />

eines Autozulieferers, der für<br />

Volkswagen tätig ist. Bei solchen Großprojekten<br />

ist die Leasing gesellschaft ein wichtiger<br />

Partner, damit die Geschäfte reibungslos in<br />

Zusammenarbeit mit dem Zulieferer und den<br />

entsprechenden Anlagenbauern abgewickelt<br />

werden können.<br />

nebenberuflich zum weltweiten <strong>unternehmen</strong><br />

Der Erweiterungsbau in Weingarten soll Ende kommenden Jahres fertig sein.<br />

WildWuCHs ausliCHTen<br />

Doch auch im klassischen Bereich der Informationstechnologie<br />

sieht Mossakowski gleichermaßen<br />

Chancen für Meridian, noch zuzulegen.<br />

Beispiel: Drucker in den Büros.<br />

Oftmals haben Firmen die unterschiedlichsten<br />

Drucker von unterschiedlichsten Herstellern.<br />

„Wenn man den Wildwuchs von Modellen<br />

ordnet, kann man erheblich Kosten<br />

sparen.“ Denn in der Regel werde für jedes Gerät<br />

ein anderer Techniker benötigt, und dadurch<br />

verteure sich alles unnötig. Oftmals<br />

rechnen die Unternehmen ihre Druckkosten<br />

direkt mit der Leasinggesellschaft ab, die in<br />

ihrem Auftrag die genaue Anzahl der Ausdrucke<br />

erfasst.<br />

In den Ausbau seiner Zentrale in Weingarten<br />

hat CHG 20 Millionen Euro investiert. Der<br />

Erweiterungsbau soll Ende des kommenden<br />

Jahres fertig sein. Von hier aus wird das Unternehmen,<br />

das mittlerweile in 19 Ländern vertreten<br />

ist, gesteuert. In Weingarten sind aktuell<br />

über 270 Mitarbeiter beschäftigt.<br />

Bei der Internationalisierung sind die Oberschwaben<br />

ihren eigenen Weg gegangen. Sie<br />

lassen Asien konsequenterweise links liegen.<br />

„Wir haben uns bewusst vor Jahren für den<br />

Gang nach Amerika entschieden“, sagt der<br />

Vorstandschef. In den USA, Mexiko und Brasilien<br />

sieht Meridian viel Potenzial, um weiter<br />

wachsen zu können und unabhängiger vom<br />

Heimatmarkt und Zentraleuropa zu werden.<br />

Jürgen Gelf gründet das Unternehmen<br />

1979 in Berg bei Ravensburg. In den Anfangstagen<br />

baut er es neben seinem Job<br />

als Leiter Organisation und Datenverarbeitung<br />

bei einem mittelständischen Unternehmen<br />

der Elektroindustrie auf. Die<br />

Technik jener Tage können sich junge<br />

Menschen heute schon fast nicht mehr<br />

vorstellen. Gelfs Arbeitsplatz besteht aus<br />

einem Tisch, einer zu dieser Zeit hochmodernen<br />

Kugelkopf-Schreibmaschine<br />

von IBM, vier Ringbuch-Ordnern, einem<br />

Diktiergerät und einem Stanzband-Fernschreiber.<br />

In den 1990er Jahren tätigt<br />

Gelf Zukäufe – und gewinnt die öffentliche<br />

Hand als Auftraggeber hinzu. 2002<br />

zieht das Unternehmen nach Weingarten.<br />

Es expandiert weiter.<br />

2013 verstirbt der Unternehmensgründer<br />

Jürgen Gelf.<br />

OS<br />

Der Gang nach Brasilien sei beschwerlich gewesen,<br />

weil dort die Mühlen der Bürokratie<br />

besonders langsam mahlen. In dem Schwellenland<br />

entwickle sich der Markt langsam<br />

– aber stetig. Um für die Zukunft gewappnet<br />

zu sein, soll in den kommenden Jahren die Belegschaft<br />

weiter aufgestockt werden. Im Jahr<br />

2016 sollen nach den Vorstellungen der Unternehmensleitung<br />

des Familien<strong>unternehmen</strong>s<br />

weltweit rund 1000 Mitarbeiter für den<br />

Mittelständler arbeiten. [!] Oliver Schmale<br />

Bauen zu können ist die eine Sache, zu dürfen die andere.<br />

Wir sagen DANKE und freuen uns über neue Herausforderungen!<br />

FKIRCHHOFF . SYSTEMBAU<br />

Auftraggeber (v. l).: URACA GmbH & Co. KG - Bad Urach, Dr. Hannes Egle -Tuttlingen, Marc Cain Holding GmbH- Bodelshausen<br />

Architektur: Hank + Hirth, Eningen, Objekt Mitte: Architekturbüro Weber, Gosheim - Fotos: Oliver Starke, FRICON - Alexander Frick<br />

25


[finanzieren] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

leasing – von der iT bis zum roboter<br />

Es gibt praktisch nichts, was nicht geleast<br />

werden kann. Neben den klassischen Mobilien<br />

und Immobilien – Fahrzeugen, Maschinen,<br />

Computer-Hardware, Einrichtungen sowie<br />

Gebäuden – sind Leasing-Lösungen auch für<br />

immaterielle Güter verfügbar. Das Spektrum<br />

reicht hier von Software über Marken- und<br />

Patentrechte bis zur Vorfinanzierung von Forschungs-<br />

und Entwicklungsprojekten. Die<br />

Vorteile von Leasing lassen sich schnell aufzählen:<br />

Liquidität bleibt erhalten, das Eigenkapitel<br />

wird nicht belastet, die Kreditlinien<br />

werden geschont. Infolge der fest vereinbarten<br />

Leasing-Raten gibt es zugleich eine hohe<br />

Planungssicherheit. Nach Ablauf der Leasing-<br />

Dauer wird das genutzte Wirtschaftsgut zurückgegeben<br />

oder kann gegen das technisch<br />

aktuellste ausgetauscht werden.<br />

Bei Autos bedeutet dies, stets das neueste Modell<br />

und damit das umweltschonendste, sicherste<br />

und verbrauchsgünstigste Fahrzeug<br />

zu fahren. Der Aspekt des aktuellsten technischen<br />

Standes ist speziell für High-Tech-Geräte<br />

mit ihren kurzen Innovationszyklen interessant.<br />

Gerade im IT-Segment sind laut CHG<br />

die sogenannten Small-Ticket-Leasing-Verträge<br />

stark verbreitet. Heute werden bereits<br />

Objekte mit Investitionswerten von 500 Euro<br />

geleast.<br />

auf Was Muss Man<br />

besonders aCHTen?<br />

Das Unternehmen sollte vorab einen Bedarfsund<br />

Nutzungsplan entwickeln und überlegen,<br />

ob es Dienstleistungen zusätzlich nutzen<br />

möchte. Zudem sollte mit der<br />

Leasing-Gesellschaft geklärt werden, was<br />

nach Ablauf des Vertrages mit dem Investitionsgut<br />

geschieht und welcher Vertragstyp<br />

gewählt werden soll.<br />

Foto: © Rainer Plend/Fotolia.com<br />

Foto: © mario beauregard/Fotolia.com<br />

die besonderHeiTen<br />

Leasing ist in aller Regel eben nicht der Erwerb<br />

von Eigentum: Das geleaste Gut geht<br />

nach Ablauf der Vertragslaufzeit an die Gesellschaft<br />

zurück. Der Nutzer kann das Gerät oder<br />

die Software folglich auch nicht verkaufen,<br />

wenn er feststellt, dass er es doch nicht<br />

braucht und nutzt Nichtnutzung oder wenn<br />

er dringend Geld auftun muss.<br />

Die feste Vertragslaufzeit ist einerseits ein<br />

Vorteil. Andererseits kann der Vertrag auch<br />

nicht ohne weiteres gekündigt werden. Somit<br />

ist die Leasingrate ein fester Bestandteil der<br />

Kosten.<br />

Die Leasinggesellschaft kann den Vertrag<br />

kündigen, wenn die Raten nicht regelmäßig<br />

gezahlt werden. Möglicherweise wird auch<br />

noch Schadenersatz fällig.<br />

Die Raten sind auch dann fällig, wenn das Gerät<br />

nur herumsteht und nicht genutzt wird.<br />

Schließlich ist ja ein entsprechender Vertrag<br />

geschlossen worden. Oliver Schmale<br />

Seit 2012 bietet CHG Meridian auch Leasingund<br />

Finanzierungsmodelle für Industriegüter wie<br />

Roboter und Fertigungsstraßen an. Das Besondere:<br />

Die Verträge laufen länger.


1984 – <strong>2014</strong><br />

30<br />

Schwäbisch.<br />

Ehrlich.<br />

Gut.<br />

… und das schon seit 30 Jahren!<br />

30 Jahre am Puls der Zeit<br />

Im industriellen Zeitalter ist die Zeit zu einem<br />

vielschichtigen Faktor geworden, der den Erfolg<br />

entscheidend beeinfl ussen kann. Denn Zeit<br />

ist letztendlich Geld. Deshalb müssen viele<br />

As pekte der Zeit berücksichtigt werden: Wie<br />

viel Zeit steht zur Verfügung, wofür wird sie<br />

eingesetzt, wo lässt sich Zeit sparen?<br />

Als Spezialisten für Zeit- und Betriebs datenerfassung<br />

denken wir seit mehr als 30 Jahren<br />

über den Faktor Zeit naturgemäß sehr viel<br />

nach. Ein effektiver Umgang damit ist für uns<br />

die Grundlage fü r die Entwicklung unserer<br />

Module. Unsere AVERO ® Software soll Ihrem<br />

Unternehmen dabei helfen, Ihre Unternehmensprozesse<br />

optimal zu gestalten, zu<br />

bearbeiten und auszuwerten und damit die<br />

Voraussetzungen für einen größtmöglichen<br />

Erfolg zu schaffen.<br />

Damit wir das können, setzen wir uns inten siv<br />

mit den Anforderungen und Bedürfnissen<br />

unserer Kunden auseinander. Ob Personalzeit<br />

oder Zutritt, Betriebsdatenerfassung oder<br />

Fertigungsleitstand – wir analysieren und<br />

realisieren zusammen mit Ihnen eine optimale<br />

Lösung für Ihr Unternehmen. Unsere Philosophie<br />

ist es, durch Kompetenz, Zuverlässigkeit<br />

und Professionalität zu überzeugen. Dies erreichen<br />

wir mit einem hoch qualifi zierten und<br />

motivierten Mitarbeiterteam, das im vertrauensvollen<br />

Miteinander tragfähige Lösungen<br />

für unsere Kunden erarbeitet.<br />

Unsere Kernkompetenzen<br />

Seit 30 Jahren bestens aufgestellt:<br />

POTENZIALE ERKENNEN, KAPAZITÄTEN PLANEN, MEHRWERT SCHAFFEN.<br />

| Zeiterfassung<br />

| Zutrittskontrolle<br />

| Webportal / Workfl ow<br />

| Mobile Zeiterfassung<br />

| Kantinendatenerfassung<br />

| Personaleinsatzplanung<br />

| Digitale Personalakte<br />

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Unsere Kunden<br />

| Betriebsdatenerfassung<br />

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DIGITAL-ZEIT GmbH Max-Eyth-Straße 40/1<br />

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www.digital-zeit.de<br />

27


[rubrik] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Qualität liegt im Detail – zum Beispiel in einer perfekten Naht, unter der sich ein Textilband verbirgt.<br />

DerZauberdergeradenNaht<br />

Wer je in einem Kleinstwagen über die Straßen geholpert ist, weiß, dass Auto nicht gleich Auto ist. Das gleiche gilt für<br />

Sitzmöbel. Erpo fährt auf gehobenen Bahnen. Man vergleicht sich nicht mit Porsche und Bentley, eher mit Mercedes.<br />

Stefan Bornemann hat den Kennerblick.<br />

Der 45-Jährige ist einer der drei Geschäftsführer<br />

der Erpo Möbelwerke<br />

GmbH mit Sitz in Ertingen. Geht der Manager<br />

durch Möbelhäuser, schaut er genau hin. So<br />

zeichnen sich hochwertige und gut verarbeitete<br />

Sitzmöbel mit Lederbezug unter anderem<br />

durch gerade Nähte aus. Um das akkurat hinzubekommen,<br />

ist einiger Aufwand nötig. Bei<br />

Erpo wird er betrieben. Der Mittelständler mit<br />

150 Mitarbeitern bedient das gehobene Segment.<br />

Das Wort Luxus hört Bornemann nicht<br />

gern. „Wir sind kein Bentley, Porsche oder<br />

Rolls-Royce, sondern eher Mercedes.“<br />

Der Lederanteil betrage bei Erpo über 70 Prozent.<br />

Um perfekte Nähte hinzubekommen,<br />

schneiden die Oberschwaben das Leder zurück<br />

und nähen an den entsprechenden Stellen<br />

ein Textilband ein, das andere laut Bornemann<br />

entweder weglassen oder durch ein<br />

Papierband ersetzen, manche brächten zusätzliche<br />

Ziernähte an. „Eine weitere Voraussetzung<br />

für eine<br />

gerade Naht ist,<br />

den Mitarbeitern<br />

die entsprechende<br />

Zeit zu geben.“<br />

Das Unternehmen<br />

produziert ausschließlich<br />

in<br />

Deutschland. Vom<br />

Zuschnitt über das<br />

Nähen, Polstern Geschäftsführer<br />

und Kaschieren erfolgt<br />

alles im eige-<br />

Stefan Bornemann.<br />

nen Werk. Rund 10.000 Garnituren haben das<br />

Unternehmen vergangenes Jahr verlassen.<br />

Zwei Drittel der Erlöse werden im Inland gemacht.<br />

2013 betrug der Umsatz 27 Millionen<br />

Euro. 2012 waren es 26 Millionen Euro.<br />

Konkrete Angaben zum Gewinn macht der<br />

Manager nicht, sagt aber: „Wir sind ein zu<br />

hundert Prozent profitables Unternehmen.“<br />

Mit Wachstumspotenzial. Der Mittelständler<br />

sieht in Asien weiteres Potenzial. Außerhalb<br />

Deutschlands ist Japan der wichtigste Markt.<br />

Um dort zu bestehen, gibt es einiges zu beachten.<br />

Japaner gelten als technikverliebt, in vielen<br />

Haushalten gibt es einen Staubsaugerroboter.<br />

„Es ist wichtig, ein Produkt anzubieten,<br />

an dem der Staubsauger bei seiner automatischen<br />

Fahrt nicht hängenbleibt“, erklärt Bornemann<br />

eine der Besonderheiten. Der kleine<br />

Saugroboter muss also unters Sofa fahren<br />

können. Die Herkunft der Möbel gibt einen<br />

Extra-Bonus: „Für Japaner ist alles, was aus<br />

Deutschland kommt, etwas Gutes.“<br />

Dass die Produkte in Ertingen hergestellt werden,<br />

garantieren die Oberschwaben mit einem<br />

eigenen Zertifikat – auch auf Englisch<br />

und Japanisch. Darauf ist noch ein Bild von<br />

Bornemann abgebildet sowie seine Unterschrift.<br />

Das zeigt Wirkung. In Asien würde<br />

man sein Gesicht verlieren, wenn die Angaben<br />

nicht stimmen, erklärt der Manager, der<br />

dem Slogan „Made in Germany“ kritisch ge-<br />

28


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[machen]<br />

genübersteht, wie er sagt. Außer auf Japan<br />

setzt Erpo in Asien bislang vor allem auf Südkorea<br />

und Taiwan. Demnächst soll auch Malaysia<br />

hinzukommen. Zugleich verstärkt die<br />

Firma ihre Aktivitäten in den Niederlanden,<br />

der Schweiz und Österreich und schaut sich<br />

Großbritannien als künftigen Markt an. Seit<br />

einem Jahr ist es in Russland aktiv.<br />

Erpo will freilich nicht nur durch Export zulegen,<br />

sondern auch durch die dritte Kollektion,<br />

die kürzlich auf den Markt gekommen ist. Sie<br />

zeichnet sich unter anderem durch besondere<br />

Funktionen aus: So kann etwa die Armlehne<br />

weggeklappt werden. Die Produktentwicklung<br />

finde ausschließlich im eigenen Haus<br />

statt. „Von der Idee bis zum fertigen Produkt<br />

dauert es rund ein Jahr.“ Angesiedelt ist sie in<br />

Donzdorf bei Göppingen. Dort befindet sich<br />

gleichfalls ein großer Ausstellungsraum.<br />

AttrAktivELohNkostEN<br />

Mit der neuen Kollektion soll auch in<br />

Deutschland zugelegt werden. Hier sind die<br />

Oberschwaben bei über 230 Händlern mit verschiedenen<br />

Produkten vertreten. Zu mehr als<br />

50 Prozent gehört das Unternehmen der BWK<br />

GmbH, die im Sommer 2013 eingestiegen ist.<br />

Die Unternehmensbeteiligungsgesellschaft<br />

mit Sitz in Stuttgart ist eine der größten deutschen<br />

Kapitalbeteiligungsgesellschaften, sie<br />

verfolge einen langfristigen Investitionsansatz<br />

und investiere mit Schwerpunkt in den<br />

Mittelstand. BWK-Geschäftsführer Jochen<br />

Wolf betont, Erpo passe mit seinem attraktiven<br />

Geschäftsmodell ausgezeichnet ins Beteiligungsportfolio.<br />

Das angestrebte Wachstum<br />

werde eigenfinanziert. Der Rest von Erpo gehört<br />

Bornemann und den geschäftsführenden<br />

Erpo–einkunstwortausErtingenundPolstermöbeln<br />

Wichtig ist nicht nur gutes Material, sondern auch gute, sorgfältige Mitarbeiter.<br />

DerNameErpo ist ein Kunstwort und eine<br />

Zusammenfügung aus dem Ort Ertingen<br />

und dem Unternehmenszweck Polstermöbel.<br />

Das Unternehmen ist 1952 von<br />

Wilhelm und Maria Blauw gegründet worden.<br />

Blauw war damals leitender Mitarbeiter<br />

bei der dortigen Matratzenfabrik<br />

und hatte aus der Insolvenzmasse das<br />

Gesellschaftern Klaus Oevermann und Jürgen<br />

Sollner. Das Trio ist schon lange bei Erpo in<br />

verschiedenen Funktionen tätig.<br />

Oberschwaben bietet für das Unternehmen<br />

viele Möglichkeiten. Es gibt keine Probleme,<br />

Mitarbeiter zu bekommen, wenn welche gesucht<br />

werden. Und: „Hier sind die Leute fachlich<br />

gut drauf“, sagt Bornemann. Auch die<br />

Kostensituation ist nicht zum Nachteil. „Die<br />

Lohnkosten sind nicht so hoch wie in Stuttgart.“<br />

Der Mittelständler will auch in Bereiche<br />

Gebäude übernommen. Er fing dann mit<br />

der Produktion von Polstermöbeln an. In<br />

den 1980er Jahren wird der Mittelständler<br />

an einen norwegischen Konzern verkauft.<br />

2009 steigt dann der Finanzinvestor<br />

Afinum mit dem heute aktiven<br />

Management ein. Afinum wird im Sommer<br />

2013 von der BWK abgelöst. OS<br />

vordringen, in denen er bislang noch nicht<br />

aktiv ist. So ist ein Einzelsessel auf den Markt<br />

gekommen, bevor die dritte Kollektion der<br />

Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Und da Qualität<br />

bekanntlich länger hält als Billigware,<br />

überlegt im Premiumsegment der ein oder andere<br />

Kunde sicherlich etwas länger, wenn es<br />

um die Anschaffung neuer Polstermöbel geht:<br />

Denn im Durchschnitt vergehen genau 13,8<br />

Jahre, bis eine Ledergarnitur ausgetauscht<br />

wird. [!]<br />

Oliver Schmale<br />

29


[spezial] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Klar zum Start<br />

Es ist wie beim Fliegen. Wer mit einer Geschäftsidee auf die Startbahn rollt, sollte behutsam abheben und nie das Ziel<br />

aus den Augen verlieren. Rolf Essl und Andreas Müller von Altec tun das und setzen auf professionelle Unterstützung.<br />

Foto: © MC_PP / Fotolia.com<br />

Rolf Essl und Andreas Müller überließen<br />

nichts dem Zufall und bereiteten den<br />

Beginn ihrer Selbstständigkeit so akribisch<br />

vor wie gute Piloten Start und Landung.<br />

Dieser Vergleich ist beileibe nicht aus der Luft<br />

gegriffen, denn die beiden geschäftsführenden<br />

Gesellschafter haben sich mit ihrer noch<br />

jungen Altec Airfield Lighting GmbH unter<br />

anderem auf Vorfeld-Beleuchtungen von<br />

Flughäfen und Hubschrauberlandeplätzen<br />

spezialisiert.<br />

Bei der Planung ihrer Unternehmensstrategie<br />

sind die beiden jedoch jederzeit auf dem Boden<br />

geblieben. Es ist noch gar nicht so lange<br />

her – im Mai 2013 war es –, dass sie mit einer<br />

vagen Idee vor einem weißen Blatt Papier saßen.<br />

Dieses blieb allerdings nicht sehr lange<br />

unbeschrieben. Betriebswirt Rolf Essl: „Existenzgründern<br />

geistern wohl viele Gedanken<br />

im Kopf herum. Wichtig ist es, dass man sie<br />

niederschreibt. Was brauchen wir? Was müssen<br />

wir wann tun? Mit wem müssen wir sprechen?<br />

Womit haben wir Erfolg? Welche Fehler<br />

können wir von Anfang an ausschließen?“<br />

Zu Beginn ihrer gemeinsamen Überlegungen<br />

hatten sie wahrscheinlich so viele Fragen wie<br />

Flugzeuge tagtäglich auf dem Flughafen in<br />

Frankfurt/Main landen. Sie holten sich die<br />

Antworten. Der jungfräuliche Schreibblock<br />

wurde alsbald die Basis eines tragfähigen Konzeptes.<br />

Nicht deNKeN, fraGeN<br />

Auch Essls Mitstreiter, Diplom-Ingenieur Andreas<br />

Müller betont, wie wichtig es ist, sich zu<br />

informieren, bevor man den großen Schritt<br />

macht und seinen weiteren Berufsweg in die<br />

eigenen Hände nimmt: „Es lohnt sich garantiert,<br />

immer zu fragen – und nicht zu denken,<br />

dass man sowieso schon alles weiß.“<br />

Vor der Existenzgründung führten die beiden<br />

Bankengespräche – und suchten erst einmal<br />

das Beratungszentrum der Industrie- und<br />

Handelskammer Ulm auf. Zum Team des Starter-Centers<br />

gehört Jutta Peschel, die Unternehmensgründern<br />

im wahrsten Sinn des<br />

Wortes auf die Sprünge hilft. Sie weiß, dass<br />

eine umfassende Information das A und O auf<br />

dem Weg zum Erfolg ist. Sonst kann ein mutiges<br />

Vorhaben sehr schnell in einer schmerzhaften<br />

Bruchlandung enden: „Wir wissen,<br />

dass 49 Prozent der Neugründer scheitern,<br />

weil sie sich im Vorfeld nicht umfassend mit<br />

der jeweiligen Marktsituation auseinandergesetzt<br />

haben. Doch diese Analyse ist eben so<br />

entscheidend wie eine gefestigte Finanzierung.<br />

40 Prozent der Starter kümmern sich<br />

zum Beispiel leider immer noch zu wenig um<br />

eine Rentabilitätsvorschau und haben unter<br />

anderem auch keinen ordentlich durchdachten<br />

Geschäftsplan.“<br />

Doch all das ist kein Hexenwerk, wie Rolf Essl<br />

und Andreas Müller bestätigen können. Den<br />

30


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[spezial]<br />

existenzgründung in Zahlen<br />

28<br />

Eigentumswohnungen<br />

2 Büros<br />

2- 5-Zimmer-Wohnungen<br />

von 67 - 147 m² mit Lift<br />

und Tiefgarage. Neu-Ulm,<br />

Gartenstraße 22 (neben Postbank)<br />

Auf diesem Grundstück blühten bereits vor<br />

über 200 Jahren die Gärten der in Ulm gegründeten<br />

„Gartengesellschaft“. Heute ist<br />

dies eine Top Wohnlage mitten in Neu-Ulm.<br />

Sie liegt zwischen dem Bahnhof Neu-Ulm<br />

und dem Stadtmittelpunkt Petrusplatz. Wenige<br />

Gehminuten entfernt vom Glacis Park,<br />

der Donau oder der Ulmer Altstadt.<br />

Besser beraten ist, wer sich beraten lässt.<br />

immer mehr Menschen machen sich im<br />

Gebiet der Industrie- und Handelskammer<br />

Ulm mit einem eigenen Unternehmen<br />

selbstständig. So waren zum 1. Januar<br />

dieses Jahres 337 Unternehmen<br />

mehr gemeldet, als im gleichen Zeitraum<br />

2013. Bei der Vorbereitung gehen viele<br />

Neugründer mit gutem Beispiel voran.<br />

69 Prozent nutzten das IHK-Beratungsangebot<br />

für Durchstarter. Insgesamt gab<br />

es hier im vergangenen Jahr 750 persönliche<br />

Einzelberatungen. Rund 5000 Existenzgründer<br />

holten sich eine telefonische<br />

Erstauskunft ein.<br />

Foto: © pressmaster/Fotolia.com<br />

Im Durchschnitt sind die Menschen, die<br />

den Sprung in die Selbstständigkeit wagen,<br />

zwischen 38 und 42 Jahre alt.<br />

IHK-Spezialistin Jutta Peschel kennt die<br />

Gründe: „In dieser Phase des Lebens suchen<br />

viele Menschen noch einmal eine<br />

neue Orientierung.“ Die Gründungsberaterin<br />

nennt auch persönliche Erfolgsfaktoren:<br />

„Wenn man sich beruflich auf eigene<br />

Beine stellen möchte, sollte man auf<br />

jeden Fall prüfen, ob man über große Portionen<br />

Eigeninitiative, Kreativität, Überzeugungskraft<br />

und Kommunikationsfähigkeit<br />

verfügt.“<br />

sl<br />

4-Zi-Whg – 101 m² 3-Zi-Whg – 97 m²<br />

frischgebackenen Geschäftspartnern, die<br />

mehr als zehn Jahre lang gemeinsam in einem<br />

großen Unternehmen für den Bereich Flugfeld-Beleuchtung<br />

tätig waren, war schnell<br />

klar, dass sie sich von Anfang an auf ihre Kernkompetenzen<br />

konzentrieren müssen – und<br />

auf sonst nichts. Wenn möglich.<br />

Für Rolf Essl ist es wichtig, dass man sein eigenes<br />

Tun immer wieder selbstkritisch kontrolliert:<br />

„Man muss jederzeit überprüfen, welche<br />

Leistungen man in Eigenregie erbringen kann<br />

und welche eben nicht. Mit einer eigenen<br />

Rechnungsabteilung verdiene ich als Existenzgründer<br />

erst einmal kein Geld, so dass wir<br />

uns zum Unternehmensstart auch noch keine<br />

eigenen Mitarbeiter in diesem Bereich leisten<br />

können und wollen. Ganz darauf verzichten<br />

können wir auf diese Tätigkeiten jedoch auch<br />

nicht.“<br />

Die Lösung ist einfach: Externe Dienstleister<br />

halten den Neuen den Rücken frei und kümmern<br />

sich in ihrem Namen um die alltäglichen<br />

Dinge, die in einem Büro unerlässlich<br />

sind. Dazu gehören unter anderem der Telefonservice,<br />

die Organisation von Gesprächsterminen<br />

oder die Reservierung eines Konferenzraumes.<br />

firMa ohNe Büro<br />

So kommen die beiden Geschäftsführer erst<br />

einmal ohne ein eigenes Büro aus. Der Firmensitz<br />

ist in Ulm angemeldet, auch wenn<br />

Andreas Müller von seinem oberfränkischen<br />

Wohnort aus und Rolf Essl von seiner Wohnung<br />

in Erbach ihren Geschäften nachgehen.<br />

Für Rolf Essl bedeutet Erfolg nicht unbedingt,<br />

dass man auch in seinem eigenen Firmendomizil<br />

thronen muss. Viel wichtiger als eine<br />

Chefetage ist ihm der Blick fürs Wesentliche:<br />

„Wir haben uns von Anfang an für eine dezentrale<br />

Arbeitsweise entschieden und nutzen<br />

den breitgefächerten Service eines Ulmer<br />

Der geplante Baubeginn ist im<br />

Sommer <strong>2014</strong><br />

• Bäder alle mit Fenster (3-5-Zi-Whg)<br />

• Abstellräume und Gäste WC<br />

• 3-fach verglaste Fenster<br />

• Fußboden heizung durchgehend<br />

• Eiche massiv Parkettböden<br />

• attraktive Sanitärausstattung<br />

• kontrollierte Wohnraum-Abluftanlage<br />

• TG-Plätze mit Elektroanschluss<br />

Info-Telefon: 0731 / 9 80 77 95<br />

HARALD MANDL<br />

Herrenkellergasse 8<br />

89073 Ulm<br />

E-Mail: info@vemi.de<br />

www.vemi.de<br />

Bauträger:<br />

31<br />

Vermietungsservice für Kapitalanleger


[spezial] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Dienstleisters in der Weststadt, bei dem wir,<br />

wenn nötig, einen Besprechungsraum anmieten<br />

können. Die Kosten für ein eigenes Büro<br />

und das Gehalt von Angestellten können wir<br />

uns erst einmal sparen.“<br />

Doch wie lange noch? Was wird sein, wenn<br />

sich der Erfolg einstellt und die Umsätze<br />

wachsen? Auch daran haben die beiden Existenzgründer<br />

längst gedacht. Für sie ist es jedoch<br />

wichtig, dass sie den Blick auf ihr Ziel<br />

nicht verlieren. Wie Piloten. Andreas Müller:<br />

„Ich sage immer: alles zu seiner Zeit, denn das<br />

Personal muss mit der Geschäftsentwicklung<br />

mitwachsen und auf gar keinen Fall umgekehrt.“<br />

Start iM NeBeNerwerB<br />

So reißen die beiden findigen Geschäftsmänner<br />

den Steuerknüppel bewusst nicht ruckartig<br />

nach oben, um den Steigflug der Altec<br />

GmbH nicht zu steil werden zu lassen. Rolf<br />

Essl: „Es ist ganz klar, dass wir wachsen wollen,<br />

jedoch auf keinen Fall zu schnell.“<br />

So sieht das auch Peschel: „Wir empfehlen<br />

Existenzgründern, ein langsames Wachstum<br />

anzustreben. Eine weitere Alternative für einen<br />

sicheren Einstieg in die Selbstständigkeit<br />

kann übrigens auch eine Nebenerwerbsgründung<br />

sein, bei der man erst einmal für ein paar<br />

Stunden in der Woche ausloten kann, ob das<br />

eigene Angebot auch angenommen wird.“<br />

Der Vorteil dieses vorsichtigen Herantastens<br />

an das eigene Unternehmen – und wohl auch<br />

an die eigenen Fähigkeiten – ist, dass man unter<br />

keinem hohen Druck steht, da man weiterhin<br />

Gehalt bezieht und sozialversichert ist.<br />

Jutta Peschel: „Wichtig ist, dass man seinen<br />

Arbeitgeber auf jeden Fall über diesen Schritt<br />

informiert.“<br />

Für Andreas Müller und Rolf Essl war das keine<br />

Option: Sie beendeten mit ihrer Firmengründung<br />

ihre Arbeitslosigkeit. Dass die beiden<br />

sich schon so lange kennen, ist ein starker<br />

Trumpf, den sie nun tagtäglich ausspielen<br />

können. Beide wissen, dass bei einer partnerschaftlichen<br />

Beziehung der persönliche Umgang<br />

eine nicht zu unterschätzende Rolle<br />

spielt. Dies gilt nicht nur im eigenen Betrieb,<br />

sondern auch bei Abschlüssen mit neuen Geschäftspartnern.<br />

Andreas Müller: „Vereinbarungen<br />

werden immer zwischen Menschen<br />

getroffen, und man muss schon erkennen<br />

Die Existenzgründer Andreas Müller (links) und<br />

Rolf Essl planen Flugfeldbefeuerungen. Ein eigenes,<br />

gemeinsames Büro ist dazu noch nicht nötig.


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[spezial]<br />

können, ob das Miteinander passt. Natürlich<br />

müssen auch die Familien mitziehen und voll<br />

und ganz hinter uns und<br />

unserem Projekt stehen.<br />

Sonst geht das<br />

alles nicht.“ Rolf<br />

Essl nickt: „Man<br />

sollte bei dem<br />

Schritt in eine<br />

neue berufliche<br />

Zukunft auf jeden<br />

Fall einen Schnellschuss<br />

vermeiden und eine belastbare<br />

Zusammenarbeit ausloten.<br />

Wir beiden haben zum Beispiel<br />

von Beginn an geregelt, wie es<br />

weitergeht, wenn wir einmal<br />

streiten.“<br />

Das kam bis jetzt glücklicherweise<br />

noch nicht vor. Aber wer weiß, vor welche<br />

Herausforderungen die zwei in der<br />

Zukunft gestellt werden? Doch eines ist<br />

schon jetzt sicher. Beide haben den gemeinsa-<br />

men Sprung in das oftmals sehr kalte Wasser<br />

der Selbstständigkeit noch nicht<br />

bereut, obwohl beide bei der<br />

Gründung im September<br />

2013 bereits über<br />

50 Jahre alt waren.<br />

Rolf Essl<br />

nimmt es gelassen<br />

und<br />

vertraut auf seine<br />

Erfahrung und<br />

Reife: „Wenigstens können wir in unserem<br />

Alter keinem jugendlichen Leichtsinn<br />

mehr verfallen.“ Angst vor dem,<br />

was kommt, haben beide nicht. Unisono<br />

sagen sie: „Scheitern ist nicht im Plan vorgesehen.“<br />

Und der wurde ja schließlich akribisch<br />

erarbeitet. [!]<br />

sTEPHAN lOEFFlER<br />

Das Anschauungsmaterial für Kundentermine<br />

(hier ein „Flugfeuer“) passt ins Handgepäck.<br />

33


[führen] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

DiekleineChef-Schule<br />

Mitarbeiter fühlen sich häufig zu wenig wahrgenommen, nicht gefördert oder gar unter Druck gesetzt. Folge: Stress – bis<br />

hin zur psychischen Erkrankung. Hier sind die Vorgesetzten gefordert. Tipps für einen „gesundenFührungsstil“.<br />

Als in ihrer Firma neue Strukturen geschaffen<br />

werden, ist Margit Möller (45)<br />

Führungskraft in einem Chemiebetrieb<br />

und hat 13 Mitarbeiter. Durch die Umstrukturierung<br />

verliert sie ihre Stellung und<br />

kommt in eine andere Abteilung – in untergeordneter<br />

Position. Zwei Jahre lang wird sie bei<br />

mehreren Bewerbungen um Stellungen als<br />

Abteilungsleiterin inner- und außerhalb der<br />

Firma nicht berücksichtigt. Sie fühlt sich gekränkt,<br />

enttäuscht, verliert die Motivation. Es<br />

kommt noch schlimmer: Nur zwei Wochen<br />

nach einem Führungswechsel in ihrer Abteilung<br />

fordert der neue Chef mehr Leistung von<br />

ihr und droht mit Kündigung. Die Unzufriedenheit<br />

der einst kraftvollen Managerin – die<br />

ihren richtigen Namen nicht nennen möchte<br />

– verwandelt sich in quälende Existenzangst<br />

und mündet schließlich in eine schwere Depression.<br />

Sie wird krankgeschrieben, macht<br />

eine Therapie und fällt lange aus.<br />

ProblemFrühanSPreChen<br />

In dieser Situation hat ihr Chef als Führungskraft<br />

eine Chance ungenutzt verstreichen lassen.<br />

Hätte er sich Margit Möller gegenüber<br />

einfühlsam verhalten, Interesse an ihrem Befinden<br />

gezeigt und sie gefragt, warum ihre<br />

Leistung zu wünschen übrig ließ, wäre er vermutlich<br />

dem Grund für deren Erschöpfungssymptome<br />

auf die Spur gekommen. Im Idealfall<br />

hätte er seine angeschlagene Mitarbeiterin<br />

an eine Psychosomatische Sprechstunde direkt<br />

im Betrieb verweisen können, und es wäre<br />

womöglich nicht zum gesundheitlichen<br />

Ernstfall gekommen. Professor Dr. Harald<br />

Gündel von der Klinik für Psychosomatische<br />

Medizin und Psychotherapie der Universität<br />

Ulm weiß aus seiner Praxis: „Je früher Sie einen<br />

betroffenen Mitarbeiter ansprechen, desto<br />

besser steht es um die Heilungschancen –<br />

und umso kürzer sind mögliche Fehlzeiten.“<br />

Tanz, kleiner Mann: Wie ein wertloses Stück<br />

Holz fühlen sich manche Arbeitnehmer behandelt.<br />

34


1983 •<br />

<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[führen]<br />

Trainerin Ursula<br />

Wendeberg.<br />

Doch um die Mitarbeiterführung ist es vielerorts<br />

nicht gut bestellt. „Die Bedeutung von<br />

Führungsaufgaben wird von vielen Chefs gegenüber<br />

reinen Sachaufgaben nicht hoch genug<br />

priorisiert“, sagt die Trainerin und Teamentwicklerin<br />

Ursula Wendeberg; sie<br />

unterstützt als Netzwerk-Partnerin der Nürnberger<br />

Firma „Wolfgang Holl & Partner“<br />

Teams in Umbruchphasen, vor allem in der<br />

Automobilindustrie<br />

und in der Gesundheitsbranche.<br />

„Lernen Sie, Ihr<br />

‚daily business‘ effektiver<br />

zu organisieren<br />

und Aufgaben<br />

zu delegieren.<br />

Dadurch gewinnen<br />

Sie Zeit für<br />

Personalführungsaufgaben“,<br />

rät sie<br />

besonders angehenden<br />

Führungskräften. Diese kommen<br />

zwar mit einem großen Paket an Fachwissen<br />

in ihre Position, haben in ihre Rolle als Chef<br />

aber erst noch hineinzuwachsen.<br />

erSChreCkenDeSergebniS<br />

Dem „Faktor Mensch“ muss in Führungssituationen<br />

mehr Bedeutung zugemessen werden,<br />

denn: Mangelhafte Personalführung macht<br />

krank. Das ist auch eines der Ergebnisse aus<br />

dem „Stressreport 2012“, den die Bundesanstalt<br />

für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />

(BAuA) 2013 vorgestellt hat. Er stellt die bislang<br />

umfassendste deutsche Datenquelle zum<br />

Thema „Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz“<br />

dar. Das erschreckendste Ergebnis des<br />

Reports: 53 Millionen Krankheitstage sind allein<br />

2012 in Deutschland durch psychische<br />

Erkrankungen verursacht worden. Bei der Befragung<br />

von über 20.000 Erwerbstätigen kam<br />

unter anderem heraus: Je häufiger Vorgesetzte<br />

ihre Mitarbeiter unterstützen, für sie ansprechbar<br />

sind, auf sie zugehen und ihnen<br />

zum Beispiel konstruktives Feedback geben,<br />

desto seltener treten gesundheitliche Beschwerden<br />

auf.<br />

Im Rahmen eines Pilotprojekts der Klinik für<br />

Psychosomatische Medizin und Psychotherapie<br />

der Universität Ulm unter Leitung von<br />

Professor Gündel wurden in mehreren Betrieben<br />

niederschwellig zugängliche Angebote<br />

für Mitarbeiter mit beginnenden psychischen<br />

Problemen eingerichtet. Durch eine psychosomatische<br />

Sprechstunde direkt in den Räumen<br />

der Betriebsärzte sollen frühzeitig Symptome<br />

erkannt und behandelt werden. So ist es<br />

möglich, vorzubeugen beziehungsweise<br />

rechtzeitig einzugreifen, damit es nicht zu<br />

krankheitsbedingten Ausfallzeiten der Mitarbeiter<br />

kommen muss.<br />

Die wichtige Rolle der Führungskräfte für die<br />

psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter wird<br />

in diesem Projekt noch zusätzlich gestärkt.<br />

Denn sie tragen Verantwortung nicht nur für<br />

JÜRGEN BARZ<br />

• BARZVERLÄSSLICH<br />

SEIT<br />

BERND NEHER<br />

2006 •<br />

• BARZVERLÄSSLICH<br />

SEIT<br />

35


[rubrik] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Führen heißt nicht zappeln lassen. Das macht die Leute krank – und kostet Unternehmen viel Geld.<br />

Professor<br />

Dr. Harald Gündel<br />

ihr Unternehmen<br />

und sich selbst,<br />

sondern auch für<br />

ihre Beschäftigten.<br />

Durch ihr Verhalten<br />

und ihr Vorbild<br />

beeinflussen<br />

sie, inwieweit<br />

Stress und psychische<br />

Belastung auf<br />

die einzelnen Mitarbeiter<br />

treffen<br />

und definieren dadurch<br />

die betrieblichen Rahmenbedingungen.<br />

Im Rahmen des Ulmer Projektes lernen<br />

Führungskräfte in speziellen Kursen zu „Führung<br />

und Gesundheit“, wie sie psychische Störungen<br />

erkennen und ihre Mitarbeiter darauf<br />

ansprechen können. Dabei werden sie auch<br />

geschult zu verstehen, wie ihr Führungsstil<br />

auf ihre Mitarbeiter wirkt und wie sie eine<br />

neue Anerkennungskultur etablieren können,<br />

um den Beschäftigten zu vermitteln, dass<br />

ihre Arbeit wertgeschätzt wird. Gündel sieht<br />

in der „Psychosomatischen Sprechstunde im<br />

Betrieb“ (PSIB) „einen neuen Versorgungsbaustein<br />

mit hoher Wirksamkeit“. Denn „Arbeit<br />

hält eigentlich gesund. Nur unter bestimmten<br />

schwierigen Bedingungen macht sie krank“,<br />

erklärt er. Diesen widrigen Bedingungen aber<br />

kann man mit entsprechendem Wissen und<br />

speziellen Angeboten entgegentreten.<br />

iDeeFürkleinereFirmen<br />

Im Oktober 2013 ging die von Gündel geleitete<br />

Klinik eine weitere Kooperation ein, um<br />

aus dem Pilotprojekt zur PSIB gewonnene Erkenntnisse<br />

auch auf kleine und mittlere Unternehmen<br />

(KMU) zu übertragen, auf Firmen<br />

ohne eigene Betriebsärzte. Gemeinsam mit<br />

» weiter auf Seite 38<br />

Weitereinformationen<br />

iminternet<br />

Das Projekt „Psychische Gesundheit<br />

in der Arbeitswelt – psyGA“ bündelt<br />

das vorhandene Know-how zu psychischer<br />

Gesundheit im Beruf auf einer<br />

sehr umfassenden Webseite:<br />

www.psyga.info<br />

Eine im Rahmen des psyGa-Projektes<br />

entwickelte App und ein eLearning-<br />

Tool zur Förderung psychischer Gesundheit<br />

für Führungskräfte liefern<br />

leicht verständliche Vorschläge, wie<br />

Führungskräfte ihre Mitarbeiter vor<br />

stressbedingter Überlastung schützen<br />

und selbst gesund bleiben können<br />

Der 2013 veröffentlichte, über 200<br />

Seiten starke „Stressreport Deutschland<br />

2012“ kann hier heruntergeladen<br />

werden:<br />

www.baua.de/dok/3430796<br />

36


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[führen]<br />

Bei uns<br />

ist Ihr Event<br />

in besten Händen!<br />

FünfTippsfürFührungskräfte:<br />

SowerdenSieeinguterChef<br />

Klar die Richtung vorgeben – und wenn das Volk gut rudert, auch mal Rückmeldung geben.<br />

Grafik: © noppyviva/Fotolia.com<br />

Seit 10 Jahren<br />

der Partner<br />

für Events.<br />

Studien zum Verhältnis von Führungskräften<br />

gegenüber ihren Mitarbeitern zeigen es immer<br />

wieder: Mitarbeiter sähen es gerne, wenn<br />

ihre Vorgesetzten mehr führen. Das haben sie<br />

jedoch meist nicht gelernt. Ursula Wendeberg,<br />

Netzwerk-Partnerin von Wolfgang Holl<br />

& Partner in Nürnberg, gibt fünf Tipps: So<br />

werden Chefs gute Bezugspersonen für ihre<br />

Mitarbeiter und fördern dadurch deren Gesundheit.<br />

meldenSiegelungeneszurück<br />

Machen Sie sich kontinuierlich die gelungenen<br />

Arbeitsaufträge und Stärken Ihrer Mitarbeiter<br />

klar und kommunizieren Sie diese konkret,<br />

zum Beispiel: „Die Art, wie Sie unser<br />

Meeting letzten Donnerstag moderiert haben,<br />

fand ich stark. Ich fand Sie gut vorbereitet und<br />

Sie haben vom Thema abweichende Rede-<br />

Beiträge sympathisch und mit Humor gestoppt.<br />

Ihre Zusammenfassung der Ergebnisse<br />

ist eine klare Basis für die Weiterarbeit.<br />

Vielen Dank.“ So können Sie sicher sein, dass<br />

dieser Mitarbeiter auch weiterhin souverän<br />

moderiert und dass sich seine Motivation<br />

auch auf andere Bereiche übertragen wird.<br />

beobachtenSieundagierenSiemitempathie,klarheitundinteresse<br />

Ärgern Sie sich nicht über unverständliches<br />

Verhalten Ihrer Mitarbeiter. Versuchen Sie deren<br />

wirkliche Beweggründe zu verstehen. Zeigen<br />

Sie Verständnis für deren Bedürfnisse und<br />

machen Sie gleichzeitig klar, was Sie konkret<br />

erwarten. Fragen Sie konkret nach Lösungsvorschlägen<br />

Ihrer Mitarbeiter und beziehen<br />

Sie deren Ideen dann auch tatsächlich ein. Sie<br />

werden sehen, dass Qualität und Effizienz der<br />

Arbeit steigen.<br />

Schaffen Sie eine tragfähige beziehungsebene<br />

Sprechen Sie gerade zwischenmenschliche<br />

Ungereimtheiten frühzeitig an und haken Sie<br />

kontinuierlich nach. Nutzen Sie das Modell<br />

der Ich-Botschaft. Damit bringen Sie den objektiven<br />

Sachverhalt, dessen Wirkung auf Sie<br />

und womöglich andere Kollegen und Ihre<br />

konkrete Erwartung an den Mitarbeiter auf<br />

den Punkt. Die Chance, dass er sein Verhalten<br />

verändert ist groß, wenn Sie „dran bleiben“,<br />

also etwa in kürzeren Zeitabständen nachfragen<br />

und Rückmeldung geben.<br />

machenSieihreerwartungenklarund<br />

fassenSiesichkurz<br />

Überlegen Sie sich grundsätzlich im Vorfeld,<br />

was Sie von Ihren Mitarbeitern erwarten und<br />

wie Sie sie unterstützen können. Gleichen Sie<br />

dies mit Ihren Aufträgen und Arbeitszielen<br />

ab. So können Sie mit wenigen Sätzen Ihre<br />

Anliegen auf den Punkt bringen. Im Gespräch<br />

entfalten Ihre Aussagen dadurch eine besondere<br />

Klarheit und Ihnen bleibt Raum, Fragen<br />

an Ihre Mitarbeiter zu stellen. Es gibt nicht<br />

viel, das Mitarbeiter mehr demotiviert als lange<br />

Monologe des Chefs.<br />

FindenSieeingesundesmaßzwischen<br />

modell-Seinundeinfordern<br />

Ein Chef, der will, dass seine Mitarbeiter zum<br />

Beispiel mehr Eigeninitiative entwickeln,<br />

gleichzeitig aber selbst nichts aus der Hand<br />

gibt, lässt seinen Mitarbeitern zu wenig Raum.<br />

Gehen Sie also mit gutem Beispiel voran,<br />

entwickeln Sie mit Ihren Mitarbeitern aber<br />

auch gemeinsam konkrete Handlungsmöglichkeiten,<br />

so dass diese tatsächlich selbst aktiv<br />

werden. [!]<br />

Birgit Weichmann<br />

organisation<br />

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37<br />

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Vermittelt der Chef Wertschätzung, zieht das Personal auch gerne mit – und bleibt gesund.<br />

Foto: © Tom Hahnisch/Fotolia.com<br />

Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

der Arbeitsmedizinischen Praxis von Dr. Michael<br />

Haas, der mit einem Team von sieben<br />

Betriebsärzten mehr als 100 Unternehmen<br />

und kommunale Einrichtungen im Großraum<br />

Ulm arbeitsmedizinisch betreut, wird<br />

auch Mitarbeitern kleinerer Firmen der Zugang<br />

zu psychosomatischer Betreuung eröffnet.<br />

„Das ist meines Wissens ein völlig neues<br />

Angebot für kleine und mittlere Unternehmen“,<br />

sagt Haas über die Kooperation.<br />

Eine Therapeutin aus Gündels Team steht einmal<br />

pro Woche in Haas‘ Praxis Mitarbeitern<br />

aus den bislang rund zehn teilnehmenden Firmen<br />

für Einzelgespräche zur Verfügung. Diese<br />

werden direkt von ihrem Chef, von Personalern<br />

oder dem Betriebsrat auf die neu<br />

eingerichtete psychosomatische Sprechstunde<br />

aufmerksam gemacht. Haas zieht nach den<br />

ersten Monaten eine positive Zwischenbilanz:<br />

„Das neue Konzept für KMU wird gut angenommen<br />

und nimmt kontinuierlich zu. Für<br />

die teilnehmenden Firmen, die die Kosten für<br />

die ersten zehn Gesprächstermine übernehmen,<br />

ist es ein interessantes Angebot: Die Therapie<br />

kostet sie weniger als eine lange Arbeitsunfähigkeit<br />

des Mitarbeiters“.<br />

Insgesamt wird das als Pilotprojekt der Klinik<br />

für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie<br />

der Universität Ulm gestartete Angebot<br />

von allen Unternehmen jeder Größe immer<br />

stärker angenommen. 2013 haben die<br />

Mitarbeiter aus Gündels Team 110 Erstgespräche<br />

geführt und Kurztherapien mit ihren „Patienten“<br />

gemacht. <strong>2014</strong> ist diese Zahl bereits in<br />

den ersten fünf Monaten erreicht worden. Der<br />

Bedarf ist groß und wächst. [!]<br />

Birgit Weichmann<br />

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38


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[machen]<br />

Kunst auf Messers Schneide<br />

Robert Kaufmann ist nicht nur ein Messermacher, er ist ein Künstler aus dem Allgäu. Ins Berufsleben startete<br />

er mit einer Industriemacher-Lehre. Heute fasziniert seine Schmiedekunst Sammler in der ganzen Welt.<br />

Für die Küchenarbeit sind Robert Kaufmanns<br />

Messer zu schade. Er formt aus<br />

Stahl Klingen, fertigt Griffe aus Rentiergeweihen,<br />

versieht sie mit Silbernieten am<br />

Griffende. Ein vergleichsweise kleines Messer,<br />

111 Gramm leicht, 21,5 Zentimeter lang, kostet<br />

schnell 675 Euro. Die eigentliche Zielgruppe<br />

sind Sammler, die fünfstellige Summen lockermachen<br />

für so einzigartige Stücke.<br />

Der Markt ist überschaubar. Trotz der Exklusivität<br />

gibt es Ausschreibungen und Messen,<br />

Kataloge und<br />

Preisverleihungen.<br />

Kaufmann besucht<br />

regelmäßig<br />

die namhaftesten<br />

Veranstaltungen,<br />

bevorzugt in Übersee,<br />

und gewinnt<br />

immer<br />

wieder<br />

Wettbewerbe.<br />

In<br />

den USA sitzen die<br />

Robert Kaufmann lässt meisten Anhänger<br />

sich von Stahl inspirieren. der<br />

Kunstrichtung,<br />

die Kaufmann<br />

vertritt. In Russland ist es die Oberschicht,<br />

die ihren überbordenden Reichtum<br />

mit dem Kauf solcher Messer unterstreicht.<br />

Der Markt in China beginnt sich zu entwickeln.<br />

Entsprechend ist Kaufmanns Imagebroschüre<br />

aufgebaut. Englisch, Deutsch, Russisch,<br />

in dieser Reihenfolge. Um seine<br />

Schöpfungen in den USA verständlich bekanntzumachen,<br />

nennt er seine Kunst<br />

„cuttingart“. „Was ich handwerklich<br />

mache, sind mehrere einzelne<br />

Berufe. Ich lege großen<br />

Wert darauf, die komplette<br />

Arbeit selber<br />

zu machen“, er-<br />

läutert<br />

der 1970<br />

in<br />

Memmin-<br />

gen geborene<br />

Künstler. Den<br />

beruflichen Grundstein<br />

legte er mit einer<br />

Lehre als Industriemechaniker.<br />

Nach<br />

kurzer Berufszeit ging er für zwei Jahre nach<br />

Lappland. Das veränderte sein Leben: Schon<br />

als Lehrling von Klingen fasziniert, begegnete<br />

ihm dort das Handwerk des Messermachens.<br />

Zurück in Deutschland begann er, die traditionelle<br />

Form des nordischen Messers zu verändern.<br />

Er experimentierte mit neuen Materialien,<br />

vertiefte als Autodidakt sein Wissen – durchs<br />

„Studium am Amboss“, wie er es ausdrückt. Er<br />

lässt sich vom Material inspirieren, folgt seiner<br />

Intuition, benutzt keine Entwürfe. Seine<br />

Kreationen entwickeln während der Bearbei-<br />

tung ein Eigenleben.<br />

Kaufmann fertigt ausschließlich Damaszenerstahl,<br />

jenes sagenhafte<br />

Material aus dem<br />

Morgenland,<br />

das Härte<br />

und<br />

Elastizität in idealer<br />

Weise verbindet und an<br />

der Oberfläche herrlich kontrastreiche<br />

Maserungen und Wellenmuster<br />

bildet. Er verwendet als<br />

Ausgangsmaterial hauchdünne Bleche,<br />

die er in bis zu 40 Lagen übereinander<br />

schichtet, faltet, verdreht<br />

und – in der lodernden Esse glühend<br />

erhitzt – in mehreren Arbeitsgängen<br />

immer wieder schmiedet.<br />

Bei der Gestaltung<br />

der Handgriffe zählen Formgebung<br />

und die Auswahl der Materialien.<br />

Als Substanz benutzt er Hölzer aus<br />

Afrika, die härter sind als Ebenholz, Hirsch-<br />

oder Rentiergeweihe und, besonders beliebt,<br />

das bläulich schimmernde Elfenbein der<br />

Stoßzähne vom Mammut, das seit der letzten<br />

Eiszeit ausgestorben ist. Nach und nach gibt<br />

der auftauende Permafrostboden im nördlichen<br />

Sibirien das Elfenbein frei. Als Einlegearbeiten<br />

werden in die Messergriffe Gold, Silber,<br />

Perlmutt und Edelsteine, auch Diamanten<br />

eingearbeitet – Verzierungen der feinsten Art.<br />

Obwohl die weltweite Wirtschafts- und Fi-<br />

nanzkrise der Kunstszene einen Dämpfer verpasst<br />

hat,<br />

kann Kaufmann<br />

nicht<br />

über<br />

schlechte<br />

Geschäfte<br />

klagen. Er bleibt<br />

seiner Maxime treu: exklusive<br />

Ware zu exklusiven Preisen [!]<br />

HARTMUT MAUSCH<br />

Eine Rochen-Skulptur: Über jahrelanges<br />

„Studium am Amboss“<br />

hat sich Robert Kaufmann<br />

zum weltweit<br />

gefragten Klingenexperten<br />

entwickelt.<br />

39


[spezial] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

EinAutofürdenZimmermann<br />

Beim Werben um FachkräfteundAuszubildende ziehen kleine Betriebe häufig den Kürzeren. Das Handwerk will sich<br />

damit nicht abfinden und setzt auf neue Wege: In Biberach bekommt der beste Azubi einen VW Up für ein Jahr.<br />

Mehr als 300.000 Stellen in mittelständischen<br />

Unternehmen können nach<br />

einer Umfrage des Beratungs<strong>unternehmen</strong>s<br />

Ernst & Young nicht besetzt werden.<br />

Das Problem trifft auch viele kleine und mittlere<br />

Betriebe zwischen Ulm und Biberach. Sie<br />

stehen beim Werben in Konkurrenz mit großen<br />

Unternehmen aus den Branchen Metallund<br />

Pharma, die außer hohen Tarifvergütungen<br />

ihren Mitarbeitern auch viele freiwillige<br />

Leistungen zukommen lassen. „Ich würde sofort<br />

zwei gute Leute einstellen“, sagt Dietmar<br />

Hagel. Der Obermeister der Zimmerer-Innung<br />

Biberach führt einen Sechs-Mann-Betrieb in<br />

Äpfingen. Allein die 48 Mitglieder der Innung<br />

können nach seinen Worten derzeit 15 Stellen<br />

nicht besetzen. Das hat einen einfachen<br />

Grund: Der Arbeitsmarkt zwischen Ulm und<br />

Bodensee ist wie leergefegt. „Zur Jahresmitte<br />

ist die Arbeitskräftenachfrage unvermindert<br />

hoch. Unter den 3700 unbesetzten Stellen<br />

sind viele aus dem Handwerk“, sagt Peter Rasmussen,<br />

der Chef der Agentur für Arbeit in<br />

Ulm. Vor allem für kleine Betriebe sei es<br />

schwer, geeignete Facharbeiter zu finden. „Ich<br />

empfehle, auf Ausbildung und die Qualifizierung<br />

eigener Mitarbeiter zu setzen. Dabei<br />

kann die Agentur für Arbeit in bestimmten<br />

Fällen finanzielle Hilfen anbieten.“<br />

NichtmAlEiNEBEwErBuNg<br />

Bei den Ausbildungsplätzen gibt es nach den<br />

Worten Hagels bei den Zimmereibetrieben im<br />

Kreis Biberach nicht auf jede offene Stelle eine<br />

Bewerbung. Den Handwerkern macht ein<br />

neuer Trend zu schaffen: Große Industrie<strong>unternehmen</strong><br />

stellen mittlerweile nicht nur die<br />

sehr guten Schüler als Auszubildende ein,<br />

sondern gezielt auch etwas schwächere. „Bei<br />

den sehr Guten ist – wie im Handwerk auch<br />

– die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie nach<br />

der Lehre zum Studieren gehen“, erklärt Hagel.<br />

Zudem benötigten die Metallbetriebe als<br />

künftige Maschinenführer nicht die Besten<br />

eines Jahrgangs.<br />

Die kleinen Unternehmen haben einen weiteren<br />

Nachteil: Weil viele Schulen auf dem Land<br />

geschlossen und in größeren Städten zusammengelegt<br />

werden, verlieren manche Betriebe<br />

den Kontakt zu ihren bisherigen Ansprechpartnern<br />

und zu Schülern der älteren Klassen.<br />

„Die Betriebe, in denen eine Schule noch am<br />

Ort ist, tun sich beim Besetzen von Lehrstellen<br />

deutlich leichter“, sagt Hagel. Erschwerend<br />

kommt hinzu, dass die Landesregierung<br />

die Akademikerquote steigern will. Damit<br />

droht, dass noch mehr junge Leute, sich gegen<br />

eine berufliche Ausbildung entscheiden. Das<br />

Handwerk hat angesichts des heraufziehen-<br />

Gute Zimmermänner sind gesuchte Fachkräfte.<br />

Viele Betriebe können mangels Bewerbern ihre<br />

Ausbildungsplätze nicht besetzen.<br />

40


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[spezial]<br />

den Fachkräftemangels bereits vor fünf Jahren<br />

eine Imagekampagne gestartet. „Der Erfolg<br />

ist messbar – das Wissen über das<br />

Handwerk und seine Berufe ist deutlich gestiegen“,<br />

sagt Alexander Legowski vom Zentralverband<br />

des Deutschen Handwerks. Die<br />

Kampagne hatte über die fünf Jahre Laufzeit<br />

einen Etat von 50 Millionen Euro. Im Herbst<br />

<strong>2014</strong> werde eine neue Agentur die Kampagne<br />

fortführen. Das Handwerk will sich als spannender<br />

und attraktiver Arbeitgeber positionieren.<br />

Neudeutsch nennt man das „Employer<br />

Branding“. Dahinter verbirgt sich die Idee,<br />

Ansätze der Markenbildung auf die Mitarbeitergewinnung<br />

zu übertragen. Dabei spielen<br />

Mitarbeiterführung, Führungskultur und äußere<br />

Rahmenbedingungen eine Rolle.<br />

Größere Betriebe setzen bereits länger auf<br />

Maßnahmen wie Tage der offenen Tür, feste<br />

Termine für Kundenvorträge, gezielte Ansprache<br />

von Jugendlichen oder die Einrichtung<br />

einer eigenen Homepage für die Azubis der<br />

Firma: Kleinere Betriebe tun sich beim „Employer<br />

Branding“<br />

schwerer. Mit ein<br />

bisschen Kreativität<br />

lässt sich aber<br />

einiges ausgleichen:<br />

So belohnt<br />

die Zimmerer-Innung<br />

Biberach seit<br />

2013 den oder die<br />

Beste in der Abschlussprüfung.<br />

Er<br />

Tobias Mehlich: Unsere<br />

Gegenmaßnahmen greifen. oder sie fährt ein<br />

Jahr lang kostenlos<br />

einen VW Up. Leasingraten, Versicherung,<br />

Steuer sowie Wartung und Kosten für Verschleißteile<br />

trägt die Zimmerer-Innung. Das<br />

kostet sie pro Monat 140 Euro. Die Aktion<br />

kommt laut Hagel bei den Auszubildenden<br />

gut an. Bevor das vorerst auf drei Jahre befristete<br />

Projekt losging, fragte die Innung die Auszubildenden,<br />

was sie davon halten. Dabei kam<br />

heraus: Es muss ein Viertürer sein und: Der<br />

Slogan „Der beste Auszubildende“ darf nicht<br />

auf dem Auto stehen. Auch angesichts solcher<br />

positiver Beispiele gibt sich Tobias Mehlich,<br />

Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer<br />

Ulm, optimistisch: „Wir sehen, dass unsere<br />

Gegenmaßnahmen greifen.“ Die Sensibilisierung<br />

für die Berufswege im Handwerk<br />

beginne im Kindergarten und ende an den<br />

Hochschulen, beispielsweise indem die Ausbildungsberater<br />

der Handwerkskammer Ulm<br />

die dortigen Studienabbrecher ansprechen<br />

und ihnen Karrierechancen im Handwerk nahe<br />

bringen. Mehlich: „Wir sind im engen Kontakt<br />

mit allen Schulformen, Handwerksorganisationen<br />

und den Arbeitsagenturen.“ Mit<br />

Migranten-Verbänden spreche man seit einem<br />

Jahr gezielt Jugendliche an. Zusätzlich<br />

werben Auszubildende als Ausbildungsbotschafter<br />

in den Schulen für eine Lehre. Generell<br />

liegen die aktuellen Herausforderungen<br />

weniger auf dem Auftrags-, als auf dem Arbeitsmarkt:<br />

„Kluge Betriebe ziehen spätestens<br />

jetzt ihr Auswahlverfahren für die Ausbildung<br />

zeitlich vor.“ [!] aLEXaNDER BÖGELEIN<br />

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41


[machen] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

SchätzeausdemSilbersee<br />

Das Ambiente ist „Heavy Metal“, der Stoff, um den sich auf diesem Firmengelände in Weißenhorn alles dreht, hingegen<br />

„light“: Das AluminiumschmelzwerkOetinger ist Spezialist für hochwertige Legierungen.<br />

Auf dem Fußmarsch zu den Schmelzöfen<br />

läuft unversehens ein innerer<br />

Film ab. Ja, so könnte es im Ruhrpott<br />

um die Ecke links ausgeschaut haben. Glitzernde<br />

Hügel aus metallischem Schrott türmen<br />

sich auf dem weitläufigen Oetinger-Firmengelände<br />

im Weißenhorner Gewerbegebiet<br />

„Eschach“. Hügel aus kieselsteingroßem<br />

Recycling-Material von Müllverbrennungsanlagen<br />

sind darunter, ebenso welche aus zu<br />

Blocks gepressten Aluspänen. Dann wieder<br />

welche, die ihre Herkunft aus technischen<br />

Formen verraten. Stürzte plötzlich Alt-Kommissar<br />

Schimanski ums Eck, würde das keinen<br />

wundern. In der Halle nebenan öffnet<br />

sich gleich der mächtige Schlund eines<br />

Schmelzofens. 750 Grad zeigt das Display des<br />

mit Erdgas befeuerten Drachens an. Das reicht<br />

für Sauna-Temperaturen über den respektvollen<br />

Sicherheitsabstand hinweg und erste<br />

Schweißperlen unterm Schutzhelm.<br />

Aber: Die Technik hier ist 21. Jahrhundert. Die<br />

Einhaltung der Grenzwerte werde laufend<br />

kontrolliert, sagt<br />

Roland Keller, einer<br />

der drei Geschäftsführer<br />

der<br />

Gruppe. Ob der<br />

Himmel überm<br />

Werk blau ist oder<br />

grau, hängt allein<br />

vom Wetter ab.<br />

Hier dreht sich<br />

alles um das Oetinger-Geschäftsführer<br />

Leichtmetall Aluminium.<br />

Roland Keller.<br />

165.000<br />

Tonnen im Jahr beträgt der Ausstoß der Oetinger-Gruppe,<br />

zu der das Weißenhorner Werk<br />

und ein Schwester-Betrieb gehören, die früheren<br />

Karl Konzelmann Metallschmelzwerke in<br />

Neu-Ulm. Beide sind „sekundäre Hersteller“,<br />

also ausschließlich mit der Verarbeitung von<br />

Recycling-Material befasst.<br />

Die Wiederverwertung ist umweltfreundlicher<br />

als Alu-Gewinnung aus dem Rohstoff<br />

Bauxit. Im Vergleich seien nur fünf Prozent<br />

der Energie notwendig, pro Tonne Aluminium<br />

würden zehn Tonnen weniger CO2 ausgestoßen.<br />

Warum ist das der Firma so wichtig?<br />

Auch weil es die Klimabilanz von Aluminium<br />

deutlich verbessert – umso mehr, je häufiger<br />

der Recycling-Kreislauf sich schließt.<br />

HeiSSbegeHrter„ScHrOtt“<br />

Der „Schrott“ ist heiß begehrter Wertstoff, der<br />

zunehmend auch aus Asien nachgefragt wird.<br />

Er wird eingeschmolzen und durch Beimischung<br />

von Metallen wie Kupfer, Nickel,<br />

Mangan und Vanadium zu neuen Aluminium-Legierungen<br />

veredelt. Etwa ein Drittel der<br />

Produktion wird zu Block-Aluminium, zwei<br />

Drittel gehen in flüssiger Form just in time zu<br />

den Kunden. Bei der Ankunft muss die Temperatur<br />

des Flüssig-Aluminiums innerhalb einer<br />

definierten Toleranz liegen. Bei der Auslieferung<br />

etwa 800 Grad Celsius heiß, ist daher<br />

einzuberechnen, dass das in Spezialbehältern<br />

transportierte Alu pro Stunde etwa 10 Grad<br />

verliert, erklärt Keller. Abnehmerin sei zu 90<br />

Prozent die Automobilindustrie, entweder direkt<br />

oder über zuliefernde Gießereien.<br />

Neben den vielleicht zwei Dutzend Standardlösungen<br />

werden Keller zufolge sehr häufig<br />

sehr spezielle Mischungen nachgefragt. Dass<br />

das „Alu-Schmelzen“ längst eine höchst anspruchsvolle<br />

Aufgabe geworden ist, hat viel<br />

mit der rasanten Fortentwicklung der Materialtechnik<br />

zu tun: Sie hat mehr Legierungen<br />

für immer spezifischere Materialeigenschaften<br />

hervorgebracht. Wenn Keller schließlich<br />

anführt, dass der Schrott seinerseits nicht selten<br />

aus Legierungen besteht, lässt sich erahnen,<br />

dass die Mischerei so rein gar nichts mit<br />

Alchimie zu tun hat. Aber sehr viel mit genauer<br />

Materialanalyse – und der Erfahrung der<br />

Schmelzer an den Öfen. „An diesen findet unsere<br />

Wert schöpfung statt“, fügt Uwe Baur hin-<br />

Ohne Sicherheitshelm und Schutzkleidung sollte<br />

man dem glühenden Schlund des Ofens besser<br />

nicht zu nahe kommen.


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[machen]<br />

Co-Geschäftsführer<br />

Uwe Baur.<br />

zu, der für die Finanzen<br />

zuständige<br />

Geschäftsführer.<br />

Wird an den Öfen<br />

zu viel Energie verbraucht<br />

oder ist<br />

der „Abbrand“, also<br />

Schwund, beim<br />

(teuren) Material<br />

übergroß, hat das<br />

direkte Auswirkungen<br />

auf die Bilanzzahlen.<br />

Die Insolvenz vor einem Jahr hatte jedoch laut<br />

Keller einen anderen Grund. In Folge der<br />

Wirtschaftskrise in Südeuropa sei der deutsche<br />

Markt mit Standard-Legierungen dortiger<br />

Alu-Schmelzer überschwemmt worden.<br />

Dies habe vor allem die – mittlerweile geschlossenen<br />

– Standorte der Gruppe in Berlin<br />

und Hannover in die Roten Zahlen gedrückt<br />

und Anfang 2013 die gesamte Gruppe.<br />

Seit Dezember 2013 sind die beiden verbliebenen<br />

Standorte unter den Fittichen einer mittelständischen<br />

Beteiligungsgesellschaft. Sie<br />

habe frisches Eigenkapital eingebracht und<br />

auch den Kauf ausschließlich mit Eigenmitteln<br />

finanziert. Das sollte bei den Kunden neues<br />

Vertrauen schaffen – was offenbar mittlerweile<br />

gelungen ist. „Unser Eigentümer ist<br />

keine Heuschrecke“, betont Baur. Die Stabilisierung<br />

sei gelungen, die Kapazitäten seien<br />

derzeit gut ausgelastet; so blickt das Unternehmen<br />

zuversichtlich in die Zukunft.<br />

Wieder in ruhigeren Fahrwässern navigierend,<br />

bleibt nun eher der Spielraum, über Zukunftsstrategien<br />

nachzudenken. Was ist mit<br />

der Verringerung der hohen Abhängigkeit<br />

von der Automobilindustrie? „Wir denken<br />

darüber nach“, sagt Baur. Die Anlagen wären<br />

durchaus auch in der Lage zur Produktion<br />

von Walz-Aluminium; der Wettbewerb in dieser<br />

Sparte sei allerdings noch härter. Denn<br />

Kalt-Alu lässt sich im Gegensatz zu Flüssig-<br />

Alu über beliebig lange Distanzen transportieren.<br />

Grund zur Eile bestehe nicht. Alle Anlagen<br />

seien auf einem zeitgemäßen Stand, die Lage<br />

bei den Hauptkunden sehen die Geschäftsführer<br />

als stabil an. [!] ThOMAS VOGEL<br />

HöhenflügeundNackenschläge<br />

Im Schmelzofen erreicht das Aluminium Temperaturen von 750 Grad. Auf unseren Bildern wird<br />

die flirrende Flüssigkeit aus dem Ofen überführt und kühlt in Barrenform ab.<br />

Ich denke, dass es einen<br />

Weltmarkt für vielleicht<br />

fünf Computer gibt.<br />

Thomas Watson<br />

(Gründer von IBM, 1943)<br />

Zwischengipfelpunkten und Rückschlägen<br />

lagen bei Oetinger – 1946 gegründet<br />

und über Jahrzehnte als Familien<strong>unternehmen</strong><br />

geführt – zuletzt oft nur wenige<br />

Jahre. Tragisch war das Jahr 2002, als ein<br />

Großteil der Geschäftsführung bei einem<br />

Flugzeugabsturz ums Leben kam.<br />

Mehr als 320.000 Tonnen Aluminium produzierte<br />

die Gruppe 2007 – so viel wie nie<br />

zuvor. Noch Mitte 2008 war man auf bestem<br />

Weg, diese Marke zu übertreffen, die<br />

Finanzkrise machte einen Strich durch<br />

die Rechnung. Mit der wirtschaftlichen<br />

Erholung ging es dann wieder aufwärts.<br />

Doch 2013 geriet die Gruppe ins Taumeln:<br />

Insolvenz, Konzentration auf die Standorte<br />

Weißenhorn (heute 165 Mitarbeiter)<br />

und Neu­Ulm (125), Umflaggung zur Oetinger<br />

Aluminium WH GmbH. Käufer und<br />

Retter ist die Beteiligungsgesellschaft SS­<br />

VP III, die von der Orlando Management<br />

AG mit Sitz in München beraten wird. Deren<br />

Kerngeschäft ist die Akquisition von<br />

im Kern gesunden Industrie<strong>unternehmen</strong><br />

im deutschsprachigen Raum, die sich in<br />

„Sondersituationen“ befinden.<br />

Die Oetinger­Gruppe wird geführt von einem<br />

Geschäftsführer­Trio: den beiden<br />

langjährigen Oetinger­Kräften Uwe Baur<br />

(Finanzen) und Roland Keller (Vertrieb,<br />

Einkauf) sowie von Dr. Volker Heidtmann<br />

(Produktion und Technik).<br />

TV<br />

Wir korrigieren<br />

Irrtümer!<br />

Ihr SYSTEMHAUS aus Ulm:<br />

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43


[machen] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

PerKopfkinoinsneueBad<br />

Sage einer, Ingenieure hätten keine Phantasie. Von wegen. Die vier Gründer von Immersight machen virtuelle Räume<br />

greifbar. Mit ihrer Raumbrille führt ein Neu-Ulmer seine Kunden durch ihr virtuelles neues Bad.<br />

Vorne rechts ist die Duschkabine. Den<br />

Kopf leicht nach rechts gedreht, fällt<br />

der Blick auf das Waschbecken, das<br />

sich in der Hocke auch aus der Kinderperspektive<br />

betrachten lässt. Dann eine Kehrtwendung<br />

und ein paar Schritte nach vorne. Jetzt<br />

steht der „User“ unmittelbar vor der kühn geschwungenen<br />

Badewanne. Alles wirkt wie<br />

echt, und doch existiert dieses Bad noch nicht<br />

in der Wirklichkeit, sondern allein auf dem<br />

Rechner.<br />

Dank Raumbrille wird aus einer Planung per<br />

CAD (die Abkürzung steht für „computeraided<br />

design“) eine dreidimensionale Umgebung.<br />

Anders als im 3-D-Film aber spielt hier<br />

der beteiligte Zuschauer die Hauptrolle. Die<br />

Ansicht passt sich seinen Bewegungen perfekt<br />

an. Ein leichtgewichtiger Ring mit integrierter<br />

Videobrille um den Kopf, eine Kamera<br />

im Raum und eine spezielle Software sind die<br />

Schlüsselkomponenten.<br />

RIsIKostattfestanstellung<br />

Dass die virtuelle Realität neue Welten erobert,<br />

geht auf vier frisch gekürte Absolventen<br />

eines Ingenieurstudiums, Fachrichtung<br />

Elektrotechnik bzw. Informatik, an der Universität<br />

Ulm zurück. Die ehemaligen Kommilitonen<br />

Simon Singler, Fabian Weiss, Stefan<br />

Hörmann und Dominik Nuß hatten sich 2011<br />

während eines studentischen Wettbewerbs<br />

(Thema: „Autonomes Fahren“) näher kennengelernt,<br />

angefreundet und dann eher nebenher<br />

ihre Idee der Raumbrille entwickelt. Irgendwann<br />

wurde ihnen klar, dass darin<br />

Potenzial steckt für ein Start up. Risiko statt<br />

Festanstellung.<br />

Schlüsselerlebnisse bot die Teilnahme an einigen<br />

Fachmessen, etwa der Cebit, am Stand der<br />

Uni Ulm, erzählt Simon Singer aus der noch<br />

sehr jungen Firmengeschichte. Der Zuspruch<br />

Auf dem Weg zum Pferderennen nach Ascot?<br />

Von wegen. Immersight-Mitarbeiterin Pia Köpf<br />

erkundet ein virtuelles Bad mit der Raumbrille.<br />

44


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[machen]<br />

Gruppenbild (von links): aster-Student Christoph Reile und drei der Immersight-Gründer, Fabian<br />

Weiß, Simon Singler und Stefan Hörmann.<br />

also war da, das mögliche Anwendungsgebiet<br />

fand sich, als der Kontakt zu einem Stuttgarter<br />

Softwarehaus geknüpft wurde, das ein geeignetes<br />

Planungsprogramm im Angebot hatte.<br />

Binnen weniger Monate wurde aus der Idee<br />

und den Prototypen ein einsatzfähiges Produkt.<br />

Ihrer Firma, seit August 2013 GmbH,<br />

gab das Quartett den Namen Immersight, angelehnt<br />

an den Begriff der Immersion, der<br />

Identifikation mit einer virtuellen Welt. Und<br />

damit ist die nächste Phase angelaufen: die<br />

Suche nach Kunden.<br />

An dieser Stelle kommt Jürgen Maier ins<br />

Spiel, gelernter Fliesenleger mit kaufmännischer<br />

Ausbildung obendrauf. Vor einigen Monaten<br />

wagte auch<br />

er den Sprung in<br />

die Selbständigkeit,<br />

sein Fachgebiet<br />

sind Badplanungen.<br />

„Konzept3Zehn“<br />

nannte er sein<br />

kleines Geschäftslokal,<br />

das er ebenfalls<br />

im April in<br />

Badspezialist<br />

der Augsburger<br />

Jürgen Maier.<br />

Straße 5 in Neu-<br />

Ulm eröffnet hat.<br />

Maier ist für Immersight nicht irgendein Kunde,<br />

sondern: der erste mit einem rein virtuellen<br />

Schauraum – und damit quasi einem Labor:<br />

Wie reagiert der Endverbraucher auf das<br />

innovative Objekt? Für sein Büro für Badplanungen<br />

bedeutet es derzeit ein Alleinstellungsmerkmal,<br />

das Geschäftsmodell ist im<br />

Moment noch „work in progress“. Einnahmen<br />

generiert Maier erst, wenn ein größeres Projekt<br />

von der Ideenfindungs- und Planungsschließlich<br />

in die Umsetzungsphase tritt.<br />

eIneVoRlesungfehlte<br />

Tastend traten auch die jungen Diplomingenieure<br />

in die Welt der Wirtschaft. Denn die<br />

Entwicklung eines innovativen Produkts<br />

steht auf dem einen Blatt, dessen erfolgreiche<br />

Positionierung am Markt auf einem ganz anderen.<br />

„Die Vorlesung ‚Unternehmensgründung’<br />

gab’s an der Uni natürlich nicht“, erklärt<br />

dazu Simon Singler mit leicht ironischem<br />

Unterton. Die ermunternde Resonanz an den<br />

Messeständen ergab in der Summe eine<br />

Marktstudie und verstärkte den Mut. Ganz allein<br />

gelassen wurden die frisch gekürten Dipl-<br />

Ings dennoch nicht. Bis heute darf die junge<br />

Firma in Räumlichkeiten der Uni logieren<br />

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45


[machen] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

und deren Infrastruktur nutzen. Ihr „Prof“,<br />

Klaus Dietmayer, Direktor des Instituts für<br />

Mess-, Regel- und Mikrotechnik, erkannte das<br />

Potenzial der Entwicklung seiner Studenten,<br />

ebenso das Bundeswirtschaftsministerium. Es<br />

bedachte das Quartett mit einem Hauptpreis<br />

bei seinem Gründer-Wettbewerb: So konnte<br />

die GmbH aus der Taufe gehoben werden.<br />

VeRloRenIndeR3-d-Welt<br />

Die denkbaren Anwendungsszenarien der<br />

Raumbrille sind weit gespannt. Der Einrichtungsbereich<br />

ist lediglich eines von vielen<br />

möglichen Feldern. Das Thema Bad aber bildete<br />

nicht von ungefähr den Einstieg. Weil<br />

eine Investition kostspielig ist, sollten die<br />

Kundenerwartungen möglichst exakt getroffen<br />

werden. Innenarchitekten, aber auch Gebäudeplanern<br />

oder Ingenieuren brächten 3-D-<br />

Brillen ebenfalls Zusatznutzen. Per Raumbrille<br />

ins zukünftige Einfamilienhaus oder Cockpit.<br />

Doch aus betriebswirtschaftlicher Sicht<br />

schien es Immersight geboten, sich am Beginn<br />

erst einmal auf eine bestimmte Zielgruppe<br />

zu fokussieren, um dort den Markteintritt<br />

zu schaffen.<br />

Jürgen Maier mit seinem „Konzept3Zehn“<br />

wiederum hat die Brille bereits einige Aufträge<br />

eingebracht. Im Schaufenster bilden sie einen<br />

Eyecatcher, der Aufmerksamkeit bei<br />

Passanten weckt. Bei Vorführungen bleibt er<br />

immer in unmittelbarer Nähe. Vorsichtshalber.<br />

Es könnte ja sein, ein Kunde taucht unversehens<br />

völlig in die virtuelle Realität ein – und<br />

„vergisst“ dabei den realen Raum um sich herum<br />

– mit seinen Wänden, Möbeln und Ausstellungsgegenständen.<br />

[!]<br />

Thomas Vogel<br />

sofunktioniertdievirtuelleRaumbrille<br />

Erkundet ein Kunde das virtuelle Bad, bleibt Jürgen Maier dabei – damit keiner im realen Raum<br />

stolpert und sich weh tut.<br />

dietechnologie, die hinter der Raumbrille<br />

steckt, wird als „optisches Tracking“<br />

bezeichnet. Eine kleine, an der<br />

Decke montierte Kamera verortet den<br />

schwarzen, fünfeckigen Karbon­Ring, an<br />

dem sich auffallende, weiße Kugeln befinden.<br />

Mit Hilfe einer komplexen Software­<br />

Rechen formel werden nun 60 Mal pro<br />

Sekunde die exakte Position sowie die<br />

genaue Blickrichtung des Benutzers berechnet.<br />

Das alles geschieht in Echtzeit, weshalb<br />

der Benutzer keine Verzögerung spürt<br />

und mental perfekt in den virtuellen<br />

Raum eintauchen kann. Die Darstellung<br />

über die beiden Displays erfolgt dabei<br />

„stereoskopisch“: Alles in dem virtuellen<br />

Raum erscheint zum Greifen nah.<br />

Die Aktionsfläche für „Fußgänger“ ist<br />

derzeit noch auf sechs Quadratmeter<br />

limitiert. Zusätzlich steht eine Fernbedienung<br />

zur Verfügung, mit der sich der Nutzer<br />

durch größere virtuelle Räume<br />

bewegen kann.<br />

TV<br />

Wir gestalten mit<br />

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46


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[leben]<br />

Nicht ohne meine Frau<br />

Wenn der Küchenchef Sandburgen baut und die Diplom-Psychologin das Kartenspiel auspackt – dann ist<br />

Sommer! Ferienzeit! Stefan Loeffler wollte in unserer Umfrage von Führungskräften aus der Region wissen, wo<br />

und wie sie die schönsten Stunden im Jahr verbringen.<br />

Foto: © MIGUEL GARCIA SAAVED/Fotolia.com<br />

1) Welches ist Ihr Lieblingsreiseland und warum?<br />

2) Wohin ging Ihr erster selbstständiger Urlaub?<br />

3) Drei Dinge, die im Urlaub nicht zuhause bleiben.<br />

4) Drei Dinge, an die Sie im Urlaub nicht denken wollen.<br />

5) Bitte vervollständigen Sie diesen Satz:<br />

Zum Entspannen im Urlaub gehört für mich …<br />

6) Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie aus<br />

dem Urlaub zurückkommen?<br />

Fritz Lehmann (60) ist auch in<br />

der schönsten Zeit des Jahres<br />

nicht untätig und hilft schon<br />

einmal bei der Olivenernte. Der<br />

gelernte Bankkaufmann ist verheiratet,<br />

hat drei Kinder und ist<br />

seit 1998 Vorstandsvorsitzender<br />

der Raiffeisenbank Ehingen-<br />

Hochsträß eG.<br />

1) Schwierig zu sagen, weil es viele schöne Reiseziele gibt, die sich<br />

landschaftlich sehr unterscheiden. Mit vorne dabei ist sicherlich<br />

Kroatien für den Sommerurlaub mit Entspannung, gutem Essen<br />

und Kontakt zu den Menschen vor Ort. Gerne helfe ich auch schon<br />

einmal bei der Olivenernte. Dennoch liegt auch Deutschland hoch<br />

im Kurs, weil es viel Spaß macht, Radtouren entlang der verschiedenen<br />

Flüsse zu <strong>unternehmen</strong>. Hier ist der Weg das Ziel.<br />

2) Relativ spät, aber dann gleich per Flugzeug nach Tunesien - mit meiner<br />

damaligen Freundin und heutigen Ehefrau.<br />

3) Meine Frau, wir verbringen die Urlaube immer zusammen. Ein guter<br />

Zigarillo für einen entspannten Abend im Freien. Leider auch<br />

mein Handy – oftmals zum Leidwesen meiner Frau.<br />

4) Hier gibt es nichts Spezifisches – einfach ein bisschen Abstand gewinnen.<br />

5) … schöne Landschaft, gutes Essen, aromatischer Wein und neue Eindrücke<br />

von Land und Leuten.<br />

6) Auf das gute schwäbische Essen, meine Kinder und auf das Arbeiten<br />

mit meinen MitarbeiterInnen.<br />

Harald Laatsch taucht im Urlaub<br />

gern unter. Im Meer.<br />

Der 50-jährige Küchenmeister<br />

ist verheiratet, hat zwei Kinder<br />

und ist seit 1991 bei der<br />

Wilken GmbH als Bereichsleiter<br />

Casino eingestellt.<br />

1) Ägypten. Sehr freundliche Menschen, wunderbare Unterwasserwelt<br />

zum Tauchen und Schnorcheln, Sonnenschein mit Garantie,<br />

kurze Flugzeiten.<br />

2) Holland. 1981 war nicht nur mein erster selbstständiger Urlaub,<br />

sondern auch der erste gemeinsame Urlaub mit meiner Frau. Ich bin<br />

in dem Jahr 18 geworden und habe ein Auto gekauft. Mit diesem<br />

sind wir zu meiner Tante in Haarlem bei Amsterdam gefahren. Zur<br />

Nordsee waren es mit geliehenen Rädern nur wenige Kilometer. Unvergesslich<br />

für mich sind die langen Spaziergänge im Wattenmeer<br />

und die vielen Sandburgen, die wir zum Schutz gegen den Wind<br />

gebaut haben.<br />

3) Meine Frau, ein spannender Roman und meine Lesebrille.<br />

4) Arbeit, Aktienkurse, mögliche Gewichtszunahme durch Faulenzen.<br />

5) … ausreichend Liegen und Sonnenschirme am Strand, gutes Essen,<br />

freundliches Hotelpersonal.<br />

6) Auf das Wiedersehen mit meinen Kindern, das eigene Bett und<br />

frisch gebackenes Brot von meiner Frau.<br />

47


[rubrik] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Foto: © 2013 Artur Kotowski/Fotolia.com<br />

Die einen lieben Kroatien (im Bild die Makarska-Bucht), die anderen Portugal , Italien oder Brasilien – oder einfach schöne Plätze auf der ganzen Welt.<br />

Ein Glas Weißwein am Strand<br />

gehört für Caroline Schwarz<br />

zu einem wunderbaren Urlaub.<br />

Die 48-Jährige hat zwei Töchter<br />

und leitet seit 2013<br />

die Ehinger-Schwarz GmbH &<br />

Co. KG.<br />

1) Welches ist Ihr Lieblingsreiseland und warum?<br />

2) Wohin ging Ihr erster selbstständiger Urlaub?<br />

3) Drei Dinge, die im Urlaub nicht zuhause bleiben.<br />

4) Drei Dinge, an die Sie im Urlaub nicht denken wollen.<br />

5) Bitte vervollständigen Sie diesen Satz:<br />

Zum Entspannen im Urlaub gehört für mich …<br />

6) Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie aus<br />

dem Urlaub zurückkommen?<br />

1) Brasilien, weil ich dort noch nie war! Ich stelle mir Brasilien aufregend<br />

und sexy vor. Zudem gibt es dort die schönsten Edelsteine –<br />

und die schönsten Strände.<br />

2) Nach Griechenland mit meiner besten Freundin. Es fing schon damit<br />

an, dass wir den Taxifahrer runterhandeln wollten und der einfach<br />

ohne uns weiterfuhr. Wir sind dann auf die Insel Hydra geschippert<br />

und haben uns ständig versichert, wie schön wir alles<br />

fänden, was wir aber anfangs gar nicht taten. Dann wurde alles fantastisch,<br />

denn wir waren jung und dachten, dass uns die Welt zu<br />

Füßen liegt – und so fühlte sich dieser Urlaub wie ein Wham-Video-<br />

Clip an!<br />

3) Ich habe so etwas wie eine feste Liste nie! Natürlich achte ich darauf,<br />

dass ich ausgefallenen Schmuck dabei habe, hohe Schuhe und schöne<br />

Sachen. Was ich fast immer vergesse, sind der Pyjama und meine<br />

Lesebrille.<br />

4) An diese drei Dinge denke ich auch im Alltag nicht! Ich bin voll und<br />

ganz davon überzeugt, dass man immer positive Gedanken hegen<br />

und pflegen soll.<br />

5) ... ein Glas Weißwein am Strand, barfuß gehen, ein gutes Buch, einfach<br />

mal Zeit für Dummheiten zu haben und die Zahl 5 gerade sein<br />

lassen.<br />

6) Auf meine verrückte Familie, meine Freundinnen, meine Tiere,<br />

mein Bett und natürlich meine Mitarbeiter, mit denen ich schließlich<br />

die meiste Zeit verbringe.<br />

Zeit und Muße sind für<br />

Rainer Utz das Wichtigste im<br />

Urlaub. Der 56-Jährige ist seit 37<br />

Jahren Inhaber und Geschäftsführer<br />

der Utz GmbH & Co. KG<br />

in Ochsenhausen.<br />

1) Italien wegen der Lebensart -– und die Schweiz der Berge wegen und<br />

der kultivierten Gastlichkeit.<br />

2) Mit 18 mit dem Firmen-VW Bus und Freunden an die Loire zum<br />

Paddeln. Es waren Spaß und Abenteuer pur!<br />

3) Meine Frau – und wenn es das Ziel erlaubt, meine Sportutensilien<br />

wie Laufschuhe und Bike.<br />

4) An das Geschäft, an nicht gelöste Probleme (nimmt man leider<br />

meist mit) und an terminliche Verpflichtungen.<br />

5) … Zeit und Muße zu haben und keinen festen Plan.<br />

6) Auf unser Zuhause und ein geselliges Zusammensein mit Familie<br />

und Freunden.<br />

48


<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />

[rubrik]<br />

Ist Claudia Kastner (40) in<br />

Portugal, würde sie manchmal<br />

am liebsten nicht mehr heimfliegen.<br />

Die Selbstständige berät<br />

Firmen im Bereich Office<br />

Management und ist seit 2012<br />

die erste Vorsitzende des<br />

Forums für Unternehmerinnen<br />

und Gründerinnen e.V.<br />

1) Portugal. Normalerweise finde ich es okay, nach 14 Tagen wieder<br />

nach Hause zu dürfen, aber in Portugal könnte ich das Heimfliegen<br />

glatt vergessen.<br />

2) Wir waren schon früher immer wieder mit der Jugend unterwegs,<br />

der erste längere Trip ging 14 Tage mit der Jugendgruppe nach Südfrankreich<br />

in die Tarnschlucht. Mein erster Hotelurlaub war auf<br />

Lanzarote, was einen leichten Kulturschock ausgelöst hat, da ich<br />

noch nie als Touristin unterwegs war, sondern immer nur abseits<br />

der Touristenpfade.<br />

3) Flip-Flops, Reise- und Sprachführer, Kreditkarte.<br />

4) Termine, To-Do-Listen, das wachsende Unkraut im Garten.<br />

5) … gleich nach dem Aufstehen eine Tasse Kaffee auf der Terrasse mit<br />

Blick auf das Meer oder die Landschaft und völlige Ruhe.<br />

6) Auf die eigenen vier Wände, denn „Dahoam is dahoam“.<br />

Alexandra Stork hat in den<br />

Ferien immer Wanderschuhe<br />

und ein Kartenspiel dabei.<br />

Die 37-jährige Diplom-Psychologin<br />

ist seit Dezember 2013<br />

Regionalleiterin der Caritas<br />

Region Ulm und lebt mit ihrem<br />

Mann und zwei Kindern<br />

in Kirchheim/Teck.<br />

1) Es ist an vielen Orten so schön, und ich habe schon an ganz unterschiedlichen<br />

Orten eine gute Zeit verbracht. Bis vor einem Jahr wäre<br />

es mir ganz unpassend erschienen, ein „Lieblingsland“ zu küren.<br />

Grundsätzlich bin ich ganz verliebt in den Bodensee, und der ist<br />

nach wie vor nur schwer zu toppen. Aber unser letzter Urlaub ging<br />

nach Schweden, in das Land von Pippi Langstrumpf, Michel aus<br />

Lönneberga, der langen Sommertage und unendlich viel Weite. Unfassbar<br />

schön!<br />

2) Mit dem Auto nach Frankreich zu „meiner“ Austauschschülerin<br />

und ihrer Familie. Es war aufregend und wunderbar.<br />

3) Bücher. Wanderschuhe. Kartenspiel.<br />

4) Zeit. Bügelwäsche. An all das, was ich alles noch tun wollte, bevor es<br />

losging.<br />

5) … ein Lagerfeuer am Abend.<br />

6) Wieder Kuchen backen zu können und diejenigen wiederzusehen,<br />

die nicht dabei waren.<br />

»Kochen isT eine KUnsT Und<br />

Keineswegs die UnbedeUTendsTe.«<br />

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49


[namen & nachrichten] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Drei Haare,<br />

33 Jahre, 1200<br />

Absolventen<br />

Im Leben im Allgemeinen und<br />

in der Betriebswirtschaft ist vieles<br />

relativ. „Drei Haare auf dem<br />

Kopf sind<br />

wenig, drei<br />

Haare in der<br />

Suppe viel.“<br />

Mit solchen<br />

Erklärungen<br />

wollte Prof.<br />

War für viele das<br />

Gesicht der BA:<br />

Karl-Heinz Busam.<br />

Karl-Heinz<br />

Busam aus<br />

Baindt<br />

(Kreis Ravensburg)<br />

seine Studenten nicht nur zum<br />

Schmunzeln bringen, sondern<br />

ihnen vielmehr ein Gespür für<br />

Zahlen und Größenordnungen<br />

auf den Weg mitgeben. Von<br />

1981 bis im Frühsommer <strong>2014</strong><br />

war er an der Berufsakademie<br />

Ravensburg und später an der<br />

Dualen Hochschule Ravensburg<br />

Studiengangsleiter BWL-<br />

Industrie. Bei seinem Start zählte<br />

die dortige BA gerade einmal<br />

220 Studenten. Viele Unternehmen<br />

musste er erst von der neuen<br />

Studienform überzeugen,<br />

„und Klinken putzen“, wie er<br />

bei seinem Abschied in den Ruhestand<br />

erzählte. Er leistete Pionier-<br />

und Aufbauarbeit. Heute<br />

studieren an der DHBW Ravensburg<br />

3900 Studenten. „Für<br />

mich haben Sie die BA personifiziert:<br />

Sie waren das Gesicht<br />

Gerlinde Kretschmann<br />

betätigte sich<br />

bei der Tunneltaufe<br />

in Dornstadt als<br />

Baggerführerin.<br />

Ein Tunnel namens Gerlinde<br />

der Hochschule“, sagte Manfred<br />

Romer, ehemaliger Ausbildungsleiter<br />

der ZF Friedrichshafen<br />

AG. In seinen 33 Jahren in<br />

Ravensburg hat Busam 1200<br />

Absolventen ausgebildet. Viele<br />

von ihnen tragen heute als Führungskräfte<br />

Verantwortung in<br />

Unternehmen zwischen Ulm<br />

und dem Bodensee. Zu seinen<br />

prominenten Schützlingen gehören<br />

Roland Zey, Direktor von<br />

Mercedes Benz in Argentinien,<br />

der Bundestagsabgeordnete<br />

Thomas Bareiss (CDU) und Pater<br />

Tutilo, der Abt des Klosters<br />

Beuron.<br />

AMB<br />

Stadt Ulm<br />

kanzelt Studie zu<br />

Großprojekt ab<br />

Der Streit um das Ulmer Projekt<br />

Sedelhöfe reißt tiefe Gräben<br />

zwischen Teilen des Handels<br />

und der Stadtverwaltung. Bis<br />

zum Jahr 2016 sollen gegenüber<br />

des Hauptbahnhofs 18.000<br />

Quadratmeter zusätzliche Einzelhandelsflächen<br />

entstehen.<br />

Im Grundsatz begrüßt der Ulmer<br />

Handel das Projekt. Manche<br />

Läden befürchten aber Frequenzverluste.<br />

Einer Studie der<br />

Rund 200 Tunnelbauer der Arbeitsgemeinschaft<br />

Züblin/Max Bögel arbeiten rund um die<br />

Uhr am 5,9 Kilometer langen Albabstiegstunnel<br />

zwischen Dornstadt und Ulm. Etwa 250<br />

Millionen Euro kostet dieser Teil der Eisenbahn-Neubaustrecke<br />

von Ulm nach Wendlingen,<br />

für die insgesamt 3,3 Milliarden Euro veranschlagt<br />

werden. Gerlinde Kretschmann,<br />

Ehefrau des baden-württembergischen Ministerpräsidenten,<br />

ist Namensgeberin des Tunnels.<br />

Sie setzte sich in den Bagger und hatte<br />

bei der Tunneltaufe sichtlich Spaß.<br />

Hochschule Ostfalia (Bielefeld)<br />

zufolge könnten diese bis zu 30<br />

Prozent betragen. Die Stadt akzeptiert<br />

die Studie aber nicht<br />

und will nicht auf Änderungswünsche<br />

eingehen. Baubürgermeister<br />

Alexander Wetzig sagte,<br />

es gehe darum, die Attraktivität<br />

der Innenstadt als Ganzes zu<br />

stärken. Das werde die Stadt<br />

auch gegen Widerstand tun.<br />

Die Studie tat er als „penible<br />

Fleißarbeit“ ab, die sich für ein<br />

studentisches Oberseminar eigne.<br />

Damit hat Wetzig den Streit<br />

um das 130-Millionen-Euro-Projekt<br />

kräftig angeheizt. [!]<br />

[impressum]<br />

Verlag/Herausgeber<br />

Neue Pressegesellschaft<br />

mbH & Co. KG<br />

Frauenstraße 77, 89073 Ulm<br />

Geschäftsführer:<br />

Thomas Brackvogel<br />

Redaktion<br />

Alexander Bögelein (verantw.),<br />

Irmgard Städele,<br />

Anschrift wie Verlag<br />

Anzeigen<br />

Dr. Thomas Baumann<br />

(verantwortlich)<br />

Anschrift wie Verlag<br />

Gestaltung<br />

Alen Pahic (Art Director)<br />

Bozena Demski (Bild)<br />

Fotos Oliver Schulz (Titel + Titelinterview),<br />

Marc Hörger,<br />

Volkmar Könneke, Getty Images,<br />

imago/Klaus Haag, Privat,<br />

Archiv<br />

Druck<br />

Druck- und Verlagsgesellschaft<br />

Bietigheim mbH<br />

Kronenbergstraße 10<br />

74321 Bietigheim-Bissingen<br />

Objektleitung<br />

Tobias Lehmann<br />

Telefon 0731 156-515, Fax 481<br />

<strong>unternehmen</strong>@swp.de<br />

Mediaberatung<br />

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Auflage: 15 000 Exemplare<br />

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2. Oktober <strong>2014</strong><br />

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