unternehmen Juli 2014
unternehmen Juli 2014
unternehmen Juli 2014
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Das Wirtschaftsmagazin im Südwesten Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> | 3,00 €<br />
4 197821 303000 4 0<br />
Wir stellen alles<br />
auf den Kopf<br />
Die Studenten der Zeppelin Universität wissen, dass<br />
sie nichts wissen und hinterfragen die Welt. Warum<br />
das gut ist, erklärt ZU-Präsident Stephan Jansen.<br />
Finanzierung Wie viel Fremdkapital ein Familien<strong>unternehmen</strong> verträgt SEITE 20<br />
Personal Die kleine Chef-Schule. Auf was Vorgesetzte achten müssen SEITE 34<br />
Umfrage Was so alles zu den perfekten Ferien gehört SEITE 47
Festnetz, Mobil, Internet, Vernetzung<br />
und Rechenzentrum aus einer Hand.<br />
ein Partner für<br />
erfolgreiche<br />
Kommunikation<br />
geschaeftskunden@m-net.de<br />
www.m-net.de<br />
Kostenlos<br />
informieren<br />
unter:<br />
0800 7767887
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[inhalt]<br />
Liebe Leserin, Lieber Leser,<br />
Alexander Bögelein,<br />
Redaktionsleiter<br />
<strong>unternehmen</strong> [!]<br />
viele Chefs wollen vor allem eines: dass ihre<br />
Mitarbeiter funktionieren. Einfühlsamkeit<br />
bleibt oft auf der Strecke – mit teils fatalen<br />
Folgen, wie unsere Geschichte „Die kleine<br />
Chef-Schule“ (Seite 34) zeigt. Überhaupt<br />
lautet die Frage: Was zeichnet einen guten<br />
Manager aus? Professor Dr. Stephan Jansen,<br />
Präsident der Zeppelin Universität in Friedrichshafen,<br />
hat darauf im Titelinterview<br />
(Seite 10) eine Antwort parat und erklärt,<br />
warum es so wichtig ist, dass seine Absolventen<br />
sich und ihr Tun hinterfragen. Das<br />
sollten auch viele Inhaber kleiner Betriebe<br />
machen, die im Werben um Fachkräfte und<br />
Auszubildende schon heute leer ausgehen.<br />
Da ist viel Kreativität gefragt (Seite 40).<br />
Angesichts solcher Herausforderungen<br />
brauchen Chefs Erholung. In unserer Umfrage<br />
( Seite 47) verraten Führungskräfte, wie<br />
ihr perfekter Sommerurlaub aussieht. Ich<br />
wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!<br />
Ihr Alexander Bögelein<br />
[verantworten]<br />
6 Der Gipfel des Glücks: helfen können<br />
Gutes Tun leicht gemacht – Stiftungen<br />
[titelthema]<br />
10 Meine Absolventen sind kleine<br />
bomben Uni-Präsident Stephan Jansen<br />
im Gespräch<br />
[finanzieren]<br />
20 Luft für den Aufstieg Fremdkapital<br />
kann Familien<strong>unternehmen</strong><br />
weiterbringen<br />
24 Wozu Technik selber kaufen?<br />
Mehr als nur Leasing – CHG Meridian<br />
operiert weltweit<br />
[machen]<br />
28 Der Zauber der geraden naht<br />
Bei Erpo ist man gut gepolstert<br />
39 Kunst auf Messers schneide<br />
Kostbare Klingen aus dem Unterallgäu<br />
42 schätze aus dem silbersee<br />
Aluschmelzer Oetinger – leichter Stoff<br />
aus heißen Öfen<br />
44 Per Kopfkino ins neue bad Raumbrille<br />
macht virtuelle Welten greifbar<br />
[spezial]<br />
30 Klar zum start Existenzgründung ohne<br />
Bruchlandung<br />
40 e in Auto für den Zimmermann<br />
So klappt‘s mit dem Nachwuchs<br />
[führen]<br />
34 Die kleine Chef-schule Von gesundem<br />
Führungsstil profitieren alle<br />
[leben]<br />
47 n icht ohne meine Frau Umfrage unter<br />
Führungskräften zu ihren Urlaubsplänen<br />
[namen & nachrichten]<br />
4 Chancen für Mittelstand und<br />
Handwerk<br />
5 Königliche ehre für Uzin Utz<br />
19 b lumenwiesen als Projekt<br />
50 ein Tunnel namens Gerlinde<br />
50 Impressum<br />
20 44<br />
34 6<br />
30<br />
3
[namen & nachrichten] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Chancen für Mittelstand und Handwerk<br />
Der Präsident des Baden-Württembergischen<br />
Industrie- und<br />
Handelskammertags (BWIHK),<br />
Dr. Peter Kulitz, hat im Rahmen<br />
einer Delegationsreise mit Finanz-<br />
und Wirtschaftsminister<br />
Nils Schmid (SPD) die Mongolei<br />
erkundet. Bisher sind in dem<br />
Land, das zwischen China und<br />
Russland liegt, erst rund 80 Südwest-Firmen<br />
engagiert. Die Mongolei<br />
ist 4,5-mal größer als<br />
Deutschland, hat aber nur 3,2 Millionen<br />
Einwohner. Das Land sitzt<br />
auf hohen Rohstoffvorkommen,<br />
darunter Gold, Kupfer, Kohle und<br />
Seltene Erden. Doch die Investoren<br />
halten sich zurzeit zurück. So<br />
fällt das Fazit des BWIHK-Präsidenten<br />
aus:<br />
BWIHK-Präsident Peter Kulitz mit Kriegsveteranen vor dem Regierungsgebäude<br />
in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator. Foto: Christof Sage<br />
Wie sind die Marktchancen für<br />
Mittelständler aus dem Südwesten<br />
in der Mongolei?<br />
Die Reputation baden-württembergischer<br />
Firmen mit ihrer Spitzentechnologie<br />
hat bei den Mongolen<br />
einen kaum zu überbietenden<br />
Stellenwert. Aber in<br />
Anbetracht der geringen Bevölkerungszahl<br />
sind volumenmäßig<br />
die Absatzchancen limitiert. Gefragt<br />
sind deutsche Handwerker,<br />
die dort schnell etwas aufbauen<br />
und guten Erfolg erzielen können.<br />
Neben Fahrzeugen der Premiumklasse<br />
haben Maschinen und Anlagen<br />
aus Baden-Württemberg<br />
dann gute Chancen, wenn modernste<br />
Fertigungseinrichtungen<br />
gebraucht werden. Bisher allerdings<br />
liegt der Fokus der mongolischen<br />
Wirtschaft auf der Gewinnung<br />
der reichlich vorhandenen<br />
Rohstoffe. Beratungsleistung im<br />
Bergbau ist nachgefragt, trifft aber<br />
nicht das vorrangige Angebot aus<br />
unserem Bundesland.<br />
Was könnten die größten<br />
Hemmnisse sein?<br />
Mangelnde Vertragstreue, problematische<br />
Rechtsprechung, daher<br />
keine Rechtssicherheit, und eine<br />
weit verbreitete Korruption auch<br />
in der Verwaltung.<br />
Sie hatten Kontakt zu einheimischen<br />
Jungunternehmern,<br />
wie ist Ihr Eindruck?<br />
Der Elan und das Engagement der<br />
jungen Unternehmer sind enorm.<br />
Der Drang zur Selbstständigkeit<br />
ist hoch, Loyalität zum Arbeitgeber<br />
scheint im Gegenzug aber<br />
eher gering ausgeprägt zu sein. Im<br />
Übrigen wird die Wirtschaft in<br />
hohem Maße von Familienclans<br />
und deren Firmengruppen beherrscht.<br />
Die in diesen Strukturen<br />
integrierten jungen Unternehmer<br />
entfalten eine beachtliche Dynamik<br />
und nutzen ihre Chancen.<br />
Ihr Sohn war als Vertreter Ihres<br />
Familien<strong>unternehmen</strong>s Esta<br />
mit dabei und hat an den<br />
Deutsch-Mongolischen-Kooperationstagen<br />
teilgenommen.<br />
Haben sich konkrete Projekte<br />
ergeben?<br />
Nein, das haben wir auch bei einem<br />
Erstbesuch nicht erwartet. Er<br />
war im Übrigen auch als Vorstandsmitglied<br />
der Wirtschaftsjunioren<br />
Deutschland (WJD) dabei<br />
und kennt aus früheren Begegnungen<br />
bereits eine Reihe dieser<br />
jungen Mongolen, die allesamt<br />
Mitglieder der Junior Chamber<br />
Mongolia (JCI) sind. Aus der<br />
jüngsten Begegnung hat sich eine<br />
Partnerschaftsvereinbarung der<br />
dortigen Jungunternehmerorganisation<br />
mit den Baden-Württembergischen<br />
Wirtschaftsjunioren<br />
angebahnt. [!] KAREN EMLER<br />
„Bedenklicher Trend zur Verlagerung“<br />
Der Kampf um Marktanteile auf<br />
dem Pharmamarkt wird härter.<br />
„In der Generikaindustrie ist ein<br />
deutlicher Trend der Verlagerung<br />
der Produktion nach Osteuropa<br />
und Asien zu erkennen“, sagte<br />
Teva-Deutschlandchef Markus<br />
Leyck Dieken bei einem Besuch<br />
von Nils Schmid, dem badenwüerttembergischen<br />
Finanz- und<br />
Wirtschaftsminister, in Ulm. Der<br />
immense Preisdruck durch die<br />
Rabattverträge der Krankenkassen<br />
verstärke diesen Trend. Jetzt<br />
sei jedoch ein Punkt erreicht, bei<br />
dem sich Krankenkassen und<br />
Arzneimittelhersteller über eine<br />
sinnvolle Ausgestaltung verständigen<br />
sollten. Denn Forschung<br />
finde langfristig nur dort statt,<br />
wo neue Techniken in der Produktion<br />
umgesetzt werden.<br />
Teva Deutschland (Ulm) produziert<br />
innovative Arzneimittel,<br />
freiverkäufliche Präparate sowie<br />
Nachahmerprodukte. Rund 3140<br />
Mitarbeiter verteilen sich auf die<br />
Standorte Ulm, Blaubeuren/Weiler<br />
und Berlin. Insgesamt beschäftigt<br />
der israelische Teva-<br />
Konzern 45.000 Mitarbeiter. Der<br />
Umsatz betrug 2013 rund 20,3<br />
Milliarden US-Dollar (14,8 Milliarden<br />
Euro). [!]<br />
AMB<br />
Hermann Allgaier (rechts) und Teva-Deutschlandchef Markus Leyck Dieken<br />
erklärten Finanzminister Schmid (Mitte) die Biotech-Produktion in Ulm.<br />
4
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[namen & nachrichten]<br />
Königliche Ehre für Uzin Utz<br />
Gruppenbild mit Königin (von links): Hofdame Lieke Gaarlandt-van Voorst van Beest, Unipro-Geschäftsführer Gerben<br />
Bouwmeester, die Kommissarin des Königs, Anke Bijleveld-Schouten, Königin Máxima, Vorstandsvorsitzender<br />
Werner Utz, Unipro-Geschäftsführer Frank ter Beke, der Finanzchef der Uzin Utz AG, Thomas Müllerschön, sowie<br />
der Adjutant des Königs, Luitenant Kolonel Timo Beaufort.<br />
Der Ulmer Bodenspezialist Uzin<br />
Utz AG geht beim Thema Nachhaltigkeit<br />
voran. Im niederländischen<br />
Haaksbergen feierte das<br />
Unternehmen die Eröffnung der<br />
„Grünsten Fabrik“ Europas. Mit<br />
von der Partie und dazu passend<br />
im grünen Kleid: die niederländische<br />
Königin Máxima.<br />
Zwei Stunden habe die Zeremonie<br />
mit Máxima gedauert, erzählt<br />
Werner Utz. Der Chef der börsennotierten<br />
Uzin Utz AG hielt sich<br />
bei dem Anlass im Hintergrund.<br />
Denn offiziell waren die beiden<br />
Geschäftsführer der Tochtergesellschaft<br />
Unipro die Gastgeber.<br />
Sie klärten mit dem Königshaus<br />
vorab, wie der Besuch ablaufen<br />
soll. Während in den Niederlanden<br />
und in England alle per Du<br />
seien, gab es im Fall von Máxima<br />
folgende Anweisung: Sie sei mit<br />
„Majestät“ und mit „Sie“ anzusprechen,<br />
erzählt Utz. „Sie war<br />
auffallend gut informiert über<br />
das Unternehmen.“ Sie habe<br />
auch über das Engagement der<br />
beiden Söhne von Werner Utz im<br />
Unternehmen Bescheid gewusst.<br />
<strong>Juli</strong>an Utz (33) ist Geschäftsführer<br />
der Wolff GmbH & Co. KG<br />
(Tochtergesellschaft, Entwickler<br />
und Produzent von Maschinen<br />
und Werkzeugen für die Bodenbelagsentfernung,<br />
und -verlegung<br />
mit Sitz in Vaihingen/Enz) .<br />
Philipp Utz (33) baut als Präsident<br />
einer US-Tochtergesellschaft<br />
gerade in Dover (US-Bundesstaat<br />
Delaware) die dortige<br />
Produktion auf.<br />
Bevor der von den beiden Geschäftsführern<br />
eingefädelte Besuch<br />
stattfand, wurde über dessen<br />
Ablauf gesprochen. Alles sei<br />
sehr locker über die Bühne gegangen,<br />
sagt Utz, der sich über die<br />
Außenwirkung des Besuchs<br />
freut. „Wir sind in ganz Holland<br />
als Unternehmen bekannt.“ In<br />
der Fabrik werden Kunstharzbeschichtungen<br />
und Bodenbelagsklebstoffe<br />
hergestellt. Das Besondere<br />
dabei: Verwaltung und<br />
Produktion sind unter einem<br />
Dach. Die Umweltbilanz fällt wegen<br />
der ausgeklügelten Heizung<br />
sehr gut aus: einer Kombination<br />
aus Pelletheizung und Erdwärme<br />
in Verbindung mit einer Wärmepumpe.<br />
Sowohl der Betrieb des<br />
Gebäudes als auch die Produktion<br />
am Standort Haaksbergen<br />
sind CO2-neutral. Beim Bau des<br />
Gebäudes wurden recycelte und<br />
wiederverwendbare Materialien<br />
wie Beton, Bitumen , Aluminium<br />
oder Eisen verwendet. Zudem<br />
sorgen natürliche Materialien<br />
wie Holz, Sedum, Moos oder Oliven<br />
für eine gute Isolierung sowie<br />
biologische Vielfalt. Im Zertifizierungsverfahren<br />
erhielt das<br />
Gebäude die Note 8,66, die Bestnote<br />
ist 10. Die Uzin Utz AG erzielte<br />
zuletzt mit knapp 1000<br />
Mitarbeitern einen Umsatz von<br />
217 Millionen Euro. [!] OS<br />
13 neue Genossenschaften Kammer sucht Chef<br />
Im Südwesten haben sich im ersten<br />
Halbjahr 13 neue Genossenschaften<br />
gegründet. Damit seien<br />
in den vergangenen zehn Jahren<br />
rund 250 neue Genossenschaften<br />
entstanden, teilte der Baden-<br />
Württembergische Genossenschaftsverband<br />
mit. Darunter<br />
sind unter anderem Energiegenossenschaften,<br />
Dorfläden und<br />
Zusammenschlüsse von Ärzten.<br />
Die 343 landwirtschaftlichen Genossenschaften<br />
erwirtschafteten<br />
im Südwesten zuletzt knapp 3,7<br />
Milliarden Euro Jahresumsatz.<br />
Sie erzeugen unter anderem<br />
Wein, Getreide, Obst, Gemüse<br />
und Milch. [!]<br />
PAU<br />
18.000 Betriebe, mehr als 100.000<br />
Arbeitsplätze. Die Handwerkskammer<br />
Ulm, deren Gebiet sich<br />
von der Ostalb bis zum Bodensee<br />
erstreckt, braucht einen neuen<br />
Präsidenten. Denn Anton Gindele<br />
(65), Schreinermeister aus Horgenzell<br />
(Kreis Ravensburg), hört<br />
auf. Bisher gibt es offiziell keine<br />
Bewerber für die Wahl am 30.<br />
September. Der neue Präsident<br />
wird aus dem Kreis von 26 Kandidaten<br />
kommen, auf die sich die<br />
Kreishandwerkerschaften Ulm,<br />
Heidenheim, Ostalb, Biberach,<br />
Ravensburg und Bodensee für die<br />
Wahl zur Vollversammlung, verständigt<br />
haben. [!]<br />
AB<br />
5
[rubrik] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Am Ziel der Klettertour, über den Wolken – das schärft den Blick fürs Wesentliche: Stefan Glowacz mit Kletterfreund Holger Heuber (stehend).<br />
DerGipfeldesGlücks:helfenkönnen<br />
Wer ganz oben ist, kann alle Fünfe gerade sein und es sich selber gut gehen lassen. Kann, muss aber nicht. Viel mehr<br />
Freude spendet eine Stiftung. Und Sinn stiftet es obendrein. Wie man es richtig angeht …<br />
Stefan Glowacz ist Extremkletterer. In<br />
seinem aktuellen Kino-Film spielt er<br />
einen Bergsteiger, der Expeditionen im<br />
Dreiländereck von Brasilien, Venezuela und<br />
Guyana unternimmt. Der gebürtige Oberbayer<br />
lebt ein Leben der Extreme. „Genau die sind<br />
es, die das Leben prägen“, sagt der 49-jährige<br />
Vater von drei Kindern.<br />
Seine Leidenschaft für die Berge entstand<br />
früh. Als er fünf war, zogen seine Eltern nach<br />
Oberau bei Garmisch-Partenkirchen. Klettern<br />
war für ihn stets nicht nur eine körperliche,<br />
sondern auch eine mentale Herausforderung,<br />
erzählt er. „Als Kind hatte ich Angst vor dem<br />
Alleinsein. Trotzdem suchte ich schon sehr<br />
früh die Konfrontation und bin gegen den<br />
Strom geschwommen.“ Glowacz ist davon<br />
überzeugt, dass jeder Mensch für sein Lebensglück<br />
selbst verantwortlich ist. „Viele von uns<br />
befinden sich in der komfortablen Lage, zahlreiche<br />
Gestaltungsmöglichkeiten zu haben.“<br />
Für herzkranke Kinder gilt das nur eingeschränkt.<br />
Deshalb unterstützt der Kletterer<br />
als „Botschafter“ die Stiftung „KinderHerz“.<br />
HilfreicHeSGänSeblümcHen<br />
Auch die Ulmer Unternehmerfamilie Nething<br />
hat Gestaltungsmöglichkeiten. 2010 riefen<br />
Brigitte und Frieder Nething die Privatstiftung<br />
„Gänseblümchen“ ins Leben. Vom eigenen<br />
Glück etwas an die Gesellschaft weiterzugeben<br />
– das trieb die Architekten an. Neben<br />
dem Stammhaus in Ulm/Neu-Ulm hat die<br />
Nething-Gruppe Büros in Günzburg, Stuttgart,<br />
Leipzig und Berlin. „Nicht jedes Kind hat<br />
das Glück, ein Bergkind zu sein. Unser Ziel ist<br />
es daher, Kindern aus sozial schwachen Familien<br />
mit gemeinnützigen Institutionen die<br />
Teilhabe an Kultur und damit ein neues Leben<br />
zu ermöglichen“, erklärt die Stiftungsvorsitzende<br />
Petra Nething (47). Bei der Auswahl der<br />
Kinder helfen Schulen, Sozialarbeiter und Jugendämter.<br />
„Damals gab es keine vergleichbare<br />
Organisation in der Region. Meine Eltern<br />
haben die Stiftung aus dem Wissen heraus gegründet,<br />
dass zum Umstand, in eine bestimmte<br />
Lebenssituation hineingeboren zu werden,<br />
wohl einfach nur Glück gehört“, erzählt die<br />
gelernte Architektin. Fast ein Fünftel der Ulmer<br />
Kinder wächst in schwierigen Verhältnissen<br />
auf. Viele Eltern sind einfach nicht in der<br />
Lage, ihre Kinder auf dem Weg ins Leben zu<br />
fördern.<br />
Petra Nething entwickelt 20 Projekte im Jahr,<br />
die von anderen gemeinnützigen Organisationen<br />
umgesetzt werden. Für die Kinder ist die<br />
Teilnahme kostenlos, es fällt höchstens ein<br />
geringer Eigenbetrag an. Die Stiftungsgelder<br />
werden projektbezogen gewährt. Finanziert<br />
wird das Ganze über Spenden und über die<br />
6
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[verantworten]<br />
VieleStiftungsarten<br />
Partner auf<br />
Augenhöhe<br />
Kopiersysteme<br />
» Multifunktionale Systeme<br />
» Managed Print Services<br />
» Dokumentenmanagement<br />
» Analyse & Optimierung<br />
Die Stiftung Gänseblümchen fördert kreative Angebote für benachteiligte Kinder.<br />
DerbegriffStiftung ist per Gesetz nicht<br />
definiert. Er ist nur ein Oberbegriff für eine<br />
Vielfalt von Körperschaften, die im privaten,<br />
öffentlichen und kirchlichen Recht<br />
verankert sein können. Zu den wichtigsten<br />
Rechtsformen gehören die rechtsfähige<br />
Stiftung bürgerlichen Rechts, die<br />
Stiftungs-GmbH oder die Treuhandstiftung.<br />
Der Prototyp einer Stiftung und die<br />
mit Abstand am häufigsten verwendete<br />
Form ist die rechtsfähige Stiftung bürgerlichen<br />
Rechts. Sie ist das klassische<br />
Werk zeug zur Verwirklichung eines auf<br />
Dauer angelegten Zwecks und untersteht<br />
der staatlichen Stiftungsaufsicht. Zu den<br />
gebräuchlichsten Stiftungstypen zählen<br />
die Bürger- und Familienstiftungen sowie,<br />
kirchliche und öffentlich-rechtliche Stiftungen.<br />
Zu den eher speziellen Stiftungsgründungen<br />
zählen unter anderem <strong>unternehmen</strong>sverbundene<br />
Stiftungen wie<br />
Beteili gungs trä ger und Unternehmensträgerstiftungen,<br />
die an einer Gesellschaft<br />
beteiligt sind.<br />
SC<br />
IT-Lösungen<br />
» IT-Infrastruktur & Sicherheit<br />
» Medien- & Konferenztechnik<br />
» Cloud-Dienste & Storage<br />
» Virtualisierungskonzepte<br />
Vermietung von Kunstgegenständen: Zugunsten<br />
der Stiftung trennte sich das Ehepaar<br />
Nething von rund 300 Stücken aus 40 Jahren<br />
Sammlerleidenschaft. Etwa 60.000 Euro können<br />
so jährlich ausgeschüttet werden. „Das<br />
macht uns sehr froh und darüber hinaus immer<br />
wieder bewusst, dass wir nicht allein leben<br />
auf der Welt. Wenn jeder das beiträgt, was<br />
ihm möglich ist, geht es allen besser.“<br />
Das Spektrum von „Gänseblümchen“ reicht<br />
von Musikprojekten, Sprachförderung im<br />
Kindergarten über Maltherapie in Frauenhäusern<br />
bis zur Hausaufgabenbetreuung oder Zuschüssen<br />
zum Gitarren unterricht. „Bei allen<br />
Vorhaben müssen wir sehr feinfühlig vorgehen,<br />
schließlich sollen keine ,Armenkurse‘<br />
angeboten werden. Kinder konkret ansprechen<br />
und auswählen ist schwieriger, als es<br />
den Anschein macht“, sagt Petra Nething.<br />
Auch der Ulmer Ernst-Wilken-Stiftung geht<br />
es darum, die nachwachsenden Generationen<br />
im Bereich der Bildung zu unterstützen. Als<br />
ehemaliger Softwareunternehmer fördert<br />
Wilken in seiner gemeinnützigen Stiftung herausragende<br />
Leistungen im Bereich der Informationstechnologie,<br />
der Geisteswissenschaft<br />
und der sozialen Kunst. Dazu gehören unter<br />
anderem Stipendien und Preisgelder für Studenten<br />
der Uni Ulm und der Hochschule Ulm<br />
sowie gemeinsam mit der Stadt Ulm und weiteren<br />
Unternehmen die Finanzierung der Stiftungsprofessur<br />
der Universität zum Thema<br />
„Nachhaltiges Wissen, nachhaltige Bildung,<br />
nachhaltiges Wirtschaften“. Darüber hinaus<br />
unterstützt die Stiftung den Alternativen Nobelpreis,<br />
Kindergärten, Behinderteneinrichtungen<br />
und Schulen. Zu sehen, wie die Einrichtungen<br />
mit den Spenden wertvolle Arbeit<br />
leisten können, „macht viel Freude“, sagt Wilken.<br />
Seine Firma unterstützt die Stiftung mit einer<br />
vertraglich fixierten jährlichen Zuwendung.<br />
Wilken: „Eine der schwierigsten Aufgaben für<br />
alle Stiftungen ist angesichts der anhaltenden<br />
Tiefzinsphase derzeit, ihre Vermögen gewinnbringend<br />
anzulegen, um ihren Auftrag erfüllen<br />
zu können.“ Zweck und innere Organisation<br />
einer Stiftung legt der Stifter nach seinem<br />
Büroeinrichtungen<br />
» Sitzmöbel & Arbeitsplätze<br />
» Beleuchtung & Beschattung<br />
» Akustik & Ergonomie<br />
» Planung & Konzeption<br />
Günzburg • Biberach • Dillingen • Eisleben<br />
www.feha.de<br />
7
[verantworten] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Eckpunkte für dessen weitere Entwicklung<br />
weitgehend festlegen. „Die Gründung muss<br />
sehr sorgfältig vorbereitet werden, denn die<br />
einmal festgelegte Satzung kann kaum mehr<br />
verändert werden.“, sagt die Münchner<br />
Rechtsanwältin Katja Fleschütz. Mit staatlicher<br />
Anerkennung durch die Stiftungsbehörde<br />
erlangt die Stiftung den Status einer juristischen<br />
Person und damit Rechtsfähigkeit. Eine<br />
typische Stiftung gibt es nach den Erfahrungen<br />
des Verbandes<br />
ebenso wenig wie<br />
den typischen Stifter.<br />
Allerdings dominieren<br />
soziale<br />
Motive, berichtet<br />
Fleisch: „Rund ein<br />
Drittel aller Stiftungen<br />
betätigt<br />
sich mildtätig, in<br />
der Kinder- und Jugendhilfe<br />
sowie in<br />
der Alten- oder Be-<br />
Stiftungsexperte<br />
Hans Fleisch.<br />
hindertenhilfe. Das Spektrum reicht von der<br />
kleinen ehrenamtlich geführten Stiftung für<br />
Flüchtlinge bis hin zur Trägerstiftung, die ein<br />
Hospiz betreibt.“<br />
Vater und Tochter: Stiftungsgründer Frieder Nething und seine Tochter Petra, die Vorsitzende von „Gänseblümchen“.<br />
Die Ulmer Stiftung fördert unter anderem Musikunterricht (Bild oben).<br />
Willen in der Satzung fest, erklärt Professor<br />
Dr. Hans Fleisch, Generalsekretär des Bundesverbandes<br />
Deutscher Stiftungen: „Voraussetzung<br />
für die Errichtung einer rechtsfähigen<br />
Stiftung ist, dass der Stifter seinen Gründungswillen<br />
rechtsverbindlich zum Ausdruck<br />
bringt. Zudem muss er ein genau bestimmtes<br />
Vermögen auf die künftige Stiftung<br />
übertragen.“ Will er sein Unternehmen in eine<br />
Stiftung umwandeln, kann der Inhaber<br />
Klein,aberGut<br />
Für erfolgreiche Stiftungsarbeit sind Einsatz<br />
und Kapital notwendig. „Wie viel das ist,<br />
hängt von den jeweiligen Aufgaben ab“, sagt<br />
Fleisch. Rund 70 Prozent aller Stiftungen verfügten<br />
über weniger als eine Million Euro.“ So<br />
prägten zwar die großen Stiftungen das Bild in<br />
der Öffentlichkeit, tatsächlich bestehe aber<br />
das deutsche Stiftungswesen überwiegend<br />
aus kleinen Stiftungen mit eng begrenzten<br />
Spielräumen. „Große Sprünge lassen sich mit<br />
den Erträgen kleinerer Vermögen nicht machen.“<br />
Substanzerhalt und die Erwirtschaftung<br />
der notwendigen Erträge seien eine große<br />
Herausforderung. Die Verwendung der<br />
Gelder muss gegenüber der Aufsichtsbehörde<br />
ausführlich dokumentiert werden. Neben der<br />
Vermögenslage sind Strategie, Knowhow und<br />
die professionelle Arbeit des Stiftungspersonals<br />
entscheidend. „Stiftungen fördern überwiegend<br />
kleinere und überschaubare Projekte,<br />
die hinsichtlich des konkreten Erfolges<br />
einfacher zu beurteilen sind.“<br />
Um die ganz persönliche Nachhaltigkeit sicherzustellen,<br />
ist freilich mehr erforderlich<br />
als nur das sichere Rangieren von Vermögensteilen.<br />
Fleisch: „Manchmal wird Stiftern und<br />
Stifterinnen unterstellt, sie agieren primär<br />
zur Steuervermeidung. Dabei ist klar, dass die<br />
deutsche Stiftung nicht zur Steuervermeidung<br />
geeignet ist. Wer stiftet, trennt sich zugunsten<br />
des Gemeinwohls unwiderruflich<br />
von seinem Vermögen. Aus unseren Erfahrungen<br />
geht es vor allem um Dankbarkeit und<br />
Verantwortungsbewusstsein gegenüber den<br />
Mitmenschen oder auch den Mitarbeitern des<br />
Unternehmens.“ [!]<br />
<br />
Stefanie Creutz<br />
8
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[verantworten]<br />
ausDankbarkeitgegenüberderGesellschaft<br />
„Ideen sind die geistige Kraft, aus der Unternehmen<br />
entstehen“– so lautet die Philosophie<br />
des Ulmer Unternehmers Erich Wilken. Unsere<br />
Mitarbeiterin Stefanie Creutz sprach mit<br />
ihm über seine Stiftung, die herausragende<br />
Leistungen im Bereich der Informationstechnologie,<br />
der Geisteswissenschaft und der<br />
Kunst fördert.<br />
Welche Projekte unterstützen Sie mit der<br />
Wilken-Stiftung?<br />
Neben der Förderung unserer Studenten und<br />
der Stiftungsprofessur zum Thema Nachhaltigkeit<br />
ist es ein Anliegen der Stiftung, Menschen<br />
mit einer Gesinnung zu fördern, die<br />
auch im aktiven Wettbewerb ein faires Miteinander<br />
ermöglichen. Die Stiftung unterstützt<br />
hier Menschen und Visionen mit unterschiedlichen<br />
Förderprogrammen. In diesem Rahmen<br />
unterstützen wir Kindergärten, Be hinder<br />
ten ein richtung<br />
en und auch<br />
Schulen.<br />
Sie fördern auch<br />
den alternativen<br />
nobelpreis. Warum<br />
tun Sie das?<br />
Weil es ein außergewöhnlicher<br />
Preis ist. Er unterstützt<br />
Menschen,<br />
Der Ulmer Unternehmer<br />
Erich Wilken.<br />
die ihr ganzes Handeln,<br />
ihren Mut und die Kraft in Visionen einer<br />
besseren Zukunft widmen. Und darüber<br />
hinaus jene, die hinter ihnen stehen und sie<br />
durch ihre Unterstützung stärken. 2013 wurde<br />
unter anderem der mutige Gynäkologe Denis<br />
Mukwege ausgezeichnet, der Tausende,<br />
oft lebensgefährlich verletzte Vergewaltigungsopfer<br />
im Kongo behandelt, psychologisch<br />
betreut und reintegriert hat.<br />
Wie kamen Sie als Softwareunternehmer<br />
auf die idee, eine Stiftung zu gründen?<br />
Nach der erfolgreichen Gründung und Führung<br />
meines Unternehmens mit zwischenzeitlich<br />
über 500 Mitarbeitern habe ich es als<br />
meine Lebensaufgabe angesehen, mich meiner<br />
gesellschaftlichen Verantwortung zu stellen.<br />
Abgesehen von den beruflichen Verbindungen<br />
gehört es nach meiner Ansicht zur<br />
Verpflichtung eines jeden Menschen, im Rahmen<br />
seiner Möglichkeiten zu helfen, damit<br />
wir nicht in einer Welt mit Problemen leben,<br />
von denen wir wissen, wie sie zu lösen sind.<br />
Warum sollten unternehmer ihrer ansicht<br />
nach stiften?<br />
Aus Dankbarkeit gegenüber der Gesellschaft.<br />
Stiftung Sparkasse Ulm<br />
Fördern, was Ihnen am Herzen liegt.<br />
Sie haben ein Lebenswerk geschaffen, mit viel Leidenschaft und Fleiß, Schwierigkeiten überwunden und<br />
Herausforderungen zum Guten gewendet.<br />
Gründen Sie Ihre persönliche Stiftung, mit Ihrem Namen, die Ihr Lebenswerk in guter Erinnerung hält.<br />
Wir unterstützen Sie dabei mit unserem Wissen und unserer langjährigen Erfahrung.<br />
Ihre Ansprechpartnerin<br />
für die Stiftung Sparkasse Ulm<br />
Katja Schwertle<br />
Dipl. Betriebswirtin<br />
Tel. 0731 101 - 1661<br />
katja.schwertle@sparkasse-ulm.de<br />
Zuwendungen an die Stiftung Sparkasse Ulm sind über das Konto Nr. 31 31 bei der Sparkasse Ulm möglich.<br />
9
[titelthema] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
10
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[titelthema]<br />
MeineAbsolventen<br />
sindkleineBomben<br />
Seinen Studenten fordert ProfessorDr.StephanJansen, Präsident der privaten<br />
Zeppelin Universität in Friedrichshafen, einiges ab. Mut. Aber auch Demut.<br />
Die Kraft, Freiheit auszuhalten. Er macht sie zu Unruhestiftern. In Unternehmen<br />
schlagen sie ein wie Cruise Missiles, weil sie alles auf den Kopf stellen.<br />
Ihr Werdegang ist beeindruckend: vom einstigen<br />
Bafög-Empfänger zum jüngsten Präsidenten einer<br />
Hochschule in Deutschland, nächstes Jahr lehren<br />
Sie in Stanford. Sind Sie ein Nerd?<br />
Wir haben an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen<br />
ein „Nerd-Stipendium“. Dem Begriff Nerd bin ich<br />
sehr zugetan. Ein Nerd ist jemand, der in die eigenen<br />
Aktivtäten so verliebt ist, dass er viel Zeit und Leidenschaft<br />
reinsteckt. Ich glaube, dass Künstler, Wissenschaftler<br />
und Unternehmer auf andere manchmal ein<br />
bisschen „nerdig“ wirken, weil sie einfach dauernd vor<br />
Energie fast zerspringen. Aber Nerds und Hipster sind<br />
wohl eher Begriffe der Medien, die für die Selbstbeschreibung<br />
nicht taugen.<br />
Wie würden Sie sich beschreiben?<br />
Als unternehmerisch bildungsbegeistert. Das zieht<br />
sich durch meine Biografie als Wissenschaftler und Unternehmer.<br />
Wenn sich etwas Neues bildet, etwas im<br />
Prozess des Entwickelns ist, begeistert mich das. Vielleicht<br />
ist es das Verliebtsein in die Entwicklung anderer<br />
und die soziale Bildung von Neuem – und eine Uni ist<br />
kein schlechter Platz dafür.<br />
Sie verlassen die Zeppelin-Universität kommendes<br />
Jahr. Wird das hier langweilig für Sie?<br />
Ich bin jetzt 43 Jahre und bin seit zwölf Jahren hier. Meine<br />
Mutter ist sehr stolz auf mich. Sie sagt immer:<br />
„Mensch Junge, wahrscheinlich hätten wir für Dich<br />
früher Ritalin besorgen sollen. Aber, dass du zwölf Jahre<br />
an einem Platz bleibst, hätte ich niemals geglaubt.“<br />
Im Ernst: Universität wird nie langweilig, denn die Idee<br />
der Uni verweilt schon 800 Jahre. Und bei allen Neuheiten,<br />
der Wissenschaft bleibe ich ja erhalten.<br />
Warum haben Sie Ihren Abschied von der Spitze so<br />
frühzeitig angekündigt?<br />
Weil ich das in der Lehre auch so erzähle. Und in der<br />
Träger-Stiftung haben die Ehrenämter gewechselt, so<br />
dass ich dies für redlich empfand. Solche Nachfolgen<br />
brauchen Zeit.<br />
Wie geht es weiter?<br />
Da ich noch über ein Jahr arbeite – und dies in Vollzeit<br />
– , weiß ich es noch gar nicht. Ich flachse ja seit Jahren:<br />
„Wenn ich mal groß bin, möchte ich Professor an der<br />
eigenen Uni sein.“ Aber ganz offen: Ich empfinde auch<br />
Wehmut. Ich muss mich schon davon abhalten, mich<br />
auf meine eigene Nachfolge zu bewerben.<br />
Das hört sich etwas zerrissen an.<br />
Ja, wer solche Kollegen und Studierende hat ... Aber keine<br />
Sorge: Ich komm‘ durch.<br />
Bei der Gründung der Zeppelin Universität im Jahr<br />
2003 hat es reichlich Misstrauen und Vorbehalte<br />
gegen die „elitäre Privatuni“ gegeben. Bilden Sie<br />
Eliten aus?<br />
Nein. Wie auch? Ich könnte Ihnen jetzt ein T-Shirt aus<br />
dem Jahr 2004 mit den Worten „Pioniere statt Eliten!“<br />
zeigen. Ich habe lange Zeit in der Arbeitsgruppe „Elitenintegration“<br />
des Bundesforschungsministeriums<br />
forschen dürfen. Wir haben in Deutschland ein grundsätzliches<br />
Problem mit dem Elitenbegriff, der prä- und<br />
postfaschistisch geprägt ist. Deshalb haben viele<br />
Schwierigkeiten mit dem Begriff – und wegen der noch<br />
immer unzureichenden sozialen Aufstiegsmöglichkeit.<br />
Aber: Ich habe gar nichts gegen Verantwortungseliten.<br />
ZurPerson<br />
Legerundlocker<br />
kommt Unipräsident<br />
Stephan Jansen zum<br />
Interview: in Anzug,<br />
weißem Hemd, baren<br />
Fußes in braunen Designerschuhen.<br />
Der<br />
43-Jährige (Sternzeichen<br />
Zwilling) ist ein<br />
ambitionierter Hobby-Rennradler,<br />
der im<br />
Uniteam mitfährt. Auf<br />
der 210 Kilometer<br />
langen Strecke um<br />
den Bodensee<br />
kommt er im Schnitt<br />
auf Tempo 32. Der<br />
gebürtige Papenburger<br />
studierte Wirtschaftswissenschaften<br />
in Witten/<br />
Herdecke, Tokio und<br />
New York. Bevor er<br />
2003 die Zeppelin-<br />
Universität aufbaute,<br />
arbeitete er unter anderem<br />
für Daimler,<br />
Ergo und Mannesmann.<br />
Jansen, der<br />
auch Politiker berät,<br />
ist einer der klügsten<br />
Köpfe Deutschlands.<br />
Er ist selbst Pionier und begeistert von eigenwilligen Pionieren: Präsident Stephan Jansen auf dem Dach des Unigebäudes;<br />
hinter ihm blitzt die Manzeller Bucht auf, wo Graf Zeppelin, Namensgeber der Uni, die ersten Luftsschiffe aufsteigen ließ.<br />
11
[titelthema] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
betuchten Eltern was ist, also quasi für die „Gestopften“.<br />
Genau, das zu verhindern, war für mich – als Bafög-<br />
Empfänger aus einem Nicht-Akademiker-Haushalt –<br />
die Herausforderung. Wir haben gesagt, wir bauen eine<br />
private Bildungsarena, die zu einem Drittel durch ehrliche<br />
Studiengebühren finanziert werden muss. Diese<br />
werden aber von der Sparkasse Bodensee übernommen<br />
und nach dem Studium zinsgesponsort zurückbezahlt.<br />
Wir haben zudem ein umfangreiches und etwas ungewöhnliches<br />
Stipendien-System. Das Thema bleibt an<br />
einer Privatuniversität aber immer aktuell: Wie schaffen<br />
wir es, die soziale Herkunftsunabhängigkeit unserer<br />
Bewerber zu sichern? Wir ermitteln den Anteil der<br />
Bafög-Empfänger unter unseren Studierenden. In den<br />
vergangenen elf Jahren lagen wir ziemlich genau im<br />
Bundesdurchschnitt.<br />
Stimmt es, dass der Sparkasse Bodensee bei einer<br />
Bonitätsprüfung die Zusage der Zeppelin Universität<br />
ausreicht?<br />
Ja! Jetzt merken Sie, dass zu meiner bewegten Biografie<br />
eine Lehre zum Sparkassen-Kaufmann gehört.<br />
Absolut ungewöhnlich! Wie funktioniert das?<br />
35.000 Euro vorzufinanzieren – eine Menge Geld ...<br />
Kennen Sie das Arbeitslosigkeitsrisiko von Akademikern?<br />
Es liegt stabil unter 3 Prozent. Unter Volkswirten<br />
heißt das „Vollbeschäftigung“. Bei uns sind die Studierenden<br />
in der Situation, ihre eigene unternehmerische<br />
Biografie zu gestalten. Die tollsten und traurigsten Feiern<br />
an einer Uni sind die Graduierungsfeiern. Insbesondere<br />
die Daddys erinnern sich daran, dass sie am<br />
Anfang völlig dagegen waren, dass sich ihre Kinder bewerben,<br />
weil sie das als Familie nicht zahlen können.<br />
Und dann erklärten ihnen die eigenen Kinder: „Keine<br />
Sorge. Das mache ich allein, über die Sparkasse, das<br />
kriege ich hinterher wieder reinfinanziert.“ Einerseits<br />
sind die Väter dann stolz…<br />
Elite? Der Begriff ist nur am<br />
Ende einer Biografie angemessen,<br />
sagt Stephan Jansen,<br />
– nicht am Anfang.<br />
Womit haben Sie dann Schwierigkeiten?<br />
Wenn Studierende im Alter von siebzehneinhalb mit<br />
irgendwelchen Labels konfrontiert werden. An der<br />
Zeppelin Universität machen wir eine ehrliche, interessenbasierte<br />
Auswahl: Wir fragen, ob die Uni die richtige<br />
ist für die Studierenden – und ob die jungen Leute<br />
zu uns passen. Das als Elite zu bezeichnen, finde ich<br />
unglücklich. Erstens kann Elite nur ein Zuschreibungsbegriff<br />
sein: Wer würde es selbst von sich behaupten?<br />
Zweitens ist der Begriff nur am Ende einer Biografie angemessen<br />
und nicht am Anfang. Deswegen gibt es eine<br />
starke Elitenbegriffs-Phobie an dieser Uni.<br />
Und andererseits besorgt?<br />
Ja, sie stellen sich anfangs die Frage: „Was ist das für ein<br />
Laden, den kenne ich überhaupt nicht.“ Wenn aber die<br />
Kinder begeistert von Bildung sind und sogar die Finanzierung<br />
selbst organisieren, verstehen die Eltern, dass<br />
es den Kindern um etwas geht: um ihr Leben. Genau<br />
das zeichnet unsere Studierenden aus. Wir behandeln<br />
sie als Erwachsene. Eine solche Einstellung ist selbst<br />
für einen Kreditgeber eine ausgesprochen belastbare<br />
Eignungsprüfung. Unsere Universität hat eine sehr enge<br />
Partnerschaft mit der Sparkasse Bodensee. Der Chef<br />
der Sparkasse, Werner Allgöwer, ist übrigens seit Februar<br />
auch Vorsitzender des Stiftungsvorstandes.<br />
Die Kritik war damals auch auf die Kosten des Studiums<br />
gemünzt. Dass sie nur für Kinder von gut<br />
Wie viele finanzieren ihr Studium auf diese Weise?<br />
Knapp 70 Prozent. Das zeigt, dass wir nicht diese Koop-<br />
12
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[titelthema]<br />
dationseliten anziehen, also eine Gesellschaftsschicht,<br />
die sich aus der Herkunft oder ihrem Vermögen selbst<br />
reproduziert. Wir haben viele Studierende hier mit<br />
ganz eigenen Geschichten.<br />
Haben Sie ein Beispiel?<br />
Viele. Als ich in Kairo gearbeitet habe, hat mich ein Taxifahrer<br />
öfters zur Universität gefahren. Irgendwann<br />
merkte ich, dass er Deutsch sprach, wir kamen ins Gespräch,<br />
er erzählte mir seinen Lebensweg – und wurde<br />
einer unserer ersten Studierenden.<br />
Was macht er jetzt?<br />
Er ist Unternehmer geworden, in Ägypten, sehr erfolgreich.<br />
Er macht Softwarelösungen für den Compliance-<br />
Bereich in der Nahrungsmittel- und Agrar-Industrie. Er<br />
war jemand, der in seinem Leben durch alle Roste gefallen<br />
ist, durch die man überhaupt durchfallen kann.<br />
Nur hier nicht – er hat den besten Abschluss seines<br />
Jahrgangs gemacht.<br />
Ihre Auswahlverfahren sind unorthodox. Wenn jemand<br />
sich telefonisch nach dem Auswahlverfahren<br />
erkundigt, heißt es: Kommen Sie bitte persönlich.<br />
Im Gespräch stellen Sie Fragen, die nicht beantwortbar<br />
sind.<br />
Ja, welche denn sonst? Wir sind eine Universität, die<br />
sich auf das Nichtwissen konzentriert. Das muss man<br />
An seiner Privatuni studieren<br />
nicht nur junge Leute aus reichem<br />
Hause. Das zu bewerkstelligen,<br />
war dem Präsidenten<br />
von Anfang an wichtig.<br />
Raum für die Zukunft In der<br />
Evolution eines Klassikers finden<br />
sich schon heute Antworten auf<br />
Fragen der Arbeitswelt von morgen.<br />
Fragen Sie nach detaillierten Unterlagen<br />
beim autorisierten Fachhandel.<br />
buchbrunnenweg 16, 89081 ulm-jungingen, tel. 0731-96 77 00<br />
dreiköniggasse 20, 89073 ulm-innenstadt<br />
contact@fey-objektdesign.de, www.fey-objektdesign.de<br />
13
[titelthema] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Pionier Graf Zeppelin ist auch auf dem Schreibisch des Unipräsidenten präsent – neben Brieföffner, Bürotacker und Locher.<br />
1200Studierende,<br />
650Förderer<br />
DieZeppelinUniversität(ZU) in Friedrichshafen<br />
ist im Jahr 2003 mit 19 Studierenden,<br />
vier Wissenschaftlern und<br />
zwölf Mitarbeitern an den Start gegangen.<br />
Heute sind es 1200 Studenten, mehr<br />
als 130 Wissenschaftler und rund 270<br />
Mitarbeiter. Die ZU ist eine staatlich anerkannte<br />
und vom Wissenschaftsrat akkreditierte<br />
Stiftungsuniversität zwischen<br />
Wirtschaft, Kultur und Politik. Sie bietet<br />
14 Bachelor-, Master- und Promotionsprogramme<br />
der Wirtschafts-, Kultur- und<br />
Sozialwissenschaften an, darunter sechs<br />
berufsbegleitende Master-Studiengänge.<br />
Die Studiengebühren betragen zwischen<br />
15.800 und 35.600 Euro.<br />
Die ZU ist eine der ersten freien Stiftungsuniversitäten<br />
in Deutschland (derzeit<br />
gibt es 13) – und: Sie gehört sich<br />
selbst. Die ZU nimmt seit ihrer Gründung<br />
als einzige Universität aufgrund einer<br />
langfristigen Vorausfinanzierung durch<br />
650 Förderer und einer Landesbürgschaft<br />
keine staatlichen Zuschüsse in Anspruch.<br />
Eine weitere Besonderheit: Die<br />
Sparkasse Bodensee finanziert die Studiengebühren<br />
zu einem sehr günstigen<br />
Zins – derzeit liegt er bei 2,4 Prozent –<br />
vor. Vereinbart wird ein individueller<br />
Rückzahlungsplan, der ein Jahr nach dem<br />
Einstieg ins Berufsleben beginnt. Insgesamt<br />
nehmen rund zwei Drittel der Studenten<br />
dieses Angebot in Anspruch: Darüber<br />
hinaus gibt es zwölf eigene<br />
Stipendienprogramme.<br />
Mehr Infos unter: www.zu.de. AMB<br />
vom allerersten Moment an deutlich machen. Das ist<br />
eine Sozialisations-Frage: Wie gehe ich mit Studierenden<br />
um? Behandle ich sie wie ein Lehrer seine Schüler,<br />
dann habe ich ein Problem: nämlich Schüler. Das ist die<br />
Infantilisierung von Bildung, die nach der Schule eine<br />
große Renaissance im Bachelor gefunden hat. Lass uns<br />
doch als Universität nicht dastehen wie die Besserwisser.<br />
Wir wissen nichts besser! Wir stellen Fragen an den<br />
Grenzen des Wissens. Deswegen finde ich unser Annahmeverfahren<br />
nicht so ungewöhnlich, wie das immer<br />
dargestellt wird.<br />
Wirwissen<br />
nichts<br />
besser!<br />
Wirstellen<br />
Fragen...<br />
Sie haben die Idee der Universität<br />
gegen den Strich gebürstet<br />
und neue Methoden angewandt,<br />
einen neuen Stil reingebracht.<br />
Wir in Friedrichshafen sind bescheiden:<br />
Wir sagen, wir sind „old<br />
school“. Wir machen Universität so<br />
wie sie vor 800 Jahren gedacht wurde,<br />
nicht modern, Benchmark-bezogen,<br />
alles auf „employability“, also Beschäftigungsbefähigung,<br />
ausgerichtet. Ganz ehrlich: Für unseren Ansatz<br />
habe ich noch nie Kritik gehört. Es ist einfach die<br />
Grundidee von Bildung, viel zitiert – wenig gelebt.<br />
Welche Fähigkeiten brauchen junge Leute, um diese<br />
Nichtwissen-Frage überhaupt gestellt zu bekommen.<br />
Müssen sie zwei oder drei Sprachen sicher<br />
beherrschen?<br />
Nein, die meisten Menschen stellen Anforderungen an<br />
andere, die sie selbst nicht erfüllen. Wir nicht. Es wäre<br />
nur ganz gut, wenn die formale Hochschulzugangsberechtigung<br />
vorliegt. Aber, wenn es eng wird, begleiten<br />
wir Bewerber auch über Abendgymnasien.<br />
Wie bitte?<br />
Wir haben hier Leute, die im Alter von 42 ihr Studium<br />
beginnen und uns seit 10 Jahren<br />
beobachtet haben. Wir haben hier<br />
Hauptschülerakademien für die<br />
Roland-Berger-Stiftung auf die Beine<br />
gestellt. Unis sind ja eigentlich<br />
die High-End-Veredler, aber der<br />
Reiz liegt woanders; es gibt in der<br />
Durchlässigkeit des deutschen Bildungssystems<br />
so viele Skandale:<br />
die frühkindliche Erziehung, die<br />
Problematik der Grund- und<br />
Hauptschulen und und und …<br />
Gibt es einen gemeinsamen Nenner Ihrer Studenten?<br />
Nein, aber Klassensprecher, Klassenclowns und klasse<br />
Musiker sind irgendwie häufig. Und was alle lernen:<br />
Freiheit auszuhalten. Die fallen mit siebzehneinhalb<br />
14
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[titelthema]<br />
als G8-Beschleunigungsopfer aus der Schule. Wir entwickeln<br />
die Förderung- und Forderungskultur immer<br />
gleichzeitig. Es gibt auch einige, die sich bewusst gegen<br />
uns entscheiden, weil denen das Studium und die<br />
Kleingruppen zu intensiv sind.<br />
Was kennzeichnet ihre Studenten noch?<br />
Die Kombination aus Mut und Demut. Mut, sich zu verschulden<br />
für ein Studium, aber nicht in dieser Hybris-<br />
Fantasie: Ich hab es ja geschafft, ich bin ausgewählt<br />
worden. Dazu die Demut vor dem Nichtwissen. Sie erwerben<br />
jeden Tag mehr Wissen über ihr Nichtwissen.<br />
Das müssen Sie aushalten. Wie Gregory Bateson, der<br />
wunderbare Delfinforscher, sagte: Sie müssen sich die<br />
Brücke im Gehen unter sich selber bauen. Das ist eine<br />
Qualität, die im engeren Sinne des Wortes etwas mit<br />
Selbstbewusstsein zu tun hat. Man braucht die richtige<br />
Mischung aus Hybris und Selbstzweifel. Gucken Sie<br />
mich an: Mit 31 Jahren eine Uni gründen, so jemanden<br />
müssen Sie normalerweise betreuen!<br />
Entscheidend ist die richtige<br />
Mischung aus Mut und Demut,<br />
sagt Stephan Jansen:<br />
Mut, sich zu verschulden, und<br />
Demut vor dem Nichtwissen.<br />
bulthaup b3<br />
Folgt keinen<br />
schnellen Trends.<br />
Sondern<br />
Überzeugungen.<br />
Grüner GmbH<br />
Neue Straße 113<br />
89073 Ulm<br />
Tel. 0731 92705930<br />
15
[titelthema] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Konkreter bitte!<br />
An vielen Universitäten wird nun das Thema „Wirtschaftsethik“<br />
angeboten, Nachhaltigkeitsseminare,<br />
Vorlesungen wie „Richtig führen und kommunizieren<br />
mit Mitarbeitern“ usw. Aber das bringt alles nichts,<br />
wenn die Themen auf dem Vorlesungplan stehen, damit<br />
sie auf dem Plan stehen. Mal ehrlich: Das ist alles<br />
20. Jahrhundert, Kausallogik – Bildung als Fernbedienung.<br />
Studierende müssen einerseits die Ideengeschichte<br />
des Fachs verstehen, und die Ökonomie beispielsweise<br />
kommt aus der Ethik, nicht umgekehrt,<br />
und sie müssen das erleben dürfen – im geschützten<br />
Raum des Studiums. Ich möchte mit Nietzsche, dass die<br />
Studenten so werden, wie sie sind – und nicht, wie sie<br />
die Arbeitsmärkte gerne haben wollen. Mir geht es in<br />
Biografien auch um den Moment des Eigenwilligen.<br />
Schauen Sie mal Ferdinand Graf von Zeppelin an. Was<br />
hat der eigentlich gemacht? Er hat als Nicht-Ingenieur<br />
im Seniorenalter ein Unternehmen gegründet, das<br />
dreimal insolvent gegangen ist. Mit einem nichtfunktionierenden<br />
Produkt. Das ist, finde ich, beeindruckend.<br />
Was erwarten Sie von den Absolventen?<br />
Ob sie nun eine Zeitung gründen, den Busfernverkehr<br />
als Markt eröffnen oder ob sie Oberbürgermeister werden,<br />
das ist mir vollkommen wurscht. Das einzige, was<br />
ich möchte ist, dass sie sich selbst so gut kennen, dass<br />
sie ihre Potenz an dem Ort in der Gesellschaft einsetzen,<br />
wo sie in Differenz wirksam werden. Dieses Moment<br />
der Wirksamkeit hat etwas mit Selbstreflektion<br />
zu tun. Deswegen sage ich, dass diese Leute wie kleine<br />
Bomben wirken. Erst jüngst hat mir der Personalvorstand<br />
eines großen deutschen Konzerns gesagt: „Herr<br />
Jansen, ich habe wieder Absolventen von Ihnen – ganz<br />
ehrlich – mehr als zehn können wir als Konzern nicht<br />
vertragen, denn die stellen ja alles auf den Kopf.“ Wenn<br />
ich mich dann scheinheilig entschuldige, kommt die<br />
Antwort: „Nein, Herr Jansen, ist schon gut so, aber auch<br />
anstrengend.“ Weiß ich ...<br />
Des Uni-Präsidenten Maxime:<br />
Die Studenten sollen so<br />
werden, wie sie sind – und<br />
nicht, wie sie die Arbeitsmärkte<br />
gerne haben wollen.<br />
Sie haben Ihre Alumni in einem Interview einmal als<br />
cruise Missiles bezeichnet. Wie meinen Sie das?<br />
Das habe ich, als Zivildienstleistender, tatsächlich gesagt?<br />
Oha. Mir geht es darum, dass kluge Einsteiger<br />
schon kleine Bomben der Innovation und der Differenz<br />
sein müssen. Sie brauchen ein Anti-Korrosionsschutz<br />
durch Bildung im Beruf, um sich nicht verbiegen zu<br />
lassen, kompromisslos nachzufragen, nicht in eine Rolle<br />
zu schlüpfen, wie Führungskräfte-Coaches das empfehlen,<br />
sondern eben bei sich bleiben, achtsam sein,<br />
Rückgrat beweisen, die eigenen Werte durchhalten,<br />
auch wenn es unangenehm wird. Vielleicht auch mal<br />
zugeben, etwas nicht zu wissen, trotzdem und deswegen<br />
zu entscheiden. Wir stecken ja momentan mitten<br />
in der Moralisierung der Bildung.<br />
Wie groß ist die Gefahr, dass die Studierenden mit<br />
solchem Vorgehen anecken?<br />
Es ist eine gewisse Eleganz der Empathie beim Anecken<br />
nötig. Sie müssen sich schon gemein machen, in<br />
eine Gemeinschaft eintreten. Aber jeder sollte hier seinen<br />
eigenen Weg suchen.<br />
Wie wichtig ist es für Unternehmen, sich zu hinterfragen?<br />
Die deutschen Unternehmen brauchen im 21. Jahrhundert<br />
zwei neue Innovationstypen. Sie werden nicht<br />
mehr wie im letzten Jahrhundert nur irgendeine Technologie<br />
in die Welt bringen und dadurch Weltmarktführer<br />
werden. Vielmehr geht es darum, in komplexen<br />
Systemen soziale und geschäftsmodellbezogene Innovationen<br />
für Themen wie Energie, Mobilität, Gesund-<br />
16
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[titelthema]<br />
heit, Sicherheit neu zu diskutieren. Dann ist Hinterfragen<br />
auch Vordenken!<br />
Was macht einen guten Manager<br />
in so komplexen Systemen und in<br />
einer Phase des Umbruchs aus?<br />
Viele Unternehmen wünschen sich<br />
Führungskräfteentwicklung von<br />
der Zeppelin Universität mit genau<br />
dieser Frage. Für uns stellt sich die<br />
Frage: Fortbildung, wie man ein guter<br />
Manager wird in komplexen<br />
Systemen: Wie soll das gehen?<br />
Nicht trivial, also nicht auch noch 45-Jährige infantilisieren!<br />
Wir brauchen neue, komplexere Formate. Wir<br />
Diese<br />
Absolventen<br />
stellenja<br />
allesauf<br />
denKopf<br />
nennen das „Impact Education“: „Nenne uns dein Problem<br />
– und wir liefern dir das Rüstzeug für deine Lösungsfindung.“<br />
Welche Eigenschaften benötigt<br />
ein guter Manager?<br />
Die Frage ist etwas schlüpfrig,<br />
dann kann ich beim Antworten<br />
nur Fehler machen. Also los! Manager<br />
sind durch Fehlertoleranz<br />
resilienzfähig, sie sind reflektionsfähig,<br />
post-autistisch, also auf<br />
neue Weise beziehungsfähig – jenseits<br />
der Hierarchie. Dazu muss man Kunden, Zulieferer<br />
oder unverwandte Branchen beobachten. Ich glau-<br />
Einen Lehrplan zum guten<br />
Manager gibt es nicht, erklärt<br />
der Professor. Man kann aber<br />
den Unternehmen das Rüstzeug<br />
liefern, selbst die für sie<br />
beste Lösung zu finden.<br />
In die Zukunft gedacht<br />
Nething Generalplaner heißt Michael Keller<br />
in der Geschäftsführung willkommen<br />
Nething<br />
Generalplaner<br />
Architekten<br />
Ingenieure<br />
Wegenerstraße 7 . 89231 Neu-Ulm<br />
Weitere Büros in Berlin und Leipzig<br />
Ein Unternehmen der Nething Gruppe<br />
nething.com<br />
17
[titelthema] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Vorbild Zeppelin: Wenn man<br />
abstürzt, steigt man wieder<br />
auf. Diese Haltung habe er in<br />
Oberschwaben kennen und<br />
auch lieben gelernt, erklärt<br />
der gebürtige Niedersachse<br />
im Gespräch mit Karen Emler,<br />
Leiterin des Wirtschaftsressorts<br />
der Südwest Presse,<br />
und Alexander Bögelein, Redaktionsleiter<br />
Unternehmen.<br />
be fest: Führungskräfte müssen mehrsprachiger<br />
werden; nicht national, sondern Wirtschafts-Manager<br />
müssen die Sprachspiele des Politischen und der Zivilgesellschaft<br />
verstehen und umgekehrt. Unternehmen<br />
und Politiker haben mit Bürgern zu tun, mit sozialen<br />
Protestbewegungen, Shitstorms oder was auch immer<br />
– das sind andere Sprachlogiken. Wir brauchen Sensibilisierung<br />
für diese Sprachspiele in der Gesellschaft,<br />
weil auch Unternehmen in einem<br />
Geflecht von unterschiedlichsten<br />
Einflüssen stecken.<br />
Was heißt das im Umkehrschluss?<br />
Wir müssen sehr tolerant sein und<br />
tatsächlich eher über Erzählungen<br />
führen als über das Zählen. Wir<br />
kommen ja aus einer objektivierungsoptimistischen<br />
Welt, in der<br />
die Wissenschaft zur Ersatzreligion geworden ist. Dabei<br />
geht es häufig auch um Pseudoobjektivierung und<br />
dauernde Abzählreime. Management als „Malen nach<br />
Zahlen“ – funktioniert nicht. Aber Erzählungen funktionieren,<br />
wenn sie weitererzählt werden.<br />
Was haben Sie aus Ihrer Arbeit in Friedrichshafen<br />
persönlich gelernt?<br />
Dass der Graf Zeppelin verdammt recht hatte: „Man<br />
muss nur wollen und daran glauben, dann wird es gelingen.“<br />
Eine reine Privatuniversität ist unmöglich,<br />
und deswegen wurde sie möglich. Und wir sind weniger<br />
abgestürzt als unser Vorbild, aber das kann ja noch<br />
kommen. Und dann steigen wir wieder auf. Diese Haltung<br />
habe ich hier gelernt – auch lieben gelernt, denn<br />
Management<br />
funktioniert<br />
andersals<br />
„Malennach<br />
Zahlen“<br />
die Oberschwaben sind so unfassbar bodenständig innovativ,<br />
dass man sich in sie trotz Kehrwoche auch verlieben<br />
kann.<br />
Was haben Sie über sich gelernt?<br />
Dass dieser Zweitakt-Motor zwischen Hybris und<br />
Selbstzweifel für mich doch ganz gut getaktet war. Es<br />
gab schon viele Nächte, in denen ich wirklich dachte:<br />
„Oh je, das kann nicht funktionieren.“<br />
Auch weil viele Mitspieler im<br />
privaten Universitätssegment<br />
Schwierigkeiten haben. Ich denke,<br />
eine ehrliche und spürbare Begeisterung<br />
für das, was man tut, trägt<br />
weiter. Und dann gilt für mich: immer<br />
etwas schneller neue Erfolge<br />
haben, als für die alten kritisiert<br />
werden zu können.<br />
Und was freut Sie?<br />
Es ist ein unglaubliches Privileg, eine Uni gründen zu<br />
dürfen, in der sich junge Persönlichkeiten selbst bilden,<br />
und das macht einfach Spaß – jeden Tag. Das ist meine<br />
re-generative Energiequelle, und deswegen bleibe ich<br />
auch so gern in Lehre und Forschung.<br />
DAS INtErVIEW FüHrtEN<br />
KArEN EMLEr, LEItErIN<br />
DEr WIrScHAFtSrEDAKtIoN SüDWESt PrESSE<br />
UND ALExANDEr BöGELEIN,<br />
rEDAKtIoNSLEItEr UNtErNEHMEN [!]<br />
FotoS: oLIVEr ScHULZ<br />
DoKUMENtAtIoN: ISABELLA BUrK<br />
18
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[namen&nachrichten]<br />
Hochland<br />
investiert kräftig<br />
in Russland<br />
Der Gewinn der Hochland<br />
GmbH in Heimenkirch bei<br />
Wangen hat sich im Jahr 2013<br />
fast halbiert auf 37 Millionen<br />
Euro. Dem Schmelzkäsehersteller<br />
gelang es nicht, die zwischenzeitlich<br />
rasant gestiegenen<br />
Erzeugerpreise für Milch<br />
an den Handel weiterzugeben.<br />
Der Umsatz legte leicht auf 1,2<br />
Milliarden Euro zu. Im südrussischen<br />
Prokhorovka verdoppelte<br />
das Unternehmen für 25<br />
Millionen Euro die Produktionskapazitäten<br />
auf 18.000 Tonnen.<br />
In Heimenkirch beschäftigt<br />
Hochland 700 Mitarbeiter.<br />
Letztes Kapitel<br />
im Ausverkauf<br />
von Sunways<br />
Zwei Geschäftszweige des einstigen<br />
Solar-Hoffungsträgers<br />
Sunways aus Konstanz waren<br />
schon verkauft, nun ist auch<br />
ein Erwerber für den letzten<br />
Geschäftsbereich im thüringischen<br />
Arnstadt gefunden. Nach<br />
Angaben des Insolvenzverwalters<br />
Thorsten Schleich übernimmt<br />
ein Investor den Betrieb<br />
der Produktionstochter im thüringischen<br />
Arnstadt. Zuvor war<br />
bereits das Geschäft mit Wechselrichtern<br />
und gebäudeintegrierter<br />
Photovoltaik in Konstanz<br />
an eine Tochterfirma des<br />
Solarkonzerns Shunfeng Photovoltaic<br />
gegangen. In Konstanz<br />
arbeiten nur noch 40 Menschen,<br />
in Arnstadt sind es 35.<br />
Oberland sorgt<br />
sich um Märkte in<br />
Osteuropa<br />
Besorgt verfolgt der Hohlglashersteller<br />
Saint Gobain Oberland<br />
AG in Bad Wurzach die Lage<br />
in der Ukraine. Dessen drei<br />
Blumenwiesen als Projekt<br />
Mit „Blühinseln“ im Kreis Biberach will Erdgas Südwest Bauern,<br />
Naturschützer und Imker versöhnen. Das Energieversorgungs<strong>unternehmen</strong>,<br />
das 110 Mitarbeiter beschäftigt, betreibt<br />
in Kooperation mit Landwirten Biogasaufbereitungsanlagen. In<br />
der Folge sind Mais-Monokulturen entstanden. Um etwas für<br />
die Artenvielfalt zu tun, hat Erdgas Südwest mit dem Maschinenring<br />
Biberach auf zunächst sechs Flächen von jeweils etwa<br />
einem halben Hektar Sommerblumen ausgesät. Die Kosten betragen<br />
15.000 Euro.<br />
Werke in Russland und in der<br />
Ukraine entwickelten sich von<br />
Anfang an nur mit mäßigem Erfolg.<br />
<strong>2014</strong> wollte man dort erstmals<br />
schwarze Zahlen schreiben,<br />
doch das ist nicht der Fall.<br />
Dennoch soll an den Standorten<br />
festgehalten werden. Im<br />
Jahr 2013 stagnierte der Umsatz<br />
bei 521 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss<br />
des Gesamt<strong>unternehmen</strong>s<br />
stieg auf 4,7 Millionen<br />
Euro nach einem Verlust<br />
von 3,4 Millionen Euro im Jahr<br />
zuvor. Oberland Glas stellt<br />
Glasflaschen und Glasbehälter<br />
für den Getränkemarkt her und<br />
beschäftigt 3160 Mitarbeiter.<br />
Großauftrag aus<br />
Kasachstan für<br />
Andritz Hydro<br />
Die Andritz Hydro GmbH, tätig<br />
im Bau von Wasserkraftwerken,<br />
kommt mit den Nachfolgestaaten<br />
der Sowjetunion immer<br />
besser ins Geschäft. Vor allem<br />
bei der Renovierung veralteter<br />
Anlagen sind die Dienste der<br />
Ravensburger gefragt. Nun erreichte<br />
Andritz Hydro ein Großauftrag<br />
aus Kasachstan. Für 75<br />
Millionen Euro soll bis 2017 das<br />
50 Jahre alte Kraftwerk Shardarinskaya<br />
modernisiert werden.<br />
Die Andritz Hydro Ravensburg<br />
gehört seit 2013 zur<br />
österreichischen Andritz AG. In<br />
Ravensburg sind 500 Mitarbeiter<br />
beschäftigt, weltweit sind es<br />
24.000.<br />
Weniger<br />
Fluggäste in<br />
Memmingen<br />
Der Allgäu-Airport Memmingen<br />
erwartet in diesem Jahr einen<br />
Rückgang der Passagierzahlen<br />
um 80.000 auf 780.000. Der<br />
Hintergrund: Die ungarische<br />
Gesellschaft Wizzair und der<br />
irische Billigflieger Ryanair haben<br />
ihre Verbindungen in die<br />
Ukraine eingestellt beziehungsweise<br />
reduziert. Der irische<br />
Konzern bringt 65 Prozent des<br />
Umsatzes und will seine Aktivitäten<br />
ausbauen. Dazu ist ein<br />
Ausbau nötig. Wie das 15,5 Millionen<br />
Euro teure Projekt finanziert<br />
werden soll, ist unklar. Eine<br />
Möglichkeit wäre der<br />
Einstieg des Landes Bayern in<br />
den Kreis der 73 Gesellschafter.<br />
Vetter investiert<br />
50 Millionen Euro<br />
in Ravensburg<br />
Die Ravensburger Vetter-Gruppe<br />
investiert kräftig am Firmensitz<br />
in Ravensburg. Am erst<br />
2012 fertiggestellten Standort<br />
im Gewerbegebiet Erlen entsteht<br />
in den kommenden Jahren<br />
ein neues Gebäude, das die<br />
Kapazitäten für Optische Kontrolle<br />
und Logistik mehr als verdoppeln<br />
wird. Das mehr als 50<br />
Millionen Euro teure Projekt sei<br />
ein klares Bekenntnis zur Wirtschaftsregion<br />
Oberschwaben,<br />
sagte Vetter-Geschäftsführer<br />
Thomas Otto. Der Standort ist<br />
künftig Arbeitsplatz für bis zu<br />
800 Beschäftigte. Weltweit arbeiten<br />
3300 Menschen für Vetter.<br />
2013 stieg der Umsatz um<br />
zehn Prozent auf rund 400 Millionen<br />
Euro. [!]<br />
19
[finanzieren] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
LuftfürdenAufstieg<br />
Wer will schon von einer Bank abhängig sein – sich reinreden und gängeln lassen. Auch viele Familien<strong>unternehmen</strong><br />
setzen am liebsten auf Eigenkapital. Klug ist das nicht in jedem Fall. Tipps zum Einsatz von Fremdkapital.<br />
Lange galt der Name „Strenesse“ nicht nur<br />
in der Modebranche als erste Adresse.<br />
Mit edler Damenmode war das Label seit<br />
Mitte der 1990er Jahren zu einer international<br />
begehrten Designermarke aufgestiegen. So<br />
konnte das Unternehmen aus dem schwäbischen<br />
Nördlingen, das seit der Gründung 1949<br />
im Besitz der Familie Strehle war, vor gut einem<br />
Jahr vergleichsweise zügig eine Anleihe<br />
bei privaten Investoren platzieren. Doch es<br />
stand es nicht zum Besten mit der Firma. Der<br />
Vormarsch von<br />
Billigmarken wie<br />
Zara & Co. und die<br />
Konkurrenz neuer<br />
Edelmarken<br />
machten Strenesse<br />
zu schaffen. Das<br />
Unternehmen<br />
schrieb rote Zahlen.<br />
Zudem gab es<br />
Zwist unter den Familieneignern<br />
–<br />
mit fatalen Folgen:<br />
Als die Anleihe im<br />
Ökonomie-Professor<br />
Mark Mietzner.<br />
Frühjahr <strong>2014</strong> fällig war, fehlte das notwendige<br />
Kapital zur Tilgung, neue Geldgeber waren<br />
nicht in Sicht, und auch die Banken winkten<br />
ab, so dass eine Refinanzierung nicht möglich<br />
war. Obwohl die Gläubiger einer Fristverlängerung<br />
zustimmten, musste Strenesse im April<br />
Insolvenz anmelden.<br />
Das Beispiel zeigt: Kapitale Pleiten kommen<br />
unter ungünstigen Umständen auch bei alteingesessenen<br />
Familien<strong>unternehmen</strong> vor.<br />
Doch sie sind nach Beobachtungen von Mark<br />
Mietzner, Professor an der Zeppelin Universität<br />
in Friedrichshafen, eher die Ausnahme als<br />
die Regel. „Familien<strong>unternehmen</strong> sind sehr<br />
häufig konservativ finanziert“, berichtet der<br />
Ökonom, „das heißt, sie haben höhere Eigen-<br />
Ein Traum: völlig frei auf einem Berg von eigenem<br />
Geld. Doch auch Familienfirmen müssen<br />
nicht ganz auf Fremdkapital verzichten.<br />
20
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[finanzieren]<br />
kapitalquoten im Vergleich zu Unternehmen<br />
mit breiter Eigentümerstruktur wie etwa börsennotierten<br />
Aktiengesellschaften.“<br />
Ein Grund für den Unterschied: Familien<strong>unternehmen</strong><br />
stehen anders als kapitalmarktorientierte<br />
Konzerne nicht unter so starkem Renditedruck.<br />
So können sie es sich erlauben,<br />
mehr Eigenkapital einzusetzen. Das ist zwar<br />
teurer als die derzeit zinsgünstigen Bankkredite<br />
und Anleihen, doch mit dem sicheren Finanzpolster<br />
im Rücken senken sie ihr unternehmerisches<br />
Risiko. Sie können zum Beispiel<br />
in Krisenzeiten ihre Mitarbeiter weiter beschäftigen<br />
anstatt sie zu entlassen – und damit<br />
dauerhaft zu verlieren. „Das ist insofern<br />
eine clevere Strategie, als dass viele dieser Firmen<br />
in Branchen tätig sind, in denen spezifisches<br />
Humankapital, also Fach- und Firmenwissen,<br />
einen hohen Stellenwert besitzt – etwa<br />
im Maschinenbau oder der Elektrotechnik“,<br />
sagt Mietzner. „Das kann ich mir als Unternehmer<br />
aber nur erlauben, wenn ich eine solide<br />
Eigenkapitalquote habe.“<br />
SchLüSSeLbegriFF:ebitdA<br />
Dazu kommt: Anders als Konzerne denken<br />
die Manager von Familien<strong>unternehmen</strong> generationenübergreifend<br />
und haben eher die<br />
langfristige Perspektive im Blick, wenn es darum<br />
geht, sich nachhaltig geschäftliche Chancen<br />
zu sichern. Nicht zuletzt sind sich die Manager<br />
von Firmen in Familienhand darüber<br />
bewusst, dass sie gegenüber börsennotierten<br />
Unternehmen wegen<br />
des eingeschränkten<br />
Zugangs<br />
zu<br />
Kapitalquellen im<br />
Nachteil sind. Eine<br />
zu knappe Eigenkapitalausstattung<br />
kann schnell<br />
zu einem Existenzrisiko<br />
werden.<br />
Beteiligungsexperte<br />
Christian Futterlieb.<br />
„Die finanzielle Basis<br />
muss also so<br />
stabil sein, dass die<br />
Firma bei einer Verschlechterung des Branchenumfeldes<br />
nicht unter Druck kommt.<br />
Denn das kann bedeuten, dass Investitionen<br />
einschränkt werden, so dass die weitere Unternehmensentwicklung<br />
blockiert oder zumindest<br />
verzögert wird“, sagt Christian Futterlieb,<br />
Geschäftsführer von VR Equitypartner,<br />
der Beteiligungsgesellschaft aus der genossenschaftlichen<br />
Finanzgruppe.<br />
Alternativezumbeteiligungskapital<br />
Strenesse – hier ein Showroom – hat den richtigen Bogen nicht rechtzeitig gekriegt.<br />
Wassichhintermezzanineverbirgt<br />
Kommt die (vollständige) Finanzierung<br />
einer Investition mit Fremdkapital – etwa<br />
durch ein Darlehen – ebenso wenig infrage<br />
wie durch eine Aufstockung des Eigenkapitals<br />
– etwa durch einen externen Investor<br />
–, ist Mezzanine-Kapital eine<br />
Alternative: Dabei handelt es sich um ein<br />
Mittelding zwischen beiden Kapitalarten.<br />
Die Frage indes ist: Wie sieht eine optimale<br />
Finanzierungsstruktur aus? Ein gutes Maß für<br />
die ausreichende Ausstattung mit Eigenkapital<br />
ist Futterlieb zufolge der Verschuldungsgrad,<br />
„weil diese Kennzahl eine finanzielle<br />
Leistungsfähigkeitskomponente enthält.“<br />
Der Verschuldungsgrad errechnet sich aus der<br />
Höhe der Verschuldung geteilt durch das operative<br />
Ergebnis – meist das Ebitda, also das<br />
Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen.<br />
„Allerdings ist es schwierig, pauschale<br />
Empfehlungen dazu abzugeben, denn das<br />
hängt im Einzelfall vom Geschäftsmodell eines<br />
Unternehmens ab“, sagt Futterlieb.<br />
ZugeknöpFteunternehmer<br />
„Zyklische Unternehmen etwa in der Automobilzulieferindustrie<br />
müssen alle paar Jahre<br />
mit einer deutlichen Abschwächung der<br />
Branchenkonjunktur rechnen.“ In diesem Fall<br />
sei ein Verschuldungsgrad von zweieinhalb<br />
bis drei angemessen. Bei Unternehmen, die<br />
einen kontinuierlichen, stabilen Cashflow<br />
haben – etwa aus dem Consumer-Segment –,<br />
könne der Verschuldungsgrad auch bei vier<br />
Ähnlich wie bei einer Anleihe steht das<br />
Geld dem Unternehmen nur für eine begrenzte<br />
Zeit zur Verfügung und muss zu<br />
einem festen Zeitpunkt zurückgezahlt<br />
werden. Andererseits haftet es wie Eigenkapital<br />
für die Verbindlichkeiten des<br />
Unternehmens. Vorteil: Die Eigenkapitalquote<br />
verändert sich nicht. Nachteil:<br />
Mezzanine-Kapital ist relativ teuer. TLU<br />
liegen, ohne dass dadurch die strategische Position<br />
des Unternehmens gefährdet wird.<br />
Auf der anderen Seite stehen erfolgreiche Familien<strong>unternehmen</strong><br />
regelmäßig vor der Herausforderung,<br />
ihr Wachstum finanzieren zu<br />
müssen, ohne gleichzeitig die Eigenkapitalbasis<br />
empfindlich zu schmälern. Dann kann die<br />
mangelnde Auswahl an Finanzierungsquellen<br />
zum Stolperstein werden. Viele Firmen<br />
konnten sich nach Beobachtungen von<br />
Mietzner in den vergangenen Jahren darauf<br />
verlassen, sich von innen zu finanzieren, weil<br />
sie gut verdient haben. „Darin schlägt sich die<br />
gute Geschäftsentwicklung nieder, aber auch<br />
der Wille, Unabhängigkeit gegenüber den<br />
Hausbanken zu demonstrieren, mit denen<br />
viele Unternehmen in der Finanzkrise<br />
schlechte Erfahrungen etwa durch Kürzungen<br />
von Kreditlinien gemacht haben.“<br />
Ein neues Mitglied in den Eigentümerkreis<br />
aufzunehmen, scheitert oftmals auch daran,<br />
dass Familien<strong>unternehmen</strong> zugeknöpft sind,<br />
wenn es darum geht, Mitspracherechte einzuräumen.<br />
„Sie wollen in der Regel die unternehmerische<br />
Führung in der Familie halten<br />
21
[finanzieren] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
und damit die Fäden in der Hand haben“, berichtet<br />
Mietzner. Der Gang an den Kapitalmarkt<br />
ist dagegen nur selten eine Option. „In<br />
diesem Fall müssen die Emittenten laufend<br />
über ihre Geschäftsergebnisse berichten, also<br />
deutlich transparenter werden – und das wollen<br />
Familien<strong>unternehmen</strong> in der Regel nicht“,<br />
sagt Mietzner. So kommt häufig nur der Einstieg<br />
eines Finanzinvestors in Betracht, wenn<br />
die Alteigentümer nicht frisches Kapital einbringen<br />
können oder wollen. Solche Geldgeber<br />
waren noch vor ein paar Jahren als „Heuschrecken“<br />
verschrien, die Unternehmen<br />
schlucken und rücksichtslos ausschlachten.<br />
Doch das Bild hat sich gewandelt. „Ich glaube,<br />
dass Finanzinvestoren eine Chance sein können,<br />
die ein Unternehmen auch strategisch<br />
weiterbringen können“, sagt der Professor.<br />
Bei der in Aalen und Altbach ansässigen<br />
Vohtec Rissprüfung<br />
GmbH zum Beispiel wollten<br />
die beiden<br />
Alteigentü-<br />
mer Kerstin Ott und Roland Vogt den anstehenden<br />
Generationenwechsel möglichst früh<br />
und ohne Komplikationen einleiten. Daher<br />
haben im Sommer 2013 VR Equitypartner zusammen<br />
mit der Bader & Hirn Beteiligungs<br />
GmbH die Mehrheit an dem Spezialisten für<br />
zerstörungsfreie Werkstoffprüfung übernommen,<br />
die Volks- und Raiffeisenbank Aalen finanzierte<br />
den Deal gemeinsam mit der Volksbank<br />
Ulm-Biberach mit. „Mit der neuen<br />
Gesellschafterstruktur haben wir nicht nur<br />
die Voraussetzung für eine erfolgreiche Nachfolgelösung<br />
geschaffen, sondern auch sichergestellt,<br />
dass sich das Unternehmen kontinuierlich<br />
weiterentwickeln kann“, sagt<br />
Vohtec-Geschäftsführer Vogt.<br />
AchtungkLumpenriSiko<br />
Mittlerweile haben es viele Finanzinvestoren<br />
zudem nicht mehr unbedingt auf eine Mehrheit<br />
abgesehen. Eine große Zahl gibt sich auch<br />
mit einem Minderheitsanteil auf Zeit zufrieden<br />
und steigt dann wieder aus. Eine andere<br />
Alternative ist Mezzanine-Kapital, eine<br />
Art Mischung aus Fremd- und<br />
Eigenkapital, das allerdings zu einem<br />
bestimmten Zeitpunkt wieder zurückgezahlt<br />
werden muss. Ähnlich wie bei einer Anleihe<br />
besteht ein Refinanzierungsrisiko.<br />
Die große Auswahl an Finanzierungsinstrumenten<br />
bietet freilich auch Chancen. „Unternehmen<br />
sollten es vermeiden, in alten<br />
Strukturen zu verhaften und neue Finanzierungsmodelle<br />
oder -optionen bewusst links<br />
liegen zu lassen“, rät Uni-Professor Mietzner.<br />
„Ich würde als Unternehmer versuchen, einen<br />
möglichst breiten Mix von Finanzierungsinstrumenten<br />
zu nutzen. Gibt es einen unerwarteten<br />
Finanzierungsbedarf, kann ich diesen<br />
Bedarf auch kurzfristig schneller und besser<br />
umverteilen.“ Der Experte warnt zudem davor,<br />
ein „Klumpenrisiko“ einzugehen. „Eine<br />
Firma sollte nicht alle Kredite bei einer einzigen<br />
Bank aufnehmen und eben auch Finanzinvestoren<br />
nicht kategorisch ausschließen.<br />
Man muss nur aufpassen, dass ein Familien<strong>unternehmen</strong>,<br />
wenn es Anteile oder sogar die<br />
Mehrheit abgibt, nicht seinen Charakter<br />
verliert und fortan sehr stark von Renditedenken<br />
beherrscht wird.“ [!]<br />
THOMAS LUTHER<br />
Einen Finanzinvestor im Boot zu<br />
haben, kann Unternehmen strategisch<br />
weiterbringen.<br />
22
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
Anzeige<br />
[rubrik]<br />
Passende Finanzierungslösungen<br />
Etwa 80 Prozent aller mittelständischen Unternehmen planen gemäß einer Studie der DZ BANK¹ noch im Jahr <strong>2014</strong><br />
Investitionen. Das ist der höchste Wert seit 14 Jahren. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen haben wir, die<br />
Volksbank Ulm-Biberach eG, daher für Sie die passenden Finanzierungslösungen.<br />
Den finanziellen Spielraum vergrößern, Liquidität<br />
sichern, Planungssicherheit gewinnen:<br />
Unsere Finanzierungslösungen sind auch für<br />
Ihr Unternehmen richtige Weg und das öfter,<br />
als Sie vielleicht denken, nämlich für:<br />
IT und Bürotechnik: IT-Systeme, Kopiergeräte,<br />
Kassensysteme, Telefonanlagen etc.<br />
Maschinen und Investitionsgüter: stationäre<br />
Maschinen, fahrbare Geräte wie Bagger,<br />
Stapler oder Turmdrehkräne, landwirtschaftliche<br />
Maschinen wie Schlepper oder<br />
Mähdrescher etc.<br />
Energie- und Umwelttechnik: Photovoltaikanlagen,<br />
Biogasanlagen, Blockheizkraftwerke<br />
etc.<br />
Fahrzeuge: Pkw, Lkw, Auflieger, Anhänger<br />
etc.<br />
Gemeinsam mit unserer Partnerin, der<br />
VR LEASING GRUPPE finden wir die Finanzierungslösungen,<br />
die am besten zu Ihrem Unternehmen<br />
und Ihren Anforderungen passen.<br />
Denn als Expertin für einfache und damit<br />
schnelle Finanzierungslösungen in der genossenschaftlichen<br />
FinanzGruppe schafft die<br />
VR LEASING GRUPPE zusammen mit uns unternehmerischen<br />
Freiraum für Sie. Die<br />
VR LEASING GRUPPE ist für Sie zuverlässige<br />
Partnerin bei Investitionen in Maschinen,<br />
Energie- und Umwelttechnik, Fahrzeuge, IT,<br />
Büro- und Medizintechnik. Zu ihrem Leistungsspektrum<br />
gehören auch Factoring und<br />
Zentralregulierung.<br />
Das ist sicher: Mit dem Sofortleasing der<br />
VR LEASING GRUPPE für Investitionen bis<br />
200.000 Euro können wir Ihnen auf der Stelle<br />
ein Angebot kalkulieren und Ihnen meist noch<br />
im Beratungsgespräch die Finanzierungszusage<br />
geben. Wir benötigen dazu lediglich ein<br />
konkretes Investitionsangebot oder eine bereits<br />
erteilte Bestellung von Ihnen.<br />
Vereinbaren Sie einfach einen Termin mit Ihrem<br />
Firmenkundenbetreuer bei der Volksbank<br />
Ulm-Biberach eG. Er stellt bei Bedarf gerne<br />
auch den Kontakt zu den Spezialisten der<br />
VR LEASING GRUPPE her.<br />
¹Mittelstand im Mittelpunkt, 02.12.2013<br />
Flexible<br />
Finanzierungslösungen.<br />
Einfach, schnell, passend.<br />
Wir finanzieren,<br />
was Sie <strong>unternehmen</strong>.<br />
Es ist Zeit, Danke zu sagen!<br />
deutschland-made-by-mittelstand.de<br />
23
Im Technologie- und Servicecenter der CHG Meridian werden zurückgegebene Geräte überholt – und fit gemacht für den Weiterverkauf.<br />
Wozu Technik selber kaufen?<br />
Leasing? Das verband man vor vielen, vielen Jahren mit Autos. Später entstanden auch Modelle für Software.<br />
Kinderkram. Die CHG Meridian hat heute sogar Ultraschallgeräte und Roboter im Angebot – für 19 Länder weltweit.<br />
Wenn Kunden nach drei Jahren die<br />
gebrauchten Computer, Laptops,<br />
Netbooks oder Server vom Kunden<br />
an die Leasinggesellschaft CHG Meridian AG<br />
zurückgeben, sind die Geräte noch lange<br />
nicht am Ende ihres Lebenszyklus angekommen:<br />
Das Unternehmen mit Sitz im oberschwäbischen<br />
Weingarten überholt und verkauft<br />
sie weiter. Rund 400.000 Computer<br />
seien im vergangenen Jahr im Technologieund<br />
Servicezentrum im hessischen Groß-Gerau<br />
runderneuert worden, berichtet Jürgen<br />
Mossakowski, Vorstandsvorsitzender des Unternehmens.<br />
Die gebrauchten Computer werden<br />
nach Afrika oder auch nach Osteuropa<br />
weiterverkauft, Netbooks an Zwischenhändler,<br />
die sie dann in großen Stückzahlen im Internet<br />
weiter veräußern. Und 80.000 Mal wurden<br />
alle Daten auf den Rechnern sicher<br />
gelöscht – auch die verborgenen.<br />
Das Geschäft<br />
brummt. <strong>2014</strong> sollen<br />
schon 450.000<br />
Geräte generalüberholt<br />
werden.<br />
Die CHG zählt zu<br />
den führenden<br />
hersteller- und<br />
bankenunabhängigen<br />
Leasinggesellschaften<br />
mit Nur Leasing gilt seit längereum<br />
weltweit mehr als<br />
8000 Kunden und als unsexy, sagt Chef<br />
Jürgen Mossakowski .<br />
zählt Ende 2013<br />
beinahe vier Millionen Geräte im Bestand:<br />
vom Computer bis hin zur für einige Zeit gemieteten<br />
Telefonanlage. Doch nur Leasing sei<br />
schon seit längerer Zeit unsexy, sagt Mossakowski.<br />
Deshalb habe sich das Unternehmen,<br />
das im vergangenen Jahr mit weltweit 795<br />
Mitarbeitern im Neuinvestitionsgeschäft die<br />
Milliardengrenze geknackt hat, vorgenommen,<br />
den Bereich Service auszubauen und<br />
weitere Bereiche zu erschließen.<br />
KliniKen iM Visier<br />
So ist Meridian auch im Bereich des Gesundheitswesens<br />
und der Medizintechnik unterwegs.<br />
Da geht es um die Verwaltung von Dialysepumpen<br />
für Patienten oder auch um<br />
Endoskopie- oder Ultraschallgeräte, die Kliniken<br />
oder Ärzte mieten können. In Deutschland<br />
sei die CHG schon größer am Start, in<br />
Frankreich, den USA oder Großbritannien<br />
laufe das Geschäft bislang eher nebenbei –<br />
und soll jetzt ausgebaut werden. „Alle öffentlichen<br />
Krankenhäuser in Frankreich bestellen<br />
bei uns“, sagt Mossakowski. Darin lägen<br />
große Entwicklungschancen. Der Bereich Industriegüter<br />
ist im Jahr 2012 neu hinzuge-<br />
24
R<br />
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[finanzieren]<br />
kommen. In dem Segment geht es um die<br />
Finanzierung von Spezialprojekten wie zum<br />
Beispiel Ro botern oder Fertigungsstraßen.<br />
Das Besondere daran ist: Solche Verträge laufen<br />
mit fünf bis sieben Jahre deutlich länger<br />
als der klassische IT-Vertrag. So kümmerte<br />
sich die CHG in der Vergangenheit beispielsweise<br />
um die Vor finanzierung einer neuen<br />
Produktionsanlage mit Schweiß- und Montagerobotern<br />
eines Autozulieferers, der für<br />
Volkswagen tätig ist. Bei solchen Großprojekten<br />
ist die Leasing gesellschaft ein wichtiger<br />
Partner, damit die Geschäfte reibungslos in<br />
Zusammenarbeit mit dem Zulieferer und den<br />
entsprechenden Anlagenbauern abgewickelt<br />
werden können.<br />
nebenberuflich zum weltweiten <strong>unternehmen</strong><br />
Der Erweiterungsbau in Weingarten soll Ende kommenden Jahres fertig sein.<br />
WildWuCHs ausliCHTen<br />
Doch auch im klassischen Bereich der Informationstechnologie<br />
sieht Mossakowski gleichermaßen<br />
Chancen für Meridian, noch zuzulegen.<br />
Beispiel: Drucker in den Büros.<br />
Oftmals haben Firmen die unterschiedlichsten<br />
Drucker von unterschiedlichsten Herstellern.<br />
„Wenn man den Wildwuchs von Modellen<br />
ordnet, kann man erheblich Kosten<br />
sparen.“ Denn in der Regel werde für jedes Gerät<br />
ein anderer Techniker benötigt, und dadurch<br />
verteure sich alles unnötig. Oftmals<br />
rechnen die Unternehmen ihre Druckkosten<br />
direkt mit der Leasinggesellschaft ab, die in<br />
ihrem Auftrag die genaue Anzahl der Ausdrucke<br />
erfasst.<br />
In den Ausbau seiner Zentrale in Weingarten<br />
hat CHG 20 Millionen Euro investiert. Der<br />
Erweiterungsbau soll Ende des kommenden<br />
Jahres fertig sein. Von hier aus wird das Unternehmen,<br />
das mittlerweile in 19 Ländern vertreten<br />
ist, gesteuert. In Weingarten sind aktuell<br />
über 270 Mitarbeiter beschäftigt.<br />
Bei der Internationalisierung sind die Oberschwaben<br />
ihren eigenen Weg gegangen. Sie<br />
lassen Asien konsequenterweise links liegen.<br />
„Wir haben uns bewusst vor Jahren für den<br />
Gang nach Amerika entschieden“, sagt der<br />
Vorstandschef. In den USA, Mexiko und Brasilien<br />
sieht Meridian viel Potenzial, um weiter<br />
wachsen zu können und unabhängiger vom<br />
Heimatmarkt und Zentraleuropa zu werden.<br />
Jürgen Gelf gründet das Unternehmen<br />
1979 in Berg bei Ravensburg. In den Anfangstagen<br />
baut er es neben seinem Job<br />
als Leiter Organisation und Datenverarbeitung<br />
bei einem mittelständischen Unternehmen<br />
der Elektroindustrie auf. Die<br />
Technik jener Tage können sich junge<br />
Menschen heute schon fast nicht mehr<br />
vorstellen. Gelfs Arbeitsplatz besteht aus<br />
einem Tisch, einer zu dieser Zeit hochmodernen<br />
Kugelkopf-Schreibmaschine<br />
von IBM, vier Ringbuch-Ordnern, einem<br />
Diktiergerät und einem Stanzband-Fernschreiber.<br />
In den 1990er Jahren tätigt<br />
Gelf Zukäufe – und gewinnt die öffentliche<br />
Hand als Auftraggeber hinzu. 2002<br />
zieht das Unternehmen nach Weingarten.<br />
Es expandiert weiter.<br />
2013 verstirbt der Unternehmensgründer<br />
Jürgen Gelf.<br />
OS<br />
Der Gang nach Brasilien sei beschwerlich gewesen,<br />
weil dort die Mühlen der Bürokratie<br />
besonders langsam mahlen. In dem Schwellenland<br />
entwickle sich der Markt langsam<br />
– aber stetig. Um für die Zukunft gewappnet<br />
zu sein, soll in den kommenden Jahren die Belegschaft<br />
weiter aufgestockt werden. Im Jahr<br />
2016 sollen nach den Vorstellungen der Unternehmensleitung<br />
des Familien<strong>unternehmen</strong>s<br />
weltweit rund 1000 Mitarbeiter für den<br />
Mittelständler arbeiten. [!] Oliver Schmale<br />
Bauen zu können ist die eine Sache, zu dürfen die andere.<br />
Wir sagen DANKE und freuen uns über neue Herausforderungen!<br />
FKIRCHHOFF . SYSTEMBAU<br />
Auftraggeber (v. l).: URACA GmbH & Co. KG - Bad Urach, Dr. Hannes Egle -Tuttlingen, Marc Cain Holding GmbH- Bodelshausen<br />
Architektur: Hank + Hirth, Eningen, Objekt Mitte: Architekturbüro Weber, Gosheim - Fotos: Oliver Starke, FRICON - Alexander Frick<br />
25
[finanzieren] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
leasing – von der iT bis zum roboter<br />
Es gibt praktisch nichts, was nicht geleast<br />
werden kann. Neben den klassischen Mobilien<br />
und Immobilien – Fahrzeugen, Maschinen,<br />
Computer-Hardware, Einrichtungen sowie<br />
Gebäuden – sind Leasing-Lösungen auch für<br />
immaterielle Güter verfügbar. Das Spektrum<br />
reicht hier von Software über Marken- und<br />
Patentrechte bis zur Vorfinanzierung von Forschungs-<br />
und Entwicklungsprojekten. Die<br />
Vorteile von Leasing lassen sich schnell aufzählen:<br />
Liquidität bleibt erhalten, das Eigenkapitel<br />
wird nicht belastet, die Kreditlinien<br />
werden geschont. Infolge der fest vereinbarten<br />
Leasing-Raten gibt es zugleich eine hohe<br />
Planungssicherheit. Nach Ablauf der Leasing-<br />
Dauer wird das genutzte Wirtschaftsgut zurückgegeben<br />
oder kann gegen das technisch<br />
aktuellste ausgetauscht werden.<br />
Bei Autos bedeutet dies, stets das neueste Modell<br />
und damit das umweltschonendste, sicherste<br />
und verbrauchsgünstigste Fahrzeug<br />
zu fahren. Der Aspekt des aktuellsten technischen<br />
Standes ist speziell für High-Tech-Geräte<br />
mit ihren kurzen Innovationszyklen interessant.<br />
Gerade im IT-Segment sind laut CHG<br />
die sogenannten Small-Ticket-Leasing-Verträge<br />
stark verbreitet. Heute werden bereits<br />
Objekte mit Investitionswerten von 500 Euro<br />
geleast.<br />
auf Was Muss Man<br />
besonders aCHTen?<br />
Das Unternehmen sollte vorab einen Bedarfsund<br />
Nutzungsplan entwickeln und überlegen,<br />
ob es Dienstleistungen zusätzlich nutzen<br />
möchte. Zudem sollte mit der<br />
Leasing-Gesellschaft geklärt werden, was<br />
nach Ablauf des Vertrages mit dem Investitionsgut<br />
geschieht und welcher Vertragstyp<br />
gewählt werden soll.<br />
Foto: © Rainer Plend/Fotolia.com<br />
Foto: © mario beauregard/Fotolia.com<br />
die besonderHeiTen<br />
Leasing ist in aller Regel eben nicht der Erwerb<br />
von Eigentum: Das geleaste Gut geht<br />
nach Ablauf der Vertragslaufzeit an die Gesellschaft<br />
zurück. Der Nutzer kann das Gerät oder<br />
die Software folglich auch nicht verkaufen,<br />
wenn er feststellt, dass er es doch nicht<br />
braucht und nutzt Nichtnutzung oder wenn<br />
er dringend Geld auftun muss.<br />
Die feste Vertragslaufzeit ist einerseits ein<br />
Vorteil. Andererseits kann der Vertrag auch<br />
nicht ohne weiteres gekündigt werden. Somit<br />
ist die Leasingrate ein fester Bestandteil der<br />
Kosten.<br />
Die Leasinggesellschaft kann den Vertrag<br />
kündigen, wenn die Raten nicht regelmäßig<br />
gezahlt werden. Möglicherweise wird auch<br />
noch Schadenersatz fällig.<br />
Die Raten sind auch dann fällig, wenn das Gerät<br />
nur herumsteht und nicht genutzt wird.<br />
Schließlich ist ja ein entsprechender Vertrag<br />
geschlossen worden. Oliver Schmale<br />
Seit 2012 bietet CHG Meridian auch Leasingund<br />
Finanzierungsmodelle für Industriegüter wie<br />
Roboter und Fertigungsstraßen an. Das Besondere:<br />
Die Verträge laufen länger.
1984 – <strong>2014</strong><br />
30<br />
Schwäbisch.<br />
Ehrlich.<br />
Gut.<br />
… und das schon seit 30 Jahren!<br />
30 Jahre am Puls der Zeit<br />
Im industriellen Zeitalter ist die Zeit zu einem<br />
vielschichtigen Faktor geworden, der den Erfolg<br />
entscheidend beeinfl ussen kann. Denn Zeit<br />
ist letztendlich Geld. Deshalb müssen viele<br />
As pekte der Zeit berücksichtigt werden: Wie<br />
viel Zeit steht zur Verfügung, wofür wird sie<br />
eingesetzt, wo lässt sich Zeit sparen?<br />
Als Spezialisten für Zeit- und Betriebs datenerfassung<br />
denken wir seit mehr als 30 Jahren<br />
über den Faktor Zeit naturgemäß sehr viel<br />
nach. Ein effektiver Umgang damit ist für uns<br />
die Grundlage fü r die Entwicklung unserer<br />
Module. Unsere AVERO ® Software soll Ihrem<br />
Unternehmen dabei helfen, Ihre Unternehmensprozesse<br />
optimal zu gestalten, zu<br />
bearbeiten und auszuwerten und damit die<br />
Voraussetzungen für einen größtmöglichen<br />
Erfolg zu schaffen.<br />
Damit wir das können, setzen wir uns inten siv<br />
mit den Anforderungen und Bedürfnissen<br />
unserer Kunden auseinander. Ob Personalzeit<br />
oder Zutritt, Betriebsdatenerfassung oder<br />
Fertigungsleitstand – wir analysieren und<br />
realisieren zusammen mit Ihnen eine optimale<br />
Lösung für Ihr Unternehmen. Unsere Philosophie<br />
ist es, durch Kompetenz, Zuverlässigkeit<br />
und Professionalität zu überzeugen. Dies erreichen<br />
wir mit einem hoch qualifi zierten und<br />
motivierten Mitarbeiterteam, das im vertrauensvollen<br />
Miteinander tragfähige Lösungen<br />
für unsere Kunden erarbeitet.<br />
Unsere Kernkompetenzen<br />
Seit 30 Jahren bestens aufgestellt:<br />
POTENZIALE ERKENNEN, KAPAZITÄTEN PLANEN, MEHRWERT SCHAFFEN.<br />
| Zeiterfassung<br />
| Zutrittskontrolle<br />
| Webportal / Workfl ow<br />
| Mobile Zeiterfassung<br />
| Kantinendatenerfassung<br />
| Personaleinsatzplanung<br />
| Digitale Personalakte<br />
| FERTIGUNG / PRODUKTION<br />
Erleben Sie die spielerische<br />
Einfachheit unserer modularen und<br />
vollintegrierten AVERO ® Software<br />
für Ihr Unternehmen.<br />
Ob Personalzeit- oder Betriebsdatenerfassung,<br />
Leitstand oder<br />
Zutritt – mit AVERO ® treffen Sie<br />
garantiert ins Schwarze.<br />
Unsere Kunden<br />
| Betriebsdatenerfassung<br />
| Projektzeiterfassung<br />
| Fertigungsleitstand<br />
| Maschinendatenerfassung<br />
| Ticket-Management<br />
LOGISTIK DIENSTLEISTUNG<br />
T E C H N I K F Ü R I D E E N<br />
DIGITAL-ZEIT GmbH Max-Eyth-Straße 40/1<br />
D-89231 Neu-Ulm<br />
Telefon +49 (0)731 · 20 55 57 · 0<br />
Telefax +49 (0)731 · 20 55 57 · 50<br />
info@digital-zeit.de<br />
www.digital-zeit.de<br />
27
[rubrik] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Qualität liegt im Detail – zum Beispiel in einer perfekten Naht, unter der sich ein Textilband verbirgt.<br />
DerZauberdergeradenNaht<br />
Wer je in einem Kleinstwagen über die Straßen geholpert ist, weiß, dass Auto nicht gleich Auto ist. Das gleiche gilt für<br />
Sitzmöbel. Erpo fährt auf gehobenen Bahnen. Man vergleicht sich nicht mit Porsche und Bentley, eher mit Mercedes.<br />
Stefan Bornemann hat den Kennerblick.<br />
Der 45-Jährige ist einer der drei Geschäftsführer<br />
der Erpo Möbelwerke<br />
GmbH mit Sitz in Ertingen. Geht der Manager<br />
durch Möbelhäuser, schaut er genau hin. So<br />
zeichnen sich hochwertige und gut verarbeitete<br />
Sitzmöbel mit Lederbezug unter anderem<br />
durch gerade Nähte aus. Um das akkurat hinzubekommen,<br />
ist einiger Aufwand nötig. Bei<br />
Erpo wird er betrieben. Der Mittelständler mit<br />
150 Mitarbeitern bedient das gehobene Segment.<br />
Das Wort Luxus hört Bornemann nicht<br />
gern. „Wir sind kein Bentley, Porsche oder<br />
Rolls-Royce, sondern eher Mercedes.“<br />
Der Lederanteil betrage bei Erpo über 70 Prozent.<br />
Um perfekte Nähte hinzubekommen,<br />
schneiden die Oberschwaben das Leder zurück<br />
und nähen an den entsprechenden Stellen<br />
ein Textilband ein, das andere laut Bornemann<br />
entweder weglassen oder durch ein<br />
Papierband ersetzen, manche brächten zusätzliche<br />
Ziernähte an. „Eine weitere Voraussetzung<br />
für eine<br />
gerade Naht ist,<br />
den Mitarbeitern<br />
die entsprechende<br />
Zeit zu geben.“<br />
Das Unternehmen<br />
produziert ausschließlich<br />
in<br />
Deutschland. Vom<br />
Zuschnitt über das<br />
Nähen, Polstern Geschäftsführer<br />
und Kaschieren erfolgt<br />
alles im eige-<br />
Stefan Bornemann.<br />
nen Werk. Rund 10.000 Garnituren haben das<br />
Unternehmen vergangenes Jahr verlassen.<br />
Zwei Drittel der Erlöse werden im Inland gemacht.<br />
2013 betrug der Umsatz 27 Millionen<br />
Euro. 2012 waren es 26 Millionen Euro.<br />
Konkrete Angaben zum Gewinn macht der<br />
Manager nicht, sagt aber: „Wir sind ein zu<br />
hundert Prozent profitables Unternehmen.“<br />
Mit Wachstumspotenzial. Der Mittelständler<br />
sieht in Asien weiteres Potenzial. Außerhalb<br />
Deutschlands ist Japan der wichtigste Markt.<br />
Um dort zu bestehen, gibt es einiges zu beachten.<br />
Japaner gelten als technikverliebt, in vielen<br />
Haushalten gibt es einen Staubsaugerroboter.<br />
„Es ist wichtig, ein Produkt anzubieten,<br />
an dem der Staubsauger bei seiner automatischen<br />
Fahrt nicht hängenbleibt“, erklärt Bornemann<br />
eine der Besonderheiten. Der kleine<br />
Saugroboter muss also unters Sofa fahren<br />
können. Die Herkunft der Möbel gibt einen<br />
Extra-Bonus: „Für Japaner ist alles, was aus<br />
Deutschland kommt, etwas Gutes.“<br />
Dass die Produkte in Ertingen hergestellt werden,<br />
garantieren die Oberschwaben mit einem<br />
eigenen Zertifikat – auch auf Englisch<br />
und Japanisch. Darauf ist noch ein Bild von<br />
Bornemann abgebildet sowie seine Unterschrift.<br />
Das zeigt Wirkung. In Asien würde<br />
man sein Gesicht verlieren, wenn die Angaben<br />
nicht stimmen, erklärt der Manager, der<br />
dem Slogan „Made in Germany“ kritisch ge-<br />
28
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[machen]<br />
genübersteht, wie er sagt. Außer auf Japan<br />
setzt Erpo in Asien bislang vor allem auf Südkorea<br />
und Taiwan. Demnächst soll auch Malaysia<br />
hinzukommen. Zugleich verstärkt die<br />
Firma ihre Aktivitäten in den Niederlanden,<br />
der Schweiz und Österreich und schaut sich<br />
Großbritannien als künftigen Markt an. Seit<br />
einem Jahr ist es in Russland aktiv.<br />
Erpo will freilich nicht nur durch Export zulegen,<br />
sondern auch durch die dritte Kollektion,<br />
die kürzlich auf den Markt gekommen ist. Sie<br />
zeichnet sich unter anderem durch besondere<br />
Funktionen aus: So kann etwa die Armlehne<br />
weggeklappt werden. Die Produktentwicklung<br />
finde ausschließlich im eigenen Haus<br />
statt. „Von der Idee bis zum fertigen Produkt<br />
dauert es rund ein Jahr.“ Angesiedelt ist sie in<br />
Donzdorf bei Göppingen. Dort befindet sich<br />
gleichfalls ein großer Ausstellungsraum.<br />
AttrAktivELohNkostEN<br />
Mit der neuen Kollektion soll auch in<br />
Deutschland zugelegt werden. Hier sind die<br />
Oberschwaben bei über 230 Händlern mit verschiedenen<br />
Produkten vertreten. Zu mehr als<br />
50 Prozent gehört das Unternehmen der BWK<br />
GmbH, die im Sommer 2013 eingestiegen ist.<br />
Die Unternehmensbeteiligungsgesellschaft<br />
mit Sitz in Stuttgart ist eine der größten deutschen<br />
Kapitalbeteiligungsgesellschaften, sie<br />
verfolge einen langfristigen Investitionsansatz<br />
und investiere mit Schwerpunkt in den<br />
Mittelstand. BWK-Geschäftsführer Jochen<br />
Wolf betont, Erpo passe mit seinem attraktiven<br />
Geschäftsmodell ausgezeichnet ins Beteiligungsportfolio.<br />
Das angestrebte Wachstum<br />
werde eigenfinanziert. Der Rest von Erpo gehört<br />
Bornemann und den geschäftsführenden<br />
Erpo–einkunstwortausErtingenundPolstermöbeln<br />
Wichtig ist nicht nur gutes Material, sondern auch gute, sorgfältige Mitarbeiter.<br />
DerNameErpo ist ein Kunstwort und eine<br />
Zusammenfügung aus dem Ort Ertingen<br />
und dem Unternehmenszweck Polstermöbel.<br />
Das Unternehmen ist 1952 von<br />
Wilhelm und Maria Blauw gegründet worden.<br />
Blauw war damals leitender Mitarbeiter<br />
bei der dortigen Matratzenfabrik<br />
und hatte aus der Insolvenzmasse das<br />
Gesellschaftern Klaus Oevermann und Jürgen<br />
Sollner. Das Trio ist schon lange bei Erpo in<br />
verschiedenen Funktionen tätig.<br />
Oberschwaben bietet für das Unternehmen<br />
viele Möglichkeiten. Es gibt keine Probleme,<br />
Mitarbeiter zu bekommen, wenn welche gesucht<br />
werden. Und: „Hier sind die Leute fachlich<br />
gut drauf“, sagt Bornemann. Auch die<br />
Kostensituation ist nicht zum Nachteil. „Die<br />
Lohnkosten sind nicht so hoch wie in Stuttgart.“<br />
Der Mittelständler will auch in Bereiche<br />
Gebäude übernommen. Er fing dann mit<br />
der Produktion von Polstermöbeln an. In<br />
den 1980er Jahren wird der Mittelständler<br />
an einen norwegischen Konzern verkauft.<br />
2009 steigt dann der Finanzinvestor<br />
Afinum mit dem heute aktiven<br />
Management ein. Afinum wird im Sommer<br />
2013 von der BWK abgelöst. OS<br />
vordringen, in denen er bislang noch nicht<br />
aktiv ist. So ist ein Einzelsessel auf den Markt<br />
gekommen, bevor die dritte Kollektion der<br />
Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Und da Qualität<br />
bekanntlich länger hält als Billigware,<br />
überlegt im Premiumsegment der ein oder andere<br />
Kunde sicherlich etwas länger, wenn es<br />
um die Anschaffung neuer Polstermöbel geht:<br />
Denn im Durchschnitt vergehen genau 13,8<br />
Jahre, bis eine Ledergarnitur ausgetauscht<br />
wird. [!]<br />
Oliver Schmale<br />
29
[spezial] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Klar zum Start<br />
Es ist wie beim Fliegen. Wer mit einer Geschäftsidee auf die Startbahn rollt, sollte behutsam abheben und nie das Ziel<br />
aus den Augen verlieren. Rolf Essl und Andreas Müller von Altec tun das und setzen auf professionelle Unterstützung.<br />
Foto: © MC_PP / Fotolia.com<br />
Rolf Essl und Andreas Müller überließen<br />
nichts dem Zufall und bereiteten den<br />
Beginn ihrer Selbstständigkeit so akribisch<br />
vor wie gute Piloten Start und Landung.<br />
Dieser Vergleich ist beileibe nicht aus der Luft<br />
gegriffen, denn die beiden geschäftsführenden<br />
Gesellschafter haben sich mit ihrer noch<br />
jungen Altec Airfield Lighting GmbH unter<br />
anderem auf Vorfeld-Beleuchtungen von<br />
Flughäfen und Hubschrauberlandeplätzen<br />
spezialisiert.<br />
Bei der Planung ihrer Unternehmensstrategie<br />
sind die beiden jedoch jederzeit auf dem Boden<br />
geblieben. Es ist noch gar nicht so lange<br />
her – im Mai 2013 war es –, dass sie mit einer<br />
vagen Idee vor einem weißen Blatt Papier saßen.<br />
Dieses blieb allerdings nicht sehr lange<br />
unbeschrieben. Betriebswirt Rolf Essl: „Existenzgründern<br />
geistern wohl viele Gedanken<br />
im Kopf herum. Wichtig ist es, dass man sie<br />
niederschreibt. Was brauchen wir? Was müssen<br />
wir wann tun? Mit wem müssen wir sprechen?<br />
Womit haben wir Erfolg? Welche Fehler<br />
können wir von Anfang an ausschließen?“<br />
Zu Beginn ihrer gemeinsamen Überlegungen<br />
hatten sie wahrscheinlich so viele Fragen wie<br />
Flugzeuge tagtäglich auf dem Flughafen in<br />
Frankfurt/Main landen. Sie holten sich die<br />
Antworten. Der jungfräuliche Schreibblock<br />
wurde alsbald die Basis eines tragfähigen Konzeptes.<br />
Nicht deNKeN, fraGeN<br />
Auch Essls Mitstreiter, Diplom-Ingenieur Andreas<br />
Müller betont, wie wichtig es ist, sich zu<br />
informieren, bevor man den großen Schritt<br />
macht und seinen weiteren Berufsweg in die<br />
eigenen Hände nimmt: „Es lohnt sich garantiert,<br />
immer zu fragen – und nicht zu denken,<br />
dass man sowieso schon alles weiß.“<br />
Vor der Existenzgründung führten die beiden<br />
Bankengespräche – und suchten erst einmal<br />
das Beratungszentrum der Industrie- und<br />
Handelskammer Ulm auf. Zum Team des Starter-Centers<br />
gehört Jutta Peschel, die Unternehmensgründern<br />
im wahrsten Sinn des<br />
Wortes auf die Sprünge hilft. Sie weiß, dass<br />
eine umfassende Information das A und O auf<br />
dem Weg zum Erfolg ist. Sonst kann ein mutiges<br />
Vorhaben sehr schnell in einer schmerzhaften<br />
Bruchlandung enden: „Wir wissen,<br />
dass 49 Prozent der Neugründer scheitern,<br />
weil sie sich im Vorfeld nicht umfassend mit<br />
der jeweiligen Marktsituation auseinandergesetzt<br />
haben. Doch diese Analyse ist eben so<br />
entscheidend wie eine gefestigte Finanzierung.<br />
40 Prozent der Starter kümmern sich<br />
zum Beispiel leider immer noch zu wenig um<br />
eine Rentabilitätsvorschau und haben unter<br />
anderem auch keinen ordentlich durchdachten<br />
Geschäftsplan.“<br />
Doch all das ist kein Hexenwerk, wie Rolf Essl<br />
und Andreas Müller bestätigen können. Den<br />
30
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[spezial]<br />
existenzgründung in Zahlen<br />
28<br />
Eigentumswohnungen<br />
2 Büros<br />
2- 5-Zimmer-Wohnungen<br />
von 67 - 147 m² mit Lift<br />
und Tiefgarage. Neu-Ulm,<br />
Gartenstraße 22 (neben Postbank)<br />
Auf diesem Grundstück blühten bereits vor<br />
über 200 Jahren die Gärten der in Ulm gegründeten<br />
„Gartengesellschaft“. Heute ist<br />
dies eine Top Wohnlage mitten in Neu-Ulm.<br />
Sie liegt zwischen dem Bahnhof Neu-Ulm<br />
und dem Stadtmittelpunkt Petrusplatz. Wenige<br />
Gehminuten entfernt vom Glacis Park,<br />
der Donau oder der Ulmer Altstadt.<br />
Besser beraten ist, wer sich beraten lässt.<br />
immer mehr Menschen machen sich im<br />
Gebiet der Industrie- und Handelskammer<br />
Ulm mit einem eigenen Unternehmen<br />
selbstständig. So waren zum 1. Januar<br />
dieses Jahres 337 Unternehmen<br />
mehr gemeldet, als im gleichen Zeitraum<br />
2013. Bei der Vorbereitung gehen viele<br />
Neugründer mit gutem Beispiel voran.<br />
69 Prozent nutzten das IHK-Beratungsangebot<br />
für Durchstarter. Insgesamt gab<br />
es hier im vergangenen Jahr 750 persönliche<br />
Einzelberatungen. Rund 5000 Existenzgründer<br />
holten sich eine telefonische<br />
Erstauskunft ein.<br />
Foto: © pressmaster/Fotolia.com<br />
Im Durchschnitt sind die Menschen, die<br />
den Sprung in die Selbstständigkeit wagen,<br />
zwischen 38 und 42 Jahre alt.<br />
IHK-Spezialistin Jutta Peschel kennt die<br />
Gründe: „In dieser Phase des Lebens suchen<br />
viele Menschen noch einmal eine<br />
neue Orientierung.“ Die Gründungsberaterin<br />
nennt auch persönliche Erfolgsfaktoren:<br />
„Wenn man sich beruflich auf eigene<br />
Beine stellen möchte, sollte man auf<br />
jeden Fall prüfen, ob man über große Portionen<br />
Eigeninitiative, Kreativität, Überzeugungskraft<br />
und Kommunikationsfähigkeit<br />
verfügt.“<br />
sl<br />
4-Zi-Whg – 101 m² 3-Zi-Whg – 97 m²<br />
frischgebackenen Geschäftspartnern, die<br />
mehr als zehn Jahre lang gemeinsam in einem<br />
großen Unternehmen für den Bereich Flugfeld-Beleuchtung<br />
tätig waren, war schnell<br />
klar, dass sie sich von Anfang an auf ihre Kernkompetenzen<br />
konzentrieren müssen – und<br />
auf sonst nichts. Wenn möglich.<br />
Für Rolf Essl ist es wichtig, dass man sein eigenes<br />
Tun immer wieder selbstkritisch kontrolliert:<br />
„Man muss jederzeit überprüfen, welche<br />
Leistungen man in Eigenregie erbringen kann<br />
und welche eben nicht. Mit einer eigenen<br />
Rechnungsabteilung verdiene ich als Existenzgründer<br />
erst einmal kein Geld, so dass wir<br />
uns zum Unternehmensstart auch noch keine<br />
eigenen Mitarbeiter in diesem Bereich leisten<br />
können und wollen. Ganz darauf verzichten<br />
können wir auf diese Tätigkeiten jedoch auch<br />
nicht.“<br />
Die Lösung ist einfach: Externe Dienstleister<br />
halten den Neuen den Rücken frei und kümmern<br />
sich in ihrem Namen um die alltäglichen<br />
Dinge, die in einem Büro unerlässlich<br />
sind. Dazu gehören unter anderem der Telefonservice,<br />
die Organisation von Gesprächsterminen<br />
oder die Reservierung eines Konferenzraumes.<br />
firMa ohNe Büro<br />
So kommen die beiden Geschäftsführer erst<br />
einmal ohne ein eigenes Büro aus. Der Firmensitz<br />
ist in Ulm angemeldet, auch wenn<br />
Andreas Müller von seinem oberfränkischen<br />
Wohnort aus und Rolf Essl von seiner Wohnung<br />
in Erbach ihren Geschäften nachgehen.<br />
Für Rolf Essl bedeutet Erfolg nicht unbedingt,<br />
dass man auch in seinem eigenen Firmendomizil<br />
thronen muss. Viel wichtiger als eine<br />
Chefetage ist ihm der Blick fürs Wesentliche:<br />
„Wir haben uns von Anfang an für eine dezentrale<br />
Arbeitsweise entschieden und nutzen<br />
den breitgefächerten Service eines Ulmer<br />
Der geplante Baubeginn ist im<br />
Sommer <strong>2014</strong><br />
• Bäder alle mit Fenster (3-5-Zi-Whg)<br />
• Abstellräume und Gäste WC<br />
• 3-fach verglaste Fenster<br />
• Fußboden heizung durchgehend<br />
• Eiche massiv Parkettböden<br />
• attraktive Sanitärausstattung<br />
• kontrollierte Wohnraum-Abluftanlage<br />
• TG-Plätze mit Elektroanschluss<br />
Info-Telefon: 0731 / 9 80 77 95<br />
HARALD MANDL<br />
Herrenkellergasse 8<br />
89073 Ulm<br />
E-Mail: info@vemi.de<br />
www.vemi.de<br />
Bauträger:<br />
31<br />
Vermietungsservice für Kapitalanleger
[spezial] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Dienstleisters in der Weststadt, bei dem wir,<br />
wenn nötig, einen Besprechungsraum anmieten<br />
können. Die Kosten für ein eigenes Büro<br />
und das Gehalt von Angestellten können wir<br />
uns erst einmal sparen.“<br />
Doch wie lange noch? Was wird sein, wenn<br />
sich der Erfolg einstellt und die Umsätze<br />
wachsen? Auch daran haben die beiden Existenzgründer<br />
längst gedacht. Für sie ist es jedoch<br />
wichtig, dass sie den Blick auf ihr Ziel<br />
nicht verlieren. Wie Piloten. Andreas Müller:<br />
„Ich sage immer: alles zu seiner Zeit, denn das<br />
Personal muss mit der Geschäftsentwicklung<br />
mitwachsen und auf gar keinen Fall umgekehrt.“<br />
Start iM NeBeNerwerB<br />
So reißen die beiden findigen Geschäftsmänner<br />
den Steuerknüppel bewusst nicht ruckartig<br />
nach oben, um den Steigflug der Altec<br />
GmbH nicht zu steil werden zu lassen. Rolf<br />
Essl: „Es ist ganz klar, dass wir wachsen wollen,<br />
jedoch auf keinen Fall zu schnell.“<br />
So sieht das auch Peschel: „Wir empfehlen<br />
Existenzgründern, ein langsames Wachstum<br />
anzustreben. Eine weitere Alternative für einen<br />
sicheren Einstieg in die Selbstständigkeit<br />
kann übrigens auch eine Nebenerwerbsgründung<br />
sein, bei der man erst einmal für ein paar<br />
Stunden in der Woche ausloten kann, ob das<br />
eigene Angebot auch angenommen wird.“<br />
Der Vorteil dieses vorsichtigen Herantastens<br />
an das eigene Unternehmen – und wohl auch<br />
an die eigenen Fähigkeiten – ist, dass man unter<br />
keinem hohen Druck steht, da man weiterhin<br />
Gehalt bezieht und sozialversichert ist.<br />
Jutta Peschel: „Wichtig ist, dass man seinen<br />
Arbeitgeber auf jeden Fall über diesen Schritt<br />
informiert.“<br />
Für Andreas Müller und Rolf Essl war das keine<br />
Option: Sie beendeten mit ihrer Firmengründung<br />
ihre Arbeitslosigkeit. Dass die beiden<br />
sich schon so lange kennen, ist ein starker<br />
Trumpf, den sie nun tagtäglich ausspielen<br />
können. Beide wissen, dass bei einer partnerschaftlichen<br />
Beziehung der persönliche Umgang<br />
eine nicht zu unterschätzende Rolle<br />
spielt. Dies gilt nicht nur im eigenen Betrieb,<br />
sondern auch bei Abschlüssen mit neuen Geschäftspartnern.<br />
Andreas Müller: „Vereinbarungen<br />
werden immer zwischen Menschen<br />
getroffen, und man muss schon erkennen<br />
Die Existenzgründer Andreas Müller (links) und<br />
Rolf Essl planen Flugfeldbefeuerungen. Ein eigenes,<br />
gemeinsames Büro ist dazu noch nicht nötig.
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[spezial]<br />
können, ob das Miteinander passt. Natürlich<br />
müssen auch die Familien mitziehen und voll<br />
und ganz hinter uns und<br />
unserem Projekt stehen.<br />
Sonst geht das<br />
alles nicht.“ Rolf<br />
Essl nickt: „Man<br />
sollte bei dem<br />
Schritt in eine<br />
neue berufliche<br />
Zukunft auf jeden<br />
Fall einen Schnellschuss<br />
vermeiden und eine belastbare<br />
Zusammenarbeit ausloten.<br />
Wir beiden haben zum Beispiel<br />
von Beginn an geregelt, wie es<br />
weitergeht, wenn wir einmal<br />
streiten.“<br />
Das kam bis jetzt glücklicherweise<br />
noch nicht vor. Aber wer weiß, vor welche<br />
Herausforderungen die zwei in der<br />
Zukunft gestellt werden? Doch eines ist<br />
schon jetzt sicher. Beide haben den gemeinsa-<br />
men Sprung in das oftmals sehr kalte Wasser<br />
der Selbstständigkeit noch nicht<br />
bereut, obwohl beide bei der<br />
Gründung im September<br />
2013 bereits über<br />
50 Jahre alt waren.<br />
Rolf Essl<br />
nimmt es gelassen<br />
und<br />
vertraut auf seine<br />
Erfahrung und<br />
Reife: „Wenigstens können wir in unserem<br />
Alter keinem jugendlichen Leichtsinn<br />
mehr verfallen.“ Angst vor dem,<br />
was kommt, haben beide nicht. Unisono<br />
sagen sie: „Scheitern ist nicht im Plan vorgesehen.“<br />
Und der wurde ja schließlich akribisch<br />
erarbeitet. [!]<br />
sTEPHAN lOEFFlER<br />
Das Anschauungsmaterial für Kundentermine<br />
(hier ein „Flugfeuer“) passt ins Handgepäck.<br />
33
[führen] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
DiekleineChef-Schule<br />
Mitarbeiter fühlen sich häufig zu wenig wahrgenommen, nicht gefördert oder gar unter Druck gesetzt. Folge: Stress – bis<br />
hin zur psychischen Erkrankung. Hier sind die Vorgesetzten gefordert. Tipps für einen „gesundenFührungsstil“.<br />
Als in ihrer Firma neue Strukturen geschaffen<br />
werden, ist Margit Möller (45)<br />
Führungskraft in einem Chemiebetrieb<br />
und hat 13 Mitarbeiter. Durch die Umstrukturierung<br />
verliert sie ihre Stellung und<br />
kommt in eine andere Abteilung – in untergeordneter<br />
Position. Zwei Jahre lang wird sie bei<br />
mehreren Bewerbungen um Stellungen als<br />
Abteilungsleiterin inner- und außerhalb der<br />
Firma nicht berücksichtigt. Sie fühlt sich gekränkt,<br />
enttäuscht, verliert die Motivation. Es<br />
kommt noch schlimmer: Nur zwei Wochen<br />
nach einem Führungswechsel in ihrer Abteilung<br />
fordert der neue Chef mehr Leistung von<br />
ihr und droht mit Kündigung. Die Unzufriedenheit<br />
der einst kraftvollen Managerin – die<br />
ihren richtigen Namen nicht nennen möchte<br />
– verwandelt sich in quälende Existenzangst<br />
und mündet schließlich in eine schwere Depression.<br />
Sie wird krankgeschrieben, macht<br />
eine Therapie und fällt lange aus.<br />
ProblemFrühanSPreChen<br />
In dieser Situation hat ihr Chef als Führungskraft<br />
eine Chance ungenutzt verstreichen lassen.<br />
Hätte er sich Margit Möller gegenüber<br />
einfühlsam verhalten, Interesse an ihrem Befinden<br />
gezeigt und sie gefragt, warum ihre<br />
Leistung zu wünschen übrig ließ, wäre er vermutlich<br />
dem Grund für deren Erschöpfungssymptome<br />
auf die Spur gekommen. Im Idealfall<br />
hätte er seine angeschlagene Mitarbeiterin<br />
an eine Psychosomatische Sprechstunde direkt<br />
im Betrieb verweisen können, und es wäre<br />
womöglich nicht zum gesundheitlichen<br />
Ernstfall gekommen. Professor Dr. Harald<br />
Gündel von der Klinik für Psychosomatische<br />
Medizin und Psychotherapie der Universität<br />
Ulm weiß aus seiner Praxis: „Je früher Sie einen<br />
betroffenen Mitarbeiter ansprechen, desto<br />
besser steht es um die Heilungschancen –<br />
und umso kürzer sind mögliche Fehlzeiten.“<br />
Tanz, kleiner Mann: Wie ein wertloses Stück<br />
Holz fühlen sich manche Arbeitnehmer behandelt.<br />
34
1983 •<br />
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[führen]<br />
Trainerin Ursula<br />
Wendeberg.<br />
Doch um die Mitarbeiterführung ist es vielerorts<br />
nicht gut bestellt. „Die Bedeutung von<br />
Führungsaufgaben wird von vielen Chefs gegenüber<br />
reinen Sachaufgaben nicht hoch genug<br />
priorisiert“, sagt die Trainerin und Teamentwicklerin<br />
Ursula Wendeberg; sie<br />
unterstützt als Netzwerk-Partnerin der Nürnberger<br />
Firma „Wolfgang Holl & Partner“<br />
Teams in Umbruchphasen, vor allem in der<br />
Automobilindustrie<br />
und in der Gesundheitsbranche.<br />
„Lernen Sie, Ihr<br />
‚daily business‘ effektiver<br />
zu organisieren<br />
und Aufgaben<br />
zu delegieren.<br />
Dadurch gewinnen<br />
Sie Zeit für<br />
Personalführungsaufgaben“,<br />
rät sie<br />
besonders angehenden<br />
Führungskräften. Diese kommen<br />
zwar mit einem großen Paket an Fachwissen<br />
in ihre Position, haben in ihre Rolle als Chef<br />
aber erst noch hineinzuwachsen.<br />
erSChreCkenDeSergebniS<br />
Dem „Faktor Mensch“ muss in Führungssituationen<br />
mehr Bedeutung zugemessen werden,<br />
denn: Mangelhafte Personalführung macht<br />
krank. Das ist auch eines der Ergebnisse aus<br />
dem „Stressreport 2012“, den die Bundesanstalt<br />
für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />
(BAuA) 2013 vorgestellt hat. Er stellt die bislang<br />
umfassendste deutsche Datenquelle zum<br />
Thema „Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz“<br />
dar. Das erschreckendste Ergebnis des<br />
Reports: 53 Millionen Krankheitstage sind allein<br />
2012 in Deutschland durch psychische<br />
Erkrankungen verursacht worden. Bei der Befragung<br />
von über 20.000 Erwerbstätigen kam<br />
unter anderem heraus: Je häufiger Vorgesetzte<br />
ihre Mitarbeiter unterstützen, für sie ansprechbar<br />
sind, auf sie zugehen und ihnen<br />
zum Beispiel konstruktives Feedback geben,<br />
desto seltener treten gesundheitliche Beschwerden<br />
auf.<br />
Im Rahmen eines Pilotprojekts der Klinik für<br />
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie<br />
der Universität Ulm unter Leitung von<br />
Professor Gündel wurden in mehreren Betrieben<br />
niederschwellig zugängliche Angebote<br />
für Mitarbeiter mit beginnenden psychischen<br />
Problemen eingerichtet. Durch eine psychosomatische<br />
Sprechstunde direkt in den Räumen<br />
der Betriebsärzte sollen frühzeitig Symptome<br />
erkannt und behandelt werden. So ist es<br />
möglich, vorzubeugen beziehungsweise<br />
rechtzeitig einzugreifen, damit es nicht zu<br />
krankheitsbedingten Ausfallzeiten der Mitarbeiter<br />
kommen muss.<br />
Die wichtige Rolle der Führungskräfte für die<br />
psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter wird<br />
in diesem Projekt noch zusätzlich gestärkt.<br />
Denn sie tragen Verantwortung nicht nur für<br />
JÜRGEN BARZ<br />
• BARZVERLÄSSLICH<br />
SEIT<br />
BERND NEHER<br />
2006 •<br />
• BARZVERLÄSSLICH<br />
SEIT<br />
35
[rubrik] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Führen heißt nicht zappeln lassen. Das macht die Leute krank – und kostet Unternehmen viel Geld.<br />
Professor<br />
Dr. Harald Gündel<br />
ihr Unternehmen<br />
und sich selbst,<br />
sondern auch für<br />
ihre Beschäftigten.<br />
Durch ihr Verhalten<br />
und ihr Vorbild<br />
beeinflussen<br />
sie, inwieweit<br />
Stress und psychische<br />
Belastung auf<br />
die einzelnen Mitarbeiter<br />
treffen<br />
und definieren dadurch<br />
die betrieblichen Rahmenbedingungen.<br />
Im Rahmen des Ulmer Projektes lernen<br />
Führungskräfte in speziellen Kursen zu „Führung<br />
und Gesundheit“, wie sie psychische Störungen<br />
erkennen und ihre Mitarbeiter darauf<br />
ansprechen können. Dabei werden sie auch<br />
geschult zu verstehen, wie ihr Führungsstil<br />
auf ihre Mitarbeiter wirkt und wie sie eine<br />
neue Anerkennungskultur etablieren können,<br />
um den Beschäftigten zu vermitteln, dass<br />
ihre Arbeit wertgeschätzt wird. Gündel sieht<br />
in der „Psychosomatischen Sprechstunde im<br />
Betrieb“ (PSIB) „einen neuen Versorgungsbaustein<br />
mit hoher Wirksamkeit“. Denn „Arbeit<br />
hält eigentlich gesund. Nur unter bestimmten<br />
schwierigen Bedingungen macht sie krank“,<br />
erklärt er. Diesen widrigen Bedingungen aber<br />
kann man mit entsprechendem Wissen und<br />
speziellen Angeboten entgegentreten.<br />
iDeeFürkleinereFirmen<br />
Im Oktober 2013 ging die von Gündel geleitete<br />
Klinik eine weitere Kooperation ein, um<br />
aus dem Pilotprojekt zur PSIB gewonnene Erkenntnisse<br />
auch auf kleine und mittlere Unternehmen<br />
(KMU) zu übertragen, auf Firmen<br />
ohne eigene Betriebsärzte. Gemeinsam mit<br />
» weiter auf Seite 38<br />
Weitereinformationen<br />
iminternet<br />
Das Projekt „Psychische Gesundheit<br />
in der Arbeitswelt – psyGA“ bündelt<br />
das vorhandene Know-how zu psychischer<br />
Gesundheit im Beruf auf einer<br />
sehr umfassenden Webseite:<br />
www.psyga.info<br />
Eine im Rahmen des psyGa-Projektes<br />
entwickelte App und ein eLearning-<br />
Tool zur Förderung psychischer Gesundheit<br />
für Führungskräfte liefern<br />
leicht verständliche Vorschläge, wie<br />
Führungskräfte ihre Mitarbeiter vor<br />
stressbedingter Überlastung schützen<br />
und selbst gesund bleiben können<br />
Der 2013 veröffentlichte, über 200<br />
Seiten starke „Stressreport Deutschland<br />
2012“ kann hier heruntergeladen<br />
werden:<br />
www.baua.de/dok/3430796<br />
36
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[führen]<br />
Bei uns<br />
ist Ihr Event<br />
in besten Händen!<br />
FünfTippsfürFührungskräfte:<br />
SowerdenSieeinguterChef<br />
Klar die Richtung vorgeben – und wenn das Volk gut rudert, auch mal Rückmeldung geben.<br />
Grafik: © noppyviva/Fotolia.com<br />
Seit 10 Jahren<br />
der Partner<br />
für Events.<br />
Studien zum Verhältnis von Führungskräften<br />
gegenüber ihren Mitarbeitern zeigen es immer<br />
wieder: Mitarbeiter sähen es gerne, wenn<br />
ihre Vorgesetzten mehr führen. Das haben sie<br />
jedoch meist nicht gelernt. Ursula Wendeberg,<br />
Netzwerk-Partnerin von Wolfgang Holl<br />
& Partner in Nürnberg, gibt fünf Tipps: So<br />
werden Chefs gute Bezugspersonen für ihre<br />
Mitarbeiter und fördern dadurch deren Gesundheit.<br />
meldenSiegelungeneszurück<br />
Machen Sie sich kontinuierlich die gelungenen<br />
Arbeitsaufträge und Stärken Ihrer Mitarbeiter<br />
klar und kommunizieren Sie diese konkret,<br />
zum Beispiel: „Die Art, wie Sie unser<br />
Meeting letzten Donnerstag moderiert haben,<br />
fand ich stark. Ich fand Sie gut vorbereitet und<br />
Sie haben vom Thema abweichende Rede-<br />
Beiträge sympathisch und mit Humor gestoppt.<br />
Ihre Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
ist eine klare Basis für die Weiterarbeit.<br />
Vielen Dank.“ So können Sie sicher sein, dass<br />
dieser Mitarbeiter auch weiterhin souverän<br />
moderiert und dass sich seine Motivation<br />
auch auf andere Bereiche übertragen wird.<br />
beobachtenSieundagierenSiemitempathie,klarheitundinteresse<br />
Ärgern Sie sich nicht über unverständliches<br />
Verhalten Ihrer Mitarbeiter. Versuchen Sie deren<br />
wirkliche Beweggründe zu verstehen. Zeigen<br />
Sie Verständnis für deren Bedürfnisse und<br />
machen Sie gleichzeitig klar, was Sie konkret<br />
erwarten. Fragen Sie konkret nach Lösungsvorschlägen<br />
Ihrer Mitarbeiter und beziehen<br />
Sie deren Ideen dann auch tatsächlich ein. Sie<br />
werden sehen, dass Qualität und Effizienz der<br />
Arbeit steigen.<br />
Schaffen Sie eine tragfähige beziehungsebene<br />
Sprechen Sie gerade zwischenmenschliche<br />
Ungereimtheiten frühzeitig an und haken Sie<br />
kontinuierlich nach. Nutzen Sie das Modell<br />
der Ich-Botschaft. Damit bringen Sie den objektiven<br />
Sachverhalt, dessen Wirkung auf Sie<br />
und womöglich andere Kollegen und Ihre<br />
konkrete Erwartung an den Mitarbeiter auf<br />
den Punkt. Die Chance, dass er sein Verhalten<br />
verändert ist groß, wenn Sie „dran bleiben“,<br />
also etwa in kürzeren Zeitabständen nachfragen<br />
und Rückmeldung geben.<br />
machenSieihreerwartungenklarund<br />
fassenSiesichkurz<br />
Überlegen Sie sich grundsätzlich im Vorfeld,<br />
was Sie von Ihren Mitarbeitern erwarten und<br />
wie Sie sie unterstützen können. Gleichen Sie<br />
dies mit Ihren Aufträgen und Arbeitszielen<br />
ab. So können Sie mit wenigen Sätzen Ihre<br />
Anliegen auf den Punkt bringen. Im Gespräch<br />
entfalten Ihre Aussagen dadurch eine besondere<br />
Klarheit und Ihnen bleibt Raum, Fragen<br />
an Ihre Mitarbeiter zu stellen. Es gibt nicht<br />
viel, das Mitarbeiter mehr demotiviert als lange<br />
Monologe des Chefs.<br />
FindenSieeingesundesmaßzwischen<br />
modell-Seinundeinfordern<br />
Ein Chef, der will, dass seine Mitarbeiter zum<br />
Beispiel mehr Eigeninitiative entwickeln,<br />
gleichzeitig aber selbst nichts aus der Hand<br />
gibt, lässt seinen Mitarbeitern zu wenig Raum.<br />
Gehen Sie also mit gutem Beispiel voran,<br />
entwickeln Sie mit Ihren Mitarbeitern aber<br />
auch gemeinsam konkrete Handlungsmöglichkeiten,<br />
so dass diese tatsächlich selbst aktiv<br />
werden. [!]<br />
Birgit Weichmann<br />
organisation<br />
künstler<br />
moderatoren<br />
speaker<br />
catering<br />
eventtechnik<br />
livekonzepte<br />
Schützenstraße 50<br />
89231 Neu-Ulm<br />
Tel. +49 (0)7 31 . 4 03 81 80<br />
Fax +49 (0)7 31 . 4 03 81 81<br />
info@livekonzepte.de<br />
37<br />
www.livekonzepte.de
Vermittelt der Chef Wertschätzung, zieht das Personal auch gerne mit – und bleibt gesund.<br />
Foto: © Tom Hahnisch/Fotolia.com<br />
Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
der Arbeitsmedizinischen Praxis von Dr. Michael<br />
Haas, der mit einem Team von sieben<br />
Betriebsärzten mehr als 100 Unternehmen<br />
und kommunale Einrichtungen im Großraum<br />
Ulm arbeitsmedizinisch betreut, wird<br />
auch Mitarbeitern kleinerer Firmen der Zugang<br />
zu psychosomatischer Betreuung eröffnet.<br />
„Das ist meines Wissens ein völlig neues<br />
Angebot für kleine und mittlere Unternehmen“,<br />
sagt Haas über die Kooperation.<br />
Eine Therapeutin aus Gündels Team steht einmal<br />
pro Woche in Haas‘ Praxis Mitarbeitern<br />
aus den bislang rund zehn teilnehmenden Firmen<br />
für Einzelgespräche zur Verfügung. Diese<br />
werden direkt von ihrem Chef, von Personalern<br />
oder dem Betriebsrat auf die neu<br />
eingerichtete psychosomatische Sprechstunde<br />
aufmerksam gemacht. Haas zieht nach den<br />
ersten Monaten eine positive Zwischenbilanz:<br />
„Das neue Konzept für KMU wird gut angenommen<br />
und nimmt kontinuierlich zu. Für<br />
die teilnehmenden Firmen, die die Kosten für<br />
die ersten zehn Gesprächstermine übernehmen,<br />
ist es ein interessantes Angebot: Die Therapie<br />
kostet sie weniger als eine lange Arbeitsunfähigkeit<br />
des Mitarbeiters“.<br />
Insgesamt wird das als Pilotprojekt der Klinik<br />
für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie<br />
der Universität Ulm gestartete Angebot<br />
von allen Unternehmen jeder Größe immer<br />
stärker angenommen. 2013 haben die<br />
Mitarbeiter aus Gündels Team 110 Erstgespräche<br />
geführt und Kurztherapien mit ihren „Patienten“<br />
gemacht. <strong>2014</strong> ist diese Zahl bereits in<br />
den ersten fünf Monaten erreicht worden. Der<br />
Bedarf ist groß und wächst. [!]<br />
Birgit Weichmann<br />
Ihre Kunden sind mobil!<br />
Ihre Website auch?<br />
Mit den SÜDWEST PRESSE Website Services<br />
erhalten Sie eine für Smartphone und Tablet optimierte<br />
Homepage für Ihr Unternehmen.<br />
SÜDWEST PRESSE<br />
ab<br />
99 Euro*<br />
Mehr Erfolg im Web<br />
Moderne nutzerfreundliche Website<br />
Optimierung für mobile Endgeräte<br />
Gute Platzierung bei Google<br />
Immer und von überall auffindbar<br />
Regelmäßig aktualisierte Inhalte<br />
Jetzt kostenloses<br />
Angebot anfordern<br />
Weitere Infos unter:<br />
südwestpresse.de/websiteservices und unter 0731/156-663<br />
*Monatspaket BASIS ab 99 Euro/Monat zzgl. einmaliger Einrichtungsgebühr von 199 Euro. Mindestvertragslaufzeit: 24 Monate.<br />
südwestpresse.de<br />
38
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[machen]<br />
Kunst auf Messers Schneide<br />
Robert Kaufmann ist nicht nur ein Messermacher, er ist ein Künstler aus dem Allgäu. Ins Berufsleben startete<br />
er mit einer Industriemacher-Lehre. Heute fasziniert seine Schmiedekunst Sammler in der ganzen Welt.<br />
Für die Küchenarbeit sind Robert Kaufmanns<br />
Messer zu schade. Er formt aus<br />
Stahl Klingen, fertigt Griffe aus Rentiergeweihen,<br />
versieht sie mit Silbernieten am<br />
Griffende. Ein vergleichsweise kleines Messer,<br />
111 Gramm leicht, 21,5 Zentimeter lang, kostet<br />
schnell 675 Euro. Die eigentliche Zielgruppe<br />
sind Sammler, die fünfstellige Summen lockermachen<br />
für so einzigartige Stücke.<br />
Der Markt ist überschaubar. Trotz der Exklusivität<br />
gibt es Ausschreibungen und Messen,<br />
Kataloge und<br />
Preisverleihungen.<br />
Kaufmann besucht<br />
regelmäßig<br />
die namhaftesten<br />
Veranstaltungen,<br />
bevorzugt in Übersee,<br />
und gewinnt<br />
immer<br />
wieder<br />
Wettbewerbe.<br />
In<br />
den USA sitzen die<br />
Robert Kaufmann lässt meisten Anhänger<br />
sich von Stahl inspirieren. der<br />
Kunstrichtung,<br />
die Kaufmann<br />
vertritt. In Russland ist es die Oberschicht,<br />
die ihren überbordenden Reichtum<br />
mit dem Kauf solcher Messer unterstreicht.<br />
Der Markt in China beginnt sich zu entwickeln.<br />
Entsprechend ist Kaufmanns Imagebroschüre<br />
aufgebaut. Englisch, Deutsch, Russisch,<br />
in dieser Reihenfolge. Um seine<br />
Schöpfungen in den USA verständlich bekanntzumachen,<br />
nennt er seine Kunst<br />
„cuttingart“. „Was ich handwerklich<br />
mache, sind mehrere einzelne<br />
Berufe. Ich lege großen<br />
Wert darauf, die komplette<br />
Arbeit selber<br />
zu machen“, er-<br />
läutert<br />
der 1970<br />
in<br />
Memmin-<br />
gen geborene<br />
Künstler. Den<br />
beruflichen Grundstein<br />
legte er mit einer<br />
Lehre als Industriemechaniker.<br />
Nach<br />
kurzer Berufszeit ging er für zwei Jahre nach<br />
Lappland. Das veränderte sein Leben: Schon<br />
als Lehrling von Klingen fasziniert, begegnete<br />
ihm dort das Handwerk des Messermachens.<br />
Zurück in Deutschland begann er, die traditionelle<br />
Form des nordischen Messers zu verändern.<br />
Er experimentierte mit neuen Materialien,<br />
vertiefte als Autodidakt sein Wissen – durchs<br />
„Studium am Amboss“, wie er es ausdrückt. Er<br />
lässt sich vom Material inspirieren, folgt seiner<br />
Intuition, benutzt keine Entwürfe. Seine<br />
Kreationen entwickeln während der Bearbei-<br />
tung ein Eigenleben.<br />
Kaufmann fertigt ausschließlich Damaszenerstahl,<br />
jenes sagenhafte<br />
Material aus dem<br />
Morgenland,<br />
das Härte<br />
und<br />
Elastizität in idealer<br />
Weise verbindet und an<br />
der Oberfläche herrlich kontrastreiche<br />
Maserungen und Wellenmuster<br />
bildet. Er verwendet als<br />
Ausgangsmaterial hauchdünne Bleche,<br />
die er in bis zu 40 Lagen übereinander<br />
schichtet, faltet, verdreht<br />
und – in der lodernden Esse glühend<br />
erhitzt – in mehreren Arbeitsgängen<br />
immer wieder schmiedet.<br />
Bei der Gestaltung<br />
der Handgriffe zählen Formgebung<br />
und die Auswahl der Materialien.<br />
Als Substanz benutzt er Hölzer aus<br />
Afrika, die härter sind als Ebenholz, Hirsch-<br />
oder Rentiergeweihe und, besonders beliebt,<br />
das bläulich schimmernde Elfenbein der<br />
Stoßzähne vom Mammut, das seit der letzten<br />
Eiszeit ausgestorben ist. Nach und nach gibt<br />
der auftauende Permafrostboden im nördlichen<br />
Sibirien das Elfenbein frei. Als Einlegearbeiten<br />
werden in die Messergriffe Gold, Silber,<br />
Perlmutt und Edelsteine, auch Diamanten<br />
eingearbeitet – Verzierungen der feinsten Art.<br />
Obwohl die weltweite Wirtschafts- und Fi-<br />
nanzkrise der Kunstszene einen Dämpfer verpasst<br />
hat,<br />
kann Kaufmann<br />
nicht<br />
über<br />
schlechte<br />
Geschäfte<br />
klagen. Er bleibt<br />
seiner Maxime treu: exklusive<br />
Ware zu exklusiven Preisen [!]<br />
HARTMUT MAUSCH<br />
Eine Rochen-Skulptur: Über jahrelanges<br />
„Studium am Amboss“<br />
hat sich Robert Kaufmann<br />
zum weltweit<br />
gefragten Klingenexperten<br />
entwickelt.<br />
39
[spezial] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
EinAutofürdenZimmermann<br />
Beim Werben um FachkräfteundAuszubildende ziehen kleine Betriebe häufig den Kürzeren. Das Handwerk will sich<br />
damit nicht abfinden und setzt auf neue Wege: In Biberach bekommt der beste Azubi einen VW Up für ein Jahr.<br />
Mehr als 300.000 Stellen in mittelständischen<br />
Unternehmen können nach<br />
einer Umfrage des Beratungs<strong>unternehmen</strong>s<br />
Ernst & Young nicht besetzt werden.<br />
Das Problem trifft auch viele kleine und mittlere<br />
Betriebe zwischen Ulm und Biberach. Sie<br />
stehen beim Werben in Konkurrenz mit großen<br />
Unternehmen aus den Branchen Metallund<br />
Pharma, die außer hohen Tarifvergütungen<br />
ihren Mitarbeitern auch viele freiwillige<br />
Leistungen zukommen lassen. „Ich würde sofort<br />
zwei gute Leute einstellen“, sagt Dietmar<br />
Hagel. Der Obermeister der Zimmerer-Innung<br />
Biberach führt einen Sechs-Mann-Betrieb in<br />
Äpfingen. Allein die 48 Mitglieder der Innung<br />
können nach seinen Worten derzeit 15 Stellen<br />
nicht besetzen. Das hat einen einfachen<br />
Grund: Der Arbeitsmarkt zwischen Ulm und<br />
Bodensee ist wie leergefegt. „Zur Jahresmitte<br />
ist die Arbeitskräftenachfrage unvermindert<br />
hoch. Unter den 3700 unbesetzten Stellen<br />
sind viele aus dem Handwerk“, sagt Peter Rasmussen,<br />
der Chef der Agentur für Arbeit in<br />
Ulm. Vor allem für kleine Betriebe sei es<br />
schwer, geeignete Facharbeiter zu finden. „Ich<br />
empfehle, auf Ausbildung und die Qualifizierung<br />
eigener Mitarbeiter zu setzen. Dabei<br />
kann die Agentur für Arbeit in bestimmten<br />
Fällen finanzielle Hilfen anbieten.“<br />
NichtmAlEiNEBEwErBuNg<br />
Bei den Ausbildungsplätzen gibt es nach den<br />
Worten Hagels bei den Zimmereibetrieben im<br />
Kreis Biberach nicht auf jede offene Stelle eine<br />
Bewerbung. Den Handwerkern macht ein<br />
neuer Trend zu schaffen: Große Industrie<strong>unternehmen</strong><br />
stellen mittlerweile nicht nur die<br />
sehr guten Schüler als Auszubildende ein,<br />
sondern gezielt auch etwas schwächere. „Bei<br />
den sehr Guten ist – wie im Handwerk auch<br />
– die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie nach<br />
der Lehre zum Studieren gehen“, erklärt Hagel.<br />
Zudem benötigten die Metallbetriebe als<br />
künftige Maschinenführer nicht die Besten<br />
eines Jahrgangs.<br />
Die kleinen Unternehmen haben einen weiteren<br />
Nachteil: Weil viele Schulen auf dem Land<br />
geschlossen und in größeren Städten zusammengelegt<br />
werden, verlieren manche Betriebe<br />
den Kontakt zu ihren bisherigen Ansprechpartnern<br />
und zu Schülern der älteren Klassen.<br />
„Die Betriebe, in denen eine Schule noch am<br />
Ort ist, tun sich beim Besetzen von Lehrstellen<br />
deutlich leichter“, sagt Hagel. Erschwerend<br />
kommt hinzu, dass die Landesregierung<br />
die Akademikerquote steigern will. Damit<br />
droht, dass noch mehr junge Leute, sich gegen<br />
eine berufliche Ausbildung entscheiden. Das<br />
Handwerk hat angesichts des heraufziehen-<br />
Gute Zimmermänner sind gesuchte Fachkräfte.<br />
Viele Betriebe können mangels Bewerbern ihre<br />
Ausbildungsplätze nicht besetzen.<br />
40
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[spezial]<br />
den Fachkräftemangels bereits vor fünf Jahren<br />
eine Imagekampagne gestartet. „Der Erfolg<br />
ist messbar – das Wissen über das<br />
Handwerk und seine Berufe ist deutlich gestiegen“,<br />
sagt Alexander Legowski vom Zentralverband<br />
des Deutschen Handwerks. Die<br />
Kampagne hatte über die fünf Jahre Laufzeit<br />
einen Etat von 50 Millionen Euro. Im Herbst<br />
<strong>2014</strong> werde eine neue Agentur die Kampagne<br />
fortführen. Das Handwerk will sich als spannender<br />
und attraktiver Arbeitgeber positionieren.<br />
Neudeutsch nennt man das „Employer<br />
Branding“. Dahinter verbirgt sich die Idee,<br />
Ansätze der Markenbildung auf die Mitarbeitergewinnung<br />
zu übertragen. Dabei spielen<br />
Mitarbeiterführung, Führungskultur und äußere<br />
Rahmenbedingungen eine Rolle.<br />
Größere Betriebe setzen bereits länger auf<br />
Maßnahmen wie Tage der offenen Tür, feste<br />
Termine für Kundenvorträge, gezielte Ansprache<br />
von Jugendlichen oder die Einrichtung<br />
einer eigenen Homepage für die Azubis der<br />
Firma: Kleinere Betriebe tun sich beim „Employer<br />
Branding“<br />
schwerer. Mit ein<br />
bisschen Kreativität<br />
lässt sich aber<br />
einiges ausgleichen:<br />
So belohnt<br />
die Zimmerer-Innung<br />
Biberach seit<br />
2013 den oder die<br />
Beste in der Abschlussprüfung.<br />
Er<br />
Tobias Mehlich: Unsere<br />
Gegenmaßnahmen greifen. oder sie fährt ein<br />
Jahr lang kostenlos<br />
einen VW Up. Leasingraten, Versicherung,<br />
Steuer sowie Wartung und Kosten für Verschleißteile<br />
trägt die Zimmerer-Innung. Das<br />
kostet sie pro Monat 140 Euro. Die Aktion<br />
kommt laut Hagel bei den Auszubildenden<br />
gut an. Bevor das vorerst auf drei Jahre befristete<br />
Projekt losging, fragte die Innung die Auszubildenden,<br />
was sie davon halten. Dabei kam<br />
heraus: Es muss ein Viertürer sein und: Der<br />
Slogan „Der beste Auszubildende“ darf nicht<br />
auf dem Auto stehen. Auch angesichts solcher<br />
positiver Beispiele gibt sich Tobias Mehlich,<br />
Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer<br />
Ulm, optimistisch: „Wir sehen, dass unsere<br />
Gegenmaßnahmen greifen.“ Die Sensibilisierung<br />
für die Berufswege im Handwerk<br />
beginne im Kindergarten und ende an den<br />
Hochschulen, beispielsweise indem die Ausbildungsberater<br />
der Handwerkskammer Ulm<br />
die dortigen Studienabbrecher ansprechen<br />
und ihnen Karrierechancen im Handwerk nahe<br />
bringen. Mehlich: „Wir sind im engen Kontakt<br />
mit allen Schulformen, Handwerksorganisationen<br />
und den Arbeitsagenturen.“ Mit<br />
Migranten-Verbänden spreche man seit einem<br />
Jahr gezielt Jugendliche an. Zusätzlich<br />
werben Auszubildende als Ausbildungsbotschafter<br />
in den Schulen für eine Lehre. Generell<br />
liegen die aktuellen Herausforderungen<br />
weniger auf dem Auftrags-, als auf dem Arbeitsmarkt:<br />
„Kluge Betriebe ziehen spätestens<br />
jetzt ihr Auswahlverfahren für die Ausbildung<br />
zeitlich vor.“ [!] aLEXaNDER BÖGELEIN<br />
In 5 köstlIchen sorten<br />
MAULTASCHEN-<br />
2<br />
NEUE<br />
SORTEN<br />
FÜR GRILL UND PFANNE<br />
Settele Schwäbische Spezialitäten und Feinkost GmbH<br />
Messerschmittstraße 53 · 89231 Neu-Ulm<br />
Fon +49(0) 731 97417-0 · Fax +49(0) 731 97417-200<br />
info@settele.de · www.settele.de<br />
41
[machen] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
SchätzeausdemSilbersee<br />
Das Ambiente ist „Heavy Metal“, der Stoff, um den sich auf diesem Firmengelände in Weißenhorn alles dreht, hingegen<br />
„light“: Das AluminiumschmelzwerkOetinger ist Spezialist für hochwertige Legierungen.<br />
Auf dem Fußmarsch zu den Schmelzöfen<br />
läuft unversehens ein innerer<br />
Film ab. Ja, so könnte es im Ruhrpott<br />
um die Ecke links ausgeschaut haben. Glitzernde<br />
Hügel aus metallischem Schrott türmen<br />
sich auf dem weitläufigen Oetinger-Firmengelände<br />
im Weißenhorner Gewerbegebiet<br />
„Eschach“. Hügel aus kieselsteingroßem<br />
Recycling-Material von Müllverbrennungsanlagen<br />
sind darunter, ebenso welche aus zu<br />
Blocks gepressten Aluspänen. Dann wieder<br />
welche, die ihre Herkunft aus technischen<br />
Formen verraten. Stürzte plötzlich Alt-Kommissar<br />
Schimanski ums Eck, würde das keinen<br />
wundern. In der Halle nebenan öffnet<br />
sich gleich der mächtige Schlund eines<br />
Schmelzofens. 750 Grad zeigt das Display des<br />
mit Erdgas befeuerten Drachens an. Das reicht<br />
für Sauna-Temperaturen über den respektvollen<br />
Sicherheitsabstand hinweg und erste<br />
Schweißperlen unterm Schutzhelm.<br />
Aber: Die Technik hier ist 21. Jahrhundert. Die<br />
Einhaltung der Grenzwerte werde laufend<br />
kontrolliert, sagt<br />
Roland Keller, einer<br />
der drei Geschäftsführer<br />
der<br />
Gruppe. Ob der<br />
Himmel überm<br />
Werk blau ist oder<br />
grau, hängt allein<br />
vom Wetter ab.<br />
Hier dreht sich<br />
alles um das Oetinger-Geschäftsführer<br />
Leichtmetall Aluminium.<br />
Roland Keller.<br />
165.000<br />
Tonnen im Jahr beträgt der Ausstoß der Oetinger-Gruppe,<br />
zu der das Weißenhorner Werk<br />
und ein Schwester-Betrieb gehören, die früheren<br />
Karl Konzelmann Metallschmelzwerke in<br />
Neu-Ulm. Beide sind „sekundäre Hersteller“,<br />
also ausschließlich mit der Verarbeitung von<br />
Recycling-Material befasst.<br />
Die Wiederverwertung ist umweltfreundlicher<br />
als Alu-Gewinnung aus dem Rohstoff<br />
Bauxit. Im Vergleich seien nur fünf Prozent<br />
der Energie notwendig, pro Tonne Aluminium<br />
würden zehn Tonnen weniger CO2 ausgestoßen.<br />
Warum ist das der Firma so wichtig?<br />
Auch weil es die Klimabilanz von Aluminium<br />
deutlich verbessert – umso mehr, je häufiger<br />
der Recycling-Kreislauf sich schließt.<br />
HeiSSbegeHrter„ScHrOtt“<br />
Der „Schrott“ ist heiß begehrter Wertstoff, der<br />
zunehmend auch aus Asien nachgefragt wird.<br />
Er wird eingeschmolzen und durch Beimischung<br />
von Metallen wie Kupfer, Nickel,<br />
Mangan und Vanadium zu neuen Aluminium-Legierungen<br />
veredelt. Etwa ein Drittel der<br />
Produktion wird zu Block-Aluminium, zwei<br />
Drittel gehen in flüssiger Form just in time zu<br />
den Kunden. Bei der Ankunft muss die Temperatur<br />
des Flüssig-Aluminiums innerhalb einer<br />
definierten Toleranz liegen. Bei der Auslieferung<br />
etwa 800 Grad Celsius heiß, ist daher<br />
einzuberechnen, dass das in Spezialbehältern<br />
transportierte Alu pro Stunde etwa 10 Grad<br />
verliert, erklärt Keller. Abnehmerin sei zu 90<br />
Prozent die Automobilindustrie, entweder direkt<br />
oder über zuliefernde Gießereien.<br />
Neben den vielleicht zwei Dutzend Standardlösungen<br />
werden Keller zufolge sehr häufig<br />
sehr spezielle Mischungen nachgefragt. Dass<br />
das „Alu-Schmelzen“ längst eine höchst anspruchsvolle<br />
Aufgabe geworden ist, hat viel<br />
mit der rasanten Fortentwicklung der Materialtechnik<br />
zu tun: Sie hat mehr Legierungen<br />
für immer spezifischere Materialeigenschaften<br />
hervorgebracht. Wenn Keller schließlich<br />
anführt, dass der Schrott seinerseits nicht selten<br />
aus Legierungen besteht, lässt sich erahnen,<br />
dass die Mischerei so rein gar nichts mit<br />
Alchimie zu tun hat. Aber sehr viel mit genauer<br />
Materialanalyse – und der Erfahrung der<br />
Schmelzer an den Öfen. „An diesen findet unsere<br />
Wert schöpfung statt“, fügt Uwe Baur hin-<br />
Ohne Sicherheitshelm und Schutzkleidung sollte<br />
man dem glühenden Schlund des Ofens besser<br />
nicht zu nahe kommen.
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[machen]<br />
Co-Geschäftsführer<br />
Uwe Baur.<br />
zu, der für die Finanzen<br />
zuständige<br />
Geschäftsführer.<br />
Wird an den Öfen<br />
zu viel Energie verbraucht<br />
oder ist<br />
der „Abbrand“, also<br />
Schwund, beim<br />
(teuren) Material<br />
übergroß, hat das<br />
direkte Auswirkungen<br />
auf die Bilanzzahlen.<br />
Die Insolvenz vor einem Jahr hatte jedoch laut<br />
Keller einen anderen Grund. In Folge der<br />
Wirtschaftskrise in Südeuropa sei der deutsche<br />
Markt mit Standard-Legierungen dortiger<br />
Alu-Schmelzer überschwemmt worden.<br />
Dies habe vor allem die – mittlerweile geschlossenen<br />
– Standorte der Gruppe in Berlin<br />
und Hannover in die Roten Zahlen gedrückt<br />
und Anfang 2013 die gesamte Gruppe.<br />
Seit Dezember 2013 sind die beiden verbliebenen<br />
Standorte unter den Fittichen einer mittelständischen<br />
Beteiligungsgesellschaft. Sie<br />
habe frisches Eigenkapital eingebracht und<br />
auch den Kauf ausschließlich mit Eigenmitteln<br />
finanziert. Das sollte bei den Kunden neues<br />
Vertrauen schaffen – was offenbar mittlerweile<br />
gelungen ist. „Unser Eigentümer ist<br />
keine Heuschrecke“, betont Baur. Die Stabilisierung<br />
sei gelungen, die Kapazitäten seien<br />
derzeit gut ausgelastet; so blickt das Unternehmen<br />
zuversichtlich in die Zukunft.<br />
Wieder in ruhigeren Fahrwässern navigierend,<br />
bleibt nun eher der Spielraum, über Zukunftsstrategien<br />
nachzudenken. Was ist mit<br />
der Verringerung der hohen Abhängigkeit<br />
von der Automobilindustrie? „Wir denken<br />
darüber nach“, sagt Baur. Die Anlagen wären<br />
durchaus auch in der Lage zur Produktion<br />
von Walz-Aluminium; der Wettbewerb in dieser<br />
Sparte sei allerdings noch härter. Denn<br />
Kalt-Alu lässt sich im Gegensatz zu Flüssig-<br />
Alu über beliebig lange Distanzen transportieren.<br />
Grund zur Eile bestehe nicht. Alle Anlagen<br />
seien auf einem zeitgemäßen Stand, die Lage<br />
bei den Hauptkunden sehen die Geschäftsführer<br />
als stabil an. [!] ThOMAS VOGEL<br />
HöhenflügeundNackenschläge<br />
Im Schmelzofen erreicht das Aluminium Temperaturen von 750 Grad. Auf unseren Bildern wird<br />
die flirrende Flüssigkeit aus dem Ofen überführt und kühlt in Barrenform ab.<br />
Ich denke, dass es einen<br />
Weltmarkt für vielleicht<br />
fünf Computer gibt.<br />
Thomas Watson<br />
(Gründer von IBM, 1943)<br />
Zwischengipfelpunkten und Rückschlägen<br />
lagen bei Oetinger – 1946 gegründet<br />
und über Jahrzehnte als Familien<strong>unternehmen</strong><br />
geführt – zuletzt oft nur wenige<br />
Jahre. Tragisch war das Jahr 2002, als ein<br />
Großteil der Geschäftsführung bei einem<br />
Flugzeugabsturz ums Leben kam.<br />
Mehr als 320.000 Tonnen Aluminium produzierte<br />
die Gruppe 2007 – so viel wie nie<br />
zuvor. Noch Mitte 2008 war man auf bestem<br />
Weg, diese Marke zu übertreffen, die<br />
Finanzkrise machte einen Strich durch<br />
die Rechnung. Mit der wirtschaftlichen<br />
Erholung ging es dann wieder aufwärts.<br />
Doch 2013 geriet die Gruppe ins Taumeln:<br />
Insolvenz, Konzentration auf die Standorte<br />
Weißenhorn (heute 165 Mitarbeiter)<br />
und NeuUlm (125), Umflaggung zur Oetinger<br />
Aluminium WH GmbH. Käufer und<br />
Retter ist die Beteiligungsgesellschaft SS<br />
VP III, die von der Orlando Management<br />
AG mit Sitz in München beraten wird. Deren<br />
Kerngeschäft ist die Akquisition von<br />
im Kern gesunden Industrie<strong>unternehmen</strong><br />
im deutschsprachigen Raum, die sich in<br />
„Sondersituationen“ befinden.<br />
Die OetingerGruppe wird geführt von einem<br />
GeschäftsführerTrio: den beiden<br />
langjährigen OetingerKräften Uwe Baur<br />
(Finanzen) und Roland Keller (Vertrieb,<br />
Einkauf) sowie von Dr. Volker Heidtmann<br />
(Produktion und Technik).<br />
TV<br />
Wir korrigieren<br />
Irrtümer!<br />
Ihr SYSTEMHAUS aus Ulm:<br />
intratop UG<br />
(haftungsbeschränkt)<br />
Lise-Meitner-Straße 9<br />
89081 Ulm<br />
T +49 (0)731-146 60 37-0<br />
info@intratop.de<br />
www.intratop.de<br />
43
[machen] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
PerKopfkinoinsneueBad<br />
Sage einer, Ingenieure hätten keine Phantasie. Von wegen. Die vier Gründer von Immersight machen virtuelle Räume<br />
greifbar. Mit ihrer Raumbrille führt ein Neu-Ulmer seine Kunden durch ihr virtuelles neues Bad.<br />
Vorne rechts ist die Duschkabine. Den<br />
Kopf leicht nach rechts gedreht, fällt<br />
der Blick auf das Waschbecken, das<br />
sich in der Hocke auch aus der Kinderperspektive<br />
betrachten lässt. Dann eine Kehrtwendung<br />
und ein paar Schritte nach vorne. Jetzt<br />
steht der „User“ unmittelbar vor der kühn geschwungenen<br />
Badewanne. Alles wirkt wie<br />
echt, und doch existiert dieses Bad noch nicht<br />
in der Wirklichkeit, sondern allein auf dem<br />
Rechner.<br />
Dank Raumbrille wird aus einer Planung per<br />
CAD (die Abkürzung steht für „computeraided<br />
design“) eine dreidimensionale Umgebung.<br />
Anders als im 3-D-Film aber spielt hier<br />
der beteiligte Zuschauer die Hauptrolle. Die<br />
Ansicht passt sich seinen Bewegungen perfekt<br />
an. Ein leichtgewichtiger Ring mit integrierter<br />
Videobrille um den Kopf, eine Kamera<br />
im Raum und eine spezielle Software sind die<br />
Schlüsselkomponenten.<br />
RIsIKostattfestanstellung<br />
Dass die virtuelle Realität neue Welten erobert,<br />
geht auf vier frisch gekürte Absolventen<br />
eines Ingenieurstudiums, Fachrichtung<br />
Elektrotechnik bzw. Informatik, an der Universität<br />
Ulm zurück. Die ehemaligen Kommilitonen<br />
Simon Singler, Fabian Weiss, Stefan<br />
Hörmann und Dominik Nuß hatten sich 2011<br />
während eines studentischen Wettbewerbs<br />
(Thema: „Autonomes Fahren“) näher kennengelernt,<br />
angefreundet und dann eher nebenher<br />
ihre Idee der Raumbrille entwickelt. Irgendwann<br />
wurde ihnen klar, dass darin<br />
Potenzial steckt für ein Start up. Risiko statt<br />
Festanstellung.<br />
Schlüsselerlebnisse bot die Teilnahme an einigen<br />
Fachmessen, etwa der Cebit, am Stand der<br />
Uni Ulm, erzählt Simon Singer aus der noch<br />
sehr jungen Firmengeschichte. Der Zuspruch<br />
Auf dem Weg zum Pferderennen nach Ascot?<br />
Von wegen. Immersight-Mitarbeiterin Pia Köpf<br />
erkundet ein virtuelles Bad mit der Raumbrille.<br />
44
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[machen]<br />
Gruppenbild (von links): aster-Student Christoph Reile und drei der Immersight-Gründer, Fabian<br />
Weiß, Simon Singler und Stefan Hörmann.<br />
also war da, das mögliche Anwendungsgebiet<br />
fand sich, als der Kontakt zu einem Stuttgarter<br />
Softwarehaus geknüpft wurde, das ein geeignetes<br />
Planungsprogramm im Angebot hatte.<br />
Binnen weniger Monate wurde aus der Idee<br />
und den Prototypen ein einsatzfähiges Produkt.<br />
Ihrer Firma, seit August 2013 GmbH,<br />
gab das Quartett den Namen Immersight, angelehnt<br />
an den Begriff der Immersion, der<br />
Identifikation mit einer virtuellen Welt. Und<br />
damit ist die nächste Phase angelaufen: die<br />
Suche nach Kunden.<br />
An dieser Stelle kommt Jürgen Maier ins<br />
Spiel, gelernter Fliesenleger mit kaufmännischer<br />
Ausbildung obendrauf. Vor einigen Monaten<br />
wagte auch<br />
er den Sprung in<br />
die Selbständigkeit,<br />
sein Fachgebiet<br />
sind Badplanungen.<br />
„Konzept3Zehn“<br />
nannte er sein<br />
kleines Geschäftslokal,<br />
das er ebenfalls<br />
im April in<br />
Badspezialist<br />
der Augsburger<br />
Jürgen Maier.<br />
Straße 5 in Neu-<br />
Ulm eröffnet hat.<br />
Maier ist für Immersight nicht irgendein Kunde,<br />
sondern: der erste mit einem rein virtuellen<br />
Schauraum – und damit quasi einem Labor:<br />
Wie reagiert der Endverbraucher auf das<br />
innovative Objekt? Für sein Büro für Badplanungen<br />
bedeutet es derzeit ein Alleinstellungsmerkmal,<br />
das Geschäftsmodell ist im<br />
Moment noch „work in progress“. Einnahmen<br />
generiert Maier erst, wenn ein größeres Projekt<br />
von der Ideenfindungs- und Planungsschließlich<br />
in die Umsetzungsphase tritt.<br />
eIneVoRlesungfehlte<br />
Tastend traten auch die jungen Diplomingenieure<br />
in die Welt der Wirtschaft. Denn die<br />
Entwicklung eines innovativen Produkts<br />
steht auf dem einen Blatt, dessen erfolgreiche<br />
Positionierung am Markt auf einem ganz anderen.<br />
„Die Vorlesung ‚Unternehmensgründung’<br />
gab’s an der Uni natürlich nicht“, erklärt<br />
dazu Simon Singler mit leicht ironischem<br />
Unterton. Die ermunternde Resonanz an den<br />
Messeständen ergab in der Summe eine<br />
Marktstudie und verstärkte den Mut. Ganz allein<br />
gelassen wurden die frisch gekürten Dipl-<br />
Ings dennoch nicht. Bis heute darf die junge<br />
Firma in Räumlichkeiten der Uni logieren<br />
NEUBAU IM GEWERBEGEBIET »ULM-NORD« – WWW.GEWERBE-ULM.DE<br />
Hallen- / Büroflächen in variabler Größe von 200 bis 5.000 qm zu vermieten<br />
45
[machen] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
und deren Infrastruktur nutzen. Ihr „Prof“,<br />
Klaus Dietmayer, Direktor des Instituts für<br />
Mess-, Regel- und Mikrotechnik, erkannte das<br />
Potenzial der Entwicklung seiner Studenten,<br />
ebenso das Bundeswirtschaftsministerium. Es<br />
bedachte das Quartett mit einem Hauptpreis<br />
bei seinem Gründer-Wettbewerb: So konnte<br />
die GmbH aus der Taufe gehoben werden.<br />
VeRloRenIndeR3-d-Welt<br />
Die denkbaren Anwendungsszenarien der<br />
Raumbrille sind weit gespannt. Der Einrichtungsbereich<br />
ist lediglich eines von vielen<br />
möglichen Feldern. Das Thema Bad aber bildete<br />
nicht von ungefähr den Einstieg. Weil<br />
eine Investition kostspielig ist, sollten die<br />
Kundenerwartungen möglichst exakt getroffen<br />
werden. Innenarchitekten, aber auch Gebäudeplanern<br />
oder Ingenieuren brächten 3-D-<br />
Brillen ebenfalls Zusatznutzen. Per Raumbrille<br />
ins zukünftige Einfamilienhaus oder Cockpit.<br />
Doch aus betriebswirtschaftlicher Sicht<br />
schien es Immersight geboten, sich am Beginn<br />
erst einmal auf eine bestimmte Zielgruppe<br />
zu fokussieren, um dort den Markteintritt<br />
zu schaffen.<br />
Jürgen Maier mit seinem „Konzept3Zehn“<br />
wiederum hat die Brille bereits einige Aufträge<br />
eingebracht. Im Schaufenster bilden sie einen<br />
Eyecatcher, der Aufmerksamkeit bei<br />
Passanten weckt. Bei Vorführungen bleibt er<br />
immer in unmittelbarer Nähe. Vorsichtshalber.<br />
Es könnte ja sein, ein Kunde taucht unversehens<br />
völlig in die virtuelle Realität ein – und<br />
„vergisst“ dabei den realen Raum um sich herum<br />
– mit seinen Wänden, Möbeln und Ausstellungsgegenständen.<br />
[!]<br />
Thomas Vogel<br />
sofunktioniertdievirtuelleRaumbrille<br />
Erkundet ein Kunde das virtuelle Bad, bleibt Jürgen Maier dabei – damit keiner im realen Raum<br />
stolpert und sich weh tut.<br />
dietechnologie, die hinter der Raumbrille<br />
steckt, wird als „optisches Tracking“<br />
bezeichnet. Eine kleine, an der<br />
Decke montierte Kamera verortet den<br />
schwarzen, fünfeckigen KarbonRing, an<br />
dem sich auffallende, weiße Kugeln befinden.<br />
Mit Hilfe einer komplexen Software<br />
Rechen formel werden nun 60 Mal pro<br />
Sekunde die exakte Position sowie die<br />
genaue Blickrichtung des Benutzers berechnet.<br />
Das alles geschieht in Echtzeit, weshalb<br />
der Benutzer keine Verzögerung spürt<br />
und mental perfekt in den virtuellen<br />
Raum eintauchen kann. Die Darstellung<br />
über die beiden Displays erfolgt dabei<br />
„stereoskopisch“: Alles in dem virtuellen<br />
Raum erscheint zum Greifen nah.<br />
Die Aktionsfläche für „Fußgänger“ ist<br />
derzeit noch auf sechs Quadratmeter<br />
limitiert. Zusätzlich steht eine Fernbedienung<br />
zur Verfügung, mit der sich der Nutzer<br />
durch größere virtuelle Räume<br />
bewegen kann.<br />
TV<br />
Wir gestalten mit<br />
SÜDWEST PRESSE<br />
mediaservice ulm<br />
www.mediaservice-ulm.de<br />
46
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[leben]<br />
Nicht ohne meine Frau<br />
Wenn der Küchenchef Sandburgen baut und die Diplom-Psychologin das Kartenspiel auspackt – dann ist<br />
Sommer! Ferienzeit! Stefan Loeffler wollte in unserer Umfrage von Führungskräften aus der Region wissen, wo<br />
und wie sie die schönsten Stunden im Jahr verbringen.<br />
Foto: © MIGUEL GARCIA SAAVED/Fotolia.com<br />
1) Welches ist Ihr Lieblingsreiseland und warum?<br />
2) Wohin ging Ihr erster selbstständiger Urlaub?<br />
3) Drei Dinge, die im Urlaub nicht zuhause bleiben.<br />
4) Drei Dinge, an die Sie im Urlaub nicht denken wollen.<br />
5) Bitte vervollständigen Sie diesen Satz:<br />
Zum Entspannen im Urlaub gehört für mich …<br />
6) Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie aus<br />
dem Urlaub zurückkommen?<br />
Fritz Lehmann (60) ist auch in<br />
der schönsten Zeit des Jahres<br />
nicht untätig und hilft schon<br />
einmal bei der Olivenernte. Der<br />
gelernte Bankkaufmann ist verheiratet,<br />
hat drei Kinder und ist<br />
seit 1998 Vorstandsvorsitzender<br />
der Raiffeisenbank Ehingen-<br />
Hochsträß eG.<br />
1) Schwierig zu sagen, weil es viele schöne Reiseziele gibt, die sich<br />
landschaftlich sehr unterscheiden. Mit vorne dabei ist sicherlich<br />
Kroatien für den Sommerurlaub mit Entspannung, gutem Essen<br />
und Kontakt zu den Menschen vor Ort. Gerne helfe ich auch schon<br />
einmal bei der Olivenernte. Dennoch liegt auch Deutschland hoch<br />
im Kurs, weil es viel Spaß macht, Radtouren entlang der verschiedenen<br />
Flüsse zu <strong>unternehmen</strong>. Hier ist der Weg das Ziel.<br />
2) Relativ spät, aber dann gleich per Flugzeug nach Tunesien - mit meiner<br />
damaligen Freundin und heutigen Ehefrau.<br />
3) Meine Frau, wir verbringen die Urlaube immer zusammen. Ein guter<br />
Zigarillo für einen entspannten Abend im Freien. Leider auch<br />
mein Handy – oftmals zum Leidwesen meiner Frau.<br />
4) Hier gibt es nichts Spezifisches – einfach ein bisschen Abstand gewinnen.<br />
5) … schöne Landschaft, gutes Essen, aromatischer Wein und neue Eindrücke<br />
von Land und Leuten.<br />
6) Auf das gute schwäbische Essen, meine Kinder und auf das Arbeiten<br />
mit meinen MitarbeiterInnen.<br />
Harald Laatsch taucht im Urlaub<br />
gern unter. Im Meer.<br />
Der 50-jährige Küchenmeister<br />
ist verheiratet, hat zwei Kinder<br />
und ist seit 1991 bei der<br />
Wilken GmbH als Bereichsleiter<br />
Casino eingestellt.<br />
1) Ägypten. Sehr freundliche Menschen, wunderbare Unterwasserwelt<br />
zum Tauchen und Schnorcheln, Sonnenschein mit Garantie,<br />
kurze Flugzeiten.<br />
2) Holland. 1981 war nicht nur mein erster selbstständiger Urlaub,<br />
sondern auch der erste gemeinsame Urlaub mit meiner Frau. Ich bin<br />
in dem Jahr 18 geworden und habe ein Auto gekauft. Mit diesem<br />
sind wir zu meiner Tante in Haarlem bei Amsterdam gefahren. Zur<br />
Nordsee waren es mit geliehenen Rädern nur wenige Kilometer. Unvergesslich<br />
für mich sind die langen Spaziergänge im Wattenmeer<br />
und die vielen Sandburgen, die wir zum Schutz gegen den Wind<br />
gebaut haben.<br />
3) Meine Frau, ein spannender Roman und meine Lesebrille.<br />
4) Arbeit, Aktienkurse, mögliche Gewichtszunahme durch Faulenzen.<br />
5) … ausreichend Liegen und Sonnenschirme am Strand, gutes Essen,<br />
freundliches Hotelpersonal.<br />
6) Auf das Wiedersehen mit meinen Kindern, das eigene Bett und<br />
frisch gebackenes Brot von meiner Frau.<br />
47
[rubrik] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Foto: © 2013 Artur Kotowski/Fotolia.com<br />
Die einen lieben Kroatien (im Bild die Makarska-Bucht), die anderen Portugal , Italien oder Brasilien – oder einfach schöne Plätze auf der ganzen Welt.<br />
Ein Glas Weißwein am Strand<br />
gehört für Caroline Schwarz<br />
zu einem wunderbaren Urlaub.<br />
Die 48-Jährige hat zwei Töchter<br />
und leitet seit 2013<br />
die Ehinger-Schwarz GmbH &<br />
Co. KG.<br />
1) Welches ist Ihr Lieblingsreiseland und warum?<br />
2) Wohin ging Ihr erster selbstständiger Urlaub?<br />
3) Drei Dinge, die im Urlaub nicht zuhause bleiben.<br />
4) Drei Dinge, an die Sie im Urlaub nicht denken wollen.<br />
5) Bitte vervollständigen Sie diesen Satz:<br />
Zum Entspannen im Urlaub gehört für mich …<br />
6) Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie aus<br />
dem Urlaub zurückkommen?<br />
1) Brasilien, weil ich dort noch nie war! Ich stelle mir Brasilien aufregend<br />
und sexy vor. Zudem gibt es dort die schönsten Edelsteine –<br />
und die schönsten Strände.<br />
2) Nach Griechenland mit meiner besten Freundin. Es fing schon damit<br />
an, dass wir den Taxifahrer runterhandeln wollten und der einfach<br />
ohne uns weiterfuhr. Wir sind dann auf die Insel Hydra geschippert<br />
und haben uns ständig versichert, wie schön wir alles<br />
fänden, was wir aber anfangs gar nicht taten. Dann wurde alles fantastisch,<br />
denn wir waren jung und dachten, dass uns die Welt zu<br />
Füßen liegt – und so fühlte sich dieser Urlaub wie ein Wham-Video-<br />
Clip an!<br />
3) Ich habe so etwas wie eine feste Liste nie! Natürlich achte ich darauf,<br />
dass ich ausgefallenen Schmuck dabei habe, hohe Schuhe und schöne<br />
Sachen. Was ich fast immer vergesse, sind der Pyjama und meine<br />
Lesebrille.<br />
4) An diese drei Dinge denke ich auch im Alltag nicht! Ich bin voll und<br />
ganz davon überzeugt, dass man immer positive Gedanken hegen<br />
und pflegen soll.<br />
5) ... ein Glas Weißwein am Strand, barfuß gehen, ein gutes Buch, einfach<br />
mal Zeit für Dummheiten zu haben und die Zahl 5 gerade sein<br />
lassen.<br />
6) Auf meine verrückte Familie, meine Freundinnen, meine Tiere,<br />
mein Bett und natürlich meine Mitarbeiter, mit denen ich schließlich<br />
die meiste Zeit verbringe.<br />
Zeit und Muße sind für<br />
Rainer Utz das Wichtigste im<br />
Urlaub. Der 56-Jährige ist seit 37<br />
Jahren Inhaber und Geschäftsführer<br />
der Utz GmbH & Co. KG<br />
in Ochsenhausen.<br />
1) Italien wegen der Lebensart -– und die Schweiz der Berge wegen und<br />
der kultivierten Gastlichkeit.<br />
2) Mit 18 mit dem Firmen-VW Bus und Freunden an die Loire zum<br />
Paddeln. Es waren Spaß und Abenteuer pur!<br />
3) Meine Frau – und wenn es das Ziel erlaubt, meine Sportutensilien<br />
wie Laufschuhe und Bike.<br />
4) An das Geschäft, an nicht gelöste Probleme (nimmt man leider<br />
meist mit) und an terminliche Verpflichtungen.<br />
5) … Zeit und Muße zu haben und keinen festen Plan.<br />
6) Auf unser Zuhause und ein geselliges Zusammensein mit Familie<br />
und Freunden.<br />
48
<strong>unternehmen</strong> [!] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong><br />
[rubrik]<br />
Ist Claudia Kastner (40) in<br />
Portugal, würde sie manchmal<br />
am liebsten nicht mehr heimfliegen.<br />
Die Selbstständige berät<br />
Firmen im Bereich Office<br />
Management und ist seit 2012<br />
die erste Vorsitzende des<br />
Forums für Unternehmerinnen<br />
und Gründerinnen e.V.<br />
1) Portugal. Normalerweise finde ich es okay, nach 14 Tagen wieder<br />
nach Hause zu dürfen, aber in Portugal könnte ich das Heimfliegen<br />
glatt vergessen.<br />
2) Wir waren schon früher immer wieder mit der Jugend unterwegs,<br />
der erste längere Trip ging 14 Tage mit der Jugendgruppe nach Südfrankreich<br />
in die Tarnschlucht. Mein erster Hotelurlaub war auf<br />
Lanzarote, was einen leichten Kulturschock ausgelöst hat, da ich<br />
noch nie als Touristin unterwegs war, sondern immer nur abseits<br />
der Touristenpfade.<br />
3) Flip-Flops, Reise- und Sprachführer, Kreditkarte.<br />
4) Termine, To-Do-Listen, das wachsende Unkraut im Garten.<br />
5) … gleich nach dem Aufstehen eine Tasse Kaffee auf der Terrasse mit<br />
Blick auf das Meer oder die Landschaft und völlige Ruhe.<br />
6) Auf die eigenen vier Wände, denn „Dahoam is dahoam“.<br />
Alexandra Stork hat in den<br />
Ferien immer Wanderschuhe<br />
und ein Kartenspiel dabei.<br />
Die 37-jährige Diplom-Psychologin<br />
ist seit Dezember 2013<br />
Regionalleiterin der Caritas<br />
Region Ulm und lebt mit ihrem<br />
Mann und zwei Kindern<br />
in Kirchheim/Teck.<br />
1) Es ist an vielen Orten so schön, und ich habe schon an ganz unterschiedlichen<br />
Orten eine gute Zeit verbracht. Bis vor einem Jahr wäre<br />
es mir ganz unpassend erschienen, ein „Lieblingsland“ zu küren.<br />
Grundsätzlich bin ich ganz verliebt in den Bodensee, und der ist<br />
nach wie vor nur schwer zu toppen. Aber unser letzter Urlaub ging<br />
nach Schweden, in das Land von Pippi Langstrumpf, Michel aus<br />
Lönneberga, der langen Sommertage und unendlich viel Weite. Unfassbar<br />
schön!<br />
2) Mit dem Auto nach Frankreich zu „meiner“ Austauschschülerin<br />
und ihrer Familie. Es war aufregend und wunderbar.<br />
3) Bücher. Wanderschuhe. Kartenspiel.<br />
4) Zeit. Bügelwäsche. An all das, was ich alles noch tun wollte, bevor es<br />
losging.<br />
5) … ein Lagerfeuer am Abend.<br />
6) Wieder Kuchen backen zu können und diejenigen wiederzusehen,<br />
die nicht dabei waren.<br />
»Kochen isT eine KUnsT Und<br />
Keineswegs die UnbedeUTendsTe.«<br />
Luciano Pavarotti<br />
Miele | gaggenau | liebherr | Selektion D | Val<br />
CuCine<br />
www.kueche-und-raum.de | Frauenstraße 65 | 89073 Ulm | T 0731 61288<br />
49
[namen & nachrichten] Ausgabe 40 | <strong>Juli</strong> <strong>2014</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
Drei Haare,<br />
33 Jahre, 1200<br />
Absolventen<br />
Im Leben im Allgemeinen und<br />
in der Betriebswirtschaft ist vieles<br />
relativ. „Drei Haare auf dem<br />
Kopf sind<br />
wenig, drei<br />
Haare in der<br />
Suppe viel.“<br />
Mit solchen<br />
Erklärungen<br />
wollte Prof.<br />
War für viele das<br />
Gesicht der BA:<br />
Karl-Heinz Busam.<br />
Karl-Heinz<br />
Busam aus<br />
Baindt<br />
(Kreis Ravensburg)<br />
seine Studenten nicht nur zum<br />
Schmunzeln bringen, sondern<br />
ihnen vielmehr ein Gespür für<br />
Zahlen und Größenordnungen<br />
auf den Weg mitgeben. Von<br />
1981 bis im Frühsommer <strong>2014</strong><br />
war er an der Berufsakademie<br />
Ravensburg und später an der<br />
Dualen Hochschule Ravensburg<br />
Studiengangsleiter BWL-<br />
Industrie. Bei seinem Start zählte<br />
die dortige BA gerade einmal<br />
220 Studenten. Viele Unternehmen<br />
musste er erst von der neuen<br />
Studienform überzeugen,<br />
„und Klinken putzen“, wie er<br />
bei seinem Abschied in den Ruhestand<br />
erzählte. Er leistete Pionier-<br />
und Aufbauarbeit. Heute<br />
studieren an der DHBW Ravensburg<br />
3900 Studenten. „Für<br />
mich haben Sie die BA personifiziert:<br />
Sie waren das Gesicht<br />
Gerlinde Kretschmann<br />
betätigte sich<br />
bei der Tunneltaufe<br />
in Dornstadt als<br />
Baggerführerin.<br />
Ein Tunnel namens Gerlinde<br />
der Hochschule“, sagte Manfred<br />
Romer, ehemaliger Ausbildungsleiter<br />
der ZF Friedrichshafen<br />
AG. In seinen 33 Jahren in<br />
Ravensburg hat Busam 1200<br />
Absolventen ausgebildet. Viele<br />
von ihnen tragen heute als Führungskräfte<br />
Verantwortung in<br />
Unternehmen zwischen Ulm<br />
und dem Bodensee. Zu seinen<br />
prominenten Schützlingen gehören<br />
Roland Zey, Direktor von<br />
Mercedes Benz in Argentinien,<br />
der Bundestagsabgeordnete<br />
Thomas Bareiss (CDU) und Pater<br />
Tutilo, der Abt des Klosters<br />
Beuron.<br />
AMB<br />
Stadt Ulm<br />
kanzelt Studie zu<br />
Großprojekt ab<br />
Der Streit um das Ulmer Projekt<br />
Sedelhöfe reißt tiefe Gräben<br />
zwischen Teilen des Handels<br />
und der Stadtverwaltung. Bis<br />
zum Jahr 2016 sollen gegenüber<br />
des Hauptbahnhofs 18.000<br />
Quadratmeter zusätzliche Einzelhandelsflächen<br />
entstehen.<br />
Im Grundsatz begrüßt der Ulmer<br />
Handel das Projekt. Manche<br />
Läden befürchten aber Frequenzverluste.<br />
Einer Studie der<br />
Rund 200 Tunnelbauer der Arbeitsgemeinschaft<br />
Züblin/Max Bögel arbeiten rund um die<br />
Uhr am 5,9 Kilometer langen Albabstiegstunnel<br />
zwischen Dornstadt und Ulm. Etwa 250<br />
Millionen Euro kostet dieser Teil der Eisenbahn-Neubaustrecke<br />
von Ulm nach Wendlingen,<br />
für die insgesamt 3,3 Milliarden Euro veranschlagt<br />
werden. Gerlinde Kretschmann,<br />
Ehefrau des baden-württembergischen Ministerpräsidenten,<br />
ist Namensgeberin des Tunnels.<br />
Sie setzte sich in den Bagger und hatte<br />
bei der Tunneltaufe sichtlich Spaß.<br />
Hochschule Ostfalia (Bielefeld)<br />
zufolge könnten diese bis zu 30<br />
Prozent betragen. Die Stadt akzeptiert<br />
die Studie aber nicht<br />
und will nicht auf Änderungswünsche<br />
eingehen. Baubürgermeister<br />
Alexander Wetzig sagte,<br />
es gehe darum, die Attraktivität<br />
der Innenstadt als Ganzes zu<br />
stärken. Das werde die Stadt<br />
auch gegen Widerstand tun.<br />
Die Studie tat er als „penible<br />
Fleißarbeit“ ab, die sich für ein<br />
studentisches Oberseminar eigne.<br />
Damit hat Wetzig den Streit<br />
um das 130-Millionen-Euro-Projekt<br />
kräftig angeheizt. [!]<br />
[impressum]<br />
Verlag/Herausgeber<br />
Neue Pressegesellschaft<br />
mbH & Co. KG<br />
Frauenstraße 77, 89073 Ulm<br />
Geschäftsführer:<br />
Thomas Brackvogel<br />
Redaktion<br />
Alexander Bögelein (verantw.),<br />
Irmgard Städele,<br />
Anschrift wie Verlag<br />
Anzeigen<br />
Dr. Thomas Baumann<br />
(verantwortlich)<br />
Anschrift wie Verlag<br />
Gestaltung<br />
Alen Pahic (Art Director)<br />
Bozena Demski (Bild)<br />
Fotos Oliver Schulz (Titel + Titelinterview),<br />
Marc Hörger,<br />
Volkmar Könneke, Getty Images,<br />
imago/Klaus Haag, Privat,<br />
Archiv<br />
Druck<br />
Druck- und Verlagsgesellschaft<br />
Bietigheim mbH<br />
Kronenbergstraße 10<br />
74321 Bietigheim-Bissingen<br />
Objektleitung<br />
Tobias Lehmann<br />
Telefon 0731 156-515, Fax 481<br />
<strong>unternehmen</strong>@swp.de<br />
Mediaberatung<br />
Stefan Kulbe<br />
Telefon 0731 156-137<br />
E-Mail s.kulbe@swp.de<br />
Auflage: 15 000 Exemplare<br />
Nächste Ausgabe<br />
2. Oktober <strong>2014</strong><br />
Die Themen<br />
Kaufen statt gründen – was bei<br />
Übernahmen wichtig ist.<br />
Verpackung & Display<br />
Transporter & Nutzfahrzeuge<br />
Maschinen- und Anlagenbau<br />
u. v. m.<br />
Anzeigenschluss<br />
10. September <strong>2014</strong><br />
www.swp.de/<strong>unternehmen</strong><br />
50
ZEITUNG KANN MEHR<br />
zeitung-kann-mehr.de
Für Beruf und Berufung.<br />
Die neue V-Klasse. Lebensgröße.<br />
Entdecken Sie eine neue Form von<br />
Vielseitigkeit mit:<br />
• Platz für bis zu acht Personen dank<br />
variablem Sitzkonzept<br />
• einem exklusiven Interior-Design für höchste<br />
Business-Ansprüche<br />
Jetzt Probe fahren.<br />
Telefon: 0731 700-1800.<br />
Kraftstoffverbrauch innerorts/außerorts/kombiniert: 7,7-6,3/5,6–5,0/6,1–5,7 l/100 km; CO2-<br />
Emissionen kombiniert: 159–149 g/km; Effizienzklasse: A. Die Angaben beziehen sichnicht auf ein<br />
einzelnes Fahrzeug und sind nicht Bestandteil desAngebots, sondern dienen allein<br />
Vergleichszwecken zwischen verschiedenen Fahrzeugtypen. Abbildungenthält<br />
Sonderausstattungen.<br />
Anbieter: Daimler AG, Mercedesstraße 137, 70327 Stuttgart<br />
P artner vor Ort: Mercedes-Benz Niederlassung Ulm/Neu-Ulm<br />
Z eppelinstraße 27, 89231 Neu-Ulm, Telefon: 0731 700-1800, www.mercedes-benz-ulm.de