Materialsammlung - Theater Marburg
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c) Bearbeitungen des Medea Stoffes<br />
Friedrich Nietzsche<br />
Iason und Medea (1858)<br />
1. Iason hatte schon das Meer durchschnitten<br />
Mit der Gefährten Schaar und schon das Land,<br />
Für das sie nun so vieles schon erlitten,<br />
Erreicht. Schon war des Herrschers Wort bekannt.<br />
Und tiefe Trauer war in ihrer Mitten,<br />
Da sich kein Ausweg, keine Rettung fand.<br />
Da fasst Medea heimliches Verlangen,<br />
Iason als Gemahlin zu umpfangen:<br />
2. Aus meinen Herzen ist die Ruh entschwunden.<br />
Was ist es, daß ich jetzt nur immer klage<br />
ln Schmerz und Angst verbringe meine Tage?<br />
Ich war doch sonst der Sorge stets entbunden.<br />
Was ist es nur, daß ich jetzt alle Stunde(n)<br />
Das Bild des Fremdlings nur im Herzen trage?<br />
Ich fürchte für sein Leben. Denn Gefahren<br />
Umlagern ihn und seine Heldenschaaren.<br />
3. Und so entschwindet mir der Seele Frieden.<br />
Was sorgst du für den Fremden? Soll er sterben?<br />
Warum hat er sein Vaterland gemieden<br />
Um fremde Herrschaft für sich zu erwerben.<br />
Nun sei ihm auch ein schweres Loos beschieden<br />
Und fürchterlich umringe ihm Verderben!<br />
So soll er also sterben? Dieß Begehren<br />
Es würde nur mein edles Herz entehren.<br />
4. Davor behüte mich der Götter Walten!<br />
Mich hätte eine Tigerin geboren<br />
Wenn also könnte mein Gemüth erkalten.<br />
Jedoch der Arme ist gewiß verlohren<br />
Wenn ihn nicht Zaubermächte kräftig halten.<br />
Ich fühl's, ich fühls ich bin dazu erkoren.<br />
Ich werde ihn mein Glück, mein Leben<br />
Ach ja mich selber müssen übergeben.<br />
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