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Materialsammlung - Theater Marburg

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Pforten schließen müssen – und die Neuproduktion von Stücken stagnierte begann man, das<br />

Repertoire zu ordnen und zu überarbeiten, die Darstellungsmittel zu verfeinern. Jetzt erst wird das<br />

Dreimann-Puppenspiel allgemeine Norm, erhält die Bühne ihre heutige Form und wird auch die<br />

musikalische Gestalt der Aufführung verbindlich festgelegt. Nicht mehr die Faszination immer<br />

neuer Dramensujets steht im Vordergrund, das Interesse gilt jetzt vielmehr der äußerst differenzierten<br />

Darbietungsweise bereits bekannter älterer Stücke. Abgesehen von Ergänzungen und<br />

Verbsserungen vornehmlich musikalischer Art, die am bereits festgefügten, in sich geschlossenen<br />

Repertoire dann noch einmal zu Ende des 19. Jahrhunderts vorgenommen werden, als das Puppentheater<br />

eine zweite kurze Blütezeit erlebte, blieb der Aufführungsstil von Bunraku seitdem bis heute<br />

im wesentlichen identisch.<br />

Wenden wir uns nun dem Jõruri-Vortrag zu, wie er heute im Bunraku-<strong>Theater</strong> zu hören ist. […]<br />

Grundlage des Vortrags ist der Text eines Stückes in seiner eigentümlichen Mischung aus episch<br />

erzählenden, die Bühnenhandlung beschreibenden und kommentierenden Passagen und von im<br />

eigentlichen Sinne dramatisch dialogischen Passagen, in denen die Bühnenfiguren in direkter Rede<br />

zu Wort kommen. Eingestreut sind gelegentlich auch lyrische Abschnitte, die die Emotionen der<br />

Figuren und die Atmosphäre der Szene reflektieren. Im Gegensatz zu anderen Puppentheatertraditionen,<br />

in denen jeder Puppenspieler die von ihm geführte Puppe mit seiner eigenen Stimme<br />

sprechen läßt, bleiben die Puppenspieler des Bunraku stumm. Alle Textpassagen werden von<br />

einem einzelnen Rezitator bzw, Sänger, dem sogenanntenTayù, vorgetragen, der während der<br />

Aufführung zusammen mit seinem Shamisen-Spieler, der den Vokalvortrag vielfältig musikalisch<br />

interpretierend, illustrierend, unterstützend mitvollzieht, auf einem kleinen Podest, demYuka, sitzt,<br />

das sich vom Zuschauer aus gesehen rechts neben der Hauptbühne befindet. Vor sich auf einem<br />

kleinen Pult (Kendai) hat er das Textbuch (Yukahon) liegen. Es enthält neben den Schriftzeichen der<br />

Textworte auch Symbole verschiedenster Art, die Hinweise auf die musikalische Gestaltung des<br />

Vortrags geben.<br />

Die vollständige Darbietung eines Bunraku-Stücks, vor allem eines historischen Jidaimono-<br />

Dramas, kann mehr als 10 Stunden dauern. Die Handlung ist so gestaltet, daß das Stück in einzelne<br />

Akte eingeteilt ist, historische Dramen in der Regel in fünf Akte, bürgerliche Sewamono-Dramen in<br />

drei Akte, die jeweils wieder in einzelne Groß- und Kleinszenen unterteilt sind. Der formalen<br />

Struktur liegt dabei eine genau durchdachte dramaturgische Konzepton zugrunde.<br />

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