Gedenkschrift 2018-Endfassung
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Die Einheit von Juden und Nichtjuden<br />
Horst Krüger<br />
Manchmal führen wir völlig unnötige<br />
Diskussionen, obwohl in der Bibel<br />
bereits klare Aussagen vorliegen.<br />
Immer noch geistert die Frage durch<br />
den Raum: Müssen Juden, wenn sie<br />
sich zu Jesus als ihrem Messias bekehren,<br />
ihre jüdische Lebensweise<br />
aufgeben und sich voll in unsere<br />
nichtjüdischen Gemeinden integrieren?<br />
Zur Zeit von Paulus hieß es<br />
noch: Müssen Nichtjuden, wenn sie<br />
sich bekehren, Juden werden? Müssen<br />
sie sich beschneiden lassen und<br />
sich nach dem jüdischen Religionsgesetz<br />
richten? Paulus hat in einem<br />
Nebensatz, den wir offensichtlich gar<br />
nicht so deutlich wahrnehmen, diese<br />
Frage geklärt:<br />
1. Korinther 7,17-18: Doch wie der<br />
Herr einem jeden zugeteilt hat, wie<br />
Gott einen jeden berufen hat, so<br />
wandle er; und so verordne ich es in<br />
allen Gemeinden. Ist jemand beschnitten<br />
(als Jude) berufen worden,<br />
so bleibe er bei der Beschneidung<br />
(Jude); ist jemand unbeschnitten (als<br />
Nichtjude) berufen worden, so lasse<br />
er sich nicht beschneiden (so bleibe<br />
er Nichtjude).<br />
Kennen wir diese Regel in unseren<br />
Gemeinden? Die Fragen sind gar<br />
nicht so abwegig; denn zur<br />
Zeit des Römischen Reiches<br />
haben in der Tat zahlreiche<br />
Juden ihre völkische<br />
Zugehörigkeit durch chirurgische<br />
Eingriffe auszulöschen<br />
versucht. Ähnlich wie<br />
in der Hitlerzeit. Dadurch<br />
erhofften sie sich Erleichterungen<br />
für ihr tägliches Leben.<br />
Dann wiederum entschieden<br />
sich Nichtjuden für<br />
das Judentum, um jüdisch<br />
zu leben, bekannt unter der<br />
Bezeichnung Proselyten.<br />
Dafür gab es dann das Wort<br />
Beschneidung.<br />
Die Apostel und Ältesten in<br />
Jerusalem hatten mit Paulus<br />
und Barnabas auf dem Apostelkonzil<br />
Apg. 15 beschlossen,<br />
dass Christen aus den Nichtjuden<br />
sich, was die rituelle Seite betrifft,<br />
vor Götzendienst, sexueller Unreinheit,<br />
Blutgenuss und nicht ausgeblutetem<br />
Fleisch hüten sollten. Die<br />
Gemeinschaft des Neuen Bundes<br />
kennt keine Zurücksetzung zwischen<br />
Juden und Nichtjuden. Eine Herabwürdigung<br />
der Anderen darf nicht<br />
sein und steht im Widerspruch zum<br />
Evangelium! Das hat Paulus mehrfach<br />
in seinen Briefen betont. Paulus<br />
sieht darin, dass ein Gläubiger aus<br />
den Heiden zum Judentum übertritt,<br />
Gott auf das Judentum beschränkt,<br />
ihn sozusagen verkleinert und damit<br />
einen schwerwiegenden Irrtum begeht!<br />
Gott ist größer! Wenn Juden<br />
und Nichtjuden gemeinsam und in<br />
Respekt voreinander den Gott Israels<br />
anbeten, kann die Einzigartigkeit<br />
und Größe des lebendigen Gottes<br />
allen Menschen sichtbar werden<br />
(Röm. 3,28-30): Ist Gott etwa nur der<br />
Juden und nicht auch der Heiden<br />
Gott? Jawohl, auch der Heiden, so<br />
gewiss es nur einen einzigen Gott<br />
gibt, der die Beschnittenen (Juden)<br />
aus Glauben (aufgrund des Glaubens)<br />
und die Unbeschnittenen<br />
(Nichtjuden) durch den Glauben (infolge<br />
ihres Glaubens) rechtfertigen<br />
(gerecht sprechen, erlösen) wird.<br />
Nun ergibt sich die Frage: Sind<br />
nichtjüdische Christen jetzt Juden?<br />
In Gal 3,27-29 steht: Ihr alle, die ihr<br />
in (oder: für, oder: auf) Christus getauft<br />
worden seid, habt (damit)<br />
Christus angezogen. Da gibt es nun<br />
nicht mehr Juden und Griechen<br />
(Griechisch redende Heiden), nicht<br />
mehr Knechte und Freie, nicht mehr<br />
Mann und Frau: nein, ihr seid allesamt<br />
Einer (eine Einheit) in Christus<br />
Jesus. Wenn ihr Christus angehört,<br />
so seid ihr damit Abrahams Nachkommenschaft<br />
(Kinder), Erben gemäß<br />
der Verheißung. Interessant ist<br />
hier die Formulierung Mann und<br />
Frau, nicht Mann oder Frau, wie es<br />
meist übersetzt wird. Tatsächlich gebraucht<br />
Paulus das und und bleibt<br />
damit in der biblischen Tradition!<br />
Mann und Frau. In jener Zeit hatten<br />
Taufe und Christus einen anderen<br />
Klang als heute bei uns. Taufe, Untertauchen<br />
war ein jüdisches religiöses<br />
Element. Wer Jude wurde oder<br />
im Namen von Jesus Christus getauft<br />
wurde, bekannte sich zum Gott<br />
Israels. Dieser Vorgang war unter<br />
Heiden unüblich. Nach Paulus wurde<br />
der griechische Mann, die griechische<br />
Frau in realer Weise ein Kind,<br />
ein Miterbe Abrahams. Der äußere<br />
Unterschied zwischen Juden und<br />
Nichtjuden, Mann und Frau war zwar<br />
vorhanden, aber es gab keine Diskriminierung,<br />
Bevorzugung oder Zurücksetzung.<br />
Nichtjüdische Gläubige<br />
sind nicht Juden! Aber Kinder, Same,<br />
Abrahams, um es mit Paulus biblisch<br />
zu sagen! Sie gehören zum Reich<br />
Gottes und sind bei all ihrer Unterschiedlichkeit<br />
eins mit Israel durch<br />
Jesus Christus (Eph 2,12). Gottes<br />
Volk, Erben nach der Verheißung.<br />
Fazit: Wir bleiben bei dem, was Paulus<br />
im 1. Korintherbrief geschrieben<br />
hat. Beten wir auch dafür, dass Juden<br />
in die Gemeinden der Nichtjuden<br />
kommen und sich dort glücklich<br />
fühlen, weil sie voll akzeptiert<br />
sind. Das wäre das eigentliche Urbild,<br />
so wie Paulus es in seinen Gemeinden<br />
kannte.<br />
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