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syndicom magazin Nr. 3 - Im Netz gefangen

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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«Die Flut der gesammelten Daten bringt die Logistik an ihre<br />

Grenzen und gefährdet den Zugang zu Diensten.» Matteo Antonini<br />

19<br />

In der Logistik wird<br />

die Teilung der<br />

Gesellschaft deutlich.<br />

Logistik ist die Antwort auf die<br />

Probleme Versorgung und Zugang.<br />

Sie basiert auf <strong>Netz</strong>werken und digitalen<br />

Daten. Seit einigen Jahren findet<br />

dort ein Paradigmenwechsel statt. Die<br />

Flut der Daten, die im Rahmen der<br />

Digitalisierung gesammelt werden,<br />

stellt eine wachsende Herausforderung<br />

für das Logistiknetz dar. Etwa bei<br />

der Lieferung. Wir können uns den<br />

Produkten, die uns ständig angeboten<br />

werden, nicht mehr entziehen. Und es<br />

entstehen laufend neue, immer<br />

stärker auf einzelne Kundinnen und<br />

Kunden zugeschnittene Produkte.<br />

Will das Vertriebs- und Verteilnetz<br />

diese Nachfrage befriedigen, gerät es<br />

unter Druck. Die Arbeitsbedingungen<br />

verschlechtern sich weltweit, die<br />

Prekarisierung nimmt zu. Häufig wird<br />

der Wettbewerb über den Preis und<br />

nicht über die Qualität geführt. Dabei<br />

machen die Kosten auf dem «letzten<br />

Kilometer» des <strong>Netz</strong>werks 50 Prozent<br />

des Endpreises aus. Das ist nicht nur<br />

bei der Paketzustellung so, sondern<br />

auch im Datennetz.<br />

Auch der Zugang zu Diensten ist<br />

nicht mehr gesichert. Der kürzliche<br />

US-Entscheid, die <strong>Netz</strong>neutralität zu<br />

kippen, folgt dem bekannten Muster<br />

der Privatisierungen des Service public<br />

bei Diensten wie Wasser, Bildung,<br />

Gesundheit, Strom. Die Gefahr einer<br />

Mehrklassengesellschaft beunruhigt<br />

uns zunehmend.<br />

Matteo Antonini ist Leiter des Sektors Logistik und<br />

Mitglied der <strong>syndicom</strong>-Geschäftsleitung<br />

Gewerkschaftliche Allianz gegen<br />

Dumping durch Auslagerungen<br />

Digitales Logistikdesign lässt alle Missbräuche zu. Aufträge in<br />

Spitzenzeiten an Subunternehmen auszulagern, ist nicht neu.<br />

Doch die Ausnahme wird immer mehr zum System, um die<br />

Arbeitsbedingungen zu drücken. Mit Fairlog halten wir dagegen.<br />

Tatort Genf: Ein Transportunternehmen<br />

teilt seinem Festangestellten<br />

jeweils am Morgen mit, ob und wie viel<br />

er zu tun hat – klassische Arbeit auf<br />

Abruf. Dafür erhält der Mann 20 Franken<br />

die Stunde. Daneben arbeitet er<br />

auch noch für andere Arbeitgeber. Als<br />

er deshalb einmal anderweitig<br />

verplant ist, wird er fristlos entlassen.<br />

Tatort Zürich: Ein Zentrumsleiter von<br />

PostLogistics hält die Personalressourcen<br />

bewusst knapp. Ihm ist<br />

erlaubt, Touren auszulagern, um<br />

Auftragsspitzen zu brechen. Hier aber<br />

wird das missbraucht. Die Unterkapazität<br />

wird gezielt herbeigeführt, um<br />

möglichst viel an andere Unternehmen<br />

auszulagern.<br />

Tatort Ostschweiz: <strong>Im</strong> Arbeitsvertrag<br />

eines Paketboten steht: «Der<br />

Arbeitnehmer verpflichtet sich,<br />

diejenige Arbeitszeit aufzuwenden,<br />

die zur erfolgreichen Erledigung der<br />

Aufgaben erforderlich ist.» Mit anderen<br />

Worten: unbegrenzte Arbeitszeit.<br />

In all diese Fälle sind Subunternehmen<br />

von grossen Transportfirmen<br />

involviert. Sie erledigen die Arbeit oft<br />

nicht mehr selbst, sondern kümmern<br />

sich nur noch um Generierung und<br />

Organisation der Aufträge.<br />

Ein Phänomen der Digitalisierung<br />

Diese Praxis wird Logistikdesign<br />

genannt. Dass ein Paket von A nach B<br />

kommt, und das möglichst effizient<br />

koordiniert mit anderen Lieferungen<br />

von verschiedenen Auftraggebern,<br />

darin liegt die Kunst des Logistikdesigns.<br />

In diesem Bereichen werden<br />

hohe Gewinnmargen generiert. Die<br />

Erledigung der Knochenarbeit überlässt<br />

man Dutzenden von Subunternehmen.<br />

Diese drücken gegenseitig<br />

die Preise derart, dass die Arbeitsbedingungen<br />

der Belegschaft massiv leiden.<br />

Erst die Digitalisierung erlaubt<br />

es, ein derart atomisiertes Konstrukt<br />

überhaupt koordinieren zu können.<br />

Diese Zersplitterung der Wertschöpfungskette<br />

fordert die Gewerkschaft<br />

massiv. Deshalb hat <strong>syndicom</strong><br />

mit den Gewerkschaften Unia und<br />

SEV den Verein Fairlog gegründet. Mit<br />

dieser Allianz wollen wir die Logistik<br />

und den Strassentransport in seiner<br />

ganzen Breite umfassen und endlich<br />

sozialpartnerschaftlich regulieren.<br />

(David Roth)<br />

Gegen Hektik und Auslagerungen: Die Logistik muss wieder fairere Arbeit schaffen (© Peter Leuenberger)<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/branchen/logistik/fiarlog/

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