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Gazette Schöneberg & Friedenau Nr. 2/2018

Gazette für Schöneberg und Friedenau - Februar 2018

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2 | <strong>Gazette</strong> <strong>Schöneberg</strong> & <strong>Friedenau</strong> | Februar <strong>2018</strong><br />

Wir waren Nachbarn<br />

Ausstellung mit Biografien jüdischer Zeitzeugen<br />

159 biografische Alben in der Ausstellung „Wir waren Nachbarn“ vermitteln einen Eindruck vom Leben ehemaliger <strong>Schöneberg</strong>er und Tempelhofer Juden.<br />

Die Dauerausstellung WIR WAREN<br />

NACHBARN im Rathaus <strong>Schöneberg</strong><br />

widmet sich den Biografien<br />

ehemaliger <strong>Schöneberg</strong>er und<br />

Tempelhofer Juden. Besonders<br />

im Bayerischen Viertel, zu Beginn<br />

des 20. Jahrhunderts modern<br />

und neu errichtet, hatten sich<br />

viele jüdische Bewohnerinnen<br />

und Bewohner niedergelassen.<br />

Berühmte und weniger berühmte<br />

Menschen lebten hier. 159<br />

biografische Alben in der Ausstellung<br />

Wir waren Nachbarn vermitteln<br />

einen Eindruck von ihrem<br />

Der Tenor Joseph Schmidt.<br />

Foto: Joseph Schmidt-Archiv<br />

Leben. Durch Gespräche, Briefe,<br />

Dokumente und Fotos werden<br />

ihre Erinnerungen wieder lebendig,<br />

wie sie hier gewohnt oder<br />

gearbeitet haben, bevor sie vor<br />

der nationalsozialistischen Verfolgung<br />

fliehen oder untertauchen<br />

mussten. Für einen erheblichen<br />

Teil gab es keinen Ausweg mehr,<br />

sie entschieden sich zum Suizid<br />

oder wurden deportiert.<br />

Schwerpunkt <strong>2018</strong>:<br />

„Unerhörte Stimmen“<br />

Über Hörstationen werden den<br />

Besuchern die akustischen Erinnerungen<br />

von Menschen, die<br />

im Bezirk gelebt haben, nahegebracht.<br />

Schon länger sind, begleitend<br />

zu bestimmten Alben,<br />

einzelne Stimmen im Original<br />

zu hören. So erinnern sich unter<br />

anderen der ehemalige Geiger<br />

der Berliner Philharmoniker Hellmut<br />

Stern, der Jazzgitarrist Coco<br />

Schumann, die Lyrikerin Mascha<br />

Kaleko, der Regisseur Billy Wilder<br />

oder die Fotografin Gisele Freund<br />

an ihre Zeit in <strong>Schöneberg</strong> oder<br />

Tempelhof. Zu anderen, wie Gertrud<br />

Kolmar oder Kurt Tucholsky,<br />

tragen Schauspieler Gedichte<br />

oder Briefe vor.<br />

Weitere Originaltöne von Zeitzeugen,<br />

wie die der Juristin<br />

Erna Proskauer und der Tänzerin<br />

Renate Schottelius, werden ab<br />

diesem Jahr in der Ausstellung<br />

präsentiert - nun in technisch aktualisierter<br />

Form. Für prominente<br />

Musiker, wie die Comedian Harmonists<br />

oder den Tenor Joseph<br />

Schmidt, werden akustische Beispiele<br />

ihrer Kunst hör- und erfahrbar<br />

gemacht.<br />

Der Schwerpunkt „Unerhörte<br />

Stimmen“ prägt auch das Rahmenprogramm<br />

des Jahres. So<br />

werden die Personen, zu denen<br />

neue Hörstationen erstellt werden,<br />

mit ihren Lebenswegen in<br />

eigenen Veranstaltungen vorgestellt.<br />

In diesem Jahr werden zwei neue<br />

Alben in die Ausstellung aufgenommen:<br />

Eines beschäftigt<br />

sich mit dem bereits erwähnten<br />

Tenor Joseph Schmidt, der in<br />

der Nürnberger Straße wohnte.<br />

Für die Opernbühne zu klein an<br />

Körpergröße, machte er mit seiner<br />

großen Stimme eine Karriere<br />

als Rundfunksänger. Weniger bekannt<br />

ist, dass er auch religiöse<br />

Lieder für die Jüdische Reformgemeinde<br />

zu Berlin aufgenommen<br />

hat.<br />

Das zweite Album befasst sich<br />

mit der Familie Neumann, hier<br />

besonders mit Martin Neumann,<br />

der 1884 in Anklam geboren wurde.<br />

Er lebte mit seiner Frau Else,<br />

die nicht jüdisch war, ab 1937 in<br />

der Treuchtlinger Straße1. Nachdem<br />

er 1943 erst nach Theresienstadt,<br />

dann nach Auschwitz verschleppt<br />

wurde, gelang es ihm,<br />

seiner Frau in Briefen von seinen<br />

Lebensumständen zu berichten.<br />

Diese Briefe, die in dem Album<br />

zu lesen sind, stellen einzigartige<br />

Dokumente dar.<br />

Die neuen Alben und die neuen<br />

Hörstationen ergänzen die Ausstellung<br />

WIR WAREN NACHBARN.<br />

Hier können Einzelbesucher, aber<br />

auch Gruppen, Schüler und Studierende,<br />

in ruhiger Atmosphäre<br />

die biografischen Alben lesen,<br />

Else und Martin Neumann am<br />

Ostseestrand, Insel Usedom,<br />

vermutlich Sommer 1932.<br />

<br />

Foto: Privat<br />

die zum Teil auch in englischer,<br />

französischer, hebräischer, polnischer<br />

und türkischer Übersetzung<br />

vorliegen. Umrahmt werden die<br />

Alben, die einen Eindruck der Lebensgeschichten<br />

vermitteln, von<br />

über 4.000 Karten, auf denen sich<br />

die Namen der deportierten und<br />

meist ermordeten Bewohnerinnen<br />

und Bewohner von <strong>Schöneberg</strong><br />

und Tempelhof finden.<br />

Die Verbindung der verschiedenen<br />

Elemente, den Alben, den<br />

Hörstationen sowie dem Archiv<br />

der Erinnerungen, schafft einen<br />

einzigartigen und würdigen Erinnerungs-<br />

und Gedenkort im<br />

Herzen des Bezirks, im Rathaus<br />

<strong>Schöneberg</strong>.<br />

Die Ausstellung ist montags bis<br />

donnerstags sowie samstags und<br />

sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet.<br />

Der Eintritt ist frei.

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