Hinz&Kunzt 299 Januar 2018

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Macht hoch die Tür, die Tor macht weit … Tagtäglich schickt die Stadt Hamburg Hunderte Obdachlose raus in die Kälte. Den Erfrierungsschutz gibt es nur nachts. Das geht auch anders, findet Hinz&Kunzt und rief an Nikolaus zu einer komisch-schrägen Kunstaktion auf. TEXT: JONAS FÜLLNER FOTOS: MAURICIO BUSTAMANTE UND LENA MAJA WÖHLER Hinz&Künztler im Einsatz für alle Obdachlosen und die Tagesöffnung des Winternotprogramms: Ionut, Ronny, Spinne, Jörg und Norbert (von links).
WWW.HINZUNDKUNZT.DE Stadtgespräch Die Müdigkeit steckt ihnen in den Knochen. Jörg streckt sich. Ionut reibt sich verschlafen die Augen. Es dämmert bereits. Aber die beiden Hinz&Künztler stecken noch in Schlafgewändern. Draußen. Bei unangenehm kalten Temperaturen. Nur wenige Meter vom Winternotprogramm am Baumwall entfernt. Zusammen mit den beiden lungern rund 70 weitere Gestalten auf der Michelwiese herum. Ein skurriler Aufzug. Viele tragen Schlafanzüge, andere haben sich Bademäntel übergeworfen. Immer wieder rollen einige Isomatten aus, legen sich symbolisch schlafen. Aufgerufen zu dieser Performance haben Hinz&Kunzt und das Scharlatan Theater. Eine Überraschung für uns: Viele Hinz&Künztler, die selber obdachlos waren oder sind, machen mit. Sie wollen heute ein Zeichen setzen: gegen Obdachlosigkeit und gegen den Irrsinn, dem tagtäglich rund 600 Obdachlose ausgesetzt werden. „Es ist regnerisch und kalt. Draußen ist es ganz schlimm.“ IONUT Ihnen bietet die Stadt ab 17 Uhr für die Nacht ein warmes Bett in einer Notunterkunft. Doch spätestens um 9.30 Uhr ist Schluss. Dann schließt der Erfrierungsschutz am Baumwall und in der Friesenstraße in Hammerbrook. In den folgenden Stunden irren die Obdachlosen aus dem Winternotprogramm durch die Stadt – auf der Suche nach Wärme und etwas zu essen. Probleme, die Hinz&Künztler Jörg nicht mehr hat. Seit etwa vier Jahren ist der 47-Jährige „weg von der Straße“. Im beschaulichen Hittfeld hat er eine kleine Wohnung gefunden. Aber Jörg erinnert sich noch gut an die Winter auf der Straße. „Man läuft den ganzen Tag wie im Tran durch die Stadt und findet keine Wärme und keinen Halt“, sagt er rückblickend. An diesem Morgen hat Jörgs Wecker bereits um kurz vor sechs Uhr geklingelt. Mit Bus und Bahn hat er sich auf den Weg in die Stadt gemacht. Im Schlepptau sein Hackenporsche. Gefüllt mit Bademantel und Hinz&Kunzt- Ausgaben. Schließlich ist Nikolaus, ein wichtiger Verkaufstag. Aber für ihn sei es eine Selbstverständlichkeit, andere Obdachlose zu unterstützen, sagt Jörg. „Auf der Straße wird man beschimpft und verscheucht. So kann es nicht weitergehen.“ Verscheucht werden auch heute Menschen – allerdings nur als Teil der Performance. Schauspieler des Scharlatan Theaters geben die Stadtreinigung – ausgestattet mit Kehrblech und Besen. „Alles Penner, die müssen weg!“, ruft Ali Wichmann, Gründer des Scharlatan Theaters. Mit seinem Besen versucht er „Obdachlose“ wegzufegen. Die 7 Am Baumwall versammelten sich einige Unterstützer zu einem Abschiedsfoto (oben). Hinz&Künztler Jörg wiederum stand einem Reporter Rede und Antwort. reagieren bockig und machen nur widerwillig den Weg frei. Ein paar Meter entfernt steht Ionut. Der Rumäne schmunzelt angesichts des Schauspiels, das sich vor seinen Augen abspielt. Dabei dürfte ihm nicht zum Lachen zumute sein. Der 25-Jährige ist einer von inzwischen mehr als 100 Osteuropäern, denen man den Zutritt zum Erfrierungsschutz verwehrt. „Es ist ganz schlimm draußen“, sagt Ionut. Ihm fehle dringend ein warmer Ort, um sich auszuruhen.
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