Heimat-Rundblick Winter 2017/18, Nr.123
Magazin für Geschichte, Kultur und Natur
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Jost Wischnewski: aus der Serie: Der Betrieb, 2016 Fritz Overbeck: Birken vor Kornfeld, um <strong>18</strong>94<br />
dort, wo er sich in kühnen Ausschnitten<br />
und irritierenden Perspektiven dem Torfstich<br />
zuwandte und den sich auftürmenden<br />
Wolken über der kargen Ebene, da<br />
scheint sich die Kluft von 125 Jahren zu<br />
schließen, die zwischen den Arbeiten Fritz<br />
Overbecks und denen von Jost Wischnewski<br />
liegt.<br />
Die Ausstellung „ABBAU – Interpretation<br />
einer Wirtschaftslandschaft“ im Overbeck-<br />
Museum in Bremen-Vegesack stellt mehr<br />
als 30 Fotografien von Jost Wischnewski<br />
motivähnlichen Ölgemälden von Fritz<br />
Overbeck und Hermine Overbeck-Rohte<br />
gegenüber. Im direkten Vergleich zeigt<br />
sich das Teufelsmoor als ein noch heute<br />
beeindruckender Mythos, den es jedoch<br />
kritisch zu hinterfragen gilt. Es werden faszinierende<br />
Gemeinsamkeiten zwischen<br />
den Fotografien und Gemälden, in ihrer<br />
Unterschiedlichkeit aber auch Spuren von<br />
Zeit und Fortschritt sichtbar.<br />
Die Ausstellung, zu der auch ein Katalog<br />
erschienen ist, läuft vom 12. November<br />
<strong>2017</strong> bis zum 28. Januar 20<strong>18</strong>.<br />
Dr. Katja Pourshirazi<br />
1) Otto Modersohn und Fritz Overbeck – Der<br />
Briefwechsel, hrsg. von Katja Pourshirazi<br />
et al., 2014. S. 34<br />
2) F. Overbeck: Brief aus Worpswede, in: Fritz<br />
und Hermine Overbeck – Ein Worpsweder<br />
Künstlerpaar, 2002, S. 137f.<br />
Lesenswert<br />
Fotobuch „Mühle“ von Jost Wischnewski<br />
Im Dezember <strong>2017</strong> erscheint im Verlag<br />
Worpswede-Fineart das Fotobuch „Mühle“<br />
von Jost Wischnewski.<br />
Ausgangspunkt ist die Worpsweder<br />
Mühle, die wohl meistgemalte Mühle<br />
Deutschlands. Seit 1700 prägt sie mit ihrem<br />
hoch hinausragenden Flügelkreuz die<br />
Ansicht des Dorfes aus Richtung Osterholz.<br />
In den Landschaftsbildern Fritz Overbecks,<br />
Otto Modersohns und Hans am Endes<br />
erkennt man sie vor der Silhouette des Weyerberges<br />
und verortet so das Bild in der<br />
Worpsweder Region. Immer wieder findet<br />
sich auch der umgekehrte Blick von der<br />
Höhe des Berges in die Hammeniederung,<br />
wo zunächst der Blick an den Flügelspitzen<br />
der Mühle und dann an der zarten Linie des<br />
Flusslaufs mit seinen kleinen schwarzen Torfschiffersegeln<br />
hängen bleibt.<br />
Mit viel Engagement ist es einigen Worpsweder<br />
Bürgern gelungen, die Mühle mit<br />
ihren vollständigen Mahlfunktionen zu<br />
erhalten. Heute drehen sich die Flügel der<br />
Mühle jedoch nur zu Vorführungen an einzelnen<br />
Wochenenden und Mühlentagen.<br />
Dieses technische Wunderwerk, das früher<br />
ganz ohne Strom auskam, interessiert Besucher<br />
heute oft nur noch als Erinnerungsanker<br />
für früher Erlebtes oder zumindest als<br />
Grußkartenmotiv.<br />
Mit den hier vorgelegten fotografischen<br />
RUNDBLICK <strong>Winter</strong> <strong>2017</strong><br />
Arbeiten holt Jost Wischnewski die Mühle<br />
aus der musealen Ecke und belebt sie, indem<br />
er sie von ihrem inneren Kontext her befragt.<br />
Technische Konstruktionen im Innenraum<br />
und prägnante Details an der Außenhaut<br />
des Erdholländers finden sein besonderes<br />
Interesse. Da passt es sehr gut, dass der vielseitig<br />
studierte und zum „freiwilligen Müller“<br />
ausgebildete Mathias Wais einen ausgesprochen<br />
kenntnisreichen Text über die<br />
Lebens- und Arbeitswelt im Müllerhandwerk<br />
verfasst hat. Er geht nicht nur auf die spezielle<br />
örtliche Mühlengeschichte und die<br />
Funktionalität ein, sondern erläutert auch<br />
die kulturellen Zusammenhänge. „Alles ist in<br />
Bewegung und jede Bewegung eines einzelnen<br />
Teiles ist abhängig von der Bewegung<br />
und Beweglichkeit der anderen Teile. Die<br />
senkrecht gelagerte Königsachse greift über<br />
ihr Stirnrad in ein Korbrad [in der Worpsweder<br />
Mühle über Keilriemen]. Dieses sitzt auf<br />
dem Spill, einer dicken Spindel, die an ihrem<br />
unteren Ende auf einer „Haue“ den rotierenden<br />
Stein trägt. … Dieser so robust und elementar<br />
wirkende Organismus, der gleichzeitig<br />
so sensibel ist, schließt das Korn auf,<br />
damit Mensch und Vieh die Leben erhaltenden<br />
Nährstoffe, die Mineralien, Vitamine,<br />
Fette und das Eiweiß in ihren Organismen<br />
verarbeiten können. Wischnewskis Fotografien<br />
des Innenlebens der Mühle schlagen<br />
Orientierungsvektoren vor, nach denen man<br />
selbst das Zusammenspiel in diesem Organismus<br />
erkunden, sich aufschließen kann.“<br />
Worpswedes Bürgermeister Stefan<br />
Schwenke, der ein Nachkomme des Müllers<br />
Johann Heinrich Schwenke ist, schreibt in<br />
seinem Grußwort: „Ich freue mich, dass das<br />
Buch passend zur 800-Jahr-Feier Worpswedes<br />
erscheinen kann. Möge es die Neugier<br />
der Worpsweder Bevölkerung wecken, zu<br />
erfahren, was im Inneren „ihrer“ Mühle zu<br />
erleben ist, ebenso der Mühleninteressierten<br />
in Nah und Fern.“<br />
Das Buch „Mühle“ von Jost Wischnewski<br />
erscheint im Verlag Worpswede-Fineart<br />
und ist dort direkt zu bestellen<br />
(info@worpswede-fineart.de) oder über den<br />
Buchhandel erhältlich. Softcover, 54 Seiten,<br />
9,90 €, ISBN 978-3-9819128-0-7.<br />
Daniela Platz<br />
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