ALLGÄU Running 2017
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Experten-Tipp<br />
22<br />
Wir sind nicht für Vollgas gemacht<br />
Bausteine eines effektiven Trainings<br />
Fitnessstudios überschlagen sich seit Längerem mit Angeboten,<br />
die mehr Fitness bei gleichzeitig weniger Zeitaufwand<br />
versprechen. Schon 15 oder 20 Minuten sollen genügen, die<br />
selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Aber was ist dran an den<br />
neuen Trainingsmethoden und worauf kommt es beim effektiven<br />
Training wirklich an? Um hier Klarheit zu bekommen, haben<br />
wir uns zu einem Gespräch mit Robert Pfund, Geschäftsführer<br />
bei f+p in Kempten, getroffen.<br />
Hochintensives Intervalltraining<br />
Das Stichwort lautet: hochintensives Intervalltraining, kurz<br />
HIIT. Bei diesem Training werden verschiedene hochintensive<br />
Belastungen mit einer sehr kurzen Pause zu einer Trainingseinheit<br />
zusammengefügt. Tatsächlich lassen sich auf diese<br />
Weise, neben Kraftverbesserungen, auch deutliche Verbesserungen<br />
des Herz-Kreislauf-Systems erzielen. Wer hier seinen<br />
Trainingsschwerpunkt hat, für den ist das HIIT genau richtig.<br />
Muskelaufbau und Bindegewebe sind wichtig<br />
Zur Vorbereitung auf einen Marathon ist es hingegen nicht<br />
geeignet. Das Problem: Zur Vorbereitung auf eine so große<br />
körperliche Belastung wie bei einem Marathon, muss das Training<br />
auch weitere Schwerpunkte setzen. Die Belastbarkeit<br />
der unterschiedlichen Gewebe wie Sehnen, Bänder, Faszien,<br />
Knochen und Knorpel braucht längere Phasen der Anpassung.<br />
Wenn man mehrere Stunden laufen möchte, muss man dieses<br />
Gewebe schrittweise darauf vorbereiten. Wie lange es dauert,<br />
hängt von der individuellen Gewebebelastbarkeit des Einzelnen<br />
ab. Ganz dekonditionierte Menschen brauchen hierfür einen<br />
Zeitraum von 300 bis 500 Tagen. Dies sieht Robert Pfund<br />
als Gefahr: „Wenn ich schon in 15 Minuten viel Gutes für mein<br />
Herz-Kreislaufsystem erreichen kann, und ich glaube, für den<br />
Marathon ist nur die gute Herz-Kreislauffunktion wichtig,<br />
warum soll ich länger trainieren?“ „Der Mensch ist eben bequem“,<br />
resümiert Robert Pfund. „Nur ist der Mensch genetisch<br />
ganz anders angelegt“, erläutert er. Bis zu 20 Kilometer<br />
am Tag sollte der Mensch laufen. Eine Distanz, die sicherlich<br />
Robert Pfund<br />
Geschäftsführer bei f+p.<br />
MAppSc in Physiotherapy (Univ.<br />
South Australia, Adelaide), Physiotherapeut<br />
und Sektoraler Heilpraktiker<br />
Physiotherapie<br />
www.fp-kempten.de<br />
nur die wenigsten erreichen. Eines der größten gesundheitlichen<br />
Probleme des 21. Jahrhunderts ist die körperliche Inaktivität.<br />
Autofahren, Fahrstuhl, Rolltreppe, langes Sitzen: All<br />
das begünstigt unter anderem den Muskelabbau und sorgt,<br />
in Verbindung mit zu hoher Kalorienaufnahme, für die Zunahme<br />
an viszeralem Fettgewebe. Damit ist Fettgewebe gemeint,<br />
das sich am Bauch bildet. Und hier lauert die Gefahr.<br />
Das Bauchfett nämlich produziert Stoffe – im Gegensatz zum<br />
Fett an anderen Körperstellen – , die dem Körper nur Nachteile<br />
bringen. Dies lässt sich durch die vermehrte Produktion<br />
von Fettgewebshormonen und Entzündungsfaktoren erklären,<br />
die vor allem aus dem Bauchfett und weit weniger aus<br />
anderen Fettgeweben freigesetzt werden. Vereinen sich also<br />
Übergewicht und übermäßiges Bauchfett, ist die Gefahr von<br />
Folgeerkrankungen am höchsten.<br />
Auf die richtige Mischung kommt es an<br />
Um richtigen Gesundheitssport zu treiben, empfiehlt Robert<br />
Pfund eine Kombination aus Ausdauer-, Kraft- und Beweglichkeitstraining.<br />
Das Kraft- oder Hypertrophie-Training ist<br />
der notwendige Reiz, um die Muskeln zu vergrößern oder zu<br />
erhalten. Dabei muss jedoch die Belastung so groß sein, dass<br />
der Trainierende nach 30 Sekunden Belastung stark erschöpft<br />
ist. Diese hohen Kräfte halten viele untrainierte Menschen am<br />
Anfang gar nicht aus und sie müssen langsam und systematisch<br />
darauf vorbereitet werden. Das Beweglichkeitstraining<br />
ist notwendig, um das Bindegewebe so zu stimulieren, dass<br />
die Anforderungen Beweglichkeit und Stabilität im Gleichgewicht<br />
möglich sind. Beim Ausdauertraining soll zum einen die<br />
Funktion und Effizienz des Herzkreislauf-Systems verbessert<br />
werden. Zum anderen wird dadurch die körpereigene Chemiefabrik<br />
benutzt, um Stoffe zu produzieren, die wir nachweislich<br />
dazu brauchen, um gesund zu bleiben. Hier spielt die<br />
Muskulatur eine sehr wichtige Rolle. Die Muskeln produzieren<br />
Myokine, die nachweislich entzündungshemmend sind und als<br />
Gegenspieler der im viszeralen Fett gebildeten Adipokine wirken.<br />
Ein entscheidender Faktor für die ausreichende Produkti-